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Durch das Dickicht


Ich lief tiefer und tiefer in den Wald hinein, obwohl heute ein recht sonniger Tag war, wurde es, je weiter ich ging immer kälter. Ich zog meinen Bogen, den ich mir über die Schulter gehängt hatte zurecht und kontrollierte ob auch noch alle Pfeile in meinem Köcher vorhanden waren. Als alles wieder an seinem rechten Platz war stapfte ich weiter durch das dichte Moos und musste aufpassen keine Äste ins Gesicht zu bekommen.
Der Wald bestand hier hauptsächlich aus nahe aneinander stehenden Tannen oder ähnlichen Nadelbäumen, hier und da gab es jedoch auch mal lichtere Stellen, an denen auch Birken, Kastanien oder sogar vereinzelt alte Apfelbäume wuchsen. Auf den Lichtungen konnte man regelmäßig ganze Herden von Hirschen und anderem Wild vor treffen, dass war auch der Grund dafür, dass ich hier durch die Gegend schlich. Ich war auf der Jagd.
Meine Tante hatte zwar immer ein paar Kühe auf dem Hof, diese waren aber dazu da Milch zu geben und sie wurden nur dann geschlachtet, wenn sie krank waren. Also lag es an mir, dafür zu sorgen, das regelmäßig Fleisch auf unseren Tisch kam. Ich hatte mit dem jagen kein Problem, es macht mir sogar recht Spaß und es war außerdem ein guter Zeitvertreib. Natürlich mangelte es mir nie an Arbeit, was keinen wundert. Immerhin leben ich und meine Tante alleine auf unserem Hof und wir mussten uns um Vieh, Ackerland und das Haus selbst kümmern.
Mein Onkel war schon recht früh an einer hartnäckigen Lungenentzündung gestorben und seit dem war meine Tante alleine. Zu alle dem kam, dass sie sich dann auch noch um mich kümmern musste, nachdem meine Eltern gestorben waren. Sie hatte deswegen nie gejammert und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sie ganz froh darüber war mich zu haben. Zu zweit kamen wir ganz gut über die Runden, wir verkauften unsere Milch, sobald wir mal etwas mehr hatten, als wir brauchten, oder die Wolle der fünf Schafe die wir besaßen. Alles in allem ging es uns meiner Meinung nach recht gut.
Ich riss mich zusammen und konzentrierte mich wieder auf das hier und jetzt. Als es vor mir immer heller wurde und die Bäume immer mehr Abstand zueinander hatten verlangsamte ich meine Schritte und holte meinen Bogen von der Schulter. Vorsichtig legte ich einen Pfeil an die Sehne und schlich näher an die Lichtung. Im Schutz einiger Bäume blieb ich dann in geduckter Haltung stehen. Dort auf der Lichtung standen einige Hirschkühe, teilweise sogar mit ihrem Nachwuchs. Ich spannte langsam die Sehne an meinem Bogen und wollte zielen, mir war jedoch der Ast einer nahestehenden Tanne im Weg. Um eine bessere Sicht zu bekommen macht ich einen Schritt nach rechts. Das war ein Fehler. Ich spürte noch, wie ein Ast unter meinen Füßen zerbrach und leider konnte nicht nur ich das Knacksen hören, sondern auch die Hirsche. Wie auf ein Kommando stoben sie auseinander, jeder in die mir entgegen gesetzte Richtung. Ich verkniff mir das Fluchen und stöhnte einfach nur laut über meine Unachtsamkeit. Enttäuscht steckte ich den Pfeil wieder zurück in den Köcher, der Bogen blieb jedoch in meiner Hand.
Ich entschloss mich nach Südwesten weiter zu gehen, wenn ich weit genug lief, würde ich an einen kleinen Fluss kommen und mit etwas Glück, würde ich dort neue Beute finden.
