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1


In einer Kleinstadt, namens Kingussie, in Schottland ist der Graf verstorben. Er war alt gewesen. 84 Jahre alt um genau zu sein. Am Tag der Beisetzung war die Stadt wie leer gefegt. Alle waren bei der Beerdigung ihres geliebten Grafens. Von seiner Familie war nur sein einziger Sohn Chester anwesend. Die Frau des Grafens und die engsten Verwandten waren mittlerweile schon gestorben. Chester war 31 Jahre alt und unverheiratet. Er liebte Partys und Flirts mehr, als Ehemann und Vater zu sein. Zu seinem Vater, den Grafen hatte er immer ein gutes Verhältnis gehabt. Er brauchte einige Monate um die Trauer zu verarbeiten, wegen dem Tod seines Vaters und er war dann auch bereit sein Erbe anzutreten. Chester erbte den Landsitz seines Vaters und sein ganzes Vermögen.
Doch nach ein paar Jahren war er pleite und saß auf einem hohen Berg von Schulden. Chester hatte die ganzen Jahre über nur Partys veranstaltet und ist von einem Land zum anderen gereist. Nun ging es aber nicht mehr. Ihm wurde schon mit dem Gerichtsvollzieher gedroht, wenn er seine Rechnungen nicht bezahlte.
Eines Nachts lag er wach in seinem Bett und zerbrach sich die Gedanken. Alles kreiste sich um die Schulden, die er nicht bezahlen kann. Doch plötzlich kam ihm eine Idee, die alle seine Probleme lösen könnte. Mein Vater hatte zehn goldene Zähne. Ich müsste ihn nur kurz ausgraben, ihm die Zähne ziehen und ihn wieder begraben. Morgen könnte ich die Zähne verkaufen und mit dem Geld meine Schulden bezahlen. Lange überlegte er hin und her ob er es machen sollte oder nicht. Es war ja eigentlich Grabschänderei und er würde sozusagen damit seinen eigenen Vater beklauen. Aber die Angst vor dem Gerichtsvollzieher und die Schuldgefühle wegen den Schulden überwiegte. Er fand keine andere Lösung da heil wieder raus zukommen. Also stand er auf und zog sich eine schwarze Jeans und sein schwarzen Kapuzenpullover über. Er ging runter in den Schuppen und nahm noch eine Schaufel und eine Zange mit.
Der Weg war nicht weit bis zum Grab seines Vaters. Denn der Friedhof der Familie befand sich gleich nebenan von dem Landsitz. Es war stockdunkel, nur der große Runde Vollmond spendete ihn Licht. Nun durchfuhr ihm wieder Angst, hier so ganz allein auf dem Friedhof rumzuwandern. Es herrschte eine Totenstille, abgesehen von dem heulen einer Eule.
Nachdem er das Grab seines Vaters erreicht hatte, nahm er die Schaufel und fing an zu graben. Es dauerte zwei Stunde bis er den Sarg frei grub. Mit zitternden Händen öffnete er den Sarg. Chester musste würgen und versuchen sich nicht zu übergeben, denn der Geruch nach Verwesung war unerträglich. Der alte Graf sah zwar immer noch aus wie früher, doch die Verwesung hatte schon lange eingesetzt. Nachdem Chester sich wieder im Griff hatte, versuchte er den Mund seines Vaters zu öffnen, was ihm aber sichtlich schwer viel und er alle Kraft mit aufbringen musste, denn auch die Totenstarre hatte schon angefangen. Doch nach einigem Abmühen hatte er es endlich geschafft und die zehn goldenen Zähne erschienen. Chester nahm schnell seine Zange aus der Hosentasche und zog ihm ein Zahn nach dem anderen, doch der letzte Zahn ließ sich nicht rausziehen. Mit aller Kraft und Wut rüttelte er an dem Zahn. Er hing doch nur noch an einem Zippel.
Plötzlich wurde alles ruhig. Sogar die Eule hörte auf zu heulen und eine dicke Wolke schob sich vor dem Mond, sodass er nur noch kaum etwas sehen konnte. Mit einem kräftigen Ruck war der Zahn endlich draußen und der Mond tauchte wieder von der Wolke hervor und Chester sah wie sein Vater mit einem Mal die Augen öffnete. In Panik schlug er schnell den Sarg wieder zu und begrub ihn in Lichtgeschwindigkeit wieder.

