Prolog
Er steht vor mir. Er atmet nicht. Aber er ist. Panik steigt in mir auf. Er hat mich gefunden. Auch wenn ich keine Chancen habe, kampflos gebe ich nicht auf. Langsam finden meine Augen sein Gesicht. Was ich jetzt sehe übertrifft all meine Erwartungen. Ich balle die Faust. Ich hätte es erwarten müssen. Er ist wunderschön. Seine glatten schwarzen Haare stehen im perfekten Gegengewicht zu seinen markelosen, ausgefüllten Lippen. Sein Gesicht- schmal, aber trotzdem wirkt es nicht mager. Dieser Wille, zu ihm zu gehen und ihn zu berühren. Seine wunderschoenen, grünen Augen näher zu betrachten... Allein das macht mich zu einem Sklaven seiner Identitaet Prüfend sieht er mich an Immer schwerer ist es, ihm nicht zu nahe zu kommen. Immer schwaecher ist mein Widerstand. Wieso sollte er nicht schwächer werden? Widerstand ist menschlich. Normal. Aber dieses Wesen ist nichts von beidem. Ich weiss wie grausam er ist, kenne seine Absicht, doch ein uralter menschlicher Trieb, veranlasst mich, wider Willen hier zu bleiben, nicht zu fliehen. Jetzt weiss ich, dass keiner der letzten paar Menschen gelogen hat- kein Mensch ist gewappnet diesen Wesen zu widerstehen. Er ist so wunderschön. Tausendmal schöner als unsere Spezies, aber ihr doch so Ähnlich. Das macht es nur noch schlimmer zu wissen, dass diese Aliens nicht gekommen sind um Frieden mit uns Menschen zu schliessen.
Immer stärker spüre ich es. Immer weiter dringt sein Gift in mich ein. Lähmt mich. Langsam und grausam. Ich kann bald nicht mehr. Die Rettung ist weit weg und ich weiss, dass ich sterben muss. Aber wir Menschen haben uns mit der Tatsache Tod doch noch nie leicht abgefunden, oder?! Ausserdem ist der Tod viel zu endgültig um lange darüber nachzudenken. Dreissig Jahre habe ich gelebt. Das reicht eigentlich. Es ist schaurig, wiesehr ich mich schon damit abgefunden habe zu sterben. Ich sehe mich schon Tod am Boden liegen. Doch eine Sache macht mir einen Strich durch die Rechnung. Immer wieder muss ich daran denken, dass wenn mein Körper stirbt, nicht nur ich sterben muss, sondern auch mein Kind. In meinem Bauch. Das einzige Wesen, für das ich alles aufgeben würde. Allein deswegen, weil es ein Mensch ist. Ich kann seinen Herzschlag spüren. Es darf nicht zu einem von ihnen werden. Es gibt schon zu viele. Acht Monate habe ich es in mir gehütet, und nun soll das alles für Immer zerstört werden? Ich schaue ihm in die Augen. Der Hass zu ihm wird unmöglicherweise noch größer, als ich sehe wie er mich ansieht. Als würde er irgendein rohes Stück Fleisch prüfen und sehen ob es seinen Ansprüchen genügt. Als er sich dann aufrichtet, seinen Mund zu einem wunderschönen, unwiderstehlichen, bösen Lächeln verzieht, weiß ich, dass er sein Urteil gefällt hat. Er will mich. Jetzt. Nun erst spüre ich meine Angst. Ich habe immer versucht sie zu verdrängen, aber jetzt kommt alles hoch. Sie haben uns umgebracht. Fast allesamt umgebracht. Zeigen keine Gnade. Langsam bringen sie uns um. Schmerzhaft. Vielleicht können wir Menschen noch lange genug überleben um herauszufinden wieso sie das tun. Das ist doch krank, sage ich mir immer wieder. KRANK! Niemand, menschlicher könnte so viele Morde, so grausam begehen... Wieso können sie es? Das widerspricht doch der Natur! Ja- jagen und Nahrung ist normal, aber Massenmord und Völkerausrottung? Das kann doch kein Gott zulassen!!! Ich spüre einen kleinen Schlag. Er holt mich zurück in die Wirklichkeit. Es war mein Kind. Es fühlt sich fast so an, als würde es wollen, dass ich weiter aufpasse. Als würde es wollen, dass ich überlebe. Absurder Gedanke. Ich kann sein Gift nun sogar schon riechen. Jetzt hat es endgültig meinen Blutkreislauf erreicht. Ich spüre wie sich das Gift stetig in meinem Koerper ausbreitet. Manchmal langsamer, manchmal schneller. Er kommt auf mich zu. Mein Herz will schlagen. Aufgeregt schlagen, aber sein Gift lässt es ruhig weiter pumpen. Er hat mich erreicht. Ich spüre meine Füße nicht mehr. Nun hat er es geschafft, ich kann mich nicht mehr bewegen. Jetzt bin ich leichte Beute. Er legt mich zu Boden. Jede Zelle in mir wehrt sich, doch seine Schönheit ist stärker. Es fühlt sich so furchtbar falsch an, mich nicht zu ergeben. Alles dreht sich, wenn er anfängt mich zu küssen. Seine Berührung brennt. Das Gift zersetzt meine Haut. Ich schmecke Blut. Blut vermischt mit seinem unwiderstehlichen Atem. Die Säure auf seiner Zunge, zersetzt meine Zähne und als sie sich lösen, brennt das wie tausend Messerstiche. Ich bin ein hoffnungsloser Fall, doch trotzdem wringt alles in mir nach Leben. Mein Wille zu Überleben ist stark, aber er ist stärker. Ich will dennoch nicht, dass er aufhört. Es ist ein primitiver Instinkt, der nach mehr verlangt. Nun fährt er mit seiner Zunge meinen Bauch entlang. Sie ist messerscharf und hinterlässt tiefe, blutende Wunden. Ich glaube, meine Leber ist frei an der Luft. Es sticht fürchterlich, und mir rinnen blutige Tränen über mein Gesicht. Doch ich will nicht, dass er aufhört. Dann setzt er wieder zum Kuss an. Und er küsst mich. Alles brennt, doch mich Überwältigt eine undurchdringliche Leidenschaft und ich kann nicht aufhören. Der Schmerz dringt immer tiefer in alle Gefäße meines Körpers ein. Es könnte jetzt so aussehen, als würde ich wollen, dass er mich umbringt- vielleicht ist es auch so, denn ich lege meine Beine um seine Leiste und küsse ihn zurück. Das Gift hat nun mein Herz erreicht. Ich will schreien, doch mein Mund ist gelähmt. Er krallt meine Haare und reißt so fest daran, dass sie ausreissen. Dieser Schmerzs¦ Immer weniger Kraft besitze ich um zu denken, schaffe es nur noch, wieso?, wieso? in mich hineinzuschreien. Und immer mehr spüre ich wiesehr er das Leben aus mir aussaugt... und in letzter Sekunde erringt mich das Gefühl von Erkenntnis.
Tag der Veröffentlichung: 03.11.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
An meine Beste Freundin.
Alle Rechte dieses Textest liegen bei mir.