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Sie spielten Wasserball und er war ganz eindeutig der Star der Show.
Verträumt blickte ich aufs Meer hinaus, die Augen hinter einer dunklen Sonnenbrille versteckt. Dank meiner Sonnenbrille, so hoffte ich jedenfalls, würde man nicht erkennen, was meine Aufmerksamkeit anzog.
Oder viel eher, wer sie anzog.
Das Wasser funkelte silbern in der Sommersonne, das Geräusch träger Wellen schwappte an mein Ohr. Es war nahezu windstill, die Sonne entfaltete ungehemmt ihre ganze Kraft.
Nach Sizilien zu fahren war die richtige Entscheidung gewesen, trotz allem. Kurz hörte ich Katrins Stimme in meinem Kopf widerhallen: „Du willst nach Italien fahren? Ohne mich?“
Katrin hatte sich dies ebenso wenig vorstellen können, wie Pizza ohne Teig.
Und dennoch- jetzt war ich hier.
Ein zufriedenes, triumphierendes Lächeln machte sich auf meinen Lippen breit. Ich genoss den Strand von Cefalù in vollen Zügen, genoss es, meine Ruhe zu haben und ich mochte es, aufs Meer zu schauen und…
Ich räusperte mich.
„Santino, Santino, hierher“, hörte ich einen der Spieler auf Italienisch rufen.
„Bravo, Santino, guter Pass!“
„Santino, fang ihn!“
So ging das schon den ganzen Nachmittag, genau wie in den Tagen zuvor. Santino war eindeutig der Star der Show. Er war aber auch ein guter Spieler, zugegeben. Doch das war es nicht, was mich an ihm faszinierte.
Santino schoss aus dem Wasser wie eine Fontäne um den Ball in schwindelerregender Höhe abzufangen. Während seine Mannschaft jubelte, profitierte ich von den kurzen Sekunden, um einmal mehr einen Blick auf diesen kräftigen, braun gestählten Körper werfen zu können. Jeder einzelne Muskel ein Bild für sich.
Bevor Santino wieder vom Wasser verschluckt wurde, sah er ganz plötzlich und unwillkürlich zum Strand hin. Mir verschlug es beinahe den Atem. Diese Augen, das Feuer, das darin funkelte. Selbst auf diese Distanz wärmte es mich. In seine wilden schwarzen Locken, die nun vom Wasser gezähmt worden waren, hatte ich mich schon am ersten Tag verliebt.
Ich kam mir plötzlich wieder vor wie ein Teenager. Sommergefühle, tanzende Hormone, Angst und Hoffnung zugleich.
Natürlich konnte ich nicht… Natürlich ging es nicht an, dass…
Ich meine, ich war schließlich mit Katrin zusammen. Aber was ich vor allem meinte: Ein Mann wie Santino hatte ein ganzes Heer von Fans, weiblichen Fans wohlverstanden. Sie kamen jeden Tag, setzten sich nur unweit von mir an den Strand, wenn sie nicht gerade außer Rand und Band auf- und ab hüpften und Santino in ihren farbenfrohen Bikinis anfeuerten und anhimmelten.
Mal ehrlich, wie konnte ich da mithalten?
Mal ganz abgesehen davon, dass ich keine weiblichen Reize vorzuweisen hatte, saß ich stumm und unscheinbar auf meinem Badetuch, in meiner alten, ausgeleierten Badehose und starrte scheinbar abwesend und verträumt aufs Meer hinaus. Einen Kerl wie mich nahm man nicht wahr, man ließ höchstens kurz seinen Blick darüber schweifen wie über einen Strandstuhl. Ein Hindernis, das man umgehen musste, mehr war ich nicht an diesem Strand, weder für die Mädchen noch für Santino. Schon gar nicht für Santino.
Jeden Nachmittag, nachdem das Spiel im Wasser zu Ende ging, stieg er aus den Fluten wie ein römischer Adonis und legte seinen Arm mal um diese, mal um jene Schönheit. Zusammen verschwanden sie dann und hinterließen nichts als den Nachklang ihres perlenden Lachens.
Und ein sanftes, wehmütiges Ziehen in meinen Lenden.
Ein Ziehen, das sich mit jedem Tag verstärkte, so sehr, dass es heute beinahe unangenehm wurde. Das süße Ziehen hatte sich in Schmerz verwandelt, schmerzliches Verlangen.
Ich wusste nicht, was ich tun sollte, um es abzukühlen. Schließlich entschied ich mich für einen Gang ins Wasser.
Darauf bedacht, die Wasserball-Spieler nicht zu stören, ging ich Schritt für Schritt in das windstille Wasser, das sich aus mir überhaupt nichts zu machen schien. Genauso wie alle anderen hier, dachte ich mit einem stummen Seufzen.
Dann tauchte ich.
Als ich wieder auftauchte, hörte ich ein Tosen an meinem Ohr und brauchte einen Moment um zu begreifen, dass es sich nicht um das Wasser handelte, das noch immer zu träge war, um sich zu rühren. Ich wandte den Kopf und sah, dass Santinos Mannschaft und seine Fangemeinschaft sichtlich erregt schienen und wilde Worte um sich warfen.
