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Willst du den Charakter
eines Menschen erkennen,
so gib ihm Macht.

Abraham Lincoln


Bereits erschienen:

Vertraute Wesen, gefährliche Liebe –Band I
Vertraute Wesen, gefährliche Liebe – Band II Vertrauen Pferdestriegel


Infos auf: www.gerigkbuecher.de.vu

L3CRAM

Dämonenblut und das Labyrinth der Gefühle


Ein danke schön an Anja, die sich die Mühe nimmt die Bücher jeweils zu lesen. Und meiner Mutter die wohl mein grösster Fan ist.


Prolog


Wenn man sich selbst kennt, die Möglichkeit hat sein Herz zu öffnen ermöglicht es einen anderen Dich kennen zu lernen. Es sind kleine, winzige, vielleicht unscheinbare Dinge die ein Leben tatsächlich verändern und in eine andere Richtung lenken können. Eine zufällige Begegnung, ein Augenkontakt oder ein Schicksalsschlag können uns vielleicht den Weg in eine andere Richtung zeigen.
In eine Welt der Mythen und Sagen, in ein Leben das vorab kaum vorstellbar war.
Um diesen Weg einschlagen zu können muss man sein Schicksal jedoch selbst in die Hand nehmen.
Man sagt dass jeder Mensch sein eigenes Schicksal hat. Aber mit Dämonenblut in den Adern das dazu führt am Tag als Steinsäule Gargoyle auf dem Dach zu sitzen und in der Nacht als Dämon umher streift kann es einem unsinnig vorkommen überhaupt ein Schicksal zu haben.
Dieser Junge der nur eine ganze Woche im Monat zum Menschen wird aus Fleisch und Blut hört auf den Namen Lecram und ist in Canada zu Hause.
Im Prinzip ist Lecram ein ganz normaler Junge im Alter von 20 Jahren. Wobei er bis vor kurzem noch an die Schule ging und angenommen hat er sei 17 Jahre alt.
Er ist hoch gewachsen, schlank, vielleicht eine Spur schlaksig, mit halblangem dunkelblondem Haar, grünen Augen und einem stetig grüblerischen Gesichtsausdruck.
Ein gut aussehender, schlauer junger Mann.
Wäre da nicht der Umstand dass er drei Wochen im Monat als steinerner, dämonisch aussehender Gargoyle sein da sein fristet. Am Tag sitzt er als graue, erstarrte Steinsäule regungslos da und erwacht bei Sonnenuntergang. Wenn er erwacht und sich streckt klingt es nach Kieselsteinen die einen Weg entlang rollen. Die Haut im wachen Zustand eines Gargoyles fühlt sich fast an wie Leder, optisch sieht sie aus wie Stein. Bewegt er sich nicht und hat die Augen geschlossen, kann man nicht erkennen dass er gerade erwacht ist. Seine Täuschung ist perfekt. Nur seine Rubinleuchtenden Augen verraten ihn wenn er die Augen öffnet. Als Gargoyle ist Lecram etwas grösser und einiges kräftiger. Seine grüne Augenfarbe weicht einem Rubinrot das in der Nacht leuchtet und an Wänden kann er spielend hoch klettern als hätte er Saugnäpfe an seinen Händen und Füssen. Die etwas klauenartig sind. Zu seinem Glück hat er in Canada genügend Raum und Weite um nachts im Dickicht umher streifen zu können. Wenn er sich in sein Zimmer zurück zieht liest er viel und gerne. Er hat einige Bücher mit Gedichten. Denn Lyrik interessiert ihn sehr.
Lecram hasst diesen Zustand: Gargoyle!
Die Sehnsucht auf die eine Woche im Monat als Mensch leben zu dürfen hält ihn gewissermassen am Leben.
Angeblich hat ihn seine Grossmutter, die er nie kennengelernt hat, verhext. Es ist nicht so das Lecram die Geschichte seinen Eltern je abgekauft hat, doch der Umstand dass sein eineiiger Zwillingsbruder Marcus nicht dasselbe Schicksal teilt macht seine Situation nicht besser.
Es ist einfach nur verrückt. Fürchterlich. Stupid!
Dieses Ding mit Namen Gargoyle ist nicht sein wahres ich und er hofft Tag für Tag diesem Geheimnis das ihn umgibt auf die Schliche zu kommen. Die Hoffnung ist das einzige wofür es sich zu leben lohnt!
Seit Lecram denken kann ist seine Familie, von Weingut zu Weingut umgezogen. Denn seine Eltern sind darauf spezialisiert schlecht laufendes Weingut zu optimieren. Irgendwie haben sie dafür ein Händchen. Und das viele Umziehen hat ihnen nie Mühe bereitet da sie angeblich unterwegs sind um ein Versprechen einzulösen. Worum es sich bei diesen Versprechen handelt haben Adam und Liv den Zwillingsbrüdern jedoch nie erzählt. Das Leben der Familie scheint von einigen seltsamen Geheimnissen umgeben. Lecram und Marcus fanden ihr Leben stets mysteriös, schickten sich aber über die Jahre einfach hinein. Kinder sind anpassungsfähig.
Marcus lebt sein Leben in vollen Zügen, ist oberflächlich und vielleicht eine Spur arrogant. Ja, er geniesst es im Gegensatz zu seinem Bruder der seinen Dämonen in sich hasst. Genau genommen existiert Lecram gar nicht, er könnte genauso gut von der Bildfläche verschwinden. Niemand weiss von seiner Existenz! Die Familie hat offiziell nur einen Sohn.
Lecram hasst es in diesem steinernen Körper gefangen zu sein und sich nicht unter die Menschen mischen zu können. Teilweise lebt er vollkommen alleine in seiner zurückgezogenen Welt. Tatsächlich ist Lecram froh über das Internet und kann so Nachforschungen machen oder Orte kennen lernen die ihn interessieren. Auch bekommt er etwas Genugtuung während der einen Woche die er als Mensch hat. In seiner Woche als Mensch wird er zu Marcus und drückt jeweils die Schulbank da die Zwillinge, gemäss Ausweis, erst siebzehn Jahre alt sind. Dann wechselt er sein Leben mit Marcus aus und darf an die Schule und führt ein normales Leben. Während Marcus in dieser Woche völlig isoliert auf dem Weingut mithelfen muss. Lecram liebt die Schule und macht auch freiwillig als Gargoyle die Hausaufgaben seines Bruders, denn er will nicht als dummer Dämon enden. Das ist ihm zu wieder!
Wenn er schon kein eigenes Leben hat sondern das seines Bruders führen muss will er gebildet sein und die bestmögliche Ausbildung geniessen.
Viele Male hat Lecram nach Hinweisen für sein da sein gesucht aber natürlich nie etwas gefunden. So viele Fragen die ihn quälen, er behält sie einfach zurück mit der Gewissheit keine Antwort auf seine Fragen zu bekommen. Manchmal quälen ihn die unausgesprochenen Fragen und er bleibt Nächtelang weg von zu Hause. Ausser sein Bruder der Hilfe bei der Schularbeit braucht, vermisst ihn dabei selten jemand wenn er in der Dämonen Gestalt umher wandert.
Der Umzug


