Wie definiert ihr anders?
Ist es das Aussehen was den entschiedenen Punkt macht oder ist es der Charakter?
Die Art des Lebens oder die Einstellung?
Könnt ihr mir sagen was „anders“ bedeutet?
Könnt ihr mir wirklich eine simple Erklärung dafür geben, warum ich als anders bezeichnet werde?
Warum mich die anderen beleidigen und schlagen, mich hassen und verachten.
Ich werde euch nun meine Geschichte erzählen und ich hoffe, Ihr lernt etwas daraus. Ich hoffe, Ihr lernt daraus, dass es egal ist wie man aussieht.
Denn schließlich ist die Person das Wichtigste und nicht das Aussehen.
Mein Name?
Amanda Northman. Ich werde aber Amy gerufen, bin 17 Jahre alt und gehe auf eine ganz normale Schule auf der ganz normale Leute sind.
Es sind Leute, die man überall trifft. Das heißt, keine Persönlichkeit und alle gleich.
Meine Eltern sind vor drei Jahren verstorben. Ihr Tod war das Schlimmste was mir je passiert ist.
Sie starben bei einer Explosion und seit dem lebte ich mit meiner kleinen Schwester May bei meinem Onkel.
Und jetzt lebte ich so vor mich hin.
Ich merkte, wie alle um mich herum in ihren Stimmungen untergingen und konnte dies noch nie nachvollziehen doch seit dem Tod meiner Eltern konnte ich das gar nicht mehr ertragen. All diese Menschen, die entweder lachten, weinten oder beides gleichzeitig taten.
Aber egal.
Man kann die Menschheit und die Welt nicht ändern. Egal wie sehr man es will. Egal was man macht, es wird sich nichts ändern.
„Amy, los sonst kommen wir noch zu spät!“, rief mich May aus der Küche und hörte sich eindeutig genervt an. Leise seufze ich und strich mir meine schwarzen Haare zurecht.
Ich hatte sie mir geglättet da ich schreckliche Locken hatte und diese über alles hasste.
„Ja, mach nicht so ein Stress!“, rief ich zurück und sah mich ein letztes mal im Spiegel an. Ich hasste diese Schuluniform und probierte sie auch so anders wie möglich aussehen zu lassen doch war sie ja noch immer eine Schuluniform.
Langsam und mit hängenden Schultern lief ich die Treppe hinunter und ging ohne ein Blick in die Küche zu werfen an ihr vorbei und öffnete die Haustür.
„Tschau“, brummte ich müde und trat hinaus. Bevor ich noch einen Schritt gehen konnte wurde ich schon zurück gezogen und von zwei großen blauen Augen angestarrt.
„Was?“, fragte ich bissig und stemmte die Hände in die Hüfte.
„Wolltest du ohne mich los, Schwesterchen?“, fragte May beleidigt nach und sah mich streng an.
„Nein, natürlich nicht. Ich hatte nur gehofft, dass ich so leise bin wie eine Maus und du es nicht merkst wie ich heimlich an dir vorbei schleiche“, nuschelte ich vor mich hin und sah mir meine kleine, fünfzehn jährige, Schwester an.
Sie trug vorschriftsgemäß die Schulkleidung und hatte ihre Haare ordentlich gekämmt. Ihre Wimpern waren nicht zu sehr getuscht und ihr blasser Lipgloss passte perfekt zu der Spange in ihren dunkelblonden Haaren.
„Das habe ich jetzt mal überhört...“, trällerte sie und zog an ihrem dunkelblauem Rock herum. Als sie schließlich wieder aufsah und ihre königsblauen Augen funkelten drehte ich mich um und ging nach draußen.
Für Mitte Sommer war es ziemlich kalt. Um die 12 Grad waren es gerade mal.
Schnellen Schrittes lief ich den kleinen Weg entlang und durch das Gartentor. Die Haustür schnappte leise zu und paar Sekunden später lief meine Schwester schon neben mir her.
„Und was hast du in der ersten Stunde?“, fragte sie und probierte mit mir Schritt zu halten.
„Keine Ahnung, interessiert mich auch nicht“, brummte ich und steckte mir eine Zigarette an.
Zum Glück war der Wind heute nicht so stark, sonst hätte ich den kleinem Glimmstängel gar nicht an bekommen.
Genüsslich zog ich gerade daran, als ich von hinten geschubst wurde und leicht stolperte. Ich konnte gerade noch mein Gewicht ausbalancieren aber wäre ich fast gefallen.
„Scheiße verdammte, May was soll die Kacke?“, brüllte ich aggressiv und sah hinter mich, wo sie wie ein kleiner Engel, stand.
Ihr rundes Gesicht, mit den großen Augen und den perfekten Augenbrauen, war leicht gerötet von der Kälte. Sie stand ganz unschuldig hinter mir und hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Ihre offenen Haare wehten sachte im Wind und ihr Rock ebenso.
„Krieg ich noch einen Antwort?“.
„Ich habe dir schon tausendmal gesagt, dass ich es hasse wenn du in meiner Gegenwart rauchst und schließlich bist du noch nicht achtzehn!“, sagte sie kleinlaut und sah mich unter ihren dichten Wimpern hervor an.
„Mir doch egal, ich rauche wann ich will und wo ich will“, gab ich pampig zurück und drehte mich um, um weiter zu gehen. Ohne weiter auf May zu achten, ging ich die Straßen entlang und zur Schule.
Das große Gebäude streckte sich nach einer knappen halben Stunde vor mir. Es war wie man sich eine Schule vorstellte. Sauber und Ordentlich.
Keine Graffiti oder Müll der auf dem Boden lag. Es war eine Privatschule auf die uns unser Onkel schickte. Er meinte, sie sei das „Beste“ für uns und würde die beliebteste Schule hier in der Gegend sein.
Aber hasste ich sie. Wie alles anderes hier.
Als ich das Schultor durchtrat überkam mich eine schlimme Übelkeit, die ich immer bekam, und schlenderte zielstrebig auf zwei Jungen zu die mit dem Rücke zu mir standen.
„Amy“, rief das Mädchen was sich gerade zu meinen besten Freunden gestellt hatte.
„Fiona“, reif ich zurück und blieb genau vor ihr stehen. Kurz gab ich ihr ein Kuss auf die Wange und umarmte die beiden Jungen.
„Wie geht’s euch so?“, fragte ich in die Runde und verlagerte mein Gewicht auf den rechten Fuß.
„Ganz gut. Ich habe Hausarrest von meiner Mutter bekommen, weil ich gestern besoffen nach Hause kam“, sagte Timo aufgebracht und blickte zu Boden.
„Schleich dich doch einfach raus. Wie sonst immer auch“, kicherte Fiona und gab Henry, der neben ihr stand, einen Kuss auf die Wange. Sie hielten Händchen und machten nur noch alles zusammen. Sie waren wie Kletten.
Ich liebte etwas mit meiner Clique zu machen doch regte mich dieses ganze Abgeknutschte ziemlich auf.
Wir, Fiona, Henry, Timo und ich waren beste Freunde. Wir kannten uns schon eine Ewigkeit und hatten alle die gleich Einstellung.
„Das werde ich auch wieder machen. Aber ich glaube wirklich, dass sie irgendwann Gitterstäbe vor mein Fenster macht“, lachte Timo und sah mich an. Seine Augen ähnelten unheimlich flüssiger Schokolade und die Iris war so schwarz, dass man sich in ihr spiegeln konnte.
Sie passten perfekt zu seinem schmalem Gesicht und der geraden Nase. Zu den dunkelbraunen Haaren die ihm in die Augen fielen und den schmalen Lippen.
„Dann komme ich und probiere sie mit einer Nagelfeile zu zerstören“, entgegnete ich und biss mir auf die Unterlippe.
„Klar immer doch“.
Mit dem lauten Klingeln der Schulklingel zuckte ich zusammen und stieß genervt die Luft zwischen den Lippen hervor.
„Na dann wollen wir mal“, sagte ich begeistert und begab mich zum Unterricht.
Mit einem Seufzen, das nicht mehr war als ein Hauchen, ließ ich mich auf einen Holzstuhl nieder und sah zu Boden.
Meine Chucks waren schon so abgetragen, dass sie den Anschein machten als würden sie jeden Moment auseinander fallen.
Der Lärm in der Klasse war wohl ohrenbetäubend doch gewöhnte man sich an alles und so war das auch mit den dummen Kommentaren meiner Mitschüler.
Ich wurde jeden Tag beleidigt und ich fragte mich ernsthaft, wann sie daran mal den Spaß verlieren würden doch kannte ich die Antwort schon.
Nie!
Sie würden immer so weiter machen, dass hieß dann jetzt in meinem Fall noch ein ganzes Jahr.
Denn dann wäre ich endlich fertig mit der Schule und würde mein Abi machen oder etwas anderes, ich würde auf eine andere Schule gehen mit anderen Menschen.
„Emo, hast du dich gestern wieder geritzt?“, reif mir Jemand zu der nach der Stimme zu urteilen Tyler war.
Langsam drehte ich mich um und sah mir den breitschultrigen blonden Jungen an.
Seine kurzen Igelhaare standen exakt zwei Zentimeter von seinem Eierkopf ab und seine blauen Augen ließen ihn auch nicht gerade intelligent wirken. Er war öfter im Fitnessstudio als in der Schule und das merkten man auch bei seinen Noten und seiner Aussprache.
„Klar, ich saß mal wieder in der Ecke und habe geheult“, rief ich zurück und rollte genervt die Augen.
Ich wandte mich wieder nach vorne und starrte auf die dunkelgrüne Tafel. Kleine Kästchen befanden sich auf ihr die man nur wahrnahm wenn man ganz genau hinsah.
„Was geschieht, wenn 5 Emos in einen quadratischen Raum eingesperrt sind? Einer stirbt, weil er keine Ecke zum weinen findet! “, lachte er und wurde begleitet von Anderen die mit lachten.
Ich hasste es wirklich. Nicht das mich die Witze trafen, es war einfach nur idiotisch. Nur weil ich einen anderen Style hatte wurde ich fertig gemacht.
Es war vor knapp zwei Jahren so schlimm gewesen, dass ich blutig nach Hause kam. Sie hatten mich an der Bushaltestelle abgefangen und verprügelt.
„Der war gut Affenhirn“, flüsterte ich und hoffe das Frau Tish kommen würde unsere Englischlehrerin. Doch leider war sie noch nicht da, sodass die Vollidioten noch genug Zeiten mich fertig zu machen.
Ich hatte die Hände unter dem Tisch zu Fäusten geballt als ich eine Hand auf meiner Schulter spürte.
Ich war alleine in dieser Klasse. Meine Freund waren in der Parallelklasse, sodass ich mir selbst überlassen war.
„Hey Amy, ich weiß endlich wie ihr euch begrüßt. Willst du es wissen?“, fragte Tyler und hauchte mir dabei sein ekelhaften Atem ins Ohr.
Genervt drehte ich mich zu ihm und schlug dabei seine Hand von meiner Schulter.
„Nein, aber du wirst es mir bestimmt gleich sagen“, gab ich zurück und sah mir die Meute hinter dem breiten Jungen an.
„Na ist doch klar, mit offenen Armen“, lachte er lautstark und strubbelte mir meinen Pony durcheinander der mir in die Augen fiel.
„Du wirst immer besser, mein Lieber“, seufze ich und sah ihm fest in die Augen. Seine Pupille war zusammen gezogen und so klein, dass sie eher wie ein Stecknadelkopf aussah.
Unsere Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt und mein Herz schlug mir bis zum Hals. Wie ich diesen Typen hasste.
Wir lieferten uns gerade einen tödlichen Augenkrieg als die Klassentür aufflog und die große schlanke Frau Tish hinein kam.
Sie stolzierte auf ihren schwarzen Pumps zum Pult und schrie dabei im bestimmten Tonfall in die Klasse.
„Herr Baker, setzten sie sich bitte hin. Sie können später mit Frau Northman flirten“.
Lautes Gelächter hallte in der Klasse wieder und Tyler verzog sich auf seinen Platz.
„Frau Tish, bevor ich mit Amy flirte geht die Welt unter“, sagte Tyler und setzte sich zwei Reihen vor mich hin.
Erleichtert seufze ich und ließ die Schultern hängen.
Endlich war für 45 Minuten Ruhe, das hoffte ich zu mindestens.
„Na dann wollen wir mal anfangen. Natalie, please read the text on page 246 out loud!”, sagte sie und schlug ihre Beine übereinander.
Die ganze Stunde über probierte ich so wenig wie möglich nachzudenken, denn das führte meist zu Katastrophen.
Ich schaute des Öfteren zu Frau Tish. Sie war im Mittlerenalter und hatte große Braune Augen die hinter einer Brille versteckte waren. Ihr Gesicht war schmal und ihre Wangenknochen waren deutlich zu sehen. Schmale Lippen und lange Wimpern ließen sie bestimmt mit 20 Jahren wunderschön aussehen. Doch sah man auch in ihren kleinen Falten, dass sie schon einiges durchgemacht hatte. Das sie sich behaupten musste.
Ich hatte mein Kinn auf meiner Hand aufgelegt als die Schulklingel ertönte und ich aus meiner Träumerrei herausgerissen wurde.
„So then we see us tomorrow and makes your homework”, rief Frau Tish in die Klasse und packte ihre Sachen ein.
So schnell, dass es bestimmt unnatürlich war, stand ich auf und verließ die Klasse. Ich lief die Gänge entlang und kam am Seketeriat vorbei, wo die alte dicke Frau Browner arbeitete. Sie war eine total liebe Person und war für die meisten Schüler eine Art Mutter. Sie gab den Kleinen Pflaster wenn sie fielen und sagte uns alles wenn wir Fragen hatten.
Mit einem letzten Blick durch das Fenster das zum Seketeriat fürhte ging ich weiter und blieb vor meinem Schließfach stehen das sie passenden Nummer 1313 hatte.
Doppeltes Unglück. Was sollte ich davon halten?
Mit der richtigen Zahlenkombination öffnete ich das blaue Schließfach und steckte meine Bücher herein die ich nicht mehr brauchte. Leise seufze ich und fuhr mir durch die Haare.
Die erste Stunde hatte ich schon mal geschafft, dann waren es nur noch weitere sechs.
Für einen kurzen Moment sah ich in den kleinen Spiegel, den ich im Schließfach hängen hatte, und starrte mich einfach nur an.
Die Person im Spiegel sah mir ähnlich.
Die großen dunkelgrünen Augen die immer mehr zur Pupille gelb und schließlich braun wurden, die vollen Lippen und die schwarzen Haare die mir bis zur Brust gingen. Dazu noch die langen dichten schwarzen Wimpern und das Piercing in der Unterlippe.
So sah das Mädchen im Spiegel aus. Doch war ich wirklich diese Gestalt?
Mit einem lauten Knall warf ich das Schließfach zu und schwang mir meinen Rucksack auf den Rücken. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend ging ich in den nächsten Unterricht.
Ich lag regungslos und antiebslos auf meinem Bett, die Hände hinter dem Kopf verschränkt und starrte einfach nur an die weiße Decke.
May hatte mich den ganzen Rückweg vollgeblabbert und jetzt hatte ich endlich mal meine Ruhe.
Für ihre fünfzehn Jahre war sie schon sehr vernünftig. Sie war wie ein kleiner Engel. Trank nicht , rauchte nicht und war gut in der Schule.
Da freute sich Roland bestimmt drüber, schließlich war jeder Onkel doch über so eine Verwandte glücklich oder?
Leise seufze ich und stand auf, lief die Treppe hinunter und ging in die Küche. Dort wollte ich gerade den Kühlschrank öffnen als ein herzliches Hallo hinter mir hörte.
