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Der Verrat an Doktor Aaron

Die Rettung von Dr.Aaron

 

Das Ehepaar Aaron hatte eine Vorladung der SS erhalten. Amadeus Aaron hatte keine Ahnung, welchem Zweck die Befragung dienen sollte. Frau Aaron hatte ihm keine Silbe über die beabsichtigte Trennung verraten. Sie meldeten sich beim Pförtner. Ein Polizist wurde ihnen als Begleitung zugeteilt. Sie fanden ziemlich schnell das auf der Vorladung angegebene Büro. Auf dem Namensschild neben der Tür stand Franz Becker. Name und Zimmernummer stimmten überein. Frau Aaron klopfte an der Tür. Nach der Aufforderung „bitte“, betraten sie gemeinsam den Raum und der Polizist entfernte sich wieder. Es folgte ein Gespräch, das für Herrn Aaron an Beleidigung und Entwürdigung ohne Beispiel war.

„Ich möchte mich von meinem jüdischen Ehemann scheiden lassen, soweit ich mich informierte, ist das nach der bestehenden Gesetzeslage möglich. Ich bin als junge moderne Frau vollkommen isoliert. Ich darf keinen Ball besuchen. Meine Freunde und Verwandte haben sich von uns abgewendet. Wir sind völlig geächtet. Ich kann so nicht weiter Leben“. Amadeus Aaron setzte an, eine Antwort zu den Ausführungen seiner Frau zu geben, wurde aber sofort von Herrn Becker zum Schweigen aufgefordert. Die Art und Weise, wie er diesen Mann behandelte war beleidigend. Herrn Aaron schossen die Tränen in die Augen, zumal der Trennungswunsch seiner Ehefrau für ihn aus heiterem Himmel kam. Franz Becker ignorierte Amadeus fast mit kindischer Auffälligkeit. Er sah ihn nicht an, sondern drehte ihm halbwegs den Rücken zu, blickte ab und zu zur Seite, als würde er einen hässlichen Wurm vor sich haben. „Sie sind Jude und haben in diesem Büro nichts zu Sagen. Wir können die ganze Angelegenheit auch ohne ihre Anwesenheit abwickeln. Ihre Ehe wird sofort aufgelöst. Sie sind Jude und somit kein deutscher Bürger. Es gibt für sie keine Möglichkeit irgendetwas dagegen zu unternehmen. Wenn eine deutsche Frau ihren Fehler, einen Juden geheiratet zu haben, erkennt, helfen wir ihr natürlich. Ich schicke sie gleich zum Standesamt, damit die Annullierung der Ehe erledigt werden kann“. Unter den gegebenen Umständen, ist das wohl die beste Lösung“, sagte Herr Aaron, stand auf und ging in Richtung Tür. Franz Becker rief ihn mit einem lauten befehlenden Ton zurück und forderte telefonisch einen Hauspolizisten für Herrn Aaron an. „Unbefugte Bürger und vor allem Juden werden in diesem Gebäude nur in Polizeibegleitung geduldet“, fügte Herr Becker unnötigerweise noch hinzu. Nachdem Herr Aaron sich entfernt hatte, führte Franz Becker ein sehr langes Gespräch mit Frau Aaron, „Ich gratuliere ihnen zu ihrer Entscheidung“. „Ich bin von Anfang an ein Anhänger des Führers und werde die Politik der NSDAP voll unterstützten“. Frau Aaron benahm sich, als hätte sie den Mann, den sie hier verriet, überhaupt nicht gekannt. „Wir haben ein so nettes Gespräch geführt“, sagte Herr Becker zum Abschied, „es wäre mir ein Bedürfnis, sie nicht aus den Augen zu verlieren. Da sie noch etwas Nachholbedarf haben, wenn sie nichts besseres vorhaben, werde ich sie Morgen um 19.30h. Abholen“. Frau Aaron bestätigte ihr Einverständnis durch ein kurzes Kopfnicken.

Amadeus trottete niedergeschlagen hinter den Polizisten. Als Respektperson im Krankenhaus geachtet, tat ihm diese Ausgeschlossenheit besonders weh, denn auch der Polizist wechselte kein Wort mit ihm. Nachdem sie mehrere Etagen und diverse Gänge absolviert hatten, standen sie vor dem richtigen Büro. Der Polizist öffnete die Tür, ließ ihn eintreten und verschwand wortlos. Der Beamte hinter den Schreibtisch machte einen sympathischen Eindruck. „Herr Becker hat sie schon angekündigt, es handelt sich hier um die Annullierung einer Ehe. Das ist natürlich sehr nachteilig für sie als Jude, konnten sie das nicht vermeiden“? Der Beamte hatte die Worte gesprochen während er Notizen auf ein Blatt Papier machte. Jetzt sah er seinen Besuch an und erschrak sichtlich. „Herr Dr. Aaron“, entfuhr es ihm, als er ihm die Hand zur Begrüßung reichte. „Ich kenne sie, sie haben meiner kleinen Tochter das Leben gerettet. Ohne ihren Einsatz, wäre unsere kleine Erika sofort nach der Geburt gestorben. Dass ich ihnen das Folgende nicht ersparen kann, macht mich sehr unglücklich. Ich heiße Eduard Kummer“, sagte er und dirigierte Herrn Aaron in eine kleine Kammer. „Ich habe den Eindruck, dass wir über die Telefone abgehört werden“, flüsterte er. „Meinem Kollegen vom Nebenschreibtisch wurden Äußerungen vorgeworfen, die er nur mir erzählte. Ich habe Niemanden davon erzählt, also woher wussten die Das. Mein Kollege glaubt nun, ich hätte ihn verraten und ich kann ihm das nicht verdenken“. Herr Aaron hatte nun zum ersten Mal Gelegenheit über das abgefeimte Spiel seiner Ehefrau zu berichten. Herr Kummer war bestürzt über die Kaltblütigkeit der Frau, machte Herrn Aaron aber auch klar, dass er ihm nicht groß helfen kann. „Ich kann ihnen etwas helfen, wenn ich aus ihnen einen Kriminellen mache. Kriminelle haben es im KZ besser. Als Jude ist ihre Überlebenschance gleich Null. In dem Bericht vergesse ich anzugeben, dass sie Jude sind. Die Aussagen ihrer Ehefrau kommen zu den Akten in den Schrank. Ihre Ehe wurde wegen Bigamie aufgelöst. Sie wurden wegen Totschlag verhaftet. Sie sind außerdem ein mehrfacher Heiratsschwindler. Den Bericht lesen die erst im KZ, aber wenn ich auf den Umschlag ein K (für kriminell) mache, kommen sie in ein besseres KZ ich kann sogar den Ausweis anheften, denn bei Ihnen ist das J für Jude nicht eingestempelt worden, da sie eine deutsche Ehefrau hatten. Ich hoffe, das Herr Becker sich nicht noch weiter für sie interessiert, aber das wäre ungewöhnlich“. Dass Amadeus als Jude weniger galt, als ein Verbrecher, konnte er nicht verstehen. Er spürte jedoch, dass Herr Kummer ein ehrlicher und aufrichtiger Mensch war und so vertraute er ihm. Später, als er erlebte wie seine jüdischen Mithäftlinge zu Tausenden ermordet wurden, dachte er

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 12.01.2015
ISBN: 978-3-7368-7053-6

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Allen Verfolgten und gefolterten Menschen auf der Welt. Auch in Demokratien wie die USA.

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