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Prolog



Die Prinzessin saß allein auf dem königlichen Bett in ihrem Gemach. In ihren wasserblauen Augen spiegelte sich das Bild ihres Vorfahren Ephilio, welches in einem goldenen Rahmen an der Wand hing. In letzter Zeit hatte sie es oft betrachtet, hatte schlaflose Nächte verbracht, konnte nichts essen. Sie machte sich große Sorgen um Ismoeran, das Reich, in dem früher so viel Frieden geherrscht hatte. Doch nun lebten die Leute in Angst, viele trauten sich nicht mehr hinaus. Vor allem in Narâ Demioné, dem Land der Elfen, war die Furcht groß. Ramona, die selbst eine Elfe war und hier in dem prächtigen Schloss in der Mitte des Landes regierte, spürte sie jeden Tag, sah verzweifelte, verängstigte, manchmal auch erzürnte Gesichter. Der Feind war nah, zu nahe. Von ihrem Turm aus beobachtete Ramona durch das riesige Fenster, wie der Himmel sich im Norden verdunkelte. Sie war nicht mehr lange sicher vor den Rimoks, ihren schlimmsten Gegnern. In den letzten Tagen hatte sie sich innerlich auf einen Kampf vorbereitet, doch es war nichts geschehen. Trotzdem wusste Ramona, dass die Völker Ismoerans vorsichtig und auf alles gefasst sein mussten. Mit einem tiefen Seufzer erhob sie sich und schritt im Raum umher, dabei berührte sie mit der Hand den Anhänger aus Saphir an ihrer Halskette. Er hatte die Form eines Schwertes und Ramona trug die Kette nur, wenn sie allein war. Sie konnte all ihre Sorgen darin verstauen, wenn sie versuchte, sich von ihnen zu befreien und dabei den Anhänger umklammert hielt. Manchmal funktionierte es nicht, doch diesmal gelang es Ramona ohne Schwierigkeiten. Sie erschrack, als es plötzlich an der Tür klopfte.
"Eure Majestät? Ich bitte um Vergebung, sollte ich Euch stören!", ertönte von draußen die Stimme ihrer Hausdame Imalren.
"Was ist denn los?", fragte Ramona mit sanfter Stimme, während sie hastig den Verschluss der Kette öffnete und sie anschließend in einer kleinen Schublade an dem, aus Kiefernholz angefertigten, Tisch verstaute.
"Der Arzt ist hier, Eure Majestät. Garof war der Meinung, er sollte Euch untersuchen. Ihr seht in letzter Zeit nicht gesund aus... wir machen uns Sorgen, Eure Hoheit!" Ramona musste für einen kurzen Augenblick lächeln.
"Ich danke dir, Imalren. Bitte richte dem Doktor aus, er soll mich in einer halben Stunde hier aufsuchen. Ich brauche noch ein wenig Ruhe!", ordnete sie dem Mädchen an, welches sich nach einem kurzen
"Zu Befehl, Euer Hoheit!" mit schnellen Schritten von ihrem Gemach entfernte. Langsam schritt Ramona auf einen großen Spiegel zu, der in der Mitte des großen, durch das hereinfallende Sonnenlicht beleuchteten, Raumes stand und sah hinein. Mit Entsetzen musste sie feststellen, dass Imalren Recht hatte. Das sonst glänzend blonde Haar hing nur schlaff herunter, war ein wenig zerzaust, die blauen Augen strahlten nicht so hell wie gewöhnlich, unter den Augen hatten sich dunkle Ringe gebildet. Sie war bleich und sah sehr müde aus.
"Ramona... du machst dir zu viele Gedanken!", ermahnte sie sich selbst und wandte sich ab. Es fiel ihr nun leichter, nicht mehr so viel über Ismoeran nachzudenken, nachdem sie ihre Sorgen auf den kleinen Anhänger übertragen hatte. Eine Weile saß sie nur erneut auf ihrem Bett und starrte die Wand an, lauschte nicht einmal dem herrlichen Gesang des kleinen Vogels vor ihrem Fenster. Und dann sah sie die Lösung. So lange hatte sie nach einer Methode gesucht, die ihr helfen konnte, das Geheimnis eines mysteriösen Schwertes zu lösen. Es war das Schwert, das an dem Krieg Schuld war. Ephilio hatte es vor über tausenden von Jahren weit weg von Ismoeran gefunden und viele glaubten, dass es ihm zur Macht verholfen habe. Aber tief in ihrem Inneren wusste Ramona, dass dies nicht der Grund dafür war, der ihn zum beliebtesten König der Geschichte Ismoerans gemacht hatte. Die Rimoks waren hinter diesem Schwert her, schon seid Ewigkeiten. Ramona war bewusst, dass es nicht irgendein Schwert war, nein, es musste etwas besonderes sein. Sie hatte keine Ahnung, woher sie wusste, dass es die Feinde zu Fall bringen könnte. Aber Ramona musste rausfinden, wie man es einsetzte. Sie hatte sich auf eine lange Reise begeben, jeden in ganz Ismoeran um Hilfe gebeten, doch die meisten trauten sich nicht, sich von ihrem Heimatland zu entfernen und andere hatten Angst, eine Niederlage erleiden zu müssen und damit Ismoeran zu seinem Ende zu bringen. Ramona hatte nur traurig den Kopf geschüttelt, denn es hätte keinen Sinn gemacht, weiter auf ihre Untertanen einzureden. Und in dieser Sekunde waren sie ihr Erschienen- die drei Elfen der Hoffnung. Für einen kurzen Augenblick hatte sie die Zukunft des Landes vor ihrem inneren Auge gesehen. Eine selbstbewusst dreinblickende, hübsche Elfe mit langem, blondem Haar und schönen, grün-blau-grauen, schwarz umrandeten Augen hatte sie genau erkennen können. Sie war sehr blass und ihre Lippen waren blutrot. Das nächste Bild, dass sie vor sich gesehen hatte, war eine ziemlich große Elfe, die eine ungewöhnlich reife Ausstrahlung hatte. Die braunen Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, sie war schlank, hatte haselnussbraune Augen und bildhaft schön. Das Bild verschwamm und die dritte Elfe hatte sie vor sich sehen können. Sie hatte hüftlanges, rotes Haar, dunkelblaue, große Augen, war ein wenig kleiner als die zweite Elfe und machte einen ein wenig verschüchterten Eindruck, doch auch sie war ein sehr hübsches Mädchen. Ramona kannte die Namen der drei Mädchen nicht, aber sie wusste, wer sie waren. Eine, bis zu diesem Zeitpunkt noch im Dunkeln verborgene Erinnerung kam langsam ans Licht. Ramona sprang blitzschnell auf und rannte los. Es war ihr egal, dass ihre Tür nocht weit offen stand, sie lief den Gang entlang, lies alles und jeden an sich vorbeiziehen, bis sie ihn sah: Ireon. Gerade noch konnte sie vor ihm Halt machen. Der junge Elf wandte sich erstaunt zu ihr.
"Ramona, du siehst müde aus! Was ist passiert? Du solltest dich lieber hinlegen!" Seine goldenen Augen waren fest und mit ernstem Ausdruck auf sie gerichtet.
"Nein... nein....Ireon, ich..." Ramona musste nach Atem ringen, bevor sie fortfahren konnte. "Ich muss mit dir reden! Es geht um die drei Mädchen, die mein Vater einst in die Menschenwelt brachte und um die du dich kümmerst, seit du dem Rat beigetreten bist!" Ireon fuhr sich mit der Hand durch das schulterlange, kastanienbraune Haar und machte ein nachdenkliches Gesicht.
"Was ist mit ihnen?", wollte er wissen und Ramona bemerkte Besorgnis in seiner Stimme. "Es ist nichts passiert, Ireon!", besänftigte sie ihn und berührte mit der Hand sein Gesicht.
"Doch bitte, verrate mir eins: Wie lauten ihre Namen?"



Vergessene Hausaufgaben



Ireons Schützlinge hießen Jessila, Elena und Davina. Sie wohnten in der Welt der Menschen, weit weg von Ismoeran, weil sie mit vier Jahren ihre Eltern verloren hatten. Bei einem nächtlichen Überfall wurden diese verschleppt und anschließend getötet, doch die Kinder hatten die Rimoks da gelassen. Die Kinder waren das nächste Ziel, denn ihre seltenen und kostbaren Fähigkeiten stellten für die Zukunft der Rimoks eine große Gefahr dran, doch sie wurden zurückgelassen. Die Rimoks waren der Ansicht, sie würden ohnehin jämmerlich verhungern, da sie niemand finden würde. Damals hätte niemand zu träumen gewagt, dass diesen Mädchen etwas Unglaubliches wiederfahen würde. Obrahil, der damals Ismoeran regierte, beschloss, die drei in die Menschenwelt zu bringen, als er die Nachricht des Todes der Eltern erfuhr. Er konnte nicht mit ansehen, wie die Sprossen seines Volkes wieder eingingen. In dem richtigen Alter wollte er sie nach Narâ Demioné zurückrufen, doch eine schwere Herzkrankheit ließ in sein Vorhaben nicht vollenden. Doch glücklicherweise hatte er es geschafft, sich für kurze Zeit unter die Menschen zu mischen, um die Mädchen in Sicherheit zu bringen, aber es war Absicht, dass sie für eine Weile erst einmal nichts voneinander wissen sollten.
Jessila wurde in ein Kinderheim gebracht, Elena zu einem alten Ehepaar und Davina ebenfalls in ein Kinderheim, jedoch in ein anderes. Mit gerade mal vierzehn Jahren verließen die Mädchen ohne einen ersichtlichen Grund ihre Pflegefamilien und zogen in ihre eigenen Häuser, die sie in einer verlassenen Straße am Rande der Stadt gefunden hatten. Dies war Ireons Werk. Der damals neunzehnjährige Elf war jedem der Mädchen im Traum erschienen, sagte ihnen, sie sollen die Häuser aufsuchen. Sie folgten ohne nachzudenken seinen Worten und ließen ihre bisherigen Erziehungsberechtigten zurück, die sich, dank Ireon, seit diesem Tag nicht mehr an sie erinnern konnten. Auch waren sie auf keiner Karte, in keinem Verzeichnis und in keinem Telefonbuch zu finden. Es war, als würden sie nicht existieren. Der Grund dieses auf den ersten Blick unsinnig erscheinenden Vorhabens war jener, dass sich die Situation in Ismoeran zum negativen veränderte. Die drei Elfen mussten sich früh genug von ihren Familien lösen und Selbstständigkeit erlernen. Ireon wusste, es würde nicht allzu lange dauern, bis er sie wieder zurück nach Narâ Demioné rufen würde. Die Mädchen wussten bis zu diesem Lebensjahr nichts voneinander, bis Jessila eines Tages beschloss, wieder zur Schule zu gehen, denn nach der Verabschiedung ihres Kinderheims hatte sie diese nicht mehr besucht. Damals wusste sie nicht, dass Ireon damals ihren Geist, und auch den der anderen Mädchen in diese bestimmte Richtung bearbeitet hatte, und auch die Sinne der Menschen, die sie an diesem Ort erwarteten. Jessila tat es einfach, ohne zu wissen, woher dieser seltsame Drang kam. Sie ging einfach in den ersten Klassenraum, den sie sah, hinen und setzte sich auf einen freien Stuhl. Doch niemand starrte sie an. Die Lehrerin, Frau Frolte, fragte sie nicht, woher sie denn komme und wo denn ihre Eltern seien, was Jessila sehr erfreute. Es fühlte sich an, als hätte sie schon den bisherigen Ablauf ihres Lebens in dieser Klasse verbracht. Sie freundete sich schnell mit der ganzen Klasse an und war, wenn es um Schlägereien ging, die Vertreterin der Mädchen. Im Heim hatte sie alle Arten von Kindern und Jugendlichen kennengelernt und war deshalb sehr abgehärtet, da sie sich oft einmischte und die Schwächeren verteidigen wollte. Auch ältere Jungs wollten ihr lieber nicht in die Quere kommen, denn sie schlug sehr hart zu. Nach einigen Monaten auf der Schule legte sich dieses agressive Verhalten wieder, doch niemals war es ganz verschwunden- daran war bei Jessila gar nicht zu denken. In Jessilas Klasse waren auch die anderen beiden Elfen. Jessila hatte das Gefühl, dass sie die Namen der beiden schon einmal irgenwo gehört hatte. Während des Schwimmunterichts bemerkte sie, dass Davina und Elena, genau wie Jessila selbst, spitze Ohren hatten. Dies war das Kennzeichen der Elfen. Zwar gab es in Ismoeran und anderen Reichen der 'Anderen Welt', wie die Mädchen es nannten, Wesen mit oben spitz zulaufenden Ohren, doch die der Elfen wurden nach oben Schmaler und waren sonst rund, nicht so wie die der Tropicaner, von denen wir später noch berichten, welche Ohren haben, die so spitz sind, dass sie eine geeignete Pfeilspitze abgeben würden, wenn sie nicht gerade mit dem eigenenen Körper zusammen gewachsen wären. Jessy beschloss, die beiden anderen auf die Ohren anzusprechen.