Langsam drehte ich mich um und sah eine hochgewachsene Frau mit einer blonden Lockenpracht an. Ihr Gesicht war schmal und ihre kleinen grauen Augen schienen matt und ausdruckslos.
Sie trug einen kurzen Rock und eine Bluse die mehr zeigte als verdeckte. Dazu kam es noch, dass sie nicht viel älter als ich war.
Ich schätze sie auf Mitte zwanzig, also viel jünger als mein Onkel der gerade auch in die Küche kam. Er legte dem Mädchen eine Hand um die Hüfte und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
“Hallo”, brummte ich und sah die Beiden abfällig an.
Es war ekelhaft. Mein Onkel sah aus wie ihr Vater und doch war sie nur ein Bettgeschichte von ihm.
Er hatte seit dem Tod seines Bruders, meines Vaters, keine wahre Beziehung mehr gehabt. Allesamt waren es nur Bettgeschichten gewesen. Frauen die meist nach einer Woche wieder weg waren und von denen man nie mehr etwas hörte.
“Amy kannst du mir einen Gefallen tun und einkaufen gehen?”, riss mich Roland aus meinen Gedanken und sah mich mit dem Hundeblick an.
Das Mädchen an seiner Seite kicherte doof und verschwand schnell. Dabei wackelten ihre Locken mit und schienen unglaublich weich zu sein.
Demonstrativ verschränkte ich die Arme vor der Brust und lehnte mich an die Anrichte. Ich hatte keine besondere Lust jetzt raus zu gehen und einzukaufen.
“Kann das nicht May machen?”, fragte ich trotzig und biss mir auf der Unterlippe herum.
“Nein, sie hat jetzt Klavierunterricht”, gab Roland zurück und kam auf mich zu. Seine Hand schnellte in seine Gesäßtasche und zog ein schwarzes Portmonee hervor.
“Am besten bringst du drei Paprika, zwei Gurken, zehn Eier, Spaghettis und Tomaten mit”, zählte er den Einkauf auf und öffnete seine Geldbörse.
Mein Onkel, war Arzt und hatte daher genug Geld, das musste er schließlich haben, wenn er uns auf eine Privatschule schickte und in einem riesigem Haus wohnte.
Ergeben seufze ich und nahm die drei Scheine entgegen. Allem in allem hätte der Einkauf vielleicht zehn Euro gekostet. Doch nein! Mein Onkel gab mir mal eben fünfzig Euro mit.
Nachdem ich das Geld in meine Jeans gesteckt hatte, sah ich in die tief grünen Augen meines Onkels. Sie ähnelten meinen doch waren sie durchgehend grün und nicht noch braun und gelb.
Mein Onkel, war toll, ohne Frage.
Er hatte uns aufgenommen und uns nicht ins Heim gesteckt, wie es viele andere gemacht hätten. Dazu kam es noch, dass er für sein Alter ziemlich gut aussah. Seine schwarzen Locken die auf seinem Kopf wachsten und die wunderschön langen Wimpern, ließen ihn für die meisten Frauen unheimlich sexy wirken.
Er war auch nicht untrainiert oder ungepflegt, nein. Er war ein gut gebauter Mann im stolzen Alter von fünfundvierzig.
Ein Lächeln huschte über seine Lippen als er mir ein Kuss auf die Wange gab und verschwand.
Fassungslos darüber, dass ich mal wieder verloren hatte, fuhr ich mir durch die Haare und schlurfte in den Flur. Dort zog ich mir meine Schuhe wieder an und nahm mir meinen Schlüssel.
Mit einem letzten Schulterblick verließ ich das warme und sichere Haus und trat hinaus in die Wildnis.
Die vielen Marmortreppen sprang ich hinunter und auf dem kleinen Weg, der zum Gartentor führte, pflückte ich mir noch eine schöne Rose.
Sie war von dem dunkelsten Rot das ich je gesehen hatte und ihr Duft war genauso atemberaubend wie ihr Anblick. Sie trug den wunderschönen Namen „Black Magic“.
Als ich gerade noch die Schönheit der Rose betrachtete lief ich die Straßen entlang und merkte gar nicht wie ich schon an dem kleinen Supermarkt ankam.
Viele Leuten liefen an mir vorbei und manche von ihnen sahen mich von oben herab an. Sie lächelten über mich und ich wusste was in ihren Köpfen vorging.
Mit kleinen Schritten und den Dingen im Kopf, die ich kaufen sollte, schlenderte ich durch den Supermarkt.
Immer mal wieder wurde ich angestoßen und natürlich wurde sich dafür nicht entschuldigt.
Warum sollte man auch?
Als ich schließlich alles zusammen hatte und an der Kasse bezahlt hatte, packte ich meine Einkäufe ein und ging zum Zeitschriftladen der sich im Supermarkt befand.
Ich wusste, dass ich erst siebzehn war und mir eigentlich keine Zigaretten kaufen konnte. Doch was bewirkte ein wenig Schminke nicht alles ?
Der alte Mann hinter dem Tresen, sah mich wohl kurz argwöhnisch an doch gab er mir schließlich die Packung mit den Zigaretten.
Mit einem zufriedenem Lächeln auf den Lippen verließ ich das Geschäft und ging über den Parkplatz zur Ampel.
Ich starrte das rote Männchen auf der Ampel an und stellte mir die Frage, die mir immer im Kopf herum schwirrte.
Warum war rot oben, grün unten und gelb in der Mitte?
Was machten farbenblinde Menschen die rot, grün und gelb nicht unterscheiden konnten?
Die Ampel sprang um und meine Füße setzten sich ganz automatisch voreinander. Ich ging wirklich langsam über die Ampel. So langsam, dass diese wieder umsprang und die Autos fahren durften.
Mit lautem Gehupe und Geschreie wurde ich von der Straße gescheucht. Mit hängenden Schultern lief ich den Bürgersteig entlang.
Noch knapp fünf Minuten und ich wäre wieder Zuhause. Würde meine Hausaufgaben machen oder doch in MSN on gehen.
Gedankenverloren liefen ich einfach dort lang. Ich hörte wohl die Stimmen hinter mir doch nahm ich sie nicht wirklich wahr. Als ich schließlich angestoßen wurde und zu Boden fiel, war ich wieder bei vollem Verstand.
Wütend sah ich mich um und entdeckte eine Gruppe Jugendlichen die knapp zwei Meter vor mir waren und laut lachend weitergingen.
Schmerzend hielt ich mir mein Knie. Meine Hose war dort offen und die klaffende Wunde blutete stark.
Kurz kniff ich mir die Augen zusammen, bevor ich nach den Einkäufen sah. Sie lagen neben mir und etwas lief daraus aus.
Genervt seufze ich und zog die Tasche zu mir, griff hinein und packte in die kaputten Eier.
„Na super. Besser kann es ja gar nicht mehr werden“, brummte ich und probierte aufzustehen. Doch machte mir mein Knie ein Strich durch die Rechnung.
Die Mensch liefen einfach an mir vorbei und die Jugendlichen waren auch nur noch ein kleiner Punkt in der Ferne.
Erschöpft und vollkommen wütend entschloss ich einfach sitzen zu bleiben und mir die Gegend anzugucken.
Mein Knie schmerzen schrecklich. Es brannte und die Haut war so weit abgekratzt das man schon den Knochen sah.
Angewidert schaute ich schnell weg und pustete mir die Haare aus dem Gesicht.
„Hey, kann ich dir helfen?“, sprach ein Junge nah bei mir. Blitzschnell sah ich auf und blickte in honigfarbene Augen.
„Ähm, nein. Ich glaube aufstehen kann ich gerade noch selbst“, gab ich zurück und rappelte mich unter Schmerzen auf. Als ich schließlich auf wackeligen Beinen stand, strich ich mir meine Hose sauber und nahm die Tüte in die Hand.
Vor mir stand ein Junge, vielleicht in meinem Alter oder auch älter, um die ein Meter neunzig mit haselnussbraunen Haaren und einem markanten Gesicht.
„Aber dein Knie sieht nicht gerade gut aus“, sagte er bedacht und sah leidend auf mein Knie hinab. Ich spürte wie mir das Blut das Knie abwärts lief und auch wie sich eine dicke Gänsehaut über meinen Rücken zog.
„Bist du Arzt oder was?“, zischte ich sehr unfreundlich und drehte mich um.
„Nein … “,hauchte der fremde Junge leise.
Ich spürte seinen Blick in meinem Rücken und das Stechen in meinem Knie. Trotzdem lief ich ganz normal weiter als sei nichts gewesen. Als hätte ich nicht schreckliche Schmerzen.
Doch hatte ich die Hausecke erreichte, sodass mich der Fremde nicht mehr sehen konnte sank ich fast zusammen. Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich gegen die Backsteinwand und vergrub das Gesicht in meinen Händen. Ungewollt liefen mir die warmen und salzig schmeckenden Tränen die Wangen hinunter.
„Scheiße!“, schluchze ich und raufte mir die Haare.
Laut gähnte ich als ich den Klassenraum am nächsten Tag betrat.Ich hatte Biologie und natürlich, wie es in meinem Alter normal war,
Sexualkunde.
Herr Blaschek war noch nicht da, sodass ich mich gemütlich auf den Stuhl setzten konnte.Ich schlug meine Beine übereinander und guckte mal wieder genervt auf diese hässliche Schuluniform.
Wer kam auf diese dumme Idee, einen dunkelblauen Rock mit einem schwarzen V-Ausschnitt-Pullover zu kombinieren.
Wer kam überhaupt auf die Idee ,Schuluniformen einzuführen?!
„Guten Morgen Schüler! Bitte setzt euch hin und schlagt die Bücher auf“,rief der große Mann, als er die Klasse betrat und seine Tasche auf den Tisch warf.
Seine feinen blonden Locken umkreisten sein ganzen Kopf und ließen ihn jünger wirken ,als er war.
Mit einem Griff in mein Rucksack, holte ich das schwere Buch hervor und blätterte die gewünschte Seite auf.
Dick und Fett stand oben auf der Seite:
Ungewollte Schwangerschaft-Abtreiben oder lieber nicht?!
Ja, das war das passende Thema für meine Klasse.Den hier war Sex das Wichtigste und wurde auch als das Beste betrachtet.
Und was Schwangerschaften anging, hatten wir auch schon zwei Mädchen die Erfahrungen damit hatten.
Da war einmal Olga, sie war schon Mutter und jetzt Anna, sie war gerade im 4 Monat.
Obwohl das hier eine Privatschule war, wurden komischer Weise immer wieder Mädchen schwanger.
Für eine Privatschule, war diese hier eh ziemlich asozial.
Die 45 Minuten strichen unbeirrt an mir vorbei, ich bekam nicht unbedingt mit was Herr Blaschek sagte, doch wusste ich schon alles, was ich wissen musste.
Wenn man ungeschützten Sex hatte konnte man an zwei Sachen erkranken:
Erstens: HIV, oder auch Aids.
Und Zweitens:An der ,manchmal schönen oder manchmal nicht so schönen,Schwangerschaft.
Mit dem Klingeln wurde ich befreit und stand auf, warf mein Buch in den Rucksack zurück und wollte die Klasse verlassen, als ich am Arm gezogen wurde.
Ich drehte mich um und sah in die Augen von Herr Blaschek.
„Kann ich Ihnen helfen?“,fragte ich brummig und sah ihn gelangweilt an.
Nach und nach verzogen sich meine Mitschüler und warfen mir ,beim rausgehen ,noch einen tödlichen Seitenblick zu.
„Amy, ich merke das du gar nicht richtig dabei bist.Hast du Probleme über die du reden willst?“,fragte der junge Mann und sah mich forschend an.
„Herr Blaschek, ich will Sie nicht verletzten.Aber hätte ich Probleme,die ich nicht habe, würde ich bestimmt nicht zu Ihnen kommen“,gab ich zurück und zog eine Braue hoch.
„Das weiß ich Amy, doch vielleicht mit der Schulpsychologin?!“.
„Danke nein!“,nuschelte ich drehte mich um,um zu verschwinden.
Mit einer gewissen Verwirrtheit verließ ich den Klassenraum und freute mich doch auf die Pause.
Ganze 20 Minuten,Freiheit.
Mit schnellen Schritten verließ ich das Schulgebäude und ging in eine kleine Seitengasse, die sich neben einem Asiashop befand.
Es stand eine schwarze Gestalt, an der Wand gelehnt und schaute zu Boden.
„Josh!“,rief ich und lief auf ihn zu.
Kurz vor ihm blieb ich stehen und umarmte ihn kurz.
Seine schwarze Kapuzenjacke trug er locker und die Kapuze verdeckte fast sein ganzes Gesicht.
Und dazu kam es noch das es hier, in der Gasse, ziemlich dunkel war.
„Was brauchst du heute Amy?“,fragte er mit rauer Stimme und blickte nicht vom Boden auf.
„Ein bisschen vom Üblichen,mein Hübscher“,antwortete ich und fasste in meine Jackentasche.Schnell zog ich einen Packen Geldscheine hervor und drückte es in seine schlanke lange Hand.
Darauf folgte ein kurzes Nicken und Josh lehnte sich vor ,zu mir.
Er blieb kurz vor meinem Gesicht stehen und drückte mir einen Kuss auf die Nase, dabei legte er die Arme um meinen Körper.
Eine Gänsehaut überkam mich.
Für einen kurzen Moment hatte ich in seine Augen gucken können und sah das tiefste Schwarz was ich je gesehen hatte.
Als er sich wieder nach hinten lehnte und leise seufze, blickte er schon wieder nach unten.
„War mir mal wieder eine Freude“,flüsterte er und rührte sich kein Stück.
„Mir auch, bis zum nächsten mal“,sagte ich locker und rannte die Gasse zurück entlang.
Ich rannte um die Ecke und sah schon vom weiten her das Schulgebäude.Mit einem letzten Atemzug,beschleunigte ich und durchquerte das Schultor.
Müde und ein wenig erschöpft rannte ich über den ganzen Schulhof, zu den Toiletten und frontal in Jemanden.
Mit voller Wucht wurde ich zurück geworfen und fiel zu Boden.
Als ich mit einem lauten Knall auf den Boden landete und den Schmerz in meinem Knie wieder spürte, sah ich auf und verzog sofort das Gesicht.
„Hey!“,hauchte er vor mir ,auf den Boden ,und rappelte sich auf.
Nachdem er stand ,hielt er mir die Hand hin und sah mir tief in die Augen.
„Komm“,forderte er mich auf und lächelte schwach.
Ohne auf ihn zu achten stand ich auf und blickte mich panisch auf dem Boden um.
Der Inhalt meiner Tasche war hinaus geflogen und lag nun genau zwischen mir und ihm.
Mein Blick war fest auf die kleine Packung auf den Boden gerichtet, als auch sein Blick dort hinglitt.
„Hast du dir...“,fing er an, aber stoppte in seinem Satz als er das Päckchen sah.
Er bückte sich danach und hob es mit seinen muskulösen Fingern auf.
Meine Augen klebten förmlich an dieser Packung.
Schweiß perlte mir den Rücken hinunter und Angst staute sich bei mir auf.
„Ist das deins?“,fragte er und sah mich ernst an.Dabei hielt er die kleine Packung in der Hand und drehte sie.
„Kann sein, geht dich auch nichts an“,sagte ich schnell und griff nach der Packung, doch reagierte er zu schnell und zog seine Hand weg.
Ich war dabei einen Schritt nach vorne gegangen und stand nun genau vor ihm.Ich musste ein wenig nach oben gucken um in seine honigfarbenen Augen schauen zu können.
„Gib das her, das ist meins. Was fällt dir überhaupt ein?“,fragte ich bissig und probierte an seine Hand zu kommen.
Doch keine Chance, der Typ war einfach zu groß für mich.
Genervt seufze ich und trat einen Schritt nach hinten.