Eines Tages wird Lecram wieder einmal damit konfrontiert dass sie umziehen müssen. Wie des Öfteren haben Adam und Liv entschieden ohne seine Meinung dazu zu hören. Natürlich hat er schon daran gedacht ihnen den Rücken zu kehren und nicht mit zu reisen. Aber was macht das für einen Sinn, es ist die einzige Familie die er hat. Die einzigen Menschen mit denen er sich abgeben kann. Er muss sich einfach beugen!
Das bedeutet er wird wieder mal als Steinsäule reisen müssen. Was man für Geld alles bekommt ist schon bemerkenswert. Eine Steinsäule mitreisen zu lassen ist ja schon mehr als seltsam. Aber Geld regiert die Erde.
Diesmal ist ihr Ziel der Ort Wolfwille, ein Ort mit vielen Traditionen. Das einzig Gute an diesem Umzug ist das ausgerechnet am ersten Schultag seine Woche als Mensch beginnt. Er geniesst es an diesem neuen Wohnort als erster und als Mensch die neue Schule zu besuchen.
Was für eine Genugtuung! Zum Frust von Marcus.
Da sich die Brüder nicht sonderlich nahe stehen kümmert es Lecram nicht und genau hier an diesem Ort mit Namen Wolfwille soll sich das Leben der Zwillinge vollkommen verändern.
Nichts ist mehr wie es einst war!
Es beginnt damit dass er an der neuen Schule die Zwillingsmädchen Sarah und Gloria kennen lernt. Die Mädchen sind zwar Zwillinge, gleichen sich nicht im Entferntesten. Sie sind keine Eineiigen Zwillinge wie Marcus und er.
Da ist Gloria mit ihren tollen vollen blonden, fast grauen super langen Haaren und dem sexy Schmollmund und ihren sexy Kurven. Ein Mädchen das auffällt und es auch irgendwie geniesst. Wobei sie in festen Händen mit ihrem Stiefbruder Jonas steckt. Vorab muss man jedoch erwähnen dass sie nicht Verwandt mit einander sind. Und dann ist da Sarah, das zierliche, fast zerbrechliche Mädchen mit kurzen schwarzen Haaren, wundervoll geschwungenen Augenbrauen und Rehbraunen Augen und einem vollen Kussmund. Das einzige was die Mädchen gemeinsam haben ist der auffallend bleiche Teint.
Was Lecram hier erwartet hat er nicht für möglich gehalten.
Das Mädchen Sarah, das ausserdem an einer Muskeldystrophie leidet und aus diesem Grund eine Bein Schiene trägt, dringt irgendwie zu ihm durch.
Mitten ins Herz!
Mehr noch, sie ist die einzige die winzige Unstimmigkeiten zwischen den Zwillingen bemerkt und Lecram gefährlich nah kommt. So gut wie möglich wehrt sich Lecram gegen diese Gefühle die auch in ihm aufsteigen. Noch nie hat er sein Herz verloren, überhaupt daran gedacht einmal lieben zu dürfen. Bis anhin war das nur seinem Bruder vergönnt.
Sarahs Patchwork Familie unterhaltet den Tierpark den Lecram natürlich besucht, da der Park auf seiner: muss ich mir ansehen, Liste steht. Das Mädchen Sarah mit dem neugierigen Blick führt ihn durch den Park und bei der Voliere mit den Raben passiert etwas sehr Seltsames. Einer der Raben scheint mit Lecram zu kommunizieren und etwas erzählen zu wollen. Auch wenn Lecram zugeben muss etwas in seinem Kopf gespürt zu haben schiebt er diesen Vorfall wieder zur Seite. Sarah jedoch lässt den Raben, eines Tages, aus einem Bauchgefühl heraus frei. Von da an weicht der Rabe nicht mehr von Lecrams Seite, er wird zum ständigen Begleiter des Gargoyles. Gemeinsam durchstreifen sie die Nächte.
Als Dämon der Nacht stösst Lecram eines Nachts bei einem Streifzug zum Tierpark auf zwei weitere leuchtend Rubinrote Augenpaare.
Eine unglaubliche Begegnung.
Tatsächlich findet Lecram zwei Gargoyle mit den Namen Migdal und Lamos. Ein Erlebnis das jedoch zu weiteren Fragen führt. Er ist nicht der einzige dieser steinernen Art?
Wieder beginnt Lecram, während Marcus die Schulbank drückt, nach Hinweisen zu seiner Vergangenheit zu suchen und findet schlussendlich mit Hilfe der Krähe, bei Marcus im Zimmer, einen Brief der in einer seltsamen Schrift geschrieben ist. Ob sein Bruder auch ein Geheimnis hat?
Wem kann er noch trauen?
Nach einer Weile hat sich Sarah ihren Reim zu dem seltsamen Jungen Lecram gemacht und ihn gekonnt in die Enge gedrängt damit er sein Geheimnis preisgibt. Denn er mag dieses Mädchen mehr als er sollte und nun hat sie sein Geheimnis gelüftet und schreckt dennoch nicht vor ihm zurück. Im Gegenteil, Sarah kennt die Gargoyle Migdal und Lamos die den Tierpark bewachen und ist bei weitem nicht so zerbrechlich wie sie aussieht. Auch sie und ihre Familie haben ein Geheimnis das mit seinem zusammen zu passen scheint. Wie einem Puzzle das zusammen passt.
Es stellt sich heraus dass die Eltern von den Brüdern nicht ihre leiblichen Eltern sind. Diese Tatsache ist nicht tragisch, im Gegenteil die Zwillinge sind froh dass diese gefühlskalten Menschen nicht ihre Erzeuger sind.
Ihr bisheriges Leben basiert auf einer einzigen Lüge!
Aber was sollte das Ganze?
Sarah und Gloria wurden liebevoll von Maria aufgezogen die in Wirklichkeit die Mutter von Marcus und Lecram ist.
Es scheint alles so verwirrend.
Ist das alles ein Zufall? Wohl kaum, es war wohl der richtige Zeitpunkt um einander zu finden. Es kommt wie es kommen muss und die Zwillinge ziehen zu ihrer leiblichen Mutter Maria und Onkel Theo in den Tierpark. Ausserdem ist Maria fest leiert mit Benjamin, kurz Ben, der aus seiner ersten Ehe Jonas und Michael mitbringt. Sie raufen sich erstaunt schnell zusammen und leben fortan gemeinsam und gehen ihren Verpflichtungen im Park nach.
Adam und Liv haben seltsamer Weise keine Einwände!
Stück für Stück lernen die Zwillinge die Wahrheit über ihre Herkunft und staunen. Sie stammen aus der Parallel Welt mit Namen Malon und ihr Vater Aros ist ein Magier der an die ganze Macht will. Und diese Macht die zu schützen gilt ist Sarah, denn sie ist das Tor von der einen zur anderen Welt.
Der selbstbewusste Marcus geniesst sein neues Leben in dieser, vielleicht etwas verrückten Familie, mit dem Wissen dass auch in ihm Magie steckt und das gefällt ihm über die Massen. Falls diese Magie erst in Malon vollständig entfacht ist es ihm egal, er kann warten. Etwas Nachgeschmack hat zwar das Wissen dass er in Malon zur bösen Seite wechseln kann. Aber er lebt nach dem Prinzip: ein Tag nehmen wie er gerade kommt. Auch wenn das bedeutet Sarah hübsche Augen zu machen um Lecram zu ärgern.
Das kriegt er hin! Die Brüder stehen sich nicht so nah.
Lecram gesteht Sarah zwar seine Liebe zieht sich aber dennoch mehr und mehr von ihr zurück. Wie sehr hat er sich gewünscht sich zu verlieben. Doch zu sehr quält es ihn, dass er von seinem eigenen Vater mit einem Fluch belegt wurde und nur sein Partner Vermag diesen Fluch zu lösen. Das steht in dem Brief, den er bei Marcus gefunden hat, denn dieser Brief wurde von Fenia, Mutter von Sarah und Gloria geschrieben in der Hoffnung sie bekommen ihn eines Tages zu sehen. Statt Antworten auf seine Fragen zu bekommen quälen Lecram nun weitere Fragen.
Ausserdem beginnt Lecram an Dinge zu glauben die so unwirklich klingen und stellt fest dass er durch die Augen der Krähe sehen kann.
Da es Lecram nicht los lässt dass er einen Partner braucht der seinen Fluch brechen kann, sucht er seinen Partner in allem erdenklichen. Der Rabe scheint es nicht zu sein und sein Bruder? Will oder kann er nicht? Auch Sarah scheint ihn nicht erlösen zu können. Ein Teufelskreis, zu wissen dass man von dem Fluch erlöst werden kann und niemanden findet der den Fluch bricht ist hart. Dafür freundet sich Lecram mit Lamos und Migdal an.
Wenn Lamos lächelt sieht es aus als verzieht sich sein Gesicht zu einer hässlichen Fratze. Doch der Gargoyle mit der blaugrauen marmorierten Hautfarbe und dem Irokesen Haarschnitt und den fürchterlichen Klauen an Händen und Füssen ist für jeden Spass zu haben.
Ein guter, ehrlicher Freund!
Migdal ist der ernstere der beiden. Er ist sehr gross und kräftig. Ebenfalls mit schrecklichen Klauen an Händen und Füssen. Haare hat er keine, dafür einen Schwanz am Hinterteil und kleine Flügel mit denen er nicht fliegen aber gleiten kann. Er ist der Typ: Stille Wasser sind Tief. Auch Migdal ist ein unentbehrlicher Freund geworden. Von Migdal lernt Lecram vieles über die Welt Malon. Die Gargoyles erzählen ihm dass sie mit den Drachen zusammen leben im Felsgebiet am grossen Wasser. Der sogenannten Steinwüste.
Er hört auch von den seltsam wunderschön aussehenden Wesen Makiani. Grosse, schlanke Wesen mit Flügeln die ihre Hautfarbe wechseln wie ein Chamäleon. Ein Makiani, so erzählt es Maria, mit dem Namen Velis war bei der Geburt von allen vieren dabei. Denn Maria, die in Malon Daria genannt wird, und Fenia bekamen die Kinder zur selben Zeit bei den Makiani in einer Baum Höhle da sie sich von dem Magier Aros versteckten. Sie waren geflohen!
Die Frauen tauschten ihre Babys und Fenia schickte Daria mit den Mädchen in die andere Welt und blieb mit den Knaben in Malon zurück.
Natürlich ging es nicht lange bis Aros sie aufspürte. Als Aros heraus fand dass ihm einer seiner leiblichen Knaben ehrwürdig erschien und der andere das Herz von Daria zu haben schien erhob er über diesen Knaben den Dämonen Fluch. Was für ein Vater kann seinem eigenen Sohn so etwas an tun. War er derart enttäuscht über Lecram oder spürte er eine Gefahr ihm Sohn?
Um das Heraus zu finden müssen sie alle nach Malon reisen, mit dem Wissen Aros ist hinter Sarah her. Und der Ungewissheit welche Macht, in Malon, mit Marcus und Lecram entfacht wird.
Ausserdem müssen sie Fenia retten die zwar irgendwo in Sicherheit ist aber demnächst das Leben verliert da ihre Macht derart geschwächt ist. Sie hat alles in ihrer Macht dafür getan um den Fluch von Aros auf Lecram zu mildern und ihm eine Woche im Monat als Mensch verschafft. Ausserdem hat sie die Kräfte von Gloria und Sarah aufgeteilt, so dass beide überleben. Denn nach den Überlieferungen überlebt jeweils nur das Mädchen mit der Zauberkraft die zugleich zur Torhüterin geboren ist. Dafür hat Fenia Tribut bezahlt!
Migdal erzählt Lecram ausserdem auch von der guten alten Zeit der Drachenreiter. Tatsächlich besteht die Möglichkeit dass Aros auch ein Drachenreiter war. Daher nehmen Lamos und Migdal automatisch an das auch ein Drachenreiter in Lecram steckt. Diese Idee bringt Lecram zum Schmunzeln als er sich jedoch in Magie übt staunt Lecram nicht schlecht als er heraus findet das Feuer sein Element ist. Erneut ein Zeichen dass er ein Drachenreiter sein kann.
Hin und her gerissen von der aufkeimenden Liebe zu Sarah und seiner Entwicklung wer oder was er ist muss er eine Entscheidung treffen. Er muss nach Malon, ohne die neue Familie. Er muss in die Steinwüste mit Migdal und Lamos.
Das sagt ihm sein Gefühl klar und deutlich.
Mit der Gewissheit dass Sarah an seiner Liebe zweifeln wird. Ja, sie hat vermutlich Recht, er kann noch nicht. Es ist noch nicht an der Zeit.