Auch wenn sie in dieser Welt aufgewachsen war, wusste sie alles über sich und ihre Vergangenheit. Vieles war ihr im Traum erschienen, anderes wusste sie von Ireon, der sich ihr vor einigen Monaten offenbart hatte. Seitdem besuchte er sie immer wieder. Die Träume fingen ab ihrem elftem Geburstag an. In diesem Lebensjahr entwickelten sich bei den Elfen ihre magischen Fähigkeit, daher auch der Name 'Elf'. Die drei Mädchen stellten bald fest, dass sie sich früher schon einmal gekannt hatten, ihnen erschienen vor dem geistigen Auge einige Erinnerungsfetzen aus ihrer Kindheit. Um der Sache näher auf den Grund zu gehen erzählten sie sich gegenseitig, aus welchem Grund sie hier hergekommen waren und was in ihrer Vergangenheit geschah und stellten bald fest, dass sie auf eine bestimmte Weise zusammengehörten. Sie wurden beste Freundinnen. Davina und Elena schafften es sogar, Jessila ein kleines bisschen zu bändigen. Ab und zu besuchten sie Narâ Demioné, das Portal befand sich, getarnt als Kamin, in Jessila's Haus. Oft schlenderten sie durch den bezaubernden, von Fabelwesen, die sich nie zeigten, bewohnten Wald, manchmal redeten sie auch über die Zukunft, die sie sich vorstellten. Als sie die Botschaft erhielten, die ihnen Prinzessin Ramona zugesandt hatte, waren sie gerade sechzehn Jahre alt. Es war ein Montag, der Hasstag der drei, weil sie an diesem Tag Religion bei ihrer Klassenlehrerin, Franziska Frauke Frolte hatten, die noch dazu Mathematik unterrichtete, beides Fächer, die Jessila ganz und gar nicht gefielen.. Frau Frolte war nicht gerade die freundlichste Lehrerin an der Schule. Im Gegenteil, sie erinnerte an die Leiterin des Kinderheims, in dem Jessila aufgezogen wurde, was bedeutete: Sie war grauenvoll. Religion war in der erste Stunde, Mathematik sofort in Anschluss in der zweiten und ausgerechnet an diesem Tag hatte Jessila verschlafen. Als sie aufwachte war es 7:36 Uhr und die Schule begann um 8:00 Uhr. Jessila sprang hecktisch aus dem Bett, zog sich schnell an,nahm ein kleines Frühstück zu sich und trug sich Kajal und Wimperntusche auf, nachdem sie eiskaltes Wasser auf ihr Gesicht gespritzt und es abgetrocknet hatte. Deo durfte natürlich auch nicht fehlen. Als sie wieder in die Küche zurück hastete, folgte schon das nächste Problem; sie hatte ihre Schultasche verlegt.
"Verdammter Mist, wo hab ich sie nur...", murmelte sie, während sie in der Küche umher lief und suchte. Erst als sie einmal unter der Küchenbank nachschaute, erblickte sie den schwarzen Rucksack mit den violetten Blüten. "Ach, da ist sie ja!", sagte Jessy zufrieden zu sich selbst. "Na, wie kommt die denn dahin?" Nachdem sie die Schultasche unter der Bank hervorgeholt hatte, warf sie kurz einen Blick auf ihre Armbanuhr - und stieß einen kurzen Schrei aus.
"Oh mein Gott", rief sie in panischem Ton, "Schon so spät! Das schaff ich nicht mehr rechtzeitig!". Sie schlüpfte schnell in ihre Schuhe, schwarze Stiefel, schnappte sich ihren Schlüssel vom Schlüsselbrett und rannte aus dem Haus.

Währenddessen warteten Elena und Davina am Treffpunkt. Davina blickte ungeduldig in die Richtung, aus der Jessila immer kam. Sie hasste Unpünktlichkeit.
"Meinst du, sie kommt noch?", fragte sie mit hochgezogenen Augenbrauen an Elena gewandt. "Sei doch nicht so ungeduldig! Ich denk' mal schon, sie hätte uns Bescheid gesagt, wenn es einen Grund geben würde, nicht zur Schule zu kommen!", antwortete diese Achselzuckend. Davina grinste.
"Es gibt bei Jessy immer Gründe, nicht zur Schule zu kommen. Vielleicht hat sie verschlafen!" "
Das wäre nicht das erste Mal", lachte Elena.
"Du hast Recht", sagte Davina und lachte ebenfalls. Doch dann wurde sie wieder ernst. "Naja, aber es ist jetzt auch schon verdammt spät. Wir könnten doch schonmal so langsam losgehen, ich meine, sie wird sich doch denken können, dass wir schon weggegangen sind, oder "
Elena rollte die Augen. "Boah, dann kommen wir halt ein paar Minuten zu spät, wen kümmerts?", sagte sie gleichgültig und etwas genervt.
"Frau Frolte", sagte Davina. "Strenger als sie ist nur der Strenge von Strenghausen, jedoch...wenn ich's mir Recht überlege, ist selbst der netter als die! So eine Ziege!" Elena verdrehte erneut die Augen,denn das Fluchen sollte Davina lieber Jessila überlassen. Auf einmal spitzte sie die Ohren. "Hey,ich hör was!", sagte sie langsam. Als Davina aufschaute, konnte sie in der Ferne eine, auf sie zuhastende Gestalt, erkennen, mit strubbeligem Haar.
"Da ist sie ja schon!", sagte Elena und grinste.
"Tz". Davina kicherte gekünstelt.. "Schon? Wir haben genau, Moment," sie krämpelte den Ärmel ihrer Jacke hoch und sah auf ihre Armbanduhr. Dann wurden ihre Augen plötzlich groß, der Mund klappte ihr auf und sie schaute entsetzt in Richtung Jessila. "Was ist denn?", fragte Elena und schaute auf ihre eigene Uhr. Und sie reagierte noch entsetzter als Davina. Sie ging in die Hocke und klopfte mit den Händen auf ihre Oberschenkel. "Oh mann!Jessy, Jessy, komm,schneller, los, Jessy, renn!", feuerte sie Jessila an, die sofort ihre Schritte beschleunigte. Davina grinste.
"Vorhin hieß es doch noch: Dann kommen wir eben ein paar Minuten zu spät", bemerte sie kichernd. Elena sah sie ein wenig sauer an. "Wir haben genau 7:55 Uhr jetzt ist keine Zeit für Diskussionen!", sagte sie. Jessila kam ganz außer Atem bei den anderen beiden an.
"Der Berg...der Berg ist wi...wirklich sehr..uff...sehr lang", schnaufte sie, doch ein paar Sekunden später stand sie wieder gerade und lächelte aufmunternd..
"Also, meinetwegen können wir losgehen!" Davina und Elena sahen ihre Freundin verblüfft an. "Sag mal, wo hast du denn die ganze Zeit gesteckt? Wir wären schon fast ohne dich losgegangen!", sagte Davina. Elena nickte.
"Na? Verschlafen?", fragte sie und konnte ein Grinsen nicht unterdrücken.
"Ich erzähl euch alles später! Los, kommt jetz!", sagte Jessila und lief los. Davina und Elena standen da wie erstarrt. Dann rannten die beiden Jessila hinterher.
"Sag mal, geht es dir gut? Bist du krank?", fragte Elena mit ernster Miene.
"Ja, klar! Warum sollte ich krank sein?", fragte Jessila verwundert und sah Elena an. "Naja... ich meine... seit wann willst du pünktlich zum Unterricht erscheinen?", sagte Elena."Das wundert mich allerdings auch!", sagte Davina und schaute genau so ernst wie Elena. "Später, später, später, alles später! Das einzige, was es zu sagen gibt: Je schneller wir da sind, desto eher geht alles vorbei, ihr wisst schon: Zu spät kommen bei der Frolte heißt doch mindestens eine Stunde Nachsitzen! Jetzt kommt!", sagte Jessy genervt und ging weiter. Elena und Davina tauschten ein paar sehr ernste und verwirrte Blicke, dann folgten sie Jessila. Auf dem Weg zur Schule rannten sie. Zum Glück war es vom Treffpunkt aus nicht so weit. Kaum hatten sie die Schule betreten, sah Davina auf die Uhr und begann runter zu zählen. " 10.. 9.. 8.. 7.. 6.. 5.. 4.. 3.. 2.. 1.. " Der Schulgong versetzte die drei Mädchen in Panik. Frau Frolte war immer überpünktlich! Sie rannten weiter, bis sie ihren Klassenraum erreicht hatten. Was für ein Glück, dass dieser in der untersten Etage war. Zu ihrer großen Freude war die Lehrerin noch nicht erschienen. Sie betraten die Klasse. Alle Schüler saßen auf ihren Plätzen, bloß im hinteren Teil des Raumes waren gerade zwei Jungen dabei, sich zu prügeln. Jessila verdrehte genervt die Augen.
"Muss ich mal wieder dazwischen gehen?", rief sie den beiden Jungen zu. Sofort nahm die Schlägerei ein Ende. Verängstig blickten die beiden Jungs zu Jessila auf. "Na also, geht doch! Und jetzt hinsetzen, Hausaufgaben abschreiben, Ruhe!", sagte diese gebieterisch zu den beiden, die sofort anfingen, jemanden zu suchen, der
die Religionshausaufgaben gemacht hatte, um abzuschreiben. Mina, die an der Tür Wache stand, hastete in den Raum.
"Frolte kommt! Jetz Ruhe! Die hat heute anscheindend besonders schlechte Laune!" "Oh oh!", sagte Elena.
"Das ist nicht gut!"
"Überhaupt nicht gut!", ergänzte Davina. Elena schluckte.
"Jessy...meinst du sie.. sie hat", sagte sie und machte ein angewiedertes Gesicht. Jessila lachte.
"Wenn die das Gefunden hat, dann muss sie aber früher sehr gerne Verstecken gespielt haben. Ich habe es gut versteckt".
Davina lachte. Elena schaute immer noch sehr angewiedert, und als dann Frau Frolte in die Klasse kam, sah sie aus, als müsse sie sich jeden Moment übergeben.
