Alles ist rot, rot, rot wie Blut. Was ist geschehen? Sie liegt auf den Boden, rührt sich nicht. Was ist geschehen? Ihre Augen, die sonst wie Sterne strahlen, sind trüb, haben kein Licht mehr, sind tot. Sie rührt sich nicht, ist reglos. Ich gucke auf meine Hände. Sie zittern, ich bekomme sie nicht unter Kontrolle. Blut klebt an ihnen. Was ist geschehen? Wieso erinnere ich mich nicht? Ich muss mich beruhigen. Alles noch mal durchdenken. Wann bin ich ihr begegnet?
Genau, gestern Abend. Sie ist wunderschön gewesen. Ihr blondes Haar trägt sie offen, wild. Ihre Augen blitzen, als sie mich sieht. Wie eine Raubkatze die ihre Beute erblickt. Sie trägt ein schwarzes, eng anliegendes Kleid. Ihre Haut sieht aus wie Porzellan. Sie kommt auf mich zu. Sagt, dass sie mit mir tanzen will und nennt mir ihren Namen. Wie heißt sie? Ich erinnere mich nicht. Habe ich ihn überhaupt verstanden? Die Musik war so laut gewesen. Jetzt ist es nicht mehr laut. Jegliches Geräusch ist erstickt.
So lebendig wie sie gestern gewesen ist, so tot ist sie jetzt. Was ist geschehen? Wir haben die Party gemeinsam verlassen, wir sind die ganze Zeit zusammen gewesen, zusammen in dieses Zimmer gegangen. Niemand ist hier gewesen, niemand ist rein gekommen. Was hat das zu bedeuten? Sie ist tot.
Ich bin als einziger hier gewesen. Das heißt.... das heißt... ich habe sie getötet. Panisch blicke ich auf ihren leblosen Körper. Ich sehe das Messer auf den Boden. Es ist getränkt mit Blut. Ich gehe zu ihr. Setzte einen Schritt vor den anderen. Vor ihr gehe ich auf die Knie. Mit meiner Hand, streife ich eine Strähne aus ihrem Gesicht. Sie ist schön. So reglos, beschmiert mit ihrem Blut und ihr Gesicht verzehrt zum Schrei. Sie ist schöner als gestern Abend. Sind alle Frauen so schön, wenn sie sterben?
Ich lache leise. Ich werde es herausfinden müssen.
Ich bin allein, war allein, werde immer allein sein. Er hat mich im Stich gelassen, sie haben mich alle im Stich gelassen. Ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr. Bewegungslos liege ich auf meinem Bett. Meinen Blick starr auf die Decke gerichtet. So weiß, so leer. Wie passend. Ich fühle mich leer.
Er nannte mich schwach. Bin ich schwach? Ist ein Mensch schwach wenn er weint, wenn er jemanden verliert dem ihm wichtig ist? Wenn das so ist... ja, dann bin ich schwach. Ich richte mich auf. Ich bin es leid. Ich will nicht mehr auf das weiß starren, ich will nicht mehr allein sein, ich will nicht schwach sein. Doch was will ich?
Ich sehe mein Fenster, gehe darauf zu. Was soll ich tun? Ich öffne es, blicke hinaus. Alles ist Grau. Gibt es denn keine Schönheit mehr in der Welt, in meiner Welt? Ich sehe hinauf. Der Himmel... auch er ist Grau. Kein Licht zu sehen, die Sonne verdeckt von dicken Wolken. Ein Schmerz breitet sich aus, tief in meinem Herzen. Meine Leere schmerzt.
Ich blicke zurück. Auf eine Tür, eine geschlossene Tür. Ich wusste, ich werde sie nicht mehr öffnen. Seine Worte schallen in meinen Ohren, ein Echo das nicht enden will, nicht enden wird. Du bist schwach... schwach... schwach... Es macht mich verrückt. Ich starre auf die Straße. Das Grau verfließt, wird zu einem Strudel. Er ruft mich, zieht mich zu sich. Soll ich nachgeben, den Rufen folgen, schwach werden? Eine leichte Brise streift mein Gesicht, scheint mich sanft zu sich zu ziehen. Farben mischen sich in den Strudel. Viele bunte, wundervolle Farben. Es fällt mir schwer zu widerstehen. Will ich das denn? Ich weiß nicht was ich will, schon lange nicht mehr.
Ich gebe nach... gebe mich dem Strudel hin. Noch nie ist die Stadt so schön gewesen wie jetzt, noch nie habe ich etwas wundervolleres gesehen. Die Lichter, die Farben... so wunderbar.
Ich bin glücklich.
