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ZOEY

 

 

 

 

 

 


LILLY

 

 

 

 




TYLER

 

 

 

 

 



ELLEN

   

 

 

 

 



ALEC

 

 

 

 

 



CALLUM

Eins

 

»Ellen, ich weiß wirklich nicht, wie ich das heute noch schaffen soll!« Genervt seufzend drehte ich mich zu meiner besten Freundin um und knallte die Tür meines Spinds hinter mir zu. »Aber du musst mir helfen!« Sie schaute mich mit ihrem Hundeblick an. »Bitte, Zoey! Alex ist doch soooo süß! Und er will sich mit mir treffen! Hallo? Wie geil ist das denn bitte! Du musst einfach mitkommen!«  

Ich sah sie verständnislos an. »Wie oft muss ich dir noch sagen, dass das keine gute Idee ist? Du kennst den Kerl ja nicht mal wirklich!«

Sie warf mir einen tödlichen Blick zu. »Alex ist mein bester Freund!«

»Dein virtueller Freund! Das könnte auch einfach so ein alter Pedophiler sein, der sich als Alex ausgibt!«

»ZOEY!«, stoppte sie meinen Redefluss. »Sei nicht immer so ängstlich! Nur weil du schon seit fünf Jahren Tyler hinterher schmachtest und dich nicht traust, ihn anzusprechen, heißt das nicht, dass -«

»Okay, ist ja gut« Ich machte eine beschwichtigende Handbewegung. Aber sie hatte Recht. Tyler ging in die Stufe über uns und war schon seit fünf unendlich qualvollen Jahren mein Traum… Leider war mir sehr klar, dass er weiterhin nur ein Traum bleiben würde. Denn er war der coolste, attraktivste, witzigste Typ auf der ganzen Schule. Das Problem war nur, dass er wahrscheinlich nicht mal von meiner Existenz wusste…

Jeden Tag sagte ich mir: »Heute spreche ich ihn an!« Aber wenn er dann da ist, kann ich das einfach nicht mehr… Ich meine, was, wenn er mich doof findet? Wenn er mich auslacht? Wenn er mich ignoriert?

Dann würde ich in tiefe Depressionen verfallen, meine Haare schwarz färben, meine Augen mit drei Tonnen Schminke zuklatschen und –

»Hallo?! Zoey, hast du mir zugehört?« Ich sah meine beste Freundin entschuldigend an.

»Nein, sorry…« Sie seufzte.

»Na, hat wieder Tyler deine Gedanken blockiert?«, fragte sie grinsend.

Ich nickte beschämt. Dann unterbrach die Schulglocke unsere Konversation.

Ich sammelte mich und eilte mit Ellen im Schlepptau in Richtung Klassenraum. Als ich die Tür öffnete sah ich, dass unsere Lehrerin noch nicht da war. Ich drehte mich zu Ellen um. »Wahrscheinlich hat die Olle wieder was im Lehrerzimmer liegen lassen. Ich geh noch schnell aufs Klo.« Ellen nickte und setzte sich auf ihren Platz neben meinem.

Ich machte mich auf den Weg zur Mädchentoilette. Dort angekommen stürzte ich in die Kabine ganz links, die einzige, die immer sauber ist (Ich glaube danach hat die Putzfrau keine Lust mehr…).

Als ich wieder herauskam sah ich ein Mädchen vor dem Spiegel stehen. Sie widmete sich ihrem Mascara, als ich ans Waschbecken trat. Erst als ich das Wasser aufdrehte bemerkte sie mich.

»Oh, hallo!« Sie lächelte mich freundlich an. »Ich bin Lilly!« Immer noch lächelnd reichte sie mir die Hand. Ich war etwas erstaunt über ihre direkte Art, aber ich  schüttelte ihre Hand und lächelte. Dann schaute ich auf in ihr Gesicht – und wurde fast erschlagen von ihrer Schönheit. Sie hatte lange, braune Haare, sanfte, rehbraune Augen und ihre Figur war nahezu perfekt! Wenn ich so schön wäre, würde Tyler mich bestimmt beachten… Auf einmal kam Neid in mir auf. Vor allem weil ich Angst hatte, dass Tyler sich für Lilly interessierte. Aber das wollte ich nicht, sie war doch echt  nett. »Oh, entschuldige. Ich sollte mich vorstellen. Ich bin Zoey! Ich… hab dich hier noch nie gesehen. Bist du neu?«

»Ja, ich bin vor einer Woche hier her gezogen.«

Sie strich sich verlegen eine Haarsträne aus dem Gesicht.