Ich runzelte die Augenbrauen, trat vorsichtig näher zu den Wasserball-Spielern, die nun alle wie ein Knäuel zusammenklebten. Aus den wenigen Wortfetzen, die ich verstand, erkannte ich, dass sich einer der Spieler verletzt haben musste. An dem Wirbel, der darum gemacht wurde, erwartete ich jeden Moment einen Krankenwagen. Doch stattdessen wurde der Verletzte, gestützt von zwei Kollegen, aus dem Wasser zu den Cheerleader-Nixen gebracht, in deren Mitte man ihn absetzte. Als sich zehn besorgte junge Frauen über ihn beugten, schien es dem Verletzten schlagartig fiel besser zu gehen.
Die Wasserball-Spieler wollten ihr Spiel gerade fortsetzen, als ein dunkles, raues „Hey“ erklang. Ich brauchte einige Moment, ehe mir bewusst wurde, dass es an mich gerichtet war. Dass es von niemand anderem als Santino stammte. Und dass er mich nun zu sich winkte.
„Hey, Blonder!“, komm doch mal her.
Ich dachte, meine Beine wären aus Blei, so steif wie ich durchs Wasser watete.
„Einer unserer Männer ist verletzt“, hörte ich meinen nächtlichen Traum in Person sprechen. Er sprach. Und zwar nicht mit irgendwem. Seine Worte waren an niemand anderen als an mich gerichtet. Mein Herz meldete sich so stark in meiner Brust, dass mir beinahe schwindlig wurde. Mir wurde abwechselnd so heiß und kalt vor Erregung, dass ich eine Weile brauchte, bis ich Santinos Frage verstand: „Willst du uns nicht aushelfen?“
Im ersten Moment glaubte ich, ich hätte im Lotto gewonnen. Ich konnte mein Glück nicht fassen. Doch sogleich fiel mein Übermut in sich zusammen wie Ballon ohne Luft und ich fühlte mich, als hätte ich eine Kröte verschluckt.
Ich? Wasserball spielen? Das hatte ich noch nie in meinem Leben getan! Ich würde mich blamieren, und zwar nicht nur vor Santino sondern vor dem ganzen Team.
Ich schüttelte den Kopf. Lieber passen, als mich zu blamieren. „Ich… kann nicht. Ich habe… keine Erfahrung…“, stammelte ich unbeholfen.
Santino lachte, ein lautes, volles Lachen, das die intime Stelle, die ich hatte abkühlen wollen, gleich wieder zum Leben erwachen ließ. Ich schluckte. Hoffentlich sah man das nicht. Hoffentlich bemerkte es Santino nicht.
Santino legte mir eine Hand auf die Schultern. Am Ort seiner Berührung brannte meine Haut wie Feuer. „Keine Sorge, Süßer. Fehlende Erfahrung ist kein Problem. Ich werde dich coachen. Und zwar persönlich“, versprach Santino und zwinkerte mir verschwörerisch zu.
Ich spürte, wie ich puterrot anlief.
Mein Herz trommelte in meiner Brust und ich glaubte, keine Luft mehr zu kriegen. Hör schon auf, Kay, befahl ich mir stumm. Er hat doch nur vom Wassersport gesprochen. Jede Zweideutigkeit war absolut unbeabsichtigt.
Ich wusste nicht, was ich mir in diesem Moment mehr wünschte: Dass ich mir die Zweideutigkeit nur eingebildet hatte oder dass mir Santino gerade eben ein Versprechen gemacht hatte, dass sich nicht nur auf Wassersport beschränkte.
Ich konnte nicht einschlafen.
Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, alleine nach Italien zu fahren, überlegte ich. Unruhig rutschte ich unter der Decke hin und her und schnappte gierig nach der lauen Sommerbrise, die durch das halboffene Fenster ins Zimmer wehte. Natürlich wäre ich am liebsten mit Katrin gefahren, doch als sich herausstellte, dass sie mich nicht würde begleiten können, hatte ich entschieden, dass zumindest ich in den Genuss von zwei sonnig süßen Ferienwochen kommen sollte. Sonnig, ja, aber süß?
Definitiv nicht. Das richtige Wort für meinen Aufenthalt in Cefalù war: qualvoll. Erst recht, nach dem Wasserball-Spiel heute Nachmittag, bei dem ich als spontan rekrutierter Aushilfsspieler mitgemacht hatte. Eigentlich hatte das Spiel ganz gut begonnen, jedenfalls viel besser, als ich befürchtet hatte. Santino hatte ich mich von Beginn weg unter seine Fittiche genommen.
„Hey, Jungs!“, hatte er übers Meer gerufen. „Haltet mal für eine Sekunde eure Klappe, ja? Ich stelle euch unseren neuen Mitspiel vor….“
An dieser Stelle hatte sich Santino mir zugewandt, die Frage nach meinem Namen war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Ich hatte in diese funkelnd schwarzen Augen geblickt, hatte alles um mich herum vergessen, das Meer, die Sonne, die Mädchen am Strand und die Jungs im Wasser.
„Kay“, hörte ich mich sagen, die Stimme rau und gepresst. „Kay Neumann.“
„Kay Neumann!“, hatte Santino wiederholt, meinem Namen kräftig übers Wasser posaunend. Die versammelte Mannschaft hatte begeistert applaudiert, beinahe so, als wäre ein echter Wasserballstar zu ihnen gestoßen. Unter dem unverdienten Applaus war ich tomatenrot angelaufen. Santino war das natürlich nicht entgangen, doch er hatte mir nur lässig zugezwinkert.
Santino.
Wenn ich nur schon an ihn dachte… Allein sein Name war reine Poesie. Samten doch kraftvoll, klangvoll doch gebieterisch, sanft doch unbeugsam. Ich flüsterte diesen Namen in die Dunkelheit, wo er sich wie süßer Honig verflüssigte.
