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Beginn

„Bitte schnallen Sie sich an und ...“ Der Rest der Ansage rauschte an ihr vorbei, während sie den Anweisungen folgte und dann wieder aus dem Fenster blickte. Sie konnte bereits Menorcas schroffe Felsenküste erkennen, die üppige grüne Vegetation, die Kiefernwälder. Das Flugzeug schwebte sanft über winzige Dörfer hinweg, deren Häuser aus der Entfernung wie Spielzeugminiaturen wirkten. Sie lehnte sich seufzend zurück und versuchte, der Landung gelassen entgegenzusehen. Ihre Ohren begannen, durch den ansteigenden Druck im Landeanflug zu schmerzen. Sie gähnte hinter vorgehaltener Hand herzhaft und schluckte ein paarmal, bis die Schmerzen nachließen. Wie gut, dass sie sich rechtzeitig informiert hatte, wie sie das Abenteuer ‚Fliegen’ unbeschadet überstehen würde! Dennoch spürte sie, wie ihre Handflächen vor Aufregung schweißnass wurden, als ihr einmal mehr die schrecklichen Fernsehbilder vom Absturz eines Passagierflugzeugs vor Augen standen, die sie unglücklicherweise erst zwei Tage zuvor gesehen hatte. Hätte sie die Flimmerkiste doch nicht ausgerechnet in dem Moment eingeschaltet, als die Nachrichten liefen ...

Carolyn Wittenfeld flog das erstemal in ihrem Leben. Die vierundzwanzigjährige Arzthelferin hatte lange sparen müssen, um sich diesen Urlaub erlauben zu können. Die junge Frau hatte schon früh lernen müssen, für sich selbst zu sorgen, nachdem ihre Eltern bei einem Hausbrand ums Leben gekommen waren, als Carolyn gerade siebzehn war. Geschwister hatte sie keine, die übrigen Familienmitglieder wohnten weit weg und hatten kein Interesse daran, eine Vollwaise mit durchfüttern zu müssen. Carolyn trat die Flucht nach vorn an; zum Trauern gestattete sie sich keine Zeit. Sie vollendete ihre bereits begonnende Ausbildung, fand bald darauf eine Stelle bei einem Zahnarzt und richtete sich eine kleine Wohnung ein. Sie lernte, sich durch den Formulardschungel zu kämpfen, sie strich die Wände ihrer neuen Bleibe und besorgte sich günstige Möbel vom Flohmarkt. Allmählich kam sie zur Ruhe, trennte sich von Florian, der ihr nie ein wirklicher Partner gewesen war, und begann, den Verlust zu bewältigen, der schon viel zu lange auf ihrer Seele lastete. Zwei unbeschwerte Wochen im sonnigen Süden, weit weg vom trüben Nieselregen in Deutschland, weit weg von traurigen Erinnerungen, würden ihr hoffentlich helfen, wieder zu sich selbst zu finden ...

Carolyn spürte, wie die schwere Maschine behutsam auf der Landebahn aufsetzte und dann ausrollte, bis sie zum Stehen kam.

Erleichtert trat sie ins Freie und stand schon bald darauf am Rollband, um Ausschau nach ihrem alten dunkelroten Koffer zu halten. Ein riesiges schwarzes Monster von einem Koffer kam herangerollt und wurde von einem beleibten Urlauber im quietschebunten Hawaiihemd vom Band gezerrt, ein zerbeultes silbernes Exemplar mit unzähligen Aufklebern darauf fand seinen Weg in die Hände eines zottelmähnigen Hippies, ein kleiner schwarzer Koffer fuhr unbeachtet an den Wartenden vorüber und verschwand schüchtern wieder in den Tiefen des Flughafens, dann endlich tauchte Carolyns Gepäck auf. Sie beugte sich erwartungsvoll vor, die Hand griffbereit ausgestreckt, dann umklammerte sie den Griff und zog den Koffer vom Band. Sie hievte ihn ächzend auf einen Gepäckwagen und setzte sich in Bewegung, dem Ausgang entgegen, wo Taxis auf die Reisenden warteten, um sie zu ihren Hotels zu bringen.

Das Koffermonster stand schon draußen, seinen buntbekleideten Besitzer und dessen ebenso farbenfroh umhüllte Ehefrau neben sich, die in diesem Moment wild gestikulierend auf einen Taxichauffeur einredete. „In den Kofferraum soll er ... Kofferio-Raumio, zum Donnerwetter, könn’ Se denn kein Spanisch? Datt passt doch nie nich’ uff de Rückbank, ja, wo soll ich denn dann sitzen?“ Die schrille Stimme der Frau zauberte ein unwillkürliches Grinsen auf Carolyns Gesicht, denn trotz ihrer beschränkten Spanischkenntnisse aus einem Anfängerkurs der Volkshochschule war ihr klar, dass man nicht einfach überall ein ‚io’ dranhängen konnte, um verstanden zu werden.

