Inhaltverzeichnis
Verloren: Seite 1-52
Kapitel 1
Verloren
Worterklärungen: Seite 52-53
---Das Leben ist wie ein Schatten, man kann es weder einholen, noch davon laufen.---
Ein leichter Nebel umhüllte, die noch schlafende Stadt. Nicht ein einziger Vogel traute sich die Stille zu durchbrechen.
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Das Farmlied, das aus Jessicas Kuh Wecker dröhnte ließ sie entgeistert hochschrecken. Sie verzog das Gesicht, während sie den Wecker geistlich abwesend ausstellte. Mit kalten Händen fuhr sie sich durchs Gesicht und betrachtete ihren Raum. Erst vor ein paar Tagen hatte sie ihr Zimmer umgestellt. Statt dem großen Wandschrank stand vor dem Bett ihr Schreibtisch mit dem Computer, der ihr die Sicht nach vorne versperrte. Der Schrank selber stand nun rechts neben ihr. Sie war extra in ein paar Läden gegangen, um neue Accessoires und Pflanzen für ihr Zimmer einzukaufen. Ihr Zimmer hatte nun etwas mehr von einem Strand. Blaue Wände, einen leichten dunkel gelben Teppichboden, Muscheln und Ziersand und mehrere kleine Pflanzen.
Aufgeregt fingen Kana und Tamago an in ihrem Käfig laut zu quietschen, als Jessica sich nach kurzer Zeit vom Bett erhob und ihren Pony, der ihr im Gesicht hing, wegzustreichen. Kana und Tamago waren ihre zwei Meerschweinchen. Tamago (männlich) hatte sie vor Kana bekommen. Als sie ihn zum ersten Mal gesehen hatte, hatte Tamago noch kein Fell und seine Haut schimmerte ungewöhnlicherweise in einem strahlenden weiß, zumindest sah es damals so danach aus. Seine Form selbst erinnerte Jessica an ein Ei. Klein und rund. Daher nannte sie ihn Tamago, was japanisch ist und Ei heißt. Ungefähr einen Monat später bekam sie Kana (weiblich). Jessica hatte sich sofort in Kana verliebt. Sie war so niedlich gewesen. Sie musste die kleine Nagerin unbedingt haben und sie bekam sie auch. Aber schon nach ein paar Minuten erkannte Jessica, dass Kana keineswegs nur süß war. Sie war ungemein frech und hatte Jessica, nachdem sie Kana in den Käfig tun wollte, in den Zeigefinger gebissen. Heute war sie immer noch nicht besser. Sie biss Jessica zwar nicht mehr, aber dafür nahm sie zum Beispiel gerne Tamago das Fressen weg oder biss ihn ins Ohr und im nächsten Moment kuschelten sie beide wieder zusammen. Und so ging das dann etwa zwei Jahre lang. Kanas Name kam auch aus dem Japanischem und war eine Zusammensetzung aus niedlich (kawaii) und frech (namaikina).
Japanisch lernte Jessica jetzt schon fast über ein Jahr intensiv. Neben Japanisch und Englisch in der Schule, lernte sie aber auch Spanisch und Türkisch. Ihre Freunde und Familie nannten sie immer „die Ausländerin“ oder „Miss International oder Multikulturell“. Aber sie fühlte sich zu anderen Kulturen und Sprachen einfach mehr hingezogen. Für sie waren fremde Länder etwas aufregendes und interessantes. Jessica beneidete immer die Leute, die ausländische Verwandten hatten. Sie selbst hatte natürlich keine. Ihre ganze Familie war in Deutschland geboren und gestorben. Urlaub in anderen Ländern hatte sie auch noch nie gehabt. Kurz: Ihr Leben war einfach normal und ohne tolle Abenteuer.
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„Aufstehen!“, rief plötzlich eine helle Stimme. Kurz darauf ertönte ein Nacken sträubender, schriller Flötenton. Ab da wusste Jessica sofort. Es handelte sich um ihre kleine Schwester Mia, die sie auch manchmal Miu nannte, wenn sie sich seltener weise recht gut verstanden. Mia hatte vor ein paar Tagen angefangen Flötenspielen zu lernen. Bis jetzt war ihr Lieblingston der „c“-Ton. Der hellste und schrillste, wenn man ihn allein spielte. Jedenfalls schien es ihr zu gefallen andere Leute damit auf die nerven zu gehen. Warum musste ihre Mutter ihr bloß diese blöde Flöte zum Geburtstag schenken und wieso musste Mias doofe und leider zu gutaussehende Lehrerin ihr auch noch diesen Ton beibringen?
Immer wieder schrillte Mias Blockflöte durch die Wohnung. Das Geräusch wurde dabei immer lauter, dass hieß Mia war gerade auf den Weg in Jessicas Zimmer. „Verdammt“,
dachte Jessica und rief sofort: „Mia, hau ab!“ Eine kurze Pause trat ein. „Wieso denn?“, fragte Mia schließlich noch hinter der verschlossenen Tür. Jessica blickte sich hastig in ihrem Zimmer um. Sie brauchte eine Ausrede, denn von ihrer Mutter hatte sie verboten bekommen ihre Schwester aus dem Zimmer zu schmeißen, weil Jessica beim letzten Mal, als sie versucht hatte Mia wütend aus dem Zimmer zu schmeißen, Mia fast die Treppen hinunter gestoßen hätte. Natürlich unabsichtlich. Aber nun durfte sie Mia nur aus sehr wichtigen Gründen aus dem Zimmer jagen.
Dann entdeckte Jessica einen Stapel Klamotten, der für diesen Tag gedacht war. „Ich ziehe mich gerade um.“
„Ohh“, kam es leicht erschrocken aus Mias Mund. Man konnte viel von Mia behaupten, aber ging es darum, dass Jessica sich umzog hielt sie sich sofort zurück. Auch bei ihrer Mutter. Irgendwie schien der schon sehr weibliche „Vorbau“ und Rundungen von ihr und ihrer Mutter etwas einzuschüchtern. Warum auch immer.
Achselzuckend zog sie sich tatsächlich um. Anschließend ging sie ins Badezimmer, putzte sich dort die Zähne und stylte sich für den Tag – was eigentlich nicht gerade viel war. Ein bisschen Haarspray in die langen, leicht welligen, braunen Haare, schwarzer Kajal, Wimperntusche und ein glänzender Lipgloss.
Heute war sie früh genug aufgestanden, um sich etwas länger Zeit zu lassen. Sie betrachtete sich eingehend im Spiegel. Die meisten schätzten sie etwa dreizehn bis vierzehn Jahre ein, aber in Wirklichkeit war sie sechzehn Jahre. Sie lächelte in den Spiegel. Auf ihren grünen Augen blinkte jeweils auf beiden ein kleiner, glitzender Punkt. Gleichzeitig zeichneten sich kleine Lachfältchen auf ihrem Gesicht ein. Vom unteren Stock hörte Jessica Mia laut singen. „So I put my hands up, they're, playing my song, and the butterflys fly away, noddin' my head like yeah, moving my hips like yeah!“ (Miley Cyrus – Party in the USA) Jessica kicherte leicht in sich hinein. Normalerweise sang Mia angeblich nicht gerne, weil sie nicht singen konnte, aber in Wirklichkeit konnte Jessica Mia oft laut singen hören. Anscheinend dachte Mia man würde sie nicht hören.