"Guten Tag, Klasse!", sagte Frau Frolte mit ihrer Quengelstimme.
"Guten Morgen, Frau Frolte"!, sagte die Klasse in einem gelangweilten Ton.
Frau Frolte ging zum Pult und drehte sich einmal zur Tafel. Das tat sie immer, auch wenn nichts dranstand. Jessila blickte sich in der Klasse um. Die meisten hatten die Hände vor den Mund geschlagen, um nicht laut loszuprusten, denn die Frolte hatte einen großen, merkwürdig aussehenden, blauen Fleck an ihrem Rock. Mit einem langen Seufzer setzte sie sich, schaute ins Klassenbuch und dann wieder zur Klasse. "Ich würde euch sehr gerne eine Geschichte erzählen, die einige aus der Klasse sicher interessieren wird.", begann sie angespannt und die ganze Klasse wusste, dass irgendjemand etwas angestellt hatte. Einige blickten in Jessilas Richtung, doch diese verzog keine Miene.
"Nun denn", fuhr Frau Frolte fort und achtete nicht auf das Gemurmel, welches nun einsetzte. "Heute Morgen fand es irgendein Scherzbold sehr witzig, ein..." Sie holte empört Luft.
"Ein... ein Kondom, gefüllt mit Tinte und irgendeinem anderen, rotem Zeug unter das Kissen meines weißen Sofa's zulegen. Im Lehrerzimmer. Wie ich es fand? Ich setzte mich auf mein weißes Sofa und auf einmal gab es ein Geräusch, dass sich so anhörte, als ließe jemand einen... einen sausen! "
Einige fingen an zu kichern, Jessila saß immer noch gelangweilt da.
"Ruhe!", kreischte Frau Frolte und das Lachen erstarb.
"Ich würde gerne fortfahren. Nun gut. Ich suchte das, was das Geräusch gemacht hat. Ich fand es leider nicht und setze mich wieder wie gewohnt auf mein, zu diesem Zeitpunkt noch, weißes Sofa. Wenn ich das mache, passiert gewöhnlicherweise nicht, doch das Kondom platze und die ganze Tinte ergoss sich über mein schönes weißes Sofa, das jetzt ein blaues Sofa ist!"
"Wie wärs mit nem Tintenkiller?", rief Martin dazwischen und einige lachten laut auf, doch Frau Frolte schenkte ihm nur einen bösen Blick, bevor sie fortfuhr.
" Und wisst ihr, was ich noch gefunden habe? Und dies war die größte Unverschämtheit. Einen Zettel, auf dem folgende Worte standen: Frau Frolte, hier ein kleines Geschenk, ich glaube aber nicht, dass sie das eines Tages mal brauchen werden."
Die ganze Klasse brach in schallendes Gelächter aus. Die Frolte atmete zischend durch die Nase ein und wartete auf Ruhe. "Ich würde jetz gerne wissen, wer dieser Scherzbold war!" Alle verstummten. Frau Frolte wusste ganz genau, wer das war. Man konnte es an der Handschrift erkennen. "Gut, dann werde ich mir jetz jemanden aussuchen." Jessila meldete sich. Frau Frolte blickte siegesgewiss hoch!"Hab ich's doch gewusst! Du warst es, natürlich!", rief sie und deutete auf Jessila.
"Deinetwegen habe ich mir den schönen, wunderbaren, weißen Rock versaut!" Tränen schossen ihr in die Augen und ihre Stimme nahm einen ekelhaft weinerlichen Ton an.
"Die Sache mit dem Rock ist eine Sache, auf die ich sie hinweisen wollte...-" Jessila hielt kurz inne und begutachtete das genannte Kleidungsstück, "wobei ich hinzufügen will, dass die Farbe Weiß nicht gerade vorteilhaft für ihre Figur ist-"
"WA-", wollte Frau Frolte dazwischen rufen, doch Jessila fuhr fort, ohne Wiederworte zu dulden, "Die zweite ist: Sagten sie nicht vor einer Woche, Sie würden sich nicht mehr mit solchen Kleinigkeiten wie Scherze abgeben?" Jessila grinste. Frau Frolte blickte nachdenklich an die Tafel. Niemand wusste, warum sie sich ausgerechnet jedesmal die Tafel aussuchte, der hässlichste Gegenstand, mit Ausnahme von Frau Frolte selbst, den es in iesem Raum überhaupt gab.
"Ja... ja, ich glaube, du hast Recht", murmelte sie und drehte sich wieder um.
Jessila nickte zufrieden. "Sehen Sie? Da wollte Sie nur mal jemand auf die Probe stellen, kein Grund sich aufzuregen!"
Frau Frolte beachtete sie nicht weiter.
"Also, jemand ohne Hausaufgaben?" Niemand meldete sich. Frau Frolte sah erstaunt drein.
"Niemand? Das ist ja wirklich erfreulich. Dann werde ich mir mal jemanden aussuchen,der uns mal seine Arbeit vorliest. Äh...", sie wedelte mit der Hand in der Luft, während sie jemanden aussuchte. Ihr Mund zog sich zu einem Gemeinen Grinsen zusammen, als ihr Blick auf Jessila fiel.
"Oh nein", flüsterte Jessila panisch. Kurz bevor Davina den Mund aufmachen konnte, deutete Frolte auf Jessy.
"Jessila", sagte sie mit einem Hab-ich-dich-erwischt-Blick. Jessila spürte, wie sich ihr Magen etwas verkrampfte, ließ sich jedoch nichts anmerken. "Was mach ich nur? Was mach ich nur?" flüsterte sie. Da Frau froltes Ohren nicht mehr die besten waren, hörte sie Jessilas Hilferuf nicht. Davina zuckte die Achseln.
"Würdest du bitte vorlesen, was du geschrieben hast?" ,fuhr Frau Frolte mit einem thriumphierenden Gesichtsausdruck fort.
"Mit Vergnügen, Frau Frolte!", sagte Jessila und schaffte es, so gelangweilt zu klingen, dass man ihr Unwohlsein nicht raushörte. Frau Frolte wies sie mit einer Handbewegung nach vorne. Jessila nahm ihr leeres Heft und ging nach vorne. Die ganze Klasse starrte sie an. Jeder wusste, dass Jessila Dieb ihre Hausaufgaben zum 30.Mal in diesem Jahr vergessen hatte. Da Jessy den Lehrern vorgelogen hatte, wie schwer ihre Kindheit doch gewesen sei und das ihre Eltern ihr nie hätten helfen können, waren sie mit Nachsitzen immer gnädig gewesen, aber beim 30. Mal sollte es einen Verwarnung geben und für Jessila wäre es eine Schande gewesen, diese Klasse zu verlassen, da sie sich in einer solchen Gesellschaft wohl fühlte. Frau Frolte war misstrauisch ihr Gegenüber. Sie warf einen hilfesuchenden Blick zu Davina, diese gab ihr ein zeichen, das "Guck einfach nur auf mich" bedeuten sollte. Jessila nickte dankbar, dann ergriff Frau Frolte wieder das Wort.
"Wer kann mir denn mal erläutern, was überhaupt die Aufgabe war?" Marcell, der Klassenstreber, meldete sich so hoch, dass er schon zu Zittern begann und die Brille mit den kreisförmigen Gläsern ihm beinahe von der Nase rutschte.
"Ja, Marcell?", sagte Frau Frolte liebenswert und deutete auf ihn. Marcell lächelte und schaute auf sein Heft. "Am vierundzwanzigsten Oktober 2005, Fach Religion, haben Sie uns am Ende der Stunde die Aufgabe zugewiesen, einen Vortrag über die zehn Gebote zu schreiben, und wofür man sie heutzutage braucht!" Die Frolte nickte kurz und lächelte Marcell breit an. Mina, Martin, Davina, Elena und Nicholas warfen diesem genervte Blicke zu, um die er sich allerdings nicht kümmerte.
"Das ist vollkommen Richtig, mein lieber Marcell, dafür bekommst du nach der Stunde natürlich wieder einen Pluspunkt! Also, Jessila, wir hören?" Sie wandte sich dem Elfenmädchen zu. Jessila holte tief Luft, sah zu Davina und fing an zu reden.
" Äh...also...ja. Ich fang dann mal an. Genau.Ähm...also...die zehn Gebote sind wichtig für das Leben, weil wenn es sie nicht Gäbe, dann...", sie tat so, als könnte sie ein Wort nicht lesen, in wirklichkeit warf sie einen Blick auf Davina. "Chaos", formte sie mit den Lippen.
"Äh, wo war ich? Achja! Wenn es sie nicht gäbe,dann würde hier auf der Welt das reine Chaos herrschen, man würde immer...äh...entschuldigung, ich kann meine schrift einfach nicht lesen", sie warf Davina erneut einen Blick zu und sah, dass sie Elena die Federmappe wegnahm. Dabei zwinkerte sie Elena zu. "Man würde immer stehlen, immer..."
"Ja"?, fragte Frau Frolte misstrauisch. Später, nach der Schule, fragte sich Jessila immer, was sie ohne ihre beiden Freundinnen nur machen würde, denn diese begannen mit einem einmaligen Rettungsmanöver.
" Hey, nimm mir doch nicht meine Federmappe weg!", rief Elena entrüstet und gab Davina unter dem Tisch einen saftigen Tritt.
"Tu ich doch überhaupt nicht!", sagte Davina mit Unschuldsmiene. Die, durch diesen Zwischenfall abgelenkte Frau Frolte, holte tief Luft, um gleich mit einem Vortrag über das "Vorlesen von Vorträgen und was die Zuhörer dabei machen sollten" zu beginnen. In diesem Moment zwinkerte Davina Jessy zu, damit diese fort fahren konnte. Doch das Rettungsmanöver war noch nicht vorbei. Elena gab ihm den letzen Schliff.
"Entweder du gibst mir meine Federmappe zurück, oder du bist tot!", rief sie, wobei sie das Wort tot besonders betonte. Frau Frolte schnaubte und sah wieder zu Jessila
." Bitte fahre fort, Jessila!", sagte sie und blickte schnell wieder hinüber zu Davina und Elena, die jetz wie Engel auf ihren Plätzen saßen. Jessy räusperte sich. " Also man würde immer stehlen, immer lügen, immer töten und so weiter... äh... aber nun ja, ich frage mich, was das ganze überhaupt soll, ich meine die Leute tun es sowieso, Ende des Vortrags". Unter hier und da leise hervorstechendemGelächter ging Jessila auf ihren Platz zurück. Einige spendeten Beifall.
"Super, das hättest du nicht sagen sollen, ich wollte dir gerade noch etwas mitteilen", murmelte Davina und sah zu Frolte auf. Sie schien gar beleidigt zu sein, weil jemand ihr Fach so beleidigt hatte.
"Gotteslästerung!" Das Wort glitt stumm über ihre Lippen.
"Das war Gotteslästerung.. und außerdem der erbärmlichste, langweiligste Vortrag, den ich je gehört habe! Du bist.. eine Schande für diesen Unterricht!", schnaubte sie und ihre dicken backen plusterten sich noch mehr auf. Die glatten, kurzen, mausbraunen Haare klebten an der roten, von Schweißtropfen übersähten Stirn. Jessila rollte die Augen.
" Vielen Dank Frau Frolte, gleichfalls!", sagte sie knapp. Diejenigen, die noch gekichert hatten, verstummten sofort. Frau Frolte starrte Jessila unverwandt an. Ihr Gesicht wurde röter und röter und man hatte den Eindruck, sie würde jeden Moment platzen. An ihrem langezogenem Atem konnte man deutlich erkennen, das sie versuchte, ruhig zu bleiben, doch sie würde es nicht schaffen,das war gewiss. Es dauerte eine Weile, bis sie sich wieder einigermaßen abgekühlt hatte. Dann begann sie zu sprechen, zwar leise, doch ihre Stimme bebte vor Zorn.