Mit zusammengekniffenen Augen sah ich durch das Geäst zum Himmel, die Sonne stand noch recht hoch, also hatte ich noch genügend Zeit für mein Vorhaben. Ich war bis hier bereits eine Stunde gelaufen und zum Fluss würde ich nochmals eine gute Stunde brauchen.
Mit hängenden Schultern ging ich über die Lichtung und genoss das Sonnenlicht, das hier auf mich herabfiel. Kaum das ich wieder in den Wald eingetreten war, wurde es wieder kühler. Meine Füße kannten den Weg schon wie von selbst, ich war ihn oft genug mit meinem Onkel gegangen, als dieser noch gelebt hatte. Er hatte mir in dem Fluss, an den Stellen, wo die Strömung nicht allzu stark war, das Schwimmen beigebracht. Ich konnte mich daran erinnern als wäre es erst gestern gewesen, wie wir beide uns gegenseitig das Wasser ins Gesicht gespritzt hatten und versucht hatten den anderen unter Wasser zu drücken. Seit Ivar tot war, war ich hier nur noch selten her gekommen. Ich hatte es irgendwie vermieden, wahrscheinlich war ich nicht bereit gewesen mich mit all meinen alten Erinnerungen an ihn zu konfrontieren. Inzwischen kam ich damit jedoch gut zurecht, ich hatte einfach beschlossen ihn so im Gedächtnis zu behalten, wie er war als es ihm noch gut ging. So hätte auch er es gewollt.
Ich war inzwischen ein gutes Stück weiter gekommen und bald darauf kam ich in die Gegend, wo immer mehr Dornengestrüppe wuchsen. Ich platzierte meine Schritte inzwischen sorgfältiger um auch ja nicht in ein solches Gebüsch zu laufen, auf die Kratzer die ich dadurch bekommen würde konnte ich gut verzichten. Die Schrammen die ich mir täglich bei der Arbeit auf dem Hof zuzog reichten mir voll und ganz. So ging ich weiter vor mich hin, kam aber immer langsamer voran, da hier auch immer mal wieder umgestürzte Bäume im Weg lagen. Nach weiteren dreißig Minuten konnte ich bereits das Plätschern des Flusses hören und ein paar Momente später sah ich wie es zwischen den Bäumen glitzerte.
Ich trat aus dem Wald heraus und auf die kleine grasbewachsene Fläche dazwischen. Ich hielt mich jedoch weiter nahe an den Bäumen und tarnte mich in deren Schatten. Wieder zog ich einen Pfeil aus dem Köcher und legte ihn ein. Jederzeit bereit zum Schuss lief ich weiter und hielt Ausschau nach irgendeiner Art von Wild. Ich lief immer weiter flussaufwärts, aber es gab leider keine Anzeichen von Tieren.
Ich hatte schon fasst die Hoffnung verloren, als ich nahe am Fluss ein Paar Enten entdeckte. Sie saßen beide auf dem Boden, die eine so wie es aussah auf einem Nest. Schnell hob ich meinen Bogen und zielte. Mit einem Sirren flog der Pfeil los. Kaum das ich ihn abgeschossen hatte zog ich den nächsten legte ihn ebenfalls ein und zielt auf die andere Ente, ich konnte es mir nicht leisten erst zu sehen, ob ich die Brütende erwischt hatte. Das Männchen hatte jedoch noch Zeit erschrocken quakend auf zu fliegen, er war kaum zehn Meter weit gekommen, als mein Pfeil ihn direkt in den Hals traf und er langsam gen Boden trudelte.
Als ich zum Fluss hinüber lief bemerkte ich das ich auch die erste Ente getroffen hatte. Ich hob sie vom Boden auf und sah, dass sich meine Vermutung bewahrheitet hatte. Sie hatte tatsächlich gebrütet. Ich schnappte mir auch noch die Eier und stopfte sie mir hastig in meinen Lederbeutel, den ich um die Schultern liegen hatte. Danach schlenderte ich zu meinem zweiten Opfer und las auch diesem vom Boden auf, dann setzte ich mich in den Schatten eines nahe am Ufer stehenden Kastanienbaums und begann die beiden Enten auszunehmen.