»In welche Stufe gehst du?«, fragte ich weiter nach. »11. Und du?«

»10...« Ich kam mir ein bisschen blöd vor, weil ich jünger war.

»Das ist doch nichts Schlimmes!«, sagte Lilly schnell.

Ich lächele nett. »Willst du auch?« Sie hielt mir den Mascara vor die Nase.

»Ach du scheiße, sehe ich so aus?«, fragte ich bestürzt. Ich betastete mein Gesicht und schaute schnell in den Spiegel, um zu sehen, ob meine Schminke verschmiert war.

Lilly fing an zu lachen. »Nein, nein! War nicht böse gemeint! Ist alles in Ordnung«, sagte sie immer noch grinsend. Ich atmete erleichtert auf und musste auch lachen.

Auf einmal merkte ich, dass ich schon viel zu lange hier war und unsere Lehrerin bestimmt schon da war.

»Hey, Lilly, tut mir echt leid, aber ich muss weg!«, entschuldigte ich mich schnell.

»Oh, kein Problem! Kann ja nicht jeder eine Freistunde haben.«

Sie lächelte lieb. »Sehen wir uns mal?«

»Klar, gerne!«, rief ich ihr schon im Gehen über die Schulter zu. 

Zwei

 

Als ich in die Klasse stürmte und mich gerade noch rechtzeitig auf den Platz fallen lassen konnte, raunte Ellen mir zu: »Wo warst du denn? Hattest du Verstopfung oder hast du dich noch mit den Bakterien in der Kloschüssel unterhalten?«

Wir unterdrückten ein Kichern als Mrs. Carter hereinkam.

Sie war eine schrullige alte Frau, von uns liebevoll »Die Olle« genannt, die ihrem Aussehen nach zu Urteilen wahrscheinlich stinkreich war, weil sie schon Rente bekam, obwohl sie noch arbeitete.

Anhand ihrer Kleidungswahl konnte man darauf schließen, dass sie nicht nur Farbenblind, sondern auch Musterblind war.

Heute trug sie eine Orange-Kariertes Bluse und dazu einen zum Erblinden hässlichen lila Rock.

Ellen stupste mich an. »Hatte wohl keine Zeit mehr, sich nach dem Küche streichen umzuziehen!«

Ich grinste. »Wenn ihre Küche so aussieht ist es ja kein Wunder, dass die Alte fast blind ist!«

Wir mussten beide kichern, woraufhin wir einen bösen Blick von Emily, der Klassenstreberin ernteten.

Das ließ uns nur noch mehr kichern.

»Morgen, meine Lieblinge!«, eröffnete sie wie jeden Morgen ihren stinklangweiligen Unterricht.

Ich glaube fast, das sagte sie bei jeder Klasse sagte, aber sie behandelte uns als wären wir ihre ganz besonderen Lieblinge. Und solange das so war, würde sich auch keiner beschweren.

Nachdem sie uns mit gutmütigem Gesicht und Alt-Omi-Stimme unsere Aufgaben erklärt hatte, setzte sie sich ans Pult, trank Tee und experimentierte scheinbar mit den Eigenschaften der Gravitation bei Teelöffeln.

Ellen und ich scherten uns nicht um die Aufgaben, da wir diese in der vorigen Woche bereits zweimal bearbeitet hatten. Wir hatten nur drei plausible Theorien dafür (eigentlich waren es mehr, aber nach dem Ausschlussverfahren übrig geblieben waren nur diese drei).

Erstens: Die Mrs. Carter, die uns jede Woche neu begrüßte kam aus der Vergangenheit und wusste somit nicht, dass sie uns jedes Mal die gleichen Aufgaben gab (ich gebe zu, das war die unwahrscheinlichste der drei Theorien, aber ich lebe nach der Devise: Nichts ist unmöglich!).