Kopfschüttelnd wandte sie sich einem der anderen Taxifahrer zu und stellte rasch fest, dass er ihr spanisches Gestammel zwar nicht begriff, sie sich aber auf Englisch miteinander verständigen konnten. Für einen Moment kniff er zwar die Augen zusammen und musterte sie, als sie ihm das Fahrtziel nannte, doch dann startete er den Motor. Er murmelte etwas in seiner Muttersprache und schüttelte leicht den Kopf, dann presste er die Lippen zusammen. Carolyn hatte keine Ahnung, was er gesagt hatte, deutete seine Reaktion jedoch als Kommentar zu ihren vergeblichen Bemühungen, Spanisch zu sprechen. Viel später sollte sie sich an diesen Augenblick erinnern, und dann sollte er einen schrecklichen Sinn ergeben ...

Froh darüber, dass ihr Schulenglisch offenbar noch nicht völlig eingerostet war, ließ Carolyn sich gutgelaunt in den weichen Sitz sinken und legte den Sicherheitsgurt an, und zwar keine Sekunde zu früh. Ihr Chauffeur drückte das Gaspedal durch wie ein verhinderter Rennfahrer und schien nach der Devise ‚Platz da, jetzt komme ich’ zu fahren – nicht umsonst war das Fahrzeug mit Dellen übersäht. Er ließ sich von Carolyns Einsilbigkeit nicht beirren und gab einen englischen Wortschwall von sich, durchsetzt mit Flüchen in einem ihr unverständlichen spanischen Dialekt. War das Katalanisch? Carolyn wusste es nicht und nickte einfach, wann immer sich das bärtige Gesicht ihr zuwandte.

Zwischendurch bestaunte sie Dörfer, in denen die Zeit stehengeblieben zu sein schien, betrachtete neugierig die wilden Olivenbäume und von Steinmauern umgebenen Felder, dann wurde die Landschaft fast unmerklich flacher, bis wunderschöne Sandstrände Carolyns begeisterte Blicke auf sich zogen. Sie passierten einen beschaulichen Ort; der durchdringende Geruch nach Salzwasser und Fisch wehte durch das geöffnete Fenster zu ihnen herein. Ein Einheimischer unbestimmbaren Alters, das wettergegerbte Gesicht zerfurcht wie die rauen Felsen der Insel, hockte gelassen auf einer wackligen Bank und schmauchte genüsslich eine Pfeife. Er nickte dem Taxifahrer zu, als sie an ihm vorüberkamen. Der verlangsamte kurz das Tempo, hob die Hand und rief ihm einige Worte zu, dann beschleunigte er wieder.

Er nestelte an seiner Brusttasche, murmelte etwas und sah Carolyn fragend an. Aus dem Zigarettenpapier zwischen seinen Fingern schloss sie, dass er gern rauchen wollte. Ergeben nickte sie und verfolgte gleich darauf entsetzt, wie er sich geschickt eine Zigarette drehte, während er mit den Oberschenkeln das Lenkrad festhielt. Mit ausdrucksloser Miene erwiderte er ihren entgeisterten Blick, schob sich den Glimmstängel zwischen die Lippen und konzentrierte sich dann wieder auf die Straße. Was hätte wohl die dralle Diva dazu gesagt, über die sie sich vorm Flughafengebäude so amüsiert hatte? Vermutlich wäre sie vor Empörung aus ihrem papageienbunten Kostüm geplatzt, überlegte Carolyn und kicherte in sich hinein.

Der Kamikazefahrer an ihrer Seite riss sie aus ihren Gedanken, indem er den Wagen leicht schlingernd zum Stehen brachte. Er überschüttete sie abermals mit mehreren Sätzen, die er der Einfachheit halber scheinbar zu einem einzigen Wort zusammenzog, zumindest hörte es sich für Carolyns Ohren so an. Mit offenem Mund starrte sie etwas begriffstutzig in seine dunklen Augen; erst als er auf den Gebührenzähler zeigte und ihr seine offene Handfläche entgegenhielt, ging ihr ein Licht auf.