Ich hatte meinen Bogen, sowie Köcher und Lederbeutel neben mich gelegt, jetzt zog ich mein Messer aus der Scheide an meinem Gürtel und begann mit der Arbeit. Ich weiß nicht, wie oft ich so was schon gemacht hatte, denn meine Hände wussten fast wie von selbst, wo sie den nächsten Schnitt machen sollten.
Als ich mit beiden fertig war ging ich ein paar Schritte in den Wald und begann die Eingeweide zu vergraben, damit keine wilden Tiere darauf aufmerksam wurden. Ich hob ein Loch aus, welches ungefähr einen halben Meter tief war. Das muss reichten, dachte ich mir und schmiss die Innereien hinein, dann schob ich die aufgehäufte Erde mit meinem Fuß wieder darüber. Als ich zu meinen Sachen zurückkehrte bemerkte ich, wie dreckig ich mich gemacht hatte. Mir klebte das Blut weit bis über die Handgelenke und es war mir sogar unter die Fingernägel geflossen. Angewidert lief ich, mit den Armen weit von mir gestreckt, zum Fluss um mich zu waschen.
Vorsichtig ging ich in die Hocke, der Stein auf dem ich stand, lag recht nah am Flussbett und war dadurch ziemlich rutschig. Ich streckte meine Arme bis zu den Ellenbogen ins Wasser und genoss es, wie das nasse Kühl sich um sie und zwischen meine Finger schlängelte. So lies ich sie einige Sekunden hängen und begann dann damit mich sauber zu schrubben, bevor sie von der Kälte steif werden konnten. Von der Haut ging das Blut relativ schnell wieder ab, unter den Fingernägeln war es jedoch etwas schwieriger. Ich drehte mich kurz um und schnappte mir einen dünnen Zweig, der irgendwo am Rand des Flusses lag, damit ging es viel besser und nach kurzem hin und her, waren auch meine Nagelbetten wieder einigermaßen sauber.
Ich wollte gerade wieder aufstehen, als mir ein Fuß wegrutschte. Ich versuchte mich noch am Stein festzuhalten, aber dieser war vom ständigen Wasserlauf ganz glatt gewaschen und meine Hände rutschten ab. In einem letzten verzweifelten Versuch mich zu retten sprang ich in Richtung Ufer und wurde für diese dumme Idee sofort bestraft. Ich schaffte es nicht weit genug und landete voll mit meinem Brustkorb auf dem harten Stein. Ohne Vorwarnung drückte es mir die gesamte Luft aus meiner Lunge und ich rutschte weiter ab. Ich war inzwischen bis zu den Schultern im Fluss und schon zog mich die Strömung mit sich. Ich wurde immer wieder unter Wasser gedrückt und bekam somit keine Chance wieder Luft zu holen.
Da es erst Winterende war, hatte ich leider auch noch meinen Mantel an, was mir jetzt zum Verhängnis wurde. Er sog sich immer mehr mit Wasser voll und quoll regelrecht auf, sodass er auch immer schwerer wurde. Abermals trat ich heftig mit den Beinen und ruderte mit den Armen um an die Wasseroberfläche zu kommen, aber es gelang mir nicht so recht. Keuchend versuchte ich Luft zu holen, als eine weitere Welle mich erwischte und mir den Mund voll spülte. Die Wassermassen drückten mich immer weiter nach unten. Ich merkte wie die Luft in meinen Lungen immer weniger wurde. Einige Blasen stiegen aus meiner Nase und suchten sich ihren Weg an die Wasseroberfläche.
Verzweifelt strampelte ich um mich, aber meine Kleidung war so stark vollgesogen, dass ich gegen das Gewicht nicht ankam.
Langsam wurden meine Arme und Beine schwerer und meine Augen fielen immer wieder zu. Auch fiel mir das Denken je länger ich nicht atmen konnte immer schwerer. Schnell begann es am Rande meines Blickfeldes zu flackern und jäh wurde es mir schwarz vor Augen.