Zweitens: Sie war so alt, dass sie einfach jedes Mal vergaß was wir schon gemacht hatten. Es kam teilweise sogar vor, dass sie über ein ganz anderes Thema redete oder uns irgendwelche Geschichten über ihren Mann in Südafrika (der wahrscheinlich frei erfunden war) erzählte.

Drittens: Sie hatte einfach gar keinen Bock sich irgendwas für den Unterricht auszudenken.

 

Egal welche dieser Theorien auch zutraf, es lief darauf hinaus, dass Ellen und ich darüber diskutierten, wessen Schwarm besser aussah. Ich war immer noch der Meinung, dass sie Alex noch nie wirklich gesehen hatte, und dass der Mensch auf dem Foto (das von Facebook stammte, also bitte!), das sie mir zeigte, gar nicht der war, mit dem sie die ganze Zeit chattete.

Meine Haltung zu pädophilen Vergewaltigern und Onlinebekanntschaften brauche ich hier nicht näher zu erläutern.

Während ich also damit beschäftigt war, die aufgebrachte Ellen zu beruhigen und ich ihr nur mit dem halben Ohr dabei zuhörte, wie sie sich über mich aufregte, bemerkte ich, wie die Tür zum Klassenraum aufging.

Als ich sah, wer dort stand, blendete ich Ellens Gebrabbel vollends aus und widmete mich dem Vom-Guten-Aussehen-Eines-Typs-Umgehauen-Sein.

Als meine beste Freundin bemerkte, dass ich ihr erstens nicht mehr zuhörte und dass ich zweitens auf den Kerl in der Tür starrte, verstummte sie und wandte den Kopf in Richtung Brat Pitts Sohn.

Der Junge hatte fluffige Haare, die etwa Kinnlänge hatten und sich scheinbar nicht entscheiden konnten, ob sie lieber Bordeaux-Rot oder Schwarz seien wollten und weiche braune Augen. Durch sein Shirt konnte man seinen durchtrainierten Oberkörper sehen und er sah auch sonst einfach megascharf aus.

»Hi, ich bin Alec«, sagte er und schlurfte zu seinem Platz. Dabei blieb er kurz in der Mitte des Raums stehen, sah sich um und – zwinkerte mir zu?! Oder war das doch an Ellen gerichtet?

Ich mochte sie ja furchtbar gerne, schließlich war sie meine beste Freundin, aber es machte mich echt fertig, dass sie mir immer alle Typen vor der Nase wegschnappte. Und bei diesem würde es mich besonders aufregen… 


Drei

Den Rest der Stunde verbrachten Ellen und ich damit, und über seine Klamotten auszutauschen.

Gerade als Mrs. Carter ihren Löffel zu dreiundzwanzigsten Mal runtergeschmissen hatte, raunte Ellen mir zu: »Der sieht je echt klasse aus, aber ich finde, er sollte keine blauen Shirts tragen.«

Nachdem ich zweimal nachgefragt hatte, weil ich geistesabwesend Alec anstarrte, verstand ich endlich, was Ellen gesagt hatte. Ich murmelte zur Antwort zurück:

»Also, mir wär’s am liebsten, wenn er gar nichts tragen würde…«

Ellen kicherte. »Der gefällt dir echt, was?«

Ich nickte nur knapp, weil ich immer noch damit beschäftigt war, zwischen Alec und Mrs. Carter hin- und herzuschalten.

Als es endlich zum Ende der Stunde klingelte und alle wie von der Tarantel gestochen aus dem Klassenraum strömten, packte ich in aller Seelenruhe meine Sachen ein. Dass ich mir so viel Zeit ließ, lag weniger daran, dass ich es nicht so eilig hatte, als daran, dass Alec es scheinbar auch nicht so eilig hatte. Abgesehen davon, dass ich sowieso nie verstanden hatte, wieso alle so versessen darauf waren, nach draußen zu gehen (drinnen war es doch viel wärmer), hatte ich nichts dagegen, mich mit Alec allein in einem Raum aufzuhalten.

Er sah auf und hörte auf, willkürlich sein Zeug in seinen Rucksack zu werfen.

»Auch noch hier?«, fragte er halb erstaunt, halb erfreut. »Ähh… Ja«, stotterte ich dümmlich und ärgerte mich im nächsten Moment  über meine Einfallslosigkeit. So konnte das ja gar nichts werden. Alec grinste. »Du bist Zoey, richtig?« Ich nickte eifrig und kam mir dabei ziemlich blöd vor.

