Cover

Prolog




Ihr schmaler Hals hebt sich vom Kissen ab.
Ihre Haare liegen rund um ihr wohlgeformtes Gesicht.
Sie ist schön. So schön.
Doch ich kenne sie.
Ich weiß, was sie getan hat.
Ich beuge mich hinunter und nehme ihre Hand, die vollkommen entspannt neben ihrer schlanken Taille liegt.
Ihre Finger sind lang und feingliedrig.
Sie schläft tief. So tief.
Ich hebe ihre gleichmäßig geformten Finger hoch und lege meine Lippen auf ihr dünnes Handgelenk.
Ich spüre ihren Pulsschlag.
Den ruhigen Takt ihres Herzens.
Das rote Blut, das gleichmäßig durch ihre Adern fließt.
Ich senke meine Zähne hinein.
Als ich den Mund wieder von ihrer Haut löse, ist ein tiefer Abdruck meines Gebisses hineingegraben.
Die Vertiefung füllt sich langsam mit Blut.
Es wird immer mehr und als ich ihre Hand zurück auf die Bettdecke lege, findet das erste Rinnsal den Weg aus der Wunde.
Es hinterlässt eine rote Linie und ein einzelner Blutstropfen fällt auf das weiße Bettlaken.
Der Tropfen scheint ganz langsam darauf niederzusinken.
In meiner Erinnerung leuchtet er in dem grauen Licht, das durch das Fenster fällt.
Er ist das Licht in dieser dunklen Realität.
Erst als er in das Bettzeug einzieht und sich dabei langsam ausbreitet, verliert er sein Leuchten.
Aber weitere werden ihm folgen.
Ich jedoch wende mich ab und verlasse geräuschlos das Zimmer.




Kapitel 1




Mary war mal wieder zu spät aufgestanden.
Schnell stellte sie ihre Kaffeetasse in die Spüle, drehte ihre roten Haare zu einem Knoten zusammen und schnappte sich ihre Tasche. Auf dem Weg durch das Treppenhaus stellte sie wieder einmal seufzend fest, dass sie einen anderen Beruf hätte wählen sollen.
Der ganze Flur war wie ausgestorben. Alle schliefen noch. Nur sie hatte mal wieder Frühschicht.
Als sie die Haustür öffnete, wehte ihr leichter Nieselregen ins Gesicht. Alles schien verschwommen, die beinahe schwebenden Wassertröpfchen nahmen ihr jede Sicht. Es war vollkommen ruhig. Sogar das Knattern ihres schon etwas in die Jahre gekommenen Audis schien von der Stille verschluckt zu werden.
Auf dem Weg zur Station war auch der Rest der Stadt vollkommen leer. Der Regen wirkte wie das einzige lebendige Wesen in den Straßen. Leichte Beklemmung befiel sie.
Doch als sie die Tür zum Gebäude öffnete, schlug ihr ein Schwall warmer, trockener Luft ins Gesicht. Als sie durch den Eingang trat, verflog auch der Rest ihrer verbliebenen Trübseligkeit sofort.
Das kleine Zimmer hatte ursprünglich einen weißen Anstrich gehabt, doch über die Jahre hatten Hunderte von bunten, lebendigen Erinnerungen in Form von Zeichnungen, Basteleien und Fotos die Wände geschmückt. Keksrollen, Schreibzeug und ein paar Anziehsachen bedeckten den Tisch. Doch was den Raum eigentlich ausmachte, war die Person, die mit einer riesigen Tasse Chai-Tee am Tisch saß und telefonierte. Es war Thea. Ihr Lachen war schon auf dem Flur zu hören gewesen. Bei Eintreten hatte sie ihr einen raschen Blick zugeworfen, dann die Unterhaltung am Telefon beendet. Sofort erfolgte eine stürmische Begrüßung.
„Oh Gott, du bist ja ganz nass! Das Wetter ist aber auch eklig. Allein letzte Nacht hatten wir schon drei Lungenentzündungen“, schon bei der Umarmung redete sie ununterbrochen. „Eigentlich müsste ich dich ja erst hereinbitten und dir einen Tee anbieten, aber ich fürchte, du musst gleich wieder los. Ein Mädchen hat angerufen. Sie meinte, sie hätte einen kleinen Unfall gehabt und möchte aber, dass sich das lieber jemand anguckt. Da sie aber kein Auto hat, hat sie um eine ambulante Schwester gebeten. Na ja, du kennst ja die Leute. Denken, wir könnten überall hinkommen. Als hätten wir nichts zu tun. Leider ist es unser Job und ich muss dich da leider auch noch hinschicken.“ Es schien unmöglich Theas Redeschwall zu unterbrechen. Nur in der kurzen Pause, die sie zum Luftholen benötigte bestand wenigstens eine geringe Chance dazu. „Was denn für ein Unfall bitte?“ Ganz kurz schien Thea verunsichert, weil man sie gestoppt hatte. „Ähhm… weiß ich doch nicht. Die Verbindung wurde unterbrochen. Liegt bestimmt an diesem furchtbaren Nebel. Sie konnte mir bloß noch die Adresse geben. Irgendwo westlich von der Stadt…“, nun stockte sie von selbst. „Warte mal, das kann doch eigentlich gar nicht sein. Ich meine, da ist nur Wald. Warte kurz, hier habe ich den Zettel… Mein Gott, wie kann denn das sein? Da wohnt doch niemand.“
„Doch, ich habe gehört, dass es ein paar einzelne Häuser geben soll…“, Marys Stimme war leiser geworden, als sie das sagte.
„Du kannst doch unmöglich bei diesem Wetter irgendwo in die Wälder fahren“, nun erwachte Theas Beschützerinstinkt. Doch jeder auf der Station wusste, dass Vorschriften eben Vorschriften waren und man schneller draußen war, als man gucken konnte, wenn man sie nicht befolgte.
„Ist schon gut, ich fahre“, rasch griff sich Mary ihre Tasche und die Autoschlüssel. Sie versuchte entschlossen zu klingen, als sie fragte: “Also wo genau ist das jetzt?“ Thea beschrieb ihr den Weg so gut sie konnte. „Pass auf dich auf“, war alles, was sie noch sagte bevor Mary den Raum verließ.