Mein Körper reagierte beinahe sofort. Mein bestes Stück schwoll an, reckte sich ungeduldig und pulsierte erwartungsvoll.
Ich errötete.
Wie konnte mir so was passieren? Ich, Kay Neumann, zweiunddreißig und in einer glücklichen Beziehung, setze mich in Italien an den Strand und reagiere auf einen Mann. Ich Kay Neumann, in einer glücklichen Beziehung mit einer Frau, begehre eines Tages wie aus heiterem Himmel einen Mann.
Ich konnte mir das nicht erklären.
Gut, ich war ein Ästhet, hatte einen Sinn fürs Schöne. Ich mochte gepflegte, ansprechende Körper, egal ob männlich oder weiblich, aber noch nie hatte ich richtiges, fleischliches Begehren für einen Mann verspürt.
Mein fleischliches Begehren ließ sich nicht leugnen, im Gegenteil, der Beweis dafür wurde immer grösser. Vielleicht war Cefalù ein Fehler gewesen. Dieser Gedanke hatte spätestens dann Form angenommen, als mir Santino nach dem Spiel kumpelhaft auf die Schulter geklopft und mich gefragt hatte, ob ich morgen auch wieder am Strand sei. Gleiche Zeit, gleicher Ort?
Ich hatte nur genickt. Dann war ich Santino mit den Augen gefolgt, hatte beobachtet, wie er sich wie ein Wassergott aus den Meeresfluten erhoben hatte und von seinen Nixen in Empfang und in Beschlag genommen worden war. Die anderen Spieler hatten sich ebenfalls aus dem Staub gemacht. Ich aber war allein im Wasser zurückgeblieben, mit einem Gefühl unendlicher Enttäuschung. Ich war so enttäuscht, dass sich mein Bauch krampfhaft um die Leere in meinem Inneren zusammenzog. Ich schmerzte.
War ich dumm oder was? Nur weil ich von einem Tag auf den anderen Lust auf einen Mann hatte, hieß das noch lange nicht, dass es der restlichen männlichen Bevölkerung gleich ergehen musste. Und schon gar nicht Santino, mit seinen unbegrenzten Möglichkeiten.
Ich rief mir Santinos Worte wieder in Erinnerung, Worte, von denen ich mir süß Höhenflüge versprochen hatte. Keine Sorge, Süßer. Fehlende Erfahrung ist kein Problem. Ich werde dich coachen. Und zwar persönlich.
Santino hatte gehalten, was er versprochen hatte.
„Kay, hierher!“
„Kay, Achtung! Links außen!“
„Kay, fang!“
„Yeah, guter Schuss!“
Santino hatte mich gecoacht, hatte mich bei meinem learning by doing wortkräftig unterstützt. Ich hatte nicht den geringsten Grund, enttäuscht zu sein. Santino hatte genau das getan, was er mir versprochen hatte, hatte mich auf seine Weise persönlich gecoacht.
Wenn meine verdorbene Fantasie mit mir durchgegangen war und ich etwas in Santinos Worte hineininterpretiert hatte, so war das allein mein Problem.
Das schmerzende Ziehen meiner Lenden erinnerte mich daran, dass ich ein wirklich großes Problem hatte, ein Problem, um das ich mich kümmern musste. Meine Hand tastete sich zu meinen Lenden vor und ehe ich wusste, was ich tat, umschloss ich mein Glied. Hart, voll und eifrig pulsierend lag es in meiner Hand. Ich lag im Bett, die Beine gespreizt, als sich meine Hand kraftvoll zu bewegen begann, als ich meine Erektion massierte, schnell und ungeduldig. Dabei dachte ich an Santino, daran, wie ich zwischen seinen Schenkeln knien würde, wie ich ihn in meinen Mund nehmen und ihm ein nie gekanntes Vergnügen bereiten würde. Ich hörte Santinos Keuchen in meinen Ohren, sah die Verzückung auf seinem Gesicht und spürte ihn unter meiner Zunge wild zucken.
Es dauerte einen Moment, bis ich realisierte, dass ich es war, der zuckte und dass ich meine Hand wieder und wieder mit dem Beweis meiner eigenen Lust erfüllte.

Mir war ganz flau im Magen. Ich brachte keinen Bissen hinunter. Bewegungslos saß ich im Hotel-Restaurant und starrte auf meinen Teller, den ich mir am Buffet gefüllt hatte, als gäbe es keinen Abend mehr. Wieso hatte ich ausgerechnet heute so übertreiben müssen, wo mich Santino wieder zum Wasserball erwartete?
Ein vollkommen idiotischer Instinkt, dieses maßlose Hamsterbedürfnis, sobald eine Mahlzeit im Preis inbegriffen war. Ich blickte mich unauffällig um. Mein einziger Trost war, dass ich nicht der einzige Hamster im Saal war.
Ich trank einen Schluck Wasser, stand dann verstohlen auf und tat so, als müsste ich auf die Toilette. Bevor ich diese erreichte bog ich jedoch auf die Haupttreppe ab, die mich auf mein Zimmer führte. Erleichtert atmete ich auf. Ich glaubte nicht, dass mich jemand beim Verlassen des Esssaals beobachtet hatte. Ansonsten würde ich später einfach erklären, mir sei plötzlich schrecklich übel geworden.