2


Am nächsten Tag verkaufte er die goldenen Zähne, nach dem Schrecken in der Nacht. Er bekam dafür wieder ein ganzes Vermögen und nun konnte er ruhigem Gewissen seine Schulden begleichen. Alle Anspannungen und die Angst waren wie fortgeblasen. Heute Abend konnte er mit ruhigem Gewissen einschlafen und zermarterte sich nicht mehr den Kopf. Zur Feier des Tages schmieß er wieder eine Party und lernte dort auch eine hübsche Frau kennen, die vielleicht sein Herz erobern könnte. Sie hieß Laura und mit ihr schlief er heute Nacht einige Male.
In der nächsten Nacht lag er wieder alleine im Bett. Er hatte sich zwar am Nachmittag wieder mit Laura getroffen, aber morgen früh, musste sie schon wieder früh raus. Chester lag noch wach im Bett und seine Gedanken kreisten um Laura. Er war auf dem besten Weg sich in sie zu verlieben. Er wollte dies auch zulassen, denn sie war eine wahre Traumfrau gewesen.
Doch das Quietschen des Friedhofstors riss ihn aus seinen Gedanken und er musste wieder an der Nacht denken, als er seinen Vater bestohlen hatte. Dann hörte er wie sich das Friedhofstor wieder schloss. Aber es wurde mit einem Knall ins Schloss geworfen. Chester rannte zu seinem Fenster, um zusehen wer das war. Er sah wie sich eine schwarze Gestalt seiner Haustür näherte, aber er konnte nur umrisse erkennen.
Mit ruhigem Gewissen ging Chester wieder ins Bett. Die Haustür ist abgeschlossen und der Typ kann hier nicht rein. Dachte er sich.
Doch falsch gedachte. Die Haustür öffnete sich mit einem knarren und schlug auch wieder mit voller Wucht zu. Chester Herz raste vor Angst. Er war hier ganz alleine in dem großen Anwesen. Seine Angestellten waren schon alle nach Hause gegangen und würden erst morgen früh wieder hier sein.
Dann hörte er wie jemand die Treppe zu seinem Zimmer hoch ging. Tap, tap, tap, tap. Chesters Herz raste immer schneller und zog sich die Bettdecke. Er war wie paralysiert und konnte sich nicht bewegen. Doch dann hörte er, wie derjenige wieder die Treppen runter ging. Tap, tap, tap, tap. Er hörte wie sich die Haustür öffnete und sich wieder schloss und das Friedhofstor ebenfalls. Er bekam vor Angst die ganze Nacht kein Auge zu und war immer noch wie paralysiert.