Kapitel 2




Als Mary die Autotür hinter sich geschlossen hatte, blieb sie einen kurzen Moment unbeweglich sitzen und starrte durch die Frontscheibe in den Nieselregen, dessen Tropfen verschlungene Muster auf das Glas malten. Dann gab sie sich einen Ruck, startete den Motor und stellte das Radio an. Doch anstatt fröhlicher Musik ertönte nur Rauschen und Knistern aus den Lautsprechern. Nicht mal mehr Radioempfang hatte sie bei diesem Wetter. Seufzend legte sie eine CD ein, doch die fröhlichen Sommerlieder munterten sie nicht auf.
Wieder fuhr sie durch verlassene Straßen. Der Wegbeschreibung von Thea folgend, gelangte sie aus der Stadt. Sie folgte den schnurgeraden Landstraßen über weite Felder. Jedenfalls vermutete sie, dass es weite Felder waren, aber aufgrund des Nebels war alles, was sie sah das Grau der Straße direkt vor ihr.
Erst als sie schon glaubte den falschen Weg genommen zu haben, fiel das blasse Licht ihrer Scheinwerfer auf den ersten Baum. Er war hochgewachsen und erschien Mary wie ein Bote des Schicksals. Schaudernd fuhr sie die nun etwas holprige Straße in den Wald hinein. Durch den Nebel waren nur die Bäume direkt neben der Straße zu erkennen, doch diese schienen sich immer näher über das Fahrzeug zu beugen, als wollten sie den Weg versperren. Bald schon kratzten die ersten Zweige über das Blech des Autos und untermalten die immer noch laufende Musik.
Anfangs hatte Mary noch Angst gehabt sich zu verfahren, doch es gab keinerlei Kreuzungen. Die Wege, die abgingen waren allenfalls schemenhaft im Nebel als Trampelpfade zu erkennen. Manchmal lichtete sich der Wald neben der Straße kurzzeitig und alte Anwesen waren zu sehen. Doch alle waren verlassen, die meisten schon lange verfallen.
Plötzlich tauchte neben der Straße ein einsames Schild aus dem Nebel auf. Es war halb umgefallen und hatte sich in Richtung Straße gelehnt. Darauf stand in alten verwitterten Buchstaben „Hem av tid“, Haus der Zeit. Mary schaute wieder auf ihre Wegbeschreibung. Thea hatte nur „beim Schild abbiegen“ notiert. Das konnte es unmöglich sein, das war schließlich nicht mal mehr wirklich ein Schild, so verrottet wie es schon war. Mary richtete den Blick wieder nach vorn, doch die Schotterstraße verschwand schon nach wenigen Metern in einer undurchdringlichen Wand aus Nebel.
Seufzend entschied sie diese Abzweigung zu versuchen und fuhr den von Schlaglöchern übersäten Weg entlang. Die Bäume schienen sich noch näher an das kleine Auto heranzubeugen. Doch mit einem Schlag lichtete sich das Dickicht. Sie war auf einer riesigen Lichtung angekommen. Diese war fast komplett kreisförmig und völlig frei von Bäumen oder anderen Pflanzen. Rundherum jedoch bildete der Wald eine undurchdringliche Wand, durch deren einziges Tor sie gerade gekommen war. In der Mitte stand ein riesiges Haus. Es war alt und schon teilweise verfallen. Einige Fensterscheiben fehlten und die schwarzen Löcher dahinter wirkten wie gierige Augen. Auf der rechten Seite musste es vor einiger Zeit gebrannt haben. Die Mauern waren teilweise verfallen und rußgeschwärzt. Doch Menschen mussten hier leben, denn hinter einem der Fenster war ein flackerndes Licht zu erkennen.
Mary nahm ihre Jacke und ihre Tasche vom Beifahrersitz. Zögernd schaltete sie die Musik, die seltsam fremd über die Lichtung hallte, ab. Dann stieg sie aus und zwang sich mit schnellen Schritten auf das Haus zuzugehen. Auf den Stufen vor der riesigen, verwitterten Tür blieb sie stehen und blickte nach oben. Eine im stummen Schrei erstarrte Fratze aus grauem Stein blickte auf sie hinab. Einzelne Nebelfetzen trieben vor ihren weit aufgerissenen Augen durch die Luft.
Schaudernd klopfte Mary gegen das morsche Holz. Als sich in dem Haus nichts rührte, drückte sie vorsichtig die verrostete Klinke hinunter. Anders als erwartet, öffnete sich die Tür vollkommen lautlos. Sie trat ein und schloss sie wieder hinter sich. Der erste Raum war ein großer Saal. Aber er war vollkommen leer. Nur eine steinerne, breite Treppe führte an der hinteren Wand hinauf. Von der Empore, auf die sie führte, gingen zwei Türen ab. Beide waren verschlossen, doch unter einer schimmerte Licht hervor. Als Mary durch den Eingang trat, lehnte eine kleine Gestalt an der Balustrade. „Hallo? Ich bin die Krankenschwester“, rief sie zaghaft. Doch die Gestalt war schon durch die dunkle Tür verschwunden. Langsam stieg Mary die Treppe hinauf, wobei ihre Schritte laut in der Leere nachhallten. Vor dem matten Lichtschimmer hielt sie kurz inne. Leise Musik klang an ihr Ohr. Es war eine ihr unbekannte, langsame Melodie, die vor Einsamkeit zu stöhnen schien. Langsam öffnete sie die Tür und trat in einen langen, dunklen Flur. Zu beiden Seiten gingen Türen ab. Am Ende des Ganges erkannte sie die Lichtquelle. Es war eine halb geöffnete Tür hinter der ein hell erleuchteter Raum lag. Sie schritt darauf zu. Im Kamin des Raumes brannte ein großes Feuer und in dem Bett daneben lag ein Mädchen, das sehr schön gewesen sein musste. Allerdings bevor es von zahlreichen Wunden übersät gewesen war.


