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"Man muss sich gegenseitig helfen, das ist ein Naturgesetz."
Jean de La Fontaine


Leuchtende Funken hüpfen jauchzend auf den großen Flammen des Lagerfeuers hin und her. Das Knistern lässt die freudige Spannung erahnen, die die Flammenkinder spüren, während sie darauf warten endlich in das große Feuer aufgenommen zu werden, um ein Teil davon zu sein. Heute hier zu tanzen bis die Nacht vorbei ist, morgen an einem ganz anderen Ort die Welt in wohlige Atmosphäre zu hüllen.
Kichernd sieht der Holundergeist ihnen dabei zu, während sich die Abendlichtelfen den süßen Nektar der Kirschblüten schmecken lassen. In ihren hauchzarten Flügeln schimmert der Feuerschein wieder, der in ihren Augen wie ein Funkenregen wirkt.
In den hohlen Baumstamm neben dem Holunderbusch kriecht gerade ächzend ein Kobold hinein, um sich an den dort lebenden Insekten zu laben, als schrille Geräusche die Luft erfüllen.
Einige der Funkenkinder werden vor Schreck glutrot, sodass die Flammenmütter gezwungen sind, sie tief mit ins Feuer hinein zu nehmen, um sie zu verbergen.
Der Holundergeist fällt fast von seinem Ast und die Abendlichtelfen stoben aufgeregt auseinander und in die Nacht hinein.
Laut gellt ein "Happy Birthday" an ihre Ohren, das so gar nichts mit Musik zu tun hat. Da hat wohl der umtriebene Alkoholgeist seine Finger im Spiel.
Während sich der hungrige Kobold mit dem Bauch über dem Baumloch hängend mit schmerzverzerrtem Gesicht die Ohren zuhält und mit den Beinen strampelt, erhebt sich plötzlich ein Schatten hinter dem Ginster. Lautlos schleicht er durch die Nacht, direkt auf den furchtbaren Gesang zu. Ein Wispern geht durch die Reihen der Büsche. Niemand hatte den Neuankömmling bisher bemerkt.
Mit neugierigen Blicken verfolgten die Morgentaufeen, Wiesengnome und Baumweisen, wie der Schatten um die freudig falsch singende Menschtraube herumläuft, sich ein saftiges Steak vom Fleischteller klaut, zwei Brötchen stibitzt und ein bisschen Obst irgendwo in seinem Schattenwesen verstaut. Gleich darauf verschwindet er wieder hinter dem Ginsterbusch.
Ängstlich sieht der Ginstergeist den Schatten an.
"Danke, dass ich mich bei dir verstecken darf!", ertönt da plötzlich eine leise Stimme. Der Ginstergeist sieht vorsichtig nach links und rechts. Hatte man gerade mit ihm gesprochen?
"Ich lasse dir etwas übrig und lege es unter deine Zweige!" Ja, die Stimme sprach tatsächlich mit dem Ginsterbusch. Unmöglich, dass er weiß, dass dort ein Ginstergeist lebt.
Schmatzende Laute erfüllen die Luft, das schon bald von einem zufriedenen Seufzen abgelöst wird. Dann raschelt es leise in den unteren Zweigen und eine Hand schiebt sich bis an den Stamm heran. In der Hand hält sie drei wunderschön purpurfarbene pralle Weintrauben.
"Das sind die schönsten von denen, die ich erwischt habe!", flüstert die Stimme, die zu der Hand gehört, bevor sich der Schatten erhebt.
Der Ginstergeist bekommt leuchtende Augen und das Wasser läuft ihm im Mund zusammen. Die Trauben sind wirklich für mich, denkt er und lässt sich langsam an den Zweigen hinunter.
Da schwirren auch schon ein paar Abendlichtelfen heran. Mit ihrem Flügelschlag versetzen sie die Luft in Schwingung und lassen das Blattwerk des Busches leise rauschen.
"Was war das denn?", will da auch schon die Oberelfe wissen. Gerade erst berühren ihre Füße den Boden.
Der Ginstergeist sieht die Elfe an. "Ich weiß auch nicht. Der Schatten hat mit mir gesprochen und mir anschließend ein paar dieser herrlichen Trauben dagelassen, als Dankeschön dafür, dass er sich bei mir verstecken durfte!"
"Oooooh!", hallt es durch die Reihen der Abendlichtelfen.
"Willst du damit sagen, wir wurden entdeckt?" Mit großen Augen sieht sich die Oberelfe um.