Jessica verließ das Badezimmer und ging auf die Treppe zu. Augenblicklich hörte Mia auf zu singen. Wieder musste Jessica schmunzeln. Irgendwie war es doch manchmal ganz witzig mit ihrer Schwester. „Übrigens, Mama und Papa sind schon auf Arbeit. Ich soll dich wecken.“, rief Mia etwas zu laut. Was Mia nicht bemerkt hatte, dass Jessica schon unmittelbar hinter ihr gestanden hatte, weil sie gerade etwas passendes zum Frühstück im Kühlschrank suchte. „Jaha, du brauchst ja nicht so zu schreien.“ Mia zuckte erschrocken zusammen. „Musst du mich so erschrecken?“ Jessica setzte sich an den Küchentisch und verschränkte ihre Arme. „Willst du dich lieber nicht schon einmal anziehen?“,fragte Jessica mit hochgezogener Augenbraue, als sie den himmelblauen, viel zu langen Schlafanzug ihrer Schwester betrachtete. Mia antwortete nicht gleich, kramte währenddessen einen Joghurt Becher heraus, ging zu einer Schublade und fischte sich daraus einen kleinen Löffel. Sie setzte sich gegenüber Jessica und zuckte die Achseln. „Naja, heute hab ich erst ab der 3. Stunde Unterricht.“
„Unfair“, entgegnete Jessica mit gestürzten Lippen. Mia grinste schadenfroh. Im selben Moment ertönte das Lied „Born this way“ von Lady GaGa aus Jessicas Handy. „Oh, ich muss los. Bis heute Nachmittag.“
„Tschüß“, rief Mia winkend zurück, bevor Jessica die Haustür schloss. Draußen war es noch recht kalt. Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper. „War doch keine gute Idee in T-Shirt loszugehen,
Jessica, dachte sie fröstelnd.
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Die Stadt, in der sie und ihre Familie lebte, war ziemlich klein. Natürlich gab es einige Geschäfte, aber nur kleine Betriebe. Insgesamt hatte die Stadt etwas von einem Dorf. Die Häuser waren ziemlich alt und teilweise leicht heruntergekommen. Es fuhren weder viele Autos durch die Stadt, noch begegnete man vielen Menschen auf der Straße. Es war schon 8.45 und nur die zwei Bäcker hatten schon geöffnet, was Jessicas Mutter öfters aufregte, denn an einem Wochentag kann man von einigen Geschäften schon behaupten, dass sie auch frühs öffnen sollten, vor allem von einem Bäcker
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Jessica bog in eine kleine Gasse ein, die für sie eine Abkürzung war. Die Gasse war sehr schmal, dafür aber lang. Am Anfang hatte sie mit sich selbst gewettet, wann sie am anderen Ende ankommen würde. 10 Minuten. Die Wette hatte sie verloren. Sie hatte gerade mal 4 Minuten gebraucht. Es kam ihr einfach länger vor, als es tatsächlich war. Aber heute konnte sie das gut einschätzen, weil sie hier jeden Tag, seit der 5. Klasse, entlang ging.
Gemütlich schlenderte Jessica weiter und pfiff das Lied „Born this way“ nach.
Aber irgendetwas kam ihr an diesen Tag anders vor.
Sie drehte sich langsam um. Sie entdeckte eine uralt aussehende Tür, wo zuvor noch nie eine gewesen war. Jessica näherte sich langsam der Tür und betrachtete sie eingehend von jedem Blickwinkel. Es war eine absolut normale Tür. Aber wie war sie dahin gekommen? Oder hatte Jessica die Tür nur noch nie bemerkt? Fragend schüttelte sie den Kopf, als sie über die Frage genauer nach dachte. Nein, das war unmöglich. Die konnte man doch nicht übersehen. Der lange, dünne Weg hatte keine einzige Tür und es war ziemlich bescheuert hier eine Tür zu bauen. Sie konnte sich hier gerade noch „durchquetschen“.
Jessica hob die Hand und legte sie auf den rostigen Türgriff. Erschrocken zuckte sie zurück. Der Türgriff war eiskalt. Vorsichtig tippte sie ihn erneut mit den Fingerspitzen an und er war auf einmal angenehm warm. Er wirkte plötzlich total einladend auf sie, als würde er ihr zuwinken, um ihr zu zeigen, dass sie keine Angst haben musste. Entschlossen griff sie nach dem Türgriff. Auf einmal schossen ihr tausend Gedanken durch den Kopf. Was wird wohl hinter der Tür sein? Wird sie Ärger kriegen, wenn dahinter ein privates Grundstück liegt? Wie groß würde der Ärger sein? Sollte sie nicht lieber zu Schule? Wie wird das ganze ausgehen? Kann es sogar gefährlich werden? Warum ist das überhaupt plötzlich eine Tür? Mit einer durchschneidenden Handbewegung stoppte sie die Fragen, die wie viele kleine Blitze auf sie einschlugen und konzentrierte sich. Alle Fragen waren wie wegegeblassen, als wäre die ganze Situation etwas Alltägliches.
Das war doch nur eine Tür. Wenn sie sah, dass da jemand wohnte, dann würde sie eben wieder zurück gehen. Sie war ja keine Einbrecherin, sondern nur ein neugieriges kleines (im wahrsten Sinne des Wortes) Mädchen. Ins Gefängnis würde sie schon nicht müssen. Mit dem Gedanken im Kopf, dass sich alles aufklären könnte, öffnete sie schwungvoll die Tür und starrte in kalte Dunkelheit. „Wirkt nicht gerade freundlich“,
dachte Jessica. Aus ihrer Hosentasche fischte sie ihr Handy, schaltete es ein und versuchte mit dem Licht mehr erkennen zu können. Aber nichts war zu sehen. Das Licht schien an einer unsichtbaren Mauer abzuprallen. „Hallo?“, rief sie ins Dunkle hinein. Keine Antwort. Auch kein Echo. Dahinter war also kein Raum. „Hallo? Ist da jemand? Hallo?“, rief sie lauter. Nichts. Es blieb ihr wohl keine andere Wahl. Sie musste selber über die Türschwelle gehen. Zwar war ihr beim Gedanken etwas mulmig, aber irgendwie zog sie die Tür magisch an. Jessica schaute sich ein letztes Mal um, atmete noch einmal tief durch und wagte sich mit ausgestreckten Händen durch die Tür. Die Dunkelheit verschluckte sie. Sehen konnte sie nichts, aber als sie merkte, dass unter ihren Füßen kein Boden war, war es schon zu spät und sie fiel, fast schwerelos, nach unten. Ihr lauter Schrei hallte von irgendwoher wider, obwohl es zuvor keinen Echo gegeben hatte.
Es kam ihr wie eine Ewigkeit vor, als sie auf einem harten Boden aufschlug. „Aua“, murmelte sie, während sie sich quälend zum Aufstehen zwang. Ein pochender Schmerz fuhr durch ihre Arme und Hände, die sie beim Aufprall schützend vor sich gehalten hatte. Auch ihre Beine zitterten noch ein wenig. Aber sie ignorierte es und klopfte ihre Sachen ab.
Sie war noch nie an diesem Ort gewesen. Er kam ihr kein bisschen bekannt vor.
Sie starrte auf Kilometer langes leeres Land. Nur einige kleine grüne Stellen bewiesen, dass die ganze Fläche mal voller Gras bewachsen war. Stattdessen sah es aus, wie auf einem Schlachtfeld. Erde bedeckte fast vollständig das Gebiet. Weit und breit gab es keine Pflanzen, Bäume oder Lebewesen. Lebte hier überhaupt jemand? Wenn ja, konnte er sie vielleicht wieder irgendwie zurückbringen. Ihr Herz begann plötzlich an stark zu klopfen. So allein und völlig auf sich selbst eingestellt war sie noch nie gewesen. Man hatte sie immer geführt, wenn sie etwas neues lernen musste, was ihr etwas peinlich war. Zum Beispiel als sie in die 1. Klasse kam und sich nicht getraut hatte allein den Weg zur Schule zu gehen, begleitete ihre Mutter sie die ersten paar Wochen.Oder auch wenn sie sich bei irgendwas nicht sicher war hatte sie immer ihre Freunde nach Rat gefragt. Auch wenn sie wusste, dass es ihnen ziemlich auf die Nerven gehen musste, wenn sie andauernd jemanden um Hilfe bat.