Kapitel 3




Mary trat in das Zimmer und zog die Tür hinter sich zu. Das Mädchen schien bei Bewusstsein zu sein, doch sie starrte nur an die Decke. Ohne den Blick Mary zuzuwenden öffnete sie ihre rissigen Lippen: „Gut, dass sie da sind. Wir brauchen sie.“ Nun erwachte die Krankenschwester in Mary: „Das sehe ich.“ Rasch öffnete sie ihre Tasche und schlug die Decke des Mädchens zurück. Es trug nur ein weißes Nachthemd. Ihr gesamter Körper war von Wunden übersät. Als Mary sie untersuchte stellte sie vor allem Schnittwunden fest. Doch dann gab es da noch Bisswunden, die sie schaudern ließen. Sie waren eindeutig von einem menschlichen Gebiss. Irgendwer hatte dieses Mädchen am ganzen Körper gebissen. Zuerst hatte Mary überlegt, ob das vielleicht eine Form der Selbstverletzung war, aber die Wunden waren an Körperstellen, an die man mit dem Mund unmöglich selbst herankommen konnte.
Rasch schlug Mary die Decke wieder über den dünnen Körper und wandte sich dem Gesicht zu. Seltsame Muster waren in die Haut geritzt. Sie wirkten wie Tätowierungen. Sowohl Lippen als auch Nasenflügel waren durch mehrere Schnitte aufgeschlitzt. Nur die Augen waren unversehrt. Auf beiden Wangen spreizten sich blaue Flecken. Sie schienen Mary wie aufblühende Blumen. Doch am auffälligsten waren die beiden tiefen Bisswunden direkt unterhalb der Kieferknochen. Sie waren frisch und noch nicht einmal vollständig verschorft.
Während Marys Untersuchung sah das Mädchen weiterhin völlig unbeteiligt an die Decke. „Wie heißt du denn eigentlich?“, begann Mary. „Ich heiße Etta. Ich bin 17 Jahre alt. Ich habe keine besonderen Interessen“, das Mädchen ratterte diesen Text wie auswendig gelernt herunter. „Okay Etta, ich muss dir jetzt das Nachthemd ausziehen, um dich fertig untersuchen zu können. Kannst du versuchen dich hinzusetzen?“, Mary sprach mit sanfter Stimme auf die Verletzte ein. Wortlos schlug diese die Decke zurück, aber bei dem Versuch sich hinzusetzen, reichte ihre Kraft nicht aus. Mary half ihr vorsichtig sich aufzurichten. Dabei wurde das Laken unter dem Mädchen sichtbar. Es war vollgesogen mit Blut. Als Mary ihren Rücken untersuchte, verstand sie warum. Tiefe Abschürfungen zogen sich von den Schulterblättern bis zum Ansatz ihres Slips. Nun begann Mary sich ernsthaft Sorgen zu machen. Der Blutverlust war so hoch, dass es schon fast ein Wunder war, dass Etta noch nicht ohnmächtig war. „Wie hast du dir diese Wunden zugezogen?“, fragte sie deshalb schnell. „Ich weiß nicht. Immer wenn ich aufwache…“, murmelte das Mädchen während ihre Augen schon zufielen. Dann sank sie in sich zusammen. Mary legte sie wieder sanft auf die Matratze. Sie wusste, dass sie unbedingt professionelle Hilfe holen musste. Schnell zog sie ihr Handy aus der Hosentasche und wählte den Notruf. Doch alles, was sie hörte war ein durchdringender Piepton. Sie hatte keinen Empfang. Sie sah sich um. Von irgendwo musste schließlich auch Etta Hilfe geholt haben. Auf dem Kaminsims stand ein unglaublich altes Telefon, aber Mary erkannte schon vor dem Wählen, dass es sinnlos war es hier zu versuchen. Das Kabel war aus dem Anschluss gerissen und pendelte langsam hin und her. Verzweiflung schwappte über der Krankenschwester zusammen.
Sie zwang sich tief durchzuatmen. Irgendwo musst es noch ein Telefon geben. Ihr einziger Anhaltspunkt war die Musik, die alle Vorgänge bis jetzt untermalt hatte und nie zu verklingen schien. Mary trat wieder auf den Flur und öffnete die Tür neben dem Zimmer, wo Etta lag. Ein Windstoß riss ihr die Tür aus der Hand und diese schlug mit einem lauten Knall, der die junge Frau zusammenzucken ließ, an die Wand. Der Raum dahinter war dunkel und feucht. Da das Fenster zerbrochen war, wehte ein eisiger Luftzug daraus hervor. Schnell schloss Mary die Tür wieder. Nun folgte sie den Tönen. Bald stand sie vor einem weiteren Zimmer. Diesmal öffnete sie die Tür vorsichtig.
Die einzige Lichtquelle hier waren zwei Kerzen, die flackernde Schatten auf die Wände malten. Beide standen auf einem Flügel. Dieser war mitten im Raum aufgestellt und das einzige Möbelstück außer dem Hocker davor. Darauf saß eine gebeugte Gestalt mit dem Rücken zur Tür. Mary atmete auf: „Gott sei Dank, wissen sie ich bin die Krankenschwester. Etta geht es überhaupt nicht gut. Wir brauchen unbedingt einen Krankenwagen, um sie in die Notaufnahme zu bringen. Bei dem Telefon drüben ist aber das Kabel rausgerissen…“ Die Person am Flügel reagierte nicht. Mary trat näher. Es war eine Frau. Mary schätzte sie auf 45 Jahre. Doch tiefe Falten waren in ihr Gesicht gegraben. Sie war unglaublich dünn und knochig. Ihr ganzer Körper schien in ihrem weiten Wollpullover zu versinken. Die Schatten des Kerzenlichts tanzten über ihr zerfurchtes Gesicht. Sie bemerkte Mary nicht, sondern spielte einfach weiter. Mary trat näher an sie heran. „Bitte, sie müssen mir ein Telefon zeigen…“, doch wieder erfolgte keinerlei Reaktion. Mary legte ihr die Hand auf den Arm mit der Vermutung, dass sie taub war, doch nichts geschah. Nun packte die Schwester die Frau an den Schultern und drehte sie zu sich herum. Die Hände der Frau rutschten von den Tasten. Sie faltete sie im Schoß und hob den Kopf.
Ihre Augen waren unglaublich blass, die Iris wirkte fast genauso weiß wie der Augapfel. Doch dieser war von den roten Linien geplatzter Adern durchlaufen. Diese bildeten ein feines Netz durch das gesamte Auge. Mary starrte sie an. Ihre Gesichter waren nur Zentimeter voneinander entfernt. Doch die Frau schien durch sie hindurchzublicken. Als Mary sich von ihr entfernte, drehte sie sich wieder zu dem Instrument um, legte die Hände auf die Tasten und spielte weiter, als wäre nichts geschehen. Fluchtartig verließ Mary den Raum. Sie ging wieder den dunklen Flur entlang und durchquerte den Eingangssaal. Wieder draußen auf der Lichtung atmete sie tief durch, zog ihr Handy aus der Tasche und versuchte wieder und wieder das Krankenhaus zu erreichen. Nachdem sie sogar bis vor zur Straße gelaufen war, ohne Empfang zu haben, gab sie auf. Sie musste nach Etta sehen und versuchen ihr so gut es ging zu helfen. Rasch holte sie noch eine weitere Tasche mit Verbandszeug aus dem Kofferraum ihres Autos und ging wieder auf die Tür zu.