„Kannst du mir bitte mein Päckchen zurück geben?“,fragte ich so freundlich wie ich konnte und sah ihn von unten hervor an.
„Damit du dich volldröhnen kannst?“,fragte er zurück.
„Was geht dich das überhaupt an, lass mich einfach in Ruhe.Das ist mein scheiß Leben!“,brüllte ich und griff ein letztes mal nach seiner Hand.
Doch wieder hatte ich Pech und kam nicht dran.
„Wie du willst!“,sagte er und kam auf mich zu.
Er blieb neben mir stehen und sah mich mit einem Seitenblick an.
„Versau dir ruhig dein Leben,
Süße!
“,hauchte er und presste mir die Packung gegen die Brust.Als ich sie sicher in der Hand hatte, ging er und war verschwunden.
Noch knapp eine Minute stand ich dort, auf dem hinteren Teil des Schulhofes, und atmete so heftig wie noch nie.
Mein ganzer Körper zitterte und der Schweiß gefror auf meinem Rücke und ließ mich frösteln.
„
Süße!?
“,hauchte ich tonlos und fuhr mir durch die Haare.
Unsicher sah ich mich um und ging schließlich in die alte Toilette ,die vor mir lag.
Die Tür klemmte ein bisschen, doch ging sie schließlich auf ,als ich gegen sie trat.
Schnell ging ich in eine Kabine und holte das Päckchen hervor.
In der schwarzen Tüte befanden sich kleine Tabletten, die mich vergessen ließen.Mit einer geschickten Bewegung nahm ich zwei heraus und legte sie auf die Zunge.
Ich presste die Augen zu und schluckte die Scheiße runter.
Müde ließ ich mich auf den Toilettendeckel fallen und schloss die Augen, den Kopf hatte ich an den Kacheln gelehnt.
Warum um alles auf der Welt, musste ich diesen Typen zwei mal treffen?!
Und seit wann war er auf meiner Schule?!
Warum interessierte es ihn ,ob ich Drogen nahm oder nicht?!
Und das wichtigste,hatte Josh mir wirklich genug Speed gegeben um den kack Alltag zu überstehen?!
Viele Fragen schwirrten mir im Kopf herum .
Ich spürte langsam die Wirkung der Tabletten, mal wieder exzellenter Stoff
Laut seufze ich.
In mindestens zehn Minuten würde ich fröhlicher,aufgeweckter,schlauer und einfach friedlicher sein.Ich würde wieder in die Welt gelangen, die ich seit 3 Jahren nur noch kannte.
Doch gab es immer diese Nebeneffekte der Drogen.
Bei Speed waren es die Kopfschmerzen,das Herzrasen und die erweiterten Pupillen.
Ich öffnete meine Augen, griff ich in meinen Rucksack und holte eine kleine Flasche heraus.
Öffnete diese und lächelte leicht.
Mit zwei Fingern, zog ich meine Lider auf und mit der anderen Hand tröpfelte ich mir die Flüssigkeit in das Auge.
Kurz brannten sie , doch ging das auch nach kurzer Zeit wieder weg.
Gerade packte ich die Flasche weg, als die Schulklingel ertönte und er Unterricht wieder begann.
„Bin wieder Zuhause!“,rief ich als ich durch die Tür kam und meine Jacke an den Haken hing.
„Endlich! Wo warst du wieder Amy?“,kam es aus der Küche.Mit hängenden Schultern schlurfte ich in die Küche und sah mir May ,am Herd, an.
„Ich hatte Unterricht?“.
„Das ist mir schon klar, na ja.Hast du Hunger?!“,hackte sie nach und sah mich über die Schulter hinweg an.
Schnell schüttelte ich den Kopf.
„Nein“,seufze ich und fuhr mir durch die Haare.Ich ließ mich auf einen Stuhl gleiten und musterte die 15-jährige vor mir.
May trug nicht mehr die Schuluniform, doch dafür einen noch kürzeren Rock und ein Top das ihr gerade so bis zur Hüfte ging.
Ihre blonden Haare hatte sie gelockt und fielen ihr wie Seide über den Rücken.
Falten bildeten sich auf meiner Stirn.
„Hast du heute was vor?“,fragte ich direkt und schweifte noch immer mit den Augen über sie.
„Hast du wieder Drogen genommen?“,fragte sie zurück und stellte den Herd aus.Schließlich kam sie mit der Pfanne zu mir und stellte sie vor mich ab.
Danach holte sie Teller und Besteck und setzte sich zu mir.
„Wie kommst du darauf?“.
„Ganz klar, deine Pupillen werden wieder größer, du redest schneller und Hunger hast du auch nicht“,stellte sie routiniert fest und sah mich misstrauisch an.
Sie saß ordentlich vor mir und aß manierlich ihre asiatische Pfanne.
„Das ist doch Quatsch!“,giftete ich und knurrte leise.
„Schwesterchen, mir kannst du nichts vor machen“,kicherte May und steckte sich ein Hähnchenstreifen in den Mund.
Genüsslich kaute sie diesen und schluckte ihn schließlich hinunter.
„Du hast meine Frage noch immer nicht beantwortet,willst du heute weg?“.
„Geht dich nichts an!“,flüsterte May und blickte stur auf ihren Teller.
„May ,du bist meine kleine Schwester und so lange Roland auf der Arbeit ist, habe ich das Sagen“,entgegnete ich und erhob mich.
„Na und? Du bist nicht Mom“,schrie May und erhob sich ebenfalls.
Wut flackerte in ihren blauen Augen auf und ihre kleinen Hände waren zu Fäusten geballt.
„Das bin ich auch nicht, aber ich soll auf dich aufpassen!“,schrie ich.
„Ich bin verabredet“,gab May zu und zitterte am ganzen Körper.
„Und mit wem?“,probierte ich schon freundlicher zu fragen.
„Mit einem Jungen“.
„Und der wäre?“.
„
Nick
“,hauchte May und setzte sich wieder.
„Gut, das wollte ich nur wissen“,seufze ich und kehrte ihr den Rücken, in der Türschwelle stoppte ich.
„Das war alles?“,fragte May kleinlaut ,von ihrem Platz aus.
„Ja, das war alles“,bestätigte ich und lief hoch in mein Zimmer.
Ich wusste das Drogen nicht gut waren und ich wusste auch das sie schnell abhängig machten,doch war mir alles egal, seitdem meine Eltern tot waren.
Das Leben machte keinen Sinn mehr für mich und das...
verstand keiner.
Ich war wie ein kleiner Stern im Universum, nichtssagend und unbedeutend.Obwohl der Tod meiner Eltern nun schon ganze 3 Jahre her war, kam ich damit noch immer nicht zurecht.
Natürlich lächelte ich,doch jeder Mensch konnte lächeln.
Sei es jetzt wahre Emotion oder nicht.
Man sagte auch:
Der Tod gehört zum Leben dazu.
Das ist wahr, so wahr das es schmerzte.
Ich war 17 Jahre alt und hatte mit 14, meine Eltern verloren.Ich verstand ,was die anderen Leute sagten und wie sie um meine Eltern weinten, doch hatte ich sie alle gehasst.
Alle.
Keiner konnte nur annähernd den Schmerz verstehen, den ich und May empfanden ,als wir von der Explosion hörten.
Als wir den Fernsehen einschalteten und das Haus sahen, das nur noch Asche war.
Asche wie meine Eltern.
Wie meine Mutter,
Elisabeth Nothman
und mein Vater,
Leon Northman.
Meine Erzeuger und mein Herz.
Als sie gingen, nahmen sie auch mein Herz mit.
Ich wusste nicht wie lange ich geweint hatte, wie lange ich mich eingeschlossen hatte.
Vielleicht waren es nur Minuten gewesen, den als ich wieder heraus kam...
hatte sich nichts verändert.
Die Sonne stand noch immer an der Stelle wo sie vorher gestanden hatte.All die Menschen,saßen noch immer am Tisch und tranken Kaffee und ich....?!
Ich hatte abgeschlossen.
Mit allem.
Als ich mein Zimmer verließ, verdrückte ich die Trauer und die Tränen.
War wie ein Monster, ich ließ keine Emotion mehr an mich ran.
Nicht einmal die Wut.
Nicht einmal sie.
Als alle anderen weinten und sich einen Kopf darüber machten, was jetzt geschieh, stand ich nur dort und sah mir alles an.
Viele sagten:
Sie ist so stark.
Aber das war ich nicht!
Ich unterdrückte alles und irgendwann würde ich platzen.Platzen vor Wut,Trauer,Hass und pure Verzweiflung.
May war noch so klein gewesen, gerade mal 12 ,und sie bekam nur die Hälfte von allem mit.
Sie sah die Menschen, wie sie stark zu scheinen schienen.
Wie sie alle ein Lächeln über ihre Lippen brachten und dann doch in Tränen ausbrachen.Doch sah sie immer eine Person, die immer gleichbleibend mit ihrem Emotionen war.
Die seit der Nachricht,nicht mehr geweint, gelacht oder geschrien hatte.
Und das war ich.
Ich wollte ihr zeigen, das der Tod von Mom und Dad normal war.Das dies zum Leben gehörte und jedem passierte und das....
glaubte sie mir auch.
May war zufrieden und fing wieder an zu leben, im Gegensatz zu mir.Das kleine Mädchen mit den großen königsblauen Augen und den blonden Wellen, konnte wieder lachen.Spaß haben , ohne an den Gedanken des Todes.
Doch nicht ich.
Ich war wie ein Stein, zeigte wie erwachsen ich war.Das ich den Tod verkraften konnte und mir alles egal war.
Ich schaffte es ,alle zu täuschen.
Ich war eine gute Schauspielerin, einer der besten würde ich sagen.
Und jetzt!?
Heute, 3 Jahre später, saß ich auf meinem Bett.Alles war still, nur das leise, fast nicht wahrnehmbare Schluchzen von mir war zu hören.Ich hielt ein Bild meiner Eltern in den Händen, den Kopf gesenkt.
Dicke warme Tränen liefen mir die Wangen hinunter.Mit einem leisen Geräusch fielen sie auf das Gesicht meiner Eltern, die sich liebevoll küssten.
Das Gesicht meiner Mutter verschwamm und auch meine Sicht wurde immer schlechter.
Ich atmete flach und dachte an die Tage zurück, die ich mit meinem Eltern verbracht hatte.Die mir jetzt alles bedeuteten, die nun Vergangenheit waren.
Der Schmerz in meiner Brust war über die ganzen Jahre nur noch größer geworden.
So groß das er mich verzehrte, einfach so...
Pause.
Ich hatte es geschafft und wieder ganze zwei Stunden durchgehalten.Ich hatte es wirklich geschafft, zwei Stunden lang mein Kopf auszuschalten und das zu tun was von mir verlangt wurde.
Und nun saß ich auf dem Schulhof, um genau zu sein auf einer Tischtennisplatte. Fiona,Timo,Henry und ich saßen(oder standen) ganz gechillt auf dem Schulhof.
Wir waren alle noch müde und hatten nicht besonders Lust auf Schule.
Mit einem lauten Seufzer fuhr sich Fiona durch die Haare und stellte sich genau vor Henry.
Sie sahen sich lange in die Augen und schließlich stellte sich Fiona auf die Zehnspitzen und küsste ihn.
Demonstrativ schaute ich von den beiden weg, ich hasste dieses abgeknutschte.
Und ich hasste es, das meine besten Freunde ein Paar waren.
Ohne es zu wissen schaute ich mich suchend auf dem Schulhof um, er war voll wie immer und natürlich sahen auch alle gleich aus, sodass es die Suche noch etwas erschwerte.
Ich wusste auch nicht nach was ich suchte, doch war es etwas was mir schon eine ganze Zeit im Kopf herumschwirrte.
Mein Blick glitt über die ganzen Schüler, die Kleinen und die Großen.
Über die Beliebten und nicht so Beliebten.
Schließlich, und das nach fünf Minuten,blieb mein Blick bei einer Gruppe Jungen stehen.
Es waren insgesamt sechs.
Ich sah mir die Gesichter genauer an und schnappte nach Luft,als ich das bekannte Gesicht mit den honigfarbenden Augen sah.
„Amy? Was hast du?“,fragte Timo neben mir und sah mich fragend an.
Schnell wandte ich den Blick von ihm ab und sah Timo an.
„Nichts...nur haben wir Neue auf der Schule?“,fragte ich leise und musterte Timo von oben bis unten.
Kurz überlegte er , bis er schließlich antwortete.
„Ja, ich habe einen Neuen in der Spanischklasse. Er heißt Aaron“.
„Aaron und wie sieht er aus?“,fragte ich ganz unauffällig und sah zu Boden.
Ein kleines, kaum hörbares, lachen drang von Timo in mein Ohr.
„Er ist absolut nicht dein Typ, ist so ein reicher Schnösel.Der passt wirklich nicht zu dir Amy“, kicherte Timo und legte mir einen Arm um die Schultern.
Schnell schüttelte ich seinen Arm ab und stellte mich vor ihn, dabei funkelte ich ihn böse an.
„Man ich will auch nichts von ihm!“,brüllte ich und machte auf dem Absatz kehrt.
Beim weg gehen(rennen), sagte Timo noch etwas was sich wie ein:
Amy beruhige dich mal!, angehört hatte.
Doch hörte ich jetzt nichts mehr, ungewollte rollte mir die Tränen über die Wangen und ich lief durch die Unmengen von Jugendlichen in die Freiheit.
Vom Schulgelände runter, die Straßen entlang und an dem Park vorbei.
Mein Weg führte mich schließlich zu einem Ort, den ich seit über zwei Jahren nicht mehr betreten hatte.
Den Friedhof.
Als ich das alte schwarze Tor durchtreten hatte ,wurde ich endlich langsamer und zog tief die Luft durch die Nase ein.
Sie war so kalt, dass ich das Gefühl hatte als würde sich meine Lunge zusammenziehen.
Es fröstelte mich ein wenig,doch schob ich gerade jeden Gedanken zur Seite.
Ich wusste das es kein Grund war wegen einer solcher unwichtigen Bemerkung so zu reagieren,aber war ich seit gestern schon komisch gelaunt.Ich erinnerte mich immer wieder an meine Eltern, an die Zeit, wo sie noch da waren.
Als sie mich in den Arm nahmen und mich lieb hatten.
Als alles noch heile war.
Der Tränenfluss wollte einfach nicht stoppen, schleppend brachte ich mich über den ganzen Friedhof, der um die mehrere Kilometer groß war.Bis ich schließlich vor dem Grab meiner Eltern stand.
Der Stein war eiförmig und stand aufrecht, auf der unteren linken Seite zierte dort ein kleiner Vogel den Stein.
Er war wunderschön und genau so wie meine Mutter ihn bestimmt haben wollte.
Leise seufze ich und glitt zu Boden, meine Beine gaben einfach nach.Ich fiel in den Dreck und weinte bitterlich.
Ich war am Ende.
Ich hätte mir jetzt höchstwahrscheinlich eine Tablette eingeworfen ,doch hatte ich die Zuhause vergessen.
Ich vergrub das Gesicht in meinen Händen und schluchze eine ganze Zeit vor mich hin.Meine Augen brannten schrecklich, aber verdrängte ich jegliches andere Gefühl...
außer Trauer.
Als ich nach einer gefühlten Ewigkeit aufsah und durch die Tränenschicht den Grabstein meiner Eltern erblickte, blitzen mir Bilder von meiner Mutter vor meinen Augen auf.
Die langen, so weiche und wohlriechende,blonde Haar meiner Mutter, die ihr in so wunderschönen Locken über die Schulter fielen, hinab den Rücken.
Sie stand auf einer Wiese, die unendlich erschien, über ihr ragten die Äste eines Kirschbaumes der in voller blühte war.
Sie drehte sich lachend um und sah mich mit ihren großen grünen Augen an, sie funkelten und schienen selbst zu lächeln.