Kapitel 1

Lecram


Ständig in Angst zu leben dass man als dämonisch, steinerner Gargoyle seine grosse Liebe verletzten könnte, sind wohl Höllenqualen. Also wählt man den, für sich, einzig logischen Weg – man geht! Auch wenn die Zukunft ungewiss scheint. Erst dann ist man vielleicht dazu in der Lage heraus zu finden wer man sein kann und in Wirklichkeit ist, muss man gewisse Opfer bringen. Auch wenn es bedeutet seine liebsten zurück zu lassen. .
Am erstaunlichsten ist für Lecram dass er seine Entscheidung nicht bereut.
Einzig dass er Sarah nicht in seinen Plan eingeweiht hat nagt an ihm. Er weiss dass er ihr einmal gesagt hat: „Du bist mein Leben.“
Doch jetzt verlässt er sie ohne mit der Wimper zu zucken.
Sarah ist Sarah, sie wird sich an diesem dünnen Strohhalm von Worten fest halten, komme was wolle. Doch er weiss nicht ob der Halm dick genug ist für das was auf sie beide zukommt. Die Welt Malon ist zum Greifen nah, und Lecram hofft auch denjenigen zu treffen der seinen Fluch aufzulösen vermag.
Also bleibt Sarah nichts anderes übrig als Lecrams bitte, ihn mit Migdal und Lamos nach Malon zu schicken, nachzukommen.
Es tut ihm leid, sagt aber kein Wort.
Sein Herz wird sie vermissen und sich auf den Tag freuen wann sie sich wieder sehen werden. Auch diese Gedanken behält er für sich. Er verliert kein Wort darüber.
Sarah formt mit ihren Gedanken, dabei werden ihre Augen ganz schwarz, eine Art transparente Blase. Im nächsten Augenaufschlag verschwinden die drei Gargoyles vor ihren Augen und ihr Herz wird schwer wie ein Stein!