Kapitel 4




Bei ihrer Rückkehr ins Haus saß die Frau immer noch unbeweglich da. Ihr Blick war ins Leere gerichtet. Die Musik war nun langsam und fließend. Die Akkorde gingen ineinander über, während ihre Finger über die Tasten zu fließen schienen. Mary ging an dem Musikzimmer vorbei.
Auf dem Flur kam ihr ein kleineres Mädchen entgegen, das sie noch nicht gesehen hatte. „Hallo, Kleine. Ich fürchte, ich habe ein Problem. Etta geht es gar nicht gut und mein Handy hat keinen Empfang…“, sie wusste nicht, ob das Mädchen sie verstand und versuchte ihr Problem mit möglichst einfachen Worten zu erklären. „Ich kann hier nicht weg, solange es Etta nicht besser geht. Ich muss hier bleiben bis das Wetter sich beruhigt und ich wieder Empfang habe…“, während sie die Worte aussprach wurde ihr bewusst, dass dies wirklich ihre einzige Möglichkeit war, wenn sie das Mädchen nicht sterben lassen wollte. Sie musste in diesem Haus bleiben mit diesen Menschen, die alle mehr als seltsam waren. Bei zwei von ihnen war sie nicht einmal sicher, ob sie in der Lage waren sie zu verstehen. Und die dritte war von den verschiedensten Wunden übersät und brauchte dringend professionellere Hilfe. Und ob es weitere Bewohner gab, wusste sie nicht. Doch irgendwer hatte Etta am ganzen Körper Bisswunden zugefügt und er war sicher noch im Haus. Während Mary verzweifelt versuchte, einen Ausweg zu finden, war das kleine Mädchen beständig in Bewegung. Sie strich die Wände entlang und fuhr mit ihren Händen darüber. Als Mary sie betrachtete fiel ihr auf, dass auch sie verschiedenste Narben hatte. Auch hier waren die verschlungenen Muster ins Gesicht geritzt. Aber die Wunden waren keineswegs frisch, sondern schienen teilweise schon Jahre zurückzuliegen. Etta war also nicht das einzige Opfer. Bevor Mary dem Mädchen eine Frage stellen konnte, drehte es sich plötzlich mit einem Ruck zu ihr herum und griff nach ihrer Hand. Sie zog sie in einen Nebenflur und um zwei weitere Ecken, öffnete eine Tür und ging hindurch, die Krankenschwester immer noch mit sich ziehend. Dann erst ließ sie sie los, nahm ihr die Tasche aus der Hand, stellte sie auf den Boden und verschwand wieder vollkommen lautlos.
Mary blieb in der Mitte des Raumes stehen. Dies musste einst ein Schlafzimmer gewesen sein, doch heute war nur noch ein Bruchteil der einstigen Pracht erkennbar. Die einzigen zwei Möbelstücke, die seltsam verloren in dem Raum standen, waren mit weißen Laken verhängt. Von der Decke blätterte der Putz, auf dem noch kunstvolle Gemälde erkennbar waren. Mary legte den Kopf in den Nacken, um sie näher zu betrachten. Als sie erkannte, was hier dargestellt wurde, erschrak sie. Statt der erwarteten Landschaftsbilder zeigte die Decke einen Ort, den sie ohne zu zögern als Hölle beschreiben würde. Die fürchterlichen Wesen ansehend, musste Mary an die Fratze über dem Eingang denken. Dies war ohne Zweifel derselbe Künstler. Das kleine Mädchen hatte ihr anscheinend sagen wollen, dass dies ihr Zimmer sein sollte, solange sie hier war. Das war wohl die höchste Gastfreundlichkeit, die sie erwarten konnte.
Mary öffnete ihre Tasche, nahm einige Dinge heraus, die sie nicht brauchen würde und legte sie auf die verhängte Kommode. Schnellen Schrittes ging sie wieder in Ettas Zimmer, das nur einen Flur weiter lag.
Das verletzte Mädchen hatte nun auch leichtes Fieber bekommen und schlief unruhig. Die Decke war halb vom Bett gerutscht und entblößte den entstellten Körper. Mary reinigte und desinfizierte sämtliche Wunden. Etta wurde zeitweise kurz wach, aber sie murmelte nur unverständliche Satzfetzen, bevor sie wieder in ihre Fieberträume glitt. Als Mary jedoch die Bisswunden unter den Wangenknochen reinigte, richtete sich das schlafende Mädchen plötzlich auf und begann zu schreien. Es war ein hohes Wimmern, wie das eines eingesperrten Tieres. Sie versuchte nach der Krankenschwester zu schlagen, doch diese hielt sie mit geübten Griffen fest, zog eine Spritze aus der Tasche und injizierte ihr eine klare Flüssigkeit. Schnell beruhigte sich Etta wieder, sank auf das Kissen zurück und schlief nun tief und ruhig.
Nachdem Mary sicher war, dass das Beruhigungsmittel wirkte, beendete sie die Versorgung der Wunden. Sie deckte das schlafende Mädchen wieder sorgfältig zu und entschloss sich weiter nach einem funktionierenden Telefon zu suchen. Fürs Erste konnte sie nichts mehr für Etta tun, aber sie musste im Haus bleiben, da sich der Zustand des Mädchens in Sekundenschnelle ändern konnte. Mary verließ das einzige beheizte Zimmer und begann im gegenüberliegenden Raum. Dann arbeitete sie sich den Flur entlang in Richtung der Eingangshalle. Sie öffnete jede Tür und hinter jeder gähnte Leere. Sie fand auch ihr zugewiesenes Zimmer wieder und stellte fest, dass sie wirklich Glück gehabt hatte ein Zimmer zu bekommen in dem es Möbel gab. Erst der letzte Raum besaß noch eine Einrichtung. Es war eine Küche. Ein Herd stand an der hinteren Wand. Daneben war ein Stapel Holz aufgeschichtet, mit dem er anscheinend befeuert wurde. Die gesamte rechte Wand wurde von einem großen Tisch, der anscheinend als Arbeits- und Abstellfläche genutzt wurde, eingenommen. Darauf standen verschiedenste Kochutensilien, sowie einfachstes Geschirr und Besteck. Was Mary jedoch schaudern ließ, war ein Messer, das seltsam allein und verloren an der vorderen Kante des Tisches lag. Es war mit Blut beschmiert. Dieses war erst zur Hälfte eingetrocknet, es konnte höchstens drei Stunden alt sein.
Die junge Frau zwang sich, den Blick von der roten Flüssigkeit abzuwenden und erkannte von der Decke hängende Beutel. Darin waren verschiedenste Lebensmittel gelagert. Es waren jedoch nur haltbare Dinge, wie Nudeln, Dosengerichte und ähnliches. Mary ließ den Blick weiter wandern, doch nirgendwo war hier ein Telefon zu sehen. Sie unterdrückte den Gedanken an das blutverschmierte Messer und verließ die primitive Küche. Wenn sie ein Telefon fand, würde sie auch noch die Polizei rufen, entschied sie. Zurück in der Eingangshalle stand sie wieder auf der Empore.
Sie entschloss sich den Teil des Hauses hinter der anderen Tür zu untersuchen und öffnete sie. Als sie die Schwelle übertrat, blickte sie in stockschwarze Finsternis.


Kapitel 5




Schnell zog Mary ihren Schlüsselbund aus der Hosentasche. Daran war eine kleine Taschenlampe befestigt. Sie knipste sie an und der kleine, weiße Lichtkegel erhellte einen Gang, ähnlich dem hinter der ersten Tür. Doch dies musste der abgebrannte Teil des Hauses sein, denn die Wände und der Fußboden waren schwarz verkohlt. Weiter hinten waren sogar einige Mauern eingestürzt, wie sie es schon von außen gesehen hatte.
Mary beschloss, dass es keinen Sinn hatte weiter hinten in dem vollständig zerstörten Teil nach einem funktionierenden Telefon zu suchen und betrat das erste Zimmer. Der Raum war nicht von den Flammen erreicht worden, die Tür musste ihn geschützt haben. Auch hier gab es keine Möbel. Nur in der hinteren Ecke unter einem Spalt in der Mauer, der wohl ein Fenster darstellen sollte und mit einer Decke verhängt war, erkannte Mary so etwas wie eine Schlafstätte. Es sah aus wie ein riesiges Nest aus Kissen, Decken und verschiedenen Kleidungsstücken. In der Mitte war eine Mulde. Die Polsterung dort war leicht plattgedrückt. Hier musste jemand zusammengerollt gelegen haben. Vielleicht das kleine Mädchen oder ein weiterer seltsamer Bewohner, den Mary noch nicht kannte. Sie kehrte auf den Flur zurück.
Obwohl weiter hinten alles verbrannt war, ging Mary in diese Richtung. Eine seltsame Neugier und der Wunsch herauszufinden, was in diesem Haus passierte, zogen sie den Gang entlang. An seinem Ende entdeckte sie eine Art Loch im Boden. Im Licht der Taschenlampe waren Stufen, die in die Tiefe führten, auszumachen. Vor dem Feuer musste eine Falltür diesen unterirdischen Teil vom Rest des Hauses abgegrenzt haben, aber das Holz war den Flammen vollständig zum Opfer gefallen. Vorsichtig stieg Mary die unregelmäßig geformten Stufen aus Stein hinab. Sie kam in ein unterirdisches Gewölbe. Die Dunkelheit hier war vollkommen und der kleine Lichtstrahl ihrer Lampe irrte seltsam verloren durch die Finsternis. Sie ging ein Stück weiter hinein, wobei ihre Schritte ein lautes Echo erzeugten und sah sich langsam um. Hier unten musste das Feuer ausgebrochen sein. Der hintere Teil des Kellers war nicht von den Flammen zerstört worden während der vordere Teil mit der Treppe vollkommen verkohlt war. Wahrscheinlich hatte der Brand hier unten begonnen und hatte dann auf den oberen Teil des Hauses übergegriffen.
Dort wo die Einrichtung erhalten geblieben war, erkannte Mary eine Art Regal an der hinteren Wand. Darin waren Dutzende Gerätschaften, die ihr vollkommen unbekannt waren, sowie Behältnisse mit verschiedensten Flüssigkeiten und Stoffen gelagert. Ein ganzes Fach war mit Büchern ausgefüllt. Sie waren alt und zerfallen. Als Mary mühsam die Titel entzifferte, erkannte sie, dass es englische Bücher waren. Beim Anblick der lang vertrauten Sprache schauderte sie. Mühsam unterdrückte sie ihre Erinnerungen an die Vergangenheit und konzentrierte sich auf den Inhalt der Titel. Es waren alchimistische Bücher. Es ging um die Herstellung von Gold und dem Erlangen der Unsterblichkeit, so viel konnte Mary beim Überfliegen der Titel und Beschreibungen feststellen. Sie wandte sich ab und betrachtete die beiden Tische, die an der gegenüberliegenden Wand standen. Einer der beiden erinnerte sie an eine Mittelalterburg, die sie mal besucht hatte. An ihm waren Eisenketten befestigt, mit denen man Arme, Beine und Hals festschrauben konnte. Am Rand waren sorgfältig verschiedenste medizinische Geräte aufgereiht. Die Krankenschwester erkannte Skalpelle, wie sie in Operationen genutzt wurden. Sie waren in jeder Größe und Form vorhanden. Doch das Erschreckendste war, dass alles auf diesem Versuchstisch mit getrocknetem Blut überzogen war. Aber als Mary den Blick zum zweiten Tisch wandte, wurde ihr schlecht. Ein verkohlter Körper lag darauf.


