Cover

Prolog



Aufgeregt sprang ich von einem Bein auf das andere, als ich den Brief durch las.
Ich hatte mich auf einen Job Beworben, den ich vor zwei Monaten in einer Zeitschrift entdeckt hatte. Es war nur ein kleiner, unbedeutender Ausschnitt gewesen.
Dennoch war er mir sofort ins Auge gesprungen.
Gesucht wurde eine Kreativ und Künstlerisch begabte Frau, die in der Lage war alte Gemälde nach wünschen zu Restaurieren. Das war einfach zu perfekt für mich.
Ich hatte erst vor einiger Zeit meinen Job bei einer Zeitung verloren, weil sie Stellen Abbauen mussten. Und weil ich mich sooft mit meinen Chef stritt war ich eine der Ersten die ihre Sachen packen durfte. Danke auch!
Ich saß danach frustriert in meinen Lieblings Café und blätterte durch die eine Woche alte Zeitung, als ich auf diesen Artikel stieß. Natürlich hatte ich mich darauf beworben. Wie ich darauf kam? Nun, ich war in Kunst immer gut. Ich liebte es zu malen. In der Bewerbung schrieb ich auch das ich keine Ausbildung in diesen Bereich hatte, geschweige den das ich Studiert hätte. Allerdings packte ich ein paar Bilder von meinen Arbeiten mit rein.
Und nun, zwei Monate später, bekam ich den Brief mit der Zusage!
Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, aber dafür freute ich mich nun um so mehr.
Für mich bedeutete es das ich aufhören konnte mich auf alle möglichen Jobs zu Bewerben, die ich entweder eh nicht mochte oder ich gar kein Bock drauf hatte.
Nun musste ich nur noch meiner besten Freundin Bescheid geben, damit sie wusste, dass ich erst einmal weg war. Irgend wer musste ja auf meine Wohnung aufpassen.
Um mein Flug musste ich mir ja keine sorgen machen, der würde in zwei Tagen sein. Ein Flugticket lag dem Brief bereits bei.
Schade nur das nichts darüber stand wie lange ich wohl drüben bleiben sollte. eine Woche? Zwei? Oder gar ein Monat? Nun, das würde ich ja sehen.
Ich schnappte mir mein Telefon und ließ mich auf die Couch plumpsen.
So schnell wie noch nie im Leben wählte ich die mir nur zu bekannte Nummer. Es klingelte drei Mal, ehe jemand ans Telefon ging.
"Hier bei Lukasen?"
"Hy, Andre. Ist Laura da?"
"Oh, hy süße. Warte kurz. Laura, Daphne ist am Telefon!"
Au, mein armes Ohr. Konnte er das Telefon nicht wie andere normale Menschen Weg halten, wenn er nach seiner Freundin rief? Nein, so intelligent war er dann leider doch nicht. Schade eigentlich. Andre war ein Muskelhafter Hüne mit blonden wuscheligen Haaren und dunkelbraunen Augen.
Er war die Nettigkeit in Person und seit fast zwei Jahren mit meiner besten Freundin verheiratet. Die meisten die, die beiden kennen gelernt hatten, würden niemals glauben das beiden harmonierten.
Laura war klein und zierlich. Ihre schwarzen, kurzen Haare fielen ihr auf die Schulter und ihre blauen Augen glänzten nur so vor Schalk. Sie hatte immer einen frechen Spruch auf Lager und schaffte es einen, egal wie schlecht es ihm auch ging, zum heulen, vor Lachen, zu bringen. Die beiden waren also genau das Gegenteil des anderen.
Dennoch passten sie einfach perfekt zusammen.
"Daphne? Bist du dran? Halloooho, träumst du schon wieder vor dir hin?"
"Was? Oh, hy Laura. Rate Mal was für ein Brief ich gerade bekommen habe?"
Ich hörte wie sie genervt stöhnte. Oh ja, ich konnte mir wirklich vorstellen wie sie gerade hinter der Leitung ihre Augen verdrehte und sich in einen Stuhl fallen ließ.
"Keine Ahnung? Vielleicht eine Rechnung oder einen Brief vom Ex?"
"Rede keinen Unsinn." Ich kniff die Augen zusammen und biss mir auf die Lippe. Musste sie immer so Sarkastisch sein?
"Du weißt doch noch, wo ich mich vor zwei Monaten beworben habe. Der Artikel aus der Zeitung, die jemanden suchen wegen Restaurierung von Bildern."
"Ja. Hast du endlich deine Absage bekommen? Ich hab dir gesagt das es nichts wird."
"Wirklich, du kannst einen fantastisch Mut machen. Nein, ich habe eine Zusage bekommen, samt Flugticket."
Es gab ein Knistern und ein leises 'Klonk'. Ich konnte mir bildlich vorstellen wie sie gerade von ihren Stuhl gefallen war. Sie hatte mir immer wieder gesagt ich würde diesen Job niemals bekommen.
Und nun? Tadaaa, ich hatte ihn!
"Nun biste überrascht, was?"
"Ich... Unglaublich!"
Ein schadenfrohes Grinsen machte sich auf mein Gesicht breit, während ich auf meiner Couch entspannt die Füße hoch legte. Oh ja, das hatte sie nun davon! Ha, von wegen ich sei zu nichts zu gebrauchen! Pff.
"Wann geht der Flug?"
"In zwei Tagen!"
"Aha, und wie lange bleibst du weg?", fragte sie misstrauisch.
"Hmm, steht nicht drauf. Vermutlich wollen sie erst einmal sehen wie ich arbeite und dann entscheiden was ich Restaurieren soll. oder aber wie lange ich brauche. Sie haben ja nicht geschrieben was ich dort genau machen soll."
"Ich weiß nicht. Willst du wirklich runter fliegen? Ich meine, Schottland ist doch so weit weg."
Mein Lächeln wurde liebevoll, als ich daran dachte was für sorgen sie sich machte. Sie war immer so, seid ich sie kannte. Und das waren immerhin schon so um die Zwanzig! Wir gingen damals schon zur Schule. Die Freundschaft hatte wirklich lange überdauert.
"Ja. Außerdem weist du ja wo ich bin. Ich mach mir da keine sorgen." Und das stimmte. Laura würde vermutlich höchst persönlich mit einen Panzer und einer ganzen Armee an gerollt kommen um mich vor irgend einem Bösewicht zu retten. Wie gesagt, sie war einfach über fürsorglich. Eine Eigenschaft die ich an ihr mochte, so wie ihre Witze.
"Soll ich dir morgen beim Packen helfen?"
"Das wäre wirklich lieb von dir."
"Gut. Bis Morgen.". Sie gab noch ein Schmatz von sich, dann war die Verbindung unterbrochen, weil sie auflegte.
Lachend schüttelte ich meinen Kopf und legte das Telefon zur Seite. Mit der rechten Hand angelte ich nach der Fernbedienung, die ich irgend wo auf der Lehne hingelegt hatte. Ich schaltete den Fernseher ein und schaltete ein wenig hin und her, ehe ich das passende gefunden hatte. Eine Reportage über Tiere der Wüste. Es musste schön dort sein, wenn auch heiß. Also auf jeden Fall nichts für mich. Wenn ich allein schon hier Kopfschmerzen bekam, wie sollte es den erst dort sein? Nachts kalt und Tags Hitze. Na danke. Dann würde ich nur mit Migräne in irgendeinen Zelt hocken. Die Wüste war für mich also auf hundert Pro Tabu.

Ich weiß nicht mehr wann ich eingeschlafen war, aber das Klingeln des Telefons riss mich aus meinen wohlverdienten Schlaf. Widerwillig angelte ich nach den verflixten Telefon und schnautzte gleich in den Hörer. Wer wagte es auch mich aus meinen Schlaf zu reißen?
"Wer auch immer da ist. Du brauchst 'ne gute Ausrede.", fauchte ich in den Hörer, ehe mein Gegenüber etwas von sich geben konnte.
"Nun sei Mal nicht so zickig. Ich wollte dir nur Bescheid geben das ich in einer Stunde bei dir bin.
Laura. Super und ich fahre sie natürlich gleich an. Zum Glück wusste sie das ich morgens nicht zu gebrauchen war.
"Wie spät ist es?"
"Kurz vor elf."
Erschrocken setzte ich mich auf und schnappte mir meine Uhr, die auf meiner Anrichte neben der Couch stand. Verdammt, sie hatte recht!
"Oh, okay. Ich mach uns bis dahin was zum Essen. Bis gleich."
Ich legte auf und sprang aus dem Bett, alias meinen Sofa. Noch leicht benebelt lief ich durch mein Wohnzimmer ins Bad und stellte erst Mal das Wasser der Dusche an, ehe ich mich auszog.
Das schrecklichste an solche Altbauwohnungen war, dass das Wasser immer ewig brauchte, bevor es die richtige Temperatur hatte. Als ich die Wäsche in meinen Korb verstaut hatte, hielt ich meine Hand unter das Wasser. Zufrieden stieg ich unter die Dusche und ließ mir das heiße Wasser über den Rücken laufen. Einfach das beste was es am Morgen gab.
Zehn Minuten gönnte ich mir diese Entspannung, ehe ich mich abseifte und mir ein Handtuch umwickelte.
Ich machte mir nicht die Mühe mich abzutrocknen, sondern stiefelte gleich in meine kleine Küche und holte das wichtigste für eine Gemüsepfanne aus meinen Kühlschrank. Den Reis stellte ich als Erstes an und das geschnittene Fleisch gab ich als erstes in die Pfanne. Während also das Fleisch vor sich hin bratete und der Reis kochte schnitt ich das Gemüse klein und gab es nach und nach zum Fleisch.
Kaum damit fertig sah ich auf die Uhr und war zufrieden. In zwanzig Minuten würde Laura da sein. Genug Zeit um mich noch ordentlich an zuziehen. Vor meinen Schrank blieb ich stehen.
Ich zog das erst beste an was mir in den Armen fiel. Weiße Unterwäsche, eine dunkle Jeans und weißes Top. Weiß, die schlimmste Farbe die es gab. Sie machte mich noch breiter als ich so oder so schon war. Ja, die meisten Frauen sagten weiß machte sie Fett. Aber bei mir war es wirklich so. Ich war noch die schlankeste. Ein Grund warum ich meist dunkle, weite Kleidung trug.
Seufzend sah ich in den Spiegel und verzog das Gesicht. Die Aschblonden Haare fielen mir in mein Herzförmiges Gesicht. Dadurch das sie Nass waren machte sie mein Gesicht schrecklich breit, weshalb ich mit meinen Hände anfing sie zu verwuscheln. Zufrieden sah ich wieder in den Spiegel. Besser. Ich überlegte kurz mir ein wenig Wimperntusche aufzulegen, ließ es aber. Ich hasste es mich zu schminken. Ich fand diese ganzen Tussen schrecklich die aussahen als wären sie in einen Eimer Farbe gefallen. Seufzend ging ich zurück in die Küche und kümmerte mich um das Essen, damit es pünktlich fertig war.

Punkt zwölf klingelte die Tür. Grinsend öffnete ich sie und hatte schon meine Arme voller Laura. Ich drückte sie einmal kurz an mich und ließ sie dann wieder frei. Aber nur weil sie mir eigentlich die Luft abgeschnürt hatte. Für so eine kleine Person hatte diese Frau eindeutig zu fiel Kraft.
"Es riecht toll. Gemüsepfanne?" Und nicht zu vergessen, verfressen wie nichts anderes.
"Hey, ich weiß doch womit ich dich glücklich machen kann."
Mit einen breiten Grinsen ging sie an mir vorbei in die Küche. Ich ahnte schon das ich ihr einen Klapps auf die Finger geben sollte, denn wenn ich es nicht mache, würde meine Portion gleich mit weg sein!
Mit einem schiefen Lächeln beobachtete ich meine Freundin wie sie tatsächlich über meine Pfanne gebeugt da stand und mit spitzen Fingern versuchte sich ein Stück Fleisch aus der Pfanne zu klauben.
"Bekommst du zu hause nichts mehr zu Essen, dass du schon bei mir alles weg futtern musst?"
"Sei nicht so gemein zu mir. Es schmeckt nun Mal.", maulte sie und setzte sich auf einen der Stühle. Braves Mädchen.
Ich füllte uns beiden etwas auf. Natürlich war Lauras Portion um einiges Größer. Ich war immer wieder überrascht wo sie das ganze ließ. Jede normale Frau würde dafür töten, wenn sie so viel essen konnte, ohne auch nur ein Gramm zu zunehmen. Himmel, wie oft hatte ich mir gewünscht so viel in mich rein zustopfen wenn ich wieder einmal Liebeskummer hatte.
Ich stellte den Teller vor ihr ab und ließ mich ihr gegenüber auf den Stuhl fallen.
"Was habt ihr eigentlich die nächste Woche vor? Andre hat doch eine Woche Urlaub, oder?"
"Naja, wir wollen es uns gemütlich machen und einfach nur mehr Zeit zusammen verbringen. Vielleicht fahren wir auch runter zu unseren Eltern. Ihnen Mal wieder einen Anstandsbesuch entgegen bringen."
Laura zuckte gleichgültig die Schultern und kümmerte sich um ihren Berg an Essen.

"Haben wir sonst noch was vergessen?"
Laura sah sich in meinen Wohnzimmer noch einmal um und starrte auf die Liste, die wir zusammen angefertigt hatten.
Nach dem Mittag hatten wir es uns erst einmal auf der Couch gemütlich gemacht und waren durchgegangen was ich alles brauchen würde. Da keiner von uns wusste wie lange ich wirklich da bleiben würde hatte ich für eine Woche gepackt. Eigentlich wollte sie noch mehr aufschreiben, da hab ich mich dann doch quer gestellt. was sollten denn meine Auftragsgeber von mir denken? Das ich eine verwöhnte Tussy war? Oder liebe doch das ich gleich bei ihnen einziehen wollte? Nein, dann lieber zu wenig. Die nötigen Sachen konnte ich mir ja noch immer Nachkaufen. Und außerdem wird es sicher eine Waschmaschine geben.
"Also, ich denke wir haben alles.
"Zwei Pullis. Gescheckt.
Zwei T-Shirts und eines zum Arbeiten. Gescheckt.
Unterwäsche. Ganz klar.
Zwei Hosen, zwei kurze und einen Rock? Ebenfalls.
Nachtzeug und Tops? Vorhanden.
Waschutensilien? Auch dabei."
"Ja und den ganzen Rest den ich brauche hab ich auch da. Verdammt, Laura, ich bin kein kleines Kind was für die Klassenreise alles abhaken muss!"
Entrüstet sah ich meine beste Freundin an und schloss den Koffer. Endlich!
Wenn es nach ihr gegangen wäre würde ich wohl auch noch meine Socken, Zahnpasta und Bücher zählen müssen. Ich war nun wirklich nicht mehr in der Grundschule. So lieb sie auch war, aber das war wirklich einer ihrer Schlimmen Seiten.
"Du bist nicht zufällig schwanger?"
Böse sah sie mich an, was mich zum Lachen brachte. Wir wussten beide das sie keine Kinder wollte. Sie dachte einfach sie würde keine gute Mutter sein. Außerdem wollte sie keine solch große Verantwortung. Nein, stattdessen beschwerte sie sich bei mir das ich noch Single war und sie keine Patenkinder bekam. Toll. Was sie nicht wollte sollte ich mir antun? Wirklich großartig.
"Red' kein Schwachsinn. Aber, wollen wir heute noch was zusammen unternehmen? So, als abschied?"
"Du tust fast so als wäre ich aus der Welt. Wie wäre es mit dem Revens?"
Wir grinsten uns über den Tisch hinweg an. Wenn Laura und ich etwas mochten, dann war es feiern. Am liebsten mit lauter Musik, viel Alkohol und ein Haufen Kerle.