Er sieht mich an, seine Augen voller Verachtung. Ich habe ihm endlich gesagt was los ist. Er hat so oft gefragt. Ich weiß er würde es nicht verstehen. Wieso versteht er es nicht? Ist es denn so falsch? Ich verstehe es nicht. Ich habe ihm erzählt das ich einen Mann liebe. Ich liebe einen Mann...obwohl ich selbst einer bin. Er versteht es nicht. Beschimpft mich, nennt mich Schwuchtel. Was ist daran so falsch? Es tut mir weh wenn er mich so ansieht... so voller Ekel.
Verdammt! Wieso kann ich nicht normal sein? So normal wie er? Jetzt ist es so. Ich kann es nicht mehr ändern, egal was ich tue. Ich bin müde und schwach. Er sagt, dass er mich nicht mehr wieder sehen will, dass er mit so einem wie mir nichts zu tun haben will.
Nein! Nein! Geh nicht! Bleib bei mir... Lass mich nicht allein... Ich will ihn anflehen, aber ich tue es nicht. Ich stehe da und sehe ihm nach wie er geht. Er soll nicht gehen... Er soll bei mir bleiben... Ich brauche ihn... Doch es ist vorbei, er lässt mich allein...
Wir kennen uns schon so lange, von klein auf. Auf dem Spielplatz haben wir uns kennen gelernt. Ich blicke gerne zurück, zurück in die Zeit in der noch alles in Ordnung ist. Damals bin ich glücklich gewesen. Doch diese Zeit... sie ist vorbei. Er ist weg, lässt mich allein... allein mit meinem Schmerz. Und ich... ich habe ihm nicht gesagt das er es ist... er ist der Mann den ich liebe...
Was heißt es allein zu sein? Was ist liebe? Wie fühlt es sich an geliebt zu werden? Ich bin aufgewachsen in einer ganz normalen Familie. Alles scheint perfekt. Doch es ist nichts als Lüge. All das, sind nur pure Lügen! Ich kenne die Wahrheit, will sie aber nicht aussprechen. Niemand weiß wie ich mich fühle, niemand wird es je erfahren. Meine Eltern leben zusammen, sind glücklich verheiratet... Schwachsinn!
Meine Mutter weint... Sie weint jede Nacht... Ich höre es, gehe aber nicht zu ihr. Ich bleibe fern. Mein Vater kommt spät nach hause... jede Nacht ein wenig später. Ich weiß was er treibt... kann es nicht verhindern. Er ist bei anderen Frauen, Mutter ist ihm nicht genug. Ich weiß alles. Doch sie tun so als wäre nichts. Lügen! Alles Lügen!
Meine Freunde beneiden mich für meine tolle Familie... Wenn sie wüssten... Sie wissen nichts, überhaupt nichts! Ich frage mich... Ist es besser allein zu sein? Wieso habe ich diese Probleme? Meine Eltern beschenken mich, denken sie könnten mich damit zu Frieden stellen... Sie haben keine Ahnung. Ich will ihre Geschenke nicht! Ich will das sie mich lieben... Können sie das überhaupt?
Ihr leben ist wichtiger als ich... Ihr streit, der Wettbewerb sich gegenseitig zu verletzten, ist wichtiger als ich... Wieso haben sie mich überhaupt bekommen? Ich bin ihnen doch so egal... Was soll ich tun? Weglaufen und nicht mehr wieder kommen? Vielleicht würden sie sich ja Sorgen machen... Doch das glaube ich nicht. Sie würden wütend auf mich sein... Das perfekte Bild könnte zerbrechen. Wie ein Spiegel in den man schlägt, in tausend Splitter zerspringen.
Daher bleibe ich, spiele ihr Spiel mit. Warte darauf bis ich selbst zerbreche...
Alles Lügen!
Ich liege in meinem Bett, spüre wie ich schwächer werde. Mein Körper ist alt, mein Gesicht voller Falten. Ich denke an früher, an all die schönen Tage. Es ist Frühling gewesen, als ich meinen geliebten Herbert kennen gelernt habe. Damals bin ich noch jung gewesen. Eine schöne Frau. Ich habe mein langes schwarzes Haar geliebt. An diesem Tag habe ich ein helles Kleid getragen, das mit Blumen bestiegt gewesen ist.
Ich seufze.
Die ersten Knospen öffnen sich. Ich liebe Blumen, dass tue ich schon immer. Herbert nimmt meinen Arm. Gemeinsam gehen wir im Park spazieren. Die Vögel zwitschern, Kinder laufen lachend umher. Es ist eine wundervolle Zeit gewesen...
Er ist der einzige Mann der mich glücklich machen kann. Mein Herbert... Er ist tot. Schon seit einigen Jahren. Ich werde ihm bald folgen. Ich habe keine Angst vor dem Tod, sollte ich denn? Ich mache mir nur Sorgen um meine Tochter und meine Enkel. Ich möchte nicht das sie um mich weinen... Sie sollen glücklich sein, so wie ich... Ich bin glücklich endlich wieder zu meinem Herbert kommen zu können... Wir würden wieder vereint sein. Wir haben eine schöne Zeit erlebt... Ich bereue nichts, keinen einzigen Tag... Daher kann ich in Ruhe gehen, in Frieden einschlafen...