Kapitel 6




Die Kleidung war nur noch teilweise vorhanden. Das Fleisch hatte sich in eine rohe, blutige Masse verwandelt und das Gesicht war vollkommen schwarz und verbrannt. Mary starrte die Leiche unbeweglich an. Der Mensch musste sehr groß und ziemlich kräftig gewesen sein. Wie hypnotisiert trat sie näher. Dabei erkannte sie, dass es ein Mann gewesen sein musste. Sie zwang sich die weiteren Gegenstände auf dem Tisch zu betrachten. In seinem Tod hatte er fast alles auf dem Tisch mit seinen Flammen verbrannt. Nur ein Metallkasten direkt neben seinem Gesicht war erhalten geblieben. Langsam streckte Mary die Hand danach aus und nahm ihn hoch. Es war eine Art Schatulle aus Metall und als Mary sie öffnete, kam ein Notizbuch zum Vorschein. Achtlos ließ sie die Schatulle fallen und diese kam mit einem lauten Scheppern auf dem Boden auf. Nun hielt sie nur noch das kleine Buch in der Hand. Behutsam und vorsichtig öffnete sie es. In unglaublicher klarer Handschrift waren komplizierte Formeln, Zahlen und Zeichnungen festgehalten worden. In Versuchsanordnungen erkannte Mary den ersten Tisch wieder. Nur war auf den Bildern ein Mensch darauf festgeschnallt. Die Zeichnungen waren unglaublich detailliert und genau, sie wirkten fast wie Fotografien. Als Versuchsperson war das kleine Mädchen erkennbar.
Nun verstand Mary, woher sie ihre Narben hatte. Aber warum hatte dieser Mann das getan? Warum hatte er ein kleines Mädchen verstümmelt? Hatte er wirklich gehofft die Unsterblichkeit zu erlangen? Und was war mit Etta? Ihre Wunden waren frisch und der Mann hier war schon seit längerer Zeit tot.
Mary blätterte weiter in dem kleinen Buch. Einige Einträge sprangen ihr ins Auge. Sie schienen nichts mit den Versuchen des Mannes zu tun zu haben. Die Schrift war hier nicht mehr klar und genau, sondern es wirkte als seien die Abschnitte in größter Eile geschrieben worden. Sie waren wieder in Englisch verfasst. Aufmerksam las die junge Frau.

Who am I?

I saw the mirror staring back at me,
And it told me I’m a self machine.

It said I gave you these scars,
And I gave you these wounds.
I told you the false,
And I showed you the truth.
Lonely robot in a wasteland,
Rusting in a lonely harbour.
Lonely robot in a wasteland,
Rusting in the harbour’s water.
I’m not a human if you say I’m not
I’m not a human if my engines lock
And this motor that you call my heart
Is another machine that will stop.

Der Text stand unter einer einfachen Frage. Er war in Versform verfasst. Der Inhalt zeugte von einer unglaublichen Hilflosigkeit. Trotz der unmenschlichen Versuche empfand Mary fast so etwas wie Mitleid für diesen fremden Mann, der verzweifelt versucht hatte sich selbst zu finden.
Sie las weiter.

What was my home like? Was it really my home?

In a dream it would seem,
I went to those who close the open door.
And turning the key, I sat
And spoke to those inside of me.

They answered my questions with questions,
And they pointed me into the night,
Where the moon was a star-painted dancer,
And the world was just a spectrum of light.

They reached to my centre of reason,
And pulled out the touchstone that’s there.
The shock of the light had me reeling,
And I fell into the depths of despair.

They answered my questions with questions,
And they set me to stand on the brink,
Where the sun and the moon were as brothers,
And all that was left was to think.

Auf dieser Seite des Tagebuchs waren zwei Zeitungsartikel mit einer Büroklammer befestigt.

3. Juli 1969
Psychiatrische Anstalt abgebrannt – Patienten vermisst
Bei einem Brand in der Psychiatrie von Colonsay wurde die gesamte Anlage zerstört. Im Zuge dessen werden zwei Patienten vermisst. Der Mann mit einem Alter von 32 Jahren hat braune Haare, graue Augen und ist groß und kräftig. Außerdem wird auch ein 12-jähriges Mädchen mit langen, blonden Haaren, braunen Augen und einer schlanken Figur gesucht. Die Polizei bittet um die Mithilfe der Bevölkerung.
Ob der Brand natürlichen Ursprungs war, wird noch untersucht. Es kam jedoch niemand zu schaden.

I will never come back home.

Der Artikel ließ Mary schaudern. Der Mann war aus einer psychiatrischen Anstalt entflohen. Das erklärte sein Verhalten. Doch plötzlich konnte Mary kaum noch Abscheu empfinden. Er war anders gewesen, man hatte ihn eingesperrt und er war geflohen, um seine Studien ausführen zu können.
Nun las sie den zweiten Artikel.

28. August 1969
Frau nach Unfall vermisst
In der Innenstadt von Barrackan ereignete sich gestern ein katastrophaler Hausbrand. In den Flammen starben ein Mann und zwei Kinder. Nur die Mutter überlebte, aber seit dem Abend wird sie vermisst. Die Polizei vermutet eine Flucht und hat die Fahndung rausgegeben, da ein Verdacht auf Suizidgefahr besteht.

She didn´t escape herself.
She will never come back.

Neben dem Text war ein verblasstes Bild abgedruckt. Als Mary es betrachtete, kam ihr das Gesicht seltsam bekannt vor. Es war die Frau vom Klavier. Auf dem Bild sah sie jung und hübsch aus. Nun fügten sich die Teile zu einem Ganzen zusammen. Der Mann musste nach seiner Flucht die Frau entführt haben, das bewiesen die Sätze darunter eindeutig. Dann war er wohl hierher nach Norwegen geflohen. Die Ähnlichkeit zu ihrem eigenen Schicksal erschreckte Mary. Doch im Gegensatz zu ihr hatte der Mann jemanden entführt und gequält und, anders als sie, nicht versucht sich ein neues Leben aufzubauen. Aber er war schließlich auch Insasse in einer psychiatrischen Klinik gewesen. Doch wozu hatte er die Frau gebraucht? Und wie standen die Mädchen mit dem Ganzen im Zusammenhang? Einen weiteren Eintrag fand sie noch.

