Lange Jahre hatte sie sich klein gemacht, damit sie niemand entdeckt. Alles auf diesem Planeten war so groß und wuchtig. Sie hatte Angst davor und zugleich wäre es nicht nötig gewesen, sich klein zu machen und zu verstecken. Niemand auf diesem Planeten hat jemals diese kleine Prinzessin gesehen, deren ganzen Tun und Denken darum kreiste, nicht entdeckt zu werden. Keines dieser rießigen Geschöpfe kümmerte sich um sie. Sie wussten ja nicht einmal davon, dass die kleine Prinzessin da war.
Diese Riesen hatten sie nie gesehen, wie sie sich in die Ecken ihrer riesigen Räume drückte, wie sie sich verbarg, wie sie verzweifelt nach einem Raum suchte, der ihrer Größe entsprach, einem Raum in dem sie endlich aufhören könnte, sich zu verstecken. Einem Raum, der nicht nur von dem Gefühl von Angst erfüllt wäre, sondern in dem auch andere Gefühle sich entfalten dürften.
Diese Riesen sahen nur das Große, das was ihnen ebenbürtig gegenüberstand, das worin sie sich selbst sahen.
Dieser Planet war so groß, dass die kleine Prinzessin sich gar nicht hätte verstecken müssen. Alles war nur groß und es war auch nur das Große, was diese Riesen sehen konnten. Es war ein leichtes sich hier zu verstecken, wenn man so klein war, wie es die Prinzessin war.
Doch aus ihren Augen konnte sie das nicht erkennen. Aus ihren Augen musste all das um sie herum Angst machen. Sie konnte es sich nicht erklären, was sie auf diesem Planeten sollte, warum sie dort war. Alles auf diesem großen Planeten erschien so ganz anders als sie zu sein.
Sie war immer in Angst. Es war die Erschöpfung die sie irgendwann jeden Tag in irgendeiner Ecke einschlafen machte. Wenn sie daraus erwachte, war dieses Gefühl wieder in ihr und die Flucht ging von vorne los.
Es war scheußlich und es war unerklärlich, aber sie hatte keine Zeit dafür darüber nachzudenken, wie sie wegkommen sollte. Alles drehte sich darum, sich zu verstecken und klein zu machen.
Als ich sie das erste Mal traf, diese süße, kleine Prinzessin, sah sie schrecklich erschöpft aus, doch sie verbarg das, indem sie ihr Kleidchen zurechtzupfte, ihre Frisur ordnete und mich pikiert fragte: „Ja, bitte!„
Ich muss wohl sehr verdutzt geschaut haben. Für einen Moment schloß ich meine Augen, denn ich konnte nicht glauben, was ich sah. Als ich sie öffnete, sah ich einen Fetzen türkis schimmernden Stoffes hinter einem Kieselstein verschwinden. Ich machte einen Schritt und stand wieder über diesem winzigen Geschöpf, das sich da an die Rückseite dieses für mich fast nicht wahrnehmbaren Steines drückte.
Sie bemerkte mich erst gar nicht. Ich sah ihre Angst in ihren weit aufgerissenen Augen, sie zitterte am ganzen Körper. Ihre dünnen, langen roten Haare hingen ihr in verschwitzten Zotteln ins Gesicht. Ihre Angst ließ sie eigentlich ziemlich wild aussehen, dachte ich bei mir, wäre sie eben nur nicht so klein. Man müßte Angst bekommen vor ihr.
Ihrer Angst bewusst, senkte ich meine Stimme und sprach ganz leise, als ich mich an diese süße, kleine wilde Prinzessin wand:
“Hab bitte keine Angst vor mir. Ich möchte Dir nichts Böses.” Erstarrt vor Schreck blickte sie auf zu mir, aber sie lief nicht sofort wieder weg. Ich blieb in meiner Entfernung, denn ich wollte ihr nicht noch mehr Angst machen und sprach weiter: “Wer bist Du? Wie ist Dein Name? Ich heiße Lili und ich würde Dich sehr gerne kennen lernen. Du bist so anders, so” ich stockte “ so winzig und doch wirkst du auf mich unglaublich stark. Fast machst Du mir Angst.” Ich zwang mich, nicht weiterzureden, denn ich merkte, dass ich vor Neugier schier platzte und die Gefahr bestand, dass ich sie mit meinen Worten erschlug. Die Worte sprudelten nur so aus mir heraus.
Dieses winzige Wesen, was auch immer es sein mochte, schaute mich sehr skeptisch zwischen ihren ins Gesicht hängenden Haaren an und schon wieder wurde mir sehr flau im Magen. War sie ein Zauberwesen? Eine Fee oder eine Elfe? Gab es diese tatsächlich?
“Ani. - - - AAA-NNN-IIII” brüllte sie mir nun ein zweites Mal entgegen und nun war ich es, die erschreckt zurückwich. “Ani. Ich heiße Ani.” wiederholte dieses Geschöpf unter mir nun ein drittes und viertes Mal knapp und derart selbstverständlich als hätte es keinerlei verschrecktes Weglaufen, schweißgebadetes Verstecken, verstörtes Zittern am ganzen Körper und angsterfülltes Augenaufreißen vor wenigen Minuten gegeben.
Ein Zauber ging von ihr aus. Dieses türkis leuchtende Kleid schien nicht nur durch die Sonnenstrahlen zu funkeln. Auch das Strahlen ihrer Augen und den Glanz ihrer Haare hatte ich so noch bei keinem anderen Menschen gesehen. Es war nicht nur ihre Größe, die meine Aufmerksamkeit derart auf sie lenkte. Da war mehr. Und das war nicht das Kleid, das mir wirklich ausgenommen gut gefiel, bemerkte ich. Das Strahlen der Augen, dieses Wilde ihrer Angst, das ist es wohl das mich so anzog. “Oder alles zusammen?” fragte ich mich und merkte, ich war völlig wirr.
Tag der Veröffentlichung: 04.06.2009
Alle Rechte vorbehalten