Um mein Herz wurde es warm, nein.
Es wurde heiß, so heiß das ich das Bedürfnis hatte es auszupusten.
Sie trug ein unglaublich schönes Kleid, das ihr bis zum Knie ging und in feinen Wellen wehte.Es strahlte in einem unglaublichen Gelbton.
Aber als ich zwinkerte, war alles anders.Die ganze Situation hatte sich geändert,statt der schönen Wiese und meiner Mutter, sah ich nun eine kahle Straße die so kalt und schäbig aussah das es mir eiskalt den Rücke hinunter lief.
Und auf dieser Straßen standen zwei kleine Kinder.Sie standen mit dem Rücken zu mir, sodass ich sie nicht sehen konnte.Sie hielten sich an den Händen und wirkten traurig.
Sie liefen diese Straße entlang, eine Straße die kein Ende fand.
Mit einmal war ich wieder in der Realität, mein Blick war starr auf den Grabstein, meiner Eltern gerichtet.
Elisabeth Northman
*06.08.1962
+25.10.2007
Leon Northman
*13.05.1961
+25.10.2007
Das einzig Wichtige im Leben
sind die Spuren von Liebe,
die wir hinterlassen, wenn wir weggehen.
Ich las mir die Daten, zwei,drei, sechsmal durch und schüttelte ungläubig den Kopf.
Es waren schon verdammte drei Jahre und der Schmerz hatte sich nicht verringert.Wütend über mich, weil ich wieder in die Vergangenheit getauchte war, schlug ich mit beiden Fäusten auf den feuchten Boden.
Dabei sprangen kleine Erdbrocken auf und wieder hinab.Ich saß auf den Knien und schlug immer wieder auf den Boden.Den Kopf hatte ich dabei gesenkt, sodass meine Haare mir vor die Augen fielen.Das klaffende Loch in meiner Brust war wieder deutlich zu spüren.
Hart schluckte ich und wusch mir mit dem Ärmel die alten und aufkommenden Tränen weg.
Langsam rappelte ich mich auf und probierte den Dreck von meiner „tollen“ Uniform zu bekommen.Mit bloßem Klopfen ging der Dreck einfach nicht weg.
Mit einem lauten Seufzer und hängenden Schultern lief ich den Weg zurück ,den ich gekommen war.
Als ich an den Asiashop kam, bog ich die Straße rein und schlurfte auf Josh zu.
„Hey meine Hübsche!“,hauchte er und umarmte mich.
Völlig ungewohnt für Josh trug er keine Kapuze auf seinem Kopf.Er war völlig schwarz gekleidet, doch sah man jetzt sein Gesicht.
Sein ganzes Gesicht.
Mit großen Augen sah ich meinen geliebten Drogendealer an.
Er hatte ein vollkommen markantes Gesicht, kein Anflug von weichen Zügen mehr.Seine Lippen waren so schmal, dass man sie kaum sah.Seine Nase war ein Stück zu groß und seine Augen waren pechschwarz.
Seine Mundwinkel zuckten ein wenig nach oben.
„Amy du siehst schrecklich aus“,sagte er und zwinkerte mir zu.
Ich fuhr mir durch die Haare und lehnte meinen Kopf an seine Schulter.
„Mir geht’s auch schrecklich, hast du was gutes.Etwas was mehr als nur...“,nuschelte ich in seine Jacke, bis mir einfiel das ich kein Geld dabei hatte.
„Ach Kacke! Ich hab mein Geld vergessen“,seufze ich und lehnte mich wieder nach hinten.Ein breites Lächeln lag auf Josh´ Lippen.
„Na komm,Amy. Ich gebe dir heute ein aus, ich habe neuen Stoff bekommen“,sagte er gut gelaunt und griff in seine Tasche.Er zog zwei Spritzen hervor, die gefährlich aufblitzen.
Sie schimmerten in dem fahlen Licht, hier in der Gasse.
In Josh´Gasse.
„
Heroin?
“,hauchte ich tonlos und sah mir die Spritzen mit großen Augen an.
„Ja ,natürlich nur das Beste vom Besten“.
Er holte einen kleinen Beutel mit weißem Pulver hervor und machte alles fertig, er war so routiniert darin das mir fast die Luft wegblieb.
Josh sah wirklich nicht danach aus, als würde er täglich Drogen nehmen.
Ich beobachtete jede kleine Bewegung von Josh.
Wie er seinen Gürtel löste und ihn um meinen Arm band, so fest das meine Ader hervor stach und schließlich die Nadel ansetzte.Einen ganz kleinen Moment lang tat es weh, doch wurde mir schnell warm und alles in mir verblasste.
Und kurze Zeit später fühlte ich mich so gut wie seit langem nicht mehr.
Ich hätte vor Freude lachen und hüpfen können.Nachdem auch Josh sich einen geschossen hatte,gab ich ihm einen Kuss auf die Wange und lehnte mich an die Mauer,neben ihn.
Wir fingen an zu reden und die Zeit verstrich an uns vorbei.
Irgendwann glitt ich zu Boden und redete von dort aus weiter.
Josh war ein guter Zuhörer, so ruhig und geduldig.
Ich konnte das erste mal über meine Eltern reden, ohne dabei in Tränen auszubrechen.
Und dies war auch mein erstes mal ,dass ich mit jemand „Fremden“, über meine Eltern sprach.
Die Zeit verstrich schnell...
zu schnell.
Als ich die Schulklingel hörte und die Schüler ,die sich lautstark unterhielten hörte,stoppte ich beim reden und spitze die Ohren.
Mit einem kurzen Seitenblick, beobachtete ich die Jugendlichen die vorne an der Gasse vorbei liefen.
Es waren verschiedene, aus der Abschlussklasse und auch welche aus kleineren Jahrgängen.Doch als plötzlich ein Mädchen, mitten im Gasseneingang stand und zu uns schaute lief es mir eiskalt den Rücke hinunter.
„May!“,hauchte ich wütend und rappelte mich auch.
„Amanda!“;schrie meine kleine Schwester zurück und kam auf mich zugelaufen.Mann spürte mit jedem Schritt, die Wut bei ihr steigen.
Und als sie schließlich vor mir stehen blieb,platze sie förmlich.
„Wer ist das?“,fragte Josh ausdruckslos.
„Halt die Klappe Junkie!“,keifte sie Josh an und stemmte die Hände in die Hüfte.
„Das ist mein kleine Schwester, die es absolut nichts angeht was ich mache“,sagte ich bissig und leistete mir einen Augenkampf mit May.
Wir standen uns gegenüber und funkelten uns hasserfüllt an.
„Was machst du hier?“,fragte sie schließlich.
„Das geht dich absolut nichts an“.
„Oh doch! Wenn du dir hier mal wieder Drogen eingeworfen hast, geht mich das etwas an.Also raus mit der Sprache....“,fing sie an zu brülle.
Dabei spuckte sie die Wörter nur so raus.
Doch stoppte sie , als sie auf meinen Arm hinab sah der noch immer entblößt war.Sie riss die Augen auf und schnappte laut nach Luft.
„HEROIN?“,schrie sie und taumelte nach hinten.
„Noch lauter?“,fragte ich aggressiv und legte ihr schnell eine Hand auf den Mund.
„Amy, ich hab dich echt gern aber...“,fing Josh an, aber ich unterbrach ihn.
„Wir gehen schon, bis später“.
Mit schnellen Schritten schleifte ich meine Schwester aus der Gasse hinaus.
Wir liefen die Straßen entlang und ich merkte das May vor Wut platze.
Kurz vor unserem Haus blieb sie stehen und sah mich mit verschränkten Armen an.
„Was soll die Scheiße?!“,schrie sie aufgebracht.
„Was soll was?“.
„Warum um alles auf der Welt, nimmst du Heroin?“, schrie sie weiter und rührte sich kein Stück mehr.
Ihre königsblauen Augen standen in Flammen, sie presste ihre Lippen aufeinander und sah eindeutig wütend aus.
„Das geht dich nichts an, Kleine“,spuckte ich und stellte mich ihr gegenüber.
Sie sah hoch zu mir und sah mich fest an.
„Doch es geht mich etwas an, wenn du abhängig wirst und vielleicht bist du das auch schon, geht mich das etwas an.Ich will nicht die kleine Schwester von der Abhängigen sein und außerdem kommt heute Nick und ich will auf keinen Fall, dass er dich so sieht“,erklärte sie und ging einfach an mir vorbei.
Verdutzt blieb ich stehen und sah starr gerade aus.Mein Blick war auf nichts gerichtet.
„Hat mir May gerade eine Ansage gemacht?“,fragte ich mich leise selber.
„Kommst du jetzt?“,rief sie von der Tür her und ich bemerkte natürlich ihren stechenden Unterton.
Schnell wirbelte ich herum und lief zu ihr, warf meinen Rucksack in den Flur und stampfte die Treppen hoch.
Bei der zehnten Stufe wurde ich aber scharf zurück gerufen, nicht von May sondern von Roland.
„Amanda Northman!“,sagte er bestimmt und leise.
Mir ging mein Name so schnell unter die Haut, dass ich eine 3 cm dicke Gänsehaut bekam.
Mit einem leisen seufzen drehte ich mich um und schlich die Treppe hinunter.Ich folgte der Stimme und war schließlich im Wohnzimmer.
Dort stand er, mein Onkel und er sah alles andere als glücklich aus.Er hatte seine Arme vor der Brust verschränkt und seinen Mund zu einem dünnen Strich verzogen.
Heute trug er einen schwarzen Anzug , der seiner Figur enorm schmeichelte.
„Ja?“,fragte ich scheinheilig und stellte mich ein paar Zentimeter vor ihn hin.
Anstatt mir zu sagen was los war, packte er mir unters Kinn und hob dieses an.Er zog dabei mein Gesicht zu seinem und sah mir fest in die Augen.Nachdem er das fast 2 Minuten getan hatte ließ er mich los und seufze nüchtern.Er fuhr sich durch die Haare und sah mich mit traurigen Augen an.
„Es stimmt also...“,fing er an.
„Was stimmt? Was meinst du?“,fragte ich leicht angepisst.
„Du hast tatsächlich wieder Drogen genommen“.
Verwundert sah ich ihn an, meine Brauen hüpften augenblicklich nach oben.Mit offenem Mund starrte ich meinen Onkel an.
„Woher....wie...äh?“, brachte ich stotternd heraus.
„Deine Pupillen sind winzig und dazu kommt es noch das du relativ gelassen bist.Hast du tatsächlich Heroin genommen?!“,fragte er direkt und sah mich ablehnend an.
„Was geht dich das an, es ist mein Leben und deswegen kann ich auch entscheiden ob ich Drogen nehme oder nicht.Ich hab echt keinen Bock auf so etwas...ich geh hoch in mein Zimmer“,wehrte ich mich und drehte mich um.
Ohne mich aufzuhalten ,konnte ich die Treppen hoch rennen und verschwinden.
Ich hatte ganze zwei Stunden unter der Dusche verbracht und das Wasser auf meine Haut plätschern lassen.Das warme Wasser hatte gebrannt, doch war mir dies jetzt auch egal.
Mein Onkel, wusste das ich Drogen nahm und meine kleine Schwester wusste es schon lange.
War ja auch egal, sollte doch die ganze Welt wissen das ich Drogen nahm.Das ich es liebte, in den Rausch zu gelangen und alles zu vergessen.Meine Eltern, mein Schmerz und die Welt um mich herum.
Mit einem letzten Blick in den Spiegel drehte ich mich um und band das Handtuch noch fester um meinen Körper.Ich hatte mich nicht abgetrocknet, ich liebte es wenn kleine Wasserperlen an meinem Schlüsselbein hinab liefen und sich dann zwischen meinen Brüsten langzogen.Wenn sie meinen Bauch hinab rollten und schließlich auf den Boden fielen.
Ich drehte den alten Schlüssel im Schlüsselloch und öffnete die Tür.Leicht setzte ich meinen nackten Fuß auf die erste Stufe und sah wie diese beschlug, da meine Haut noch so warm war.
Leise kicherte ich und hüpfte die Stufen hinunter.
Roland war wieder zur Arbeit und einer seiner Tussen war bestimmt nicht da.Und May hatte mich schön öfter so gesehen, schließlich war sie meine Schwester.
Mit einem letzten Schritt sprang ich die letzte Stufe hinunter und landete sanft auf dem Boden.
Er war eiskalt im Gegensatz zu meiner, noch, warmen Haut.
Gänsehaut zog sich über meine Wade, das ganze Bein und schließlich über meinen ganzen Körper.Meine langen schwarzen Haare hingen mir schlaff und noch klitschnass auf den Schultern.Einige Strähnen fielen über meinen Rücken, einige über meine Brüste.
Nachdem ich das Badetuch noch einmal fest gezogen hatte ging ich zur Küche, ich stoppte abrupt in der Tür und erstarrte.
„Amy!“,quiekte May und sah mich erschrocken an.
Dort an der Anlehnte gelehnt stand meine kleine, 15 jähre ,Schwester und vor ihr stand ein Junge.
Er hatte die Hände an ihre Hüfte gelegt und war ihren Lippen gefährlich nah, erschrocken schnappte ich nach Luft.
„Was machst du hier? Ich dachte du bist in deinem Zimmer...“,sagte May schnell und verhaspelte sich dabei.
Sie schob den Jungen von sich weg und trat auf mich zu.
Die ganze Zeit über hatte der Junge nur auf May geschaut, doch als er sich jetzt umdrehte und mich nass in einem Tuch gewickelt sah, blickte er schnell zu Boden und wurde rot.
Ich hatte ihn mir nur Sekunden lang angeguckt und die Ähnlichkeit sofort gesehen.
„Ich hatte Durst“,nuschelte ich und trat einen Schritt nach hinten. „Aber viel wichtiger....was machst du ...ihr hier?!“.
„Wir haben....“,fing May an sich zu rechtfertigen, aber gab auf und ließ den Kopf hängen.
„Ihr habt euch geküsst?!“,hackte ich wie ein kleines Kind nach und pickte May in die Hüfte.
Schnell sah sie auf und schwang ihr blondes Haar nach hinten, der Junge, der zur Zeit keine Aufmerksamkeit bekam und noch immer zu Boden sah,rührte sich kein Stück.
„Ja....also kannst du jetzt bitte wieder gehen?!“.
„Warum sollte ich? Du hast mich ja anscheint heute bei Roland verpetzt also...“,kicherte ich spitzbübisch und setzte mich auf einen Stuhl.
Ergeben seufze May und ging zu dem Jungen, der aller Anschein Nick war,und setzte sich mit ihm hin.
Nun saßen die beiden mir gegenüber und starrten auf den haselnussbraunen Tisch vor uns.
„Also, wie lange seit ihr schon zusammen?!“,fragte ich und drehte mir eine nasse Haarsträhne auf den Finger auf.
Wie ich es liebte meine Schwester bloß zustellen, aber sie hatte es auch verdient.
„Amy“,seufze May und sah mich mit großen Augen an.
„May“,nörgelte ich zurück und kicherte leise.
„Wir kennen uns noch nicht so lange, ich bin erst vor kurzem hier her gezogen“,antwortete Nick und sah mich an.
Seine Augen versetzten mir einen kräftigen Schlag.Sie sahen aus wie goldener Honig, so süß und warm.
Hart schluckte ich und lehnte mich leicht nach vorne.
„Und wie alt bist du?“,fragte ich nach und sah ihn mir genauer an.Er hatte dunkelbraunes Haar, das schon fast an schwarz grenzte, große Augen ,volle Lippen und relativ groß.
„16“,sagte er und sah mich noch immer an.
„16, dann bist du nur ein Jahr jünger als ich und ein Jahr älter als May“,stellte ich fest.
„Blitzmerkerin“,brummte May und griff nach Nicks Hand.