What should I do? What should the world be like?

The stars are not wanted now: put out every one;
Pack up the moon and dismantle the sun;
Pour away the ocean and sweep up the wood.
For nothing now can ever come to any good.

Nun verschwanden auch Marys letzte Zweifel, dass dieser Mann verrückt gewesen war. Aus diesen Worten sprach eine unglaubliche Verzweiflung, die sie seltsam berührte. Mit einer schnellen Bewegung schlug sie das Buch zu und vertrieb die Gedanken.
Hier waren furchtbare Verbrechen geschehen. Sie musste so schnell wie möglich die Polizei holen. Die würde schon alles klären. Und solange dies nicht möglich war, musste sie sich um Etta kümmern. Entschlossen kehrte sie der Leiche den Rücken zu und kehrte wieder in den unzerstörten Teil des Hauses zurück. Sie beschloss ein weiteres Mal nach dem verletzten Mädchen zu sehen und dann das kleine Mädchen zu suchen, um mit ihr zu reden.
Als sie in das beheizte Zimmer zurückkehrte, war Etta erstaunlicherweise aufgewacht. Doch das Beruhigungsmittel verwirrte das Mädchen. Sie versuchte aufzustehen und als Mary sie zurück ins Bett drückte, wurde sie hysterisch. „Ich muss Essen kaufen gehen. Mama verhungert an ihrem Klavier, wenn ich ihr nichts gebe. Papa wird böse, wenn er nichts bekommt. Er sagt, ich bin schuld, dass alles schiefgeht, wenn ich meiner Schwester nicht ordentlich Essen gebe“, schrie sie Mary an. Ihre Augen irrten dabei orientierungslos durch die Gegend, da das Mittel ihre Sehkraft noch schwächte. Sie war vollkommen verwirrt und Mary gab ihr eine weitere Dosis, um sie ruhigzustellen. Das war zwar nicht optimal, aber sie musste das Mädchen zu seiner eigenen Gesundheit betäuben.
Doch aus den Worten von Etta hatte sie erfahren in welchem Zusammenhang die Mädchen mit dem Mann standen. Sie waren seine Töchter und die Frau war ihre Mutter. Dieser Mensch hatte alles nur Erdenkliche getan, um seine Experimente fortführen zu können. Er hatte eine Frau entführt, um mit ihr Kinder zu zeugen. Das Eine hatte er als Versuchsobjekt benutzt und das Zweite war anscheinend für die Versorgung zuständig gewesen nachdem die Mutter dazu nicht mehr in der Lage war. Etta nahm ihre Aufgabe so ernst, dass es der einzige Sinn in ihrem Leben sein musste, die Versorgung zu organisieren. Der Mann hatte die gesamte Familie wie eine Maschine aufgebaut, die einzig dazu diente seine Versuche zu ermöglichen und in der jeder seine bestimmte Aufgabe hatte. Nur die Frau tat nichts. Sie hatte sich vermutlich nach der Entführung völlig in sich zurückgezogen. Da ihre Aufgabe nur die Kinder gewesen waren, hatte er es wohl Etta überlassen ihre Mutter mit zu versorgen und für ihn hatte sie keinen Nutzen mehr gehabt. Mary verspürte leichte Bewunderung über so viel Entschlossenheit und so eine genaue Planung, obwohl seine Taten natürlich völlig unmenschlich gewesen waren.
Nachdenklich verließ sie den Raum. Auf dem Flur saß das kleine Mädchen mit angezogenen Knien an der Wand. Sie ging langsam auf sie zu. „Keine Angst, Kleine. Ich tu dir nichts. Wollen wir uns nicht ein bisschen unterhalten?“, versuchte sie ein Gespräch. Doch konnte das Mädchen überhaupt sprechen? Wenn sie nur ein Versuchsobjekt gewesen war, hatte sie es vielleicht nie gelernt. Etta hatte es schließlich können müssen, um einkaufen gehen zu können. Doch bevor Mary Näheres erfahren konnte, rappelte das Mädchen sich auf und lief unglaublich flink den Flur entlang. Mary folgte ihr um einige Ecken, doch schon bald verlor sie sie aus dem Blick. Sie war in einen Nebenflur gekommen, den sie noch nicht kannte. Die Krankenschwester öffnete eine Tür nach der Anderen und sah sich um, einerseits in der Hoffnung das kleine Mädchen wiederzufinden, andererseits aus Neugier, ob sie weitere Dinge entdecken würde, die etwas mehr Aufschluss gaben.


Zwischenspiel



Diese Frau weiß zu viel.
Doch das ist nicht mehr wichtig.
Niemand kann den Plan jetzt noch vereiteln.
Ich weiß, dass niemand meine Rache mehr stoppen kann.
Mein Leben besteht nur aus Schmerz und die Einzigen, die es hätten retten können, haben sich nie gerührt.
Jetzt werden sie dafür bezahlen.
Sie haben mein Leid nie gesehen und wahrgenommen.
Damit aber auch sie den Schmerz kennenlernen können, quäle ich sie bis in den Tod.
Und auch ich werde keine Gnade zeigen.
Es gibt nichts Schöneres, als zu sehen, wie mein Plan aufgeht.
Sie hat Angst. Solche Angst.
Ihre Furcht ist so groß, dass sie getan hat, was sie für mich nie wagte.
Die Menschen sind egoistisch. So egoistisch.
Dass sie sich nach außen gewagt hat, zeigt mir, dass ich nun beenden kann, was ich begonnen habe.
Danach werde ich endlich meinen Frieden finden. Ob lebend oder tot. Ich werde erlöst sein.
Nun nachdem die Quelle des Schmerzes versiegt ist, bleibt nur noch dieses eine zu tun.
Bei dem Gedanken schlägt mein Herz höher.
Zum ersten Mal empfinde ich Vorfreude.
Jetzt wird es sich entscheiden.