Das war gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt. Ich fühlte mich irgendwie übel. Einen Moment lang spielte ich mit dem Gedanken, den Strand heute zu meiden. Ich könnte einen Stadtbummel machen, einen Museumsbesuch, irgendwas in der Art. Ich könnte…
Nein, schalt ich mich selbst. Das wäre feige! Ich war vielleicht manchmal ein bisschen zu anständig, zu höflich und zu zurückhaltend, aber ich würde mich keinen Feigling schimpfen lassen.
Mein Bauch knurrte vor Nervosität und Hunger, als ich meine Badesachen zusammenpackte. Ich würde heute zum Wasserball antreten, würde das Spiel mit Santino genießen und mich von vornherein darauf einstellen, dass ich nicht mehr zu erwarten hatte, als ein bisschen Wassersport. Und so schlecht war das doch gar nicht. Besser jedenfalls als am Strand zu hocken und hinter dunklen Brillengläsern mit verklärtem Blick Santino nachzuträumen. Vom Strandgucker zum Wasserballspieler, das war doch schon so ein großer Aufstieg wie vom Praktikanten zur Festanstellung. Man konnte ja nicht auch noch gleich Chef des Unternehmens werden wollen.
Entschlossen packte ich meine Badetasche und machte mich auf den Weg in Richtung Strand.
Kaum eine halbe Stunde später wünschte ich mir, ich hätte den Weg ans Wasser nie angetreten. Alles kam viel schlimmer, als ich gedacht hatte. Obwohl ich mir eingebläut hatte, keine falschen Erwartungen zu hegen, war ich bodenlos enttäuscht, als mich Santino bei meiner Ankunft kaum beachtete. Es war Frederico, einer der anderen Spieler, der mich fröhlich in Empfang nahm und mich zum heutigen Spiel willkommen hieß. Santino hingegen schäkerte am Strand mit seiner weiblichen Fangruppe, bis kurz vor Spielbeginn. Er hatte meine Ankunft überhaupt nicht bemerkt.
Ich spürte einen dicken Knoten in Hals und Bauch.
„Hey, Leute! Die Teams werden neu gemischt!“, rief Frederico.
Endlich erhob sich Santino, träge aber doch grazil, und gesellte sich zu uns anderen ins Wasser. Er entdeckte mich, grinste mir mit einem knappen Kopfnicken zu, aber das war auch schon alles. Auf die Gefahr hin, dass dies nun lächerlich klingt- in diesem Moment hätte ich gut und gerne ein paar Tränen vergießen können. Ich grub meine Fingernägel fest ins weiche Fleisch meiner Handballen, um weinerliche Anwandlungen zu unterdrücken.
Gut, ich hatte nicht viel erwartet, aber doch ein bisschen mehr als das.
Und es sollte noch schlimmer kommen. Ich wurde ins gegnerische Team eingeteilt, was hieß, dass ich nicht mehr mit Santino zusammenspielen würde. Ich schluckte einen weiteren Kloss hinunter, während ich mein armes Herz in meinen Ohren brechen hörte. Von wegen Coaching, von wegen persönlich, dachte ich gequält und voller unterdrücktem Zorn. Santino war nichts weiter als ein Großmaul, ein Selbstinszenierer, ein dummer Angeber.
Trotzdem fiel es mir schwer, die Augen von ihm zu nehmen. Ich starrte auf diesen braungebrannten, kräftigen Oberkörper, auf die dunklen Brustwarzen, die sich mir neckisch entgegenzustrecken schienen, ließ meinen Blick über die wohlgeformten Bizepse gleiten, dann tiefer, zu den Lenden hinunter, die vom Wasser umspielt wurden.
In diesem Moment wurde ich von einer unglaublich sinnlichen Vorstellung gepackt: Ich sah Santino vor mir, wie er bis zu den Oberschenkeln im Wasser stand, genauso wie jetzt, sah mich selbst, wie ich zu ihm watete, ihm tief in die Augen blickte und wie ich dann, als Reaktion auf das herausfordernde Funkeln in seinen Augen, langsam vor ihm auf die Knie sank. Das Wasser reichte mir bis zum Hals. Santino vergrub eine Hand in meinem blonden Haar und befahl meinen Kopf sanft aber bestimmt zu seiner Körpermitte. Ich zögerte einige Herzschläge lang, ehe ich meine zitternden Daumen in den Bund seiner Badehose hackte und diese langsam, Zentimeter für Zentimeter tiefer zog. Zuerst zeigte sich mir die Wurzel seine Geschlechts, die kräftig mit dem Rest seines Körpers verbunden war. Dann offenbarte sich mir der frei schwingende Teil seiner Erregung, kaffeebraun, voll und bereit, den ich Stück für Stück entblößte. Und schließlich die Spitze, die mir geradezu entgegensprang, im Gegensatz zu der beeindruckenden Härte samt und zart, ja geradezu verletzlich. Gleichzeitig blickte sich mich sehnsüchtig und verlangend an und ich konnte gar nicht anders, als mich ihr mit den Lippen zu nähern. Einen Moment lang verharrte ich, sog den Duft nach männlichem Trieb tief ein und nahm die exponierte Spitze dann schützend zwischen meine Lippen. Meine Zunge reagierte sofort, erkundete diese samte Zartheit, leckte neugierig über den kleinen Spalt und kostete den Geschmack von Santinos Erregung. Er roch streng, aber gut. Langsam machte ich mich vertraut mit diesem neuen Geschmack, dem Geschmack männlicher Lust und forderndem Begehren. Ein leiser Seufzer erklang und es dauerte eine Weile, bis ich mir bewusst wurde, dass er von meinen Lippen stammte.