Keine halbe Stunde später standen wir vor dem 'Revens' einer kleinen gemütlichen Bar in der Jazz gespielt wurde. Ha, so viel zum Thema laute Musik und ein Haufen Männer. Genau, wir waren ganz und gar keine Partygänger. Wir mochten es eher ruhig und gemütlich. Und das Revens hatten wir einmal durch Zufall gefunden. Seitdem waren wir Mindesten einmal im Monat hier. Die Atmosphäre war toll und die Musik konnte einen, besonders nach der Arbeit, entspannen. Und, was sehr wichtig war, die Cocktails waren der absolute Hammer!
Laura und ich suchten uns einen bequemen Platz am Tisch dicht neben den Klavier. Der Kellner nahm unsere Bestellung auf und wir fingen an, an ein paar Salzstangen zu knabbern. Einige Zeit lauschten wir so ruhig der Melodie, die gespielt wurde. Die Klänge durchfluteten den Raum und ließen einen Schaudern. Das Licht war leicht gedämmt, so das die rote Wand dunkler wirkte als sie eigentlich war. Die schwarzen Stühle und Tische waren poliert, so dass sich das Licht in ihnen brach. Man wartete nur darauf das der nächste Schurke herein kam und eine Waffe zog. Mafia war sicher auch nicht schlecht.
"Ich werde es hier vermissen.", seufzte ich und schloss die Augen.
"Natürlich. Aber es wird dich eh nicht davon abhalten von hier zu verschwinden."
Ich grinste Laura an und schüttelte den Kopf. nein, meine Entscheidung hatte ich bereits getroffen als ich die Bewerbung abgeschickt hatte. Ich wollte diesen Job, nicht nur wegen der Bezahlung. Außerdem... Schottland! Das sagte doch bereits alles. Seit ich klein war wollte ich dorthin, oder nach Irland. Ich erfüllte mir also gleich zwei Träume auf einmal.
"Keine Sorge. Wir werden Telefonieren, ich schreib dir Karten und zur Not kannst du mich sicher auch besuchen."
"Und dafür mein erarbeitete Geld ausgeben? Niemals!"
Empor sah ich Laura an. Also wirklich. Was stellte sie sich so an? Sie konnte mich ruhig besuchen kommen. Wir waren wie Schwestern, was machte da schon das Geld? Ich glaub es hackt!
"Pha, und wenn ich dort entführt werden?"
"Dann hast du eindeutig selber Schuld."
Ich blies meine Wangen auf und entließ die Luft zischend.
Laura und ich sahen einen Moment an, ehe wir beiden in haltloses Gelächter ausbrachen. Super, das war wieder typisch wir. Wenn ich es wirklich wollte würde sie vermutlich ein Flugzeug klauen um zu mir zu gelangen. Genau so etwas würde ich zu mindesten auch für sie machen.
Wir bestellten uns im laufe des Abends mehrere Cocktails in allen Möglichen Variationen. Der süße Kellner der uns Bediente schien rege Interesse an Laura zu hegen und schob ihr nach zwei Stunden sogar seine Nummer zu. Wir grinsten uns natürlich nur weg. Warum sollten wir den kleinen seine Hoffnung zerstören? Außerdem brachte es uns ein paar extra Getränke ein. Gegen späten Abend, ich glaube es war so um die halb zehn, kam endlich der auf den ich gewartet habe.
Groß und eindrucksvoll stand er in der Tür, ließ sein Blick über die Gäste schweifen und zog sich seine Jacke aus, ehe er in Richtung der Bar ging. Die blonde Haare waren zurück gekämmt und lagen ihm im Nacken. Christopher Brosner war der Pianist des Geschäfts und Locke Unmengen an Gäste an. Er war groß und braun gebrannt. Er war freundlich und zuvor kommend. Er war zwei Mal in der Woche abends im Revens um zu spielen. Ich liebte Klavier und war damals nur den Klängen gefolgt. Der Grund warum wir hier gelandet waren. Ein zwei mal habe ich mit Christopher auch schon gesprochen. Er war ruhig und hörte aufmerksam zu, wenn man ihm etwas erzählte.
Fünf Minuten später kam er wieder und hatte sich umgezogen. Heute trug er ein dunkelgrünes Hemd und eine legere schwarze Hose mit breiten Gürtel. Wirklich Chic. Die Ärmel des Hemdes waren hochgekrempelt. Er trug keine Krawatte, was mir sehr gefiel. Chris ging an uns vorbei uns schenkte uns ein kurzes Lächeln und beugte sich zu uns.
"Hallo, ihr beiden. Einen bestimmten Wunsch heute?"
Während ich mein Kopf schüttelte lächelte Laura gefährlich und beugte sich ein Stück zu Chris hinüber um ihn etwas ins Ohr zu flüstern. Er nickte ihr zu und schmunzelte leicht, als er zu mir herüber sah. Neugierig sah ich meine Freundin an, als Christopher am Klavier saß und ein paar Blätter zurecht rückte.
"Was hast du ihm gesagt?"
Ich durchbohrte meine Freundin mit einem Blick. Sie spitzte jedoch nur ihre Lippen und deutete an das sie ihren Mund abschloss und den Schlüssel weg schmiss. Gemein! Ich sah sie gespielt wütend an und schniefte. Ich wusste das es bei ihr keinen Sinn hatte. Trotzdem machte ich es.
Neugierig sah ich zu Chris, der die ersten Töne anstimmte. Es dauerte keine Minute als ich erkannte was genau er da spielte. Mein Blick glitt nach Laura. Meine Freundin jedoch schien mich zu ignorieren und schlürfte den Rest aus ihr Glas. Als sie aufblickte sah sie so unschuldig aus das es einfach nur gefälscht sein konnte. Ihre Lippen verzogen sich zu einen süßlichen Lächeln.
"Was denn, magst du Enya nicht mehr?"
Ich warf ihr einen lieben Blick zu und sah wieder zu Chris, ehe ich die Augen schloss und mich von den Klängen mitreiße ließ. Laura sagte gar nichts, dennoch konnte ich mir vorstellen wie sie mit einem breiten und zufriedenen Grinsen vor mir saß.
Seufzend öffnete ich meine Augen, als die gewohnte Melodie etwas schneller wurde, bis sie endgültig in einen anderen Stück überging.

Zwei weitere Stunden und endliche Cocktails später, standen wir vor dem Revens und verabschiedeten uns. In laufe der letzten halben Stunde hatte ich für Laura ein Taxi gerufen. meiner Meinung nach hatte die Liebe ein wenig zu viel getrunken. Wenn Laura zu hause ankommen würde hatte ich sicher noch ein Date mit einem Wütenden Ehemann, der mich zur Schnecke machte, weil seine Frau vollkommen angetrunken war. Ob ich mir noch schnell ein paar Kopfhörer kaufen sollte? Schalldicht! Nein, dafür war es bereits zu spät. Super!
Nachdem ich Laura ins Taxi verfrachtet hatte winkte ich ihr noch kurz nach, ehe ich mich selbst auf den Weg in meine Wohnung machte. Ich genoss die Ruhe die in dein kleinen Viertel herrschte, in dem ich wohnte. Viele meiner Freunde fragten mich wie ich dort wohnen könnte. Wie hatte sie es noch Mal genannt?
Ach ja, ein Oma Viertel. Also bitte, ich mochte es nun einmal lieber ruhig. Nachts kam ich zwar nirgends mehr hin, weil keine Busse fuhren, aber mir sollte es egal sein. Ich hatte in der Nähe alles was ich brauchte und zu Fuß erreichen konnte. Was wollte ich mehr?
Ich atmete die kalte Nachtluft ein. Man merkte deutlich das es langsam Herbst wurde. Ich zog meine Strickjacke etwas enger um meinen Körper, als ein kalter Windhauch um meine Arme Strich. Ich liebte den Herbst. Schon seit ich denken kann. Ich schloss die Augen und blieb einen Moment stehen, ich weiter ging und mich beeilte in meine Wohnung zu kommen. Langsam wurde mir dann doch ein wenig kühl.

Ich schniefte und wischte mir die Tränen aus den Augen. Ich hätte mir einfach kein Drama lesen dürfen. Jetzt war ich wieder frustriert wie sonst etwas. Warum mussten sich die heißen Typen auch immer für diese unbedeutenden Weiber in diesen Romanen opfern? Die hatten doch selber Schuld. Sie hätten doch einfach nicht auf diesen bösen Mann hören dürfen. Oder die Zicke die, die Frau immer in irgendwelche Schwierigkeiten brachte, nur weil sie den heißen Typ für sich wollte. Es war einfach immer das selbe. Und trotzdem musste man dann immer heulen, auch wenn man wusste was passieren würde. Mit einen seufzen schloss ich das Buch und sah auf meinen Wecker. In dreizehn Stunden und zehn Minuten würde mein Flug gehen. Und eigentlich sollte ich auch bereits schlafen. Aber ich war verdammt noch Mal nervös. Wenn es nach mir ginge würde ich ja jetzt Eis in mich rein stopfen. Leider war genau das Mangelware in meiner Wohnung. Mein Kühlschrank hatte ich ebenfalls schon ausgeräumt und den Rest, der noch geschlossen war würde Laura Morgen abholen.




Schwarz ist die Nacht...



Der Flughafen erstreckte sich unter meinen Füßen, während ich todmüde am Geländer stand und auf die Menschenmassen unter mir starrte. Alle trieben mit dem Strom, blieben ab und an bei einem der Schaufenster stehen. Das helle Licht der Lampen brannte in den Augen. Der Gestank der verschiedenen Pommesbuden drang zu mir hoch, so das mir schlecht wurde. Würg.
Seufzend sah ich auf meine Uhr und machte mich auf den Weg zu meinen Schalter und gab dort meine Reisepapiere ab. Den Rest bis zum Einstig bekam ich kaum mit. Mein Kopf hing schon wieder am Morgen, wo mein Wecker mich brutal raus geschmissen hatte. Am Ende hatte ich knapp fünf Stunden geschlafen. Ich war einfach zu nervös gewesen, weshalb ich mich von eine auf die andere geworfen hatte. Dementsprechend war ich auch grummelig als ich mich aus mein Bett gequält hatte, um zu duschen und danach meine restlichen Sachen aufzuräumen. Es hieß so viel wie, Müll raus bringen, Bettsachen in die Wäsche – die würde Laura für mich noch machen - und alles an Kabel raus ziehen.
Eigentlich hatte ich mir den Morgen bedeutend entspannter vorgestellt. Nun, es kam dann doch anders als Gedacht, so dass ich mich beeilen musste noch den Bus zu erwischen. Bei meinen Glück war genau dieser so rappel voll das ich beinahe zerquetscht worden wäre.

Und nun, zwei Stunden später, saß ich hier, in einem Flugzeug nach Edinburgh. Einmal wollte ich sogar schon von meinen Platz aufspringen und wieder raus stürmen. Ob zum Vorteil oder Nachteil, dies würde sich noch raus stellen, hatte sich ein älterer Herr sich neben mich gesetzt. Ich hatte also keine Möglichkeit zu entkommen.
Verdammt, ich wollte hier weg! Und am liebsten so schnell wie nur irgend möglich. Bisher hatte ich ja keine Ahnung das ich Flugangst hatte. Immer wieder hatte ich mich ermahnt das ich diesen verdammten Job haben wollte, davon würde mich auch nicht diese dumme Flugangst abhalten.
Tief einatmend ließ ich mich tiefer in den Sitz sinken. Die Stimme eines Mannes drang an mein Ohr und teilte mir mit das ich mich anschnallen sollte. Schon erledigt. Ob ich während des Fluges überhaupt dazu in der Lage war mich ab zuschnallen?
Kaum das die Maschine startete drückte ich mich möglichst tief in mein Sitz und schloss meine Augen. In meinen Kopf malten sich Szenarien aus wie das Flugzeug abstürzte und explodierte. Ich hatte eindeutig zu viele Filme geguckt.
Ich hatte nicht bemerkt das wir längst in der Luft waren. Erst als der Herr neben mir mich leicht an den Armen berührte zuckte ich hoch. Erschrocken sah ich zur Seite wo er mich vorsichtig an sah und mir ein beruhigendes Lächeln schenkte.
„Ist mit alles in Ordnung? Sie sehen ein wenig blass um der Nase aus. Möchten sie ein Stück?“
Er hielt mir ein Stück Schokolade unter der Nase. Dankend nahm ich mir eine Ecke und steckte sie in mein Mund. Ich schloss die Augen und entspannte.
„Sie sind wohl bis her noch nicht geflogen, oder?“
„Nein. Ich muss gestehen, dass ich es mir auch ein wenig einfacher vorgestellt habe. Irgend wie ging das ganze doch schneller als ich gedacht hatte. Erst dachte ich das ich nur ein wenig nervös wäre, aber dann wurde mir wirklich schlecht. Aber jetzt geht es zum Glück wieder.“
Er nickte nur und holte eine Flasche Wasser aus sein Handgepäck und reichte es mir.
„Sie sollte ein Schluck trinken. Es geht vielen beim ersten Mal so. Anfangs war ich auch sehr nervös. Aber ich wollte meine Tochter unter allen Umständen besuchen. Vermutlich würde ich immer noch verängstigt sein, wenn ich es mir nicht vorgenommen hätte.“
Er zuckte die Schultern und ich reichte ihm die Flasche zurück. Mir war noch immer ein wenig übel, aber es war besser als noch vor ein paar Minuten. Ein weiteres Mal atmete ich tief ein.
"Warum ist ihre Familie so weit von ihnen weg?", traute ich mich nach kurzen Zögern zu fragen. Ich wusste ja nicht wie dieser Mann darauf reagieren würde. Er schenkte mir jedoch nur ein sanftes Lächeln.
"Meine Tochter ist vor Jahren nach Schottland gereist und hat dort ihren Mann kennen gelernt. Anfangs hatten sie sich nur in ihre Ferien getroffen. Nach und nach kamen sie sich näher. Eines Abends teilte sie mir mit das sie ein Kind von diesen Mann erwartete. Welch einen Grund hatte ich also noch die beiden von einander fern zu halten? Außerdem mag ich meinen Schwiegersohn. Sie hatten mir bereits vor Jahren angeboten das ich zu ihnen ziehen könnte, aber so alt und tatterich bin ich dann doch noch nicht."
Verstehend nickte ich ihm zu. Vermutlich würde ich mein Kind auch nicht nerven wollen, ich wäre ja schließlich nur in Weg. So wurde zumindest ich empfinden.
Es gab viele Familien die ihren Eltern aufnahmen, für mich jedoch war so etwas nichts.
"Und was ist genau mit Ihnen? Sie haben vorher bereits erwähnt das ihnen alles zu schnell gegangen sei."
Einen kurzen Moment musste ich überlegen, ehe ich wusste was er genau von mir wollte.
"Naja, ich habe vor einiger Zeit meinen Job verloren. Es war purer Zufall das ich die Anzeige gelesen habe. Ich mein den neuen Job. Naja, ich hab vor zwei Tagen dann die Bestätigung bekommen, mit diesen Ticket."
Mit einen schiefen Lächeln sah ich aus den Fenster. Die Wolken schienen unter uns zu schwimmen. Als würde das Flugzeug auf den Wolken Segeln. Es war Atemberaubend. Bis eben hätte ich mir das einfach nicht vorstellen können. Meine Begeisterung war nun, wo meine Übelkeit weg war, wieder vollkommen zurück gekehrt. Ich musste mich zusammen reißen, um nicht wie ein kleines Kind mit der Nase an der Scheibe zu kleben.

Mit gerunzelter Stirn betrachtete ich den Wagen der vor mir stand. War das ein echter Rolls Royce? Der Fahrer, ein Herr in den fünfzigern, hielt ein Pappschild mit meinen Namen hoch. Gab es wirklich etwas peinlicheres? Für einen Moment war ich versucht einfach umzudrehen und die Adresse selbst zu finden, oder mir ein Taxi zu nehmen. Nur zu deutlich spürte ich die Hitze die in meinen Wangen brannte. Das war wirklich etwas unangenehm.
Andererseits wollte ich den armen Mann da auch nicht weiter stehen lassen, wie ein bekloppten. Wenn ich ihn dort stehen lassen würde, würde er sicher krank werden und das wollte ihc mir sicher nicht zuschulden kommen lassen. Mit einem letzten, tiefen Atemzug nahm ich meinen Koffer und ging auf ihn zu. Es hatte wieder angefangen zu regnen, so dass man kaum die Hand vor den Augen sah. Schottland war nicht umsonst eines der Länder, welche am meisten Niederschläge verzeichnete. Wenigsten regnete es nicht die Tage durch, oder eher selten.
„Sind sie Miss Daphne Clearwather?“
Ich nickte bestätigend und verbeugte mich ganz leicht. Nie die guten Manieren vergessen!
„Ich bin Henry Fores. Ich bin der Butler von Lord McAstor und stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung. Möchten Sie während der Fahrt etwas trinken? Wir werden eine Weile unterwegs sein.“
Für einen Moment fragte ich mich ob er mich ärgern wollte, weil er so langsam sprach, als würde er mit einem kleinen Kind reden. Langsam war ich wirklich am frustrieren. Aber ich hielt einfach meinen Mund. Der Herr würde noch sehen das ich sehr gut verstand was er von mir wollte.
Mit einem seufzen fügte ich mich meinen Schicksal, während ich in den Wagen kletterte und Mr. Fores mir die Tür aufhielt. Mit entsetzten Gesicht besah ich mir die Sitze. Verdammt, war das echtes Leder? Die Beigefarbenen Sitze waren so gut gepflegt, dass ich mich kaum traute mich zu bewegen, um das Teure Leder nicht zu zerkratzen.
„Nein, Danke. Sagen sie, wo genau fahren wir denn hin?“, antwortete ich auf seine Frage.
Etwas trinken war das letzte was ich jetzt wolle.
Neugierig sah ich nach vorn, wo Mr. Fores gerade den Wagen startete. Ich kannte mich nicht mit Autos aus, aber er sah verflucht teuer aus. Wie Reich musste der Kerl sein? Dann fiel mir wieder ein was der Butler sagte. Er arbeitete für einen Lord! Ich würde arbeiten, für einen Lord!
Oh nein, in was für ein Schlamassel war ich nun wieder geraten? Der würde mich sicher köpfen, wenn ich irgendetwas mit den Bildern anstellen würde. Hoffentlich würde er mir vorher wenigstens erlauben mein Testament zu schreiben.
„Wir fahren in ein kleines Dorf in der Nähe von Edinburgh, der Herr ist dor geboren und lebt seit dem auch dort. Machen Sie sich keine Sorgen, Sie werden ihn vermutlich erst später Kennenlernen, wenn er sich von seiner Arbeit losreißen kann. Wie gesagt, ich werde Ihnen zur Verfügung stehen.“
Ich nickte ergeben und zugegeben, auch ein wenig erleichtert. Darüber war ich nur zu froh, wenn ich den Lord nicht so schnell treffen würde. Ich konnte ja ein Gespräch mit den Butler haben, wie ich mich verhalten musste, sollte ich diesen Mann doch noch treffen.
Ich sah aus dem Fenster, wo der Regen langsam aufzuhören schien. Zumindest war es kein Wolkenbruch mehr und man konnte deutlich alles sehen. Neugierig betrachtete ich die Menschen, die an uns vorbei zogen. Die Geschäfte die etwas Mystisches hatten und die Pubs die einladend wirkten. Es stand auf jeden Fall fest das ich die Stadt erkunden würde.
Die Stadt zog an mir vorüber und es wurde langsam dunkel. Die Häuser wichen langsam Wälder, Hügel und Felder. Die Sonne ging langsam am Horizont unter und die restlichen Wolken verschwanden. Der Himmel wurde in allen rot Tönen getaucht. Die Goldenen Blätter der Bäume schienen in Flammen zu stehen. Auf der gegenüberliegenden Seite zeichneten sich alle nur möglichen Blautöne ab, bis sie ins Violette übergingen. Die ersten Sterne erschienen am dunklen Nachthimmel, die dunklen Wolken waren nun vollkommen verschwunden.
Wir fuhren durch ein Tal das nur vom Licht der Scheinwerfer des Autos durchbrochen wurde. Noch nie hatte ich solch ein klares Himmelszelt gesehen, welches sich über die Berge und Täler, Weiden und Wälder, erstreckte. Der Mond war nicht mehr ganz Voll, seit einigen Tagen nahm er bereits wieder ab. Dennoch beleuchtete die Mondsichel unseren Weg.