"Ich will damit gar nichts sagen!" Der Ginstergeist verschränkt die Arme vor der Brust. "Der Schatten war einfach freundlich zu mir. Herrje, was habt ihr denn daran auszusetzen?"
"Ja, verstehst du denn nicht? Der Schatten hat dich gesehen!" Die kleinen Arme der Elfe wirbeln theatralisch durch die Luft.
"Na und? Trotzdem hat er mich nicht gefressen, sondern mir sogar etwas geschenkt.. Aus Dankbarkeit. Das kann wohl kaum negativ sein!" Trotzig reckt der Geist das Kinn vor. "Wenn du mich nun entschuldigen würdest, ich möchte meine Trauben jetzt gerne genießen!" Flugs sammelt der Ginstergeist seine drei Trauben ein, die ganz schön schwer sind und viel zu groß für seine kleinen Arme. Unter äußerster Anstrengung gelingt es ihm aber, sie ein paar Schritte zu tragen. Dann beißt er herzhaft in eine der Trauben hinein und kümmert sich nicht weiter um die hysterische Abendlichtelfe.
"Wir müssen den Schatten finden!", zischt die Oberelfe einer ihrer Untergebenen zu. "Los, wir gehen in den Streuflug!"
Gesagt, getan. Einen Moment später erheben sich die Abendlichtelfen in den Himmel. Im Abstand von drei Armlängen fliegen sie nebeneinander her und suchen den Boden ab. Das Mondlicht macht die Suche einfacher. Hell leuchtet es am Himmel und vertreibt so die Schwärze der Nacht. Dabei wird es von den Sternen unterstützt, die ebenfalls nach Kräften funkeln. Gespannt verfolgen sie das Schauspiel, dass sich ihnen heute Nacht auf der Erde bietet.
"Hier drüben!", ruft plötzlich eine der Elfen und die anderen gehen sofort in den Sammeflug über.
Da werden sie auch schon entdeckt. Von unten winkt ihnen der Schatten entgegen. Er hüpft auf der Wiese auf und ab und ruft unentwegt "Hallo!" zu ihnen herauf.
"Stop!", hallt die energische Stimme der Oberelfe durch die Luft. "Traubenflug!", erklingt es gleich danach. Sofort formieren sich die Elfen neu. Erst dann gehen sie in den Sinkflug. Dabei tuscheln sie aufgeregt miteinander. Ob die Oberelfe auch wirklich weiß, was sie da tut?
Der Schatten, der bemerkt zu haben scheint, dass die Elfen ihn gesehen haben, sitzt mittlerweile im Schneidersitz auf der von Blumen übersäten Wiese und wartet.
Mit leuchtenden Augen sieht er auf die Flügel der Abendlichtelfen, die im Mondlicht schillern und langsam in seine Richtung vom Himmel herabsinken. Dabei bewegt er sich keinen Millimeter. Nur seine Lippen formen sich zu einem Lächeln, während die Elfentraube auf ihn zukommt.
Dann landet die Oberelfe auf der Blüte einer Margerite, die vor dem Schatten blüht. Seltsamerweise hat sie überhaupt keine Angst vor dem Schatten, der um so vieles größer ist als sie selbst. Seine grüne Aura zeigt ihr, dass er sehr naturverbunden ist und keinem Tier ein Leid tun kann. Der Blick des Schattens ist aufmerksam und gespannt wartet er ab, was die kleine Elfe vor ihm wohl als nächstes tut.
Sie stellt sich ganz an den Rand der Blüte und sieht sich ein paar Mal unsicher um.
"Hallo Schatten!", spricht sie ihn dann vorsichtig an.
"Schatten?", lacht dieser schallend und wirft den Kopf in den Nacken. Das scheucht die Elfen auf. Schnelle Bewegungen können nichts Gutes bedeuten. Hektisches Flügelschimmerflirren erfüllt jetzt die Luft. Der Schatten hört sofort auf zu lachen.
"Entschuldigt bitte!", sagt der Schatten plötzlich ganz ruhig, als er die Reaktion der Elfen bemerkt. "Ich wollte euch nicht erschrecken. Mein Name ist Sebastian, nicht Schatten!" Schatten... Was für eine seltsame Idee.
Die Oberelfe, die sich ganz in die Blüte verkrochen hatte, kommt mit langsamen Schritten wieder daraus hervor. Mit großen Augen sieht sie ihn an.