Kapitel 2


Sarah

„Ich habe ihn weg geschickt, nun ist er fort“, flüstert Sarah sich zu und steht immer noch alleine auf dem grossen Parkplatz vor dem Tierpark. Ihre Arme sind verschränkt.
Genau in diesem Moment hat sie die drei Gargoyle nach Malon in ihr Land zurück teleportiert. Oder wie auch immer man es nennen möchte. Sie möchte weinen, doch es geht nicht. Zu tief sitzt noch der Schmerz.
Was hat sie bloss getan!
Es hat so lange gedauert bis Lecram seinen Gefühlen für sie nachgeben konnte. Doch nun ist er fort!
Kaum gefunden schon zerronnen. Sarah teilt wie Lecram die Liebe zu Gedichten, aber in ihrem Zustand fällt ihr auch nicht gerade das passende ein was diesen Zustand betrifft. Sarah ist wie betäubt.
Doch wie sollte sie seine Bitte ausschlagen, denn sein dämonisches Aussehen war und ist Lecram immer noch stark im Weg. Nur eine Woche im Monat als Mensch vor ihr stehen zu können macht ihn zu einem Nachdenklichen in sich gekehrten Menschen. Manchmal kann man ihn auch als melancholisch einstufen. Doch wenn Lecram lächelt wird sie einfach schwach. Es ist ein nettes, warmes und ehrliches lächeln.
Für Sarah zählt der Mensch Lecram und nicht das Dämonische Aussehen. Auch als Dämon bleibt er Lecram. Der Junge mit dem Herzen am rechten Fleck. Sein Bruder ist da anders. Ob sie Marcus je trauen kann?
Sie fühlt sich in diesem Moment verloren und einsam.
Was für eine blöde Situation. Wäre sie eine Schnecke würde sie sich in ihr Haus zurück ziehen und eine Weile dort versteckt bleiben. Aber in ihrer Patchwork Familie ist das nun mal nicht so einfach. Automatisch seufzt Sarah leise auf.
Gloria, die etwas abseits vom Hauseingang steht und alles beobachtet hat, eilt nun zu ihrer Schwester und nimmt sie wortlos in den Arm. Für gewisse Situationen braucht es einfach keine Worte. Gloria mit ihren gelockten blonden, fast grauen, Haaren ist etwas grösser wie Sarah. Die Zwillinge sind so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Trotzdem sind sie sich mehr Verbunden als Lecram und Marcus. Dankbar schmiegt sich Sarah an ihre Schwester.
„Warum ist die Krähe noch da?“ Fragt Gloria einen Augenblick später und sieht mit ihren grossen, klaren, blauen Augen dabei Sarah direkt in die Augen.
Sarah lächelt verhalten: „Durch die Krähe stehen Lecram und ich in irgendeiner Verbindung.“ Sarah sieht den Fragenden Blick von Gloria und schiebt nach, „Er denkt er kann mich durch die Augen der Krähe sehen.“
„Interessant! Der Junge Gargoyle wächst noch über sich hinaus.“ Staunt Gloria bewundernd, dabei weiten sich ihre Augen ein wenig. Trotzdem versteht Gloria nicht dass ihre Schwester sich in diesem Gargoyle verlieben konnte, da sie Lecram als sehr nachdenklichen eher Trübsal blasenden jungen Burschen erlebt hat. Spass hätte Sarah bestimmt mehr mit Marcus, da ist sich Gloria sicher. Doch da Gloria sich in ihren Halbbruder Jonas verliebt hat und somit an der Schule für genügend Gesprächsstoff sorgt, ist sie die letzte die Sarah in Sachen Liebe Tipps liefern kann. Vielleicht liegt sie ja komplett falsch!
Eines wissen sie mit Sicherheit: die Brüder sind Aros Söhne. Und das macht die ganze Situation nicht besser. Wie viel Magie in ihnen steckt ist noch ungewiss und hält Gloria auf Abstand. Vielleicht tut sie ihnen Unrecht, mag sein, trotzdem sind sie Aros Söhne. Das Aros ein grosser Magier ist der die Zwillingsmädchen in ihre Gewalt nehmen will, steht nun zweifelslos fest. Auch sie werden in geraumer Zeit nach Malon reisen und dann werden sie sehen was auf sie zukommt. Ob danach noch alles so unbeschwert sein wird wie bis anhin? Gloria denkt nicht, behält ihre Gedanken aber ausnahmsweise für sich. Also hackt sie warm lächelnd ihren Arm bei Sarah ein und gemeinsam schlendern sie zurück ins Haus.
Im Flur kommt ihnen auch schon Daria entgegen. Sie hat die Mädchen aufgezogen wie ihre eigenen Kinder. Sie ist und bleibt eine warmherzige, liebe Frau mit unglaublich tollen rot gelockten Haaren und wunderschönen grünen Augen. Eine Frau die man einfach ins Herz schliessen muss. Sarah lächelt Daria liebevoll an.
Daria hat nicht zu hoffen gewagt ihre leiblichen Söhne jemals zu finden. Dennoch muss es das Schicksal gut mit ihr gemeint haben. Doch jetzt wo ihr Sohn Lecram nach Malon gereist ist macht sich Daria natürlich mehr Sorgen um Sarah. Sie weiss wie verrückt die Beziehung zwischen Sarah und Lecram ist. Wenn man es überhaupt Beziehung nennen kann. Doch Sarah hält so fest daran. Aber so ist Sarah, wenn sie etwas im Kopf hat kriegt sie es nicht so rasch weg. Auch sie wird Zeit benötigen. Ob nach ihrer bevorstehenden Reise noch alles so sein wird zwischen den beiden wissen sie nicht. Alles ist offen, die Karten können neu gelegt werden. Diese Unsicherheit macht alle etwas Hilflos.
Also umarmt Daria ihre Sarah mit den Worten: „Möchtest du darüber reden?“
Sarah schüttelt den Kopf, verengt ihre Augen und seufzt laut: „Danke, es ist schon spät, ich gehe lieber ins Bett.“
Um ihren Worten an Ausdruck zu verleihen gähnt sie ausgiebig und denkt: dann weine mich aus…, aber diese Gedanken behält sie für sich. Etwas Zeit um sich im Selbstmitleid zu suhlen hat sie verdient.
Daria und Gloria nicken ihr verständnisvoll zu. Also geht Sarah mit den Worten: „Gute Nacht“, die schöne breite Holztreppe hinauf in ihr Zimmer um sich zurück zu ziehen. Ihr Zimmer ist hell mit hohen weissen Wänden und grossen Fenstern. Dass die Fenster so gross sind kam Lecram als Gargoyle entgegen wenn er die Wände herauf geklettert kam. Doch heute kommt er nicht, er ist in Malon.
Was sie von alledem halten soll weiss sie noch nicht. Es ist für sie nicht immer einfach das Tor zur anderen Welt zu sein. Eigentlich lebt sie in ständiger Angst das Aros sie eines Tages findet und sie als Torhüterin für seine Zwecke missbrauchen will. Was für ein dummes und absolut blödes Schicksal. Nicht nur Lecram trägt ein schweres Los!
Müde und erschöpft kuschelt sie sich angezogen in ihr Bett und hält ihr Kopfkissen fest. Leise beginnen die Tränen ihren Weg zu finden…
Der nächste Morgen kommt rascher als gewünscht. Als Sarah ihre Augen öffnet hört sie reges Treiben im Haus. Was ja logisch ist bei einer Patchwork Familie so wie sie es sind. Sie weiss genau dass bald alle Arbeiten des Tierparks an Ben und seine Söhne übergehen weil sie nicht mit nach Malon reisen werden. Einmal im Jahr reisen Daria, Onkel Theo, Gloria, sie selbst und jetzt auch mit Marcus nach Malon. Darias Lebenspartner Ben hat auch Sarah in ihr Herz geschlossen und weiss es ist für ihn und seine Söhne, Michael und Jonas aus erster Ehe, nicht einfach hier zurück zu bleiben. Doch ihre Aufgabe ist hier im Tierpark um sicher zu stellen dass alles reibungslos abläuft und das Tagesgeschäft von statten geht. Da Gloria und Jonas ein Paar sind wird der Abschied bestimmt wieder länger dauern. Sarah schmunzelt bei dem Gedanken, denn jetzt kann Sarah verstehen weshalb Gloria so lange braucht um sich zu verabschieden.
Sarah hofft inständig dass Lecram in Malon bald den Weg zu ihr Zurück findet. Gewissheit hat sie nicht!
Sie weiss nur dass er mit den beiden Gargoyle Migdal und Lamos ins Tal der Drachen und Gargoyle gereist ist. Er möchte unter seines gleichen sein…
Sarah streckt sich und wundert sich kurz dass sie noch angezogen ist. Dann erinnert sie sich und ein flüchtiges Lächeln huscht durch ihre Lippen. Für heute hat Sarah entschieden, im Trübsal zu baden und für sich alleine zu bleiben. So gut es eben in dieser Familie geht.
Also macht sie sich etwas zurecht und zieht ihre Beinschiene an die sie anscheinend doch abgezogen hat. Dann humpelt sie hinaus und geht automatisch auf den grossen Parkplatz, vor dem Anwesen, um dann in den angrenzenden kleinen Wald hinein zu stechen. Lecram war so gerne hier im Wald. Sie haben gemeinsame Zeit hier verbracht und sie kann ihn fast spüren. Erinnerungen keimen auf. Dann hört Sarah die Krähe laut krähen und ist irgendwie froh dass Lecram die Krähe hier bei ihr gelassen hat. Die Krähe erscheint ihr wie ein Teil von ihm. Ob er sie in diesem Moment durch die Krähe beobachtet? Gedanken versunken steht sie da und beobachtet die Krähe als sie zusammenzuckt weil Marcus plötzlich hinter ihr steht und sie anspricht: „Hier steckst du also Hinkebein. Hab ich mir doch gedacht.“