"Strafarbeit Jessila. Du wirst die zehn Gebote zehn mal abschreiben. Gleich morgen früh! Und ich werde deine Eltern anrufen, etwas, was ich schon längst hätte tun sollen, aber nun ja, du weißt ja, meine Gnädigkeit hat dich jedes Mal verschont!" Sie lächelte über sich selbst, zog dann aber blitzschnell erneut die Augenbrauen hoch und kräuselte die Lippen.
" Du musst dich wirklich bessern, sonst wirst du die neunte Klasse nicht überstehen!" Jedes Augenpaar sah abwechselnd zu Frolte, dann wieder zu Jessila, diese saß lässig auf ihrem Stuhl und verzog keine Miene.
"Also, fahren wir fort. Marcell, komm doch bitte nach vorne und lies deinen Vortrag vor!", sagte Frau Frolte ruhig.
"Natürlich Frau Frolte", sagte Marcell in einem schleimigen Ton. Er ging nach vorne. "So eine dicke Schleimspur hinterlässt noch nicht mal eine Nacktschnecke, die einen Tritt auf den Arsch bekommen hat", flüsterte Elena und die drei Mädchen fingen
leise an zu Kichern. Den letzten Teil der ersten Stunde verbrachten sie mit Vorträgen der anderen Mitschüler, die FFF (Frauke Franziska Frolte) übertrieben lobte. Nach der fünf minuten Pause war Mathe angesagt, und Jessy hatte gerade die letzte Zahl abgeschrieben als sie die hässliche Schnute ihrer Klassenlehrerin erneut erblicken musste. Terme waren etwas, das Jessila einigermaßen verstand, deswegen war diese Stunde nicht all zu unangenehm. Die Schule war für Jessila durch und durch bescheuert. Zum Glück sah sie jeden Nachmittag Davina und Elena. Nur in ihrer Gesellschaft war Jessila glücklich. Nach dem Unterricht gingen die drei wie üblich zusammen nach Hause. Davina und Elena waren immer noch begeistert.
"Das war wirklich brilliant", sagte Davina immer wieder.
"Einfach großartig", rief Elena und grinste.
"Echt toll!"
"Die anderen hätten sich das nie getraut!"
"Schließlich ist die Frolte die gefürchtetste Lehrerin an dieser Schule!", sagte Elena begeistert. Jessila schnaubte .
"Ich habe nur die Wahrheit gesagt... nun ja, und meinem Namen mal wieder alle Ehre gemacht!" Sie lachte.
"Spaß beiseite, jetz aber mal echt! Die und geführchtet? Wenn die geführchtet ist, dann bin ich es nicht!" Elena lachte.
"Das heißt, sie ist nicht geführchtet", beendete Davina dieses Gespräch.
"Na dann, ab zu dir Jessy", fügte sie noch hinzu. Jessila nickte und sie gingen ein bisschen schneller.
Bei Jessy zuhause war es unaufgeräumt. Überall stapelten sich Kisten, Kleidung lag auf einem Haufen, doch wie durch Zauberei stank es kein bisschen.
"Soll ich uns ´ne Pizza machen?", fragte Jessy. Die anderen beiden nickten. Während die Pizza im Ofen brutzelte, machten sich Davina und Elena an die Hausaufgaben. Jessila wollte nachher bei ihnen abschreiben, worauf Elena mal wieder sagte :
"Bin ich hier dein Bimbo?".
Nach dem Essen gingen die drei runtern in den Keller. Jessila öffnete die Tür und die drei blickten nun auf den roten, seit jahren unbenutzen Kamin mit dem Eisengitter, welches sich in der Mitte öffnen lies. Es war alles ziemlich verstaubt und jedes mal, bevor sie sich mit gebeugtem Rücken ins innere des Kamins wagten, schlossen sie das Türchen, damit die Asche nicht durch das ganze Haus fegte. Was passieren würde, wenn eine von ihnen vergäße, es zu schließen, darüber wollten sie gar nicht so viel nachdenken, denn mehr Dreck in Jessila's Haus war kaum vorstellbar.
"Komm schon, tu das übliche, Ela!", befahl Davina.
"Hast du den Schlüssel?", fragte Elena Jessila. Sie nickte eifrig.
"Und du, Davina, hast du das Schloss?", fragte sie. Davia nickte.
"Natürlich, ich hab es doch immer dabei!"
"Okay, dann tut das übliche!", sagte Elena. Davina kramte aus ihrer Schultasche ein silbernes, reines Schloss herraus und umschloss damit die beiden Flügel des Gitters, welches schon ziemlich verrostet und alt aussah. Jessila hatte einen ebenso sauberen, goldenen , kleinen Schlüssel in der Hand. Mit einem entschlossendem Gesichtsausdruck steckte sie den Schlüssel in das Schloss und drehte. Elena sah die beiden an.
"Bereit?", fragte sie laut.
"Bereit!", riefen die anderen beiden
"Drei, zwei, eins-", begann Elena,doch als Jessila "Meins!", rief, verstummte sie. "Ruhe!", schrie sie.
"Nochmal, drei, zwei eins, JETZT!", rief sie und schmiss sich mit aller Kraft die sie hatte gegen das Törchen. Das Schloss klickte und sie krochen ein paar schritte vorwärts. Die Aschekörnchen drehten sich in der Luft und bildeten eine dichte Wolke. Im nächsten Augenblick waren die drei verschwunden. Das Schloss hing an einem Flügel, der andere schaukelte unter Geknarre und Gequitsche noch ein wenig. Plötzlich begann die Erde zu beben, das Tor geriet wieder in heftiges Schaukeln. Die kleine Spinne über der Heizung krabbelte ein wenig näher an das Geschehen herran und beobachtete neugierig, wie es im Kamin zu poltern begann. Erst leise, ein paar kleine Steinchen fielen durch den Schornstein nach unten, doch es wurde immer lauter. Ein gewaltiges Krachen, Staub, riesige, rötliche Felsbrocken, ein paar Funken. Die beiden Flügel hatten sich aus den Angeln gehoben und lagen auf dem Boden. Der Schlüssel steckte noch immer.



Die Aufgabenstellung




Mit einem erneuten Blitz tauchten die drei Mädchen in einem Wald wieder auf. Er erschien ihnen bei jedem Mal ein wenig märchenhafter und geheimnisvolerl mit all seiner Vielfalt von Bäumen und Blumen. Die Fabeltiere liesen sich niemals blicken, ab und zu hoppelten ein paar Kaninchen schüchtern an ihnen vorbei, Vogelgezwitschere erklang von den Baumkronen und die verschiedenen Gesänge ergaben ein kleines Lied. Es wehte eine leichte Brise, die Blätter wogen sich langsam hin und her, es roch nach Kiefernholz. Die Sonne blinzelte zwischen einigen großen, weißen Wolken hervor und mit ein bisschen Fantasie erzählten diese Wolken Geschichten, man musste nur genau hinschauen.
"Okay, und jetzt?", fragte Davina und sah Jessila neugierig an.
"Du wolltest uns doch etwas erzählen!".
"Also gut", sagte Jessila nach einem tiefen Seufzer. Die drei setzen sich auf drei Baumstümpfe, die aussahen, als wären sie für sie gemacht worden.
"Ich hatte schon gestern etwas bemerkt", begann Jessila. Elena und Davina saßen da und sagten kein Wort, sie machten nur große Augen.. Jessila fuhr fort." So gegen 22:45 hat etwas in meinem Haus geblitzt. Ich fing natürlich sofort an zu suchen,was es war. Aber irgendwie fand ich nichts!" Sie wurde von Elena unterbrochen, die plötzlich laut anfing zu lachen.
"Was ist denn?", raunzte Jessy sie an
"Du störst die Ruhe der Natur!" .
"Du hörst dich schon fast an wie die Frolte!", kicherte Elena, doch als Davina ihr einen sei- lieber-still- Blick zuwarf, verstummte sie schlagartig und Jessila erzählte weiter.
"Wie gesagt, ich fand nichts. Irgendwann hatte ich genug von dieser elenden Sucherei und legte mich ins Bett. Und dann, kaum waren mir die Augen zugefallen hatte ich einen...äh... wie heißt es.... Gegenwartstraum nenn ich es mal. Ein mir unbekannter Elf sagte mir, dass wir uns umgehend zum Elfenschlos begeben sollen, die Königin verlangt nach uns. Aber die Übertragungsqualität war sehr schlecht, so dass ich nur verstand, dass es etwas mit einer Aufgabe zu tun hat!"
Auf diesen Vortrag folgte ein kurzes Schweigen, dann ergriff Elena als erste das Wort.
"Ähm... vielleicht kommt sie bei einem Kreuzworträtsel nicht weiter oder so.", sagte sie. Davina lachte, Jessila hob eine Augenbraue.
"Darüber macht man keine Witze!", sagte sie ernst und sah die anderen beiden wütend an .
"Also Jessy, jetzt mal erlich, glaubst du nicht, dass das nur ein ganz gewöhnlicher Traum war?", gluckste Davina.
"Nein!",sagte Jessy entschlossen.
"Naja, uns selbst wenn nicht, nennt man das nicht Gegenwartstraum, sondern eine Vision!", fügte Dave noch hinzu, doch Jessila schüttelte nur den Kopf und beachtete sie nicht weiter.
"Keine Wiederrede! Wir werden jetzt dahin gehen!", rief sie entschlossen.
"Wo ist das Elfenschloss denn?", fragte Davina und blickte sich um.
"Ich kann keinen Wegweiser erkennen... wir sind noch nie dort gewesen! Woher sollen wir wissen, wo es liegt?"
Niemand sagte etwas, Jessy zuckte die Achseln und schaute sich um. Die Stille wurde von einem "Ha!", unterbrochen, welches von Elena stammte, die sich nun mit der Hand gegen die Stirn schlug. .
"Natürlich!", rief sie aus, "Das mir das nicht gleich wieder eingefallen ist!"
"Was?", fragten die anderen beiden und blickten Elena erstaunt an.
"Wir müssen einfach nur den Pferdespuren folgen, dann kommen wir bestimmt zum Schloss!", sagte Elena. "Und warum bist du dir da so überaus sicher? Hier im Wald gibt es tausende von Pferden, woher sollen wir wissen, welche die Spuren der Königspferde sind?", erwiederte Davina und schien erfreut, dass Elena bei ihrer wundervollen Theorie einen Fehler gemacht hatte.
"Mensch, Davina! Alle Tiere folgen der Prinzessin,schon vergessen?", sagte Elena und blickte Davina vorwurfsvoll an.
"Wer hat dir das denn erzählt?", fragte Davina und wirkte verblüfft.