"Hallo Sebastian. Ich bin Nalero. Das steht für "Nachtleuchten aus dem Stamm der roten Abendlichtelfen." Ihre Stimme zittert ein wenig, während sie versucht so selbstbewusst wie möglich auszusehen.
"Nalero! Das ist aber ein schöner Name!", antwortet Sebastian und rutscht vorsichtig ein Stück näher an die Blume heran. Damit scheint der Knoten geplatzt zu sein. Nalero fängt von innen heraus an zu strahlen, als er ihr dieses Kompliment macht. Sebastian wartet still ab, was als nächstes passiert. Ungern möchte er die kleinen Elfen noch einmal aufschrecken. "Hast du Tinctoria, dem Geist des Färber-Ginsters, wirklich ein Geschenk gemacht?" Langsam lässt sich Nalero auf der Blüte nieder und baumelt mit den Beinen in der Luft.
Sebastian atmet auf. Eine mit den Beinen baumelnde Elfe auf einer Margerite, ist wohl nicht in Fluchtstellung.
"Ja, das habe ich. Schließlich hat er mir als Versteck gedient. Da gehört sich das!", meint Sebastian dann und zuckt mit den Schultern.
"Woher weißt du, dass in einem Ginster ein Geist lebt und wieso kannst du uns sehen?", kommt gleich die nächste Frage hinterher. Ein Wispern geht durch die Reihen der Elfen.
"Meine Mutter hat gesagt, es ist ein Geschenk des Himmels, mein Vater, es sei eine besondere Gabe, aber die meisten, die davon wissen, sagen, es ist Hexerei und verfolgen mich!" Sebastian senkt den Blick zu Boden. Dann jedoch reißt er sich zusammen und fängt einfach an zu erzählen. "Mein erster Naturkontakt in meinem Leben war ein Wiesengnom. Er hat mich später mit einem Geist eines Schmetterlingsblütlers bekannt gemacht. Seitdem weiß ich, dass ein Ginster einen kleinen Bewohner hat, der Früchte mag! Aber nur solche, die nichts mit Hülsenfrüchten zu tun haben, schließlich haben sie davon selbst genug!" Grinsend sieht er Nalero an. Die macht ihren Mitelfen ein Zeichen, sich auf den anderen Blüten niederzulassen, um Sebastian ebenfalls zu lauschen.
"Einmal hat mich sogar ein Ginstergeist gerettet. Europaeus hieß er. Er war der Geist eines Stechginsters, dessen Früchte giftig waren. Aber das wusste ich natürlich nicht. Er hat mir forsch mit seinem Gehstock in den Finger gepiekst, konnte er doch nicht ahnen, dass er mir einfach hätte Bescheid sagen können!"
Dieses Mal ist es an den Elfen laut zu lachen. Kennen sie doch einige der meist griesgrämigen Stechginstergeister selbst ganz genau.
"Aber auch mit Baumweisen habe ich mich schon unterhalten. Von ihnen weiß ich von der Existenz der Elfen, Feen und Kobolde, die unsere Welt bevölkern. Ihr seid allerdings die ersten Elfen, die ich persönlich kennenlerne!", schließt er.
"Erzähl uns noch mehr über die Wesen, die du kennst!", schallt es da von irgendwo links. Sebastian lächelt amüsiert.
"Die wohl bisher netteste Begegnung mit einem Wesen, das für andere unsichtbar ist, war die mit einem Wichtel. Er verfolgte mich eine ganze Zeit und ich hatte keine Ahnung, welche Art von Wesen mir da auf den Fernsen war. Ich hatte manchmal richtig Angst. Ständig hörte ich es hinter mir knacken und seufzen. Erst als ich eine rote Zipfelmütze durch ein Kornfeld hinter mir herlaufen sah, wusste ich, dass das, was mich da verfolgte, nicht bösartig sein konnte. Er war es wirklich nicht!"
Nalero kichert hinter vorgehaltener Hand. Angst vor einem Wichtel. Den gutmütigsten Geschöpfen die es überhaupt gibt.
"Wieso hat er dich verfolgt?" Eine kleine Elfe erhebt sich von ihrer Blüte und kommt auf Sebastian zu. Schnell lässt sie sich auf seinem linken Bein nieder und sieht ihn erwartungsvoll an.
"Er wollte ein Abenteuer erleben, hatte schon von mir gehört und wusste, dass ich ihn sehen können würde. Weil ich nicht sonderlich klein bin, jedenfalls nicht, wenn man mich mit einem Wichtel vergleicht, hielt er mich für stark genug, um ihn zu beschützen und wollte sich mir deshalb anschließen!"