Ich ließ meine Lippen tiefer an Santinos Erektion entlang gleiten, bis sie meinen Mund ganz füllte. Dann suchte ich seinen Blick, seine Erregung fest in meinem Mund. Ich sah in seinen glitzernden Augen, wie er Gefallen fand an meiner Verwöhnung und hatte nur noch ein Ziel: Ihm das größtmögliche Vergnügen zu bereiten und ihn in den Himmel der Lust zu entführen.
Ich wurde schlagartig in die Realität zurückgeholt, als Santino plötzlich aufblickte und seine Augen den meinen begegnete. Er musterte mich einige Sekunden reglos, dann verzogen sich seine Lippen langsam, zu einem breiten, spöttischen Lächeln. Seine Augen funkelten das ihnen eigenen Funkeln und seine Augenbrauen hoben sich herausfordernd.
Hatte er oder hatte er nicht? Hatte er meine Gedanken erkannt, erahnt? Standen mir meine lustvollen Träumereien deutlich ins Gesicht geschrieben?
Ich errötete bis tief unter die Haarwurzel.
Dann hielt ich den Atem an. Hatte mir Santino gerade eben zugezwinkert? Oder hatte ich mir das nur eingebildet?
Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, hatte mir Santino bereits den Rücken zugewandt und Frederico zum Anspiel gepfiffen.
Es geschah, als Frederico meinen Namen übers Wasser posaunte und den Ball in meine Richtung warf. Santino hatte den Schuss kommen sehen und da er in meiner Nähe war, watete er zu mir vor, um den Schuss vor mir abfangen zu können. Kaum eine Armlänge voneinander getrennt, schossen wir beide Brust an Brust aus dem Wasser, die Arme nach dem Ball ausgestreckt. Es kam, wie es kommen musste: Wir prallten zusammen, Brust gegen Brust, über den Höhen des lächelnden Wassers. Dieser Zusammenstoß elektrisierte mich und raubte mir beinahe den Verstand. Das Gefühl von Santinos Brust an meiner, hart, breit und kräftig wie ein Fels, ließ meinen Körper unter den perlenden Wassertropfen erglühen und sandte einen Stromstoß durch meinen Oberkörper direkt in meine Lenden. Mein Körper reagierte sofort auf seinen, doch glücklicherweise befanden wir uns bereits wieder in der sicheren Umarmung des Wassers, als mein Glied verräterisch gegen meine Badehose ankämpfte. Ich war sicher, dass Santino meine Erektion nicht sehen konnte, doch mein tomatenrotes Gesicht und meine Atemlosigkeit konnten ihm unmöglich entgangen sein.
Den Ball hatte weder Santino noch ich gefangen. Als wir wieder Boden unter den Füssen hatten, war das Spiel schon längst weitergegangen. Santino lachte mich an, ein tiefes, klangvolles Lachen, das meine Lust noch verstärkte.
„Tutto bene?“, fragte er mich und ich konnte nur nicken.
„Gut“, meinte er lächelnd.
Er wollte sich schon abwenden, als er es sich anders überlegte und sich nochmals zu mir umwandte. Seine Augen suchten meine, er hielt meinen Blick stand und während er mich ansah, ernst, doch mit diesem stetigen Funkeln in seinen Augen, da sagte er leise, so dass nur ich es hören konnte: „Sai che sei bello?“
Und noch ehe ich diese süßen, klangvollen Worte richtig verstanden hatte, hatte sich Santino schon wieder Hals über Kopf ins Getümmel gestürzt. Ich aber konnte ihm nur mit dem Blick folgen und blieb reglos zurück. Santinos Worte fuhren unaufhörlich Karussell in meinem Kopf. Das leise Plätschern der Wellen, die kräftige, neckende Sonne und Santinos süße Worte ließen mich benommener werden als jeder hochprozentige alkoholische Drink.
Sai che sei bello? Sai che sei bello? Sai che sei bello?
In meinem Inneren loderte ein Feuer, ich war hellwach und angenehm träge zugleich. Wusste ich, dass ich schön war?
Ich blickte übers Wasser, über die Unendlichkeit des Meeres bis an die Stelle, an der es eins wurde mit dem Horizont.
Ich selbst wäre nie auf den Gedanken gekommen, mich als schön zu bezeichnen. Mein blondes Haar und die blauen Augen waren bestimmt nicht unattraktiv, doch es gab diverse blonde und blauäugige Männer, die besser aussahen als ich. Ich bemühte mich, regelmässig Sport zu treiben und mich in Form zu halten, doch mit einem Mann wie Santino mit seiner gestählten, sonnengebräunten Brust würde ich in zehn Jahren nicht mithalten können.
Und dennoch hatte er mich als schön bezeichnet. Diesmal waren seine Worte eindeutig, es konnte kein Missverständnis aufkommen. Er hatte mich als schön bezeichnet, was hiess, dass er empfänglich sein musste für Männer.
Bei diesem Gedanken drohte mir mein Herz zu zerspringen vor freudiger Erwartung. Würde Santino sein Versprechen nun also doch noch einlösen?
Es musste einfach so kommen! Doch ehe meine Hoffnungen zu gross wurden, wurde das Spiel abgepfiffen. Schon entstieg Santino dem Wasser wie ein Adonis und warf sich in die Arme seiner weiblichen Fans.
Wieder einmal blieb ich zurück, niedergeschlagen, traurig und langsam aber sicher verzweifelt.

Spielte er etwa mit mir, fragte ich mich am Spätnachmittag. Ich lag im Bett auf meinen Decken, nackt bis auf die Unterwäsche.