„Himmel, erschrick mich doch nicht so!“ Dreht sie sich in seine Richtung mit einem vorwurfsvollen Blick. Eigentlich hat Sarah gehofft ihm nicht zu begegnen da es nicht sehr hilfreich ist Marcus an zu sehen. Würde er nicht sprechen hätte sie das Gefühl Lecram stände direkt vor ihr. Was für ein blödes Gefühl. Sie schluckt leer und plötzlich fehlt ihr die Spucke.
Marcus hat seine halblangen dunkelblonden Haare nicht zusammen gebunden und sie fallen ihm wild ins Gesicht das irgendwie zu seinem Gesichtsausdruck passt. Seine grünen Augen leuchten im halbdunkeln Wald wild und Sarah empfindet ihn heute als ziemlich düster. Fast etwas mystisch. Automatisch geht sie ein paar Schritte näher an ihn heran, so dass sie unmittelbar vor ihm steht und ist überrascht zu sehen dass er Augenringe hat.
„Hast du nicht geschlafen?“ Fragt sie deshalb verwundert nach.
„Nicht sehr viel. Auch wenn Lecram und ich uns nicht so nahe stehen wie du und Gloria spüre ich schon wenn etwas nicht so ist wie es sein sollte.“
„Also weisst du dass ich Lecram mit den beiden Gargoyles nach Malon geschickt habe?“
„Verdammt Sarah, ich konnte es spüren“, erhebt er seine Stimme, „es hat sich angefühlt als – nun ja, sagen wir es hat sich falsch angefühlt. Warum hat er mir nichts davon erzählt.“
In Marcus Stimme schwingt die Verbitterung nach.
In diesem Moment fragt sie sich ob Marcus doch etwas an seinem Bruder liegt obwohl man es nicht denken würde wenn man sie zusammen sieht. Instinktiv greift sie mit ihrer rechten Hand an seine Wange und streift dabei seine Haare hinter sein Ohr und spricht sanft: „Ich habe keine Ahnung. Er hat mich auch überrumpelt. Eigentlich wollte ich sie nicht gehen lassen…, habe es aber doch getan. Entschuldige.“
Blöde Idee, schieben ihre Gedanken nach.
Marcus nimmt ihre Hand hält sie fest und sieht ihr mit starrem Blick in die Augen als würde er ihr sagen wollen er braucht ihre Fürsorge nicht.
Dennoch hat er ihr wohl etwas zu sagen.
„Er hat mir letzthin einen Brief gegeben der an dich gerichtet ist. Er meinte nur ich würde merken wann der Zeitpunkt gekommen ist, ihn dir zu geben…“ Er zieht seine Augenbraue Hoch: „ Jetzt ist wohl ein guter Zeitpunkt dafür.“
Sarah ist sprachlos, also zieht er den Brief aus seiner Hosentasche und gibt diesen dann an die überraschte Sarah weiter. Vorsichtig hackt sie nach da Marcus Blick hart wie Stein zu sein scheint: „Marcus bist du wütend?“
„Darauf kannst du Wetten! Er ist nicht planlos los gezogen wie er uns weiss machen will. Ich hätte auch gerne eine Erklärung was das alles soll.“
„Vielleicht stehen ja ein paar Zeilen für dich drin. Soll ich ihn laut lesen?“
„Nein Danke, kein Bedarf. Habe meinen Part erfüllt. Ich gehe mal besser wieder.“
Mit diesen Worten will er sich zurückziehen doch Sarah hält ihn am Ärmel fest. In diesem mürrischen Zustand ähnelt er seinem Zwillingsbruder mehr denn je. Zu gerne möchte sie seinen Zorn lindern.
„Ich kenne dich schon gut genug um zu wissen dass da noch ein anderer Schuh drückt. Spuck schon aus.“
Ja, Sarah hat ein gutes Gespür in diesen Angelegenheiten. Das hätte Marcus sich denken können. Das ist einer der Gründe die sie so liebenswert machen. Bevor sie an sich denkt und den Brief liest, möchte sie lieber ihm helfen. Typisch! Dennoch wehrt er ab: „Ich brauche deine Hilfe nicht. Schliesslich bin ich Aros Sohn und irgendwie steckt seine Magie in meinen Fingern.“
„Ist das für dich gut oder schlecht?“ Versucht Sarah das Thema vermehrt auf ihn zu lenken um mehr über ihn zu erfahren. Vielleicht ist es an der Zeit zu verstehen wer hinter der Fassade Marcus steckt.
„Zur Hölle!“ Seine Augen funkeln wild: „Woher soll ich das wissen“, wirft er seine Hände in die Höhe, „Wir wissen nur das ich dich wohl oder übel zu Aros bringen werde. Das haben mir meine Zieh Eltern Adam und Liv prophezeit! Hurra, freue dich doch mit mir. Ich bin der Bösewicht in dieser Geschichte.“
„Ob das die Wahrheit ist wissen wir doch nicht.“
Zucken ihre Schultern entschuldigend auf. Sie kann verstehen dass es ihn belastet.
„Trotzdem stelle ich mich darauf ein so oder so der böse Junge zu sein.“ Rümpft er seine Nase: „Ist mir ehrlich gesagt auch egal denn irgendwie spüre ich dass da etwas Böses in mir schlummert. Passt bloss auf, seid auf der Hut!“
„Willst du mich dann in Malon entführen? Oder wie stellst du es dir denn vor? Schon einen Plan zu Recht gelegt?“ Ist sie etwas schnippisch denn wenn sie schon beim Thema sind will sie ihn nun ganz aus der Reserve holen!
Marcus wirft seine Arme entrüstet in die Höhe und als die Hände auf seine Hosenbeine aufschlagen gibt das einen dumpfen Ton. Dann sieht er sie direkt an und spricht sanfter aber ernst: „Du hast Recht, du… bist mein Problem. Und nein, einen Plan gibt es nicht. Sollte mal darüber nachdenken. Danke für den Tipp.“
„Ich verstehe nicht…, ich dein Problem?“ Schüttelt sie ihren Kopf und ihre Wangen röten sich ein wenig da sie nicht versteht weshalb sie das Problem sein soll.
Also schiebt Marcus nach: „Du weisst ich mag dich mittlerweile ganz gut leiden. Wir sind fast“, seine Augen weiten sich, „so was wie Freunde geworden.“
Dabei lächelt er warm und Sarah schnürt es die Kehle zu, genau in diesem Moment scheint es fast so als stehe Lecram vor ihr. Bizarr! Marcus lächelt selten so warmherzig er ist mehr der kühlere, überhebliche.
Trotzdem betont sie: „Wir sind Freunde.“
Marcus lacht laut auf.
„Mein Gefühl sagt mir dass ich dich an der Stelle meines Bruders beschützen werde. Jede Faser an meinem Körper will dich beschützen. Wenn dir was zustösst verzeihe ich mir das vermutlich nie. Sarah, du bist ein Bemerkenswerter Mensch.“
Bei diesen Worten schluckt sie leer, das sind starke Worte und viele Gefühle von denen sie noch nichts gewusst hat, darum fragt sie sanft nach: „Aber warum bin ich dann dein Problem?“
Marcus fährt mit der rechten Hand durch sein Haar. Er sucht nach den passenden Worten, wenn es die überhaupt gibt.
„Ich zweifle ob ich dich beschützen will weil du meine Freundin bist oder einfach nur weil ich die Bestimmung habe dich zu Aros zu bringen. Vielleicht ist unsere Freundschaft nur schein und nicht Wirklichkeit. Würde ich dich nicht kennen würde ich mich nicht diesen Tatsachen stellen müssen.“
„Klingt ziemlich abgefahren und kompliziert.“
„Sag ich doch“, lächelt Marcus endlich wieder weich.
„Marcus, wir werden erst in Malon sehen was mit uns passiert. Vielleicht entfacht sich dort deine Magie und vielleicht ist Lecram nicht mehr derjenige der er hier war. Wir haben keinen Plan. Wir müssen es nehmen wie es kommt. Ein Schritt nach dem anderen. Hab etwas Vertrauen in dich und mich – uns allen.“
„Es ist also alles offen und du rechnest einfach mit allem möglichen?“
„Nein, ich rechne nicht mit allem möglichen. Sonst wären wir nicht mehr befreundet. Im Moment vertraue ich dir, und nur der Moment zählt für mich. Ich sage nur, es ist alles noch sehr ungewiss aber gib die Hoffnung nicht auf dass sich alles zum Guten wendet.“ Sie sieht im tief in die Augen um ihren Worten an Kraft zu verleihen.
„Lecram hat Recht.“ Sieht er lächelnd in ihre wunderschönen Rehbraunen grossen Augen. Ihre kurzen schwarzen Haare runden ihre feinen Gesichtskonturen hübsch ab.
„Womit hatte er Recht?“ Ist sie zu Recht neugierig und weiss dass Marcus mit dieser Frage rechnet.
„Du bist einfach unglaublich.“ Grinst er nun schief und sieht dabei umwerfend aus. Wieder bleibt Saras Mund trocken und sie würde ihm am liebsten um den Hals fallen lächelt jedoch nur verlegen und ist überrascht dass er in ihr solche Gefühle wecken kann. Als sie ihren Blick gelöst hat, hackt sie nach: „Soll ich den Brief doch laut lesen?“
Damit hat sie das Thema hoffentlich in eine andere Richtung gelenkt.
„Schon O.K.“ Schüttelt er seinen Kopf ein wenig, „er ist an dich gerichtet. Meine Wut ist so gut weg. Vielleicht hat es ja auch einen Grund warum Lecram so handelt wie er es eben getan hat. Er ist der schlauere von uns beiden.“