"Vor ein paar Monaten hat Ireon uns das erklärt. Seit wann hört Frau Oberschlaumeier denn nicht zu?", entgegnete Elena patzig und man sah Davina an, dass sie sich ertappt fühlte. Sie lief ein wenig Rosa an um die Wangen. Jessila lächelte bei Ireons Namen. Ireon, ihr Mentor, mit schulterlangem, kastanienbraunen Haar und schmalen, goldenen Augen, Klassenbester in der Elfenschule ´Kamorea`, und hilfsbereit. Davina hatte schon seit langem eine Schwäche für ihn. Wegen seines Talents, Zauber einzusetzen, saß er bereits im großen Rat der Elfen, natürlich als das jüngste Mitglied seit vielen Jahrhunderten. Davina, Elena und Jessila begegneten ihm zum ersten mal, als sie sich richtig fest angefreundet hatten. Er hatte schon alles vorbereitet, er hatte ihnen die Häuser gelassen, er hatte die Häuser mit allen möglichen Zaubern belegt, hatte den alten Kamin einem der Häuser verzaubert, durch den sie in nach Ismoeran gelangen konnten. Sie mussten einfach nur hindurch, was sie dank ihrer Neugier auch taten. Er hatte die Lehrerin verzaubert, damit die Mädchen einfach den Klassenraum betreten konnten, ohne ausgefragt zu werden. Er schenkte ihnen Dinge zu Weihnachten, zu Geburtstagen, las ihnen jeden Wunsch von den Augen oder von der Seele ab. Und Davina und Jessila's Freundschaft wurde vor einem Jahr auf eine harte Probe gestellt. Ireon lief über die Straße, zu Jessilas Haus. Aber er konnte nicht wissen, dass ein Auto von rechts kam, da eigentlich keine Autos in diese Straße fuhre, da es eine Sackgasse war. Doch offenbar hatte der Mensch sich verfahren. Ireon schaute allerdings weder nach links noch nach rechts, sondern lief einfach über die Straße. Jessila trat aus der Tür- und dann sah sie Ireon, der ihr zulächelte und offenbar nichts von dem mitbekam, was im ihn rum passierte. Und dann sah sie das Auto.
"Ireon!", hatte sie gerufen, doch er hörte es nicht sondern kam lächelnd auf sie zu. Unglücklicherweise konnten die Menschen Ireon nicht sehen, aber er war da. Er konnte fühlen, wenn sie gegen ihn liefen, also konnte er auch fühlen, wenn ein Auto gegen ihn fuhr. Jessila hatte nicht lange gezögert, war losgerannt, hatte Ireon am Arm gepackt und sich mit ihm auf den Bürgersteig geworfen. Sie hatte ihm das Leben gerettet und da Ireon Jessila schon seit langem sehr mochte, nutze er die Chance und umarmte sehr feste. Davina redete wochenlang kein Wort mit Jessila, erst als Jessila und Elena ihr versicherte, dass Jessy absolut nichts von Ireon wolle, war Davina wieder besser gelaunt. Jessila musste bei dieser Erinnerung immer schmunzeln, Davina runzelte dabei allerdings immer wütend die Stirn.
"Hey, Mädels, wir sind nicht in der Schule!", versuchte Jessy die beiden zu besänftigen. "Und ich möchte mich in meiner Freitzeit nicht fühlen, wie in einer Froltekammer! Und wenn ihr jetzt nicht endlich aufhört,dann werde ich dafür sorgen, das jede von euch die Hausaufgaben doppelt so oft vergisst, wie ich es getan habe!" "Das wären dann 48mal! Oh man!", keuchte Elena.Davina aber grinste.
"Und bei wem willst du dann abschreiben?", grinste sie. Jessila sah sie vergnügt an. "Passt auf, ich habe einen Plan: Ihr macht die Hausaufgaben, Ich schreibe sie ab, ich schmeiß eure Hausaugaben in die Mülltonne und zerreiße sie vorher noch in kleine Schnipsel, damit ihr sie auch nicht wieder rausholt! Toller Plan, oder?", sagte sie und lachte, Davina und Elena hoben die Brauen, sagten jedoch nichts. Die drei erhoben sich wieder und schlenderten in Richtung Wald.
"Also gut, wir gehen zum Elfenschloss!", sagte Davina bestimmt.
"Wartet!", rief Jessila plötzlich. Sie war stehen geblieben und sah sich um. Die andern beiden starrten sie an.
"Jessy!", sagte Elena verängstigt. "Was ist denn?"
"Hast du eine Vision?", fragte Davina und schaute sie eindringlich an.
"Guck nicht so!", entgegnete Jessy säuerlich. "Da wird man ja ganz hibbelig von und, nein, ich habe keine Vision. Ich frage mich nur, ob die Spuren nicht vielleicht von Einhörnern stammen, oder haben die andere als normale Pferde?" Elena lächelte milde.
"Jessila, du solltest doch inzwischen begriffen haben, dass Einhörner keine Spuren hinterlassen!"
"Hat mir noch niemand gesagt!", antwortete Jessila und grinste. "Aber danke für diese Information, jetzt weiß ich es!" Davina tippelte ungeduldig mit einem Fuß.
" Dann hätten wir das also geklärt, und jetzt lasst uns gehen. Folgt mir, ich werde die Spuren schon sehen !Ich habe die besten Augen!" Jessila verdrehte die Augen. "Geht das schon wieder los",murmelte sie. Davina grinste.
"Siehst du, ich habe auch noch die besten Ohren, ich habe das gehört, außerdem-", begann sie, doch Elena unterbrach sie.
"Von wegen die besten Augen, Davina!", rief sie und deutete auf den Boden. Spuren waren zu sehen, die eindeutig zu einem Pferd gehören mussten. Der Weg gabelte sich an einer Stelle. Die Spuren führten links entlang. "Seht ihr, wenn ich euch nicht bescheid gesagt hätte, wären wir ganz sicher in die falsche Richtung gegangen. Man muss auch aufpassen, Davina!", sagte Elena stolz. Jessila kam aus dem Augenverdrehen überhaupt nicht mehr raus. Die drei setzten ihr Vertrauen auf die Pferde und schlugen den linken Weg ein. Die ganze zeit folgten sie den Spuren. Auf einmal blieb Jessila wie angewurzelt stehen. Der Mund klappte ihr auf und ihre augen wurden rund.
"Ähm... Jessy? Jessila? Alles klar bei dir? Hallo, was ist denn nun wieder los?", fragte Davina und blickte Jessy an.
"D- d- da!", stotterte Jessila und deutete nach vorne. Davina und Elena folgten mit den Augen ihrem Arm. Ihre Blicke fielen auf ein traumhaftes Schloss, das schönste, das sie je zu Gesicht bekommen hatten, allerdings hatten sie bis jetzt noch nicht viele gesehen. Die weißen, in der Sonne silbrig schimmernden Türme schlängelten sich und erinnerten ein bisschen an das Softeis, welches man sich in den meisten Supermärkten nahe der Schule kaufen konnte. Vor dem Eingang erkannten sie zwei schwarze Männchen mit langen Speeren, dies mussten wohl die Wachen sein. Sie rührten sich keinen Zentimeter und schienen ihre Aufgabe sehr ernst zu nehmen. Die Türme waren so mächtig an der Zahl, dass die Mädchen sie nicht zu zählen vermochten. Der höchste von ihnen war zugleich der, welcher ihnen am schönsten vorkam. Er strahlte heller als alle anderen und die Sonne schien genau über ihm zu stehen. Um das Schloss herum war eine prächtige Wiese, auf der einige Höfe ihren Platz gefunden hatten. Ein herrlicher Geruch lag in der Luft. Die Bäume am Rand eines Kiesweges wogen sich im Sanften Wind, sie schienen beinahe zu tanzen. Der Anblick raubte den Elfen beinahe den Atem.
" Oh mein Gott! Von solch einer wunderbaren Ausstrahlung hätte ich nie zu träumen gewagt!", hauchte Elena ohne den Blick von dem Elfenschloss abzuwenden. Auch Jessila fiel es schwer,ihre Augen auf etwas anderes zu richten. Davina war zwar auch fasziniert von dieser Kulisse, wollte aber nicht besessen werden, so wie die anderen, und wandte sich deshalb schnell wieder an. Irgendwann klappte Jessila den Mund wieder zu und drehte sich zu Davina um, Elena tat es ihr gleich.
"Mein Gott, ihr hättet euch mal sehen müssen!", kiekste Davina." Ihr saht aus wie zwei fressende Kühe! Total dösig!" Jessila warf ihr einen giftigen Blick zu. "Interessiert doch niemanden, was du denkst!", fauchte sie. Mit besorgter Miene schaute sie zu den Wachen, die immer noch ruhig vor dem Schloss standen.
"Wer von euch redet mit den beiden?" Sie nickte mit dem Kopf zu ihnen. Davina und Elena traten hastig einen Schritt zurück. Jessila rollte erneut die Augen.
"Alles muss man selber machen, das ist ja mal wieder typisch für euch!", knurrte sie und wollte loshasten, doch Davina hielt sie zurück. Als Jessy sie mit ihren grün-blauen Augen erzürnt ansah, schluckte Davina.
"Okay, ich mach es. Aber-"
"Na also, geht doch!", sagte Jessila vergnügt und tat so,als wäre nichts gewesen."Was wolltest du noch sagen?", fragte sie Davina.
" Ich würde gerne wissen, was diese Wachen für Gestalten sind!",antwortete Davina, immer noch geschockt dass sie nun mit mürrisch aussehenden Fremden reden musste. " Die sehen irgendwie nicht wie Elfen aus, die sind so ernst!" Bei diesen Worten hüstelte Jessila etwas wie "Guck dich selbst an", doch Davina achtete nicht darauf, sie war zu beschäftigt damit, sich selbst zu bemitleiden.
"Ach, keine Sorge, das sind nur Elven", erklärte Elena."Sie sind den Elfen eigentlich ziemlich ähnlich...Naja, aber du weißt ja, Wachen sind meistens nicht so gut drauf!", fuhr sie fort und gluckste."Was ist denn der Unterschied zwischen Elven und Elfen?",fragte Davina laut und versuchte offenbar,die Zeit hinauszuzögern.
"Naja, Elfen können Zaubern, was nur die wenigsten Elven können. Nur die Mächtigsten ihres Volkes haben magische Fähigkeiten!", klärte Elena Davina auf. "Aha", antwortete Davina langsam und unsicher.."Wir sollten näher drangehen",sagte Jessila und ging ohne ein weiteres Wort den Hügel hinab, der hinunter zum Elfenschloss führte. Die anderen beiden folgten ihr. Sie gingen sehr langsam, damit die Aufmerksamkeit der Wachen nicht auf sie gelenkt wurde. Elena fand aber, dass dies nicht die richtige Methode war.
"Wir dürfen nicht so schleichen", flüsterte sie, als sie fast bei den Wachen angelang waren. "Das ist zu verdächtig, nachher glauben sie noch, wir wollen uns in den Palast reinschleichen!". Sie blieben stehen. Jessila stieß Davina in die Rippen. "Autsch!", rief Davina und rieb sich erzürnt die Seite. Die Wachen kümmerten sich nicht um sie.
"Was soll das?", flüsterte Davina wütend. "Das tut weh!"
"Mach jetzt!", zischte Jessila verärgert. "Stell dich nicht so an!".
Davina zögerte noch immer, sie war sich der Sache nicht sicher.
"Äh, bleibt ihr hinter mir?", fragte sie schließlich. Elena nickte.
"Klar!", sagte sie."Natürlich tun wir das,oder glaubst du etwa,wir lassen dich im Stich? Obwohl ich die Möglichkeit, dass sie dir was tun, außer Betracht ziehe...Außerdem will ich mit die Elven nicht entgehen lassen.", sagte Jessila abenteuerlustig.
"Ich weiß zwar viel über Elven, aber ich habe noch nie einen in echt gesehen!", sagte Elena und sah hinüber zu den Wachen. Jessy gab Davina einen leichten Schubs. Automatisch lief diese vorwärts und blieb genau vor den Wachen stehen, welche ihre Augen jetzt auf sie richteten. Davina begann zu reden, doch ihre Stimme zitterte vor Angst.
"Also..äh..w- w- wir w- würden ge- gerne ins Elf-elfensch- schloss". Die Wachen rührten sich nicht, doch noch immer war ihr wachsamer, stolzer Blick auf die braunhaarige, verschüchterte Elfe gerichtet. Davina zuckte zusammen..
