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Gerhard als Postverwalter in Warschau

Der Sitzungsraum vom Postamt Berlin 30 war toll mit Blumen geschmückt. Ein Podium für die zu erwartende Ansprache des Personalstellenleiters Maier war hergerichtet, dieser war für den pensionierten Bruchwitz eingesetzt. Der Schalterbetrieb war vorübergehend geschlossen. Alle Kollegen wurden aufgefordert sich in den Sitzungsraum zu begeben.

„Liebe Kollegen und Kolleginnen,“ begann Herr Maier, „das deutsche Volk hat durch die hervorragenden taktischen Fähigkeiten unseres Führers,“ er machte hier eine Pause, hob den rechten Arm zum Hitlergruß und führte seine Rede mit einem lauten „Heil Hitler“ fort. „Die Feinde unseres Volkes in einen glorreichen Kampf besiegt. Mit unseren verbündeten Ländern werden wir das Begonnene vollenden. Wir Germanen, wir Arier werden Europa zu neuem Glanz verhelfen. Wir haben Polen und Frankreich geschlagen! England wird unser nächstes Ziel sein. Unsere Aufgabe, als Zivilisten ist es nun diese Gebiete zu verwalten, wir müssen ganz besonders den slawischen Untermenschen beweisen, dass sie nur mit unserer Hilfe vorwärts kommen können. Eine besondere Ehre sollte es ihnen sein, Herr Althoff, dieses Antragsformular auszufüllen. Ich werde persönlich dafür gerade stehen, dass man sie bei uns aufnimmt.“ Mit diesen Worten legte er ein Antragsformular für die NSDAP auf den Tisch.

„Die Reichspostdirektion hat beschlossen, Führungskräfte nach Polen zu beordern, um dort die gewünschte Ordnung herzustellen.

Unser geschätzter Kollege, Gerhard Althoff hat sich bereit erklärt als erster diese schwierige Aufgabe zu übernehmen.“

Gedanken schossen Gerhard durch den Kopf. Er war das Bauernopfer, einer musste gehen. Er hatte überhaupt keine andere Möglichkeit, er wurde praktisch eingezogen. Er war derjenige, der viel zu oft Entscheidungen kritisiert hatte. Seine Freundschaft zu den Sozialdemokraten und den Gewerkschaftler Karl Neumann hätte ihn fast in den Abgrund gerissen. Er erinnerte sich: Man legte Karl Neumann ein Eintrittsformular für die NSDAP vor. Als er dieses zerriss, wurde er sofort auf der Dienststelle verhaftet. Gerhard konnte sich über dieses Vorgehen gar nicht beruhigen. Aber sein Vorgesetzter, Herr Kohlschmidt, hatte ihn sofort ergriffen und in die Toilette eingesperrt. So blieb es bei einer Abmahnung. Er hatte Angst und nicht den Mut den Eintritt in die Nazipartei abzulehnen.

Leider war Herr Kohlschmidt seit einer Woche, vermutlich wegen einer Erkrankung, nicht zum Dienst erschienen. Gerade in dieser Woche war man an ihn, mit der Bitte oder vielmehr mit der Aufforderung herangetreten, dieser Versetzung zuzustimmen. Der einzige Lichtblick war, dass die Besoldung erheblich aufgestockt wurde. Eine zusätzliche Trennungszulage tröstete Margarete schließlich. Sie hatte nun keine Geldsorgen mehr.

Der Redner hatte ein Glas Wasser zu sich genommen und setzte seine Rede fort: „Herr Althoff hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er in der Lage ist Führungsaufgaben zu bewältigen. Als unehelicher Spross einer Adelsfamilie und mit den Typischen äußerlich erkennbaren Zeichen seiner arischen Abstammung haben wir uns entschlossen ihm diese schwierige Aufgabe anzuvertrauen.“ Bei dieser Ausführung konnte Gerhard sich ein inneres Grinsen nicht verkneifen. Herr Maier ergriff nun eines der bereit stehenden Sektgläser und erhob dieses. Jeder nahm ein Glas zur Hand und man prostete ihm zu und beglückwünschte ihn. Im Grunde waren aber alle froh, dass das Damoklesschwert an sie vorüber gegangen ist. Man hatte einen gefunden der diese Aufgabe übernahm.

Gerhard besuchte noch die Schwester seines Vaters und erfuhr, dass dieser noch vor den Kämpfen, Frankreich verlassen hatte. Die Häuser und das Eigentum von Jacob wurden bis zur geplanten Versteigerung zwangsverwaltet, die Gelder kamen auf ein Sperrkonto. Die Verhaftung deutscher Juden wurde offen und immer brutaler ausgeführt. Es war kein Vergnügen in Deutschland Jude zu sein, oder als Deutscher eine eigene Meinung zu vertreten. Jedem wurde zur Hochzeit Hitlers Werk „Mein Kampf“ ausgehändigt, so musste jeder Deutsche doch wissen, dass alle Menschen die nicht die Meinung dieses Agitator vertraten, Juden, Zigeuner, Kommunisten, Sozialdemokraten, Demokraten und Freidenker wie zum Beispiel Zeugen Jehovas als Ungeziefer bezeichnet wurden, das vernichtet werden muss. Eine möglicherweise abweichende Meinung öffentlich zu äußern war lebensgefährlich.

Gerhard hatte eine Fahrkarte nach Warschau und musste pünktlich um 9,00h am 6.November 1940 dem 3. Geburtstag seines Sohnes Günter abreisen.

Der Zug war überfüllt, so dass Gerhard die gesamte Fahrt im Gang zubringen musste. Er war nicht der Einzige, der nach Polen abkommandiert wurde, außer Soldaten wurden ganze Heerscharen für die Verwaltung der okkupierten Gebiete benötigt. Keinem Polen durfte verantwortungsvolle, oder intelligente Tätigkeit anvertraut werden. Gerhard lernte

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 10.01.2015
ISBN: 978-3-7368-7011-6

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Widmung:
Ich widme dieses Buch allen Menschen, die unter Diktaturen leben, und verfolgt, gefoltert und getötet werden.

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