Mit seinem rechten Zeigefinger stupst er sie kurz auf ihre Nase die sich sofort kräuselt.
Jetzt grinst er wieder breit und seine Augen blitzen schelmisch auf und ja, so kann Sarah erkennen dass Marcus vor ihr steht und nicht Lecram.
Dann fügt Marcus hinzu: „Hinkebein, ich bin bei Theo und helfe ihm im Tierpark falls du mich brauchen solltest. Du weisst schon, im Trost spenden und Bett Angelegenheiten bin ich recht akzeptabel und zuverlässiger als mein Bruder.“
„Nettes Angebot“, schmunzelt sie, „Hau schon ab“, lacht sie nun offen und ist irgendwie froh dass er seine Form wieder gefunden hat. Manchmal ist es schwierig seinem Charme zu wiederstehen, wie sie eben selbst festgestellt hat. Als er weg ist, sieht sie sich das Couvert an. Ein einfaches weisses schlichtes Couvert mit ihrem Namen darauf. Es ist schon erstaunlich an was ihr Trübsal blasender Freund alles gedacht hat. Was hat er bloss für einen Plan?
Warum hat er einen Plan?
Marcus hatte wohl Recht, Lecram ist nicht einfach so kurzfristig los gezogen, er hatte es wohl schon länger geplant und nur die Gargoyles mit einbezogen. Darüber staunt sie und ist auch etwas endtäuscht. Sie überlegt wo wohl der geeignete Ort ist um den Brief zu öffnen und entscheidet sich dann doch für ihr Zimmer.
Zurück in ihrem Zimmer lümmelt sie sich auf ihr Bett. Dabei nimmt sie ein Kissen auf ihren Schoss, nimmt den Brief aus dem Couvert und legt ihn auf das Kissen vor ihr. Dann beginnt sie leise zu lesen:
Sarah, bitte entschuldige dass ich dich mit meinem Vorhaben so überfahren habe. Es tut mir unendlich leid!
Du kennst mich, wenn du mich zwei vielleicht drei Mal gebeten hättest zu bleiben wäre ich vielleicht nicht gegangen. Doch ich spüre dass diese Vorzeitige Reise für mich persönlich sehr wichtig sein wird. Ich möchte wissen zu was ich alles fähig bin.
WER ICH BIN.
Migdal und Lamos sind überzeugt dass ich ein Drachenreiter bin. Klingt für mich noch unglaublich abstrakt und unwirklich.
Vielleicht auch für dich!
Eines weiss ich mit Sicherheit: Aros ist tatsächlich der letzte Drachenreiter. Ich muss wissen was es bedeutet ein Drachenreiter zu sein. Muss wissen was Aros, mein Vater, getan hat. Ich möchte seine Tat verstehen und vielleicht auch meinen inneren Frieden finden. Du siehst es gibt für mich viel aufzuholen.
Ob du dieses Wissen über die Drachenreiter an Marcus weiter geben möchtest oder nicht liegt an dir. Es ist mir egal.
Jetzt bin ich kein Mensch sondern der Dämonisch aussehende Gargoyle mit den leuchtend roten fremden Augen. Du weisst ich hasse diesen Teil an mir zu tiefst. Was es bedeutet in Malon, bei Migdal und Lamos, ein Gargoyle zu sein möchte ich einfach erleben. Vielleicht fühle ich mich besser unter gleich gesinnten Dämonen meiner Art. Ich muss ehrlich zu dir sein, ich kann dir nicht sagen wann wir uns wieder sehen werden. Darum mache ich keine Versprechungen.
Autsch das sitzt, Sarah seufzt kurz auf und liest weiter.
Du musst darauf vertrauen dass meine Liebe zu dir aufrichtig ist, auch wenn es manchmal nicht so scheint. Ich trage dich in meinem Herzen überall und zu jeder Zeit. Vielleicht werde ich irgendwann in der Lage sein deine Liebe zu erwidern. Wenn du wütend bist oder deine Liebe zu mir sich in nächster Zeit verändert, mach dir keinen Kopf. Es kommt wie es kommen muss und ich werde es annehmen wie es dann sein wird.
Dein Lecram
Sarah legt den Brief zur Seite und sitzt einfach da, staunt, und trotzdem fühlt es sich an als hätte Lecram mit ihr Schluss gemacht bevor es überhaupt richtig begonnen hat.
Im Moment steckt sie im Gefühlschaos fest.
Wirklich erfreut ist sie nicht darüber dass Lecram ihr das mit dem Drachenreiter verheimlicht hat. Nicht dass es sie etwas anginge. Doch, es betrifft die ganze Familie.
Sie dachte dass in einer Beziehung wie ihrer über alles gesprochen werden kann. Nach diesem Brief zu urteilen ist es nicht sicher ob sie ihn wieder sieht und sie spürt genau dass er sich nicht an die Abmachung halten wird. Wenn er nicht der Gargoyle ist wird er ihr als Mensch Lecram wohl nicht ins Elbenreich folgen wie abgemacht. Für sie fühlt sich Liebe dumm, schmerzhaft und endtäuschend an. Sarah wischt sich eine Träne aus dem Gesicht. Und doch ist sie froh dass er ihr diesen Brief hinterlassen hat. Wenigstens hat er Rückgrat. Sie ist hin und her gerissen ihm Vorwürfe machen zu wollen um ihn gleichzeitig in Schutz zu nehmen. Eine seltsame Grundlage für eine Beziehung. Also bleibt ihr nichts anderes übrig als Gedanken versunken da zu sitzen und aus dem Fenster zu schauen. Dabei sieht sie die Krähe vorbei fliegen und hebt die Augenbrauen.
Ober ihr wohl ab und an durch die Augen der Krähe zu sieht? Dann klopf es an ihrer Zimmertüre.
„Komm rein“, ruft sie so laut dass man sie sicherlich hören kann. Zu ihrem Erstaunen stehen Gloria und Daria in der Türe. Eigentlich ein schönes Gefühl wenn Mitmenschen sich um einen sorgen. Das nennt man wohl Familie.
„Ist bei dir alles in Ordnung“, fragt Daria vorsichtig und schliesst dabei leise die Türe hinter sich.
Gloria setzt sich einfach neben ihre Schwester aufs Bett und scheint sich zu fragen warum Sarah da einen Brief neben sich hat. Auch Daria kommt näher heran.
Also erklärt Sarah etwas erschlagen: „Es geht mir gut. Lecram hat mir einen Abschiedsbrief da gelassen.“
„Ist ja nett“, lächelt Daria verhalten, die ihre Söhne noch kaum kennt.
„Wusstest du das Aros ein Drachenreiter war?“ Ist Sarahs Frage natürlich an Daria gerichtet.
„Hä“, hören sie Gloria die überhaupt nichts versteht und Sarah drückt ihrer Schwester den Brief zum Lesen in die Hand. Daria lehnt sich an den gegenüber liegenden antiken Schreibtisch und möchte auf die Frage antworten: „Nun ja, in der Zeit in der ich mit Aros zusammen leben musste ist mir nichts derartiges aufgefallen. Gerüchte darüber sind mir jedoch öfters zu Ohren gekommen, ja. Aber es gab keine Anzeichen dass die Gerüchte der Wahrheit entsprachen.“
„Was für Gerüchte?“ Versteht Gloria immer noch nicht und gibt den gelesenen Brief an Sarah zurück. Glorias Gesichtsausdruck hat einen fragenden Blick.
Also holt Daria weiter aus: „Die bediensteten sprachen davon dass seltsamer Weise alle Drachenreiter nach einander verschwanden. Mitsamt ihren grossen Drachen. Sie wurden nie mehr gesichtet. Aros Drache soll ihm den Rücken zugewendet haben. Warum, weshalb habe ich nicht erfahren. Ich wusste ja noch nicht mal ob das überhaupt die Wahrheit ist. Ich selbst habe noch nie einen Drachenreiter kennen gelernt. Dachte ich zumindest…“
„Was tut denn so ein Drachenreiter“, ist Gloria immer noch neugierig.
„Keine Ahnung“, winkt Daria ab und Sarah schiebt nach: „Genau das möchte Lecram wohl heraus finden.“
„Du meine Güte, hoffentlich ist das nicht zu gefährlich“, spricht nun doch die fürsorgliche Mutter aus Daria.
Gloria und Sarah schmunzeln.
„Na dann macht Lecrams vorzeitige Abreise ja halbwegs einen Sinn. Find ich gut dass er dir diesen Brief geschrieben hat auch wenn es hart für dich ist.“ Ist Gloria ehrlich und ja, so empfindet Sarah eigentlich auch. Schliesslich ist sie ja nicht die einzige die betroffen ist. Daria hat ihre beiden Knaben erst gefunden und muss einen bereits wieder ziehen lassen. Sarah bewundert Daria.
Da vorerst alles gesagt scheint, beschliessen die drei einen Happen Essen zu gehen. Nach und nach sitzt bald die ganze Familie am Tisch und sie besprechen die letzten Vorbereitungen. So wie die Dinge jetzt stehen werden sie wohl in ein oder zwei Wochen nach Malon abreisen können. Sie sind immer noch davon überzeugt zu Glorias und Sarahs Vater Tarak ins Elbenreich zu reisen. Sie halten an diesem Plan fest und die Mädchen freuen sich auf ihren Elbischen Vater und das besondere Natur verbundene Volk. Sie kehren gerne zu ihren Elbischen Wurzeln zurück. Auch wenn sie keine spitzen Ohren haben und ihre Haut nicht ganz so blass ist können sie ihre Herkunft nicht leugnen. Gloria noch weniger wie Sarah da sie mit ihren blonden fast grauen Haaren schon eine gewisse Ähnlichkeit besitzt.