"W- würdet ihr u- u- uns b- b- bitte reinla- lassen?", fragte sie mit immer noch zitternder Stimme. Doch die Elven gaben keine Antwort, sondern versperrten ihr mit einem Kreuz aus zwei Speeren den Weg. Jessila sah ungeduldig drein. Sie trat vor und schubste Davina zur Seite.
"Dümmer anstellen kann man sich auch nicht, Meine Güte!", flüsterte sie Davina verärgert ins Ohr. Dann wandte sie sich mit selbstbewusster Miene den Wachen zu. "Mein Name ist Jessila, das-", sie deutete auf die anderen beiden, die dicht hinter ihr standen "-sind Davina und Elena. Die Prinzessin verlangte nach uns, wir sollten uns umgehend hierher begeben um etwas über eine bestimmte Aufgabe in Erfahrung zu bringen. Also, was ist jetzt, lasst ihr uns rein?" Während sie in frechem Ton sprach, sah sie den Elven in die Augen, damit diese wussten, dass sie nicht log. Kaum war sie fertig, lösten die Wachen die Versperrung und öffneten das Braune Tor, indem sie mit einem Finger auf die goldenen Klinken tippten, welche die gleiche Form wie die Türme hatten.
"Ich wusste, ihr würdet kommen. Ich habe sehr viel von euch gehört. Ihr könnt nun gehen",sagte einer der beiden und musterte die drei. Auf seinem Gesicht sah man Freude und Erleichterung. .Elena sah verwundert zu ihm hoch.
"Wie? Von uns gehört? Ich versteh nicht so richtig. Was meinen Sie damit?", fragte sie verblüfft.
Davina knuffte sie in die Seite. "Ihr! Das heißt: Was meint Ihr damit!", zischte sie, doch Elena achtete nicht darauf und auch der Elve zeigte kein Zeichen der Anteilnahme. Nun wandte sich der andere, ernster dreinblickende Wache Elena zu. "Für Fragen ist später noch Zeit, Elena Abendstern.", sagte er und als er Elenas Namen nannte, erschrak diese so heftig, dass sie einen Luftsprung machte und beinahe hingefallen wäre. .
"Nun tretet ein. Möge euch das Schloss gefallen", fuhr er fort. Die drei Mädchen taten, wie ihnen geheißen und gingen hinein.Kaum hatte Jessila den Fuß über die Schwelle gesetzt, fiel die Tür zu. Auf dem Boden war ein langer,roter Teppich ausgerollt, der einen Gang entlangführte.Das einzige Licht kam von den Fackeln, die an den Wänden befestigt waren. Sie verliehen dem ganzen einen geheimnisvollen Eindruck. Überall waren Türen. Jessila, Davina und Elena sahen sich an diesem ihnen gänzlich unvertrauten Ort um.
"Na super, und wo müssen wir jetzt hin?", fragte Davina. Elena zuckte die Achseln. "Kein Plan", sagte sie.
"Die dritte Tür rechts",sagte Jessila ohne zu überlegen.
"Woher willst du das denn wissen?",fragte Davina. Jessila verdrehte zum 5. mal an diesem Tag die Augen.
"Meine Fresse,ihr seid echt Blind. Da steht dick und fett Eintreten drauf! Das muss für uns sein!" Davina sah sich die Tür an.
"Ich seh nichts. Da ist nichts. Jessy,du hast Halluzina-"
"Ich habe keine Halluzinationen!", sagte Jessila wütend."Du bist blind!".
"Also, ich glaube Jessy, vielleicht ist es wieder einer ihrer Gegenwartsträume, also sehe ich auch mal rein!",sagte Elena, huschte zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit. Jessila war für einen Moment verblüfft, da die beiden anderen offenbar keine glänzenden, aquamarinfarbenen Lettern an der hölzernen Tür sahen, doch sie war sicher, dass sie Recht hatte und kümmerte sich nicht weiter darum. Die Tür knarrte, doch niemand schien es zu bemerken. Davina und Jessila schlichen langsam zu Elena und reckten die Hälse.
"Was siehst du, Sternchen?", fragte Davina und versuchte, durch den kleinen Spalt etwas zu sehen.
"Viele Elfen! Sehr viele Elfen! Dann muss da auch die Königin sein-"
"Also eigentlich ist es ja eine Prinzessin!", verbessert Jessila sie.
"Sie ist noch nicht volljährig, deswegen kann sie noch keine Königin sein!" Elena sah sie säuerlich an.
"Na gut, dann eben die Prinzessin!", knurrte sie.
"Ja, und, wie sieht sie denn aus, hm?", fragte Davina neugierig. Sie war die größte der drei, sehen konnte sie trotzdem nichts, da Elena zu dicht vor dem Spalt stand. "Ja, ich kann sie nicht sehen, es ist einfach zu voll!", flüsterte Elena. Davina sah enttäuscht aus.
"Wie wäre es, wenn wir einfach mal rein gehen, hm?", sagte Jessila und sah lähelnd in die Runde. "Dafür sind wir doch schließlich hier, nehme ich an!"
"Eine großartige Idee!", rief Davina und zog an der Türklinke. Ruckartig und mit einem lauten Knarren öffnete sich die Tür. Es war ein großer Saal. Die Fliesen waren aus Saphir, die Wände hatten die gleiche Farbe. An den Wänden hingen viele Bilder, zum größten Teil Portraits, die wohl die ehemaligen Herrscher abbildeten. Es waren nur Männer. Sie waren mittleren Alters, hatten einen Bart und langes, krauses Haar, trugen edle Umhänge und sahen mächtig aus. Teppiche aus Silber lagen aus und alte Schwerter zierten ebenfalls die Wand. Durch zwei gewaltige Fenster, von wasserblauen Vorhängen umrahmt, fiel Licht herein. Es war wirklich voll, doch ruhig. Viele Köpfe wandten sich den drei Mädchen zu. Sie standen mitten im Türrahmen, wo jeder sie sehen konnte. Jessila warf den beiden anderen einen Blick zu.
"Okay, jetzt seid still, wir gehen einfach dadurch. Folgt mir!" und sie maschierte in den Raum, Davina und Elena hinterdrein. Jetzt deuteten einige Leute auf sie und begannen zu Tuscheln. Während die Mädchen einen wasserblauen Teppich entlang gingen, rückten die Elfen dicht aneinander, um ihnen Platz zu machen und es dauerte nicht lange, bis die Sicht auf die Prinzessin frei wurde. Sie saß auf einem Holzthron, der mit Kissen, Decken, Perlen und anderen Sachen verziert war. Alles war wasserblau, genau wie das Kleid der Prinzessin. Sie war schöner als alles andere in dem Saal. Das lange, strahlend blonde Haar hatte sie hinter die spitz zu laufenden Ohren gekämmt. Sie hatte etwas im Haar, das aussah wie eine Krone, doch beim genaueren hinsehen konnte man erkennen, dass es sich um einen Haarreif handelte. Ihre Lippen waren weinrot und glänzten, sie waren von zwei Lachgrübchen umspiet. Zu ihrer großen Überraschung stellten die Mädchen fest, dass sie Prinzessin ungefähr so alt war wie sie selbst, höchstens zwei oder drei Jahre älter, doch ihre Ausstrahlung war überwältigend. Sie lächelte sanft und freundlich, hatte etwas unnahbares an sich. Ein Elf aus der Schaar rief: "Prinzessin, Prinzessin Ramona, das müssen sie sein!" Ramona erhob sich und hielt ihre Hand hoch, die langen, blauen Fingernägel blitzen in der Sonne. Damit setze sie dem gemurmel ein Ende. Sie blieb stehen und sah die drei Mädchen mit ihren dunkelblauen Augen an. Als ihr Blick auf Jessila fiel, spürte diese auf einmal etwas seltsames in ihrem Kopf. Es war ein merkwürdiges Gefühl, als ob jemand eine lange Pergamentrolle in ihrem Kopf ausgerollt hätte. Sie blickte zu Prinzessin Ramona hoch. Sie hatte sich wieder gesetzt und sah die drei an.
"Ich bin so froh,dass ihr endlich da seid!", sagte sie. Ihre Stimme war besänftigend, doch trotzdem fest. "Tretet näher!" Jessila und Davina taten, wie Ramona ihnen geheißen, Elena zögerte einen Augenblick,dann kam auch sie näher.
"Wir sind ebenfalls froh, hier zu sein, Prinzessin Ramona!", sagte sie und sah ihr ins Gesicht. Sie lächelte.
"Und.. ähm.. warum habt ihr uns gerufen?", fragte Jessila nach kurzem Zögern. Ramona lächelte immer noch. "Warum ich euch gerufen habe? Ihr drei wurdet...naja.. .in gewisser Weise... auserwählt unser Land zu retten", sagte sie. Elena stutzte.
"Land retten? Ich dachte immer, die Armee sei dafür zuständig!", sagte sie verdutzt. "Und warum überhaupt? Was ist passiert?" Ramona antwortete nicht. Stattdessen drehte sie sich zu der Elfenschar und sagte: "Wir werden bald zurück sein".
"W- wie bitte?", sagte Davina, die offenbar nicht verstanden hatte, worum es hier ging, doch als sie ihren beiden Freundinnen einen fragenden Blick zuwarf, merkte sie, dass auch diese nichts von alldem begriffen.
"Nicht bewegen. Macht am besten die Augen zu!", rief die Prinzessin. Die drei Elfenmädchen kniffen die Augen zusammen und sahen aus, als wäre gerade beim Stopptanzen die Musik ausgemacht worden. Dann gab es einen heftigen Ruck und sie hatten das Gefühl, sie würden durch die Luft gewirbelt. Doch nach wenigen Sekunden standen sie mit den Füßen wieder auf dem Boden, mit Außnahme von Elena, die, kaum hatte sie mit den Zehen den Teppich berührt, stolperte und hinfiel. Davina und Jessila lachten.
"Sehr witzig!", grummelte Elena und rappelte sich miz zorniger Miene wieder auf. "Als ob euch sowas nie passiert!", fauchte sie. Ramona saß auf einem Sessel (natürlich wasserblau) "Bitte, setzt euch!", sagte sie und wies mit der Hand auf drei Sessel, ihr gegenüber. Jessy, Davina und Elena setzen sich und sahen Ramona gespannt an.
"Ich würde euch gerne erzählen, worum es jetzt hierbei geht!", sagte sie.
"Wir sind immer noch sehr überwältigt, doch fangt bitte an!", sagte Jessila.
"Es ist schon sehr lange her. In diesem Elfenreich gab es mal einen König namens Ephilio. Ist übrigends mein Ur- Ur- Ur- ur und so weiter Großvater. Ephilio war der beste König, den Ismoeran je gehabt hatte. Jeder liebte ihn, er war niemals ungerecht zu irgendjemandem, er führte keine Kriege, er passte einfach nur auf sein Land auf, was ja auch seine Aufgabe war. Aber es gibt hier in diesem Reich ein Moor Namens Morgan und in diesem Moor lebten des Königs größte Feinde. Früher herrschte Motragond über Morgan und Ephilio hatte etwas, was Motragond gerne besitzen wollte. Er besaß ein geheimnisvolles Schwert. Motragond wusste zwar nicht, was es damit auf sich hatte, doch er wollte es Unbedingt haben.Man erzählte sich, dies war der Schlüssel zu Ephilios Macht,doch niemand weiß bis heute, ob das nicht nur ein Gerücht war. Und jener, der das Schwert besitz, wird mächtig, mächtiger als jeder andere auf der Welt. So fasste Motragond einen Entschluss und griff das Elfenschloss an. Zum ersten mal in seinem Leben setzte Ephilio sich mit Krieg zur Wehr. Seine Armee war groß, doch die Krieger Motragonds, Rimoks, die er eigenhändig geschaffen hatte, waren zu zahlreich. Elfen und Elven, aus denen die Armee des Königs bestand, erschlugen zwar viele Rimoks, doch am Ende war kein einziger der guten Seite mehr am leben. Motragond schlich sich heimlich in den Elfenturm, um das Schwert zu stehlen, doch er hatte nicht mit unserem König gerechnet. Dieser
erschlug Motragond mit dem Schwert. Noch nie hatte Ephilio jemanden getötet, wirklich noch nie! Er hatte ja auch nie Gründe! Dies war das erste und auch das letze Mal. Niemand weiß, wie es wirklich passierte. Es gibt viele Gerüchte darum. Denn als die Wachen am nächsten Tag in den Elfenturm kamen,fanden sie Ephilio tot vor, neben ihm lag das Schwert. Es war an der Spitze mit Blut betropft", als Ramona dies sagte, zuckte Elena zusammen.