Es dauerte keine halbe Stunde mehr und ich die ersten Lichter des Dorfes sah. Es war recht klein und mochte eine Anwohner zahl von gerade Mal zweitausend Bürger haben, wenn überhaupt. Aber ich mochte es. Die Häuser bestanden noch aus Holz und wurden scheinbar noch mit Torf oder Kohle geheizt, den graue Wolken stiegen von den Schornsteinen empor zum Herbsthimmel. Das ganze Dorf hatte etwas heimisches, angenehmes und ruhiges. Es musste wundervoll aussehen wenn der erste Schnee fallen würde. Ob ich vielleicht Mal im Winter zu Besuch kommen durfte?
"Es scheint mir, als würde es Ihnen hier gefallen."
Ich konnte nur zu deutlich das schmunzeln in der Stimme des Mannes hören. Trotz das ich auf die dreißig zuging musste ich gerade wie ein kleines Kind, in seinen Augen, gewirkt haben. Meine Wangen fingen an zu brennen und ich senkte den Blick. Dennoch konnte ich mir ein kleines Grinsen nicht verkneifen.
"Ich liebe es. Im Winter muss es hier wunderschön sein. Aber sicher haben alle Jahreszeiten hier ihren bestimmten Charme."
"Das Stimmt. Vor allem hier, in den kleinen Dorf, kann man nur zu deutlich die Schönheit der Natur betrachten. Die Wälder hier haben ihren eigenen Charme, wenn man sie durchwandert."
Neugierig sah ich ihn an. Ich wollte mehr erfahren, aber Mr. Fores machte, zu meinen Bedauern, keine Anstalten weiter zu sprechen. Seufzend wandte ich mich wieder den Fenster zu, um den Unendlichen Himmel zu betrachten.

Das Dunkle Gebäude schien bis in den Himmel zureichen, obwohl es vielleicht gerade einmal vier Stockwerke hatte. Keines der Fenster war beleuchtet so dass sich der Mond in den schwarzen Scheiben spiegelte. Der kleine Park, vor der Villa, wurde nur von einer kleinen Laterne am Rande eines Brunnens erhellt. Die Auffahrt führte in einen Halbkreis um den Brunnen herum, wo am obersten Ende der Sichel die steinern Treppen zum Eingang führten. An genau dieser Biegung hielten wir, so dass ich vorsichtig die Tür öffnete und hinaus in die kühle Nacht trat. Ein angenehmer Wind wehte um mich herum und schmeichelte mein Gesicht, welches vor Aufregung erhitzt war.
Neugierig wanderten meine Augen umher und versuchten jedes nur sichtbare Stück des Geländes zu erfassen. Ich bedauerte es wirklich, das meine Augen nicht so gut waren, ich würde wohl oder übel warten müssen bis es hell genug war.
Henry ging an mir vorbei und schenkte mir ein freundliches Lächeln. Seit wir ein wenig gesprochen hatten war er mir doch sehr Sympathisch. Henry war ruhig und hatte eine angenehme Art mit jemanden zu reden. Seine Stimme war tief und schien einen in den Bann zu ziehen. Ich hatte mehrfach bemerkt das ich leicht schläfrig wurde, wenn ich ihn zu lange lauschte. Ob es wohl daran lag das es bereits so spät war? Nein, wohl eher nicht, es war noch nicht all zu spät.
"Miss Clearwather?"
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als ich die Stimme hörte, die direkt vor mir war. Ich musste ein Stück aufblicken um Henry anzusehen. Er sah leicht besorgt aus, vermutlich weil kein Schritt mehr von ihm entfernt stand. Ups.
"Ist mit Ihnen alles in Ordnung? Sie sahen gerade ein wenig abwesend aus."
Leicht verzogen sich meine Lippen zu einen kleinen Lächeln.
"Ja, ich war nur sehr überrascht wegen der Größe der Villa. Sagen Sie, wohnt der Lord hier allein?"
Das Neugierige funkeln in meinen Augen konnte ich vermutlich nicht verbannen, es interessierte mich einfach ob man allein in solch einen großen Haus wohnen konnte. Allein musste es wirklich sehr langweilig sein. Obwohl, man wusste ja nie wer so alles zu Besuch kam.
"Nein, die Verlobte seiner Lord schafft wohnt ebenfalls hier, genau wie seine beiden jüngeren Schwestern."
Oho, also nur Frauen im Haus. Ob die Bediensteten auch Frauen waren? Nein, der Butler war schließlich männlich. Allerdings könnte er auch der einzige sein, wegen seines Alters. Man konnte ja nie genau wissen. Verlobt. Natürlich, vermutlich war sie die einzige die er anguckte. Es konnte also auch sein das, abgesehen von seinen Schwestern, nur männliche Bedienstete hier ihr Unwesen trieben.
Ich schüttelte meinen Kopf, über diese wirren Gedanken. Langsam sollte ich wirklich lernen meine Fantasie zu zügeln.
"Verlobt? Ich hätte eher damit gerechnet das er schon verheiratet ist. Oder ist er noch zu jung?"
Super, ein halbes Kind wollte ich eigentlich nicht an der Backe haben.
"Nein, nein, welch ein Glück das der junge Lord bereits seit Jahren aus dieser Phase raus ist. Es war wirklich eine Plage gewesen. Immer dieser Haarausfall."
Haarausfall? War der Lord nun etwa auch noch ein Glatzkopf? Oh Himmel, bewahre mich, hoffentlich war es keiner dieser alten perversen Säcke! Nein, dann würde ich schneller wieder im Wagen sitzen wie der Butler gucken konnte.
"Wie... alt ist denn Ihr Lord?"
"Oh, der junge her ist erst vor wenigen Monaten zweiunddreißig geworden."
Nun ja, wenigstens kein alter Opa. Dann war er keine drei Jahre älter als ich.
"Wollen wir dann, Miss? Die Gute Rosie hat sicher schon etwas Suppe gekocht. Sie ist immer so schrecklich fürsorglich. Ich entschuldige mich schon einmal im voraus."
Ich verstand nicht im geringsten was Henry eigentlich von mir wollte. Warum sollte er sich bitte entschuldigen?
Ich folgte ihm, als er die Eingangstür öffnete und mir den Vortritt ließ. Es war dunkel, so dass ich kaum meine eigene Hand vor Augen sah. Vor Schreck schloss ich meine Augen, als das Licht den Dunklen Flur beleuchtete. Für einen Moment war ich nicht in der Lage sie wieder zu öffnen. Einige Sekunden stand ich einfach nur da, ehe ich genug sehen konnte und meine Augen die Halle - anders konnte man es nicht nennen - absuchte. Alles wurde in einen sanften beige gehalten, mit hellen Möbeln. Vor mir, an der rechten Seite, erstreckte sich eine lange Treppe, die in den Oberen Stockwerken führte. Neben der Treppe war eine Tür, die ein Spalt weit offen stand. Frustriert musste ich jedoch feststellen das ich nicht hinein sehen konnte. Rechts waren zwei Türen. Ich vermutete das dahinter ein Wohnzimmer oder Speisezimmer, oder so etwas in der Art, war. Eine weitere Tür war direkt mir gegenüber. Sie war klein und eher unscheinbar.
Henry musste mein Blick aufgefallen sein, denn er lächelte mich an und deutete mit einer ausladenden Handbewegung zur Tür.
"Das sind die Räumlichkeiten der Dienerschaft. Wir sind hier nicht sehr viele. Rosie, die Köchin wohnt hier, genau wie ihr ältester Sohn Mario. Der Gärtner Loggan und ein Dienstbote und Mädchen für alles, Tristan. Und zum Schluss natürlich meine Wenigkeit."
Ich nickte verstehend und sah noch einmal zur Tür.
"Sind die Räumlichkeiten nicht ein wenig zu klein?"
Er musste die Skepsis aus meiner Stimme gehört haben, denn er fing leise an zu lachen und schüttelte den Kopf.
"Nein, ganz und gar nicht. Es mag kleiner aussehen als es in Wirklichkeit ist, aber Sie wären verwundert wie viel Platz diese Räume eigentlich bieten. Kommen Sie mit, ich werde Sie erst einmal zu Rosie bringen."
"Bitte, nennen sie mich einfach Daphne. Ich habe es noch nie gemocht wenn ich bei meinen Nachnamen angesprochen werde."
Nun brach Henry wirklich in schallendes Gelächter aus, so dass ich mich fragte ob es wirklich witzig war. Oder gar abwegig. Ich konnte nicht anders und musste einfach eine flunsch ziehen. Ich hatte ihn einfach nur gebeten bei meinen Namen zu nennen. Was war da so witzig?
"Wie Sie wünschen. Dann bin ich für Sie aber auch Henry."
Mein Mundwinkel zuckte leicht, bevor ich zaghaft nickte. Mein Plan war eigentlich gewesen noch ein wenig vor mich hin zu schmollen, aber irgendwas roch hier einfach köstlich, worauf mein Magen anfing unangenehm zu ziehen. Ich konnte jetzt wirklich etwas zu essen gebrauchen.
"Dann also Henry. Ähm, ich will ja nicht unverschämt klingen, aber könnte ich wirklich was zu Essen haben?"

Henry hatte mir schnell geholfen mein Gepäck in die Eingangshalle zu transportieren, ehe er mir die Flügeltür auf der rechten Seite öffnete. Wie ich es mir gedacht hatte war es ein Speisesaal. Super. Mitten in den großen Raum kam ich mir klein und unbedeutend vor. Henry führte mich zu einen der Stühle und schob ihn für mich zurecht. Dankend lächelte ich ihn an, ehe er zu einer weiteren Tür ging und sie öffnete. Er verschwand in das innere des Raumes. Da ich keine Ahnung hatte wie lange er weg sein würde nützte ich die Zeit mich ein wenig im Saal umzusehen. Der Raum war hell eingerichtet und die Leuchter an der Wand waren aus Gold. Auf der gegenüberliegenden Seite war eine riesige Glasfläche, aus der ich mir selbst entgegen sah. Es war ein überdimensionales Fenster welches fast die ganze Wand in Beschlag nahm. Nur schwer konnte ich den Drang niederringen, der mich dazu bringen wollte dort hinüber zu gehen und aus dem Fenster zu spähen. Was ich mir davon erhoffte konnte ich nicht sagen. Statt weiter mir entgegen zu starren ließ ich mein Blick weiter wandern und entdeckte einige wenige Gemälde, welche hoch an den Wänden hingen.

Mit einem Lächeln wandte ich mich wieder der Tür zu, in der Henry verschwunden war. Verdutzt sah ich die rundliche Frau an, die soeben auf mich zu ging. In der Hand hielt sie ein Tablett, welches gefährlich schwankte. Hätte sie mich nicht so entschlossen angesehen wäre ich vermutlich aufgesprungen um es ihr abzunehmen. Statt mich aber zu bewegen blieb ich unbehaglich sitzen.
Lächelnd blieb sie vor mir stehen und stellte das Tablett ab, welches gefüllter war als ich es von weiter erahnen konnte.
„Sie sind also Daphne? Schön Sie kennen zu lernen, wir haben schon auf Sie gewartet. Nennen Sie mich einfach Rosie.“
Die Frau lächelte mich so warm an das ich das Lächeln erwiderte. Hinter ihr lugte der Kopf von Henry hervor, der mir ein freundlichen Blick schenkte, ehe er der Dame an den Schultern fasste.
„Wie ich sehe hat sich Rosie bereits selbst vorgestellt. Man kann Sie die gute Seele des Hauses nennen. Sie lässt einen soweit alles durchgehen, außer es geht um Essen. Glaub mir, da versteht Sie kein Spaß.“
„Nun rede doch nicht so von mir! Machen Sie sich da keine Sorgen Kind, ich bin nicht so schlimm wie der gute Henry mich hier hinstellt. Nur, die Herren in diesen Haus vergessen gerne Mal ordentlich zu essen. Wie soll man da denn beruhigt sein?“
Die beiden sahen sich. Unwillkürlich fragte ich mich ob die beiden vielleicht verheiratet waren. Ob ich so was vielleicht fragen konnte? Irgendwann vielleicht, wenn es ruhiger war und ich die beiden besser kennen lernen konnte. Aber eine Frage regte sich trotzdem in mir.
„Sagen Sie, wie lange ist es eigentlich geplant das ich hier bleiben soll?“
Die beiden sahen mir verwirrt an. Hatte ich gerade was falsches gesagt?
„Nun, das werden wir sehen. Es sind einige Gemälde die aufgearbeitet werden müssen. Aber ich denke, wir werden ihnen erst einmal etwas zur Übung geben, auch wenn ich denke das Sie es schaffen werden.“
Danken sah ich Henry an, der mir aufmunternd zulächelte. Ich hatte es mir ja gedacht. Ein Probebild. Wenn ich das also versaute konnte ich gleich abhauen? Oh Himmel, bewahre. Ein paar Tage wollte ich schon hier bleiben.
„Wir werden sehen.“
Von Rosies Worten aus den Gedanken gerissen sah ich zu ihr hinauf, wie sie gerade Henry auf den Platz neben mir drückte. Vor uns stellte sie je einen Teller und füllte ihn mit Suppe. Der Duft der mir in die Nase stieg ließ mich fast anfangen zu sabbern. Das roch so gut! Der kräftige Geruch von Tomaten und Basilikum war himmlisch. Ich schnappte mir eine der Scheiben des Brotes, die Henry mir reichte und tunkte ein Stück in die Suppe, ehe ich es mir in den Mund schob. Fantastisch!
„Es scheint, als hättest du jetzt ein weiteren Verehrer deiner Kochkünste.“
Ich nickte bestätigend, worauf die Frau in ein Kindliches Kichern verfiel. Ohne weiter auf uns zu achten verschwand die Frau wieder zur Tür und ließ sie zufallen. Das Geräusch drang nur gedämpft zu uns.
„Sie scheint eine wundervolle Frau zu sein. Und Kochen kann Sie wirklich.“
Henry lachte laut auf und sah mich aus funkelnden Augen an.
„Sag ihr das und du bist ihr liebster Schatz. Sie mag Komplimente für alles was Sie macht. Und wenn es um das Essen geht ist sie so oder so Feuer und Flamme.“
Leise lachend löffelte ich meine Suppe zu Ende und folgte dann Henry zurück in die Halle, wo wir kurz meine Sachen holten und er mich dann hoch in den ersten Stock führte. Ich musste wieder feststellen wie schön es hier eigentlich war. Alles schien hell und freundlich zu sein, keinen Kram der auf irgend eine weise protzig oder überfüllend wirkte. An den Wänden waren vereinzelt Bilder und Portraits aufgehangen und zeugten verschiedene Personen oder Landschaften.
Im ersten Stock gingen wir den Gang nach links. Der weiche Teppich saugte die Geräusche unserer Schritte praktisch auf, weshalb ich mir wie ein Geist vor kam, der durch ein altes Gebäude geisterte. Es hatte fast schon etwas unheimliches.
Ich blieb wie versteinert stehen, als ich ein Kichern hörte. Ein Schauer glitt über Mein Rücken und für einen Moment konnte ich mich nicht mehr bewegen. Keine Sekunde später hörte ich das schließen einer Tür im Gang hinter mir. Nur langsam wagte ich es mein Kopf zu drehen. Langsam ließ ich mein Blick umher schweifen, ohne das ich den Uhrsprung der lauter heraus fand.
„Haben Sie etwas, Daphne?“
Meine Augen zuckten in die Richtung von Henry, der mich Fragend ansah.
„Schon gut, ich habe dachte nur ich hätte etwas gehört.“
Verstehend nickte er und ging weiter. An der Vorletzten Tür der rechten Seite blieb er stehen und sah mich an. Erwartungsvoll blickte ich zurück. Ich war gespannt wie das Zimmer wohl aussehen mochte, in welches ich nun leben würde. Henry trat zur Seite und deutete mir einzutreten.
Zappelig trat ich zur Tür und verfluchte mich innerlich das ich mich wie ein kleines Kind benahm, welches endlich ihr eigenes Zimmer bekam und vorher nicht spicken durfte. Nicht lange wartend öffnete ich dir Tür und sprang kreischend zurück. Ja, damit hatte ich soeben dafür gesorgt das wohl jeder, der hier im Haus war, wach war. Verdammt!
Ich war rückwärts zurück gestolpert und an der Wand in meinen Rücken herunter gerutscht. Mit Schreck geweiteten Augen sah ich das Ding an, welches langsam aus dem Zimmer trat.
Henry, der noch neben der Tür stand Fluchte vor sich hin, auf einer Sprache die ich nicht verstand. Doch das Ding trat nun aus den Schatten des Zimmer und steuerte auf mich zu. Doch in den Moment wo es ganz aus der Tür trat entspannte ich mich. Ein Hund! Um genau zu sein ein Bobtail. Und... Er trug eine Maske!
„Jeff, was haben die jungen Damen jetzt schon wieder angestellt.“
Der Hund kam weiter auf mich zu und winselte leise, als er sich vor mir auf den Boden legte. Vorsichtig nahm ich ihm die Maske ab und, scheinbar aus dank, sprang er auf und schleckte mir einmal über mein Gesicht. Lecker.
„Entschuldigen Sie, Jeff wird von den jungen Damen gern Mal dazu verdammt alles mögliche für Sie zu tun. Und ich bin mir sicher das die beiden sich hier irgendwo herum treiben und sich köstlich amüsieren.“
Nun verstand ich auch woher das Lachen kam, was ich noch vor ein paar Sekunden gehört hatte.
Ich sah runter auf die Maske, die ein verzehrtes Gesicht hatte und mit Blut überströmt war. Da hatten die beiden mir ein gewaltigen Schrecken eingejagt.
„Wie alt sind die beiden Mädchen denn, wenn Sie noch solch Schabernack treiben?“
Henry lachte, als ich von der anderen Seite des Flurs ein 'Hey!' hörte. Mehr kam leider nicht, nun wusste ich aber wenigstens das die beiden wirklich alles mitbekommen hatten.
„Eigentlich sind es bereits junge Damen. Zwillinge um genau zu sein. Sie sind erst vor einiger Zeit zwanzig geworden.“
Ich nickte und rappelte mich vom Boden auf, ehe ich Jeff, so hieß er glaub ich, durch das Fell strich.
"Heißen die beiden jungen Damen denn jeden so willkommen, der diese Villa betritt?"
Henry lachte leise,mit der Hand vorm Mund. Bevor er mir antwortete hüstelte er kurz und sah mich aus warmen, freundlichen Augen an.
"Oh, jede von Ihnen hat so ihre Art wie Sie mit Gästen umgehen. Aber kaum einer bleibt unbestraft. Das Lieblingsopfer ist die Verlobte unseres Lords. Ich denke, die beiden müssten so ziemlich alles mit Miss Selena durch haben, was es an Scherzen gibt. Von Tieren in der Kleidung bis hin zum angesegten Stuhl."
Mir kam eine Erinnerung hoch, die ich lang vermisst geglaubt hatte. Meine alte Klassenlehrerin wie zu mit ihren Stuhl zusammen fiel. Ich biss mir auf die Lippe um nicht los zu lachen. Leider hielt diese Maßnahme nicht lange. Als ich den Blick von Henry sah fing ich Lauthals an zu lachen. Der Butler des Hauses hatte ein fragendes und ungläubiges Gesicht gezogen, nein, da konnte ich einfach nicht mehr an mich halten.
"Oh, Himmel, das ist wirklich ein Klassiker den man einfach jemanden spielen muss."
Nach Luft ringend hielt ich mir den Bauch und zog zwischen den Lachern immer wieder zittern die Luft in meinen Lungen. Ich konnte hören wie die Tür weiter unten des Ganges geöffnet wurde. Schritte konnte ich nicht hören, kein wunder bei den dicken Teppich, der hier auf den Boden ausgerollt lag.
"Du bist uns also nicht böse?"
"Und du fandest es witzig?"
Einmal holte ich noch schnaufend Luft, ehe ich mich gerade aufrichtete und den beiden Mädchen, die vor mir standen, ins Gesicht sah. Beide hatten lange rot-braune Haare, die sanft ihr herzförmiges Gesicht umspielten. Die beiden waren nur ein wenig kleiner wie ich und hatten ein freches grinsen im Gesicht. Oh ja, die beiden hatte eindeutig den Schalk im Nacken. Ein Grinsen schlich sich zurück auf mein Gesicht.
"Wie ich sagte, ein wahrer Klassiker. Kennt ihr auch das mit der Wasserpistole und der Tinte?"
Die beiden Mädchen sahen sich an, ehe sie mir mit einen überdimensionalen Grinsen zunickten. Ich sah von einer zur anderen, bis mir die kleinen aber feinen unterschieden auffielen.
"Und wer seid ihr beiden, wenn ich fragen darf?"
Neugierig, wie ich war, konnte ich mir die Frage nicht verkneifen, worauf hin ich Henry ansah, der leise glucksend hinter den Mädchen stand. Hatte ich irgendetwas falsches gesagt? nein, ich wollte bloß die Namen erfahren.
"Tangella, wenn ich mich vorstellen darf."
Das Mädchen links machte einen leichten Knicks. Sie warf ihrer Schwester dabei einen kurzen Blick aus dem Augenwinkel zu.
"Und ich bin Meluna."
Sie tat es ihrer Schwester gleich und machte schön die feine Dame. Musste ich jetzt auch einmal Knicksen? Hilfe, das würde ich nie schaffe! Bei den beiden sah es so einfach und elegant aus. Die Welt war eben doch einfach nur ungerecht.
"Schön euch kennen zu lernen. Ich bin..."
"Daphne. Das wissen wir. Tangella und ich waren dabei als unser Bruder die Bewerbungen durchgesehen hat."
Ich blinzelte überrascht, der Unterbrechung halber. Nun hatten die beiden es wirklich geschafft mich durcheinander zu bringen. Mist!
"Oh, nun dann."
Das Mädchen mit den blauen Augen trat vor und legte den Kopf schief.
"Hast du schon viele Streiche gespielt?"
Überrascht wegen dieser Frage zog ich nur die Augen brauen hoch. Nicht nur frech, nun auch noch neugierig. Ich mochte die beiden irgendwie jetzt schon. Sie hatten beide etwas aufheiterndes und freundliches. So wirklich konnte ich es nicht beschreiben, aber es war ein warmes Gefühl, als wären sie meine kleinen Schwestern.
"Hmm, in meiner Jugend ja. Mittler weilen hab ich leider nicht mehr so viel Zeit. Manchmal ist es schade. Wenn ich aber daran denke das es für mich andere Konsequenzen hat als für euch, dann bin ich doch ganz froh das ich jetzt so harmlos bin.
"Wie schade. Du kamst mir gerade richtig taff vor. Ist dir nicht zu langweilig, wenn du früher doch immer so lustig drauf warst?"
Auch, die grünäugiege Meluna hatte recht. Oft vermisste ich die Unbeschwertheit meiner Kindheit. Einfach wieder frei lachen und mir keiner Sorgen über die Konsequenzen meiner Handlung machen. Wie oft wünschte ich mir einfach wieder kein zu sein, bei den Menschen die ich liebte? Oft, zu oft.
"Manchmal. Wenn man älter wird muss man sich auch erwachsener benehmen."
"Warum?"
Neugierig sahen die beiden an. Ich öffnete schon den Mund, um zu antworten,als Henry sich einmischte. mein Glück. So wirklich hatte ich keiner Ahnung was ich den beiden eigentlich sagen sollte. Ja, warum? Warum konnte man nicht wieder so kindlich sein?
"Meine Damen, nun lasst Miss Daphne doch erst einmal zu Atem kommen. Sie hat eine weite reise hinter sich, da hat Sie sich ein wenig Ruhe verdient, oder?"
Schmollend und mit aufgeblasenen Wangen sahen die beiden zu dem Butler, ehe sie sich wieder mir zu wandten.
"Schlaf schön, Daphne."
"Und Traum was schöne."
Die beiden nickten mir zu, ehe eine der beiden den Hund, Jeff, am Halsband nahmen und mit sich zogen.
"Wünsche ich euch beiden auch."