Plötzlich riss irgendetwas an mir zog und zog. Ich spürte wie der Wasserdruck immer mehr nach lies, also kam ich der Wasseroberfläche anscheinend immer näher. Jedoch zu langsam. Zu langsam. … nichts.

Zufall oder Schicksal


Langsam kehrten meine Sinne wieder zurück, ich spürte, dass ich auf Gras lag und noch immer meinen Mantel an hatte. Sein Gewicht drückte mir immer noch auf die Brust, ich konnte jedoch wieder einatmen. Hastig zog ich die Luft ein, als könnte ich nicht genug davon kriegen. Nachdem ich wieder zu Atem gekommen war öffnete ich langsam meine Augen. Mein Kopf dröhnte und das Licht schien mir viel zu hell zu sein. Schnell schloss ich sie wieder und öffnete meine Lider dann nur einen Spalt breit, bis ich mich an die Helligkeit gewöhnt hatte. Vorsichtig lies ich meine Schultern kreisen, was die Schmerzen nicht gerade minderte, dann traute ich mich langsam mich auf zusetzten. Ich verzog das Gesicht dabei, so sehr hämmerte mein Kopf und mir fiel auf, dass meine Füße und Arme ebenfalls schmerzten.
Verwundert sah ich mich um. Wie war ich hierher gekommen? Und wer oder was hatte mich gerettet? Wieso war dieser jemand nicht mehr da? Oder hatte ich mir das alles nur eingebildet?
Ich sah an mir herunter und stellte jedoch fest, dass meine Kleidung ziemlich durchgeweicht war. Nein, also kein Traum oder ähnliches. Ich schaute abermals einmal um mich herum, fand aber immer noch niemanden, dem ich hätte danken können. Also stand ich vorsichtig auf.
Ich war weniger weit von der Stelle vorgetrieben, als ich gedacht hatte. Es waren nur ungefähr zehn Meter gewesen. Zögernd setzte ich einen Fuß vor den anderen, um zu testen, ob sie mein Gewicht trugen. Sie fühlten sich zwar immer noch etwas taub an, aber ich konnte weitergehen. Ich lief zu meinen Sachen, die noch so dalagen, wie ich sie hingeschmissen hatte. Ich bückte mich und begann sie einzusammeln, wobei ich mich ziemlich ungeschickt anstellte, da meine Finger von der Kälte ganz steif waren und nun bemerkte ich auch, wie ich fröstelte. Nach einigem Abmühen schaffte ich es jedoch mir den Köcher, meinen Beutel und den Bogen wieder um die Schultern zu hängen.
Gerade als ich mich wieder aufrichtete erregte etwas Glitzerndes im Wald meine Aufmerksamkeit. Ich sah genauer hin, brauchte aber einige Momente um zu erkennen um was es sich handelte. Und als ich es wusste, wollte ich es nicht glauben. Es waren Augen. Nicht einfach irgendwelche Augen, sondern Wolfsaugen.
Ich blieb wie angewurzelt stehen und traute mich nicht mal zu atmen. Er sah mich direkt an. Irgendetwas an seinem Blick irritierte mich. Mal abgesehen davon, das er ein Wolf war. Seine Augen sahen so schlau, ja sogar richtig intelligent aus. Das passte so überhaupt gar nicht zu einem Tier.
