Cover

Prolog

Ich rannte immer schneller.
Hinter mir hörte ich schwere Schritte und ich konnte schon fast den Atem von ihm spüren.
Heißer Atmen..
Mit dem Gestank nach Verwesung kam er immer näher…
Ich wollte nur noch schreien, aber dafür blieb mir keine Luft mehr.
Das Atmen viel mir immer schwerer.
Ein letztes Mal holte ich tief Luft, ich nahm alle Kraft zusammen die in meinem Körper übrig war und plötzlich fiel ich nur noch.
Im ersten Moment war es, als wäre ich ein Vogel. Ein Rotkehlchen vielleicht? Oder ein Eisvogel? Ich schwebte durch die Luft und fühlte mich frei von allen Sorgen.
Ein scharfer Schmerz riss mich zurück in die Realität, als ich unsanft landete.
Jetzt war ich kein Vogel mehr, sondern wie ein Pinguin, der noch nicht gelernt hatte, dass nicht alle Vögel fliegen können und jetzt auf hartem Eis gelandet war.
Die Welt um mich herum bestand nur noch aus Schmerz.
Schwarzem und dunklem Schmerz.
Er war überall. In meinen Armen und Beinen. In meiner Lunge in meinen Fingern.
Es war unerträglich und lies nie nach!
Ich lag einfach nur bewegungslos da, mit dem Gefühl, ich würde bei lebendigem Leib verbrannt und gleichzeitig eisgekühlt werden.
Manchmal war der Schmerz stechend, als ob man mich mit Nägeln stechen würde.
Manchmal war er fast schon zärtlich. Wie eine Mutter, die ihrem Kind aus Versehn über eine Wunde streicht.
Dann wurde er wieder zu einer heißen Glut. Es war, als würde man durch Lava gezogen.
Heißer Schmerz dem man nicht entkommen konnte.
Es fühlte sich an wie eine Ewigkeit, bis der Schmerz etwas nachließ.
In diesen Momenten des Schmerzes, hatte ich schon mit meinem Leben abgeschlossen.
Ich dachte zurück an meine Freunde.
An meine Eltern und an meine Geschwister. Jeremy. Julie.
Jermey würde dieses Jahr 18 werden… und wir hatten uns schon so auf den Urlaub mit unserer kleinen Schwester Julie gefreut. Nur wir drei. Ganz alleine. Nach Frankreich und Amerika. Vielleicht auch noch Australien.
Jetzt musste ich mir keine Sorgen darüber machen, wie ich das mit der Schule machen sollte…
Ich würde sterben.
Der Moment in dem ich das begriff war endgültig.
Ich hätte nie gedacht, dass ich mich damit so einfach abfinden würde.
Eigentlich sollte ich für mein Leben kämpfen.
Es wenigstens versuchen! Für Julie. Für Jeremy. Für mich selbst.
Aber da war einfach keine Energie mehr übrig.
Nur diese frustrierende Leere, die fast noch mehr schmerzte, als der wirkliche Schmerz.
Dieser Schmerz war nur außen. Er drang nicht bis zu meinem Herzen vor.
Bis zu meiner Seele. Bis zu dem was mich innerlich verbrannte.
Erinnerungen… an meine Kindheit.
Eine glückliche Zeit. Mit vielen kleinen und großen Problemen.
Der Tod meines Opas.
Die Zeit danach hatte mich ein Stück erwachsener gemacht. Danach weinte ich nicht mehr so oft. Es war, als würde ich so meinen Großvater ehren. Indem ich mir meine Tränen für die einsamen Momente an seinem Grab aufhob.
An manchen Tagen konnte ich stundenlang vor seinem Grabstein sitzen und zurück an die gemeinsame Zeit denken. Mich in stummen Gebeten an ihn wenden.
Ich betete schon lange nicht mehr. Nicht zu Gott.
Stumme Gespräche mit meinem Opa hatten diese Gebete ersetzt.
Gespräche bei denen ich Sachen sagte, die ich sogar vor mir selbst verschwiegen hatte.
Während diesen Gesprächen, fand ich immer mehr zu mir selbst zurück.
Ich hatte mich geändert, aber ich war immer noch ich.
Das gleiche Mädchen das ich war, bevor ich die Welt mit all ihren Höhen und Tiefen kennen gelernt habe.