Seit geschlagenen zehn Minuten, für mich gefühlte drei Stunden, stand ich nun in mein Zimmer und starrte die Wände und vor allem das Bett an, welches an der linken Seite des Zimmers stand. Ich hatte ja bereits mit bekommen das so ziemlich alles hier groß war, aber dass es sogar für die Zimmereinrichtung galt konnte ich ja nicht ahnen. In dem Bett hatte sicher um die fünf erwachsenen Männer Platz, die sich nicht einmal Quetschen mussten. Rechts, gegenüber vom Bett waren zwei Türen. Mich interessierte schon was ich darin finden würde, aber irgend wie hatte ich auch Angst. Genau das war auch der Grund warum ich noch immer in der Mitte des Raumes stand und mich nicht bewegte.
Henry war gleich, nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, verschwunden. Das letzte was er zu mir sagte war das er mich am nächsten Morgen abholen würde, um mir den Rest der Villa zu zeigen. Das würde morgen wunde Füße geben.
Da mir klar wurde das es an meiner Lage auch nichts ändern würde, sollte ich hier stehen bleiben, entschloss ich mich zur ersten Tür zu gehen. Ich atmete noch einmal tief ein, schloss meine Augen und riss die Tür auf. Schwärze umfing mich, weshalb ich ein paar mal blinzeln musste, ehe ich das Licht einschaltete. Ich brauchte dafür zwei Anläufe bevor ich den Schalter fand.
Wenig überrascht stellte ich fest das es ein Kleiderschrank war. Okay, damit hatte ich irgend wie gerechnet. Soweit ich wusste war es nicht ganz unüblich. Also, wenn ich mir nicht zu viel einbildete, dürfte die andere Tür zu einem Badezimmer führen.
Ich sah mich kurz um, konnte aber nichts aufregendes finden. Der Raum war nicht allzu groß und hatte an allen Wänden Schränke stehen. Meine Kleidung würde jedoch zehnmal hier herein passen. Ich schaltete das Licht wieder aus und trat zurück ins Zimmer.
Das Bett sah für mich sehr einladend aus, wenn ich es mir eingestand. Ich könnte einfach in mein Bett fallen, aber ich war einfach zu neugierig. Mit einen Seufzen drehte ich mich nach rechts und betrachtete die Vorhänge, die von einer Seite des Raumes zur anderen reichte. An der langen Seite war eine Kordel zu sehen. Ohne das ich lange zögerte, wie gesagt, ich war neugierig, ging ich darauf zu und zog ein paar mal kräftig daran. Als die Gardinen vollkommen geöffnet hatten erblickte ich eine wahre Traumlandschaft. Selbst in der Dunkelheit der Nacht konnte ich erkennen wie groß das Grundstück sein musste. Weiter hinten konnte ich sogar ein Labyrinth erkennen. Vor mir jedoch, erstreckte sich ein Garten, der direkt aus einem Märchen stammen könnte.
Es waren kaum noch Blumen zu sehen, aber im Sommer musste es wahrlich farbenreich sein. Jetzt verstand ich auch was Henry damit meinte das jede Jahreszeit hier etwas hatte. Es musst einfach traumhaft sein.
Mein Blick bliebt direkt an meine Füßen hängen, dann wanderte er wieder zur Glasscheibe. Ach du Schande! Das Fenster war die ganze Wand! Links um die Scheibe herum konnte ich sehen das sie in der Decke, Wänden oder am Boden war. Oh Gott, hoffentlich würde niemals so ein heftiger Sturm aufkommen das die Scheibe platzen würde. Es mochte ja im Sommer sehr schön sein, aber man konnte von unten doch sicher alles sehen!
Ob diese Glasfront auch in den anderen Zimmern war? Mein Blick ging zur zweiten Tür. Ich konnte nur noch hoffen das es sich nicht wirklich um das Badezimmer handelte,sonst hatte ich wirklich Probleme. Ich würde so doch nie und nimmer Baden gehen. Wenn ich mir vorstellte ich würde Duschen oder Baden und draußen würde jemand stehen, nein, das war einfach eine grausige Vorstellung. Man konnte ja jeden bespannen.
Ich schluckte schwer. Meine Hand, die sich fest um den Türknauf gelegt hatte, zuckte einmal kurz, als ich mir überlegte wie blöd ich mir vorkam. Nie und nimmer würde man zulassen das so etwas in einem Adelshaus erlaubt war.
Mit einem Grinsen öffnete ich die Tür und stöhnte auf. Das war es wohl mit meiner Privatsphäre. Die ganze linke Wand bestand aus Glas. Damit war schon einmal klar das ich wohl nur am Tag baden würde. Der Raum an sich war ja sehr schön, aber es gab diesmal keiner Gardinen die man schließen konnte.
"Irgendwer muss mich wirklich hassen. Laura, wo bist du wenn man dich mal braucht."
Seufzend schloss ich die Tür hinter mir und sah mich genauer um. Der Boden bestand aus Marmor und war schwarz, ebenso wie die Wanne. An der rechten Wand war eine Trennwand. Ein Blick sagte mir das sich dahinter Toilette und Waschbecken befand. Wenigstens dabei konnte man nicht beobachtet werden, ein Wunder, wenn man mich fragte. Die Wände waren in einen warmen braun gestrichen, genau wie die Decke. Genau wie im Speisesaal waren auch hier Ornamente zu sehen, die ich nicht wirklich beschreiben konnte. Es waren Verschnörkelungen, die für mich kein Sinn ergaben, wenn ich sie genauer betrachtete. Mit einem Finger strich ich leicht über diese. Sie waren nicht aufgemalt sondern in der Tapete gepresst.
Mit einem leichten Lächeln drehte ich mich zur Scheibe und trat auf sie zu. Von hier konnte man den Garten noch besser im Auge fassen. Morgen würde ich auf jeden Fall eine kleine Tour durch diesen machen. Wenn ich Glück hatte konnte mich ja jemand begleiten. Oder ob ich morgen schon mit der Arbeit anfangen musste?
Kopf kratzend schloss ich die Badezimmertür hinter mir. Mein Aufenthalt würde sich auf jeden Fall noch als sehr aufregend erweisen, ob zum guten oder schlechten, darauf wollte ich mich noch nicht festlegen.

Mit schwerem Herzen schob ich mein Koffer zur Tür vom Kleiderschrank. Morgen würde ich noch genug Zeit haben ihn auszuräumen, oder eben nicht. Jetzt, jedoch wollte ich nur noch ins Bett. Ich wollte mir keine Sorgen mehr machen. Abgesehen davon vermisste ich Laura schrecklich. Seit ich denken kann waren wir nie sehr lange voneinander getrennt, geschweige den in unterschiedlichen Ländern. Laura war für mich nicht nur meine Freundin, sondern Schwester und Familie. Vermutlich würde ich alles für sie tun, wenn sie nur bei mir bleiben würde. Ja, ich weiß, ich bin krank, oder? Aber sie ist die einzige Familie die ich habe. Sie war es auch die mir half, als ich ein Kind war und wieder geärgert wurde. Laura war stark und schön, Charakterlich wie ein Engel und gleichzeitig konnte sie wie der Teufel persönlich wirken. Man musste sie einfach mögen. Das selbe galt für Andre, der unscheinbare Hüne war damals für sie, als auch für mich da. Er trug sie auf Händen und liebte sie so wie sie war. Es war beeindruckend wie die beiden sich doch ergänzten.
Nur schwer schaffte ich es meine Tränen zu unterdrücken und zog aus meinen Koffer ein Seidennachthemd in braun heraus. Einer meiner Lieblingsteile. Ich hatte es mir von meinem ersten Gehalt gekauft. Ich bereute es nicht das mein Chef mich gefeuert hat, sondern um meine Kollegen, die ich eigentlich sehr gern mochte, von ein paar ausnahmen mal abgesehen.
Schnell schüttelte ich meinen Kopf als diese Gedanken in meinen Kopf auftauchten. Ich wollte ein neues Leben beginnen, das hatte ich mir vorgenommen als dieser Idiot mich gefeuert hatte. Ich würde ihm und sein Geschäft sicher keine Träne nachtrauern. Wer wollte schon bei einer Zeitung arbeiten die kaum Neuigkeiten brachte und sich nur um die Leute drehte die reichlich Kohle besaßen? Eben, keiner!
Schnell befreite ich mich von meiner Kleidung und löste meinen Zopf. Die Haare fielen mir locker über die Schultern und ich spürte noch immer wie klamm sie vom Regen waren. Bei dieser Länge und im Pferdeschwanz konnten sie einfach nicht richtig trocknen. Nicht wirklich ein Wunder bedachte man wie es aus Eimern geschüttet hatte. Ich hätte nicht einmal meinen ärgsten Fein, die Anwältin meiner Großmutter, gewünscht draußen herum zu laufen. Dementsprechend sahen meine Haare auch aus. Meine grauen Augen sahen mir müde entgegen und schrien nur so nach Schlaf. Ich würde ihnen den Wusch gern erfüllen, aber ich bezweifelte das ich auch nur ein Auge zu tun würde. Mit einem letzten Blick zum Spiegel eilte ich zum Fenster und zog die Gardinen wider zu, die ich nicht geschlossen hatte, als ich ins Bad ging. Einen Moment zog etwas im Garten meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich zog die Luft ein und spürte wie mein Herz anfing zu rasen. Mit einem kräftigen Ruck schloss ich die Gardinen und lehnte mich an die Scheibe.
Ich schauderte kurz, ich konnte mich täuschen, aber ich hatte für einen Moment das Gefühl gehabt als würde jemand unten stehen. Aber ich wollte nicht hinaus sehen. Es ist nicht so als wäre ich ein Angsthase, aber selbst ich hatte so meine Paranoia. Ein wenig. Ich fühlte mich oft beobachtet, seid ich klein war. So genau kann ich mich nicht mehr wirklich erinnern, wodurch es angefangen hat, nur das es schon ewig so ist.
Seufzend drehte ich mich und um tappste hinüber zu mein Bett und zog die Decke zurück. Wenn man es genau nahm zog ich drei Decken zurück. Konnte man durch den Gewicht durch Decken sterben? Hoffentlich nicht...
Mit meinen Händen drückte ich ein paar mal auf die Matratze, die auf meiner Hüfthöhe war. Es war fantastisch, weder weich noch hart. Angenehm, zumindest für mich. Ohne längeres Zögern erklomm ich das Bett und krabbelte zur Mitte, bevor ich mich in die Lacken kuschelte. Die Kissen, die unter meinen Kopf und Schultern verteilt lagen fühlten sich toll an. Normalerweise mochte ich keine seidene Bettwäsche. Es fühlte sich immer komisch an, besonders wenn das Nachtzeug aus Seide war. Dennoch, ich fühlte mich gerade mehr als nur wohl. Es war warm und weich, einfach angenehm. Vielleicht konnte ich ja doch ein paar Stunden Schlafen.




... und hell ist der Tag




Grummelnd warf ich mich von einer auf die andere Seite und versuchte dieses nervige Geräusch auszublenden, welches vom Ende meines Bettes kam. Ich drückte mich weiter in die Kissen und streckte alle viere von mir. Moment... Alle viere von mir? Da stimmte etwas nicht.
Erschrocken riss ich meine Augen und und saß im nächsten Augenblick gerade auf mein Bett. Das war nicht irgend ein Geräusch, nein verdammt, das war mein Handy!
Ich versuchte zu mein Handy zu gelangen, verknotete mich jedoch beim herüber robben in der Decke und purzelte beinahe über dem Rand des Bettes, schaffte es aber gerade noch so mein Gleichgewicht zu halten. Nach Luft japsend schnappte ich mein Telefon.
"Daphne, hier!", schrie ich schon beinahe.
"Daph? Meine Güte, warum hat das solange gedauert, noch zehn Sekunden mehr und ich hätte aufgelegt!"
Entschuldigend murmelte ich in mein Handy und strich mir die Strähnen aus mein Gesicht, welche mir bei meiner Aktion ins Gesicht gefallen waren. Ich setzte mich in Schneidersitz auf das Bett und legte den Kopf schief.
"Es tut mir wirklich Leid, ich habe bis eben geschlafen. Ich musste erst einmal über dieses verdammte Bett gelangen. Oh Laura, hier ist alles so riesig."
"Ach, nun stell dich nicht so an. Du hast es dir, so weit ich mich erinnere, doch selber ausgesucht das du diesen Job willst. Kannst du mir also sagen warum du dich jetzt bei mir ausheulst? Du wusstest doch was auf dich zukommt."
Ich schniefte gespielt entrüstet.
"Natürlich, aber es ist hier so einsam ohne dich. Obwohl es hier wirklich schön ist. Ich wünschte du könntest hier sein."
"Seh lieber zu das du deinen Job richtig machst. Ich will dich besuchen kommen, geht allerdings schlecht wenn du gleich wieder gefeuert wirst.", hörte ich sie durch mein Handy kichern.
Mit zusammengebissenen Zähnen, mein eigenes Lachen unterdrückend, atmete ich ein paar Mal tief ein.
"Natürlich. Hören wir uns später nochmal? Ich will mich fertig machen. Henry, der Butler, will mir noch das Anwesen zeigen."
"So so, ein Butler? Lass es dir mal gut gehen und vernasche ihn nicht. Bis später."
Ich konnte praktisch ihr Grinsen im Gesicht sehen. Als ich jedoch das letzte hörte was sie sagte wollte ich sie schon anschreien, hörte jedoch nur das Piepen. Verdammt, aufgelegt! Henry, bitte. Als würde ich ihn anfassen...
"Laura... Wie fies!"
Frustriert warf ich mein Handy auf das Bett und ließ mich mit einem grunzen zurück fallen. Da legte sie einfach auf, ohne mir wirklich zugehört zu haben, Gemeinheit. Aber das würde sie schon wieder kriegen, die frage war nur wie und wann. Aber das würde ich ja sehen wenn es soweit war.