Auf einmal legte er seinen Kopf schief, jedoch ohne mich aus den Augen zu lassen. Verwirrt zog ich die Augenbrauen zusammen und sah ihn fragend an, ich wagte es jedoch immer noch nicht mich zu bewegen, oder gar davon zu rennen. Dann begann er auf mich zu zu kommen, ganz langsam schlich er aus dem Wald und immer näher zu mir. Einen Meter von mir entfernt blieb er stehen. Alles in mir verkrampfte sich und ich versuchte fieberhaft nachzudenken, was ich als nächstes tun sollte. Einerseits war ich von diesem Wesen fasziniert, andererseits hatte ich Angst, oder besser gesagt ziemlichen Respekt. Aber selbst wenn ich hätte versuchen wollen zu fliehen, wäre es mir nicht gelungen, denn irgendwie hatte ich die Kontrolle über meinen Körper verloren.
Jetzt zog er eine seiner Vorderpfoten ein und senkte den Kopf, wie zu einer Verbeugung. Woraufhin ich nur noch verwirrter wurde. Versuchte dieser Wolf gerade mit mir zu kommunizieren? Um ihn verstehen zu machen, dass ich nicht wusste, was er wollte schüttelte ich den Kopf. Das Tier sah mir wieder eindringlich in die Augen und wiederholte seine Geste und ich verstand auf einmal. Ich sollte mich hinknien. Bevor ich richtig darüber nachgedacht hatte, wie verrückt es war, was ich gerade tat berührten meine Schienbeine bereits den Boden und ich stand auf Knien vor ihm.
Mit großen Augen verfolgte ich das weitere Geschehen. Verdammt Andra, was tust du da?, schallte ich mich in Gedanken. Langsam erhob er sich und schlich näher auf mich zu. Erst jetzt sah ich mir ihn genauer an, denn bis jetzt war ich so von seinen Augen gefesselt gewesen, dass ich auf den Rest gar nicht geachtet hatte. Er war ungefähr zehn Zentimeter größer als ein normaler Hund und hatte einen dunkelgrauen Pelz mit schwarzen Sprenkeln. Zu seiner Schnauze hin wurden sie immer mehr und das Fell um seine Nase war ganz schwarz, wie das an seinen Pfoten und seinem Schwanz. Er sah auch recht gepflegt aus und ich konnte nirgends Dreck oder Äste in seinen langen Haaren finden, welche sehr weich aussahen.
Langsam verschwand sein Körper rechts aus meinem Blickfeld und ich wagte es nicht mich umzudrehen, ich hielt einfach still. Er war so nahe bei mir, dass mir sein Geruch in die Nase wehte, er roch nach Kiefernharz und Moos. Es war ein sehr angenehmer Duft, mit dem ich irgendwie Sicherheit assoziierte. Und plötzlich spürte ich seinen Atem in meinem Nacken, was mich alle Muskeln in meinem Körper anspannen lies. Immer noch außer Stande etwas zu unternehmen kniete ich da und wartete ab, was er als nächstes tun würde.
Dann spürte ich etwas Kaltes und leicht Feuchtes an meinem Hals, nahe bei meinem Ohr. Vermutlich seine Nase. Ich riss meine Augen weiter auf, konnte aber keinen Laut von mir geben. Würde er mich beißen? Oder gar töten? Auf einmal war das Kühle wieder weg und die Stelle begann zu kribbeln, immer mehr, bis es fast brannte. Wie auf einen Schlag war alles vorbei.
Ich konnte sehen, wie der Wolf wieder in mein Sichtfeld lief, aber dieses Mal sah er irgendwie zufriedener aus. Als hätte er erreicht, was er wollte. Und auf einmal, wusste ich woran mich sein Blick erinnerte. An einen Menschen. Mir war noch nie ein Tier zuvor begegnet, das mich so ansah.
Und urplötzlich dröhnte eine tiefe Stimme in meinem Kopf, was mich dazu veranlasste mich hastig umzusehen. Aber außer mir und dem Wolf, war niemand am Fluss. Hallo, mein Name ist Blane. Ich bin ein Faunuswolf und du bist nun mein Reiter.