Johanna... meine wundervolle Tochter... ich werde auf dich warten, im Jenseits, mit deinem Vater... Aber bitte, komme nicht zu früh. Deine Zeit ist noch nicht gekommen, noch lange nicht. Hab es nicht eilig, deine Kinder brauchen dich noch... So wie du mich gebraucht hast, aber das tust du jetzt nicht mehr...
Lebe wohl... Ich muss gehen, ich spüre es... Sei nicht traurig, es ist gut so.
Herbert, ich komme zu dir...
Ich lächle.
Er ist gegangen... Wieso ist er gegangen? Er hat gesagt, es sei Schluss. Kein weiteres Wort... Keine Begründung... Nichts... Nur, es ist Schluss.
Wieso?
Ich will wissen, wieso? Ich habe es verdient. Die Wahrheit! Sag sie mir! Doch du tust es nicht. Nein, du tust es nicht... Lässt mich allein... ganz allein...
Versteh doch, ich brauche dich... Du bist der Erste, der Einzige. Meine Liebe... du trittst sie mit Füßen, stampfst darauf herum... Dir ist egal was aus mir wird, du denkst nur an dich! Was ist mit mir? Verdammt noch mal, sag es mir!
Wieso?
Hab ich dir irgendwas getan? Du sagst nichts... Du gehst... lässt mich allein, allein mit meinem Schmerz. Bin ich deiner nicht mehr würdig?
Wieso?
Sag es, bitte... Es ist ihm egal, er geht, einfach so. Ich liebe ihn doch. Ich habe ihm mein Herz geschenkt! Ich hätte für ihn mein Leben gegeben!
Er wird es bereuen! Er wird alles bereuen! Er lässt mich allein... ohne ein Wort... das werde ich nicht zulassen! Er kann nicht einfach so gehen!
Niemals!
Sie haben mich eingesperrt... einfach so! In eine Zelle... eine Zelle aus Gummi. Ich kann meine Arme nicht bewegen... egal wie oft ich es versuche.
Sie sagen, ich wäre verrückt, vollkommen durchgedreht.
Ha ha ha...
Die Spinnen doch... ich bin doch nicht verrückt. Wie kommen sie darauf? Ich habe doch nichts getan! Nur... ein paar Tieren den Kopf abgerissen... Da ist doch nichts dabei, oder? Ich bin deswegen doch nicht verrückt... nicht wahr?
Sie sind die Bösen, nicht ich! Sie haben mich hier eingesperrt! Sie hindern mich an meinem Spaß!
Oh, süßer süßer Spaß...
Ha ha ha...
Wie sehr ich dich vermisse... Diese unschuldigen Augen, die nicht wissen was mit ihnen geschieht... Wie sehr ich sie vermisse... Das Knacken des Genicks... so ein wundervolles Geräusch...Nein, ich bin nicht verrückt... Ich genieße meinen Spaß.
Ha ha ha...
Sie sind diejenigen die verrückt sind... nicht ich! Ich gehöre nicht hierher... nein, das tue ich nicht... Ich gehöre nach draußen... Draußen habe ich Spaß...
Ha ha ha...
Ich habe ihn gestern das erste mal gesehen. 6 Jahre ist er jetzt... Ich bin nicht bei ihm gewesen... habe sie mit ihm allein gelassen... Sie haben mich gebraucht.... Doch ich... ich bin einfach abgehauen.
Damals... sie sagt mir sie sei Schwanger. Ich habe nichts gespürt, außer... pure Angst. Ich bin nicht älter als 15 gewesen. Da hat man Angst... oder nicht? Doch sie hat auch angst gehabt. Ich weiß es... dennoch bin ich gegangen. Nein, ich bin weggelaufen... einfach weg... Habe meine Verantwortung zurück gelassen... Habe meinen Sohn und die Frau die ich liebe zurückgelassen... Ich bin so ein Idiot! Wieso bin ich nur so dumm?
Ich bereue es... ich bereue es gegangen zu sein, sie allein gelassen zu haben. Ich hoffe, sie kann mir verzeihen... er kann mir verzeihen... Ich weiß noch nicht einmal seinen Namen. Sie hat ihn mir gestern nicht genannt... Ich kann sie verstehen. Sie muss mich hassen... mich verabscheuen... Ich kann mir das selbst nicht verzeihen...
6 Jahre... 6 Jahre habe ich verdrängt das ich einen Sohn habe... einen Sohn der mich braucht... einen Vater, seinen Vater, braucht... Ich wünsche ich könne die Zeit zurückdrehen, alles rückgängig machen... für die Beiden da sein...