 

*

 

„Oh, natürlich ...“ Sie betrachtete das Gebäude, vor dem sie hielten. Das wäre also für die folgenden Tage ihre Unterkunft! Das im mallorquinischen Stil erbaute zweistöckige Haus machte einen gepflegten Eindruck. Die ockerfarbenen Natursteine leuchteten in der Sonne um die Wette mit den üppigen roten Blumen, die den von zwei riesigen Palmen flankierten Eingang säumten. Ein sauber gepflasterter Weg führte durch einen der typischen Rundbögen zum Eingang. Carolyn sah an der Fassade hoch und meinte, für einen Augenblick eine Frau zu sehen, die sie durchdringend musterte. Kurzzeitig abgelenkt vom einem Räuspern des Taxifahrers, blickte sie gleich darauf interessiert wieder hoch; das Gesicht am Fenster war verschwunden. Unvermittelt verspürte Carolyn ein seltsam mulmiges Gefühl, das sie sich nicht erklären konnte. Alles wirkte sehr einnehmend, der Wettergott war auf ihrer Seite, und dennoch ...

Was war nur mit mir los? Der langersehnte Urlaub lag wie eine buntschillernde Seifenblase vor ihr, sie hatte nichts weiter zu tun, als ihn zu genießen – aber für einige Sekunden verspürte sie den absurden Drang, auf der Stelle zum Flughafen zurückzukehren! Irritiert atmete Carolyn tief durch, dann straffte sie die Schultern und zog entschlossen ihre Geldbörse hervor.

Nachdem sie für die Fahrt bezahlt hatte – eigentlich hätte ihr eher Schmerzensgeld zugestanden bei der Fahrweise – und der Fahrer den Koffer vor ihre Füße gestellt hatte, brauste er mit quietschenden Reifen davon. Carolyn wandte sich um und beugte sich vor, um das schwere Gepäckstück zu ergreifen und ins zu Hotel schleppen, als ein Mann um die Hausecke bog. Mitten in der Bewegung hielt sie inne und starrte den Fremden fasziniert an. Ihre Augen glitten über seinen durchtrainierten Körper, die gebräunte Haut, den straffen Bauch unter dem offenen Hemd. Ein Macho durch und durch, argwöhnte Carolyn und spürte dennoch, wie sich ihr Herzschlag bei seinem Anblick beschleunigte. Als er sich ihr näherte, konnte sie die goldenen Fünkchen in seinen braunen Samtaugen erkennen, mit denen er anerkennend ihre zierliche Figur musterte. Er blieb vor ihr stehen und fuhr sich mit der Hand durch den dichten Haarschopf, dann sprach er sie an: „Señorita Carolyn?“

Seine warme Stimme ließ Carolyn erschauern; sie nickte nur stumm. Meine Güte, machte dieser gutaussehende Typ sie verlegen! Sie spürte, wie ihre Wangen zu brennen begannen und wäre am liebsten im Erdboden versunken.

Lächelnd sah er ihr tief in die Augen und strich sich eine Locke seines glänzenden schwarzen Haares aus der Stirn. „Miguel Olinero“, stellte er sich vor und ergriff ihren Koffer. Während Carolyn noch überlegte, ob er wohl Englisch verstand, verblüffte er sie damit, dass er fließend Deutsch sprach. Lediglich ein leichter Akzent verriet, dass es nicht seine Muttersprache war: „Ich bin während Ihres Aufenthaltes ihr ergebener Diener, ich trage Ihr Gepäck, ich trage Ihre Tauchausrüstung zum Boot und ... Ich trage Sie auf Händen!“ Grinsend deutete er eine leichte Verbeugung an und wurde dann wieder ernst. „Kommen Sie, ich habe Ihnen etwas vom Büffet aufgehoben, frühstücken Sie erst einmal ausgiebig! Aber zunächst zeige ich Ihnen Ihr Zimmer, dann können Sie sich erfrischen.“ Er folgte ihr zum Haus.

Carolyn betrat die Lobby und spürte, wie augenblicklich eine Gänsehaut ihr Arme überzog. Sie hatte sich den Temperaturen entsprechend gekleidet – immerhin war es im Mai auf den Balearen bereits um einiges wärmer als im heimatlichen Hannover – und fröstelte nun unversehens in der kühlen Eingangshalle.

Miguel schob ihr den bereits ausgefüllten Anmeldebogen über den Tresen zu. „Haben Sie Lust, gleich morgen Vormittag mit einem Tauchkurs zu beginnen? Oder möchten Sie sich zunächst ausgiebig die Umgebung ansehen?“

Carolyn entschied sich fürs Tauchen. Schließlich war das der Hauptgrund gewesen, eine Unterkunft in diesem Hotel zu buchen, und der Urlaub wäre bedauerlicherweise ohnehin im Handumdrehen wieder vorüber. Die Landschaft erkunden konnte sie nachmittags immer noch!

„Sagen Sie mal, Miguel“, begann sie neugierig, „haben Sie in Deutschland gelebt? Ihre Sprachkenntnisse sind wirklich hervorragend“, lobte sie und sah, dass die Worte ihre Wirkung auf ihn nicht verfehlten. Seine Augen leuchteten stolz auf, als er sie darüber informierte, dass er einige Jahre in Hannover verbracht hatte. Er warf einen Blick auf die Anmeldung und meinte dann mit schmeichelnder Stimme: „Hätte ich geahnt, dass eine so schöne Frau dort wohnt, wäre ich noch geblieben, Señorita!“ Er zwinkerte ihr vergnügt zu.

Verdammt, schon wieder lief sie feuerrot an! Carolyn rieb sich verlegen die Wange und meinte etwas lahm: „Dann könnten Sie mir hier aber nicht das Tauchen beibringen ...“ Sie räusperte sich und lächelte: „Und nun bin ich gespannt auf mein Zimmer!“

Kurz darauf schloss sie die Tür hinter sich, nachdem Miguel ihr den Koffer wie gebeten aufs Bett gehievt hatte, damit sie ihn bequem auspacken konnte. Carolyn verstaute ihre mitgebrachten Habseligkeiten in dem schmalen Schrank des kleinen, aber dennoch komfortabel eingerichteten Einzelzimmers, dann ließ sie sich auf die bunte Tagesdecke plumpsen und schloss für einen Moment die Augen. Was für ein Tag! Ohne Bedauern dachte sie an den grauverhangenen Himmel über Hannovers Innenstadt und an ihren Arbeitsplatz zurück, wo Kollegin Tanja vermutlich einmal mehr ihre schlechte Laune pflegte. Doch dann drängte sich Miguels markantes Gesicht mit den glutvollen Augen in ihre Gedanken. Seine geschwungenen Lippen, um die seiner charmanten Art zum Trotz ein eigenartig harter Zug lag, mussten wunderbar schmecken ... Carolyn seufzte und schwang die Beine aus dem Bett, um ins Bad zu gehen und sich frisch zu machen, bevor sie ein ausgiebiges spätes Frühstück genießen würde.

Als sie kurz darauf den kleinen Speiseraum betrat, begegnete ihr eine Frau, die ihr nur wortlos zunickte und dann an ihr vorbeiging, während sie sich mit den Fingern eine Strähne ihres hüftlangen, weizenblonden Haares hinter das Ohr strich. Carolyn sah ihr hinterher und zog erstaunt die Augenbrauen hoch beim Anblick dieses langbeinigen, superschlanken Wesens, das eher auf einen Laufsteg gehörte als in diese rustikale Umgebung. Sie registrierte im Bruchteil von Sekunden die kostspielige Designerkleidung, die hochwertige Sonnenbrille, die gestylten Fingernägel und das perfekt geschminkte, gebräunte Gesicht. Ein zarter Duft durchwehte den Raum, als die Fremde an ihr vorüber zur Lobby ging.

Carolyn spürte, wie eine Gänsehaut ihre Arme überzog, als sie in der anderen die Frau am Fenster wiedererkannte. Trotz des freundlichen Lächelns hatte in den eisblauen Augen ein merkwürdiger Ausdruck gestanden ... Sie hörte, wie die Blonde über den Steinboden davonstöckelte.

Miguels warme Stimme riss sie aus ihren Gedanken. „Was darf ich Ihnen bringen, Kaffee, Brötchen, Marmelade, Käse, Müsli?“ Er näherte sich dem einzigen gedeckten Tisch, an dem sich Carolyn inzwischen niedergelassen hatte; die anderen Tische waren bereits abgeräumt, da die Frühstückszeit offiziell bereits vorbei war.

„Normalerweise ist dort ein Büffet aufgebaut“, er wies auf einen langen Tisch an der gegenüberliegenden Wand. „Aber heute serviere ich alles nach Wunsch, extra für Sie allein“, schloss er und schenkte ihr einen Blick aus seinen Samtaugen. „Darf ich Ihnen ein wenig Gesellschaft leisten?“

„Ich glaube, ich bin gerade einem der anderen Gäste begegnet“, erzählte Carolyn. „Einer Frau mit langem, blonden Haar“, setzte sie erklärend hinzu. Sicherlich hatte er diesen langbeinigen Paradiesvogel auch längst auf seiner Beuteliste ...

„Oh, natürlich, das ist Alina aus Schweden. Sie ist bereits ein Tauchprofi und wird uns hin und wieder begleiten. Obwohl sie wie alle anderen als Gast hier ist, macht es ihr Freude, Anfänger unter ihre Fittiche zu nehmen, denn sie möchte irgendwann auch als Tauchlehrer arbeiten, und so kann sie bereits Erfahrungen sammeln.“

„Sie züchten sich also ihre Konkurrenz heran“, meinte Carolyn feixend und bestrich ein knuspriges Brötchen mit Marmelade, um dann genussvoll davon abzubeißen. „Oder will sie hier mit einsteigen als zweiter Lehrer?“

„Nein, sie hat vor, sich woanders selbständig zu machen, vielleicht auf Mallorca, wer weiß. Wenn sie bei uns beginnen würde, wäre sie der dritte Tauchlehrer, denn Fabio ist ebenfalls dabei. Sie werden ihn und die übrigen Gäste ja kennenlernen, ich glaube, Sie passen hervorragend in unsere lustige Gruppe, Carolyn! Heute Abend werden wir im Innenhof gemeinsam grillen. Apropos ‚Innenhof’, den haben Sie ja noch gar nicht gesehen, zeige ich Ihnen nachher. Außerdem müssen Sie unsere Swimmingpools bewundern, einer mit Sonnenterrasse und ein weiterer für die ersten Tauchübungen!“ Sichtlich zufrieden lehnte er sich zurück und spielte mit dem goldenen Tierkreiszeichen-Anhänger, der an einer feingliedrigen Kette um seinen Hals baumelte.

Carolyn beugte sich ein wenig vor. „Löwe“, stellte sie interessiert fest und blinzelte ihm zu. „Das ist mein Ex auch ...“ Gleich darauf hätte sie sich ohrfeigen mögen. Verflixt, was ging ihn denn das an?

Miguel lachte amüsiert. „Kommen Sie mit den Bestien etwa nicht klar? Ich beiße nicht!“

„Aber ich kneife, denn ich bin Skorpion“, ging sie auf seine Neckerei ein und leckte sich einen Marmeladenklecks vom Finger. Köstlich!

Nachdem sie fertig gefrühstückt hatte, zeigte Miguel ihr das Anwesen. Hinter dem Hauptgebäude befand sich ein Pool, in dem das türkisblaue Wasser verführerisch in der Sonne glitzerte. Auf der Sonnenterrasse standen Sonnenschirme und Liegen bereit; auf einigen waren bereits Handtücher ausgebreitet. Eine schlanke Frau mit dunklem Pagenkopf war soeben damit beschäftigt, einen der Schirme aufzuspannen, doch der zeigte sich widerspenstig. Vergeblich versuchte die Frau es noch einmal, dann trat sie einen Schritt zurück und betrachtete etwas ratlos den weißen Stoffbezug, der im Wind flatterte. Inzwischen hatte sich der leichte Hut auf ihrem Kopf bei ihren Bemühungen gelöst und flog davon, bevor sie ihn mit der Hand festhalten konnte.

„Warten Sie, ich mach’ das schon!“ Miguel kam ihr zu Hilfe, während Carolyn die Kopfbedeckung der Frau davor bewahrte, in den Pool zu wehen. Mit herzlichem Lächeln quittierte Elizabeth, wie sie sich vorstellte, Carolyns Rettungsaktion. Ihr Englisch wies einen unverkennbar amerikanischem Akzent auf, und sie war Carolyn auf Anhieb sympathisch. „Ebenfalls Anfänger“, klärte Miguel sie auf. „Ihr seid in derselben Gruppe – oder wollen Sie Einzelunterricht?“ Fragend sah er Carolyn an, doch die schüttelte den Kopf.

„In der Gruppe macht’s bestimmt mehr Spaß“, entschied sie.

„Somit ist das ja geklärt. Dann zeige ich Ihnen auch gleich den Tauchpool und die dazugehörigen Räume.“ Er nickte ihr auffordernd zu und setzte sich in Bewegung, am Swimmingpool vorbei, in dem ein offenbar sehr verliebtes Paar übermütig planschte, so dass das Wasser nach allen Seiten spritzte. „Birte und Broder aus Dänemark“, grinste Miguel und lief weiter.

Carolyn fiel etwas ein: „Wieviel Gäste sind

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 20.01.2020
ISBN: 978-3-7487-2676-0

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