Die kleine Elfe rutscht unruhig auf seinem Schoß hin und her. "Und wo ist der Wichtel jetzt?"
Sebastian muss schon wieder lachen. Als wenn er einen Wichtel mit sich nehmen würde.
"Wisst ihr, der kleine Zipfelmützenmann war eigentlich noch ein kleiner Zipfelmützenjunge. Ich habe ihm gesagt, wie furchtbar es ist, wenn man keine Familie hat und dass er schnell nach Hause laufen sollte um das Glück das we hat nicht für einen solchen Unsinn zu riskieren. Alle würden traurig sein und sich vor Kummer nach ihm verzehren, wenn er einfach weglaufen würde."
"Und da ist er umgekehrt?" Ungläubig erhebt sich die kleine Elfe und schwirrt vor Sebastians Augen herum.
"Vorher hat er mir ein bisschen Glück geschenkt, von dem ich bis dahin keines hatte!" Aufmerksam sieht er die kleine Elfe an.
"Weißt du, kleine Elfe...!"
"Nilia!", ruft sie dazwischen und setzt sich flugs neben ihre große Schwester Nalero auf die Margerite.
"Weißt du, Nilia!", schmunzelt Sebastian. "Es ist gut so, dass er nach Hause gegangen ist. Manchmal ist es nicht ganz ungefährlich, wenn ich hier draußen herumlaufe!"
"Wieso nicht? Wann war es denn mal gefährlich?" Jetzt sieht ihn Nalero neugierig an.
"Vor nicht allzu langer Zeit, habe ich meine erste Begegnung mit einem Boggart gehabt!", Überall um Sebastian herum ertönen laute "Ooooh"s und "Oh nein"-Rufe. Einige Elfen schlagen sich entsetzt die Hände vors Gesicht. "Eigentlich wollte ich mir nur ein Stück Schinken und einen Becher Milch bei Bauer Heinrich stibitzen, als er plötzlich hinter mir stand und einen irrsinnigen Lärm veranstaltete! Außerdem ließ er auf der Stelle die Milch in meinem Becher und meinem Mund sauer werden."
Sebastian kann nicht viele der kleinen Gesichter im Mondlicht erkennen. Aber dass sie alle gespannt zuhören, das merkt er ganz genau.
"Ich wusste genau - einen beleidigten Hausgeist, der gerne Menschen ärgert, dazu zu bringen, mich nicht zu verraten, das war unmöglich!"
"Wieso war er denn beleidigt?", hakte eine kleine silberne, im Mondlicht leuchtende Elfe atemlos nach.
"Das hat er mir nicht verraten. Allerdings war es mir auch ziemlich egal. Ich sah zu, dass ich die Beine in die Hände nahm und schnurstracks vom Hof des Bauern verschwand! Dabei warf mir der Boggart Eier und was ihm sonst so in die Hände fiel hinterher. Ein Wunder und wahrscheinlich eine große Portion Wichtelglück, dass der Bauer mich nicht entdeckt hat. Sonst wäre das Ganze wohl nicht so glimpflich ausgegangen. Schutz suchte ich bei einer sehr alten Trauerweide, die an einem Teich unweit des Hofes lag. Sie versteckte mich zwischen ihren Zweigen, bis ich keine Angst mehr zu haben brauchte, dass der Boggart oder gar der Bauer mir folgte. Sie heißt Salix und ist eine ganz besonders nette Baumweise! Als Dankeschön bringe ich ihr hin und wieder ein paar Geschichten aus der umliegenden Landschaft mit."
"Bedankst du dich jedes Mal, wenn ein Busch oder Baum etwas für dich tut?", will eine kleine Elfe wissen, die sich neben Nalero niedergelassen hat.
"Oh ja, das tue ich. Schließlich bin ich von ihnen abhängig. Wenn sie mir etwas von sich schenken, wie zum Beispiel ein paar Haselnüsse oder einen Apfel, dann sollen sie das nicht einfach so tun!", erklärt er ihr und schüttelt dabei den Kopf. "Ganz besonders bedanke ich mich bei den Quellgeistern, die mir immer frisches Trinkwasser zur Verfügung stellen!"
"Was bedeutet das, du bist von ihnen abhängig?" Nalero kann Sebastian nicht ganz folgen und runzelt die Stirn.
"Ich habe keine Eltern und kein Zuhause mehr!", sagt er schlicht.