„Nick musst du nicht noch wohin?“,fragte sie und sah ihn eindringlich an. Sie sahen sich fest in die Augen,bevor sie sich erhoben und zur Tür gingen.Schnell sprang ich auf und stellte mich hinter die beiden , als May die Tür aufmachte und sich Nick gegenüber stellte.
Leise lachte ich in mich hinein.
„Dann sehen wir uns Morgen in der Schule?“,hackte Nick nach und sah auf May hinab.
Diese nickte nur kurz und gab ihm einen flüchtigen Kuss auf die Lippen.Danach schloss sie die Tür und stampfte wütend an mir vorbei.Als sie die Treppe hinauf lief und schließlich ihre Zimmertür zuschlug, konnte ich nicht anders und fing laut an zu lachen.
Das hatte gesessen.
Das hatte May davon, wenn sie mich verpetze.
Mit einem unglaublichem Gefühl in der Magengrube drehte ich mich um und ging in die Küche, holte mir eine Cola und trank sie in kleinen Schlucken auf.
Ich hatte mich bei allen entschuldigt, bei denen ich es als anmessend betrachtete.Das hieß dann genau:Timo,Fiona und Henry.
Sie nahmen es locker und sprachen gut auf mich ein.Und den restlichen Schultag ,hatte ich auch schnell hinter mich gebracht.
Endlich war Wochenende und ich konnte volle drei Tage rumhängen.Einfach im Bett liegen und nichts tun, dumm herum starren und Löcher in die Luft gaffen.
Und genau das tat ich gerade.
Ich lag auf meinem Bett und hatte die Hände auf meinem Bauch liegen.Nur doof das ich auch genau jetzt meine Tage bekommen hatte.
Entweder hieß es jetzt relaxen oder schmerzen.
Ich ließ meine Beine über der Bettkante baumeln und genoss gerade nur die Ruhe.Ich hatte noch ungefähr zehn Minuten für mich, dann würde May nach Hause kommen und ein wirklich schönes Schauspiel vor Roland, zu Tage bringen.
Den dieser war gestern Nacht erst nach Hause gekommen und da war wirklich nicht der richtige Zeitpunkt über mich zu reden.Sie würde bestimmt in Tränen ausbrechen und auf unschuldig tun.
Herum schluchzen und schließlich ihren Willen bekommen, und ich damit Hausarrest.
Die Tür wurde unten schwungvoll geöffnet und lautstark zugeknallt.Dann hörte man die dumpfen Schritte und schließlich den Rucksack, der auf den Boden fiel.
Meine Ohren waren vollkommen gespitzt und meine Atmung hielt ich so flach wie möglich.
Nach ein paar Sekunden der Ruhe, fing das Geschreie an.
May hatte wohl Roland im Wohnzimmer, am PC ,gefunden und fing jetzt an.
„Rolli, sie hat meine ganze Verabredung kaputt gemacht.Es war so peinlich, was soll Nick den jetzt von mir denken?! Das ich die kleine asoziale Schwester von der Drogensüchtigen bin ,die auch noch halb nackt durch das Haus rennt?!“,schluchze sie und warf sich bestimmt um seinen Hals.
Der Würgereiz wurde nur noch größer und die Wut in mir stieg auf.Ich wusste das sie ihren Willen bekam ( immer bekam), doch wollte ich es nicht unversucht lasse.
Schnell schwang ich mich vom Bett und rannte die Treppen hinunter, unten angekommen lehnte ich mich in die Türrahmen und verschränkte die Arme vor der Brust.
„May aber sie hat...“,fing Roland gerade an, doch unterbrach ich ihn.
Wie ich schon gedacht hatte, saß May auf seinem Schoss und probierte den Hundeblick.
„Ach May, ich hatte das Gefühl als fand Nicki, mich ganz nett“,witzelte ich und fuhr mir verführerisch durch die Haare.
„Er soll was ? Spinnst du jetzt wirklich Amy? Als ob er auf dich steht, er ist schließlich mein Freund“,schrie May und sprang von Rolands Schoss auf.Sie stellte sich mir gegenüber und funkelte mich wütend an.
„Ruhig Mädels.Beruhigt euch! Wir machen das einfach so: May hat heute eine Verabredung mit Nick und du holst sie davon ab, hinbringen tu ich sie und abholen wirst du sie Amy. Verstanden?!“,rief Roland dazwischen und stellte sich neben uns.
Genevrt rollte ich die Augen und seufze schließlich.
„Verstanden!“,ergab ich mich und funkelte ein letztes mal May an.
„May?“,hackte mein Onkel nach.
„Verstanden“,zischte sie und stampfte an mir vorbei, die Treppe hoch und in ihr Zimmer.
Als ich mir sicher war, das sie mich nicht mehr hörte, drehte ich mich zu Roland und sah ihn bittend an.
„Das war doch nur ein Scherz oder?“.
„Nein, du wirst May von Nick abholen, ob es dir gefällt oder nicht“,sagte er streng und schlich wieder zum PC.
Er ließ sich auf den Stuhl fallen und strich sich die Ärmel, seines Hemdes, hoch.
„Aber...“,fing ich an.
„Kein Aber, du wirst es machen und basta. Amy, ich brauch jetzt meine Ruhe, ich habe später noch Dienst und muss jetzt Papiere fertig machen“,flüsterte er und tippte schon wieder wild auf der Tastatur herum.
Ich wirbelte herum und ging in mein Zimmer, dabei waren meine Lippen so fest aufeinander gepresst das ich bloß keine Chance hatte herum zu schreien.
Als ob ich der Schofför für meine kleine Schwester war!
Ich stand nun schon geschlagene zehn Minuten vor dem Haus, das die Adresse trug, wo angeblich dieser Nick wohnte.
Es war ein kleines schnuckeliges Haus,so eines, was man in einem Bilderbuch sah.Genervt seufze ich und fuhr mir durch die Haare.
Es war jetzt schon neun Uhr und ich hatte echt besseres zu tun , als vor einem Haus zu stehen und mir die doofe Musik aus dem Radio anzuhören.
Energisch zog ich den Schlüssel aus dem Loch und schwang die Tür auf, stand auf und schloss den Golf meines Vater zu.Mit großen Schritten betrat ich das große Grundstück und stampfte zur Haustür.Sie war weiß und hatte kleine Fenster in der Mitte, sodass man hinein sehen konnte.
Mit dem Daumen drückte ich das Klingelschild auf dem mit eleganter Schrift den Namen:
Miller
, stand.
Es dauerte ein wenig doch schon sprang die Tür auf und ich versteifte mich.
„Du?!“,brachte ich tonlos heraus und starrte meinen Gegenüber an.
Die honigfarbenen Auge sahen freundlich und weich aus.Halt wie flüssiger und einfach so süßer Honig.
Sein haselnussbraunes Haar fiel ihm leicht in die Augen und seine Schultern waren gestraft.
„Ich wollte May abholen“,stammelte ich und probierte irgendwie klar denken zu können.
„Okay, komm rein.Die beiden müssten gleich kommen“,sagte er sichtlich verwirrt und hielt mir die Tür auf.
„Nein danke, ich warte lieber hier draußen“, gab ich zurück und konnte endlich wieder denken.
„Wirklich? Aber es ist ziemlich kalt“,sagte er und musterte mich aufmerksam.
„Ja ,ich bin mir sicher!“,sagte ich und drehte mich um und hielt Ausschau nach May.
„Wie du willst, aber es kann noch dauern.Die beiden sind mit Mäx draußen“.
„Mäx?!“,hauchte ich und stand noch immer mit dem Rücken zu ihm.
„Unseren Hund“,flüsterte er und die Tür schnappte zu.Schnell wirbelte ich herum.
Er hatte die Tür geschlossen und stand genau drei Zentimeter vor mir,sein Atem blies mir ins Gesicht.
„Musst du noch weg?“,fragte ich und blickte hoch zu ihm.
„Nein, wenn du hier wartest, in der Kälte, werde ich das auch machen“,grinste er und setzte sich auf den Stufen, die vor uns lagen.
„Okay?!“.
Mit Falten auf der Stirn setze ich mich neben ihn und krallte meine Nägeln in meine Knie.
Mir war rattenklat, doch ließ ich mir das lieber nicht anmerken.
Wir starren eine ganze Weile, nur so vor uns hin, sagten nichts und schwiegen einfach.
Bis er sich schließlich räusperte und mich eindringlich ansah, unsere Blicke trafen sich.
„Und May ist deine Schwester?!“,fragte er nach und sah mich fest an.
„Ja, leider.Sie ist eine echte Plage,wie eine kleine Schwester halt ist.Und Nick ist dein Bruder“, es war keine Frage sondern eine Feststellung, als Antwort nickte er nur und blickte zum Himmel.
Das gleich tat ich auch.
Der Himmel war dunkelblau, so dunkel das es schon fast an schwarz grenzte.Viele kleine Sterne waren zu sehen, einige größer andere kleiner.Manche leuchteten so hell das sie einem sofort auffielen, andere sah man nur wenn man genauer hinsah.
„Es ist schön...“,seufze er und blickte nicht vom Himmel weg.Er hatte die Hände hinter sich gelegt und stütze sich so ab.
„Wie meinst du das?“,hackte ich nach und sah ihn langsam an.
„Das ist das erste mal , dass du mich nicht anbrüllst wenn mir uns treffen.Du kannst also auch anders sein“,flüsterte er und fixierte einen Stern am Himmel.
Tief atmete ich durch und ließ meine Lunge sich mit der kalten Luft füllen.
„Kann daran liegen, das ich wieder unter Drogeneinfluss stehe“,sagte ich sarkastisch und sah ihn fest von der Seite an, obwohl er zum Himmel starrte.
Unerwartet blickte er zu mir und fing an zu lächeln.
„Nein, du hast keine genommen“.
„Woher willst du das wissen?!“.
„Das würde ich schon merken, glaub mir“,hauchte er und setzte sich normal hin.
Er legte seine Hände in den Schoss und rieb sie aneinander.
„Wie dem auch sei.Weißt du wann meine kleine Schwester mit ihrem Lover endlich wieder kommt?“.
„Nein, sie sagten das sie eben mit Mäx gehen wollten.Eigentlich müssten sie längst wieder da sein“,entgegnete er und klang recht beunruhigt.
„Komisch, wenn sie wieder Scheiße gebaut hat.Das wäre so typisch für May“,zischte ich und stand auf.
„Du magst May wirklich nicht besonders oder?“,hackte er nach und stand ebenfalls auf.
„Was geht’s dich an?!“,brummte ich und fuhr mir durch die Haare.
Mit schnellen Schritten, hüpfte ich die paar Treppen hinunter und sah ihn von unten an.
„Wo lang geht ihr immer, wenn ihr mit Mäx draußen seit.Oder hat Nick einen lieblings- Platz?“,fragte ich schnell und sah auf mein Handy, das schon verdächtige halb zehn anzeigte.
Kurz überlegte er.
„Wir gehen meist in den Wald, oder zum Bach“,sagte er und trat neben mich.
„Gut und wo liegt der?“.
„Dahinten“,sagte er und zeigte gerade aus.
Es war so dunkel, das man nur schwarz sah.Genervt seufze ich und blickte ein letztes mal in die schönen Augen.
„Dann wollen wir mal...“.
„Wie?“.
„Komm einfach, wie ich May kenne ist sie wieder in Hundescheiße gelaufen oder so“,nuschelte ich und zog ihm am Arm, hinter mir her.
Da sich Nicks Bruder hier auskannte, fanden wir schnell einen kleinen Wald.Na ja , ein Wald der von außen klein aussah,aber von innen riesig war.
Ich wollte eigentlich eine Bindfaden nehmen und ihn festbinden,damit wir wieder zurück finden würden.Doch fand ich das dann doch ein wenig zu doof.
Wir liefen schreiend durch den Wald und horchten immer wieder, ob wir vielleicht doch etwas von unseren kleinen Geschwistern hörten.
Doch nichts.
Langsam wurde ich wütend, nicht nur das May weg war, nein.Sie war auch noch daran Schuld das ich Zeit mit dem Jungen verbrachte, der meinte er müsste mich von den Drogen wegbekommen.
Ich setzte meine Füße immer schneller voreinander und hoffte nur das ich May fand.Ich wusste nicht warum, aber hatte ich ein schlechtes Gefühl in der Magengrube, dass mir sagte das etwas passiert war.
„May? Nick?“,schrie ich und wurde nur noch schneller.
„Wo können die beiden nur sein?!“,rief Nicks Bruder hinter mir und beschleunigte auch, nur kurze Zeit später lief er neben mir her.
Er fasste mich am Arm und brachte mich so dazu zu stoppen, doch das ziemlich tollpatschig.Ich stolperte dabei und fiel fast hin, doch griffen kräftige Arme nach mir und hielten mich sicher fest.Mein Herz raste in meiner Brust und das Blut rauschte mir in den Ohren.
Ich lag in den Armen von ihm und sah in die schönsten Augen der Welt.
„Danke!“,hauchte ich und probierte so flach wie möglich zu atmen.Doch war ich ziemlich aus der Puste und schaffte es nicht so ganz.
„Kein Ding“,flüsterte er und sah mich intensiv an.
Ein Kribbeln durchzog meinen Körper,gerade noch war ich wie benebelt doch wurde meine Sicht schnell wieder klar und ich konnte mich wieder auf das grundsätzliche konzentrieren.
„Aber hättest du mich nicht am Arm gepackt, wäre ich gar nicht gefallen.Idiot!“,zischte ich und stellte mich hin.Dabei schlug ich seine Hände von mir weg und zog mein Pullover zurecht.
Leise lachte er neben mir.
„May? Nick? Wo seid ihr?“,schrie ich und hoffte irgendein Zeichen von den Beiden zu bekommen.
Kurze Zeit lauschte ich, doch wieder nichts.
Entnervt seufze ich und glitt zu Boden, krallte meine Finger in den Waldboden und starrte zu Boden.
„Alles oke?“,fragte ich leise und legte mir eine Hand auf die Schulter.Blitzschnell schlug ich diese weg und funkelte ihn wütend an.
„Nichts ist oke. Wenn May etwas passiert ist, ist es meine Schuld.Wenn sie sich verletzt hat und Oh mein Gott, ich will mir das gar nicht vorstellen“,schluchze ich hoffnungslos.
Ich wollte stark sein und nicht vor diesem Idioten weinen, doch konnte ich mich nicht beherrschen.All die Gefühle kamen in mir hoch, das Gefühl was ich vor drei Jahren auch empfand.
Ich hätte den Tod meiner Eltern aufhalten können, ich hätte sie irgendwie retten können.Und so empfand ich jetzt auch, wäre ich strenger gewesen oder hätte nicht so eine Scheiße gemacht, wäre vielleicht das alles nicht passiert.
May wäre jetzt Zuhause und Nick wäre zu uns gekommen.Sie hätten sich bei uns getroffen und wären nicht wie vom Erdboden verschluckt.
„Amy...“,setzte er an.
Schnell fuhr mein Kopf hoch.
„Du weißt wie ich heiße?!“,fragte ich schlaff und rappelte mich langsam auf, dabei probierte ich den Dreck von der Jeans zu bekommen.
„Ja, Nick hat mir gesagt wie du heißt“, antwortete er und sah mich entschuldigend an.
„Und warum wolltest du meinen Namen wissen, Aaron?“,fragte ich zurück.
„Ähm...weil...du weißt wie ich heiße?“,fragte ich spitzbübisch und grinste über das ganze Gesicht.
Mist!
„Ja...weil...May hat mir gesagt wie du heißt und so etwas. Sie hat von Nicks Familie geredet“,stammelte ich und hoffte das er mir meine Geschichte abnahm.
Doch das tat er natürlich nicht.