Ich werde versuchen... es irgendwie wieder gut zu machen, jetzt für ihn da zu sein... Doch die letzten Jahre kann ich nicht wieder gut machen...
Das Jahr ist fast vorüber, so viel ist passiert. Viele Dinge über die ich trauere... Es ist kein gutes Jahr gewesen. Jetzt ist es Winter, die letzte Jahreszeit im Jahr.
Ich sitze auf meinem alten Sofa, mit einer Decke um mich geschlungen. Was soll ich sagen? Dieses Jahr ist grauenhaft, das Nächste kann nur besser werden. Und dennoch... dennoch sitze ich hier mit einem Lächeln. Es ist Winter und ich lächle. Ein Feuer knistert im Kamin. Ich liebe diese Geräusch. Es bringt mir Ruhe...
Wieso tut es das? Wieso sitze ich hier... an einem trüben Wintertag... mit einem Lächeln? Ich kenne die Antwort... Dieses Jahr, dieses schlechte Jahr... Ich erfreue mich an den kleinen Dingen. Das Knistern... Der Schnee der vor dem Fenster auf dem Boden rieselt... Ich habe dieses Jahr eine harte Lektion gelernt...
Wenn einem viele schlecht Dinge widerfahren, braucht es nur die Schönheit der kleinen Dinge, die einem ein Lächeln entlocken.
Ich sehe mich... überall... es macht mich verrückt! Überall... überall sehe ich mein Gesicht... meine Schuld... Ich will es nicht sehen! Ich will hier raus! Doch... gibst es einen Ausgang? Überall sind nur Spiegel... ein Labyrinth... so viele Verzweigungen meiner Schuld...
Nein! Es ist nicht meine Schuld... Ich bin irgendwie darein gerutscht... ich kann nichts dafür!
Die Gesichter... sie sehen mich an... schreien mir entgegen... Lügner!
Ich Lüge nicht! Es sind Unfälle gewesen... es sind alles Unfälle gewesen...
Ich kann es nicht ertragen... die Blicke... ich kann sie nicht ertragen! Ich balle meine Hand zur Faust... hole aus... schlage zu... Der Spiegel zerbricht, zerspringt in kleine Teile.
Doch es hilft nichts... Die Gesichter blicken mich noch immer an... so viele Spiegel... ich werde sie nicht los... werde sie niemals los...
Ich hasse es! Sie nehmen mich nicht ernst... behandeln mich wie ein Kind... Ich bin 15! Versteht es doch endlich... ich bin kein Kind! Immer sagen sie... ich bin zu jung... das ist nichts für Kinder... Schwachsinn! Ich bin alt genug! Ich kann meine Entscheidungen allein treffen!
Ja, allein... ich brauche niemanden der mich bemuttert... Ich schaffe das, komme allein zurecht... Wenn ihr es nicht verstehen wollt... Ich werde es euch beweisen! Ich kann mein leben alleine regeln!
Ich gehe... Ich gehe fort... ich werde es euch beweisen... Ich werde es euch allen beweisen... endgültig! Niemals werde ich mich von euch noch einmal irgendetwas sagen lasse! Auf wiedersehen... für immer.
Ihr seit es selbst schuld!
Was soll ich tun? Ich will schon seit ich denken kann Kinder. Jetzt bin ich schwanger. Doch... doch wenn ich das Kind bekomme... werde ich sterben. Die Ärzte sagen alle das Selbe...alle... Es gibt keine Hoffnung das ich die Geburt überlebe... Wieso ich?
Es gibt so viele Frauen, so viele, die ungewollt ein Kind bekommen... das ist doch nicht fair! Ich würde alles dafür tun ein Kind zu haben... es großziehen zu können... aber dieser Wunsch kann sich nicht erfüllen. Ich würde vorher sterben!
Ich habe auch schon überlegt ein Kind zu adoptieren... aber ich weiß nicht, ob das was für mich ist... ein Kind großziehen... das ich nicht unter meinem Herzen getragen habe... ich habe zu viel angst, das ich es nicht lieben könnte... Doch jetzt... jetzt habe ich eine andere Entscheidung zu treffen... Entweder ich bekomme mein Kind und sterbe... oder ich töte es... Kann ich das? Kann ich diese Entscheidung treffen?
Doch es ist nicht wichtig ob ich es kann.... ich muss. Irgendwie muss ich mich entscheiden... mein Leben, oder das meines Kindes...
Nein! Ich kann es nicht töten... lieber sterbe ich... als meinem ungeborenen Kind ein leben zu verweigern.
Ich lege die Hand auf meinem Bauch.
Werde glücklich. Ich liebe dich.
Tag der Veröffentlichung: 14.07.2013
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