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„Ist das jemand? Hallo?“, schrie sie so laut sie konnte. Es musste sie doch jemand hören. Sie wartete, aber es kam niemand. Noch öfters schrie sie dasselbe und immer lauter. Niemand. Jessica schrie noch einmal das letzte Mal. Plötzlich stoppte sie. Angespannt hielt sie ihre Hände ans Ohr. Sie hatte eindeutig etwas gehört. Eine Art Schnaufen. Es kam immer näher. Aus welcher Richtung kam es? Sie hörte noch genauer hin und blickte sich dabei genauer um. Das Schnaufen war ihr schon bedrohlich näher gekommen. Was war das bloß?
„Hii ni wilaya yetu. Kutoka nje!“, sagte eine tiefe, raue Stimme hinter Jessica und sie schien nicht gerade freundlich zu sein. Hastig drehte sie sich um. Vor ihr stand ein großgewachsener und stämmiger Mann. Ein blaues Stirnband auf dem ein Zahn, aus dem Blut tropfte, abgebildet war, zierte seine Glatze. Seine Klamotten bestanden aus grobem Fell, dass wie Lumpen an seinem Körper hingen. Viele Narben verliefen über seinen ganzen Körper.
Mit großen Augen ging sie ein paar Schritte zurück und fuchtelte wild mit den Händen herum. „Ähm Hallo. Ich heiße Jessica. Ich will Ihnen nichts tun. … Ich bin friedlich sozusagen.“, sagte sie breit lächelnd, um ihre Freundlichkeit zu zeigen. Ein wütendes Grummeln kam aus seiner Kehle. „Was haben ich Ihnen den getan? Ich kenne mich hier nur nicht aus.“
„Kutoka nje ya eneo letu!“, schrie der Mann. „Oh, entschuldigen Sie. Ich verstehe Ihre Sprache nicht. Can you speak English?“ Der Mann starrte sie wutentbrannt an und stürmte auf sie zu, während er brüllte: „Kisha kufa!“ Geschockt rannte Jessica weg. Plötzlich spürte sie etwas schweres auf ihrem Rücken, das sie zu Boden rieß. „Kuua!“
„Nein! Bitte!“, kreischte Jessica verzweifelt. Sie spürte etwas Kaltes auf ihrem Hals. Ein Messer oder ein Dolch. Jessica schrie so laut, wie sie es noch nie getan hatte. Sie fuchtelte mit Beinen, Kopf und Händen heftig hin und her, in der Hoffnung sich befreien zu können. Ihr Kopf wurde hart auf den Boden gedrückt, sodass sie ihn nicht mehr bewegen konnte. Der Mann fuhr mit der scharfen Klinge durch Jessicas Hals. Sie spürte, wie warmes Blut an ihrem Nacken hinunter floss und einen stechenden Schmerz hinterließ.
Ihr Blick fing an zu flackernd und ihr wurde leicht schwindelig. Sie hatte nicht mehr genügend Kraft sich zu wehren, aber sie hörte gedämpft, wie eine zweite männliche Person hinzukam und schneidend rief: „Kuacha!“ Jessica wurde immer schwärzer vor Augen. Auf einmal verschwand die Last des Mannes von Jessicas Rücken. Der Mann schrie schmerzerfüllt. Gleich darauf hörte Jessica, wie etwas dumpf neben ihr aufschlug. Dann war es still. Sie konnte wieder die Schritte des anderen Mannes hören. Seine Schritte klangen leichtfüßiger als die des großen Mannes. Er musste viel leichter sein. „Geht es dir gut?“, fragte er. Seine Stimme klang sanft und weich. Jessica war wie betäubt. Sie konnte das alles einfach nicht glauben. Das sie hierher gekommen war und gleich darauf fast von einem Wahnsinnigen getötet wurde. Fast in Zeitlupe richtete sich Jessica mühevoll auf. Sie verschränkte ihre Arme und vergrub ihr Gesicht darin. Unerwartet packte sie eine warme Hand am Oberarm und zog sie abrupt hoch. Ein kurzer Schmerz fuhr ihr durch den Arm. „Au...“
„Oh, habe ich dir weh getan? Tut mir Leid.“, sagte der Mann erschrocken, „Aber du lebst noch“, fügte er erleichtert hinzu. Verschwommen konnte sie die Konturen des Mannes erkennen. Er hatte ein leicht schmales Gesicht und wuschelige Haare. Mehr konnte Jessica nicht erkennen. Ihre Augen fielen immer mehr zu. Er rüttelte sie heftig am Oberkörper. „Nicht in Ohnmacht fallen. Hey!“, rief er fast verzweifelt. Doch im nächsten Moment wurde ihre Sicht komplett schwarz und ihr Körper fiel schlapp zu Boden. Sie konnte aber noch spüren, wie sie jemand am Rücken und am Oberkörper festhielt...
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Etwas Kaltes tröpfelte auf Jessicas Stirn und glitt an ihren Wangen hinunter. Ihre Augen fühlten sich an, als hätte man sie zu geklebt. Sie zuckte erschrocken zusammen, als sie direkt über ihr das Gesicht eines Mannes, in ihrem Alter, erblickte. Es dauerte einige Sekunden bis sie ihn wieder erkannte. Es war derselbe Mann, der sie gerettet hatte. Langsam kamen ihr die Erinnerungen wieder und ihr Blick wurde immer klarer, während der Mann aufsprang und einen Schritt zurückging und etwas auf die Kommode legte. Jessica versuchte sich währenddessen aufzurichten und es fiel ihr schwerer als sie gedacht hatte. „Nein, bleib liegen“, sagte der Mann besorgt und drückte sie sanft zurück ins Bett. Verwundert schaute sie sich das Zimmer an. Sie selbst lag auf einem Bett, dass keine Bettwäsche hatte. Außer einer Kommode, einen überladenen Schreibtisch und einen riesigen Haufen Waffen, die in der Ecke lagen, war in dem großen Zimmer nichts mehr. Selbst die schneeweißen Wände und der Holzboden wirkten noch so neu und unbenutzt. „Wo sind wir hier?“, fragte Jessica verwirrt. Ihr Mund war noch ziemlich trocken und es fiel ihr schwer zu reden. Der Mann blickte sie eingehend an. „Ich wohne hier.“, entgegnete er lächelnd.
„Bist du erst hier eingezogen?“, fragte sie verwundert.