Er grinste nur doof und setzte die Hände an seinen Mund, er machte eine Art Trichter und reif.
„NICK? MAY?WO SEID IHR?“,schrie er und ließ schließlich die Schultern hängen.
Mir schwirrte ein Gedanken im Kopf herum, den ich probierte zu ignorieren.Doch schrie dieser Gedanke, so laut in meinem Kopf herum ,dass das fast nicht möglich war.
Ich glaubte wirklich das May und Nick etwas passiert war, das sie sich verlaufen hatten oder ähnliches.Wie dumm auch diese kleinen Kinder waren, gut Nick war nur ein Jahr jünger als ich aber trotzdem.
Ein leises Knurren kam aus meinem Mund, über mich selbst erschrocken presste ich mir die Hand auf den Mund und sah zu Aaron, der mich mit einem breiten Lächeln ansah.
Ich fragte mich wirklich, wie er so gelassen sein konnte.
„Du bist also ein kleines Kätzchen“,scherzte er und zog dabei die Brauen für einen kurzen Moment hoch.
Langsam nahm ich die Hand von meinem Mund und holte aus, mit voller Kraft schlug ich auf seinen Oberarm und brachte ihn so dazu kurz zusammen zu zucken.
Wie gesagt, nur kurz.
Ohne weiter auf ihn zu achten, lief ich durch den ,jetzt schon fast stockdüsteren ,Wald.Ich stolperte öfter und fiel auch fast hin, doch fand ich immer rechtzeitig das Gleichgewicht wieder.
Wir liefen nun wirklich schon eine ganze Ewigkeit hier in diesem Wald herum und mir schlich sich der Gedanke ein, dass wir uns ganz ordentlich verlaufen hatten.
Ich war jetzt schon unzählige male hingefallen und war immer wieder aufgestanden.Dabei hatte ich um mich geschlagen, da mir Aaron aufhelfen wollte, was ich wiederum nicht wollte.
Nach , was weiß ich wie langer Zeit,ließ ich mich auf den Boden gleiten und sah hoch zu Aaron der mich fragend ansah.
„Willst du dich ausruhen?!“,fragte er leise und setzte sich neben mich.
Kaum merklich nickte ich und ließ meinen Kopf hängen, meine schwarzen Haare fielen mir über die Schultern und direkt ins Gesicht.
Durch den Mond,der sich durch das Blätterdach der Bäume durch quetschte, hatten wir ein wenig Licht ,sodass ich Aaaron sah.
Ich war wirklich am Ende meiner Kräfte und einfach kaputt.
Dazu war ich auf mich selber sauer.
Warum hatte May auch kein Handy?!
Sie war 15 und da hatte ich schon ein Handy gehabt.
Laut seufze ich und strich mir durch die Haare, was nicht viel brachte da sie mir wieder ins Gesicht zurück fielen.
„Es ist schon ziemlich dunkel, ich denke nicht das wir sie heute noch finden“,flüsterte Aaron neben mir .Ich hob ganz langsam meinen Kopf an und sah ihn ausdruckslos an.
Ich wusste das er recht hatte, doch konnte ich mir das nicht eingestehen.
Als er mir in die Augen sah, zuckte er zusammen und streckte seine Hand aus.Ganz sachte berührte er meine Wange, seine Finger waren warm.
„Was..?“,hauchte ich tonlos.
„Du weinst!“,stellte er fest und strich mir etwas feuchtes von der Wange.Langsam hob ich die Hand und berührte ebenfalls meine Wange, sie war tatsächlich nass.
Wann hatte ich angefangen zu weinen?!
„Was sollen wir bloß machen? Wenn ihr etwas passiert ist, dann...“,stammelte ich und sah hilflos in die honigfarbenen Augen von Aaron.
„Wir können jetzt nichts mehr machen, vielleicht sind sie auch schon längst Zuhause. Amy du musst dich ausruhen, wir sind schon seit über zwei Stunden hier drinnen“,sagte er und sah sich in dem wenig beleuchteten Wald um.
Außer Baumstämme,Blätter und Dreck sah man nicht fiel.
Schließlich blieb sein Blick am Mond hängen, der genau über uns war.Sein Kopf lag ihm Nacken, sodass sein Haar nach hinten fiel und das fahle Mondlicht sein Gesicht streichelte.
Mir stoppte der Atem und schluckte hart.
Nein!
Amy, das war hirnrissig!
„Aaron?“,wisperte ich leise.
Sofort sah er zu mir und probierte ein Lächeln auf zusetzten.Er saß nur ein paar Zentimeter von mir entfernt ,auf den Boden ,und hatte die Beine ausgestreckt.
„Ja?!“,fragte er und sah mich forschend an.
Schnell schüttelte ich den Kopf und blickte zu Boden, die Röte stieg mir ins Gesicht.
„Also bleiben wir jetzt hier, bis es heller wird?“,hackte ich nach und sah nicht vom Boden weg.
„Ja, scheint so.Außer du willst im Dunkeln weiter gehen“.
„Nein danke, darauf kann ich verzichten“,nuschelte ich und gähnte.
Kurz war Stille, Grillen summten ihr Lied und Eulen heulten unheimlich.Ohne es zu merken rutschte ich näher an Aaron heran.
Dabei blickte ich trotzdem starr zu Boden.
Meine Augenlider wurden immer schwerer und schwerer.Alles um mich herum wurde noch schwärzer ,als es schon so war.Kaum merklich kippte mein Kopf zur Seite und die Dunkelheit umgab mich.Und bevor ich etwas machen konnte, war ich auf etwas weichen gelandet und fiel in einen unruhigen Schlaf.
Meine Augen flackerten leicht auf, etwas grelles blendete mich,sodass ich nichts sehen konnte.Ich lag auf etwas, etwas weiches und warmes was sich auf und ab bewegte.
Als ich meinen Kopf hob und probierte etwas zu erkennen,schnappte ich nach Luft und sah unter mich.
Ich lag auf Aaron, der noch immer schlief.Ich lag nicht nur mit dem Kopf auf ihm, nein.Sondern fast mit dem ganzen Körper, allein meine Beine waren neben ihm.
Leicht schüttelte ich den Kopf,wobei mein Haar mir in die Augen schlug.Mein Blick lag fest auf sein Gesicht, er sah entspannt und so unheimlich...
NEIN!
So etwas durfte ich überhaupt nicht denken.
Ich verbot mir schnell solche Gedanken, doch konnte ich den Drang nicht bekämpfen und streckte meine Hand aus.
Leicht, ganz leicht, berührte ich seine Wange mit meinem Zeigefinger.
Nachdem ich seine weiche Haut gespürt hatte, strich ich weiter runter zu seinen Lippen.Kurz vor ihnen blieb ich stehen und atmete tief durch.
Ich wusste nicht was passiert war, ich war so müde und kaputt gewesen.Und mehr war auch nicht mehr hängen geblieben.
Mein Finger fuhr über seinen Mundwinkel, direkt auf seine Lippe.Sie waren ebenso weich wie seine Haut.
Ich ließ mein Finger gerade mal zwei Sekunden dort legen, als es geschah.
Blitzschnell öffnete Aaron seinen Mund und schnappte zu.Bevor ich auch nur einmal blinzeln konnte, lag mein Finger zwischen seinen Zähnen gefangen.
Er hielt seine Augen geschlossen und atmete noch immer gleichmäßig.
Ob er noch schlief?!
Doch nein.
Mein Herz raste in meiner Brust und mir lief es eiskalt den Rücken hinunter.
„Was soll das?“,nuschelte er mit meinem Finger im Mund.Erwartungsvoll öffnete er ein Auge und sah mich herausfordernd an.
„Ähm...ich...der lag da einfach und...es ist doch scheiß egal.Lass mein Finger einfach los,beißt du immer andere?!“,zischte ich und sah ihn wütend an.
Doch könnte ich mir für diese Dummheit echt köpfen.
Widerwillig löste er die Zähne von meinem Finger und gab ihn so frei, schnell schnellte meine Hand zurück und war wieder in Sicherheit.
„Ich beiße nur Leute die mich beim schlafen berühren und anstarren“,kichert er und sah mich von unten hervor an.Erst jetzt wieder fiel mir ein das ich auf ihn lag.Schnell rollte ich mich von ihm runter, wurde still und heimlich rot.
Ich probierte etwas zu sagen, doch kam daraus nur Gestammel.
Unsicher fuhr ich mir durch die Haare, was sollte ich jetzt schon sagen?!
„Mir egal,mach das nie wieder.Das hat weh getan!“,quengelte ich und rappelte mich langsam auf.
Schließlich stand ich und sah an mich hinab.- Ich war total dreckig -
Meine Jeans, die normaler Weise dunkelblau war, schimmerte nun in Braun und Grün.Genau so mein Pullover, dieser war auch in den schönsten Waldtönen.
Leise seufze ich und probierte den Waldboden von meinen Klamotten zu bekommen, immer wieder klopfte ich auf den dunklen Jeansstoff und löste so eine kleine Erdwolke.
Als ich wieder aufsah , blickte ich in Aarons Augen.Auf seinen Lippen lag ein dickes Grinsen,welches sich von der einen Gesichtshälfte bis zur anderen zog.
„Was glotzt du so?“,fragte ich genervt und sah ihn mit hoch gezogenen Brauen an.
„Nichts nichts, du hast da ein „wenig“ Dreck im Gesicht“,kicherte er und streckte sich genüsslich.Laut gähnte er und kratze sich schließlich am Hinterkopf.
Schnell schossen meine Hände zu meinem Gesicht , immer schneller rubbelte ich meine Handflächen an meinen Wangen und merkte wie diese langsam heiß wurden.
Ein Lachen, das bestimmt auf der ganzen Welt zu hören war, hallte zwischen den Bäumen wieder.
Langsam stoppte ich und sah Aaron, zwischen meinen Händen hervor an.
„Was ist so lustig?“,fragte ich leise nach und machte große Augen.
„Du hast keinen Dreck an den Wangen, sondern an der Nase...“,sagte er und sah mich forschend an.Er kam einen Schritt auf mich zu und streckte seinen Arm aus, ganz leicht berührte er meine Nase mit zwei Fingern und strich dreimal über sie.Unter seiner Berührung kitzelte meine Haut und ich hatte das Gefühl als würden sich meine Organe alle um die eigene Achse drehen.
Als er seine Hand in Zeitlupe zurück zog und diese schließlich schlaff neben seinem Körper hingen ließ, schluckte ich hörbar und fuhr mir durch die Haare.
„Vielen Dank!“,übertrieb ich es und machte einen Hofknicks.
Ebenso übertrieben verbeugte er sich und hielt dabei eine Hand vor seinem Bauch, die andere hinter seinem Rücken.
Als er wieder in voller Größe vor mir stand, sah ich mich um.
„Und wo lang müssen wir ?“,hackte ich nach und hielt mir über die Augen die Hand, die Morgensonne stand hoch am Himmel und schien nicht von schlechten Eltern.
„Ähm, ich würde mal sagen das wir den ganzen Weg zurück gehen und schauen ob die beiden Zuhause sind“,schlug Aaron vor und stand schon mit dem Rücken zu mir gewandt.
Mit einem einfach : Mhm – stimmte ich ihm zu und schlich mich hinter ihm entlang.Er war einiges geschickter darin, nicht auf den Waldboden zu fallen.
Er stieg einfach über dicke Äste oder ging erst gar nicht dort entlang, ich dagegen stolperte was das Zeug hielt.
Es wunderte mich wirklich, warum ich nicht auf den Boden fiel.
Nach einer gefühlten Ewigkeit – die sehr schweigsam war – entdeckten wir von sehr weit weg, einen kleinen Weg.
Ein Weg der Rettung bedeutete ?!
Wir rannten förmlich zu diesem kleinen Weg, der nicht viel mehr war als ein getrampelter Boden, wo keine Blätter lagen.Er war breit genug um mir die Möglichkeit zu geben, neben Aaron her zu laufen.Er war wirklich einiges größer als ich und wirkte männlich.
Ich könnte mich noch immer dafür Ohrfeigen, dass ich auf ihm geschlafen hatte.
Warum hatte ich mir keinen Stein als Kopfkissen genommen?!
Dann wäre ich auch nicht in diese doofe Situation mit seinen Lippen gekommen, aber mal ehrlich:
Was kann ich dafür , wenn seine Lippen einfach da so sind und mich regelrecht einladen?!
Ein leiser Seufzer entfuhr mir, wir liefen jetzt schon wieder eine ganze Weile.
Ich schwor mir, würde May gleich Zuhause sein, dann könnte sie ihr wahres Wunder erleben.
Ich würde sie anschreien ,meine ganze Wut an ihr auslassen, bis sie wie ein kleiner Fisch ohne Wasser war.
Der unglaubliche Druck in meinem Inneren stieg an, meine Wut kochte förmlich über.Nur wegen meiner Schwester und ihrem Liebhaber, war ich in dieser Scheiße und würden Aaron und ich nicht hier heraus finden, dann....
würden wir wie Affen leben und uns von Schnecken und Regenwürmern ernähren müssen.
Meine Hand fuhr langsam durch meine Haare, die bestimmt voller kleiner Äste und Laub war, den dadurch kam ich nur sehr schwer durch meine Haare.
Kurz kniff ich die Augen zu und zog meine Hand mit voller Kraft nach hinten, ein Schrei blieb mir im Hals stecken.
Als ich meine Hand vor mein Gesicht hielt, waren mehrere Haare um meine Finger gewickelt.
Ich biss mir auf die Unterlippe und schüttelte meine Hand in der Luft, das schnürende Gefühl, um meine Finger, löste sich und ich war frei von Haaren.
„Denkst du das wir zurück finden?!“,fragte ich leicht dahin gesagt und sah mir die Bäume um mich herum.
Wow!
Die sahen ja alle gleich aus.
„Klar, wir laufen doch auf einem Weg“,sagte Aaron und wurde langsamer.
„Hä? Was ist das den für eine doofe Begründung?!“,brummte ich und sah zu ihm.
Er starrte gerade aus und fixierte etwas in weiter Ferne, seine Augen funkelten und die paar Lichtstrahlen, die sich durch das Blätterdach gekämpft hatte, ließen seine Augen leuchten.
„Amy,alle Wege führen doch wohin und sei es jetzt in unserem Fall ein kleines Kaff im Nirgendwo“,erwiderte er und sah mich amüsiert an.
Ich ließ die Schultern hängen und spitze genervt die Lippen.
„Toll, ich freu mich ja richtig“,nuschelte ich vor mich hin, darauf bedacht das Aaron mich nicht hörte.
Wieder liefen wir eine ganze Zeit ohne ein Wort zu sagen. Aaron war echt nicht der gesprächigste Partner, er schwieg viel und gab mir so die Möglichkeit nachzudenken.Ich hasste es nachzudenken, den meist kam ich auf doofe Gedanken.So entschied ich mich für ein super Thema, dass mich bestimmt aufmuntern würde.
Die verschiedenen Arten und Sätze, die ich May an den Kopf werfen könnte.Wie ich sie an funkeln könnte und wie ich Roland die Geschichte präsentieren sollte.
Doch lenkte mich das Ganze davon nicht ab ,meine Augen offen zu halten.Die meiste Zeit ertappte ich mich dabei,wie ich Aaron ansah oder doch probierte in dem Meer von Bäumen eine Gestalt oder so zu erkennen.
Gerade war ich mal wieder dabei ein Blatt,das ich mir von einem Ast abgerissen hatte, zu verunstalten, als Aaron stehen blieb.
Ich war so auf mein Blatt konzentriert,dass ich unbeirrt weiter gelaufen war.
„Amy....“,hauchte Aaron leise
Schnell wirbelte ich herum, wobei ich das Blatt fallen ließ, und sah mir den Haselnussjugen an.