Kapitel 3

.Sarah

Die nächsten Wochen vergehen wie im Flug, alle sind emsig wie Bienen und die Abreise steht quasi vor der Türe.
Jeder hat eine Aufgabe die noch zu erfüllen ist.
Nur Marcus verhält sich in letzter Zeit etwas sonderbar. Nicht offensichtlich, trotzdem fällt es Sarah auf dass er ab und an einfach von der Bildfläche verschwindet. Gerade so wie es ihm passt und niemandem so wirklich auffällt.
Ausser Sarah!
Natürlich fragt sie sich was er in dieser Zeit wohl treibt. Er gibt ihr Rätsel auf. Aus diesem Grund hat sie beschlossen ihn heute zur Rede zu stellen. Als sie an der Tierparkkasse Feierabend hat will sie zu Marcus und sucht ihn zuerst in seinem Zimmer. Wie es sich gehört klopf sie an und hört ihn, zu ihrem Erstaunen, rufen: „Hinein in die gute Stube.“
Er scheint gut gelaunt, also öffnet Sie die Türe, hinkt hinein und bleibt erstaunt stehen. Da steht Marcus stolz und breit grinsend vor ihr mit einer völlig neuen Frisur!
Seine schönen halblangen Haare sind einfach weg und nun trägt er einen trendigen Kurzhaarschnitt. Da Sarah keinen Ton raus bringt ist Marcus derjenige der das Schweigen bricht: „Hallo Hinkebein, wolltest du was?“
„Was ist das da?“ Zeigt sie mit der rechten Hand auf seine Haare.
„Man nennt es Kurzhaarfrisur.“
„Warum in aller Welt tust du so etwas“, versteht Sarah die Welt nicht mehr und das spiegelt sich wohl auch in ihrem Gesicht wieder.
„Du bist sicherlich wegen etwas anderes zu mir gekommen. Meine Frisur ist ja wohl keine grosse Diskussion Wert!“
„Ist sie wohl“, dementiert sie.
„Nein“, legt er ein paar Kleider in eine Tasche die er offensichtlich nach Malon mitnehmen möchte.
Sarah sieht dass er abblockt. Seine ganze Haltung ist streif und arrogant, daher lenkt sie ab: „Eigentlich wollte ich bloss Fragen wie es dir geht.“
„Gut“, fällt er ihr ins Wort und packt noch ein paar Dinge ein. Sarah muss sich etwas einfallen lassen und spricht sanfter: „Eigentlich wollte ich wissen warum du in letzter Zeit irgendwie von der Bildfläche verschwindest. Wenn dich was bedrückt bin ich für dich da.“
Nun hat sie seine Aufmerksamkeit und er legt sein Zeug auf die Seite um sich ganz zu ihr hin zu drehen. Sein Gesichtsausdruck ist nicht wütend aber irgendwie sieht er gereizt aus. Vermutlich sieht sie ihn immer noch seltsam an aber sie kann ihren Blick nicht von ihm nehmen und mustert ihn.
„Hinkebein, vielleicht habe ich noch diverse Dinge zu erledigen bevor wir nach Malon reisen. Schon mal daran gedacht?“
„Durchaus. Haben wir ja alle. Doch ich finde dich ab und an einfach nicht. Wo steckst du in dieser Zeit? Und dein Handy nimmst du auch nicht ab.“
Marcus steht es im Gesicht geschrieben dass sie ihn nervt, also geht er mit den Worten: „Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig“, aus dem Zimmer.
Sarah hinkt ihm nach, so einfach will sie ihn nicht gehen lassen. Er hat seinen eigenen Charakter und seinen eigenen Kopf das weiss sie wohl. Doch ihr Gefühl sagt ihr klipp und klar da ist was im Busch und dem möchte sie auf den Grund gehen. Langsam fragt sie sich ob auch Marcus einen Plan zu Recht gelegt hat!
Marcus geht Schnur stracks in den Tierpark und Sarah ruft ihm nach: „Jetzt bleib mal stehen, das ist doch idiotisch!“
Abrupt bleibt er stehen, dreht sich in ihre Richtung und wartet bis sie bei ihm angekommen ist. Sein Blick ist vorwurfsvoll.
„Deine Art und Weise ist auch Idiotisch. Lass mich einfach in Ruhe!“ Motzt er sie an.
„Was habe ich dir denn getan? Ich wollte nur wissen aus welchem Grund du ab und an verschwindest und du deine Frisur geändert hat.“ Ja, vielleicht hat sie ihn doch etwas überfahren mit ihrer Neugierde. Auch wenn ihm die kurzen Haare auch gut stehen muss sie sich gestehen dass sie auf die längeren Haare mehr steht.
Unbemerkt setzt sich die Krähe auf die nächste Sitzgelegenheit die sich bietet und beobachtet nun die beiden eingehend. Dabei hält sie ihren Kopf schief. Es scheint fast so als würde Lecram durch ihre Augen unbemerkt zu sehen.
Sarah hört ein leises: „Krah“, und sieht dann rasch zu der Krähe hin und lächelt automatisch. Tatsächlich fühlt sie sich heute beobachtet.
Nun ist Marcus neugierig: „Warum lächelst du?“
„Die Krähe, sie scheint uns zu beobachten. Sie sie dir an. Da es bereits Abend ist könnte es durchaus sein dass Lecram uns in diesem Moment durch die Krähe zusieht.“
„Durch die Augen der Krähe. Irgendwie gruselig.“ Rümpft er die Nase und sieht dann von der Krähe zu Sarah: „Und du denkst ich hätte Probleme?“
„Keine Ahnung, du bist einfach anders als sonst.“
Marcus spürt dass Sarah nicht locker lässt. Natürlich tut sie das nicht, das ist nicht ihre Art.
„Ich erledige meine persönlichen Dinge auf meine Weise. Da bin ich dir echt keine Rechenschaft schuldig. Du vertraust mir nicht.“
„Du hast Recht. Entschuldige“, sieht sie ihm in die Augen, „Aber warum sind die Haare weg?“
„Sieht’s so schlimm aus?“ Er sieht ihr ebenfalls direkt in die Augen und Sarah schmunzelt: „Natürlich nicht, doch die längeren Haare standen dir auch gut.“
„Hinkebein, du willst also die Wahrheit komme was wolle, du lässt nicht locker. Stimmt’s?“ Er sieht sie immer noch an und Sarah nickt. So langsam scheint er sie auch zu kennen. In ihrem Hals steckt schon wieder so ein Knoten fest.
Seine Augen blitzen auf. „Also gut…, die Wahrheit. Ich hielt deine seltsamen Blicke nicht mehr aus. Anscheinend denkst du andauernd an Lecram wenn du mich ansiehst. Kann ich ja verstehen, aber das geht so nicht.“
Sarah staunt, denn wenn das stimmt hat sie das nicht mit Absicht gemacht. Ihre Augen weiten sich etwas.
Aber ja, die Brüder sind nun mal eineiige Zwillinge daher wird man automatisch an den anderen erinnert. „Meinetwegen sind die also Haare weg.“ Spricht sie ihre Gedanken laut und nachdenklich aus. Dabei bekommt ihre Stirn falten. Ob das wirklich stimmt?
„Du wolltest es genau wissen. Ich möchte dass du uns auseinander halten kannst“, seufzt er auf, „ausserdem möchte ich das du mich so magst wie ich bin. Ich bin nicht Lecram! Ich werde nie wie er sein…“
„Wer bist du denn ohne deinen Zwillingsbruder? Sag schon, wer ist Marcus?“
„Ich bin selbstsüchtig, denke an erster Stelle nur an mich selbst und in Malon mutiere ich zu einem fürchterlich schrecklich bösen Magier.“ Schmunzelt er bei seinen Worten, dabei zieht sich seinen rechten Mundwinkel schief nach oben und sieht einfach unglaublich gut aus. Findet Sarah.
„Starke Eigenschaften“, grinst Sarah und ist froh über den Verlauf ihres Gespräches. Auch wenn er vielleicht, aber nur vielleicht, nicht die Wahrheit gesagt hat ist sie gewillt ihn, in diesem Moment damit durch kommen zu lassen.
„Komm wir gehen ein paar Schritte“, sagt er immer noch lächelnd und Sarah nickt. Dann bietet er ihr seinen Arm an damit sie einhängen kann…, sie nimmt an und die Krähe folgt ihnen schweigen. Die beiden schlendern durch den Park gerade an den Wölfen vorbei als Sarah beiläufig erklärt: „Das ist Lecrams Lieblingsplatz.“ Dabei zeigt sie auf die Sitzbank die etwas abseits liegt um die Wölfe zu beobachten.
„Erstaunlich.“ Meint Marcus.
„Wieso?“
Die beiden bleiben vor dem Wolfsgehege stehen.
„Ein Rudel Wölfe beinhaltet ein intaktes Rudel verhalten. Da gibt es immer einer der stärker ist als die anderen und der dann das Rudel anführt. Unser Vater ist auch so ein macht besessener Rudel Anführer der alles unter Kontrolle haben will und Lecram findet das gut? Schon mal ein paar Gedanken darüber gemacht?“
Sie staunt. „Nein“, flüstert sie leise, darüber hat sie sich echt noch nie Gedanken gemacht, da sie das noch nie so gesehen hat. Was für erstaunliche Gedankengänge die Marcus da macht. Aber warum stiftet Marcus gegen Lecram an, darüber muss sie auch noch nachdenken.
Sie schlendern langsam weiter zum Haus zurück und Sarah fragt nach einer Weile: „Bist du startklar für die morgige Reise nach Malon?“
„Ich denke schon. Soweit ist alles geklärt und ich bin gespannt was für ein Abenteuer auf mich zukommt.“
„Du hast keine Angst?“
„Man kann keine Angst haben wenn man nicht weiss worauf man sich einlässt.“
„Du musst nicht mit uns mitkommen, ich hoffe das weisst du.“
Marcus zieht die Schulter hoch.
„Es ist meine Heimat. Vielleicht ist es gut zu wissen wo die eigenen Wurzeln sind.“
„Vielleicht auch nicht“, ergänzt Sarah und Marcus lacht kurz laut auf. „Ja, vielleicht auch nicht.“
Dann gehen sie gemeinsam und gut gelaunt ins Haus zurück. Auch die Krähe lässt sich auf einen Ast nieder und putzt ihre Federn.