„Nein, ich wohne hier eigentlich schon ziemlich lange.“ Jessica runzelte fragend ihre Stirn. „Also, ich bin hier nur sehr selten, wie du dir eigentlich denken könntest.“, sagte er achselzuckend. „Woher sollte ich das denn wissen?“ Diesmal war es der Mann, der sie unglaubwürdig ansah. „Naja, ich bin nun mal häufig unterwegs. Ich bin hier nur sehr selten.“ Vielleicht war er ein Workaholic. „Was arbeitest du denn?“ Der Mann lachte kurz, ein sanftes Lachen bei dem sich Jessica zurückhalten musste, dass sie nicht in Versuchung geriet mit zu Lachen. „Als Arbeit hab ich das noch nie angesehen. Für mich ist es meine Lebensaufgabe.“, erwiderte er belustigt, dann wurde er plötzlich wieder ernster, „Kennst du mich denn nicht?“ Sie legte ihren Kopf leicht schief und betrachtete ihn von oben bis unten. Seine Haare waren etwas länger, wie sie es in Erinnerung hatte. Er war blond und seine Gesichtszüge waren weich und makellos, aber auch entschlossen und wissend, erwachsen. Seine Haut hatte die Farbe von Honig – leicht Gelb, aber auch nur ein wenig. Er hatte meerblaue Augen, die ernst wirkten, aber auch gleichzeitig verträumt. Seine Bewegungen erinnerten sie an einen Ninja. Fließend und bestimmt. Aber er war gut trainiert und einfach perfekt. Sie fand keine Stelle, die nicht makellos war und er kam ihr kein bisschen bekannt vor. Auch nach langem Überlegen nicht. Anschließend schüttelte sie den Kopf. „Wirklich? Ist das dein ernst?“ Er starrte sie an, als wollte sie ihn gerade nur verarschen.
„Mein voller ernst.“, entgegnete sie sicher.
„Es tut mir Leid, aber ich habe noch keinen Menschen kennengelernt, der mich nicht kannte.“, sagte der Mann erstaunt. „Oh mein Gott! Vielleicht bin ich kein Mensch! Ich heiße übrigens Jessica“ Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Selbst viele Dämone kennen mich. Was soll's. Ich heiße Haku. Ich bin auch unter anderem der Krieger des Mutes bekannt.“ Jessicas Kinnlade klappte nach unten. Ein Krieger. Krieger des Mutes. Entweder war sie gerade in einen Fantasy Roman gelandet oder sie wurde verrückt.
Solche Krieger waren doch schon längst ausgestorben. Konnte es sein, dass das nicht ihre Zeit war? „Du willst mich doch verarschen oder?“
„Nein, ganz bestimmt nicht.“ Jessica war so schnell aufgestanden, dass ihr für kurze Zeit schwindelig wurde und sie etwas taumelte. Dann aber fing sie sich wieder und ging auf ihn zu. Sie hob ihren Zeigefinger und deutete theatralisch auf Haku. Er wich erschrocken zurück und hob seine Arme, während er sie verwirrt ansah.
„Aha! Du kennst also das Wort verarschen.“
„Ich weiß sogar was Desoxyribonukleinsäure ist“, sagte er grinsend. „Baustein des Lebens DNS oder DNA. „S“ steht für Säure und „A“ steht für Acid.“, erklärte er, als sie ihn total ahnungslos betrachtete.„Woher kannte er nur das Wort und die Bedeutung?“,
dachte Jessica. Das alles kam ihr etwas seltsam vor. „Welches Jahr haben wir eigentlich?“
„2011 natürlich.“
„Was?“, rief sie geschockt. „Hast du die letzten Jahre wohl Silvester verpennt oder wieso fragst du mich so etwas?“ Silvester gab es auch noch. Aber wo war sie dann. Sie schien ja noch in ihrer Zeit zu sein. Vielleicht konnte er sie doch noch irgendwie zurück bringen. „Kennst du Deutschland?“, fragte sie erwartungsvoll „Nein.“
„Japan?“
„Ne, noch nie gehört.“
„Aber USA oder?“ Er schüttelte den Kopf. „Was für ein Kontinent ist das hier?“
„Du bist wirklich seltsam. Ich habe keine Ahnung, was ein Kontinent sein soll, aber du scheinst dich wirklich nicht auszukennen.“
„Dann mach, dass ich mich besser auskenne“, forderte sie ihn auf.
„Dieses Land heißt Guerra und diese Stadt ist Valentia. Eigentlich ist es schon fast ein Dorf. Hier leben die Menschen normalerweise in Frieden, daher halte ich mir hier auch gerne auf. Leider habe ich gehört, dass das Volk Jino unsere Kleinstadt angreifen will. Ich muss, nachdem ich die Vampire verjagt habe, mir wohl eine neue Stadt suchen. Eigentlich hat mir die Stadt gefallen, aber ich will die Bewohner nicht in weitere Schwierigkeiten bringen.“
„Moment Mal! Jino? Vampire?“ Jessica verstand gar nichts mehr. Das alles war ja wie in einem Roman. „Der Mann, der dich angegriffen hatte war ein Vampir. Er gehörte auch zum Volk der Jino. Das sind Vampire, die keiner Adelsfamilie angehören. Sie sind ziemlich einfache Vampire, die eigentlich nur ans Töten und Aussaugen denken. Aber eigentlich sind sie ziemlich schwach, auch wenn sie stark aussehen.“, erklärte er, „Zumindest für mich“, fügte er nach kurzem Nachdenken hinzu. Vor ihrem geistigen Auge sah sie wieder den großen Mann mit dem Stirnband. „I-ich wurde a-also von einem Vampir angegriffen. U-und du bist dir auch sicher?“, stammelte sie mit weit geöffneten Augen. „Ich bin mir sicher. Dank dir habe ich das übrigens mitbekommen, was sie besprochen haben.“
„Sehr schön, aber dass einer von denen mich fast umgebracht hätte, interessiert dich wohl nicht“, entgegnete Jessica trotzig. „Dafür habe ich dich ja gerettet, wenn es mir egal gewesen wäre, dann hätte ich dich auch aussaugen lassen können.“ Da hatte er recht. Sie hatte sich noch nicht einmal dafür bedankt. Röte stieg ihr ins Gesicht, als sie kleinlaut sagte: „Danke, dass du mir geholfen hast.“ Haku lächelte sie sanft an und sie spürte wie sie noch röter und heißer wurde. „Kein Ding.“ Eine unangenehme Stille breitete sich im Raum aus. Haku schien es nicht peinlich zu sein sie unentwegt anzustarren. Auch als Jessica wegsah konnte sie seine Blicke im Nacken spüren. „Willst du vielleicht etwas trinken?“ Die Frage hatte sie etwas überrascht, weil sie gerade in Gedanken versunken war. „Ähm ja. Gerne.“ Haku winkte Jessica zu sich, als er anscheinend eine Treppe hinunter ging. Noch etwas unsicher folgte sie ihm. Sie landete in einem Flur, der von den Wänden und dem Boden genauso wie das Zimmer davor aussah. Nur das es hier keine Möbel gab. Nur ein Bild mit einem Mann darauf, der mutig sein Schwert in die Höhe schwang. Sie näherte sich dem Bild. Der Mann darauf war nicht nur irgendein Mann. Es war Haku selbst. Er sah viel angst einflößender und ernster aus, als der Haku, der gerade ihren Namen rief. Jessica drehte sich hastig um und knallte gegen Haku, der plötzlich hinter ihr stand. „Das Bild“, er nickte mit dem Kopf in die Richtung des Gemäldes, „das hat mir mal eine berühmte Künstlerin gemalt – als Geschenk nachdem ich ihre Stadt vor Werwölfen gerettet hatte. Er grinste. Sie hat es ein wenig übertreiben, meinst du nicht? Naja, Komm mit.“
Sie folgte ihn in die Küche. Auch hier waren die Fliesen an den Wänden und auf dem Boden in einem weiß. Es gab einen kleinen Kühlschrank, in dem gerade nur das nötigste Essen verstaut war. Er hatte eine Waschmaschine, ein Spülbecken, einen kleinen Schrank, wahrscheinlich für Besteck und sonstiges Essen, und einen Esstisch mit zwei Holzstühlen, die wild zusammengewürfelt genau in dieser Reihenfolge nebeneinander standen. Aus einem kleinen Fenster sah sie in eine kleine Gasse, die der Gasse in ihrer Welt ziemlich ähnelte. Haku holte ein Glas Wasser aus dem Kühlschrank heraus und schob es Jessica hin, die es in einem Zug austrank. „Du hattest wohl Durst. Willst du noch etwas?“
„Nein.“, sagte sie, obwohl sie noch durstig war.