Er stand fast regungslos da und blickte einfach zu mir, seine Augen waren müde und unter ihnen befand sich ein dicker dunkler Schatten.
Ob er überhaupt geschlafen hatte ?!
„Da vorne!“,sagte er und kam langsam auf mich zu.
Wieder wirbelte ich herum und sah das was Aaron so außer Fassung gebracht hatte.
Mir stockte der Atem und in meinem Hals bildete sich ein dicker Klos.
„MAY!“,schrie ich und rannte los.
Ungehindert lief ich auf meine kleine Schwester zu, die auf dem Boden lag ,nur ein paar hundert Meter von mir entfernt.
Das ungute Gefühl von Gestern kam wieder.
„May“,hauchte ich ,als ich neben ihr zu stehen kam.Sie lag regungslos auf dem Boden und hatte eine große Wunde am Kopf, die wohl viel geblutet hatte, den war sie schon mit Kruste versehen.
Ich fiel zu Boden und schüttelte sie leicht, dabei wisperte ich immer wieder ihren Namen.
Sie war ganz bleich und kalt, Angst stieg in mir auf.
Gerade wollte ich nach Aaron rufen, als dieser neben mir Platz nahm und May sofort die Augenlider aufzog,danach zwei Finger unter ihren Kiefer legte und einen kurzem Moment wartete.
Ungeduldig biss ich mir auf die Unterlippe, so lange biss ich Metal schmeckte.
„Was ist mit ihr?“,fragte ich und sah panisch zwischen Aaron und May her.
„Sie hat noch Puls, doch ist er sehr schwach.Sie muss schon Stunden hier liegen“,sagte er und stand dabei auf, ohne auch nur zu überlegen, nahm er May auf den Arm und hielt sie sicher.
Jetzt ,da sie auf meiner Höhe war, erkannte ich erst ihre ganze Verletzung.
Eine Platzwunde ,so groß wie ein Baseball ,zierte ihren kleinen hellhaarigen Kopf.Hart schluckte ich und sah mich um, dort hinten zwischen den Bäumen, war das ein Haus?!
Hoffnung flackerte in mir auf.
„Schnell, ich glaube da vorne ist ein Haus oder so etwas“,brüllte ich hysterisch und wollte schon los rennen ,als mir ein Gedanke in mein Kopf schoss.
„Nick!“,schrie ich viel höher als normal und sah Aaron an.
Er blickte gerade hinunter auf May und sah eindeutig besorgt aus.
„Er hätte sie nie alleine gelassen,das würde er nicht machen.Er muss hier noch im Wald sein“,flüsterte er und sah mich mir großen Augen an.
„Ich werde ihn suchen, du kümmere dich um May“.
Mit einem Nicken, das nur Millisekunden gedauert hatte, lief Aaron an mir vorbei.Ohne weiter nach zu denken, lief ich ein wenig in den Wald hinein.
Was ich dort sah , erklärte so einiges.
Ein Abhang, um die zehn Meter hoch, ragte vor mir.Er war steil und zwei lange Streifen zogen sich an ihm hinunter, dort lagen keine Blätter.
Der eine Streifen endete vor meinen Füßen, der andere knapp hundert Meter weiter rechts.Mit schnellen Schritten, die verdammt tollpatschig waren, lief ich nach rechts.
Als ich einen großen Haufen sah, der einfach schwarz wirkte,setzte mein Gehirn aus.
Ich rannte auf den Haufen zu und fiel knapp drei Meter vorher zu Boden,den Rest zu dem Haufen robbte ich.
Der Haufen, der sich tatsächlich als Nick herausstelle,war mit fiel Laub bedeckt.
Mit ein paar Handgriff war das Laub verschwunden und Nick auf den Rücken gedreht.Er sah aus als würde er schlafen, doch wirkte er genau so blass wie May.
Als ich eine Hand auf seine Wange legte, bekam ich einen Schock, er war eiskalt.Noch kälter als May.
Sein Gesicht war über und über mit Schürf - und Schnittwunden bedeckt, sein T-Shirt war kaputt und sein Arm lag abartig verdreht neben ihm.
Ich legte zwei Finger unter sein Kiefer und fühlte ein leichtes Pochen, es war schwach.
Sehr schwach.
Ohne überhaupt daran zu denken das Nick viel zu schwer war,probierte ich Nick aufzurappeln.Doch musste ich feststellen ,dass ich keine Kraft hatte.
Ich war zu schwach, zu schwach um jemanden das Leben zu retten.
Genau so wie bei meinen Eltern, Tränen schossen mir in die Augen und meine Sicht verschwamm.Ich hätte zusammen brechen können, sei es vor Erschöpfung oder etwas anderem, doch dachte ich nicht daran.
Eisern probierte ich Aarons Bruder auf die Beine zu bekommen, ich setzte meine ganze Kraft ein ,ohne überhaupt etwas zu sehen.
Als ich ihn ein Stück auf bekam, mir aber dennoch zwischen die Arme glitt und zurück auf den Boden fiel, gab ich auf.
Ich fiel zurück auf den Boden, neben Nick, und fing an zu weinen.
Zu weinen, wie ich es zur Zeit oft tat.
Laut schluchze ich vor ich hin und strich Nick über seine Wange, dabei nuschelte ich immer wieder vor mich hin.
„Es tut mir so leid,ich bin einfach zu schwach. Aaron wird gleich kommen und dich retten, halte durch.Es tut mir so unglaublich Leid, wäre ich nicht gewesen...“,hauchte ich und strich dabei immer wieder seine Wange auf und ab.
Als ich schwarze Punkte vor meinen Augen sah und ich schrecklich müde wurde, probierte ich dagegen an zu kämpfen.
Ich durfte nicht ohnmächtig werden, nicht schlafen und Nick verlassen.
Ich riss meine Augen auf und schaffte es so, die Tränen zu unterdrücken.Mit aller Kraft probierte ich nicht in die Dunkelheit gerissen zu werden, mich nicht von der Last erdrücken zu lassen.Aber sie war so unglaublich stark, stark und schön.
Langsam fielen mir die Augen zu, mein Körper wurde schlaffer und fing an zu kribbeln.
Erst waren es nur meine Fingerspitzen die kitzelten, doch ging es dann in meine Hand, in den Arm und schließlich in meinen ganzen Körper.
Als mich fast die Dunkelheit eingeholt hatte, hörte ich Schritte.Nasse Schritte die immer und immer näher kamen.
Langsam öffnete ich meine Augen und sah
weiß!
Weiß über mir, weiß neben mir und unter mir.Ich blinzelte ein paar mal und strich mir den Schlaf aus den Augen.
Vorsichtig setzte ich mich auf und sah mich um.Ich befand mich definitiv in einem Krankenhaus, dort war es nur so weiß und steril.
Ich war alleine, so weit ich sah.Ich lag in einem Bett, mit der typischen Krankenhausbettdecke und dem Gestank des Waschmittels.Angewidert rümpfte ich die Nase und schlug die Decke von mir, schwang meine Beine vom Bett und setzte sie auf den Boden.
Mit wackeligen Beinen schlurfte ich zur Tür und nahm den Griff in die Hand, drückte ihn hinunter und trat auf den Flur hinaus.
Er war hell beleuchtet und der Geruch von Mittagessen umschlang meine Nase.Ich stolperte langsam den Flur entlang und musste immer wieder feststellen ,dass mir schwarz vor Augen wurde.
Immer wieder kam der Schwindel über mich und riss mich fast zu Boden.
Als mir zum tausendsten mal schwarz vor Augen wurde, hielt ich mich gerade noch rechtzeitig am einem Geländer fest, das an den Wänden angebracht war.
Schwer atmete ich durch und schloss die Augen.
„Amy, was machst du den hier?“,rief mich jemand und packte mich am Arm.Vor Schreck riss ich meine Augen auf und blickte in die honigfarbenen Augen, die mir auf komische Art und Weise vertraut vor kamen.
„Was mach ich hier ?“,fragte ich tonlos und sah mir Aaron an, der mir gegenüber stand.
Fassungslosigkeit spiegelte sich auf seinem Gesicht wieder.
„Du wurdest ohnmächtig ,da haben wir dich ins Krankenhaus gebracht“,sagte er und sah mich eindringlich an.
„Ohnmächtig?“,brummte ich verwirrt und strich mir durch die Haare.
„Wie...?“,hauchte Aaron und fuhr sich ebenfalls durch die Haare, haselnussbraune Strähnen fielen ihm zurück in die Augen.
Ohne ein weiteres Wort, ging ich an ihm vorbei entlang ,den Flur weiter.
Gerade setzte ich zum dritten Schritt an, als ich wieder am Arm gepackt und herumgewirbelt wurde.Ich stand ein paar Zentimeter vor Aaron, der mich argwöhnisch ansah.
„Amy, das ist nicht lustig!“,flüsterte er und blickte mich fest an.
Er sah ganz danach aus, als hätte er tagelang nicht geschlafen.
„Was ist nicht lustig?“,hackte ich nach.
„Du weiß ganz genau was passiert ist, wir haben May im Wald gefunden.Als ich wieder kam lagst du auf dem Boden neben Nick und warst nicht mehr ansprechbar“,erklärte er und festigte den Griff um meinen Oberarm.
Kaum merklich öffnete ich die Augen und schluckte.
„Was?“.
„Kannst du dich wieder erinnern?!“, fragte Aaron nach und wirkte aufgedreht.
„Nein, aber das kann doch nicht möglich sein!“,nuschelte ich und merkte wie meine Beine immer weicher wurden.
Sie gaben ihre Stabilität auf und wurden zu Wackelpudding.
„Amy...“,konnte Aaron gerade noch sagen, als ich zu Boden fiel.Ich weinte nicht und ich wurde auch nicht ohnmächtig, ich fiel einfach zu Boden.
Fassungslosigkeit breitete sich in meinem ganzen Körper aus.
May hatte einen Unfall genau so wie Nick? Ich wurde in einem Wald ohnmächtig und Aaron hatte mich ins Krankenhaus gebracht?!
„Wie kann das sein?“,flüsterte ich eher zu mir selbst.
„Amy, du kannst dich tatsächlich nicht erinnern?!“,hackte Aaron nach und zog mich hoch,unsicher hielt er mich in den Armen.
„Nein“,seufze ich und sah ihm in die Augen.Ganz vorsichtig strich er mir eine Strähne hinters Ohr und lächelte mir zu.
„Kann ich May sehen?!“,hackte ich nach und löste mich von ihm.Ein schnelles Nicken und schon spürte ich Aarons Hand in meiner.
Wir liefen den Gang weiter entlang, bis zum letzten Zimmer, davor blieben wir stehen.
„Liegt sie hier drinnen?“.
„Ja mit Nick, dein Onkel ist auch bei ihnen“,mit diesen Worten hob er seine freie Hand und klopfte an.
Wir wartete ein paar Sekunden,bevor wir hinein gingen und ich meine kleine Schwester halb tot im Bett liegen sah.
Roland, saß an der Wand auf einem roten Stuhl und schwieg.Er blickte schnell auf ,als wir hereinkamen und sprang sofort auf.
Er lief auf mich zu und nahm mich in den Arm, er drückte mir einen Kuss auf die Stirn und zitterte leicht.
„Amy...“,hauchte er fassungslos und drückte mich noch fester.
„Roli“,seufze ich und legte meine Arme um ihn.Obwohl er mich fest an sich drückte, spürte ich gerade kein Schmerz.
Vielleicht hatte ich mir auch nichts verletzt?!
„Wie geht es dir?“,fragte er nach und hielt mich eine Armlänge weit von sich.
„Eigentlich ganz gut, nur kann ich mich an nichts mehr erinnern“.
Verständnislos sah er mich an, seine grünen Augen wirkten matt und müde.
„Du kannst dich an nichts mehr erinnern?“,flüsterte er.
„Ich weiß nicht mehr was im Wald passiert ist“,erklärte ich und fuhr mir durch die Haare.Mein Blick flog zur Seite, dort lagen sie.
Nick und May.
Die beiden lagen in weißen Betten und schliefen, sie sahen friedlich und doch so verletzbar.
Aaron hatte sich an Nicks Bett gesetzt und sah mich nun neugierig an.
„Das ist komisch, du hast keinerlei Gehirnerschütterungen oder so etwas in der Art.Ich könnte mir das nur durch das schreckliche Trauma erklären, aber keine Sorge deine Erinnerungen werden wieder kommen“,sagte mein Onkel fachmännisch und strich mir meine Schultern auf und ab.Als er mich los ließ, lächelte ich ihn kurz an und wandte mich an das Bett meiner Schwester.
Sie sah so friedlich aus, doch hatte sie um ihren Kopf einen weißen Verband und ihr Gesicht war geschwollen.Sie war über und über mit Blutergüssen versehen.
„Wie geht es ihr?“,wisperte ich und sah nicht von May weg.
„Sie hat eine schlimme Kopfverletzung und hat sehr viel Blut verloren, sie liegt nun in einem künstlichem Koma.Ihr wird es wieder gut gehen“,erklärte Roland und setzte sich wieder auf seinen Stuhl.
Absolute Stille herrschte,als ich mich auf May Bettkante setzte und ihr eine Strähne aus dem Gesicht strich.Als mir winzige Tränen von den Wangen rollten, direkt auf ihr Gesicht,als ich meinen Kopf auf ihre Brust legte und den gleichmäßigen Herzschlag hörte,war ich nicht ich selbst.
„May...“,schluchze ich und fing an zu zittern.
Ich hatte gehört was Roland, ein Arzt,gesagt hatte, doch hatte ich das schreckliche Gefühl als würde May sterben.
Als würde sie bald nicht mehr bei uns sein.
Langsam setzte ich mich wieder auf und nahm ihre Hand in meine, sie war warm.Mein Blick glitt zu Nick, er sah genau so schlimm aus.
Er hatte kein Verband um den Kopf ,doch erkannte man sein Gesicht nicht mehr.Es war völlig zugeschwollen und dunkel lila angelaufen.
„Was ist bloß passiert?!“,fragte ich leise und blickte von Nick zu May zu Aaron und dann zu Roland.
„Nick ist kurz wach geworden und hat etwas von einem Abhang genuschelt,wahrscheinlich sind sie dort hinunter gestürzt“,sagte Aaron und sah seinen kleinen Bruder an.
Seine Augen trotzen nur so vor Traurigkeit und Verzweiflung.
„Ein Abhang?“,wiederholte ich leise und riss die Augen auf.
Ein Bild schoss mir in den Kopf,ein großer Berg um die 10 Meter hoch, zwei Bahnen ohne Blätter,Blut,Leid.
Schnell schüttelte ich den Kopf und kniff mir in den Nasenrücken, bevor ich auch nur einmal einatmen konnte, spürte ich die Hände von Roland auf mir.
„Was ist Amy, hast du Schmerzen?“.
„Alles in Ordnung, nur habe ich gerade Bilder gesehen.Da war ein Abhang um die 10 Meter hoch und Blut...“,sagte ich völlig außer Atem und blickte in die Augen meines Onkels.
„Du kannst dich erinnern?“,hackte Roli nach.
„Nicht direkt, ich habe nur Bilder gesehen...aber das ist doch ein Anfang oder?“.
Als Antwort nickte er, es war ein einfaches Nicken.
Laut atmete ich aus.
Wollte ich überhaupt Erinnerungen haben, an das was in diesem Wald passiert war?!
Wollte ich wirklich wissen, wie es aussah als ich Nick und May fand?
Ein Seufzen erklang von hinter mir, schnell dreht ich mich und sah Aaron zu wie er sich erhob.
„Musst du noch weg?“,fragte ich nach und folgte ihm mit meinen Augen.
Er ging um das Bett herum, auf mich zu und blieb schließlich an der Tür stehen.
„Ja, ich muss noch weg“,sagte er kurz angebunden und öffnete die Tür.Mit einem letzten Blick auf seinen Bruder, verschwand Aaron.