Nach weiteren geschlagenen zehn Minuten, die ich liegend an die Decke starrend im Bett verbracht hatte, bequemte ich mich doch noch aufzustehen. Mit kleinen, wackeligen schritten ging ich zum Spiegel und stutzte kurz, ehe ich erst ins Fluchen und dann ins Lachen geriet. Ich sah wahrhaftig aus wie eine Vogelscheuche aus. Meine Haare standen zu allein Seiten ab, obwohl man meinen mochte dass das bei meiner Länge gar nicht mehr möglich war.
Aus meinen Koffer kramte ich eine Bürste und versuchte meine Haare, so gut es ging, die Kletten zu entfernen, was leichter gesagt war als getan. Beim Bürsten riss ich mir dann auch gefühlte ein Dutzend Haare aus. Nach einiger Zeit gab ich es auf. Da half wohl nur noch eine Haarkur.
Unbehaglich ging ich also ins Bad und sah zum Fenster. Es behagte mir einfach nicht so freie Sicht in den Garten zu haben.
Konnte ich es wirklich wagen?
Mit einem letzten, kurzen Blick entschloss ich mich das Wasser einzulassen. Was für eine große Wahl hatte ich schon? Irgendwann musste ich baden, schließlich wollte ich nicht die ganze Zeit dreckig und verschwitzt herum laufen.
Kaum dass das Wasser die richtige Temperatur und Höhe hatte zog ich mich Blitzschnell aus und ließ mich in das angenehm duftende Wasser sinken.
Einen Augenblick prickelte und schmerzte meine Haut, bevor sich mein Körper an die Wärme gewohnte. Erleichtert ließ ich mich zurück sinken und schloss die Augen. Für einen Moment schaffte ich es an nichts anderes zu denken als das angenehme Nass, welches meine Haut umschmeichelte. Die Realität holte mich jedoch schnell wieder ein.
Nur zögernd öffneteich meine Augen und sah zur Decke empor, die reichlich verziert mit Malereien war.
Gestern Nacht hatte ich nicht bemerkt wie schon sie war. Die Decke selbst war in einem dunklen Indigo gehalten, während die Sterne in einem glänzenden Karmesinrot funkelten. Vereinzelt konnte man sie auch in einem hellere oder dunkleren rot sehen, genau so wie vereinzelte hellere blaue Wolken, die leicht in einem kaum merklichen grau übergingen. Es sah beinahe wie ein echter Abendhimmel aus, wenn man von den gewählten Farben absah. So wirkte es wie aus einer anderen, mystischen Welt. Weit fort in einer anderen Zeit.
Die Wände waren etwa bis zur hälfte gekachelt, ehe sie in einer dunklen Tapete überging. Auch dort sah man Verzierungen, die ich schon im Speisesaal und den Fluren bemerkt hatte. Vermutlich das Familien-Wappen.
Die Schränke waren in einem hellen Braun gefasst, ebenso wie die Trennwand zur Toilette. Es wirkte alles geschmackvoll und nicht im geringsten überladen.
Gähnend setzte ich ich auf und wusch mir meine Haare und seifte mich danach ab, ehe ich mir schnellstmöglich ein Handtuch umwickelte. So schnell würde ich das Fenster nicht vergessen, mal abgesehen davon das es mir gleich gegenüber war und somit direkt in meinen Blick war.
Eilig ging ich zurück ins Zimmer, froh das die Gardinen geschlossen waren.
Vorsichtig rubbelte ich mir die Haare trocken und kämmte sie mir vor dem Spiegel durch. Der Geruch von Lilien stieg mir in die Nase, wodurch ich meine Augen schloss und tief einatmete. Ich liebte diese Spülung einfach, egal was andere sagen mochten. Nicht einmal Laura verstand mich da, die wirklich alles mit Rosenduft nahm. Da wurde einem ja schlecht bei.
Nachdem ich mir die passende Kleidung heraus gesucht hatte, bestehend aus einer dunklen Bluse und einer schlichten schwarzen Jeans, - mit eben so dunkler Unterwäsche - öffnete ich die Gardinen und öffnete das Fenster, welches aus mehreren kleineren Scheiben bestand, die ich auf Kippe stellte.
Meine Augen blieben an den Garten hängen, der noch immer grünte und vereinzelt noch späte Blumen zu sehen waren. Im Labyrinth, wie ich am Abend richtig gesehen hatte, waren Obstbäume an verschiedenen Stellen zu sehen. Ich würde wohl jemanden bitten müssen mir den Weg zu zeigen.

Mein Blick klebte neugierig an der Tür zum Speisesaal hängen, an dem ein Briefkuvert mit meinen Namen hing.
Seit zwei Minuten stand ich dawie blöd herum, am hin und her überlegen ob ich den Umschlag wirklich öffnen sollte.
Wenn ich aber an den Scherzen der Zwillinge dachte wurde mir doch leicht flau im Magen.
Entschlossen nahm ich schließlich den Brief doch an mich und öffnete ihn mit spitzen Fingern, ein Stück von meinen Körper entfernt.
Mann konnte ja nie wissen.
Vorsichtig lugte ich hinein, um sicher zu gehen das nicht irgendetwas heraus sprang.
Erleichtert nahm ich den gefalteten Zettel heraus und überflog die Zeilen. Ich zog meine Augenbrauen zusammen und stopfte den Kuvert samt Brief in meine Hosentasche und machte mich auf in den Garten, wo die Zwillinge auf mich warten würden.
Frühstück gab es draußen, was mich jetzt schon leicht frösteln ließ.
Es war nicht so als war es für Oktober sonderlich kalt, aber morgens war es noch immer recht frostig.
In diesen Moment bereute ich es wirklich sehr keine Strickjacke angezogen zu haben. Aber man konnte sich ja nicht immer aussuchen was man wollte.
Der kühle Wind wehte mir ins Gesicht, nachdem ich die Tür geöffnet hatte. Ich rieb mir die Arme und schloss die Tür wieder hinter mir, ehe ich mich etwas umsah. Nach links führte ein Weg zu einer Reihe von Bäumen, nach rechts ein Weg, der zwischen zwei Hecken verschwand. Nun hatte ich also die Wahl in welche Richtung ich gehen wollte. Super, mein Glück.
Kurzentschlossen machte ich mich auf nach rechts, vorbei an zwei Rosenbeete, die vor den Fenstern der Villa entlang liefen. Kaum das ich zwischen den hohen Hecken verschwunden war wurde mir etwas wärmer, da es hier Windgeschützter war.
Nach ein paar schritten ging der Weg erneut nach rechts und ich ahnte bereits jetzt, dass hier wohl der Weg zum Labyrinth begann. So fiel zu meinen Vorhaben jemanden zu fragen ob er mich führt.
Ich hielt mich zwei mal nach rechts und sah wie sich die Hecken lichteten und ein kleiner Pavillon aus Stein vor mir auftauchte. Überrascht mussterte ich das weiße Gebilde, welches es scheinbar aus Stein gehauen war. Von weiten konnte ich nicht all zu viel erkennen, nur dass er wunderschön war, genau mein Geschmack. Je näher ich kam, desto mehr Einzelheiten erkannte ich. Kleine Verzierungen an den Rändern des Daches und Schnitzerein von Blumen die in den Säulen gehauen waren.
Ein kleines Lächeln schlich sich auf mein Gesicht, als ich erkannte dass sich der Stein als Granit entpuppte.
Ich konnte mir ein begeistertes quietsche nicht verkneifen, was ein leises Lachen in meiner nähe erklingen ließ. Aus meinen Gedanken gerissen sah ich mich um und entdeckte Tangella und Meluna, die an einem Tisch in der Mitte des Pavillons saßen. Die beiden strahlten mich gerade zu an, was mich selbst zum Lächeln brachte.
"Guten Morgen, Daphne, hast du gut geschlafen?", fragte Tangella, während Meluna mir ein Brötchen auf mein Teller legte und mir Tee in die Tasse eingoss.
"Danke, sehr gut.", gab ich höflich wieder und besah mir die beiden genauer.
Die blauäugige Tangella trug ein Kleid welches aus einem Märchen stammen könnte oder doc eher dem Mittelalter? Sie sah darin erwachsener aus als manche Frau in meinen alter, obwohl sie nichts von ihrer Schönheit und Jugend verlor. Sie wirkte einfach nur reifer. Ihre langen rot-braunen Haare hatte sie zu einen Pferdeschwanz gebunden, der ihr über die linke Schulter fiel.
Die grünäugige Meluna dagegen trug ein einfaches Oberteil mit weit ausladenden Ärmeln. Als sie mir ein Brötchen gab konnte ich ein Blick auf einer dunklen Jeans werfen. Ihre Haare trug sie offen über ihre Rücken fallend. Erst jetzt erkannte ich das eine feine weiße Strähne in ihren Pony aufleuchtete. Meine Augen wanderten zu ihrer Schwester zurück. Ebenfall eine Strähne, allerdings in blau, lugte zwischen ihren Haaren hindurch. Ob so was gerade Mode war?
"Was ist eigentlich mit meiner Arbeit? Wisst ihr zufällig wann Henry mir das zeigen wollte? Ich hab ihn heute noch nicht gesehen, dabei wollt er mich zum Frühstück abholen kommen."
Beide sahen mich an als wäre ich das achte Weltwunder. Hatte ich irgendetwas falsches gesagt? Nicht das ich wüsste.
Tangella und Meluna sahen sich aus riesigen Augen an, ehe sie ins Gelächter fielen. Sie mussten sich am Tisch abstützen um nicht von ihren Stühlen zu rutschen. Nun kam ich mir wirklich blöde vor, was ich den beiden mit einem beleidigten Gesicht verdeutlichte. Ich zog ein Schmollmund, krauste dabei ganz leicht meine Nase und verschränkte meine Arme vor der Brust.
"Was ist daran bitte so witzig?", fragte ich leicht gereizt.
"Naja, eigentlich wollen die meisten sich erst einmal eingewöhnen, ehe sie sich in die Arbeit stürzen.", antwortete mir Meluna.
"Aber du scheinst ja richtig Wild auf die Arbeit zu sein.", kicherte Tangella und hielt sich an ihrer Schwester fest.
Fragend sah ich von einer zur anderen. Die Verwirrung musste mir gerade zu im Gesicht gestanden haben, den Tangella kicherte weiter und schien fast schon zu ersticken. Meluna schüttelte nur mitleidig den Kopf.
"Mach dir mal keine Sorgen. Henry ist nur etwas dazwischen gekommen, er wird erst gegen Abend wieder da sein. Du hast also genügend Zeit dich hier umzusehen. Wenn du also Fragen hast, wende dich an uns oder Rosie. Mittag gibt es nachher um eins. Sei also pünktlich, Rosie kann da sehr energisch sein."
Meluna stand auf und nickte mir freundlich zu.
"Mach dir nichts draus. Wir sehen und später. Wir haben erst einmal etwas mit unseren Bruder zu regeln.", meine Tangella ernst, was Meluna dazu brachte finster derin zu blicken.
Damit verschwanden die beiden Mädchen aus meinem Blickfeld, hinein in das Labyrinth.
Ich sah hinunter auf mein Brötchen und verzog das Gesicht. Der Hunger war mir vergangen. Allerdings kannte ich mich so gut, dass ich wusste, in mindestens einer Stunde würde mein Magen knurren. Mit wenig Begeisterung machte ich mich daran mein Brötchen mit Marmelade zu beschmieren. Genau so Lustlos verschlang ich es auch, ehe ich anfing das Geschirr zusammen zu räumen und auf einen kleinen Servierwagen zu Räumen, den ich entdeckt hatte, während ich am Essen war.
Zehn Minuten später schob ich den Wagen an den Hecken entlang zum Eingang. Meine Gedanken waren allerdings woanders.
Ich fühlte mich so klein und unbedeutend, wie ich hier so entlang schritt, mich mit neugierigen Augen umsah und wie ein kleines Kind freute, welches man einen Lutscher gab. Kindisch, oder?
Mit einem Schmunzeln auf meinen Lippen, schüttelte ich meinen Kopf, um die wirrend Gedanken los zu werden. Dauernd kamen mir solche Gedanken, wenn ich nicht gerade irgend etwas zu tun hatte. Mein nächstes Ziel war also mein Zimmer, wo ich mir mein Block holen würde.
Entschlossen nickte ich und blieb am Treppenabsatz stehen.
"Oh nein, das hab ich ganz vergessen...", stöhnte ich genervt und gab beinahe den drängen meiner Beine nach, mich einfach auf den Boden fallen zu lassen, wäre hinter mir nicht Stimme in just diesen Moment ertönt.
Erschrocken drehte ich mich um und riss meine Augen auf.
"Entschuldigung, ich wollte dich nicht erschrecken.", lachte ein junger Mann.
"Schon gut, ich habe nur nicht damit gerechnet das jemand hinter mir steht.", gab ich zurück, hielt mir dabei aber meine Hand vor der Brust, wo mein Herz noch immer wild raste.
"Brauchst du Hilfe?"
Er nickte zum Wagen und sah mich an. Vorsichtig nickte ich, war aber skeptisch was er jetzt vor hatte. Ich sah ihm dabei zu wie er um den Servierwagen herum ging und davor stehen blieb. Er warf wir einen bedeutungsvollen Blick zu und ich verstand was er von mir wollte.
"Oh, Moment."
Ich stellte mich ihm gegenüber und fasste mit den Händen unter die kühle Eisenplatte. Nachdem ich mein Gegenüber ein Zeichen gab, hoben wir gleichzeitig an und trugen den Wagen die paar Stufen hoch, ehe wir ihn wieder absetzten.
"Danke, ohne dich hätte ich's nie geschafft.
"Keine Sorge, war ja nicht so schlimm.", lachte er los und reichte mir seine gebräunte Hand.
"Ich bin übrigens Mario, der Enkelsohn von Rosie."
Grinsend nahm ich mir die dargebotene Hand und sah in seine blauen Augen, die er scheinbar von seiner Großmutter hatte.
"Daphne, sehr erfreut."
Belustigt sah ich zu wie Marios Augen immer größer wurden. Er gab wirklich ein witziges Bild ab.
"Oh, dass ich darauf nicht früher gekommen bin.", sagte er bestürzt und sah mich an wie ein Hund den man im Regen stehen gelassen hatte.
Ja, ich verstand diese Leute hier eindeutig nicht. Lag das jetzt an den Schotten selbst oder doch an mir? Auf irgend einer Art und Weise hatte ich daran gedacht das die Leute hier über mich Bescheid wussten aber...
"Kann es sein das du ein wenig verpeilt bist?"
Erschrocken schlug ich mir die Hand vor dem Mund. Ups, das wollte ich nicht laut sagen. Mein Mund war da bloß wieder einmal schneller als wie ich denken konnte.
Peinlich, wirklich Peinlich.
Ich konnte nur hoffen das er es mir nicht all zu übel nahm.
"Nein, nur ein wenig vergesslich. Nun schau mich nicht so erschrocken an, mir wird das immer wieder gesagt. Also ich mein das ich trottelig bin."
Lachend kratzte Mario sich am Hinterkopf und sah mich noch immer freundlich an. Ich kam nicht umher zu bemerken das er attraktiv war, mit seiner gebräunten Haut - wie machte man das bei diesen Wetter? - und den hellen braunen Haaren, die einen minimalen Rotstich hatten. Sein Lächeln war anziehend, mit den weißen Zähnen und die kleinen Grübchen in den Wangen. Süß, wie ein kleiner frecher Junge.
"Entschuldige, mir platzt schnell mal etwas heraus ohne das ich es beabichtige."
Entschuldigend zuckte ich mit den Schultern und schob den Wagen an ihm vorbei.
"Auf jeden Fall, danke für deine Hilfe. Vermutlich hätte ich ewig unten an der Treppe gestanden."
"Kein Problem. Solltest du noch einmal meine Hilfe brauchen, suche mich einfach im Garten. Naja, ich bin also der böse Gärtner der immer alles war."
Ein kleines Grinsen schlich sich auf mein Gesicht und mir juckte es in den Fingern ihm durch die Haare zu wuscheln.
"Na dann, Herr Gärtner, wir werden uns dann wohl sehr bald wieder sehen."
Ich nickte ihm noch einmal zu und ging durch die Tür, die er mir Gentleman like aufhielt.

Überrascht stellte ich fest das jedes Fenster der Villa, die in Richtung des Gartens zeigte, vom Boden bis zur Decke reichte, so dass es vom Garten aus wie eine reine Spiegelwand wirkte.
Das Licht spiegelte sich in den Fenstern und reflecktierten den leuchtenden Garten, das Licht der Sonne und den reinen, blauen Himmel.
Ein erleichtertes seufzen kam über meinen Lippen. Ich war beruhigt das man nicht in die Zimmer sehen konnte. Mit sicherheit hätte ich es zwar nicht sagen können, aber hatte ich wirklich nur eine Minute daran gezweifelt das man in die Räume von einem Lord einsehen konnte? Wie dumm musste ich eigentlich sein? Daran sah man nur das ich scheinbar doch unter einer schrecklichen Paranoia litt.
Wenn ich einen deutlicheren Beweis gebrauchte hätte... Nun, jetzt hatte ich ihn.
Mein Blick wanderte dem Spiegelverkerten Bild des Gartens entlang. Nur langsam drehte ich mich um und sah mir die Büsche, Bäume und Blumen genauer an.
Die Sonne schien über den Berg und den Baumkronen Hinweg, hinunter auf den Irrgarten, vor dem ich stand. Die Hecken waren mit den verschiedensten Arten von Blumen bewachsen, die ich nicht zu bennenen vermochte. Sie blüten in den verschiedensten Formen und Farben, sahen Lilien und Orchideen sehr ähnlich.
Rote Äpfel hingen an den Bäumen und luden gerade zu zum essen ein. Andere Bäume verloren ihre gelben und orangenen Blätter. Nur die wenigsten Bäume hatten noch grüne Blätter, abgesehen von den Nadeln der Tannen, dessen Kronen in der Ferne zu sehen waren.
Warmer Wind ließ einzelne Blätter umher tanzen und die Blumen und zweige umher wiegen.
Die Vögel zwitscherten ihre Melodien und wereinzelt krächzten die Raben, die sich versteckt im Labyrinth aufhielten.
Ich beobachtete das Schauspiel des Windes, der die Blätter zum tanzen brachte, mit einem leisen Lächeln und ließ meinen Blick weiter wandern, meine Gedanken schweiften dabei wieder ab.
Meine Neugierde kannte keine Grenzen, wie sich in der letzten halben Stunde gezeigt hatte.
Nachdem ich den Servierwagen in die Küche geschoben hatte, wobei Rosie mir einen Tee gemacht hatte, war ich hinaus in den Garten gegangen und hatte mich ein wenig umgesehen.
Neugierig war ich einige Schritte in das Labyrinth gegangen, um die Villa ein wenig mehr ins Augenschein zu nehmen.
Was ich sah hatte mir wirklich den Atem stocken lassen. Ich hatte wirklich alles erwartet, nur diesen Anblick nicht.
Man konnte die Villa nur durch die Lichtreflexe erkennen und die leichten umrisse die, die Steine und Mauern deutlich machten. Es war wirklich wunderschön und beruhigend. Zumindest war das mein Gedanke, den ich gefasst hatte. Es war einfach zu Himmlisch um war zu sein.
Ich wünschte mir nur Laura wäre bei mir, damit ich diesen Anblick mit ihr teilen könnte. Sie war genau so wie ich und hätte es hier geliebt. Heimweg nagte kurz an mein Herz, brachte mich für einen Moment aus der Fassung. Schnell hatte ich mich jedoch wieder im Griff und schüttelte meinen Kopf um die Finsteren Gedanken zu vertreiben, die sich in mein Kopf geschlichen hatten.