Geschockt sah ich ihn an und brachte aber kein Wort aus meinem Mund heraus. Das war alles viel zu viel für mich. Ich bin froh dich endlich gefunden zu haben. Du musst wissen, dass ich schon lange auf der Suche nach jemandem wie dir war.



Wir liefen nebeneinander durch den Wald und Blane war dabei mir alles zu erklären. Erstaunlicherweise fühlte ich mich in seiner Nähe nicht komisch, sondern eher ruhig, als hätte ich meine innere Ruhe gefunden. Ich hörte ihm aufmerksam zu, während er beschrieb was er war. Wie er schon gesagt hatte war er ein Faunuswolf . Diese Art von Wölfen wurden vor vielen Jahrhunderten von der Gottheit Faunus erschaffen. Ihre Aufgabe war es den Wald und dessen Bewohner zu beschützen. Dies war, wie Blane sagte, auch heute noch ihre Aufgabe. Jedoch wurde sie ihnen jetzt von den vielen Menschen sehr erschwert, die Leute brauchten immer mehr Ackerland und darunter musste der Wald leiden. Aber das war nicht ihre einzige Sorge, nein, da gab es eine viel größere, meinte er. Gespannt hörte ich ihm weiter zu und versuchte mir alles zu merken, was er sagte. Inzwischen haben wir noch zusätzliche Feinde, ich bin mir nicht sicher ob du von ihnen schon gehört hast.

Er sah mich mit seinen hellen Augen direkt und eindringlich an. Hast du jemals von den Zimrzan gehört?

Ich runzelte die Stirn und dachte über seine Frage eine Weile nach, dann schüttelte ich den Kopf. „Nein, noch nie.“ Er nickte und sah wieder auf den Weg vor ihm. Ein Zimrza gleicht einer Eidechse, nur ist er viel größer und kann zudem auch noch kleine Feuerbälle spuken. Außerdem hat er einen mit Stacheln besetzten Schwanz, den man auf keinen Fall unterschätzen sollte. Du musst wissen, dass sie nicht direkt solche Tiere sind, die von der Natur gewollt waren. So weit mein Volk weiß, wurden sie vor etwa einem Jahrzehnt von Aeneas gezüchtet.

Anscheinend hatte er meinen fragenden Blick aufgefangen, denn sofort erklärte er weiter. Du hast doch sicherlich mitbekommen, dass euer König krank ist und das er nun mit Hilfe seines Beraters das Land regiert?

Das stimmte, König Alasdair war schon krank seit ich denken konnte, ihm war es anscheinend nur möglich zu regieren, da ihm Aeneas zur Hand ging. Um auf Blanes Frage zu reagieren nickte ich schnell. Den Rest wirst du noch früh genug erfahren, jetzt hat Wichtigeres Vorrang.

, verkündete er mit seiner angenehm tiefen Stimme, der ich den ganzen Tag lauschen könnte. Irgendwie spürte ich eine Verbundenheit zu diesem Tier, wie ich sie noch nie erlebt hatte. Ich war zwar überwältigt gewesen, als er mir erklärt hatte, dass wir jetzt ein geistiges Band hatten und ich dadurch seine Stimme hören konnte. Aber nach nur wenigen weiteren Sätzen von ihm, war mir das schon völlig normal vorgekommen. Er war es auch gewesen, der mich aus dem Fluss gezogen hatte. Als hätte er meine Gedanken gehört richtete er seinen Blick wieder auf mich. Das vorhin war übrigens ziemlich knapp. Ich fände es schön, wenn du solche Sachen in Zukunft vermeiden könntest.

Als ich ihn schuldbewusst ansah und hastig nickte zogen sich seine Lefzen in die Höhe, so als würde er grinsen, was auch mir ein zaghaftes Lächeln entlockte. Um auf unser eigentliches Thema zurück zukommen.