„Dir geht es anscheinend wieder besser. Dann kann ich dich also gehen lassen.“ Hätte Jessica noch Wasser im Mund gehabt hätte sie das Wasser wahrscheinlich wie eine Fontäne ausgespuckt. Wohin sollte sie bitte gehen? Sie kannte sich kein bisschen aus. „Kann ich nicht hier bleiben? Bitte?“, bettelte sie kleinlaut. „Nein, das geht nicht. Weißt du, wenn ich jeden aufgenommen hätte den ich gerettet hätte, müsste ich wahrscheinlich ein Hotel oder mehrere aufmachen.“ Anscheinend meinte er es nicht böse. Sie sah es an seinem Blick, dass er ihr irgendwie noch weiter helfen wollte. Aber es blieb ihm keine andere Wahl. „Geh am besten nach Hause“, fügte er achselzuckend hinzu. Erst überlegte sie, ob sie es ihm alles erzählen sollte. Stattdessen entschied sie sich von Haku zur Tür bringen zulassen.
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Draußen war es ziemlich heiß. Eine kleine Gruppe von Kindern rannten lachend an Jessica vorbei, als sie Hakus Haus verließen. Einige Frauen liefen mit riesigen Körben die Straße entlang, während sie aufpassten, dass ihre Kinder nichts anstellten, die wild umhersprangen und lachten.
Sie stand vor einem großem Marktplatz, der von einfachen Häusern umgeben war. Den größten Teil nahmen die Verkäufer mit ihren Ständen ein, wo sie Obst, Gemüse und kleinere Gegenstände verkauften.
Quer über den Platz hörte man die Rufe der Marktschreier, während die Passanten durch die engen Reihen der Verkaufsstände wuselten.
Jessica wich erschrocken zurück, als Haku urplötzlich hinter ihr stand. Er war bevor sie hinausgegangen war nochmal schnell ins Haus gegangen, um etwas zu holen. „Interessierst du dich für kleine Dörfer?“, fragte er.
„Hä, was meinst du?“
„Naja.“, er zuckte kurz mit den Achseln, „Du schaust so begeistert.“ Jessica sagte darauf nichts. Sie wusste ganz einfach nicht was sie sagen sollte. „Sag, woher kommst du nun?“, fragte er stattdessen.
„Woher kommst du? Du lebst doch bestimmt nicht schon immer hier, oder?“, entgegnete sie und dachte: „Gut vom Thema abgelenkt Jessica.“ Haku überlegte kurz und starrte sie mit einem sehr eindringlichem Blick an. „Das sage ich dir nicht.“ Ihre Hände, die sie auf die Hüften gestützt hatte, sackten auf einmal nach unten. „Wie? Wieso?“, fragte sie verwirrt. „Ich habe das schon einmal jemanden erzählt und dann hat sie meine Cousine umgebracht. Nun habe ich nur noch meinen Bruder“ Sein Blick wirkte auf einmal leer und dunkel.
Es musste schwer für ihn gewesen sein zu hören, dass seine Cousine, seine vorletzte Verwandte, gestorben war. Wegen ihm selbst. Auch wenn er es nicht getan hatte, es war seine Schuld. Jessica würde sich ihr Leben lang selbst hassen. Als sie ansetzte zu fragen, was geschehen war, schüttelte er nur den Kopf. „Ist egal. Geh lieber nach Hause. Ich würde dir raten so schnell wie möglich zu gehen, denn es wird bald abend und die Vampire müssten gleich kommen. Bis irgendwann mal.“
„Ja, ähm. ... Tschüß.“, sagte sie unsicher und blieb kurz stehen. Dann rannte sie, wie von der Tarantel gestochen, davon. Während sie rannte verstummten die Rufe und das Lachen der Kinder. Nur ihr Herz konnte sie immer stärker und schneller schlagen hören. Sie konnte ihre Füße und Beine nicht mehr spüren. Wie schwerelos rannte sie immer weiter und weiter. Sie wusste nicht wo sie war oder wohin sie wollte. Einfach nur weiter und weiter.
Vor sich sah sie einen engen Weg, der wie ausgstorben wirkte. Die Häuser waren heruntergekommen. Es stank penetrant nach Alkohol und Rauch. Der Weg war von der restlichen Stadt abgeschirmt. Nur wenige Sonnenstrahlen verirrten sich dorthin. Rauchschwaden hingen in der Luft und von Weitem konnte sie das grelle Lachen einiger Frauen hören.
Sie blieb kurz stehen und ging langsam weiter, folgte dem Lachen der Frauen. Plötzlich tippte sie jemand von hinten auf die Schulter. Im Augenwinkel konnte sie raue, knochige Finger mit vergilbten Fingerspitzen erkennen. Hastig drehte sie sich um. Ein älterer Mann in zerfetzten Klamotten schaute sie mit großen, leeren Augen an. „Ich bitte um eine Spende.“, sagte er flehend. Seine Stimme klang rauchig und kratzig. „Tut mir Leid. Ich habe kein Geld bei mir.“ Der Mann trat näher an sie heran und streckte seine Hände nach ihr aus. „Bitte nur ein bisschen Geld.“
„Ich habe doch kein Geld.“, entgegnete sie lauter. Fast hätte sie der Mann berührt. „Was wollen Sie von mir. Verschwinde!“ Jessica stieß den Mann angewidert von sich und rannte weiter den Weg entlang. Sie schaute zurück. Er starrte ihr noch länger hinterher und lief schlürfend weg. Als sie ihren Blick wieder nach vorne richtete war es schon zu spät und rannte in eine magere Frau hinein, die in ihrer rechten Hand eine halbleere Bierflasche hielt. Tief schwarze Augenringe ließen ihre müden Augen nach unten hängen. Sie starrte Jessica erstaunt an. Dann lächelte sie ein breites, wahnsinniges Lächeln. Zum Vorschein kamen gelbe Zähne und Zahnlücken. Humpelt näherte sie sich Jessica. „Bitte gebe mir etwas Geld. Bitte!“, bettelte die Frau verzweifelt und packte Jessica am Oberarm, sodass sie sie beinahe herunter zog. Angst durchflutete Jessicas Körper und ließ sie zittern. Jessica versuchte vergeblich die Frau abzuschütteln, aber sie hing an Jessica, wie eine Klette. „Lass mich los!“, schrie sie, „Hilfe!“ Aber keiner half ihr. Das Lachen verstummte augenblicklich. Einige Sekunden vergangen. Jessica nutzte die Chance und rief noch einmal: „Hilfe!“ und diesmal kräftiger. Aber die Musik wurde wieder eingeschaltet und die Menschen lachten unbeirrt weiter. Wie konnten die sie nur ignorieren? „Verschwinde! Du alte Hexe!“, brüllte sie in das Gesicht der geschockten Frau, die sie mit großen Augen anstarrte. Währenddessen rannte sie an der Frau vorbei. Immer weiter. Bis sie vor einem großen Tor stand. Jetzt erst erkannte Jessica, dass Valentia von einer Mauer umgeben war. Die Mauer selbst war nicht besonders dick und hatte irgendwelche sonstige Besonderheiten. Dafür war das Stadttor am eindrucksvollstem. An den Seiten wurden schwungvolle, Zeichen und Symbole eingezeichnet. Als sie näher hinging konnte sie zwar erkennen, dass es sich um mehrere einzelne Bilder handelte, um die die verschiedensten Blumen herumtanzten, aber welche Bedeutung sie hatten wusste sie nicht. Aber man sah, dass die Bewohner sich Mühe gegeben hatten. Die Bilder hatten sie vorher in den Stein hinein gekratzt und dann hatten sie die Rillen ausgemalt. Über dem Tor ragte ein Kopf eines Mannes aus dem Stein heraus, den Jessica nicht kannte. Der Mann hielt seine Arme ausgebreitet über die Stadt und begutachtete zufrieden Valentia. Er wirkte freundlich und noch ziemlich jung. Für die Bewohner Valentia musste er etwas wirklich tolles gemacht haben.