Kapitel 7



Mary stand in einem der wenigen Säle, in dem es ein intaktes Fenster gab und schaute nach draußen. Die Zeit schien zerrissen von der Stille, die im Haus herrschte. Sie ließ alles verschwimmen. Diese unwirkliche Lautlosigkeit nur untermalt von den Tönen eines Klaviers. Die Musik vertrieb die Stille nicht, sondern sie machte sie nur noch fühlbarer.
Alles Leben schein vollkommen in den Hintergrund zu rücken. Nur Worte würden es zurückrufen können. Ein Lachen würde diesen Ort in ein Paradies verwandeln. „Oft merkt man erst, wie wichtig einem Dinge sind, wenn man sie verliert“, das Zitat kam ihr in den Sinn und zum zweiten Mal in ihrem Leben schien es das Einzige zu sein, was zählte. Einmal war es ein Mensch gewesen, nun war es ein Lachen. Sobald man dieses Anwesen betrat, schien man die Fähigkeit der Freude zu verlieren.
Bei der Suche nach dem kleinen Mädchen war sie in diesen Raum gekommen. Das Fenster hatte sie wie magisch angezogen, aber sie blickte nur in das undurchdringliche Dickicht des Waldes. Der Nebel hatte sich inzwischen fast verzogen, an seine Stelle war nun stärkerer Regen getreten. Beim Blick in die endlos fallenden Tropfen waren ihre Gedanken abgeschweift. Das Schicksal dieses Mannes hatte die Erinnerungen an ihre eigene Flucht aus England zurückgeholt. Sie atmete tief durch und vertrieb die Gedanken. Sie musste sich um drei Menschen in diesem Haus kümmern bis sie in der Lage war Hilfe zu holen. Etta hatte gemeint, sie müsse Essen machen. Also würde Mary jetzt diese Aufgabe übernehmen. Nach einigem Suchen fand sie die Küche wieder und besah sich die verschiedenen Lebensmittel. Schließlich kochte sie mit einem einfachen, zerkratzten Topf Nudeln nachdem sie eine Art Fass mit Wasser gefunden hatte, das vollkommen sauber wirkte. Sogar eine Packung Salz war vorhanden. Zu trinken gab es scheinbar nur Wasser. Doch dann entdeckte Mary eine Teekanne mit ein paar seltsamen Kräutern. Bei genauerer Betrachtung identifizierte sie sie als Huflattichblätter und kochte daraus einen fast durchscheinenden Tee. Nachdem sie alles mit dem zugehörigen Geschirr auf ein Tablett geladen hatte, ging Mary, das Ganze vorsichtig balancierend, in Richtung des Klavierzimmers. Sie hatte keine Ahnung, wie sie der kleinen Schwester das Essen zukommen lassen sollte. Deshalb wollte sie zuerst mit der Mutter speisen in der Hoffnung, dass diese nun soweit auf sie reagieren würde. Vor der Tür, versuchte sie diese mit dem Fuß aufzuschieben, da sie das Tablett nicht loslassen konnte.
Plötzlich hörte sie jedoch von drinnen ein dumpfes Geräusch und eine ihr unbekannte, helle Stimme begann zu sprechen. Die Worte klangen fremd in dem Mund, so als würde sie nicht oft ausgesprochen werden und ihre Bildung wäre eine große Mühe. Wie versteinert blieb Mary stehen.
„Spürt ihr sie? Spürt ihr die Schmerzen? Spürt ihr die Hoffnungslosigkeit? Keiner kann euch helfen“, die Stimme wurde immer lauter, anfangs noch ein Flüstern war sie jetzt ein Schreien der Wut. „Ihr werdet sterben. Ihr habt gelitten und nun wird alles enden, ohne, dass ihr je Gutes erfahren habt, denn ihr habt auch selbst nie Gutes getan.“ In diesem Moment verstummte das Klavierspiel, das bis jetzt die ganze Zeit im Hintergrund weiter erklungen war. Dies riss Mary aus ihrer Starre. Sie stieß die Tür auf. „Alles habt ihr hingenommen. Nie habt ihr geholfen und jetzt bezahlt ihr dafür“, die Worte wurden stoßweise aus dem Mund der kleinen Schwester gestoßen. Als Mary eintrat stieß steckte in der Brust der Mutter das große Küchenmesser. Es war dasselbe, das blutbeschmiert in der Küche gelegen hatte. Beim Kochen war der Krankenschwester nicht aufgefallen, dass es fehlte. Entsetzt starrte sie in die blassen Augen der Frau, aus denen nun langsam das Leben wich. Dann fiel der dünne Körper langsam vornüber auf das Klavier und erzeugte einen Ton, der wie ein letzter Schrei klang.
Die kleine Schwester hatte genau wie Mary zugesehen, wie ihre Mutter starb. Dann wandte sie sich um, entdeckte die junge Frau und lachte, was aufgrund ihres entstellten Gesichts den Fratzen an den Wänden ähnelte. Immer noch lächelnd bückte sie sich zu einem Körper, der halb an das Klavier gelehnt, auf dem Boden lag. Es war Etta. Das kleine Mädchen musste sie herüber geschleppt haben, denn sie war nur halb bei Bewusstsein. Nun beugte sie sich zu ihrer großen Schwester herunter, richtete sie auf und riss ihr mit ihren Zähnen in einer unglaublich schnellen Bewegung den Hals auf. Entsetzt schrie Mary auf und rannte auf sie zu. Sie hob das Erste was ihr in die Finger kam und ließ es auf das kleine Mädchen niederfahren. Es war die Teekanne und das heiße Getränk spritzte durch die Gegend. Die Kante der Kanne traf die Schläfe des Mädchens, rutschte ab und riss den gesamten linken Teil ihres Kopfes auf. Blut strömte aus dem klaffenden Spalt. Doch sie schaffte es, den Kopf zu heben und sich aufzurichten. In ihren Augen stand unglaubliches Erstaunen, als sie rückwärts torkelte und mit dem Rücken an dem Klavier herunterrutschte. Dann lächelte sie, wobei ihre blutbeschmierten Zähne sichtbar wurden. „Ich danke dir. Du hast mich erlöst. Ich habe meine Rache vollendet und nun kann ich sterben“, mit einem Ausdruck puren Glücks stieß sie diese Worte hervor während Blut aus ihren Mundwinkeln lief. Dann hörte sie auf zu atmen und sackte in sich zusammen.
Mary war vor Entsetzen erstarrt. Dann hörte sie ein Stöhnen. Es kam von Etta. Die Haut an ihrem Hals hing noch teilweise herunter und alles war blutverschmiert. Die Krankenschwester ging neben ihr in die Hocke. Die Halsschlagader des Mädchens war durchtrennt und eine riesige Blutlache bildete sich auf dem Boden, doch die Wirkung des Beruhigungsmittels hatte komplett nachgelassen und das Mädchen war bei vollem Bewusstsein. Dennoch würde sie sterben, denn es war unmöglich den Blutverlust rechtzeitig zu stoppen. Mary nahm sie vorsichtig in die Arme. Das Mädchen öffnete die Lippen und die junge Frau beugte sich näher an zu ihr herunter, um sie besser zu verstehen. „Ich bin schuld. Ich war die Einzige, die raus durfte und das normale Leben kennengelernt hat. Ich hätte als Einzige fliehen oder Hilfe für meine Schwester Frykta holen können“, zwischen gequälten Atemzügen presste Etta die Worte mühsam hervor. „Ich bekomme, was ich verdiene“, waren die letzten Laute, die sie herausbrachte. Dann holte sie noch ein paar Mal mühsam Luft, doch ihr Atem wurde immer schwächer und verstummte schließlich ganz. Die darauffolgende Stille war noch vollkommener und schien anklagend.
Mary hockte zitternd da. Sie hielt Ettas leblosen Körper noch immer im Arm. Mit einem dumpfen Geräusch ließ sie ihn auf den Boden fallen. Sie richtete sich auf und betrachtete die Szene. Die Mutter lag immer noch auf dem Klavier. Das Blut, das langsam den Messergriff hinunterlief, färbte die weißen Tasten leuchtend rot. Doch es war vergleichsweise wenig im Gegensatz zu den Blutlachen auf dem Boden. Fryktas gesamtes Oberteil war rot durchtränkt. Sie lehnte halb sitzend an dem Klavier. Ihre Schwester lag zu ihren Füßen. Sie sahen sich erstaunlich ähnlich. Sie hatten ähnliche Gesichtszüge, die von den verschlungenen Mustern verziert waren. So hatte Frykta aus Rache Etta genauso leiden lassen, wie sie selbst immer gelitten hatte und nun lagen sie beide erst im Tod friedlich nebeneinander. Sie hatte ihre Schwester nachts betäubt, verletzt und in unglaubliche Angst versetzt, die sie so sehr hatte verzweifeln lassen, dass sie sich sogar an die Außenwelt gewandt hatte, obwohl dies im genauen Gegensatz zu ihrem ganzen abgeschiedenen Leben gestanden hatte. Das war es, was Mary am meisten erstaunte, dass Etta es geschafft hatte im Krankenhaus anzurufen. Schließlich hatte die ganze Familie trotz des Todes des Vaters weiter abgeschieden gelebt. Die Mädchen hatten ihr gesamtes Leben abgegrenzt vom Rest der Welt verbracht. Und nun würden sie auch nie ein normales Leben führen können, denn sie waren tot. Die Endgültigkeit dieses Gedankens ließ Mary erst wirklich begreifen. Die Mädchen und die Mutter waren tot. Sie würden nie wieder aufwachen und sie selbst hatte die kleine Schwester umgebracht. Sie hatte ihr Leben genommen. Panik schwappte über Mary zusammen. Sie drehte sich um und floh aus dem Zimmer. Die drei Leichen blieben zurück. Orientierungslos lief Mary durch die verwinkelten Gänge. Schließlich fasste sie sich soweit, dass sie es schaffte ihr Zimmer wiederzufinden und ihre Sachen zu nehmen. Völlig aufgelöst rannte sie aus dem Haus in den strömenden Regen. Mit ihren zitternden Fingern schaffte sie es kaum den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken. Dann fuhr sie durch das Tor im Dickicht und verließ die Lichtung endgültig.