Wie lange ich letztlich draußen war hätte ich ohne meine Uhr nicht sagen können, die mir zeigte das es kurz nach zwölf war.
Ein wenig Zeit bis zum Mittag hatte ich also durchaus noch. Nur was mit dieser Zeit anfangen?
Eine überlegung war ob ich nicht mein Block und Stifte holen sollte. Dafür hätte ich mich jedoch aus dem Garten entfehrnen müssen, worauf ich keinerlei Anbitionen hatte. Ich hätte einfach nur dran denken müssen, als ich noch drinnen gewesen war. Natürlich hatte ich zu der zeit keinerlei Gedanken daran verschwendet.
Die Alternative mich einfach unter einen Baum zu legen und mir die Wolken anzusehen kam auch nicht wirklich Frage - Auch wenn es verlockend war.
Natürlich könnte ich auch einfach in den Irrgarten gehen... Aber ich hatte dafür zu große Angst mich zu verlaufen.
Sehr viel auswahl hatte ich also nicht.
Seufzend streckte ich mich ein wenig und sah zur Sonne hinauf.
Für einen Moment schloss ich einfach nur meine Augen und genoß die angenehme Wärme auf meiner Haut, die mir die Sonne bescherrte. Die Kälte vom Morgen war schon vor einiger Zeit gewichen.
Bevor ich meine Augen wieder öffnete atmete ich die frische Luft noch einmal tief in meine Lungen ein. Erst dann blinzelte ich langsam und sah mich ein wenig um. Den Garten wollte ich ich mir später trotz allem noch einmal genauer ansehen. Warum also Angst vor einem Irrgarten? Irgendwer würde mich schon vermissen - Hoffte ich zumindest.
Ein Vogelschwarm zog über meine Kopf hinweg und ich lief ihnen einige Schritte nach, Rückwerts, wie ich es kaum bemerkte. Ein fehler wie sich heraus stellte.
Ich prallte mit meinen Rücken schmerzhaft mit etwas zusammen. Mit einem erschrockenen quietschen sprang ich mindestens einen Meter in die Luft, als mich etwas an den Schultern berührte, wodurch ich schockiert herum wirbelte.
"Vorsicht junge Dame, nicht das Sie sich noch verletzen."
Zischend zog ich die Luft in meine Lungen und sah in diese eisigen, blauen, Augen die auf mich hinab blickten. Wie groß war dieser Kerl? So um die 1, 90 durften es mit Sicherheit sein.
Seine Vollen Lippen waren zu einem zarghaften Lächeln geformt. Seine braunen Haare waren nach hinten gekämmt, auch wen sie nicht sehr lang waren.
Erst jetzt erkannte ich dass das, was meinte Schultern berührt hatte, die Hände des Fremden gewesen waren. Peinlich, diese Angelegenheit. Verflucht sei meine Paranoia und meine Schreckhaftigkeit.
"Entschuldigung, ich war ganz in Gedanken. Die Vögel... Nun sie waren...", mit wild schwingenden Armen versuchte ich zu erklären warum ich meine Umgebung außer acht gelassen hatte. Das ich mich damit zum Affen machte bemerkte ich dabei zu spät.
Oh Gott, ging es noch schlimmer?
"Schon gut, ich kann es nachvollziehen.", lachte der große Kerl und reichte mir seine Hand.
"Wenn ich mich nicht teusche und das tue ich sicher nicht, seid Ihr Daphne, richtig?"
Ich spürte die Hitze in meinen Wangen, nickte aber tapfer und nahm seine Hand, die überraschend weich und warm war. Meine eigene Hand schien gerade zu für seinen Griff geschaffen zu sein, so leicht und natürlich schmiegte sie sich ein seine.
"Freut mich. Sagen Sie, arbeiten Sie auch hier?"
Lachend zog der Große seine Hand zurück, was ich mit leisen bedauern bemerkte.
"In gewisser weise mach ich das. Entschuldige, ich habe es etwas eilig."
Er ging an mir vorbei und strich leicht über meinen Kopf.
"Wir sehen uns sicher bald wieder.", murmelte er noch, wobei ich ein kleines Schmunzeln heraus zu hören schien.
Ich drehte mich um, aber da war er bereits um die nächsten Ecke verschwunden.
Meine Hand wanderte leicht durch meine Haare, wo er mich eben noch leicht berührt hatte.
Er war wohl der merkwürdigste Mensch den ich bisher kennen gelernt hatte.
Und das meine ich ohne Außnahme.
Dagegen waren die Zwillinge und Mario echt noch Normal. Sowirklich wusste ich nicht ob ich es als eine Art von Talent ansehen sollte. Man sah es ja an Laura. Okay, schlechtes beispiel, denn eigentlich war sie ja normal... Irgendwie.
Seufzend sah ich gen Himmel und dann auf meine Uhr. Erschrocken stellte ich fest das es bereits kurz vor eins war.
Die Zeit war nun doch ein wenig schneller vergangen als ich vorher erwartet hätte.
Eilig lief ich durch den Garten, um die Villa herum. Den Planzen und der Schönheit der umgebung schenkte ich dabei keinerlei Beachtung mehr.
Ich wollte Rosie nicht verärgern. So wie die anderen gesagt hatten war mit ihr nicht zu spaßen wenn es um das essen ging.
Und irgendwie glaubte ich dies ohne Vorbehalt. Mit dieser Frau wollte selbst ich - Mit meiner großen Klappe - mich nicht mit ihr anlegen. Ein wenig hing ich schon noch an mein Leben, als das ich es einfach so weg werfen würde.
Keuchend stürzte ich die Eingangstreppe hoch und riss die Tür beinahe aus den Angeln, als ich sie noch im Lauf aufriss.
Ich kam gefährlich ins stolpern und landete mit einem quwitschenden Aufschrei auf meinen Hosenboden.
Mit schmerz verzogenen Gesicht richtete ich mich so weit auf das ich die Tür schließen konnte und mich an dieser hoch zog. Vorsichtig rieb ich mir über meinen Hintern und stolperte außer atem zur Tür des Speißesaal. Vor der maßiven Tür blieb ich stehen und zog ein paar mal tief die Luft in meinen Lungen.
Noch immer mit klopfenden Herzen zog ich die Tür auf und trat vorsichtig ein, den Blick dabei gen Boden gesenkt.
Nur vorsichtig blinzelte ich und sah mich vorsichtig um. Das Essen wurde noch nicht aufetragen, obwohl die Zwillinge bereits am Tisch saßen, so wie eine andere Frau die den beiden gegenüber saß.
Die drei sahen mich an, wobei die Schwestern mich frech angrinsten, während die andere Person, anders konnte und wollte ich sie schon jetzt nicht nennen, mir einen arroganten Blick zuwarf. Was hatte ich der den getan? Ich konnte mich nicht entsinnen sie auch nur einmal in meinen Leben getroffen zu haben. Vermutlich wäre es mir nicht einmal auf der Straße möglich gewesen an ihr vorbei zu gehen. Sie war atemberaubend und glich eher einer lebendigen Barbie als alles was ich je gesehen habe. Da konnte vermutlich nicht einmal die echte Puppe mithalten. Absolut grauenhaft. Ihre Haut war so blass das meine, die wirklich hell war, nicht an ihre heran reichen vermochte. Ihre braunen Augen hoben sich von ihren hellen blonden Haaren, die sicherlich nicht gefärbt waren, leider, auf eine merkwürdige und anziehende weiße ab. Ihre Lippen waren voll und rosig wie ich sie noch nie gesehen hatte.
Auf der rechten Seite ihrer Wange war ein kleines Grübchen, welches mein Blick praktisch anzuziehen schien. Die einzigste unebenheit die ich auf ihrer Haut sah war eine kleine Narbe, rechts neben ihrer Augenbraue. Eigentlich hätte ich schaden froh sein sollen, dafür das sie nicht perfekt war, doch genau das machte ihr Gesicht noch schöner. Nur zu deutlich spürte ich die Eifersucht, die sich in meinen Magen bewegte wie ein Raubtier und zu mein Herz hoch kriechen wollte, mit ihren Krallen dabei jedoch mein inneres zerfetzte. Gott, sie erinnerte mich an diesen Mädels die immer alles bekamen was sie wollten. Vermutlich war sie sogar in ihrer Schulzeit Cheerlederin gewesen.
Ihre Gegenwart schien mich gerade zu zuerschlagen, was ihre Ausstrahlung nicht gerade verbesserte. So wie sie mich an sah, als wäre ich eine kleine liederliche Kakerlake, die sie einfach so zerkwetschen konnte, die es einfach nicht wert war auch nur im selben Haus zuleben wie sie.
Das gab es doch nicht! So schön das Weib auch war, der Charakter war eindeutig hässlich. Nein, einfach nur abartig. Nur mit Not konnte ich mir ein Schnaufen unterdrücken. Scheinbar würde ich mit ihr in der näheren Zukunft noch viel Spaß haben würde.
"Daphne, nun steh nicht da blöde herum, sondern komm endlich und setz dich. Rosie wird auch gleich mit dem Essen kommen.", riss mich Tangella aus meinen düsteren Gedanken und brachte mich wieder ins hier und jetzt zurück.
Auf ihre Worte hin entspannte ich mich leicht und lächelte ihr dankbar entgegen. In diesen Moment hätte ich das Mädel knutschen können.
Seufzend ließ ich mich neben den beiden Mädchen nieder und lächelte die älteste feundlich an. Meine Manieren würde ich nicht vergessen.
"Entschuldigt ihr beiden, ich hatte heute nur zwei Begegnungen der dritten Art."
Die Zwillinge mussten leise Lachen als ich ihnen verschwörerisch zuzwinkerte.
Kaum das sie sich beruhigten, wobei Meluna versuchte ihr Schluckauf zu verstecken, kam Rosie mit dem Servierwagen herein gerollt. Das Quwitschen der Reifen hörte sich in meinen Ohren schrecklich schrill an, nur mit Krampf konnte ich mir verkneifen die Hände auf meinen Ohren zu legen.
Die alte Dame lächelte uns freundlich an, sprach aber kein Wort, als ihr Blick sich mit dem der Frau traf. Mit geringer Neugier bemerkte ich das ich ihren Namen noch immer nicht kannte - Nicht das es mich sonderlich interessierte.
Mein Mund öffnete sich also zur Frage, bekam dann aber kein Wort hinaus. Irgendwie fühlte ich mich in meine Haut gerade nicht sehr wohl, was vermutlich an ihren Blick lag, den sie mir schenkte. Aua, das tat ja fast schon weh!
Tangella und Meluna warfen sich immer wieder grinsend Blicke zu, als würde sie Telepatisch etwas aushecken. Aber Zwillinge waren nun einmal so, die wussten was der andere dachte. Zu schade das ich keinen Zwilling hatte. In diesen Moment wünschte ich mir wirklich ich wäre kein Einzelkind gewesen.

Das Mittag verging ruhig, ohne das irgendjemand etwas sagte. Das Essen Verging so relativ ruhig vorbei und die Gerichte schmeckten köstlich. Auch wenn ich mich nie wirklich für Lamm begeistern konnte, es war einfach nur fantastisch saftig gewesen. Der Nachtisch, der aus einem Erdbeertörtchen bestand war einfach nur himmlisch gewesen. Ich war wohl auch nicht die einzige die so dachte, nach Melunas Gesicht zu schließen.
Die Schwestern waren allgemein recht ruhig gewesen, warfen sich nur ab und an bedeutungsvolle Blicke zu. Tangella hatte mich nur angelächelt, als könnte sie kein Wässerchen trügen. Ihre blauen Augen jedoch hatten nur so vor Schalk geglitzert. Meluna, die den Blick ihrer Schwester gefolgt war hatte nur einen verschlagenen Blick übrig gehabt. Die weiße Strähne, die ihren Pony durchzog, war beim schräg legen ihres Kopfes über ihr Gesicht gerutscht, was die grünen Augen nur mehr zum Ausdruck brachten. Der Kontrast war fast schon unheimlich.
Kaum das wir die Törtchen verspeist hatten war auch Henry zu uns gestoßen, hielt sich aber dezent im Hintergrund. Sein Gesicht sah ein wenig besorgt aus und war die meiste Zeit auf die Gestalt der anderen Frau geheftet. Ihr jedoch schien es nicht sehr fiel auszumachen. Ob es wohl Routine war? Nein, das glaubte ich dann doch nicht. Sie schien sich hier ja frei zu bewegen. Was also war der wirklich Grund dafür.
Ich war so in Gedanken gefangen das ich erst mitbekam dass das Essen beendet war, als die Frau mir gegenüber ruckartig aufstand, so dass ich beinahe hinten über vom Stuhl gekippt wäre.
Erschrocken über diesen beinahe unfreiwilligen Flug, stand ich von meinen Platz auf und strich mir mein Oberteil wieder glatt.
Als ich aufblickte sah ich in die braunen Augen, die mich gerade zu verächtlich anstarrten. So viel Feindlichkeit, in so kurzer Zeit, wurde mir noch nie entgegen gebracht. Schockierend für mich jedoch war die Tatsache das sie es mir so offen gegenüber zeigte das es fast schon grausam war. Gut, war mir auf jedenfalllieber als vorgeheuchelte Freundlichkeit. Finster starrte ich also zurück.
"Ich verstehe einfach nicht was Luar an dir findet, dass er ausgerechnet dich eingestellt hat. Wie dem auch sei, ich warne dich nur einmal; Halte dich von ihm fern oder ich werde dir deine Augen mit Freuden auskratzen." Mit diesen Worten ging sie erhobenen Hauptes an mir vorbei, rempelte mich dabei ziemlich unelegant an und verschwand durch die Flügeltür in das Foyer.
Wie ein begossener Pudel stand ich da mit offenen Mund, einer verrückten nachsehen, die nichts besseres zu tun hatte als mich zu verachten, ohne das ich etwas getan hatte. Weder war mir jemand mit dem Namen Luar begegnet, noch kannte ich hier jemanden außer Mario, diesen fremden Kerl den ich beschämender weise beinahe umgerannt hatte und den hier anwesenden.
Nur zu deutlich spürte ich die Zornesröte in mein Gesicht steigen. Was bitte hatte ich der getan? So ne eingebildete schnepfe. Oh, so einfach würde ich es ihr nicht machen. Irgendwie würde ich ihr eingebildets Getue schon noch austreiben.
"Wow, wer war das denn? Miss 'Ich bin die größte Zicke?"
Empört stemmte ich meine Hände in die Seiten und blies meine Wangen auf. Das ich Zuschauer hatte ignorierte ich bis zu den Moment wo Henry sich zu Wort meldete. "Dies, Miss Daphne, war die Verlobte von Lord McAstor."
Mein Mund stand offen. Eine Minute, zwei Minuten und noch eine dritte, weil es so schön war. Damit hatte sich mein Racheplan in Luft aufgelöst. Verdammt!
"Oh mein Gott, ich werde so was von Tod sein, wenn sie mich allein in die Finger kriegt."
Frustriert schlug ich mir die Hände vor's Gesicht und wäre am liebten im Erdboden verschwunden. Wie viel Unglück vertrug ein Mensch, ehe er an einem dieser Stirbt? Sicherlich würde ich bald den Rekord halten, wenn es so weiter ging. Mir passierten einfach viel zu viel unvorhergesehene Dinge.
"Jap, Selena hat es auf dich abgesehen.", bestätigte Tangella, die über meine Schulter zu mir hoch linste.
"Nicht gut, oder?", fragte ich ruhig.
"Nein, überhaupt gar nicht gut.", antwortete mir die blauäugige langezogen.
"Sollte ich mir ein Grab besorgen?"
"Hmm, es wäre auf jedenfall nicht die schlechteste Idee."
Meluna fing über unser Gespräch an zu lachen in dem Tangella und ich nach kürzester Zeit mit einstimmten.
Erst eine ganze Weile später konnten wir wieder aufhören und ich wischte mir die Tränen aus den Augenwinkeln, die sich während unseres albernen Kichern's angesammelt hatten.
"Okay, das war mit Ausnahme eines der verrücktestden Gespräche die ich je hatte.", bemerkte ich, als ich wieder zu Luft gekommen war.
"Oh, das kann ich nur zu gut verstehen.", antwortet Rose, die sanft zu uns herüber sah, "Aber ihr solltet jetzt gehen, ich würde doch gern meine Arbeit erledigen."
Die Zwillinge nickten ihr zu und schnappten sich je eine meiner Hände und zogen mich nach draußen in die Vorhalle.
"Also, was machen wir jetzt?", fragte ich die beiden, legte meinen Kopf dabei leicht schräg.
"Entschuldige, Daphne, aber wir haben noch was zu tun.", seufzte Meluna, sah mir entschuldigend in die Augen.
"Wenn du nichts dagegen hast würden wir aber gern heute Abend mit dir ein kleines Picknick machen."
Lächelnd nickte ich, auch wenn ich ein wenig traurig war. Die beiden waren witzig und ich hatte gedacht das wir etwas unternehmen würden. Vielleicht konnte ich mir so aber noch ein wenig mein Block holen und draußen zeichnen. Der Garten war schließlich wundervoll. Außerdem konnte ich mir so ja auch überlegen was ich genau morgen zu tun hatte. Meine Arbeit sollte ja auch getan werden, ich war ja nicht für Urlaub hier.
"Na dann. Wo treffen wir uns?"
Die Zwillinge sahen sich grinsend an, ehe sie mit funkelnden Augen zu mir sahen.
"Hier unten, ja?"