Das war nicht fair, das war nicht gerecht!
Er durfte mich nicht einfach wie ein Spielzeug behandeln, nicht mich, der ich zuvor noch nie einen Mann begehrt hatte und mich hier auf völligem Neuland befand. Das war kein gerechtes Spiel, das war einfach nur unfair.
Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte, wie dieser Situation begegnen. Santino war so weit gegangen, sein eindeutiges Interesse an mir zu bekunden und dennoch behandelte er mich nach jedem Spiel wie Luft. Sollte ich wieder abreisen? Wäre das die beste Lösung? Zurück nach Hause, zurück in die Bibliothek, wo ich meinen Alltag kannte und sicher aufgehoben war, wo ich mir die Finger nicht verbrennen konnte.
Dies hier war eindeutig zu viel für mich. Eine Sache wäre es gewesen, wenn Santino ganz einfach kein Interesse an Männern gehabt hätte. Dann hätte ich still vor mich hin schwärmen können. Doch wenn ich ihm gefiel – und dass er mir gefiel war wohl offensichtlich- wieso dann dieses Katz-und-Maus-Spiel? Was wollte er damit beweisen? Was bezwecken?
Ich wusste, dass ich das nicht aushalten würde. Ich war schlicht nicht so weit, dass ich von mir aus die Initiative ergreifen würde. Dafür waren die Gefühle, die Santino in mir geweckt hatte, zu neu, zu unbekannt.
Entweder Santino würde auf mich zukommen oder ich würde Cefalù verlassen.

In dieser Nacht träumte ich. Von schwarzen Locken, funkelnden Augen und einer braungebrannten, breiten Brust. Santino und ich am Strand, lachend, Hand in Hand. Plötzlich blieb er stehen und ich fühlte seine weichen, warmen Lippen auf meinen. Er legte einen Arm um mich und zog mich ganz dicht an sich. Ich spürte jeden Muskel seines kräftigen Körpers, als ich eng in seiner Umarmung lag. Ich spürte seine Erregung, die gegen die meine drückte. Santino bewegte sich, rieb seine Erektion an meiner. Ich sog scharf den Atem ein, schloss die Augen und genoss es, seine Lust zu spüren.
Blinzelnd wachte ich auf, reckte mich süss und träge, als würde ich in Honig baden. Was für ein Traum!
Ein Lufthauch zog durchs Zimmer und die Gardinen blähten sich im Wind. Ich amtete tief ein und wünschte mir, Santino wäre hier.
In diesem Moment nahm ich aus den Augenwinkeln einen Schatten war. Ich blinzelte in die Dunkelheit, starrte auf den Balkon, wo ich den Schatten zu erkannt haben glaubte und sah, dass ich mich nicht getäuscht hatte. Ein grosser, dunkler Schatten schob die Balkontür auf, die nicht verschlossen war und einen Spalt offen stand. Mir blieb ein Aufschrei im Hals stecken.
Ein Einbrecher!
Was sollte ich tun?
Meine Finger gruben sich in die Matratze. Einem inneren Instinkt folgend blieb ich reglos liegen und beobachtete den Schatten aus halbgeschlossenen Augen. Ich war zu überrascht und zu geschockt, als dass ich hätte aus dem Bett springen können und mich mit dem Eindringling anlegen. Doch anstatt dass der Einbrecher das Zimmernach Wertsachen durchsucht hätte, trat er geradewegs auf das Bett zu.
Ich schloss die Augen, wagte kaum zu atmen.
Als dann plötzlich die Decke zurückgeschoben wurde, konnte ich ein erschrockenes Keuchen nicht unterdrücken.
Eine Hand legte sich auf meine Schulter. Ich erzitterte.
„Kay.“
Ich hörte meinen Namen, sanft und süss gesprochen, das reinste Versprechen. Nur eine Person konnte meinen Namen so aussprechen, so samten, klangvoll und sanft. Diese Stimme war nur einer Person geschenkt worden.
Langsam schlug ich die Augenlider auf.
„Santino“, flüsterte ich seinen Namen, für mein Herz die reinste Poesie.
„Sch.“
Er legte einen Finger an die Lippen und lächelte, ein Lächeln, das von funkelnden Augen begleitet wurde. Dann liess er seinen Blick über meinen fast nackten Körper schweifen und im nächsten Moment spürte ich seine Lippen an meiner Schulter. Er begann mich zu küssen, mit einem Mund so samten und sanft, wie die Stimme, die ihn begleitete.
Er erkundete meinen Körper zärtlich, küsste sich kleine Wege entlang meiner Arme, meiner Brust und meiner Beine.
Ich war so verzaubert, dass ich mich gar nicht rühren konnte. Auch ohne Santinos flüsternden Befehl hätte ich mich keinen Millimeter bewegt. Mein Körper stand in Flammen, loderte leise. Santino küsste sich öfters ganz nah an die Stelle meines grössten Verlangens, doch nie nah genug, was mir stets ein enttäuschtes Stöhnen entlockte. Als Antwort lächelte Santino nur.
Jetzt zog er sein Shirt aus und endlich konnte ich diesen kräftigen, muskulösen Männerkörper aus nächster Nähe betrachten. Braungebrannt und so stark, als könnte er Bäume heben.
Ich hauchte einen Seufzer. Nur schon ihn anzusehen genügte, um mein Verlangen zur vollen Grösse anschwellen zu lassen.
„Santino“, flüsterte ich.
„Sch“, wisperte er nur.