3


Am Morgen, als sich Chester wieder gefangen hatte, rief er sofort die Polizei an. Sie fanden aber keine Einbruchsspuren und es wurde auch nichts geklaut. Doch Chester hatte trotzdem immer noch Panik und bezahlte die Polizei dafür, damit sie heute Nacht hierbleiben.
In der Nacht wiederholte sich auch alles wieder. Die Gestalt kam wieder die Treppen hoch und verschwand danach auch wieder. Voller Wut kam Chester am nächsten Morgen die Treppen herunter. Er hatte gedacht die Polizisten wären eingeschlafen, weil sie den Kerl nicht geschnappt hatten. Aber dem war nicht so, sie waren die ganze Nacht standhaft geblieben, hatten aber nichts gesehen und auch nichts im Anwesen gehört. Zornig warf er die Polizisten raus. Langsam aber sicher drehte er durch. Es ist, als ob er ein Psycho ist und sich alles nur einbildet. Davor hatte er jetzt am meisten Angst. Seit zwei Tagen bekam Chester kein Auge mehr zu. Das merkte Laura am Nachmittag sofort. Sie war die einzige, die er erzählte, dass er die goldenen Zähne seines Vaters geklaut hatte. Daraufhin schlug sie vor mit ihm im Urlaub zu fahren, damit er wieder zur Ruhe kam. Sie buchten gleich zwei Monate eine Reise nach Hawaii und dort kam er auch wieder zur Ruhe. Es kam niemand in der Nacht und er brauchte sich vor nichts zu fürchten. Nun konnte Chester sich mal richtig ausschlafen. Während des Urlaubs kam er mit Laura zusammen und als er erfuhr, dass sie Schwanger von ihm war, machte er ihr einen Heiratsantrag. Sie nahm diesen mit Freuden an. Doch leider vergingen die zwei Monate wie im Flug.
In Schottland wieder angekommen, veranlasste Laura den Umzug zu Chester. Doch das würde noch zwei Wochen dauern, bis sie bei ihm einziehen konnte. In der Nacht wollte er seelenruhig einschlafen. Er hatte nun keine Angst mehr, denn die Vorfreude auf die Hochzeit und dem ungeborenen Kind war größer. Aber die Freude verschwand, als er wieder das Friedhofstor und seine Haustür zuschlagen hörte. Dann war auch wieder das tap, tap, tap, tap auf den Treppen zuhören. Bevor er diesmal verschwand, klopfte er an die Schlafzimmertür von Chester. Er erschrak und sein Herz raste so laut, das er es selbst auch hören konnte. Nach einer Weile hörte er wie die Gestalt die Treppe runter ging.

4


Am nächsten Abend veranlasste Chester, das seine Angestellten diese Nacht hier blieben und alle möglichen Möbelstücke, wie Schränke und Sofas vor der Tür stellten. So konnte sich Chester sicher sein, dass der Typ nicht hinein kommen konnte und legte sich ins Bett. Er lag aber trotzdem noch wach in seinem Bett und bekam kein Auge zu. Wie erwartet öffnete und schloss sich wieder das Friedhofstor. Doch er war guten Gewissen, das er nicht durch die Haustür kam. Aber wieder falsch gedacht. Die Haustür öffnete sich knarrend und schloss sich mit voller Wucht. Am liebsten würde Chester flüchten und zu seinen Angestellten rennen, aber er konnte sich einfach nicht rühren. Er lag wieder wie paralysiert ans Bett gefesselt. Danach erklang wieder das tap, tap, tap, tap und jemand klopfte wieder an seine Schlafzimmertür. Voller Panik zog sich Chester seine Bettdecke über den Kopf und betete, dass er gleich wieder verschwand. Aber diesmal war alles anders. Seine Zimmertür öffnete sich und die die schwarze Gestalt kam immer näher, näher und näher zu seinem Bett. Vor Angst wurde ihm schon richtig schwindelig. Sein Herz fühlte sich an, als ob es jeden Moment aus seiner Brust springen würde. Am Bett angekommen zog die Gestalt kräftig die Bettdecke von ihm weg und Chester sah das Gesicht seines Vaters über ihm. Vor Schreck schrie Chester durch das ganze Haus.
Sofort liefen die Angestellte zu ihm ins Zimmer und fanden Chester tot auf. Sie informierten Laura und riefen den Notarzt an. Es kam raus, dass er an einem Herzinfarkt gestorben war. Laura berichtete der Kripo, dass Chester seinen Vater ausgrub und ihm die goldenen Zähne zog. Chester muss sich das alles nur eingebildet haben. Sein schlechtes Gewissen hatte ihm sozusagen einen Streich gespielt und ist so daran gestorben.
Vor seinem Tod hatte Chester sein Testament umgeschrieben gehabt. Laura und das ungeborene Kind erbten den Landsitz und sein ganzes Vermögen. Der spuck hörte nach Chesters Tod im Anwesen auf.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 15.11.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich unserem verstorbenen katholschen Pfarrer Johannes Eisele. Er hatte uns diese Gruselgeschichte früher als Kind immer erzählt und ist dieses Jahr gestorben.

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