»Hey, jetzt, wo wir uns schon so gut kennen: Hättest du Lust, am Samstag mit mir auszugehen?«

Im ersten Moment dachte ich, mich verhört zu haben. Aber ich antwortete trotzdem. »Ähh, ja… Ja, klar, gerne!«

»Schön.« Er lächelte. »Ich hol dich dann so… um acht bei dir zu Hause ab?«

»Acht ist supi!«, freute ich mich und schrieb ihm schnell meine Adresse auf. Mein breites Grinsen muss ziemlich dämlich ausgesehen haben, aber das war mir egal. »Also… Ich muss dann auch…«, sagte ich um einer weiteren Peinlichkeit zu entfliehen. Ich lächelte ihn noch mal an und flüchtete durch die Tür. O Mann. Bei dem Brett vorm Kopf wunderte ich mich, dass ich überhaupt da durch gepasst hatte… Und überhaupt, was sollte das? Ich stand doch eigentlich auf Tyler…?

Kennt ihr das Sprichwort: »Wenn man von Teufel spricht«? Gerade als ich in meinem Kopf einen Kampf ausfocht, bog Tyler um die Ecke und ich krachte prompt in ihn rein.

»Na, Schnecke? Am Träumen?«, fragte er und grinste mich frech an. Ich wusste nicht warum, eigentlich hätte ich auf diese blöde Anmache ganz anders reagiert. Aber bei Tyler störte es mich nicht…

Plötzlich fing er an, mit der Hand vor meinem Gesicht rumzuwedeln. »Was ist, Süße? Hat’s dir die Sprache verschlagen?« Sein Grinsen wurde noch breiter. Okay, jetzt wusste ich warum. Abgesehen davon, dass Tyler einfach wahnsinnig gut aussah, hatte ich schon immer eher auf die Sorte »Bad Boys« gestanden. Und Tyler war eindeutig einer… Glaubte ich zumindest, denn eigentlich kannte ich ihn ja gar nicht.

»Ähh… Also, ich… Komm’ grade aus der Klasse…«, sagte ich wenig geistreich.

»Ach? Echt?«, betonte Tyler gespielt überrascht. »Und ich dachte, du kämst vom Mond!« Wieder grinste er dämlich. Wahrscheinlich konnte man das bei meinem Benehmen wirklich denken…

Ich versuchte, wenigstens schief zu grinsen, damit er mich nicht vollends für beschränkt hielt.

»Na, Lust, mal was mit mir zu unternehmen?« Er grinste anzüglich.

»Ja, klar, gerne! Supergerne! Ich – Hey, cool!«, freute ich mich überschwänglich. Immerhin stand ich seit fünf Jahren auf Tyler! Dann wurde mir klar, dass das ziemlich bescheuert rüberkommen musste.

»Na, dann treffen wir uns am Samstag um acht bei Joey’s?« Ich nickte und grinste wie ein Honigkuchenpferd. Joey’s war ein gemütliches kleines Lokal in der Innenstadt, in dem es so gut wie alles zu essen gab (und wenn ich alles sage, dann meine ich wirklich ALLES!) und je nach Laune des Inhabers (der – Oh, Wunder! – Joey hieß) aus jedem erdenklichen kulinarischen Feld eine Auswahl vorhanden war.

»Okay, dann: Wir sehen uns.« Er nickte mir noch einmal knapp zu und verschwand um die nächste Ecke.

Ich blieb ziemlich benommen stehen und musste mich erstmal sortieren. Dann wurde mir schlagartig klar, dass ich mich mit beiden Jungs zur gleichen Zeit verabredet hatte. In meinem Kopf schwirrten so um die tausend Fragen herum. Darunter auch: Warum hatte Alec mich eingeladen, obwohl wir uns noch gar nicht kannten? Wieso war ich auf einmal interessant für Tyler, wo er mich doch fünf Jahre lang ignoriert hatte? Warum mussten sich beide genau am gleichen Tag mit mir zur gleichen Zeit verabreden? Sowie: Was in drei Teufels Namen sollte ich nun tun?

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.01.2013

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für meinen Zwilling

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