Doch ich wusste nicht, wie lange ich diese süsse Qual noch aushalten würde.
Wieder beugte er sich über mich, diesmal nackt. Sein Mund fand meine Brustwarze, er umschloss sie mit den Lippen, umkreiste sie mit der Zunge.
Ein Schauer des Verlangens liess meinen Körper erzittern. Ich wollte, ich wollte unbedingt. Was genau konnte ich nicht sagen, doch mehr als das ganz bestimmt.
Santino aber liess mich warten. Sein Mund erkundete meinen Körper weiter mit diesen kleinen, leisen Küssen, erforschte ihn, als wäre der menschliche Körper eine neue Entdeckung für ihn.
Ich schloss die Augen und sog scharf den Atem ein. Ich war so bereit, dass es schmerzte. Meine Lenden machten sich selbständig, hoben und senkten sich verlangend unter Santinos Liebkosung.
Dann, endlich erbarmte er sich meiner und legte seine Hand auf mein geschwollenes Verlangen. Er streichelte meine Härte durch den Stoff der Unterwäsche hindurch. Automatisch hob ich ihm mein Becken entgegen, in meinen Augen die Bitte nach mehr.
Er lächelte nur. Er streichelte mich lange und sanft, so sanft, dass sich meine Qual noch verstärkte. Ich wollte mehr von ihm spüren, wollte, dass sich seine Hand ganz um mich schloss und mich richtig verwöhnte, nicht durch den Stoff der Unterwäsche hindurch.
„Kay, Kay, Kay“, murmelte Santino.
Ich war mir nicht sicher, ob seine Worte tadelnd oder ermutigend gemeint waren. Sicher aber war, dass Santino das Tempo vorgab. Er war es, der mich verwöhnte und ich hatte nichts anderes zu tun, als seinem Rhythmus zu folgen und mich seinen Liebkosungen hinzugeben, auch wenn dies schwerer war, als man sich vorstellen konnte, vor allem, nachdem ich so lange Tage auf Santino gewartet und die Hoffnung auf Nähe zu ihm beinahe schon aufgegeben hatte.
Ich stöhnte auf, als Santino seine Daumen endlich unter den Bund meiner Unterhose hackte und mich von dem störenden Stoff befreite.
Zum Vorschein kam mein hartes, pulsierendes Verlangen. Ich war so bereit, dass ich den Geruch meiner eigenen Erregung riechen konnte.
Santino blickte einige Sekunden lang mit dem ihm eigenen Lächeln auf meine Lust, dann endlich umschloss er sie, fest und schützend. Seine freie Hand schloss sich um meine weichen Kugeln und spielte mit ihnen, während sein Daumen über meine Spitze strich und diese in kleinen Kreisen zart liebkoste.
Die Verwöhnung seiner Hände war zu viel für mich. Ich grub meine Hände ins Leintuch, klammerte mich daran wie an einen Rettungsring, während ich in Santinos Hand zuckte und ihm als Beweis meiner Erregung einen Tropfen meiner Lust schenkte.
Santino aber hielt mich weiter hin, quälte mich mir der süssesten aller Foltern, steigerte meine Lust mit seinen geschickten Händen ins Unendliche bis ich schmerzte.
Und auch dann hörte er nicht auf.
Eine Träne löste sich, rann über meine Wange.
„Santino“, flehte ich.
„Du weinst für mich?“
„Bitte quäl mich nicht.“
„Ich liebkose dich.“
„Ich ertrag es nicht!“
„Dann erlöse ich dich.“
Ein Windhauch zog durchs Zimmer, spielte mit Santinos Locken und trug sein Lächeln zu mir.
Dann senkte er seinen Kopf langsam, ganz langsam, zu meiner Erektion. Er berührte sie mit den Lippen, drückte ihr deren Markierung auf. Er küsste meine Erektion in ihrer vollen Länge, von der Spitze bis zur Wurzel, vor und zurück, immer und immer wieder.
Ich wand mich qualvoll auf dem Leintuch und fragte mich stumm, wo hier die Erlösung sei.
Endlich teilten sich seine Lippen und er nahm meine Spitze in sich auf. Ich erzitterte ob der süssen Hitze, die sein Mund mir spendete. Er streichelte mich mit der Zunge, erkundete mich eingehend.
Ich versuchte instinktiv, mich tief in seinem Mund zu versenken, doch er liess es nicht zu. Noch nicht.
Er umfasste mich fest mit der Hand, liess nur die Spitze in seine samtene Wärme.
Er verwöhnte mich so lange mit der Zunge, bis ich jedes Zeitgefühl verlor und eine zweite Träne weinte. Santino sah sie und lächelte.
Er gab meine Lust frei und flüsterte: „Bello.“
Dann wandte er sich wieder meiner Erregung zu und nahm sie ganz plötzlich in ihrer vollen Länge in seinem Mund auf.
Dies geschah so vollkommen unerwartet, dass ich ein lautes Stöhnen von mir gab, dass sich mit dem Nachtwind einte und von diesem bis ans Meer getragen wurde, wo es sich mit dem Plätschern der Wellen mischte.
Er umschloss mich fest und spannte mich nicht länger auf die Folter. Er bewegte sich so, wie ich es mir wünschte, steigerte meine Lust ins Unendliche, kostete und liebkoste mich, bis ich ihn ihm explodierte und mein Schrei in der Nacht.