Uund was geschah dann mit dem Schwert?", fragte Jessila, die offenbar begiereig darauf war, diese Unterhaltung weiterzuführen. "Wurde es zerstört?"
"Nein. Es waren Versuche geplant, doch dieses Schwert wurde zu einem besonderen Teil des Landes, und nach dem Vorfall fürchteten sich viele vor seiner Macht. Also hat man es aufbewahrt. Habt ihr Lust,es zu sehen?" Ramona erhob sich.
"Also, ich persönlich hätte nichts dagegen!", sagte Davina und sprang auf.
"Ich auch nicht", rief Elena und stand auf.
"Klar, ich möchte es auch gerne einmal sehen!",schloss Jessila sich an und ging zu den anderen. Ramona führte sie zu einem Glaskasten, ihr Schritt war langsam, leise, mysteriös. Auf einem roten Tuch lag das silberne Schwert. Sonnenstrahlen drangen durch die Wände des Kastens und ließen es schimmern. Der Griff war aus purem Gold, mit Smaragden und Rhubinen geschmückt, ein dunkles A prangte in der Mitte und zog alle Blicke auf sich. Die Klinge schimmerte im Licht. Das Blut an der Spitze war getrocknet.
"Wow, das scheint ein gutes Schwert zu sein", hauchte Jessy.
"Allerdings...", stimmte Davina mit schief gelegtem Kopf zu. Elena sah Ramona an.
"Aber was hat das alles mit uns zu tun? Was sollen wir tun? Ich meine,wir können dasn Geschehen doch nicht rückgängig machen. Oder doch?", sagte sie und grinste, doch das Grinsen verblasste nach wenigen Augenblicken wieder. Ramona seufzte.
"Die Rimoks haben sich vermehrt und werden immer stärker und intelligenter. Sie wollen sich an den Elfen rächen, wollen uns alle vernichten und sich das Schwert stehlen, um das mächtigste Volk der Welt zu werden. Und das müssen wir, oder eher gesagt, das müsst ihr verhindern. Ihr drei seid erstens die besten Kämpferinnen des ganzen Landes, es ist verständlich, dass ihr mir dies nicht glauben mögt, ihr braucht selbstverständlich Übung, doch die werdet ihr bekommen, und zweitens: meine letzte Hoffnung! Von euch drein kannst du am besten Kämpfen,Jessila!" Jessy sah sie verwundert an.
"Wie, ich? Jessila Dieb?". Ramona nickte lächelnd.
"Ganz genau, aber die anderen beiden sind auch sehr gut. Ihr müsst wissen, das Schicksal Ismoerans liegt allein in euren Händen. Werdet ihr uns helfen?", fragte Ramona und man sah ihr die Verzweiflung deutlich an. Die Augenpaare huschten von Ramona im Raum und her. Jede sah jede an und sie wussten, sie konnten Ramona und das ganze Land, das ganze Reich nicht im Stiuch lassen. Elena schaute verängstigt aus, aber dennoch zustimmend, Davina hatte eine nachdenkliche, verwirrte Miene, Jessila sah entschlossen aus, doch auch sie hatte Angst, welche sich von all ihren guten Gefühlen nährte.
"Einen Moment!" Davina hatte sich erhoben und sah Ramona kopfschüttelnd an.
"Das kann nicht sein. Das kann nicht Euer Ernst sein! Ihr wisst wie alt ihr seid, Ihr wisst, wie selten wir hier sind, Ihr wisst doch so viel über uns! Ihr kennt Ireon, nicht wahr?"
Ramona hörte ihr zu und nickte.
Davina zeigte ein kurzes, gespieltes Lächeln.
"Ihr habt garantiert Verbindung zu ihm, und dadurch auch zu uns. Ihr wisst doch, dass wir nichts gelernt habe, rein gar nichts! Wie sollen wir denn irgendetwas ausrichten können mit diesem geringen Vorwissen, ohne Kampferfahrung, und, mein persönlich größtes Problem: die ANZAHL der Feinde?" Davina atmete tief durch und wandte den Blick von Ramona ab. Eine Pause trat ein, in der Ramona die drei Mädchen immer noch hilfesuchend ansah. Davina starrte zu Boden, Elena und Jessila tauschten Blicke aus. Langsam neigte ihre Freundin den Kopf zu ihnen.
"Ich merke, ihr wollt helfen. Das will ich auch. Aber wollt ihr euch nicht alles durch den Kopf gehen lassen? Trefft doch bitte keine voreiligen Entscheidungen!"
Ramonas Lippen zuckten.
"Nein, bitte! Helft uns! Für langes Nachdenken bleibt keine Zeit.." Davina sah wieder zu ihr und fühlte sich schuldig, als sie die Tränen in den Augen der Prinzessin glitzern sah, und sank zurück auf ihren Sessel. Für einige Minuten saßen sie alle so da, tauschten hin und wieder Blicke, jedoch ohne Worte.
Davina wusste, sie hätte sich nicht aufregen dürfen, doch sie wusste nicht, wie sie mit dieser Sache umgehen sollte. Sie hatte gerade erfahren, dass sie in ihrem jungen Alter, ohne Bekanntschaften in Ismoeran, zu einer der besten Kämpferinnen ihres Landes erklärt wurde, und deswegen sollte sie sich auf eine lange Reise begeben und sich gegen die Rimoks stellen. Sie konnte nicht damit umgehen. Sie warf einen erneuten Blick zu Jessila und Elena rüber, die sie in diesem Moment jedoch nicht beachteten.
Davina seufzte. Es war eine Seltsame Mischung aus Schuldgefühlen, Hilfsbereitschaft und Zweifeln in ihr. Doch Ramona sagte, die Entscheidung müsse jetzt fallen... Wenn es wirklich die Wahrheit war... Wenn Davina, Jessila und Elena die letzte Hoffnung waren? Wenn sie wirklich genügend Zeit zum Lernen von Kampf und Reisen bekommen würden?
"Ja, das ist richtig", flüsterte Ramona so leise, dass nur Davina's gute Ohren es auffassen konnten. Das Mädchen konnte also wirklich Gedanken lesen!
Jessila und Elena sahen sie an, ebenso wie Ramona. Davina atmete laut und tief durch, dann nickte sie langsam den anderen beiden zu. Ein Lächeln machte sich auf ihren Gesichtern breit, Ramona lachte kurz auf und wischte sich mit dem Zeigefinger die Tränen aus dem linken Auge.
"Wir werden es tun!", sagte Davina entschlossen.
"Ihr könnt Euch auf uns Verlassen, Prinzessin Ramona!", sagte Elena mit ernster Miene, direkt auf Ramonas blaue Augen gerichtet. Die Elfenprinzessin lächelte, und es war ein so glückliches Lächeln, dass es die drei Mädchen selbst mit der gleichen Freude erfüllte. "Ich danke euch! Ich danke euch von ganzem Herzen, ganz Ismoeran wird euch dankbar sein!", rief sie und erneut bildeten sich Tränen in ihren Augen, jedoch diesmal vor Glück und Erleichterung. Die drei Elfenmädchen wandten sich zueinander und strahlten sich an. Immer noch verspürten sie etwas Angst und Misstrauen, jedoch waren sie um einiges glücklicher, ihrer Prinzessin etwas Last von der Seele genommen zu haben. "Eure Waffen warten schon auf euch!", sagte Ramona plötzlich und ihr Lächeln wurde verspielter. "Keine Sorge, ihr werdet lernen, wie man damit umgeht!"
"Echte Waffen?", rief Jessila wie aus der Pistole geschossen.
"Pfeil und Bogen?", fragte Davina hoffnungsvoll; seit sie auf der Kirmes Bogenschießen ausprobiert hatte, war sie nicht mehr zu retten, ständig plapperte sie die anderen damit zu.
"Schwerter?", sagte Elena ehrfürchtig, um die berühmteste und letzte Waffe, die ihr einfiel, zu nennen.
"Alles, was ihr braucht", sagte Ramona und lächelte (was sie ja eigentlich immer tut) Doch zuerst werde ich den anderen Elfen diese erfreuliche Nachricht mitteilen!". Es blitze. Der helle Schein blendete die drei Mädchen. Sie schlossen die Augen. Als sie sie wieder öffneten, war Ramona verschwunden.



Gaben und Große Zimmer



Die drei Mädchen warteten im Raum auf die Prinzessin. Währendessen saßen sie auf din wasserblauen, bequemen Sessel und fingen an zu reden.
"Also, ich kann das immer noch nicht fassen, dass wir, wir drei auserwählt wurden. Ausgerechnet wir. Wir waren schon ziemlich oft im Elfenreich, aber wir haben noch nie etwas Außergewöhnliches getan! Ich versteh das nicht, warum wir?" Elena sprach in einem weniger zweifelndem Ton als Davina es getan hatte, jedoch war sie immer noch ungläubig. Jessila rollte mal wieder die Augen.
"Freu dich doch mal ein bisschen. Es passiert nicht jeden Tag, dass wir unser Land retten müssen. Ach ja, Ramona sagte doch, wir sind die letzen, die noch übrig sind und wir wurden nur in gewisser Weise auserwählt. Nun ja, vielleicht weil wir gute Kämpferinnen sind, aber der erste Punkt zählt doch erstmal!" ,fügte sie hinzu."Und hier haben unsere Eltern einmal gelebt!" Sie hielt plötzlich inne und machte eine ernste Miene.
"Was ist los?", fragte Davina besorgt.
"Nichts..." Jessila erhob sich und begann, im Raum umher zu schreiten. "Ich dachte gerade ... Meint ihr, es hat etwas mit dem Tod unserer Eltern zu tun? Dass wir hier sind, meine ich. Meint ihr, es gibt einen Grund dafür, dass wir ausgerechnet jetzt zurück gerufen worden sind? Sie sind vor genau zwölf Jahren gestorben..."
Es war egal, dass sie sich kaum mehr an ihre Eltern erinnen konnten, der Gedanke war trotzdem immer wieder traurig. Elena kratzte sich am Kopf, Davina runzelte die Stirn.
"Ich glaube nicht, dass es damit zusammen hängt!", sagte sie rasch.
"Sie haben nichts damit zu tun, da bin ich mir sicher. Ireon sagte damals, dass wir das eigentliche Ziel waren, und sie dachten, uns würde niemand finden... Unsere Eltern sollten nur aus dem Weg geräumt werden. Ich weiß immer noch nicht, was diese besonderen Fähigkeiten sein sollen. Aber ich bin mir sicher, die Wahl des Tages war nur zufällig..."