Jessica betrachtete die Bilder noch genauer und versuchte einen Zusammenhang zu finden.
„Hey, Jessica!“, rief jemand hinter ihr. Erschrocken drehte sie sich um. Haku kam auf sie zu gerannt. „Hier.“, er hielt ihre Handtasche hin, „Das hast du vergessen.“
„Oh, danke.“
„Zum Glück bist du noch da. Ich bin so schnell gerannt wie ich nur konnte.“ Ihr fiel auf, dass Haku gar nicht aus der Puste war. „Wohnst du hier in der Nähe?“ Er legte seinen Kopf schief und sah sie fragend an. „Nein. Eigentlich wohne ich ziemlich weit weg. Wieso?“
„Ach, nur so“, winkte sie ab. Hakus Kopf zuckte nach oben und dann in Richtung Ausgang. „Oh, Scheiße. Versteck dich.“, sagte er. „Versteckt euch alle! Die Vampire kommen!“, rief er lauter in die Stadt hinein. Man hörte, wie die Leute das schreien anfingen und Sachen herunterfallen ließen. „Sag du jedem den du siehst. Er soll weg.“, erklärte er ihr eindringlich. Eine riesige Menge von Vampiren stürmte mit Geschrei auf das Dort zu. Alle trugen das gleiche Kopfband mit dem Zahn darauf.
Staub wurde nach oben gewirbelt. Der Boden bebte leicht und wurde immer stärker. Hakus Gesicht war nur noch einige Zentimeter von Jessicas Gesicht entfernt. „Verstanden?“, hauchte er eindringlich und mit sehr ernstem Blick. Sie nickte ruckartig mit dem Kopf und rannte in Richtung des Stadt Innerem zurück.
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Unterwegs begegnete ihr ein kleines Mädchen. „Du musst dich verstecken!“, rief Jessica ihr zu.
„Wieso?“, fragte das Mädchen und lag ihren Kopf schief. „Die Vampire kommen.“ Der Mund des kleinen Mädchens öffnete sich vor Entsetzen und rannte kreischend davon. Jessica rannte in die selbe Richtung, aber plötzlich hielt sie abrupt an. Und lief wieder zurück.
Angekommen versteckte sie sich hinter einem Haus und schaute um die Ecke. Von Weitem sahen die Mengen gar nicht so groß aus, aber von Nahem erkannte Jessica, dass es tausende Vampire sein mussten. Alle griffen Haku an, aber er schien ziemlich stark zu sein. Die Vampire waren etwas schwerfällig und unkoordiniert. Tatsächlich verletzten sie sich teilweise sogar selbst. Sie griffen Haku an, ohne ein bisschen nachzudenken, und als Belohnung brachte er sie alle hintereinander mit einem Messerstich um. Ihre leblosen Körper sackten von der einen Sekunde zur anderen zusammen. Aus den vielen Leichen kam kein bisschen Blut aus ihren Wunden. Trotzdem schienen die große Menge der Vampire einfach nicht weniger zu werden. Haku tötete einen nach dem anderen, wobei er selbst keinen Kratzer abbekommen hatte, aber selbst nach vielen Minuten schien der Kampf noch lange nicht vorbei. Jessica schlich sich wieder zurück hinter das Haus und ging die Reihe der Häuser entlang, bis sie wieder beim Stadttor angekommen war. Von dort aus konnte sie besser an der kämpfenden Menge vorbei schauen - hinter das Tor. Das hätte sie sich gleich denken können. Immer wieder neue Vampire strömten in das Dorf. Und es waren nicht wenige. Ihr Blick huschte augenblicklich zu Haku. Noch schien er für einen Kampf noch ziemlich entspannt. Aber die Massen der Vampire schienen unendlich. Irgendwann wird er zu erschöpft sein, um weiter kämpfen zu können.
Jessica schlich sich vorsichtig näher heran. Sie musste ihm das irgendwie sagen. „Haku!“, schrie sie so laut sie konnte, „es kommen immer mehr Vampire!“ Verwundert drehte sich Haku in ihre Richtung. Für einige Sekunden waren alle Blicke auf Jessica gerichtet. Große, schwere Männer und Frauen mit völlig zerzausten Haaren an. Die Schultern der Vampire waren krampfhaft nach oben gezogen, sodass dadurch ein Buckel entstand. Wie der alte Bettler und die alte Frau stand ihnen der Wahnsinn ins Gesicht geschrieben.
Bevor die Vampire auf sie zu stürzen konnten, schwang Haku sein Schwert und drehte sich mehrmals um die eigene Achse. Auch als er sich noch drehte versuchten die meisten Vampire ihn anzugreifen. Die Leichen flogen im hohen Bogen nach oben und klatschten dumpf an die Hauswände. Aber drei Vampire hatten sich nun auf Jessica fixiert und kamen ihr bedrohlich näher. „Verdammt!“,
schoss es ihr durch den Kopf. Ängstlich ging Jessica immer einen Schritt zurück.
Ihr Herzklopfen wurde immer schneller. Ihr Atem immer schneller und stockender. Plötzlich flog eine Leiche in Richtung eines der Vampire und stieß ihn zu Boden. Die anderen zwei Vampire starrten ihn an. Wahrscheinlich versuchten sie zu begreifen, was geschehen war. Der Vampir unter der Leiche bewegte sich nicht mehr. Jessica ergriff diese Gelegenheit und rannte davon. Ihr Hals brannte schmerzhaft. Im Rennen war sie noch nie gut gewesen. Jessica fiel es schwer Luft zu holen, aber sie rannte weiter so schnell sie konnte. Sie wagte einen Blick nach hinten. Die Vampire hatten die Verfolgung aufgenommen. Aber immerhin war vom dritten Vampir keine Spur.
Im Vorbeirennen betrachtete sie ihre Umgebung genau, um irgendetwas zu finden, womit sie die Vampire umbringen konnte. Bei dem Gedanken lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken. Sie würde jemanden umbringen. Tod waren sie zwar sowieso schon, aber das sie zur Mörderin werden würde war ihr unheimlich. Dabei war sie noch nicht einmal ein Tag in Guerra und schon wurde sie zweimal mit dem Tod konfrontiert. Erst wollte sie ein Vampire umbringen, nun musste sie das selber machen. In was für einer grausamen Welt war sie nur gelandet?
Plötzlich sah sie aus weitem einen großen Stein. Wieder blickte sie hinter sich. Die Vampire waren etwas weiter hinten. Sie musste es versuchen. Der Stein war schwerer als gedacht, aber je schwerer er war umso bessere Chancen hatte sie die Vampire damit vielleicht sogar umzubringen. Jessica schwang ihre Arme, damit sie den Stein werfen konnte. Dann ließ sie los. Der Stein flog nicht wirklich weit, aber tatsächlich hatte sie wirklich damit einen Vampir außer Gefecht gesetzt. Zumindest bewegte er sich nicht mehr. Diesmal begriff der andere schneller, was mit seinem Partner passiert war. „Wewe kuuawa ndugu yangu. Kwa hili watatubu!“, knurrte er sie wütend an und rannte brüllend auf sie zu.