Kapitel 8



Mary fuhr durch den strömenden Regen über den mit Schlaglöchern übersäten Weg durch das Dickicht. Ihre Hände umklammerten das Lenkrad so fest, dass ihre Fingerknöchel weiß hervortraten. Sie kam wieder auf die normale Straße durch den Wald. In dem Moment als sie ihn verließ, spaltete der erste Blitz die Wolkendecke. Die dunklen Wolken ließen den Tag zur Nacht werden. Mitten auf einem Hügel hielt die junge Frau an. Sie stieg aus und rannte mitten durch den peitschenden Regen auf das anliegende Feld. Das gesamte Grauen der letzten Stunden sammelte sich in ihr. Sie sank auf die Knie und schrie gegen den Donner an. Tränen liefen über ihr Gesicht und wurden von den Regentropfen überspült. Sie ließ sich ganz zu Boden fallen und lag in dem dunklen Schlamm, während das Gewitter über ihr tobte. Sie sah alle Ereignisse in dem Haus an ihrem inneren Auge vorbeiziehen. Immer und immer wieder sah sie die gebrochenen Augen der Toten.
Nach einiger Zeit hatte sie sich wieder gefasst und begann über ihre Situation nachzudenken. Sie hatte ein Mädchen getötet und seine Leiche lag mit drei weiteren in einem einsamen Haus im Wald. Zwei davon waren von dem Mädchen getötet worden, dessen Mörderin sie selbst war. Beim Tod des Mannes war sie nicht sicher, ob auch bei dem Brand Frykta eventuell nachgeholfen hatte. Doch vielleicht war dies auch nur ein Unfall gewesen. Das Wichtigste jedoch war, dass die Toten alle seit 17 Jahren kaum Kontakt zur Außenwelt gehabt hatten.
Erschöpft rappelte sie sich langsam wieder auf und kehrte zu ihrem Auto zurück. Auf der Fahrt zum Krankenhaus verbot sie sich jeden Gedanken. Ihre Abfahrt aus der Stadt schien Jahre zurückzuliegen. Dabei waren höchstens fünf Stunden vergangen. Auf dem Parkplatz stellte sie den Wagen an ihrem angestammten Platz ab. Beim Öffnen der Tür schlug ihr ein Schwall warmer, trockener Luft ins Gesicht. Sie ging zum Schwesternzimmer. Am Tisch saß immer noch Thea. „Oh Gott, bin ich froh, dass du da bist. Ich habe bestimmt tausendmal versucht dich zu erreichen. Was war denn los? Du bist ja ganz nass“, wieder redete sie ohne Pause. „Ich hab mich total verfahren. In diesem verdammten Wald ist nicht ein einziger Mensch und das Wetter ist eine einzige Katastrophe“, gab Mary in verärgertem, aber unbekümmertem Ton zurück.

Epilog



24. Juni 1991
Grausamer Leichenfund in verlassenem Haus
Bei der Rodung des Waldes westlich der Stadt fanden Bauarbeiter beim Abriss der alten Häuser in einem Anwesen vier Leichen. Die Polizei ermittelt nun. Drei der Toten sind laut ihrer Aussage weiblich und seit ca. vier Jahren tot. Die vierte Leiche sei männlich und schon etwa ein halbes Jahr älter. Zu den Todesursachen wurden noch keine Angaben gemacht. Auch die Identifizierung der Leichen ist noch nicht abgeschlossen. Es erreichte uns jedoch das Gerücht, dass der Mann aus einer Psychiatrie in England entflohen sei.

Quellen und Übersetzungen



Wer bin ich?
„Self machine“ von Blame Coco
Ich sah den Spiegel zurück zu mir starren
und er sagte mir ich bin eine Selbst-Maschine.
Er sagte, ich gab dir diese Narben
und ich gab dir diese Wunden.
Ich sagte dir das Falsche
und ich zeigte dir die Wahrheit.
Einsamer Roboter auf einer Einöde,
rostet auf einen einsamen Hafen.
Einsamer Roboter auf einer Einöde,
rostet im Hafenwasser.
Ich bin kein Mensch, wenn du sagst, dass ich keiner bin.
Ich bin kein Mensch, wenn meine Motoren sperren.
Und dieser Motor, den du mein Herz nennst,
ist eine weitere Maschine, die anhalten wird.

Wie war mein Zuhause? War es wirklich mein Zuhause?
“Questions” von Manfred Mann
In einem Traum würde es scheinen
Ich ging zu denjenigen, die die offene Tür schließen
Und den Schlüssel drehend, saß ich
Und sprach mit denjenigen in mir
Sie antworteten auf meine Fragen mit Fragen
Und sie spitzten mich in die Nacht an
Wo der Mond ein sterngemalter Tänzer war
Und die Welt war gerade ein Spektrum des Lichtes
Sie reichten bis zu meinem Zentrum des Grunds
Und zogen den Prüfstein, der dort ist, heraus
Der Stoß des Lichtes hatte mich schnell gedreht
Und ich fiel in die Tiefen der Verzweiflung
Sie antworteten auf meine Fragen mit Fragen
Und sie veranlassen mich, auf dem Rand zu stehen
Wo die Sonne und der Mond als Brüder waren
Und alles, was übrig war, war zu denken
Ich werde niemals nach Hause zurückkommen.
Sie floh nicht von sich aus. Sie wird niemals zurückkommen.
Was soll ich tun? Wie sollte die Welt sein?
„Twelve Songs“ von W. H. Auden
Sterne sind jetzt unerwünscht. Schaltet jeden aus.
Verpackt den Mond. Zertrümmert die Sonne.
Fegt weg des Meeres Flut. Und rodet die Wälder.
Für nichts kann es jetzt noch ein gutes Ende geben.

Impressum

Texte: Alle Rechte am Text liegen bei mir. Am Ende sind noch die Quellen und so der Zitate angegeben.
Bildmaterialien: Das Coverbild ist von: http://browse.deviantart.com/?qh=§ion=&q=piano+blood#/d88jt2.
Tag der Veröffentlichung: 01.04.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Dieses Buch widme ich meiner Schule, da ich es für sie ursprünglich geschrieben habe.

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