Davina sagte nicht das, was sie wirklich dachte, um ihre Freundinnen nicht zu beunruhigen. Jessila hörte zwar zu, sah jedoch für einen kurzen Moment zu Boden, bevor sie einen Seufzer ausstieß.
"Ich frag mich nur eins..", sagte Elena und runzelte nachdenklich die Stirn.
"Was denn?", fragte Jessila und sah sie gespannt an.
"Woher will die Prinzessin wissen, dass wir gut kämpfen können? Ich meine, hier im Elfenreich haben wir es noch nie gemacht, und die kleinen Streitereien, die sie-", sie nickte in Jessilas Richtung, "in der Schule veranstaltet, kann man nun nicht wirklich als Kampf bezeichnen!"
"Kleine Streitereien...", ahmte Jessila Elena verächtlich nach. "Es geht da manchmal um echt ernste Themen!"
"Ist doch nun gut..." Davina starrte auf das Schwert,während sie nachdachte. "Hm.. vielleicht hat Ramona ja eine Kristallkugel oder so was", sagte sie.
"Ach Unsinn, kann doch gar nicht sein!", erwiederte Elena kopfschüttelnd.
"Du scheinst dir sicher zu sein!", stellte Davina fest und musterte Elena, welche fassungslos drein schaute und den Kopf schüttelte. Sie gab Davina einen Klaps auf den Hinterkopf.
"Scheint wohl, dass ich endlich etwas gefunden habe, wo ich besser bin als du!", sagte sie und lachte über Davina's beleidigte Miene.
"Elfen benutzen keine Kristallkugeln, das sind doch nur Märchen!"
"Pah!", schnaubte Davina. "Elfen sind auch Märchen, jedenfalls da, wo wir leben-"
"Psst, nicht so laut!", zischte Jessila und sah sich um. "Nachher werden wir noch raus geworfen, weil wir nicht an das glauben, was wir sind und was hier um uns herum ist!"
"Wir lenken schon wieder vom Thema ab!", bemerkte Davina und hob den Zeigefinger, was Elena und Jessila aufstöhnen ließ. Davina fuhr unbeirrt fort.
"Wenn es aber keine Kristallkugel ist, was soll es denn sein? An Ramona's Fähigkeit Gedanken zu lesen kann es nicht liegen, wir kennen unser wohl großes Talent ja selbst noch nicht!".
"Ich hab auch keine Ahnung. Jessy,was meinst du dazu?", fragte Elena an Jessila gewandt. Diese spürte plötzlich ihren Kopf vibrieren und auf einmal sah sie in ihrem Kopf eine Pergamentrolle. Es war ein ähnliches Gefühl, wie sie es in dem großen Saal erlebt hatte, doch diesmal konnte sie die mit Tinte geschriebenen Worte deutlich sehen.
"Ich meine gar nichts, weil ich es weiß!", rief sie plötzlich. Die anderen beiden starrten sie an.
"Was?", fragten sie wie aus einem Munde.
"Als wir auf die Welt kamen, konnten unsere Eltern mithilfe eines Zaubers unsere Fähigkeiten entdecken... Und das muss auch der Grund für ihren Tod gewesen sein!
Sie schrieben sie auf. Die Rimoks wussten, dass wir besonders sind! Sie wollten die Schriftrollen stehlen, genau wie uns. Vielleicht wollten sie uns gar nicht töten.. Sie wollten uns zu ihrer Waffe machen!" Bei diesen Worten zuckte Elena zusammen, Davina hörte nachdenklich zu und massierte mit ihrem Daumen ihr Kind. Jessila war ganz in Rage und redete weiter. "Also haben wir noch einen weiteren Grund, diese Mission zu erfüllen! Unsere Eltern rächen und den Rimoks beweisen, dass wir uns NIEMALS-" plötzlich schrie sie richtig, Elena riss die Augen auf, "- zu ihrem Werkzeug machen lassen werden! Nun hört euch das an..." Jessila hielt kurz inne, ihr galt die ungeteilte Aufmerksamkeit ihrer Freundinnen. "Davina, deine Fähigkeiten sind das Spähen, das Reiten, der Umgang mit dem Lichtzauber und du hast ein ausgezeichnetes Gehör" Davina machte ein begeistertes Gesicht. "Ist das so? Ist ja echt gut zu wissen!", sagte sie und klang dabei ein klein wenig eingebildet. "Und was ist mit mir, Jessy? Habe ich auch irgendwelche Fähigkeiten?", fragte Elena und sah Jessila neugierig an.
"Klar hast du das" , fuhr Jessila fort." Du bist schnell, nur selten kommt es vor, dass deine Feinde mit dir mithalten können. Du bist die einzige von uns beiden, die zwei Zauber beherrscht; da wäre erst einmal der Seilzauber. Mit diesem kannst du Seile heraufbeschwören, die sich wie Spinnennetze, sehr dicke Netze, vor den Feind spannen, und man kann nicht sagen, dass sie leicht zu durchtrennen sind! Der zweite Zauber ist der Unsichtbarkeitszauber. Mit dem kannst du Dinge unsichtbar machen, allerdings erst, wenn es soweit ist, und wann das ist, kann ich dir jetzt noch nicht sagen!" "Wow, Seile und Unsichtbarkeit", hauchte Elena, offenbar erstaunt darüber, was sie alles konnte.
"Und was kannst du,Jessy?", fragte Davina mit einem überlegenden Gesichtsausdruck, der Jessila fast ausrasten lies.
" Bleibt ja nicht mehr viel für dich übrig, oder?" Diese Eigenschaft von Davina brachte Jessy jedesmal auf die Palme, denn ihre Freundin konnte es einfach nicht ertragen, nicht besser als andere zu sein.
"Ich kann sehr gut kämpfen. Außerdem kann ich sehr gut im Dunkeln sehen, was-",sie erhob die Stimme, weil Davina gerade anfangen wollte, zu protestieren. "auch Späher nicht ganz so gut können! Der Zauber, den ich gut beherrsche, ist der Eiszauber. Und ich habe eine Gabe, die mich Dinge wissen lässt, die viele andere, wie zum Beispiel ihr, nicht wissen!" "Cool!", sagte Elena begeistert.
"Haben wir denn noch mehr Gaben?"
"Ja, habt ihr, aber noch niemand hat sie entdeckt. Bei mir ist es auch so!", sagte Jessila. Nun versanken sie alle in Schweigen, um das gerade Gehörte zu verarbeiten.
Plötzlich, ein greller Blitz, und Ramona stand wieder in der Mitte des Zimmers.
"Die anderen waren sehr erfreut, als ich ihnen die Botschaft überbrachte.", erzählte sie mit freudigem Unterton und lächelte erneut. Sie wandte sich an Jessila. "Ich hoffe, du hast deine Freundinnen über die Gaben in Kenntnis gesetzt?" Jessilas rechter Mundwinkel zuckte nach oben; daher also das Wissen. Sie nickte. "Selbstverständlich, Hoheit!", sagte sie, ohne den Blick von Ramona abzuwenden. "Ich danke dir, somit wäre das bereits erledigt", sagte Ramona munter.
"Ich muss euch noch etwas mitteilen. Ein alter Freund von mir, sein Name ist Filon, ist der König des Elvischen Volkes, das Volk hat seinen Platz auf der anderen Seite unseres Landes. Filon ist sicher erschöpft von seiner tagelangen Reise, um hierher zu kommen. Heute Nachmittag wird es eine Versammlung geben, an der mehrere Völker teilhaben werden. Auch sie geht das Schicksal Ismoerans an! Ich hoffe, ihr findet euch bis dahin besser in unserem Schloss zurecht !"sagte sie und zwinkerte den Mädchen zu. "Natürlich", antwortete Davina lächelnd.
"Habt Ihr gesagt, was Ihr sagen wolltet?", fügte sie höflich hinzu. Die Prinzessin schüttelte den Kopf und hob den sanft den Zeigefinger.
"Einen Augenblick noch. Wir werden euch euren Aufenthalt hier so entspannt wie möglich gestalten, denn auch ihr seid zu der Versammlung eingeladen.", die Mädchen tauschten Blicke aus. Ramona lächelte und fuhr fort: "Kommt zur Lichtung des Waldes. Folgt einfach dem kleinen Fluss, der vom Schloss aus Richtung Süden fließt, dort werden wir euch erwarten."
"Aber wo ist denn der kleine Fluss?", fragte Elena und sah verwirrt drein.
Ramona antwortete nicht auf ihre Frage, sondern öffnete die Tür. Ein Elf kam herein. Er trug eine enge Hose aus braunem, glänzenden Stoff, ein weißes Hemd, verziert mit einer schwarzen Fliege und die Hälfte der Kleidung wurde von einem dünnen, rubinrotem Mantel bedeckt.
Das dunkelbraune Haar fiel ihm in die schwarzen Augen, die trotz ihrer unheimlichen Farbe verlockend schimmerten, und er lächelte freundlich. Ramona deutete auf ihn.
"Das hier ist Garof. Er wird euch um die richtige Zeit zum kleinen Fluss führen", erklärte sie. Garof machte eine tiefe Verbeugung.
"Es ist mir eine große Ehre, der wunderschönen Prinzessin-", er neigte den Kopf in Richtung Ramona, diese lachte und machte einen scherzhaften Knicks,"-und den drei Retterinnen unseres Landes dienen zu dürfen!",sagte er mit einem ehrfürchtigen Ton in der Stimme. Jessila, Elena und Davina nickten mit dem Kopf in seine Richtung und erwiederten sein Lächeln.
"Ich sehe, Filon ist soeben eingetroffen", sagte Ramona plötzlich und schaute zum Fenster hinaus. "Ich werde ihn nun empfangen, bevor ich einige wichtige Dinge mit ihm besprechen muss, und nein, ich kann euch leider nicht verraten, worum es geht!" Sie beendete ihren Satz mir leicht erhobener Stimme und Davina lief rosa um die Wangen an. Mit einem stillen Lächeln und einem Winken schritt Ramona, immer noch graziös und anmutig, aus dem Raum. Die Elfenmädchen sahen ihr hinterher. "Folgt mir bitte!", wies Garof sie an und winkte sie mit der Hand hinter sich her, während er aus dem Raum spazierte. Elena, Davina und Jessila taten, wie ihnen geheißen, und gingen ihm nach.
"Wo führen Sie uns überhaupt hin?", fragte Davina und sah Garof neugierig an.
"Ich werde Euch auf Euer Gemach begleiten, junge Dame.", sagte Garof. Davina machte ein verwundertes Gesicht. " Wow, wir bekommen ein eigenes?", fragte sie und Begeisterung lag in ihrer Stimme. Garof lachte, antwortete aber nicht.
Das Elfenschloss war von innen noch um einiges größer, als es von außen den Anschein machte- und das war schon eine reife Leistung. Die Gänge waren mit Teppichen ausgelegt, mal weinrot, mal aquamarinfarben, Kerzenleuchter hingen an der Wand und gaben dem Ganzen ein Gefühl der Behaglichkeit. Sie liefen weiter und weiter, gingen nach links und rechts, kamen an Kreuzungen vorbei, gingen geradeaus, bis sie bei einer riesigen Tür angelangt waren. Sie war aus dunklem Kiefernholz angefertigt, der Lack glänzte in einem leichten Goldstich.
"Einen Moment, bitte!", sagte Garof und stellte sich vor die Tür.
"Ned Neómre!", rief er. Von irgendwoher kam ein Knacken, wie von einem Türschloss. Das verwunderte die Mädchen, denn von außen war an den großen Pforten kein Schloss zu sehen. Wenige Sekunden später öffnete sich die große Tür unter leisem Knarren.

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Tag der Veröffentlichung: 07.09.2011

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