Frau Holle-Jünger
In Ostfriesland lebte eine Frau, die hieß Frau Holle-Jünger und hatte ein Ferienhaus. Die Wohnungen im dem Haus vermietete sie. Sie wusch die Bettbezüge und die Handtücher. Sie spülte Geschirr und putzte die Ferienwohnungen. Wenn die Gäste Fahrrad fahren wollten, pumpte ihnen die Reifen auf. Wenn die Gäste mit dem Boot fahren wollten, schöpfte sie ihnen das Regenwasser aus dem Boot. Wenn die Gäste von der Sonne geblendet wurden, spannte sie den Sonnenschirm auf. Zum Dank zahlten die Gäste nicht nur die Miete, sondern schenkten ihr auch Blumen und Wein.
Aber eines Tages blieb Frau Holle-Jünger länger im Bett und frühstückte dort in aller Ruhe. Als sie in die Küche kam, riefen die Töpfe: „Wasch uns ab, damit wir wieder gebraucht werden können.“ Aber sie antwortete: „Heute wasche ich nicht ab. Heute mache ich einen Ruhetag. Die anderen Töpfe im Schrank stehen zum Gebrauch bereit.“ Als sie in den Garten kam, riefen die Primeln: „Pflanz uns ein. Wir stehen hier schon eine Woche im Regen.“ Aber sie antwortete: „Ihr müsst noch einen Tag warten, denn heute ist mein Ruhetag. Aber morgen pflanze ich euch ein.“ Als sie in den Keller kam, riefen die Wäschestücke: „Nimm uns ab. Wir sind schon lange trocken.“ Aber sie sagte: „Heute nehme ich euch nicht ab. Heute ist mein Ruhetag. Es schadet nicht, wenn ihr noch einen Tag auf der Leine hängt.“
Dann ging sie am Meer spazieren. Sie lächelte, als sie die Sonne auf ihrer Haut spürte. Schließlich kehrte sie im Café am Meeresstrand ein. Sie aß ein großes Stück Karamelltorte auf der Terrasse und ließ den Wind mit ihrem silbernen Haar spielen. Dann beschloss sie, niemals einem Mädchen, das sich einen Ruhetag gönnen wollte, Pech über das Haar zu schütten. Gold für ein fleißiges Mädchen hatte sie nicht. Aber sie würde einem solchen Mädchen immer mehr als den Mindestlohn geben.
Texte: Dieses Märchen unterliegt dem Copyright. Alle Rechte liegen bei der Autorin
Tag der Veröffentlichung: 05.01.2012
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