Er wirkte bedrückt und traurig , als würde er über etwas nachdenken.
War noch etwas im Wald passiert?!
Eine ganze Woche war nun schon vergangen und meine Erinnerungen waren noch nicht zurück gekommen.Auf der einen Seite war ich darum glücklich und auf der anderen traurig.
Von der Schule war ich bis jetzt noch befreit, ich hatte mehrere Anrufe auf meinen Handy, doch ignorierte ich diese.
Meine ganze Aufmerksamkeit lag May und Nick.
Nick war inzwischen aufgewacht und es ging ihm den Umständen entsprechend, doch May...
Sie lag noch immer im künstlichen Koma, die Ärzte meinten das es ihr gut ginge,doch glaubte ich das irgendwie nicht.
Vielleicht lag es daran das sie so schlecht aussahen, oder daran das ich ihre Schwester war.
Alle waren nett zu uns und Roland hatte sich über zwei Wochen frei genommen, sodass er bei May und mir bleiben konnte.
Er war so besorgt um uns, dass es mir das Herz zerriss.Ich wusste schon immer ,dass er nur das Beste für uns wollte und es auch geschafft hatte das wir immer glücklich waren ( wenn es bei mir auch nur geschauspielert war).
Er war ein toller Onkel.
Über die ganze Woche hinweg war ich bei May am Bett gewesen.Ich beobachtete sie und sprach auch viel mit ihr, ich war mir sicher das sie mich hörte.
Ich dachte manchmal das sie ein Auge öffnete, doch war dies nie der Fall gewesen.Ich machte mir Hoffnungen, dort wo keine waren.
Die sieben Tage lang, sah ich fast jeden Tag Aaron und seine Familie.
Seine Eltern waren sehr nett und machten den Anschein als würden sie auch mich mögen, aber ob das stimmte wusste ich nicht.
Sie hatten sich bei mir bedanke, da ich Nick gefunden hatte.
Ich hatte einfach nur freundlich genickt, schließlich erinnerte ich mich nicht daran.
Am Anfang hatten Aaron und ich viel gesprochen, über das Geschehene,über May und Nick.Doch er war die ganze Zeit so anders, anders als in meinen Erinnerungen.
Er war derjenige der mich von den Drogen wegbekommen wollte, der der mir aufhalf als ich am Boden lag.
Und ich war diejenige die ihn immer wieder angeschrien hatte.
Ich wusste das ich gemein zu ihm war, doch so war ich halt. Große Klappe und kein Gespür dafür, welche Menschen wirklich freundlich waren oder nicht.
Aaron wirkte bedrückt auf mich, so niedergeschlagen als würde ihn etwas belasten.
Ich hatte mir jetzt schon öfter den Kopf darüber zerschlagen, doch kam ich auf keine simple Erklärung.
„Amy?“,rief mich jemand und brachte mich so wieder zurück in die Realität.
„Ja?“,brummte ich und sah auf.
Vor mir stand Aaron und wirkte irgendwie unruhig.
„Was ist?“.
„Nick ist jetzt fertig, willst du?“,fragte er ganz leise nach und hielt mir die Hand hin.
Mit einem kurzem Nicken, nahm ich seine Hand in meine und wurde aufgezogen.Ich sah mich ein letztes mal um, ich liebte diesen Wort.
Es war der kleine Aufenthaltsraum im Krankenhaus, dort standen rote Sessel und ein Pc, ein Tisch und ein Schrank mit Spielen.
Der Boden war aus weißen Fliesen , die kleine,winzige schwarze Punkte hatten.Die Wände schimmerten in einem blassen Orangeton.
Die Kunstblumen waren ein wenig verstaubt und die Luft stickig, doch hatte ich hier eine menge Zeit verbracht.
Als ich meinen Blick wieder nach vorne warf und voraus ging, merkte ich die Anspannung von Aaron hinter mir.
Er ging einiges langsamer als ich und wirkte wirklich unruhig.
Ich kam vor der Tür zum stehen und klopfte an.Mit einem kurzem Zögern trat ich hinein und ging schnurstracks auf Nick zu.
Er saß auf seinem Bett und stellte gerade sein Glas Wasser weg.Er war noch relativ schwach, doch sah er schon viel besser aus.
Das künstliche Licht in diesem Raum, ließ ihn aber unheimlich bleich aussehen.Seine honigfarbenen Augen sahen mich schwach an und ein lächeln bildete sich auf seinem Gesicht.
Vorsichtig nahm ich auf seiner Bettkante platz und legte meine Hand auf seine.
„Wie geht’s dir Nick?“,fragte ich nach und sah ihn liebevoll an.
„Ganz okay, ich hab noch Schmerzen aber es geht“,sagte er mit einer Stimme, die absolut nicht ihm gehörte.
Sie war rau und hörte sich an wie eine Kettensäge.
„Das wird schon wieder“,probierte ich aufmunternd zu sagen, was aber nicht unbedingt etwas brachte.
Aaron nahm neben mir Platz und sah uns beide an, sein Blick bohrte sich durch mich hindurch.
„Also, wie ist das alles passiert?“,hackte ich nach und sah für einen kurzen Moment zu May, die friedlich schlief.
„Wir waren mit Mäx draußen und sind in den Wald gegangen, es war so dunkel das wir fast nichts gesehen haben.Als Mäx etwas gerochen hatte, lief er los und brachte May so zum stürzten.Ich half ihr auf und dann sind wir Mäx suchen gegangen“,erklärte er und machte eine Pause.Er war völlig außer Atem, schnell hielt ich ihm sein Wasser hin ,welches er dankbar entgegen nahm.
Nach einem kurzen Schluck, sprach er weiter.
„Es war schon fiel zu spät und mein Handy ging auch nicht, ich hatte kein Empfang im Wald.Wir sind unsicher durch die Dunkelheit getappt und waren nach einer ganzen Stunde völlig außer Atem, nicht nur das wir Mäx nicht fanden May wurde immer müder“,erzählte Nick und blickte ausdruckslos nach vorne.
Es sah ganz danach aus, als würde er sich in der Vergangenheit befinden, alles noch einmal durchleben.
Nachdem er tief Luft geholt hatte, sprach er weiter.
„May wurde sauer und schimpfte viel, sie regte sich irrsinnige über
dich
auf.Sie brüllte und ballte die Hände zu Fäusten, als sie wieder aufstand und weiter gehen wollte hörte ich nur noch ein Schrei.
Ich rannte sofort los um zu sehen was geschehen war, doch merkte ich erst zu spät das dort ein Abhang war, ich fiel und wurde schließlich bewusstlos“,mit einem leisen Seufzen kehrte Nick zurück in die Wirklichkeit.Er schüttelte kurz den Kopf und sah mich entschuldigend an.
„So war das also,May ist wegen mir den Abhang hinunter gefallen“,stammelte ich und starrte auf den Boden.
Eine Hand legte sich auf meine Schulter.
„Nein Amy, das ist nicht deine Schuld.Keiner kann etwas dafür“,sagte Nick mit kratziger Stimme.
„Doch, sie hat sich über mich aufgeregt und...“,seufze ich und stand auf.
Ich fühlte meinen eigenen Körper nicht mehr, er war taub,tat das was er wollte.
Ohne irgendetwas mehr zu hören, verließ ich das Zimmer, lief zum Fahrstuhl und rannte aus dem Krankenhaus raus.
Mein Weg führte mich immer weiter und weiter, bis ich schließlich an ein Teich kam.
Die Sonnenstrahlen brachen sich an der Wasseroberfläche und ließen es in den schönsten Farben leuchten.
Ich hatte mich auf den Boden gesetzt, die Beine angewinkelt und starrte vor mich hin.
Die Leere und Taubheit beherrschte noch immer meinen Körper.
Ich war der Grund an dem was passiert war, ich war schuld daran,dass May nun im Komma lag und daran das die Beiden fast umgekommen waren.
Wut staute sich bei mir auf, unendliche Wut strömte durch meinen Körper.Ich hob meine Hände, ballte sie zu Fäusten und schlug sie auf das Gras neben mir.
Ich fing an am ganzen Körper an zu zittern, der leichte Wind am Teich wurde immer stärker und die Wolken über mich zogen sich zu.Sie verfärbten sich dunkel und schon kurze Zeit später fielen die ersten Regentropfen, sie klatschten neben mich, auf mich und hinter mich.
Die fielen auf die Wasseroberfläche des Teiches und brachen sie so, ein unglaubliches Bild der Natur bot sich mir gerade.
Durch ein winzig kleines Loch in der Wolkendecke drangen Lichtstrahlen auf die Erde und doch regnete es.
Es vermischten sich die Elementen der Sonne und des Regens.
Ich schloss die Augen und atmete tief durch, die ganze Woche durch hatte ich mir Gedanken gemacht und immer wieder mein Leben vor Augen gesehen.
Wie ich mich verändert hatte und wie alles gekommen war.
Schließlich war ich auf das Ergebnis gekommen,dass ich alleine an allem Schuld war.Wäre ich nicht so, wie ich bin ,dann wäre dies alles gar nicht passiert.
Wenn ich nicht ich wäre!
„
Amy...
“,flüsterte jemand von weiter weg und ließ mich zusammen zucken.
Ich dachte ich sei alleine.
Langsam hob ich meinen Blick und sah mich um.
„Hallo?“,fragte ich leise nach und blickte mich noch immer um.
Hier war Niemand.
Alles um mich herum war grün oder braun, dadurch das es noch immer regnete erkannte ich eh nicht alles richtig, doch sah ich keine menschliche Person.
Zu mindestens niemand der sprechen konnte.
„Wer ist da?“,hackte ich misstrauisch nach und erhob mich.Meine Knie waren steif und taten weh,als ich sie durchstreckte.
„Verdammt nochmal, wer ist da?“,brüllte ich und drehte mich mehrere Male um meine eigene Achse.
Auf einmal bildete sich etwas hinter mir, ich spürte den Luftzug und die Kälte die mich plötzlich umgab.
Ich fing an hibbelig zu werden und irgendwie auch ängstlich, langsam drehte ich mich um und probierte nicht aufzuschreien als ich etwas erblickte, was gar nicht möglich war.
„
Dad?
“,hauchte ich weinerlich und trat einen Schritt nach vorne.
Dort stand er tatsächlich und sah mich liebevoll an.Er lächelte und war ungefähr hundert Meter von mir entfernt, er war durchsichtig und ich war mir auch zu hundert Prozent sicher,dass er ein Geist war.
Er war so neblig und geisterhaft.
„Amy“,sagte er wieder und kam auf mich zu...geschwebt.
Ich konnte es nicht glauben, entweder war ich ordentlich auf den Kopf gefallen oder ich war verrückt geworden.
Eins von beiden muss es sein, es gab ja keine Geister also musste ich verrückt sein.
„Was machst du hier?“,fragte ich ,als mein Vater vor mir zu stehen kam.
Er war noch immer so weit weg, doch spürte ich,dass er nicht näher kommen würde.
Noch knapp zehn Meter war zwischen uns Platz und trotzdem fühlte ich mich geborgen, ängstlich aber geborgen.
„Das ist egal, ich will dir nur eins sagen Amy!“,fing er an und lächelte noch immer.
Ich konnte nicht anders und schüttelte meinen Kopf, dabei hatte ich meine Augen noch immer offen und starr auf mein Vater gerichtet.
Ich hatte Angst,dass er verschwinden würde wenn ich die Augen schloss.Dann wäre ich wieder alleine!
Tränen liefen mir die Wangen hinunter und der Zwang zu ihm zu gehen wurde immer größer.
„Und was ist das?“.
„Du bist nicht daran Schuld was May und Nick passiert ist, es war ein Unfall.Du kannst absolut nichts dafür und keine Angst, May wird bei dir bleiben.Wir haben nicht vor sie mit zu nehmen“,sagte er ruhig und strahlte so eine Wärme aus,dass die Kälte in mir verschwand.
„Aber..“,setzte ich total verwirrt an.
„Kein Aber Amy, geh zurück und lebe“,sagte er und wollte sich umdrehen.
„Dad warte! Was, wie,wo ist Mom? Ich habe noch so viele Fragen und, und, und...“,schluchze ich vor mich hin und griff nach vorne in die Luft, er sollte nicht gehen, er sollte hier bei mir bleiben und...
„Ich muss gehen, ich Liebe Dich Amanda!“,flüsterte er und verschwand.Er löste sich auf und ein starker Wind blies mir um den Kopf.Und ob ich es mir nur eingebildet hatte, doch wiederholte dieser Wind seine letzten Worte.
Immer und immer wieder.
Als auch dieser Wind verschwunden war und ich wieder alles um mich herum wahrnahm,den Regen und die schwarzen Wolken über mir, fing ich erst recht an zu weinen.
Wie oft in meinem Leben, seit dem Tod meiner Eltern, hatte ich jetzt schon geweint, obwohl ich es nicht wollte?
Ich ließ meinen Kopf hängen und vergrub mein Gesicht in den Händen,der Tränenfluss wollte nicht stoppen und das Stechen in meinem Herzen auch nicht.
„
AMY
!“,rief mich erneut jemand und kurz flackerte die Hoffnung auf,dass es mein Dad sei.
Doch war diese Stimme viel wütender und auch verletzt.
Ich ließ meinen Kopf einfach hängen und schloss die Augen, probierte das Stechen in mir zu stoppen und den Schmerz zu verdrängen.
„Amy!“,schrie er schon wieder, es war eine Männerstimme.
Es hörte sich so an, als würde die Person immer näher kommen und tatsächlich legten sich warme,große Hände um meine Arme.Sie zogen sie von meinem Gesicht und brachten mich so erschöpft nach oben zu gucken.
„Amy, was machst du hier?“,fragte Aaron und sah verstört aus.
„Du bist klitschnass, komm mit“,sagte er etwas ruhiger und legte mir seine Jacke um, sie war ebenfalls warm und roch intensiv nach ihm.
„Nein, ich will nicht! Er ist weg und hat mir keine einzige Frage beantwortet.Er ist einfach gegangen und,und...“,schluchze ich und probierte mich hysterisch aus Aarons Griff zu befreien.
Doch keine Chance er war einfach stärker als ich.
„Was ist mit dir los und wer ist einfach verschwunden?“,brüllte er um mein Gestammel zu übertönen.
Müde schloss ich die Augen und ließ meine Arme hängen, trotzdem ließ er sie nicht los.
„Mein Dad, er war hier und sagte ich sei an nichts schuld, ich solle leben und er ist einfach weg“,weinte ich vor mich hin und konnte es nicht unterdrücken kurz laut aufzuschluchzen.
„Amy,dein Dad ist tot“,hauchte Aaron und sah mich fest und neugierig an.
„Ich weiß, aber ich habe ihn gesehen“,hauchte ich und gab mich dahin.
Bevor ich auch nur einmal einatmen konnte, spürte ich starke Arme um mich und einen warmen,pulsierenden Körper vor mir.
Er gab mir Schutz und hielt mich am leben.
Als ich meinen Blick hob und sah dass Aaron mich umarmte, fing mein Herz an zu bluten.
Er war noch immer so nett zu mir, obwohl ich so ein Arsch zu ihm war.
„Aaron...“,flüsterte ich und legte meinen Kopf an seine Brust.
Sein Herzschlag, der kräftig und gleichmäßig in seiner Brust schlug, ging in mir über.Ich fühlte mich mit ihm verbunden, mental und körperlich.
Wir waren Eins!
(Fortsetzung folgt...)
Texte: Alle Rechte des Textes liegen beim Autoren.
Tag der Veröffentlichung: 27.10.2010
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Ich widme dieses Buch Sophia. Du bist Etwas ganz Besonderes. Ohne Dich wäre ich nicht die Person, die ich jetzt bin. Danke dafür :)