Montag, 14.November


Ich heiße Jane.
Am 4. Oktober wurde ich 15.
Das ist jetzt einen Monat her, eine lange Zeit, wenn man bedenkt, was zwischendrin so alles passiert ist…
Heute habe ich ein Tagebuch angefangen. Das soll mir angeblich helfen, besser mit der neuen Situation klarzukommen.
Naja, was soll’s. Etwas Besseres habe ich nicht zu tun.
Als ich nach meinem Geburtstag von der Schule heimkam, war es schon dunkel.
Alles um mich herum war schwarz, pechschwarz, wie das Fell eines Raben.
Eigentlich liebe ich die Dunkelheit, wenn ich daheim sitze mit einer heißen Tasse Tee und einem guten Film. Dazu das Licht der Kerzen und ich bin glücklich.
Aber dazu sollte es nicht mehr kommen. Zumindest nicht in den folgenden Stunden.
Ich lief die Straße entlang, da bemerkte ich den Atem in meinem Rücken.
An alles was ich mich noch erinnern kann ist, dass ich fiel.
Tiefer fiel, als ich je zuvor gefallen war.
Und dann diese Schmerzen…
Wie durch ein Wunder wachte ich, für mich, wenig später auf.
Das war am 31. Oktober.
Halloween. Was für eine Ironie. An Halloween in einem Haus aufzuwachen, in dem dunkle Gestalten rumlaufen, welche dir bitter schmeckende Flüssigkeiten geben, von der du schläfrig wurdest.
Das war gruselig und ich hatte ständig Angst, dass sie etwas tun würden.
Es geschah aber nichts… Das war fast noch schlimmer.
Niemand sprach mit mir. Niemand antwortete auf meine Fragen. Niemand sah mich an.
Jedes Mal wenn ich einschlief, wachte ich auf und neben mir stand etwas zu essen.
Jeden Tag das Gleiche. Bis eines Tages eine dieser Gestalten auf mich zukam und mir bedeutete ihm zu folgen.
Ich lief durch einen langen Flur.
Die Wände waren aus Stein und mit Gemälden versehen, die von Kerzen erleuchtet worden.
Auf dem Boden lag ein langer roter Läufer.
Es war wie in einem Horrorfilm, nur, dass dies hier wirklich war.
Schließlich kamen wir zu einer riesigen Eichenholztüre, die von zwei Männern bewacht wurde. Damals fragte ich mich, wie besagte Männer die Tür bewachen sollten, ohne eine Waffe.
Mein Begleiter trat durch die Türen und sah mich durchdringend an.
Schüchtern kam ich in den Saal und blieb erstaunt stehen.
Nur wenige Meter von mir entfernt, stand ein Thron.
Er war schwarz und auf diesem Thron saß ein Mann in dunklen Gewändern aus Samt.
Ehrfürchtig ging ich in die Knie. Zu meiner Überraschung lachte niemand, noch sah mich jemand befremdet an.
Die folgenden Stunden waren gemischt mit Verwunderung und neuen Erkenntnissen.
Angst und Hoffnung. Kurz gesagt, mein Weltbild änderte sich total und nach dieser Zeit, hatte ich keine Angst mehr vor den Männern und Frauen in den Kutten.
Sie hatten mir alles erklärt. Somit wurde ich eine von ihnen.
Eine Magierein.
Oder besser gesagt, eine fast Magierin.
Ich musste es erst lernen… und das würde Jahre dauern.
Das positive war, ich war nicht alleine. Mit mir waren noch weitere 5 Kinder hier. Genauso unwissend wie ich.
Wir würden alle unterrichtet werden.
Von wem, das würden wir heute erfahren.
In genau einer Stunde.
Zeit für mich etwas Hübsches anzuziehen und mich zu waschen.
Das Abenteuer würde bald beginnen… und ich hatte höllische Angst.

Impressum

Texte: Cover von Victoria Frances, weil ich ihre Bilder einfach liebe.
Tag der Veröffentlichung: 06.11.2010

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /