1 Kapitel
Ich dachte immer, schreckliche Sachen passieren allen anderen nur nicht mir! Doch gerade jetzt in diesem Moment wurde ich vom Gegenteil überzeugt! Es fing im Unterricht an, wir hörten Schüsse und alle wurden unruhig. Plötzlich ging die Tür auf und jemand schrie:>> Amok! HILFE! Ein Schüler ! HILFE!<< Mir wurde abwechselnd heiß und kalt und ich kam mir vor wie in einem Horrorfilm. Während die anderen laut schreiend durch den Raum rannten und unsere Lehrerin wie erstarrt dastand, kroch ich auf allen Vieren an den anderen vorbei und hinter die Schließfächer am Ende des Raumes. Dort würde mich fürs erste niemand finden oder sehen. Und außerdem konnte ich mich dort erst mal abregen, das dachte ich zumindest, doch zittern tat ich weiter. Nach einer Weile war ich die einzige, die sich noch im Raum befand. Ich hörte die Schüsse, die immer näher kamen und laute Stimmen. Dann wurde alles still! Plötzlich kriegte ich panische Angst. Mein ganzes Leben zog wie ein vorspulender Film an mir vorbei und mir wurde eine Sache klar: Ich wollte noch nicht sterben!
Da hörte ich einen Knall hinter mir, ein Bröckeln unserer Schulwand und ein leises Zischen und Pfeifen. Dann durchbohrte mich von hinten ein stechender Schmerz. Kurz spürte ich nichts mehr und danach wurde alles schwarz. Ich war TOT. Das hatte ich begriffen, doch warum konnte ich noch denken? Warum merkte ich, wie ich herumgewirbelt wurde und warum war alles um mich herum dunkel?
Ich dachte an alles: meine Familie, meine Freunde und alle die ich sonst noch kannte! Ich vermisste sie fürchterlich und es überkam mich ein Gefühl … Angst. Angst Niemanden wiederzusehen, Angst alles verloren zu haben und die Angst plötzlich in einem dunklen Sarg aufzuwachen! Hoffentlich hatten die dort Sprechanlagen eingebaut, das man, falls man noch lebt, sagen könnte, man will wieder raus! Bei dem Gedanken musste ich sogar unter den gegebenen Umständen lächeln! Hey! Wenn ich lächeln konnte, dürfte doch Augen auf machen gar nicht so schwer sein.. Ich schlug die Augen auf und sah mich um. Alles war fremd! Um mich rum war nichts, außer ein paar Sofas und Stühlen. Auf einem kleinen Tisch lagen ein paar Zeitschriften und neben ihnen stand ein Glas Wasser mit einem Schildchen auf dem: Linea Christina Jaimur stand.Das alles wirkte wie ein Wartezimmer beim Arzt. Warum stand ein Glas Wasser für mich auf dem Tisch? War ich doch nicht tot? Von einer Stimme über mir wurde ich aus meinen Gedanken gerissen: >>Hallo Lin! Ich bin Ric und ich arbeite hier!<< Du solltest doch schon längst zum Rat gebracht werden? Was wollte der Typ von mir?
Woher wusste er das ich lieber Lin genannt werden wollte und wer oder was war bitte schön der Rat? Aber Ric beachtete mich gar nicht weiter, sondern fragte mich nur ob ich etwas getrunken hätte.
Ich antwortete nein und beobachtete, wie er mein Namensschildchen abriss und eins mit dem Namen Nicolas Emil Rheut draufklebte.
Dann fragte er mich, ob er mich zum Rat bringen sollte und ich willigte ein. Wir gingen aus dem scheinbaren Wartezimmer und ich nahm Ric erst mal genau unter die Lupe: Ungefähr 20 Jahre alt, braune haare und dunkle Augen. Er sah nett aus und da er der einzige war, den ich hier kannte, musste ich ihm vertrauen. Nach weiteren 10 Zimmern (ich hatte mitgezählt) zog Ric die letzte, diesmal etwas größere Tür auf und wir traten auf … einen flauschigen Boden, nein auf eine Wolke! Ich drehte mich um, doch das Gebäude mit den Wartezimmern war verschwunden. Doch seltsamer Weise überraschte mich das nicht. Hinter mir war nichts, vor mir auch nicht, nur neben mir stand Ric, der mich belustigt musterte. Ja Ric, wo befindet sich jetzt dein toller Rat ?, dachte ich. Als er meinen fragenden Blick bemerkte, fing er an zu erklären: Ich war im Himmel gelandet und alles, was um mich herum geschieht ist meine Vorstellung. Wenn ich mir vorstellte hier fahren Autos dann wird das geschehen. Zumindest ist das am Anfang so. Nach ein paar Tagen oder Stunden werde ich alles so sehen, wie es wirklich ist. Doch im Moment sei alles nur Einbildung. Die Wolken sind Einbildung,das Gebäude das verschwand war Einbildung, ja selbst Ric und ich sollen Einbildung sein. Das konnte ich nicht glauben. Also sagte Ric, ich sollte ihm mal die Hand schütteln. Ich wollte es versuchen doch ich fasste durch seine Hand hindurch, oder er durch meine? Ich unterdrückte einen Schrei und schaute erschrocken zu Ric, doch der lächelte nur und warf mir einen Blick zu der sagte : >>sag ich doch!<<. Er schaute auf seinen Arm, an dem auf einmal eine Uhr war, zwinkerte meinem ungläubigen Gesicht zu und deutete an, ich solle ihm folgen. So lief ich hinter Ric durch den Himmel, was eigentlich gar kein so schlechtes Gefühl war! Ich meine wer kann behaupten, schon mal über Wolken spaziert zu sein?