Heimweh



Bleiche Haut spannte sich über die Knochen, die Messerscharf hervor stachen. Die Münder waren weit zum schreien geöffnet. Tote Augen starrten ins Nichts. Dunkelheit schien sich wie Gewänder um die Körper zu schlängeln, wie Ranken nach den Personen zu greifen. Die toten bleichen Hände wurden dem betrachter hingestreckt, als würden sie stumm nach Hilfe betteln.
Das Gemälde wirkte gerade zu beängstigend, doch auf mich wirkte es einfach nur faszinierend. An einigen stellen war die Farbe bereits ins Graue oder Gelbe verblasst und schien sogar Risse in der Farbe zu haben.
Unwillkürlich spitzte ich meine Lippen und legte den Kopf schief. An der linken, oberen Ecke prangte ein merkwürdiger Fleck, als wäre Kaffee auf dem Bild verschüttet und dann nicht weg gewischt worden.
Ich wusste nicht wer das Bild gemalt hatte, aber in den letzten Jahrzehnten wurde es sicher nicht gut behandelt, so ramponiert wie es aussah. Henry, der neben mir stand und das Gemälde bemitleidenswert musterte schien meine Entrüstung zu verstehen.
"Das Bild wurde sicher nicht von einem mir bekannten Künstler gemalt?"
"Richtig, Miss Daphne. Eine der früheren Ladys, die hier wohnten, war eine begnadete Künstlerin und hat viel gemalt. Es gibt in diesem Haus viele Bilder die von der Lady stammen. Leider waren einige von ihnen für langezeit auf dem Dachboden versteckt. Genau wie dieses hier. Lady Tangella fand dieses Bild auf eine ihrer Entdeckungstouren. Lady Meluna fand Monate später ebenfalls welche im Keller..."
Zwischen meinen Zähnen zog ich die Luft ein und hielt mir den Kopf. Es war entsetzlich wie einige Leute mit den Bildern umgingen. Der jetzige Lord schien wenigstens ein wenig mehr Verstand zu haben. Es war immer schrecklich zu sehen wie die Menschen mit solch wertvollen Schätzen umgingen. Und wenn es ein Familienerbe war doch um so mehr!
"Oh man, das ist einfach nur grausam. Kein wunder das viele der Bilder einen neuen Anstrich bekommen sollen. Na, dann wollen wir dieses Gemälde mal ein neues Kleid anziehen.", zwitscherte ich fröhlich.
Das Henry mich komisch ansah merkte ich schnell. Scheinbar hatte er wohl nicht ganz verstanden worauf ich hinaus wollte. Aber er ging auch nicht drauf ein und drehte sich um und schritt zur Tür. Ein wenig war ich überrascht das dieser Mann sich so leise durch die Räume bewegen konnte. Aber nicht nur er, wie ich am gestrigen Abend bemerkt hatte.
Ich stand an der Eingangstür und betrachtete einer der Bilder, welche die Vorfahren der Villa waren. Der junge Mann, der einen aufreizend entgegen lächelte, hatte vermutlich gerade erst seinen zwanzigsten Geburtstag überschritten. seine Haut war blass und rosig, wie die eines kleinen Kindes. Seine Frau, welche das Bild direkt neben ihn hing war mindestens genau so schön und jung. Ihre Haare standen ihm Kontrast zu seiner blonden Mähne. Das Schwarz schimmerte und hob sich kaum von den dunkelblauen Hintergrund ab. Ihre Haut war dunkler als seine und schien golden zu schimmern. Seine Lippen waren ebenso wie ihre Voll und besaß ein geheimnisvolles aussehen. Als würden seine Lippen etwas verstecken, was nur der Maler wusste und verbarg. Die Augen funkelten in einen so dunklen Onix das ich glaubte es währen gar echte Steine. Und der Schalk der in ihnen stand war fast schon unheimlich. Aber sie verbargen nicht die Kälte, welche in den Schatten um den Augen lag. Es war als würden seine Augen vor Vorfreude glitzern, als würden sie auf etwas warten das nach dem Malen passieren würde.
Der Gedanke bescherte mir eine unangenehme Gänsehaut. Selbst jetzt wurde mir kalt, als ich an den gestrigen Abend zurück dachte, wo ich mir zitternd die Arme rieb und betete das die beiden Schwestern kommen würden. Ich wollte den Blick entfliehen. Meine Augen waren gefangen und selbst jetzt fiel es mir schwer wieder einen klaren Gedanken zu fassen.
Seufzend sah ich wieder auf das Bild, welches vor mir stand und drauf wartete von mir einen neuen Glanz zu bekommen. Ein Leichtes Lächeln schlich sich dabei auf meine Lippen, als ich nach den Pinsel griff und noch einmal meine Farben durch ging, welche ich brauchen würde. Ich musste jeden Farbton möglichst genau treffen. Es würde wohl Stunden dauern, bis ich auch nur eine kleine Ecke bearbeitet haben würde. Natürlich sollte ich möglichst mit dem Hintergrund anfangen. Außerdem würde die Ölfarbe ein wenig an trocknen müssen, damit sich die Farben nicht vermischten. Vor allem schwarz und weiß war eine gefährliche Kombi, wenn sie zusammen aufgetragen wurde.

Gegen drei Uhr sah ich auf meine Uhr und seufzte. Ich hatte über vier Stunden am Bild gesessen und nun merkte ich wie mir langsam mein Rücken schmerzte. Ich war mit dem Ergebnis bisher recht zufrieden. Der Hintergrund war so gut wie fertig und musste nur noch mit leichten Lichteffekten zum Leben erweckt werden. Aber dafür würde erst einmal die Ölfarbe trocknen müssen, damit ich die weiße Farbe nutzen konnte ohne das es sich mit dem schwarz mischte.
Grinsend legte ich meinen Pinsel weg und reckte mich genüsslich. Das warme Licht der Sonne die auf meine Haut strahlte belebte mich und ließ mich wohl fühlen.
Mein Blick richtete sich auf das hohe Fenster, wodurch ich direkt auf den blauen Himmel sehen konnte. Kleine flauschig aussehende Wolke hingen am Horizont und ließen den Himmel näher erscheinen als er war.
Vorsichtig bewegte ich ihren Beine und nahm mir dann die benutzten Utensilien wie Pinsel, Schüssel und Farbpalette um sie mit Wasser zu reinigen. Leise summend säuberte ich alles, starrte dabei hinaus in den Garten wo ich ein vertrautes Gesicht entdeckte. Die braunen Haare des jungen Mannes hatten nun in der Mittagssonne einen deutlichen Rotstich bekommen. Leicht schmunzelnd beobachtete ich ihn einen Augenblick, als jemand anderes auf ihn zu kam und ihn auf die Schulter tippte. Mario schreckte auf und schien den Fremden mit Dutzenden von Schimpfwörtern zu beschmeißen ehe er sich wieder beruhigte.
Ich konnte nicht anders und betrachtete den zweiten Mann der im Garten aufgetaucht war. Ich musste zugeben das er mit den welligen braunen Haaren nicht schlecht aussah. Sein Kinn war markant mit hohen Wangenknochen. Die Augen konnte ich von meinen Platz aus nicht erkennen, dafür aber das er gut gebaut war. Er war nur wenige Zentimeter größer als Mario aber wirkte durch das erheiterte Grinsen um einiges jünger als der andere.
Kopfschüttelnd drehte ich mich schließlich um und fing an die Sachen weg zu räumen um wieder Platz zu schaffen. Henry hat mir zwar gesagt das ich den Raum ganz für mich hatte, aber ich mochte meinen Platz sauber und ordentlich. Wenn ich nie auf hundertprozentiger Sauberkeit achtete, bei Kunst schon. Ich ärgerte mich schon wenn ein kleiner Farbfleck auf den Boden landete. Ölfarbe war alles andere als wieder leicht aus irgend einen Stoff oder Teppich zu bekommen. Auf Laminat oder Marmor wusste ich es nicht, aber da mein Schrank schrecklich aussah konnte ich mir nicht vorstellen das man Holz allgemein wieder von den Flecken befreien konnte. Und da dies alles hier nicht mir gehörte wollte ich nichts provozieren.
Zufrieden betrachtete ich noch einmal das Bild, ehe ich mich umdrehte und mich auf den Weg in mein Zimmer machte. Ich musste unbedingt aus dem T-Shirt raus, welches dutzende von Flecken aufwies. Außerdem wollte ich danach mit meinen Zeichenblock noch ein wenig in den Garten um ein paar Bilder zu zeichnen. Gestern kam ich kaum dazu, dafür haben mich die Zwillinge zu sehr abgelenkt. Nicht das ich sie verantwortlich machen wollte, im gegenteil, ich hatte solch einen Spaß wie schon lange nicht mehr, ich habe mich um Jahre jünger gefühlt. Außerdem war das Essen lecker.
Gähnend hielt ich mir die Hand vor dem Mund und ging durch die Gänge, mein Blick meist an den Gemälden, welche im regelmäßigen Abständen auftauchten. Dabei waren es mal Personen, Momente oder Landschaften. Jedes Bild war unterschiedlich und die Personen immer andere. Ich nahm mir vor irgendwann einmal alle Bilder in Ruhe zu betrachten. Jetzt gerade hatte ich für all ihre Schönheit kein Auge. Ich brauchte für ein paar Augenblicke meine Ruhe um den Gedanken nachzuhängen, welche sich mir hartnäckig beim malen in den Kopf gesetzt hatten.
Nach wenigen Minuten gelangte ich in meine Räume und warf mich auf mein Bett. Zufrieden atmete ich tief den Duft der Bettwäsche ein und schloss meine Augen. Der Geruch erinnerte mich ein wenig an den Garten. Obwohl keine Blumen in meiner Nähe waren hatte ich das Gefühlmitten in einen Bett voller Rosen zu stehen. Dabei mochte ich diese nicht einmal so sehr.
Ich konnte nicht anders als zu lächeln und drehte mich auf meinen Rücken.
Als ich meine Augen öffnete blickt ich auf den Baldachin des Himmelbettes. Der Stoff war durchsichtig und luftig. Stickereien ließen die seidigen Vorhänge in der Mittagsonne glitzern. Der Wind spielte mit ihnen und ließen sie leichte Wellen schlagen, welche zu und ab nahmen. Ein schönes Schauspiel.
Irgendwie erinnerte es mich an meine Zeit als Kind. Als ich noch mit meinen Eltern auf dem Land gelebt habe, ehe ich in die Großstadt kam. Oft habe ich mit meiner Mutter im Bett gelegen, wenn die unerträgliche Hitze ihren Höhepunkt erreicht hatte. Sie hatte mir Geschichten erzählt oder wir haben unsere eigenen kleinen Märchen gesponnen. Dabei haben wir immer geträumt wie es wohl wäre wenn der Wind und weg trüge.
"Aaaah!"
Etwas feuchtes strich mir quer über das Gesicht, wodurch ich vor Schreck ein Schrei los ließ. Mein Oberkörper schnellte nach oben, wodurch ich beinahe aus dem Bett fiel. Keuchend schlug ich mir die Hand auf meine Brust und verkrallte die Finger in mein Oberteil. Als ich mein Kopf drehte erkannte ich einen Haufen Haare. Ich blinzelte einige male, bis mir bewusst wurde das vor mit Jeff saß, der mich hechelnd ansah.
Mein Herz trommelte wie wild gegen meiner Brust. Nur langsam entspannte ich wieder, wodurch mir erst bewusst wurde wie sehr ich meine Muskeln angespannt hatte. Ein Schmunzeln legte sich auf meine Lippen, während ich den Bobtail durch die wilde Mähne kraulte. Den guten hatte ich seit den Tag meiner Ankunft nicht mehr gesehen, was mich doch ein wenig wunderte. Es war ja nicht so als könne man ihn leicht übersehen.
"Na, mein Großer, wie bist du den hier herein gekommen?"
Ich sah zu wie Jeff sich legte und sein Kopf auf den Pfoten ruhte, während ich im die Ohren kraulte. Ich war mir sicher gewesen die Tür hinter mir geschlossen zu haben, aber bei mir wusste man ja nie. Selbst in Deutschland, in meiner Wohnung, habe ich oft vergessen die Tür richtig zu schließen. Laura hatte mit in regelmäßigen Abständen gehörig ihre Meinung gegeigt. Ich sei ja ach so leichtsinnig und würdenicht gut genug auf mich acht geben.
"Du scheinst auch allein gelassen worden zu Sein, was? Sind wir ja schon zu zweit."
Ich vergrub mein Gesicht in sein weiches Fell und schloss die Augen. Meine Gedanken schwirrten um Laura und meinen zu hause und langsam spürte ich Heimweh.
Ich war nie jemand gewesen der sich leicht unterkriegen ließ. Aber ich fühlte mich ein wenig allein. Ich hatte die Zwillinge und Mario. Aber auch sie mussten arbeiten. Außerdem ging mir die Feindseligkeit von Selena auf die Nieren. Ich hatte dieser Frau nicht das geringste getan und dennoch hackte sie immer wieder auf mich ein.
Erst gestern Abend wieder, als ich mich mit Meluna und Tangella getroffen habe, da stellte sie mir ein Bein, so da sich fast gefallen wäre. Der Hammer war jedoch als sie lachend meinte ich solle meinen Hintern aus dem Anwesen bewegen. Sie hat es zwar nicht so freundlich ausgedrückt, aber Höflichkeiten schienen nicht in ihren Wortschatz dabei zu sein. Bisher hatte ich noch nichts von ihren guten Manieren gesehen.
Und den Hausherrn? Tja, dem Lord bin ich noch immer nicht begegnet. Ich hatte den Eindruck das er nicht darauf erpicht war mich kennen zu lernen. Schon ein wenig merkwürdig. Ich hätte mich versichert das ich auch die richtige für den Job bin. Ob ihm egal war was wirklich mit den Bildern geschah?
Seufzend löste ich mich von Jeff, der mich keines Blickes würdigte und weiter vor sich hin döste. Ich für mein Teil brauchte jetzt einen Spaziergang, bevor ich mir die anderen Gemälde ansehen würde.

Erneut legte ich meinen Kopf schief, versuchte Einzelheiten zu erkennen. Doch egal wie ich das Bild drehte oder meinen kopf verrengte, ich konnte nichts erkennen. Das Bild, welches ich seit einiger Zeit betrachtete, war aus wilkürlichen Mustern zusammen gesetzt. Keinerlei Strucktur war erkennbar, geschweigeden ein Gegenstand, eine Person oder so etwas. Nichts! Ich konnte rein gar nichts erkennen. Das Bild sah aus als hätte jemand einen Pinsel ergriffen und mit verschiedenen Farmen irgenwelche Formen gemalt. Zum Teil konnte ich sogar Schemen von Buchstaben oder Zahlen erkennen. Doch wenn ich versuchte ein Blick auf sie zu erhaschen war es so, als hätte ich mich verguckt.
Grummelnd lehnt eich mich an die steinerne Wand des Kellergewölbes und verschrenkte meine Arme vor der Brust.
Der Keller war staubig und die Wände mit Spiennweben oder Feuchten Dreck bedeckt. Mein Pullover tat mich dabei nicht leid, der konnte ja gewaschen werden.
Meine Augen wanderte umher und versuchten in den Dämmerlicht der nackten Glühbirne zu erkennen. In unregelmäßigen abständen wurden die Birnen an der Decke befestigt und spendeten kaum genug Licht um weiter als zwei Meter zu sehen. Wie oft ich schon gestolpert war konnte ich nicht sagen, doch an meinen Händen hatte ich genug schürfwunden um zu wissen das ich mich oft genug an der Wand abfangen zu müssen.
Unzufrieden lief ich den gang weiter entlang und spielte mit den Schlüsselbund, den ich von Henry bekommen habe. Schon am Morgen hatte ich mit ihm abgemacht das ich mir die Bilder im Keller ansehen wollte. Daraufhin hatte er mich den Schlüssel gegeben, damit ich mir jederzeit ein Gemälde nach oben hohlen konnte.
Nachdem ich mich von Jeff und meinen bequemen Bett hatte losreißen können, hatte ich mich auf den Weg nach unten gemacht. Am Anfang der Tür konnte ich mich nicht entscheiden welche Richtung ich einschlagen wollte. Also hab ich es mit meiner Münze ausgelost. Irgenwie war ich mir dabei blöd vorgekommen. Welche erwachsene Frau schmiss noch eine Münze um die Richtung zu finden? Blöde Frage, einfache Antwort: Ich!
Kurzentschlossen hatte ich mich schließlich nach rechts gewannt. Einige der Türen hatte ich geöffnet, konnte aber nichts interesanntes entdecken. Die meisten waren mit Gerümpel vollgestelt oder waren einfach nur leer. Also war ich eine weile umher geierrt, bis ich über einige Bilder gestolpert war. Einige sahen aus wie von einem Kind gemalt, die anderen wie von einen Psychophaten. Einige Gemälde sahen so aus als währen sie über und über mit Blut besudelt gewesen. Bei anderen waren es schaurige Gestalten die einen hinterher sahen. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken.
Schlussendlich hatte ich den Raum erreicht, in dem ich nun stand und dieses verdammte Bild anstarrte. Die Farb wahl war angenehm und freundlich. Der Rahmen auf einfachen Holz, ich nahm an das es Kirsche war, und nur an den Rändern verziert.
Ich schloss meine Augen und stießmich von der Wand ab um weiter zu gehen. Ich wollte mir noch die nächsten zwei Räume ansehen, ehe mich mein Weg wieder nach oben führen würde. Es war bald sechs und ich wollte die anderen nicht mit dem Essen warten lassen. Ich schloss die Tür hinter mich und ging weiter. Mein Blick blieb dabei auf den Boden geheftet und merkte erst im letzten Moment das ich beinahe gegen eine Tür gelaufen wäre. Ich war so ingedanken vertieft das ich nicht auf meinen Weg geachtet hatte.
Neugierig riss ich die Tür auf, um zu sehen was mich diesmal erwarten würde.
Vor Schreck ließ ich einen erstickten Laut los ich stolperte über meine Füße, als ich mich apruppt umdrehen wollte. So landete ich einfach unsaft auf meinen Hintern.
Mir starrten zwei goldene Augen entgegen. Die Fratze war verzert und fletschte die spitzen Zähne. Krallen leuchteten in der Dunkelheit auf.
Mein Herz blieb stehen, bevor es doppelt so schnell weiter hämmerte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte ich das ungetüm vor mir an. Die Augen flackerte, ebenso wie das Licht der Lampe über mir. Ich musste zwei mal blinzeln, ehe ich erkannte was ich vor mir hatte. Ich atmete hörbar aus und schloss meine Augen.
Vor mir war ein riesiger Wolf, der mindestens doppelt so groß war wie ich. Die Leinwand war fast so hoch wie die Wand, die sich dahinter befand.
Mit zitternden Beinen erhob ich mich und sah mich noch einmal um, dann betrat ich den Raum.
"Ach du Schande. Wie genial."
Ich war bis zu dem Bild getreten, welches ich fälschlicherweise für eine Leinwand gehalten hatte. Meine Finger jedoch glitten über weichen Stoff. Die glatte überfläche reflecktierte das Licht. Die Augen bestanden aus Bernstein, welche in dern Stoff eingearbeitet wurde. Kleine Perlen, wie ich sie noch nie gesehen habe waren über all eingearbeitet. Deswegen hatten die Zehne, Krallen und das Fell geleuchtet, als das flackernde Licht auf ihnen traf.
Meine Augen nahmen jedes noch so kleinste Detail auf. Wenn der Wolf nicht so riesig gewesen wäre hätte ich geglaubt das dieses Tier eine Fotografie war. Was natürlich nicht möglich war. Und dennoch...
"Wer dich wohl gemacht hat?"
Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen. Der Wolf war schön. Das Fell war schwarz und war mit grauen strehnen durchzogen. Ein wenig erinnerte er mich an etwas das ich vor langer Zeit schon einmal gesehen hatte. Doch mit wollte einfach nicht einfallen wo und wann.
Während ich nachdachte strich ich über den kühlen Bernstein, der so glatt war das es sich fast wie Wasser anfühlte. So als würde ich die glatte Oberfläche eines gefüllten Glasses berühren. Fastzierniergend.
Wiederwillig löste ich meine Augen und sah auf meine Uhr. Erschrocken stellte ich dabei fest das ich länger in den Gewölben verbracht hatte als ich wollte. Fluchend lief ich durch die gänge und ließ die Kunstwerke hinte rmir. Meine Beine trugen mich durch den Gang, der mir nun länger vorkam als vorher.
Außer Atem kam ich so wenige Minuten später an der Kellertreppe an und versuchte verzweifelt Luft in meine Lungen zu saugen. Eine Hand hielt ich an meine Rippen gepresst. Seitenstiche waren wirklich tödlich. Ich sollte wohl in nächsterzeit mehr Sport treiben.