Eine plötzliche Lust am Kämpfen überkam Jessica, wie eine Flutwelle. Ihr Körper schrie danach diesen blöden Vampir fertig zu machen. Die Angst war wie verflogen. Ihre Hände und Füße kribbelten. Sie musste zuschlagen. Fast reflexartig schoss ihr Bein in die Höhe und trat den Vampir in den Brustkorb. Jessica hörte wie die Knochen laut knackten. Er krümmte sich schmerzerfüllt auf dem Boden und schnappte verzweifelt nach Luft. Er lebte also noch. Jessica packte den Vampir am Haarschopf und schleuderte ihn gegen die Wand. Sein Schreien klang nur noch nach einem letzten stockendem Atemzug. Ihre Hände und Füße hörten augenblicklich auf zu kribbeln. Die Angst, die plötzlich weg gewesen war drängte sich auf einmal wieder in ihren Körper und dazu kam noch das Entsetzen, was plötzlich mit ihr passiert war. Sie hätte nie gedacht, dass sie so stark war. War das der Adrenalin stoß, der sie vielleicht gepackt hatte?
Sie näherte sich prüfend dem Vampir. Er schien sich nicht zu bewegen. War er wirklich tot? Mit der rechten Fußspitze tippte sie den Körper an. Keine Reaktion. Dann drehte sie ihn vorsichtig um. Wieder nichts. Während sie überlegte, ob Vampire einen Puls haben, hörte sie Jessica ihren Namen rufen. Haku kam auf sie zu gerannt. Er sah unverletzt aus. „Ich hätte ehrlich gesagt gar nicht gedacht, dass du so stark bist. Ich dachte du würdest kreischend vor den Vampiren wegrennen und hoffen, dass du irgendwie gerettet wirst.“, sagte Haku erstaunt. Ein breites Grinsen zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. „Tja, da hast du mich wohl falsch eingeschätzt.“, erwiderte sie stolz. Doch dann dachte sie wieder an die Vampire und ihr Grinsen verließ ihr Gesicht. „Sind alle tot?“, fragte sie ernst. Haku nickte mit dem Kopf. „Ja.“ Er schaute zur Seite und betrachtete die Gegend genauer, während Jessica mit dem Schuhe Kuhlen in die Erde scharte.
Plötzlich hatte sie das Gefühl, dass sie beobachtet wurden. Sie hob ihren Kopf.
An der Ecke einer Hauswand lehnte ein Junge, der jünger war als sie, und betrachtete die Beiden mit seitlichem Blick. Seine Hände hatte er in seine Hose vergraben und seine dunkelbraunen Haare hingen ihn im Gesicht. Aber besonders fielen ihr seine roten Augen auf. Sie wirkten leer und voller Trauer, aber auch stark fixiert.
Sie wand ihren Blick zu Haku, um ihn auf den Jungen aufmerksam zu machen. „Schau mal da“, flüsterte sie und nickte in Richtung des Jungen. Aber der Junge war auf einmal verschwunden. „Was denn?“, fragte Haku verwundert. „Nichts.“ Sie hatte sich ihn doch wohl nicht etwa eingebildet? Nicht das sie noch unter Halluzinationen litt.
„Hey, Haku!“, rief ein Mann, dessen Stimme Jessica noch nicht bekannt war. Fast im dem selben Moment stand auch schon ein Junge neben Haku. Er war jünger und auch etwas kleiner. Sogar ein bisschen kleiner, als Jessica. Seine dunkelblonden, langen Haare waren leicht durcheinander, als hätte er sie noch nicht gekämmt. Er hatte dieselben meerblauen Augen, wie Haku, nur ein Touch dunkler. Und er sah Haku ziemlich ähnlich. Auch mit ungekämmten Haaren sah er genauso gutaussehend aus. „Neuer Auftrag!“, sagte er aufgeregt. Dann bemerkte er Jessica. Seine Augen huschten blitzschnell von ihren Füßen bis zu ihrem Kopf. „Oh, wer bist du denn?“ Ein interessiertes Lächeln huschte über sein Gesicht. Jessica machte das Lächeln nervös, aber ihr gefiel es auch gleichzeitig. „I-ich...“
„Das ist Jessica. Ich habe ihr geholfen und...“ er deutete auf den anderen Jungen, „was ihn angeht, dass ist Souta, mein Bruder.“ Jessica hatte sich die Ähnlichkeit doch nicht eingebildet. Aber beide hatten etwas anderes. Haku war ernster, konzentrierter und Souta war fröhlicher und hatte etwas freches und neugieriges. Jessica und Souta schauten sich noch einmal genauer an und begrüßten sich dabei. „Achja, was für ein Auftrag? Wo und Warum?“, fuhr Haku weiter fort. „Es geht nach Lumi. Sie sollen von Werwölfen angegriffen werden. Wir fahren am besten jetzt gleich los.“ Haku nickte zusagend. „Hast du die Pferde schon bereitgestellt?“
„Ja, natürlich.“, sagte er grinsend, während sie weggingen. „K-kann ich mitkommen?“, stotterte Jessica. Wie auf Kommando drehten sich beide zu ihr um und starrten sie argwöhnisch an. Aber Haku schüttelte als erstes den Kopf. „Hast du Stress Zuhause oder warum willst du nicht Heim?“, fragte er und kam ihr schlendernd näher. „Ich...“
„Warum darf sie eigentlich nicht mit?“, mischte sich Souta ein. „Es ist zu gefährlich“, fuhr Haku seinen Bruder an. „Außerdem ist nicht genügend Platz. Wir können doch nicht jedes daher gelaufene Mädchen mitnehmen.“, fügte er streng hinzu. Haku rauschte so schnell an Souta vorbei, dass seine Haare aus seinem Gesicht flogen.
Souta schaute ihn noch eine Weile verwundert nach und dann kam er achselzuckend zu Jessica. „Du willst wirklich mit uns mitgehen? Ich meine es kommen Werwölfe, Es ist ein langer Weg. Sei doch froh, dass du so etwas nicht mitmachen musst.“ Jessica musste aus dieser Situation schnell wieder herauskommen. Wenn sie sagen würde, dass sie durch eine seltsame Tür, die plötzlich da war, in dieser Welt gelandet war und nun nicht weiß was sie machen soll und das dass ihre einzige Möglichkeit bis jetzt war mit ihnen mit zu kommen, dann würde Souta sie wahrscheinlich für verrückt erklären. Aber sie musste irgendwo hin. Ihr Bauch beschwerte sich schon, weil Jessica vor Hunger gleich sterben würde. Und ihr Hals fühlte sich trocken an. Sie brauchte etwas zu trinken. Außerdem brauchte sie in so einer Welt dringend einen Platz, wo sie in Ruhe schlafen konnte, ohne angegriffen zu werden.