Ich kann es jetzt!
Nach einer Weile konnte ich es sogar richtig genießen, quasi zu schweben, doch gerade als ich träumend über den Himmel flog, kamen wir an einem großen Gebäude an, welches ich mir diesmal ausnahmsweise nicht einbildete! Es war prunkvoll und ähnelte einem Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert. Wir stiegen die breite Treppe hinauf und betraten einen Raum, nein eine Halle mit vielen Mamorsäulen. Während
ich mich suchend umblickte, lief Ric in Richtung Tür, wo ich nun zwei Männer stehen sah, die mich misstrauisch musterten. Er sprach kurz mit ihnen und kam dann wieder zu mir. Ich fragte ihn: >> Wo gehen wir jetzt hin und was mach ich hier überhaupt?<<. Doch Ric ging einfach an mir vorbei und verschwand in einer Tür mir gegenüber. Das fand ich allerdings nicht so lustig und wollte ihm schon nachgehen, als sich aus der Wand über der Tür plötzlich die Steine lösten und sich statt zu einer Tür, zu einer Treppe vereinten. Jetzt wurde ich langsam nervös und unruhig !
Was sollte das hier und wo zum Teufel war Ric? Seit einer Weile dachte ich mal wieder an meine Eltern und an meine kleine Schwester, die zwar nervig sein konnte, doch die ich trotzdem ganz doll lieb hatte! Ich fühlte mich sehr sehr einsam und aufgelöst, als mich jemand von hinten an tippte. Ich sah mich um und hinter mir stand ein Junge ungefähr in meinem Alter: blonde kinnlange Locken und blaugraue Augen. Er wirkte genauso ratlos und verloren wie ich, deshalb sagte ich: >> Hallo, ich bin Lin und du?<<. Der Junge sah mich zögernt an und sagte dann: >>Hi! ich bin Nic, naja eigentlich eher Nicolas, aber Nic tuts auch!<<. Das war doch der Junge, dessen Name Ric auf meinen Becher geklebt hatte? Hihi! Nic und Ric, dachte ich: die einzigen Leute die ich hier kannte! >> Und was machst du hier so?<< fragte ich ihn. >> Weiß nicht!<< antwortete er: >> Ich war erst in so einem Raum und dann plötzlich hier! <<. Er hielt einen Zettel in der Hand: Zum Ratshaus. Wir lasen es beide und er nickte. >> Das müsste es sein !<<. Eine Weile schwiegen wir uns an, bis einer der Wachleute meinte, wir sollten die Treppe hochgehen, dann links abbiegen und dann rechts, dann wieder links und dann die dritte Tür rechts. Ich hoffte es zu finden und ging auf gut Glück los. Nic folgte mir zögernd. Wir liefen die Treppe und schließlich mehrere, immer gleich aussehende Korridore entlang. Die dritte Tür rechts war schnell gefunden und ab da ging alles sehr zügig. In dem Raum wurden wir von einer Gruppe von Leuten empfangen und dann getrennt. Mir wurden die Haare gewaschen, geföhnt und hochgesteckt und dann wurde mir in ein langes Samtkleid übergestülpt. So viel Aufwand!
Ich fragte mehrere Leute wofür, doch niemand antwortete mir. Langsam wurde ich nervös! Eine junge Frau schob mich in Richtung der anderen Tür, am Ende des Raumes und auch Nicolas tauchte wieder auf. Zusammen stellten wir uns vor die Tür, sahen uns an und zählten innerlich bis drei. Dann ging sie auf.
Tag der Veröffentlichung: 31.05.2011
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