Nach Atem ringend blieb ich wieder einmal vor der Tür zum Speisesaal stehen. Es schien zur Gewohnheit zu werden das ich erschöpft zum Essen erschien. Meine Aufmachung war sicher auch nicht die angemessenste. Schlabberhose und ein Dreckigen Pullover. Wow, vermutlich sollte ich an meine Pünktlichkeit und den Manieren arbeiten. Ob mir das zum Verhängnis werden konnte?
Noch einmal tief einatmend öffnete ich die Tür und stutzte. Der Raum war vollkommend leer. Ein Blick auf meine Uhr zeigte mir das ich nicht zu früh war, im Gegenteil, ich war zu spät.
Meine Schritte führten mich durch den Saal, um den riesigen Tisch herum. Vor der Tür zur Küche blieb ich stehen und klopfte leise. Als nach einer Minute noch keine Antwort kam öffnete ich die Tür und schielte vorsichtig durch einen kleinen Spalt. Als ich nichts finden konnte öffnet ich die Tür weiter und spähte weiter hinein. Doch noch immer konnte ich Rosie nicht entdecken. Verwundert trat ich nun endgültig in die Küche. Weiße Kacheln und Arbeitsflächen aus Chrom begrüßten mich, doch die mollige Frau war nirgends zu sehen. Ich trat zum Kühlschrank und nahm mir eine Cola. Ich schaut ein verschiedenen Schränken, bis ich die Gläser gefunden hatte. Ich schenkte mir was ein und ließ mich schließlich rittlings auf einen Stuhl nieder. Ich kam mir vor als hätte ich etwas wichtiges vergessen, oder verpasst. Wenn meine Erinnerung mich nicht trugden sollte ich längst im Saal sitzen und seit einer geschlagenen halben Stunde etwas essen.
"Wo können die nur alle sein...", murmelte ich und sah mich noch einmal in der Küche um. Selbst jetzt fielmir nichts ungewöhnliches auf. Ich nippte an mein Glas und sah aus dem Fester, zu meiner linken. Die Küche war am vorderen Bereich des Hauses eingerichtet, wie ich nebenbei bemerkte. Keine der Wände war aus Glas und zeigte in den Garten. Ein wenig schade, für Rosie. Sie hätte es verdient beim kochen auf eine wunderschöne Landschaft zu blicken. ich konnte es mir auch nur einbilden, schließlich lebte sie ja schon länger hier. Sie konnte den Garten also jeder Zeit sehen. Wie lang ich auf den Stuhl saß und das leere Glas in meiner Hand anstarrte wusste ich nicht, doch ich zuckte heftig zusammen, als die Tür auf gerissen wurde, wobei mir beinahe das Glas aus der Hand fiel.
"Granni, ich glaub ich sterbe. Sag mir bitte....", die letzten Worte des jungen Mannes er starben als er mich einsam und allein am Tisch sitzen sah.
"Oh, Daphne. Ähm, dich hab ich hier nicht erwartet."
Verlegten kratzer sich sich am Kopf und grinste mich schüchtern an.
"Nun ja, ich hab auch nicht damit gerechnet hier zu sitzen."
Ich lächelte ihn beruhigend an und bot ihn mit einer Hand sich auf den Stuhl mir gegenüber zu setzen. Er kam der Aufforderung zögernd nach, sah mich dabei aber noch immer neugierig an. Ein Blick auf die Uhr über der Tür ließ ihn die Stirn runzeln.
"Gib es kein Abendessen? Außerdem müsste meine Großmutter längst hier sein."
Mir fiel die Besorgnis in seiner Stimme durchaus auf. Was ich dazu jedoch sagen sollte wusste ich nicht ganz. Zu sagen das sie wohl bald wieder da sein würde, oder gar das sie unterwegs sei kam mir nicht in den Sinn. Ich wusste nicht ob es stimmte oder was seine Großmutter sonst tat.
"Ist sie sonst immer um diese Zeit hier? Oder haben wir sie einfach nur verpasst? Die Zwillinge sind auch nicht da, geschweigeden Selena. Ich dachte schon ich sei die einzigste die etwas versäumt hat."
"Zu deiner Beruhigung, die Zwillinge lassen gern mal das Essen ausfallen. Meist sind sie dann irgendwo im Dorf unterwegs oder stellen sonst einen Unsinn an. Was Lady Selena angeht... Nun wie soll ich sagen, sie ist nun einmal so. Aber so weit ich mitbekommen habe ist sie heute in der Früh zu ihren Vater gefahren."
Er zuckte mit den Schultern und holte sich eine Cola, schenkte mir gleich mit nach.
„Also ist nicht wirklich jemand hier?“
„Nop, keiner außer den Angestellten und den Lord.“
Ein scheppern ließ Mario und mich zusammen fahren. Wie von der Tarantel gestochen sprang er auf und stürmte durch die Tür. So schnell wie er weg war hatte ich nicht die Möglichkeit zu reagieren. Kaum das mein armes Hirn realisierte das etwas zu Bruch gegangen war und Mario Geräusch folgte, sprang auch ich vom Stuhl auf und lief ihm hinterher. In der Tür blieb ich jedoch stehen und traute meinen Augen kaum.
Auf den Boden lag ein zerbrochenes Glas, die rote Flüssigkeit die sich darin befunden hatte breitete sich über den Teppich aus. Mario kniete auf den Boden, während Rosie ihm gegenüber stand und wie ein Rohrspatz schimpfte. Ihre Hände waren dabei in die Seiten ihrer Hüfte gestemmt, was die rundliche Frau einige Zentimeter wachsen ließ. Ihre Haare waren zerzaust und sahen noch schlimmer aus wie meine am Morgen.
„Warum musste sie auch unbedingt heute damit kommen! Nein, das Fräulein musste ja unbedingt dieses Zeug haben und nun ist sie nicht da!“
Ich wagte mich nicht mich bemerkbar zu machen. Irgendwie kam es mir so vor als wäre ein Gewitter in Rosies Gesicht zu sehen.
„Diese Frau macht mich verrückt! Sie kann doch nicht einfa...“
„Rosie, meine Liebe, wie ich es vermisst habe dich so schimpfen zu hören.“
Die raue, tiefe Stimme glitt über meine Haut und bescherte mir einen Schauer nach dem nächsten. Meine Augen wanderten nach rechts, zur Flügeltür, in der ein gewisser unglaublich sexy wirkender Typ stand und schmunzelnd zu Rosie sah. Der Ärger schien geradezu von ihrem Gesicht gewischt worden zu sein. Stadt Zorn stand nun Zuneigung und Liebe in ihren Zügen.
Mit einen sanften Lächeln breitete sie ihre Arme aus und Mr. Dunkel und Sexy schritt elegant zu ihr um sie zu umarmen. Seine Aufmerksamkeit, die vorher allein Rosie galt, widmete er nun mir.
„Miss Daphne, wie schön sie wieder zusehen.“
Die Haushälterin wirbelte herum, schien erst jetzt bemerkt zu haben das sie und ihr Enkel nicht allein gewesen waren. Die Überraschung wich schnell und sie lächelte mich freundlich an. Ich erwiderte es und sah dann zurück zu dem Mann mir gegenüber.
„Ich muss mich entschuldigen, dass ich Gestern so schnell verschwunden bin, aber die Arbeit wartet bekanntlich auf einen. Abgesehen davon war ich auch sonst sehr unhöflich.“
Ich runzelte die Stirn, versuchte zu verstehen was er meinte. Ich stand wohl wieder einmal auf den Schlauch. Daran das er anderweitig unhöflich zu mir war, konnte ich mich nicht erinnern.
Ein leises Lachen zog mich aus meinen Gedanken und brachte mich wieder in die Gegenwart zurück. Meine Güte, irgendwann würde ich sicher eine Nackenstarre kriegen, sollte ich weiter zu den Mann hinauf starren.
„Ich sehe, Sie verstehen nicht ganz.“
Oh, und wie ich nicht verstand. Der Herr lächelte mich an als wäre ich nicht ganz beisammen. Gut, dass war ich vielleicht auch nicht. Aber wer konnte mir das verdenken?
„Das einzige was einfiele wäre das Sie sich nicht vorgestellt haben. Aber wie sie sagten, sie hatten es sehr eilig.“
Wie in Zeitlupe konnte ich zusehen wie aus seinem Lächeln ein ausgewachsenes Grinsen wurde. Wow, hatte der weiße Zähne.
Dr. Best empfiehlt...
„Nun, ich wollte mich nicht zwischen Tür und Angel vorstellen. Das kam mir nicht sehr höflich vor.“
Ha, Mr Dunkel und Sexy hatte den Anstand ein wenig verlegen drein zu blicken. Nicht das ich es ihm all zu übel nahm, das er sich mir nicht vorgestellt hatte, aber nun machte er mich doch neugierig. Was war wohl der Grund für sein Verhalten war?
Neugierig legte ich mein Kopf ein wenig schief.
„Jetzt bin ich sehr gespannt.“
Als Antwort reichte er mir nur die Hand und führte mich zum Tisch, wo er mir einen Stuhl zurecht rückte und neben mir Platz nahm. Vorsichtig nahm er meine Hand wieder in die seine.
„Nun, Daphne, für mich arbeiten sie seit gestern. Mein Name ist Luar McAstor und ich bin erfreut sie hier zu haben. Ich hoffe, dass sie mir verzeihen, dass ich bis jetzt keine Zeit für sie fand.“
Als wäre ein Stromschlag durch meine Hand geflossen zog ich meine Hand zurück. Das Überraschte Gesicht das Lords ignorierte ich einfach, ebenso wie Rosie und Mario einen Blick tauschten. Wie von selbst legte sich ein Feixen auf meinen Lippen.
„Oh, da gibt es doch gar nichts zu verzeihen. Wer hätte gern zwischendurch erfahren das man in einen Lord hineingelaufen und ihn beinahe die Rippen gebrochen hätte.“
Durch die Stirn des Lords zogen sich tiefe Furchen, als er mich merkwürdig ansah. Ich konnte seinen Blick nicht deuten, aber er schien mir ein wenig verletzt zu sein.
„Es freut mich sie kennen zu lernen.“
Ich schloss meine Augen und neigte leicht meinen Kopf. Lord McAstor versteifte sich auf seinen Platz. Einen Moment blieb er noch sitzen, stand aber schließlich auf und blickte auf mich herab. In diesen Moment wurde mir so schlecht wie schon lange nicht mehr. Ich fühlte mich klein und unbedeutend. Nicht nur das Mr. Dunkel und Sexy ein Lord war und für mich so oder so unerreichbar, nein, er war auch noch verlobt mit einer Hexe.
Ich straffte meine Schultern und stand ebenfalls auf. Das Lächeln wich dabei nicht von meinen Lippen. Er starrte mich nur an. Keiner von uns beiden schien eine Ahnung zu haben was zu sagen war. Er war der erste der seine Fassung wieder erlangte.
„Nun, dann hoffe ich, dass ihnen ihr Zimmer gefällt und sie zufrieden sind?“
„Allerdings, vielen Dank. Es ist wunderschön, ebenso der Garten und der Raum, den sie mir zum Arbeiten zu Verfügung stellen.“
Er nickte und nahm meine Hand, hauchte einen leichten Kuss auf meinen Handrücken.
„Dann werden wir und bald wieder sehen, Miss Daphne. Wenn sie irgendetwas brauchen, zögern sie nicht und fragen einfach.“
Damit drehte er sich auf den Absatz um und verließ das Speisezimmer. Kaum das die Türen hinter ihm zugefallen waren gaben meine Beine nach und ich ließ mich wieder auf den Stuhl nieder.
Toll Daphne, du scheinst ja richtig Glück zu haben. Deine Art hat ihn sicher umgeworfen, beschwerte sie mein inneres Ich.
Stöhnend vergrub ich mein Gesicht in den Händen. Am liebsten würde ich mein Kopf gegen die nächste Steinmauer hauen, um diese Peinlichkeit zu vergessen.
Erst als sich eine Hand auf meine Schulter legte schreckte ich auf. Ich hatte nicht bemerkt das Mario sich neben mir niedergelassen hatte.
„Ich habe mich wie eine absolute Idiotin benommen.“, murmelte ich frustriert.
„Oh, er hat Sie nur überrascht, mein Kind. Wie hätten sie auch damit rechnen sollen? Er war nie sehr feinfühlig“
Rosie stellte eine Tasse mit wunderbar duftenden Tee auf den Tisch vor mir und ließ sich auf den Stuhl auf meiner anderen Seite nieder.
„Lord Luar ist manchmal ein Hitzkopf und er ist ein echtes Spielkind. Aber er ist immer freundlich und nimmt einen nichts lange übel. Er hatte mit ziemlich jeder Reaktion von ihnen gerechnet, nur nicht das sie auf Geschäftlicher Ebene anfangen zu reden. Er scheint Sie zu mögen.“
Ja, mögen war das richtige Wort. Ich mochte einen Kerl der Verlobt war und das nicht nur auf rein Platonische weise. Er hatte eine Anziehungskraft die einen praktisch den Boden unter den Füßen raubte. Und das er sich mir nicht vorgestellt hatte war nicht zum Vorteil gewesen.
Er sah gut aus, war groß, besaß die schönsten Augen der Welt und sein Mund war die Verführung pur. Ein Traum jeder Frau. Und er war natürlich ein Lord und würde bald ein Topmodel heiraten.
Jetzt gerade wünschte ich mir Laura her. Gern würde ich mich jetzt mit ihr auf meine Couch pflanzen und eine Leibesschnulze nach der anderen schauen. Über den ach so tollen Lord lästern und mich dann ausheulen? Da gefiel mir nach Ewigkeiten mal wieder ein Mann und der war vergeben.
Oh Gott, ich musste aufhören mich selbst zu bemitleiden!
Ich seufzte und trank ein Schluck von den Leckeren Tee, welchen Rosie mir vor die Nase gestellt hatte.
"Rose?"
Überrascht sah ich in die Tasse und schnupperte noch einmal. Tatsache, da war Rosenduft, aber auch noch etwas anderes.
"Rose und Fenchel. Beruhigt und entspannt."
Danken lächelte ich die ältere Dame an und nippte noch einmal ein mein Getränk. Ich war sonst nicht für Tee mit den Geruch für Blumen. Aber das hier war etwas ganz anderes. Wie unterschiedlich doch einfacher Beuteltee und einer wahren Blattmischung.
"Wow, der ist wirklich gut."
"Natürlich. Die Rosenblätter stammen aus dem eigenen Anbau, eben so wie der Fenchel."
Ich sog den Geruch tief ein. Unwillkürlich kam mir die Erinnerung von Laura hoch, wie sie in ihrer Küche saß und in einer ihrer Zeitschriften blätterte, dabei eine Tasse Tee in der Hand. Ein breites Grinsen auf ihren Gesicht weil sie den Klatsch über die Promies so amüsant findet.
Für mich war das ein gewohntes Bild. Wie oft war ich zu ihr gefahren und hab sie in ihrer Küche so aufgefunden?
Eine unendliche Traurigkeit machte sich in mir breit, als ich an Laura dachte. Wie sehr ich sie und ihre witzige Art vermisste. Jetzt gerade konnte ich meine beste Freundin gut gebrauchen. Leider war sie dutzende von Kilometern von mir entfernt.
"Nun lassen Sie den Kopf doch nicht so hängen, Daphne. Ich bin mir sicher das mit den jungen Lord und Ihnen wird sich schon wieder einrenken.
Ich schenkte Rosie ein tapferes Lächeln und nickte. An ihren Worten zweifelte ich jedoch.
Wie sollte das wieder gut werden?


Impressum

Texte: Abgesehen vom Cover gehört alles mir^^ Die Rechte der Idee, des Text und der Charas liegen allein bei mir.
Tag der Veröffentlichung: 30.09.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle meine Freunde und meine geliebten Leser!

Nächste Seite
Seite 1 /