, sagte er und fuhr mit seiner Erklärung über die Zimrzan fort. Sie wurden quasi nur erschaffen um dem König mehr Macht zu verleihen, was aber eigentlich auch wieder nicht ganz stimmt. Du musst wissen, dass der König schon lange nicht mehr das Sagen hat und er nur noch die Marionette von Aeneas ist. Er benutzt die Zimrzan um die Leute aus dem Weg zu schaffen, die ihm Ärger bereiten und um seine eigenen verworrenen Pläne nach zugehen. Leider kennen wir diese nicht und wissen daher auch nicht, was er als nächstes vorhat und wo sie als nächstes zuschlagen werden. Dann machte er eine kleine Pause, damit ich diese ganzen Informationen erst mal verdauen konnte. Der König war also gar nicht mehr an der Macht, nur die Bürger sollten so denken als wäre dies der Fall. Aeneas war in Wirklichkeit der Böse, auch wenn wir nicht wussten, was er mit seinen Plänen bewirken wollte. Ich hatte so die Vorahnung, dass es auf jeden Fall nichts Gutes war.
Irgendwie, brachte mich diese ganze Geschichte doch etwas aus dem Konzept. Immerhin wurde mir von klein auf weiß gemacht, dass der König nur unser Bestes wollte und wir alle in Frieden lebten. Zu meinem Erstaunen aber wusste ich instinktiv, dass ich Blane vertrauen konnte und das er Recht hatte. Obwohl, das alles noch ziemlich neu für mich war, hatte ich den grauen Wolf der neben mir her lief schon richtig ins Herz geschlossen.
Wir waren inzwischen schon auf halben Weg zurück zu mir nach Hause, ich hatte die beiden ausgenommenen Enten auf einen Ast gespießt und mir diesen über die Schulter gelegt. Mein Mantel tropfte immer noch und das obwohl ich ihn bereits ausgewrungen hatte. Wie würde ich das nachher Rhona erklären? Ich konnte ja schlecht sagen, dass ich in den Fluss gefallen war, kurz vor dem ertrinken war und mich ein überaus schlauer Wolf aus dem Wasser gezogen hatte. Ich war so in Gedanken vertieft, das ich etwas erschrak, als Blane sich wieder zu Wort meldete.
Übrigens werde ich noch ziemlich wachsen, jetzt da wir miteinander verbunden sind.

, meinte er und sah mich schief von der Seite an. Du hast dich doch bestimmt schon gefragt, wieso ich dich vorhin meine Reiterin genannt habe.

Damit traf er ins Schwarze, ich hatte wirklich schon darüber gegrübelt. „Stimmt, was hat es damit auf sich?“, fragte ich neugierig. Na ja, es ist so gemeint, wie es gesagt wird. Du wirst mich später reiten können.

Verwirrt runzelte ich die Stirn und sah zu ihm hinunter. Wie war das den gemeint? Er war immerhin nur etwas größer als ein Hund. Aber da fielen mir seinen Worte von gerade eben wieder ein. Er würde noch wachsen, hatte er gesagt.
Meine Augen wurden groß und vorsichtig fragte ich. „Wie groß wirst du genau?“ Wieder lächelte er sein Wolfsgrinsen, bevor er mir antwortete. Ein gutes Stück. Ich werde wahrscheinlich so groß, wie ein durchschnittliches Pferd.

Meine Augen weiteten sich, soweit das ging, noch mehr, was Blane dazu veranlasste ein amüsiert klingenden kehligen Laut von sich zu geben. „Wow, damit hätte ich nicht gerechnet.“, meinte ich sprachlos und sah ihn mir genau an, dann fügte er noch hinzu. Und es könnte passieren, dass sich meine Fellfarbe ändert. Wenn ein Faunuswolf seinen Reiter trifft, prägt ihn das sehr stark.

Beklommen nickte ich. Wie sich mein Leben jetzt wohl schlagartig ändern würde, aber ich war mir sicher, dass ich das zusammen mit Blane durchstehen würde.
Wir waren jetzt nicht mehr weit von unserem Haus entfernt und ich richtete nochmal mein Gepäck, dann sah ich zu ihm herunter. „So, wir sind fast da.“, sagte ich mit einem Wink in die Richtung unseres Hofes und Blane nickte. Ich konnte mir die Frage einfach nicht verkneifen und schon plapperte ich drauf los. „Wann werde ich dich wieder sehen?“ Er erwartungsvoll sah ich ihn an. Wann immer du willst, du brauchst nur nach mir zu rufen. Ich nickte knapp und trat dann aus dem Wald hervor, als ich mich umdrehte konnte ich sehen, wie der grauer Wolf mir hinter hersah. Und ich wusste, uns würde nichts trennen können.

Impressum

Texte: Lisa Sch. und Stefanie L.
Tag der Veröffentlichung: 03.04.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch ist für unsere Familie und unsere Freunde.

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