"Die Menschen, die sich meine Verwandten nennen, wollen mit einem Hexenjungen nichts zu tun haben. Andere wollen meine Fähigkeiten ausnutzen. Das alles liegt mir nicht. Also lebe ich zwischen Wald und Feld und versuche so über die Runden zu kommen. Da bleibt es nicht aus, dass ich mich an der Natur bedienen muss, die so reichlich mit Nahrung ausgestattet ist!" Sebastian lässt die Schultern hängen. Er spricht nicht gerne darüber wie einsam er ist, nur weil er anders ist, als sein Umfeld.Nalero merkt sofort, dass Sebastian das Gespräch über dieses "Hexending" traurig macht. Sie möchte ihn gerne aufmuntern. Etwas für ihn tun. Da kommt ihr eine Idee. Eine so wundervolle Idee, dass es sie nicht länger in ihrer Sitzposition hält.
"Für deine Offenheit und die Art, wie du mit den Wesen des Waldes, der Wiesen und Felder, den Naturgeistern umgehst, möchte ich dir ebenfalls ein Geschenk machen!" Nalero sieht Sebastian an. Sie hat ihn schon nach diesen wenigen Sätzen in ihr Herz geschlossen.
Sebastian ist ganz verblüfft. Jemand will ihm ein Geschenk machen? Er muss sich verhört haben.
"Ein- ein Geschenk?" Ungläubig sieht er Nalero an.
"Ja, ich schenke dir unserer aller Freundschaft. Wo auch immer du sein magst, sollen dir die Abendlichtelfen zur Seite stehen, wenn es dir an etwas fehlt. Du bist ein Freund der Natur. Der wahrscheinlich besonderste Freund, den sie je haben wird. Du hast uns deine Geschichte geschenkt und das Wissen darüber, dass du kein Ausbeuter bist und uns verstehst. So etwas verdient eine Belohnung!" Ein Rauschen und aufbrandender Jubel erfüllt die Luft, als die Abendlichtelfen sich in den Himmel erheben. Sie fliegen um seinen Kopf herum und klatschen wie wild in die Hände. Jede Elfe möchte sich ihm am liebsten gleich persönlich vorstellen.
Sebastian kann es gar nicht fassen. Noch nie in seinem Leben wurde ihm die Freundschaft geschenkt. Ja, Wegbegleiter gab es hin und wieder. Doch etwas so wundervolles wie Freundschaft kennt er nur vom Hörensagen.
"Ist das euer Ernst? Ich danke euch vielmals. Ich habe noch nie wirkliche Freunde gehabt!" Tränen treten in seine Augen, als er in die Runde blickt. Die Abendlichtelfen fassen sich an den Händen und tanzen fröhlich, eifrig mit den Schillerflügeln schlagend in der Luft um ihn herum. Dieser Tag ist etwas ganz besonderes.

Unter den Naturgeistern, Elfen, Feen, Trollen, Gnomen, Kobolden und sonstigen Wesen, die dem menschlichen Auge sonst verborgen bleiben, verbreitet sich die Geschichte des Jungen Sebastian und der Freundschaft zu den Abendlichelfen schnell. Wohin er nun auch kommt wird er mit offenen Armen empfangen. Überall möchte man sein Freund sein. Sebastian selbst ist überglücklich und als er sehr viel später an einem weit von seiner Heimat entfernten Ort ein neues Leben unter den Menschen beginnt, bei dem er von seinen Freunden unterstützt wird, erzählt er die Geschichte eines jungen Mannes, der mit der Natur Freundschaft geschlossen hat, jedem der sie hören will. So hat dieser Mann, von dem er spricht, bald nicht nur Freunde, die niemand sieht, sondern auch Menschenfreunde, die die Geschichte weitertragen. Überall wird sie erzählt. In China, Argentinien, Deutschland, Amerika ja sogar in Ägypten und in den vielen verstreuten Stämmen Afrikas. Nicht zu vergessen sind die Eskimos, die die Geschichte des nachts von den Eisgeistern erzählt bekommen. Und überall wo man diese Geschichte kennt, wird am 30. Juli eines jeden Jahres das Glas gehoben und der Freundschaft ein Toast ausgebracht. Schwarz neben weiß, Chinesen neben Brasilianern.

Impressum

Texte: Iris Deitermann
Bildmaterialien: Alle Rechte bei mir
Tag der Veröffentlichung: 09.04.2012

Alle Rechte vorbehalten

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