Vielleicht war es nicht das schlauste einen Krieger und seinem Bruder zu folgen, aber ihr würde wohl nichts anderes übrig bleiben. Daher überlegte Jessica. Sie war in einer Welt, wo das Sterben recht normal war und auch wo viele Leute starben. „Meine Eltern sind gestorben.“ Irgendwie klang das nicht traurig genug. Schauspielern war noch nie wirklich ihr Ding gewesen. Sie musste das etwas abschärfen. „Vor langer Zeit, wo ich noch klein war. Da habe ich bei meiner Oma gelebt, aber die habe ich noch nie gemocht, aber ich hatte niemand anderen. Vor ein paar Tagen ist sie auch gestorben und ich weiß nicht wohin.“ Das schien in seinen Augen wohl etwas glaubwürdiger. „Das Blöde ist, ich darf nicht die Entscheidungen treffen. Das darf nur Haku. Tut mir Leid. Ich kann es ja nochmal versuchen, aber er ist ziemlich hartnäckig. Sonst kannst du uns ja heimlich verfolgen. Ich gebe dir dann immer etwas zu essen und zu trinken ab.“ Er zwinkerte ihr und lief davon. Nach Kurzem überlegen heftete sie sich an seine Fersen und versteckte sich, als die beiden redeten. Haku war gerade dabei seine Sachen nochmal zu überprüfen und sich anscheinend für die Reise fertig zu machen.
„Willst du es dir nicht überlegen?“, fragte Souta. „Nein, meine Entscheidung ist gefallen.“, entgegnete Haku streng und begutachtete ein paar Waffen und sortierte sie aus. „Sie muss doch nicht mitkämpfen. Sie hat es nur einfach gerade nicht leicht.“ Souta nahm einen Sattel und legte es auf den Rücken eines braunen Pferdes. „Denkst du ich oder wir hatten es leicht im Leben?“
„Ja aber... Sie ist daran noch nicht so gewöhnt wie wir.“ Haku drehte sich zu ihm um und schnaufte. Er hatte seinen Kopf leicht schief gelegt. „Was hat sie denn für Probleme zurzeit?“, fragte Haku ruhig. „Ihre letzte Verwandte ist gestorben. Jetzt hat sie gerade kein Zuhause mehr.“ Soutas Bruder fuhr sich durch die Haare. „Ich denke sie ist alt genug.“
„Ja, alt genug, aber verwirrt und traurig. Komm schon. Gib dir ein Ruck.“ Haku legte die eine Hand auf seine Schulter und kam ihm näher. „Bist du in sie verliebt?“ Souta wurde von einer Sekunde auf die andere knallrot. Haku lächelte ihn hämisch an. „Ähm, naja...“, sagte Souta und scharrte mit den Füßen auf den Boden. „Meinetwegen, aber pass auf deine Freundin auf. Ich habe nämlich keine Zeit dafür.“ Wahrscheinlich hatte Souta Jessica bemerkt und starrte sie, immer noch rot im Gesicht, an. Aber sie hatten ihn doch überredet. Auch wenn die Sache mit dem Verliebt-sein ein bisschen peinlich war. „Ob das wohl stimmt?“, dachte Jessica.
Haku schien sie nun auch bemerkt zu haben und winkte sie zu sich herüber. Wie ein braves Hündchen dackelte sie zu ihm. „Du kannst hinter deinem Freund sitzen.“, sagte er wieder grinsend. Diesmal merkte auch das Jessica rot im Gesicht wurde. „Das war ehrlich gesagt nicht geplant, aber du darfst ja mit“, flüsterte Souta, der plötzlich neben ihr stand, in Jessicas Ohren. Er klopfte noch einmal freundschaftlich auf ihre Schulter und bewegte sich zu dem braunen Pferd. „Komm her“, rief er. „Bist du schon einmal geritten?“ Jessica schüttelte den Kopf. Ehrlich gesagt wurde ihr bei dem Gedanken auf einem Pferd zu sitzen etwas mulmig. Sie hatte ja schon von so vielen Unfällen gehört. Pferde mochte sie ja. Früher hatte sie immer Pferdezeitschriften gelesen, aber dann wirklich auf echten Pferden zu reiten war ihr nicht so geheuer. „Steig da in den Bügel.“ und Jessica tat es. Souta hob sie anschließend auf das Pferd. Ein Schwächling war er jedenfalls nicht. Ob er auch kämpfen würde?
Schließlich setzte sich Souta vor Jessica auf das Pferd. „Darf ich übrigens bekannt machen. Das hier ist Chairo. Übrigens weiblich.“ Souta schaute beleidigt in Hakus Richtung „Und nicht männlich!“ Haku zuckte nur mit den Achseln. „Kämm dir lieber die Haare.“, entgegnete Haku und ritt auf seinem schwarzem Pferd los. „Sein Pferd heißt übrigens Kuro. Sein Pferd ist männlich. Warum kriegt der immer die besseren?“ Dann ritt auch Souta los. Das Pferd war schnell. Zwar hatte Jessica Angst, aber irgendwie fühlte sie sich freier, als der Wind ihr durch die Haare fegte. Erst jetzt hatte sie gemerkt wie warm es ist Guerra war. Wärmer als in Deutschland.
„Sag mal ist das nicht Japanisch?“, fragte Jessica plötzlich. „Was ist das denn?“ Schade, sie konnte weiterhin ihren Fabel für Sprachen nicht austauschen. Sie ließ ihre Schultern hängen und sagte schnaufend: „Nicht so wichtig.“
„Hm, okay. Aber bitte halt dich ein bisschen fest. Wir wollen ja nicht, dass du herunterfällst. Das würde Hakus Nerven noch mehr strapazieren.“ Jessica schlang ihre Arme, um seinen Bauch und dachte: „Ist das wirklich der Grund oder ein anderer? Wahrscheinlich nicht, aber wenn Haku Recht hatte.“
„Oh, mein Gott!“, stieß Jessica Herz klopfend aus. Souta hielt die Luft an und schaute sich erschrocken um. Jessica konnte sein Herz schneller schlagen spüren, als zuvor. „Ach, nein. Nichts“, entgegnete sie lachend.
„Hey, ihr Turteltauben! Beeilt euch!“, rief Haku genervt nach hinten. Augenblicklich hörten beide auf zu reden, weil sie wussten, dass er seine Meinung auch schnell wieder ändern konnte.
Worterklärungen
- Kana = Japanisch, Zusammensetzung aus niedlich (kawaii) und frech (namaikina); ist auch eine japanische Silben- oder genauer eigentlich Morenschrift
- Tamago = Japanisch, bedeutet Ei
- Miu = Japanisch, bedeutet schöne Feder (bin ich zufällig „drübergestolpert“
- Hii ni wilaya yetu. Kutoka nje! = Suaheli, Das ist unser Gebiet. Verschwinde!
- Kutoka nje ya eneo letu! = Suaheli, Verschwinde aus unserem Gebiet!
- Can you speak English? = Englisch, Sprichst du Englisch? (Manche wissen das halt nicht)
- Kisha kufa! = Suaheli, Dann stirb!
- Kuua! = Suaheli, Töten!
- Kuacha! = Suaheli, Stop!
- Haku = Japanisch, die Farbe "Weiß" oder auch "Weißen Schnee" (Ich fand den Namen nur für ihn toll. Hat also keine Bedeutung)
- Jino = Suaheli, vorher hieß der Name für die Vampire "Blauer Zahn" (= Bluu Jino), aber weil "Blau" (=Bluu) nicht mehr passt, habe ich das "Bluu" einfach weggelassen, also heißt es jetzt übersetzt: Zahn
- Guerra = Italienisch, Krieg
- Wewe kuuawa ndugu yangu. Kwa hili watatubu! = Suaheli, Du hast meinen Bruder getötet. Dafür wirst du bereuen.
- Lumi = Finnisch, Schnee
- Souta = Japanisch, plötzlich, reibungslos; dick beleibt (Hat auch keine wirklich Bedeutung, warum diesen Namen)
- Chairo = Japanisch, braun
- Kuro = Japanisch, schwarz
Tag der Veröffentlichung: 01.09.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Buch meiner Freundin Fallenangel333, weil durch ihre Idee mit der Wette dieses Buch entstanden ist und, weil sie mein erster Fan war.