Mein Höhepunkt hatte mir sämtliche Kräfte geraubt. Ich schloss die Augen und zitterte am ganzen Körper, während ich nochmals Welle um Welle den Höhepunkt meiner Lust erlebte, mein Körper in lodernden Flammen.
Als ich endlich die Augen aufschlug, das Unfassbare: Santino war verschwunden.
„Santino? Santino?“
Ich sprang vom Bett auf, durchsuchte das ganze Zimmer, als hätte sich Santino vielleicht unter dem Bett oder im Schrank versteckt, doch am Ende bestätigte sich mir nur das, was ich ohnehin schon wusste: Santino war gegangen und hatte mich allein zurückgelassen. Es war in diesem Moment, als ich eine dritte Träne weinte.
Ich konnte nicht einschlafen. Nicht nach dieser explosiven Mischung an Gefühlen, die ich gerade erlebt hatte. Erstaunen und Unfassbarkeit, Freude und Erregung, Begehren und Leidenschaft, Trauer und Enttäuschung.
Unmöglich einzuschlagen, wenn sich all diese Gefühle in mir vereinten und in mir Purzelbäume schlugen.
Ich trat auf den Balkon, über den Santino mein Zimmer verlassen haben musste. Nackt wie ich war, atmete ich die salzige Meeresluft tief in mir ein und hauchte den Namen meines Liebhabers in die Dunkelheit hinaus. Auf dass der Wind den Namen zum Ozean trüge und ihn in alle Welt entsandte. Dieser Name, das war der Titel meines Gedichtes.
Schnell setzte ich mich an meinen kleinen Holztisch, zückte Stift und Papier, liess den bereits definierten Titel aus und begann sogleich mit der ersten Strophe:
Draussen die laue Sommerluft,
durchs Fenster ein weiter Meeresduft.
Auf deinem Rücken ein blaues Glitzern,
das deine Haut zum Funkeln bringt,
ein Kuss des Mondes,
der mit mir um dich ringt.
Ich senke den Mund
berühre mit den Lippen deine Haut
wo vom Mond sie geküsst.
Sanft küsse ich dich,
zart küsse ich dich,
und ringe mit dem Schlaf um dich.
Du schlägst die Augen auf,
und ich lächle siegesgewiss
ich streichle dich,
vernasche dich,
und mache dich mein,
denn mir bist du
allein.
***
„Kay? Kay?“
Träge schlug ich die Augen auf. Die Sonne schien breit und kräftig und wärmte mich bereits zur frühen Morgenstunde mit ihrem sorglosen Lachen. Träge blinzelte ich den Morgen an.
„Kay?“
„Hm?“
Katrin wieselte durch das Zimmer, hüpfte von einer Ecke zur anderen und suchte ihre Sachen zusammen.
„Na, endlich“, seufzte sie. „Beeil dich, Schatz. Sonst verpassen wir noch unseren Flug.“
Plötzlich zog Bild um Bild an meinem inneren Auge vorbei, Erinnerung um Erinnerung.
Santino. Der Strand. Das Wasserball-Spiel. Die Liebesnacht.
Abrupt setzte ich mich im Bett auf. Verwirrt blickte ich mich um. Wo war ich? Wieso befand ich mich nicht in einem italienischen Hotelzimmer? Weshalb war ich in meiner berliner Wohnung aufgewacht?
Wieso war Katrin… und nicht Santino…?
„Kay, du kommst doch mit nach Portugal?“ Katrin kniete am Boden vor ihrem Koffer und blickte fragend zu mir auf.
„Ich…ja…“
„Gut.“ Katrin verstaute ihren Bikini im Koffer. „Weisst du noch, letztes Jahr? Da wollten wir zusammen nach Italien fahren, doch in letzter Minute tauchte dieser wichtige Mandant auf, den ich nicht abweisen konnte.“
„Ich weiss noch… letztes Jahr“, flüsterte ich.
„Du bist allein nach Italien gefahren.“ Katrin packte einen Stapel Bücher in ihren Koffer. „Doch du hast mir nie viel erzählt. Von Cefalù, mein ich.“
Ich zwang mich zu einem Lächeln. „Strandferien. Was lässt sich schon gross über sie erzählen?“
Katrin lächelte. „Nun, zum Beispiel, woher du plötzlich diese Inspiration genommen hast.“
„Inspiration?“ Verwirrt runzelte ich die Stirn.
„Zu diesem wunderschönen Gedicht, das du mir geschrieben hast. Du hast doch nie zuvor gedichtet.“
Das Gedicht.
Als ich zu Hause in Berlin den Koffer ausgepackt hatte, war es auf den Fussboden geflattert. Katrin hatte es aufgehoben. Es war ein Gedicht ohne Titel und sie hatte es sofort auf sich bezogen.
„Soll diesmal ich allein in den Urlaub fahren, Kay? Oder stehst du endlich auf?“
„Ich komme ja schon.“
Ich schob die Bettdecke zurück. Nackt wie ich war trat ich ans Fenster und öffnete es weit. Ich glaubte, das Meer riechen zu können und sog die Morgenluft tief in meine Lungen. Ich hatte meinem Gedicht noch keinen Titel gegeben, das stimmte. Doch für dieses Gedicht kam nur ein Titel in Frage, ein Titel so selbstverständlich, dass mir war, er stünde schon längst auf dem Papier.
Ein Name so verheissungsvoll wie reine Poesie,
samten doch kraftvoll,
klangvoll doch gebieterisch,
sanft doch unbeugsam.
„Santino.“


Impressum

Texte: lila.velvet
Tag der Veröffentlichung: 30.12.2012

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