Lecram

Lecram sitzt regungslos mit geschlossenen Augen in einer Höhle auf einem kalten bräunlich, Gold schimmernden aussehenden Stein. Lediglich seine Augenlieder bewegen sich ab und an und scheinen zu arbeiten. Nach einer Weile öffnet der steinern aussehende Gargoyle die Augen und muss sich zuerst an das schummrige Licht in der Höhle gewöhnen. Sarah hat zu Recht gespürt dass er ihnen zugesehen hat. Ja er beobachtet sie so viel wie möglich.
Sein Gesicht bleibt regungslos und ernst. Leise seufzt er auf und fragt sich ebenfalls aus welchem Grund sein Bruder diese Verwandlung gemacht hat. Sein Bruder scheint plötzlich nett und einfühlsam, so gar nicht seine Art. Nachdenklich beisst er sich auf die Unterlippe. Kann er Sarah an seinen Bruder verlieren?
Als sein Blick auf den kleiner eher winziger Drache unterhalb des Steines fällt muss er jedoch schmunzeln. Dieser kleine Drache ist etwas grösser wie eine Ratte und schnurrt wie eine Katze. Es ist der Drache den Fenia durchs Tor in den Tierpark zu Sarahs Familie geschickt hat. Lecram weiss dass Fenia ihre letzte Kraft dazu verwendet hat um ihm zu zeigen dass er mehr ist als „nur“ der Gargoyle. Er hat sich immer als schrecklich einsam gefühlt und unverstanden. Ausserdem war er immer hässlich. Doch hier ist er einer von vielen und wird akzeptiert, ja er hat sogar Freundschaften geschlossen. Lecram kennt Fenia nicht persönlich, sie hat ihn ein Leben lang in seinen Träumen begleitet daher weiss er das Fenia eine unglaubliche Frau sein muss. Ihre Töchter sind auf jeden Fall genauso bemerkenswert.
Sarah gerade gesehen zu haben tut gut und ist gleichermassen schmerzhaft. Ob sie spüren kann dass es ihm gut geht und er sich hier bei den Gargoyles wohl fühlt?
Hier ist er kein Aussenseiter, hier ist er einer von vielen. Was aus ihm und Sarah werden soll? Ihre aufkeimende Liebe hat keinen Sinn, das sagt ihm sein Verstand, das Bauchgefühl weigert sich jedoch noch dem Verstand nach zu geben. Bevor seine Gedanken weiter wandern hört er den grossen Gargoyle Lamos rufen: „Leeeeeecram, wir möchten Feuerball spielen und brauchen dich. Interessiert?“
Das ganze dämonische Gesicht von Lecram strahlt an den Gedanken daran dass er dieses Spiel sozusagen erfunden hat. Durch seine Gabe als Drachenreiter kann er die Feuerbälle so gestalten dass auch die anderen Gargoyles die Feuerbälle halten können ohne sich direkt daran zu verbrennen. Vermutlich sieht dieses Spiel in der Nacht auch noch sagenhaft schön aus. Ja, er ist im Vorteil durch seine Gabe mit Feuer hantieren zu können. Sehr gerne spielt er im Team mit Lamos da er dessen Sohn: Venez unglaublich gerne mag. Es gibt nicht viel Nachwuchs bei den Gargoyles, darum ist Venez so einzigartig. Sogleich hört Lecram die kräftige hellere Stimme von Venez: „Leeeeeeeeee, kommst du?“
Glücklich lächelnd holt Lecram Luft und schreit mit seiner rauen Stimme: „Schon unterwegs!“
Dann schnellt er behände auf und geht unglaublich zügig durch die dunklen Gänge dem Ausgang zu. Der kleine Drache folgt ihm auf den Fersen und schnaubt dabei laut. Und ja, er hat sich irgendwie verändert.


KAPITEL 4

Sarah

Nun ist es so weit.
Maria, Marcus mit Sarah und Gloria stehen im Gewölbekeller und sind bereit für die etwas spezielle Reise nach Malon ins ungewisse. Auch die Krähe ist darunter, sie sitzt auf Marcus Arm. Bloss Onkel Theo kommt doch nicht mit auf die Reise. Zu viele Dinge müssen hier im Tierpark gemacht werden ohne Aufsehen zu erregen. Darum haben sie gemeinsam beschlossen dass er mit Ben und den Söhnen zurück bleibt.
Sie haben das Kellergewölbe zur Abreise gewählt damit sie kein Aufsehen erregen um das Tagesgeschäft im Tierpark im Gang zu halten. Soweit läuft alles nach Plan! Sarah ist jedoch zwiespältig. Einerseits freut sie sich auf Tarak, ihren Vater. Auf der anderen Seite ist diese leere, diese Ungewissheit. Wie jedes Mal vor dieser Reise ist sie etwas nervös, lässt es sich jedoch so gut wie möglich nicht anmerken.
Während die anderen sich von Ben, Michael und Jonas, sowie Theo verabschieden beginnt sie sich auf ihre Fähigkeiten zu konzentrieren.
Natürlich dauert die Verabschiedung länger, das hat sie sich ja schon gedacht und hat genügend Zeit um sich auf ihre Gabe zu konzentrieren. Es ist für sie persönlich eine riesige Verantwortung sie dort hin zu bringen wo sie auch sollte. Als sie ihre innere Ruhe gefunden hat sieht sie in die Gesichter der anderen. Alle spüren die Veränderung die bevorsteht und niemand kann Versprechungen machen was die Zukunft bringt. Auch Gloria hasst es von Jonas getrennt zu werden doch auch sie muss sich schlussendlich los reissen. Schlussendlich fällt ihr Blick auf Marcus der gelassen da steht. Er steht einfach da mit einem schelmischen breiten Grinsen und beobachtet auch sie. Was das schon wieder zu bedeuten hat? Automatisch zieht sie nachdenklich ihre Augen zusammen. Für Marcus ist es die erste Reise in seine Heimat die ihm so Fremd sein wird und doch spürt sie wie gelassen er ist. Da Marcus Magie besitzen muss sieht die Krähe bei ihm irgendwie „logisch“ aus. Normaler Weise würde sie sich den Kopf über ihn zerbrechen, doch jetzt ist nicht der Zeitpunkt. Also konzentriert sie sich wieder.
Dann ist es endlich soweit und es kann los gehen. Die vier reisenden stehen, mit ihrem nötigsten, nah bei einander.
Ben mit seinen Söhnen und Onkel Theo ziehen sich zurück. Sie bleiben nicht damit sie Sarah nicht ablenken und Sarah schätzt diese Geste sehr. Keiner spricht mehr ein Wort. Ihre Blicke sagen mehr als Worte. Also beginn Sarah sich zu konzentrieren, atmet laut und regelmässig bis sie mit ihrem Inneren im Einklang ist.
Auch die Krähe scheint regungslos da zu sitzen, als wüsste sie worum es geht.
Kurze Zeit später formt Sarah wieder einmal mit ihrem Geist die Schutzhülle um sie herum die aussieht wie eine übergrosse Seifenblase die bunt schimmert.
Marcus, der diese Situation zum ersten Mal erlebt ist fasziniert von dieser durchsichtigen, Perlmutter Farben schimmernden Blase. Als könnte Sarah Gedankenlesen haut sie ihm leicht auf die Finger.
„Fass es nicht an und steh still.“ Faucht sie ihn leicht lächelnd an und Marcus sieht zu wie sich Sarahs Augen schwarz verfärben und beim nächsten Augenaufschlag sind sie weg! Genauso wie sie beieinander standen, stehen sie auch jetzt noch. Nur sind sie nicht mehr im Gewölbekeller sondern stehen in einer kleinen Waldlichtung. Umgeben von vielen grossen Nadelbäumen. Sarah ist etwas müde und erschöpft, weiss aber aus Erfahrung dass sich dieses Gefühl rasch legt.


Marcus

Just in diesem Moment trifft Marcus eine Art unsichtbare Welle die in ihn einzudringen scheint. Die Welle trifft ihn so hart dass er zurücktaumelt und seine Beine nachgeben. Er findet sich im Gras hockend wieder und sieht verdattert zu den anderen auf.
„Verdammt-“ Was war das, schieben seine Gedanken nach!
„Die erste Reise kann einen schon mal umhauen“, grinst Gloria und hält ihm die Hand entgegen um Marcus auf zu helfen.
„Ich fühle mich wie von einem Zug überrollt“, lächelt auch Marcus wieder, nimmt Glorias Hand und grinst schief als er wieder auf den Beinen steht.
Er fühlt sich seltsam stark und kräftig als könnte er einen der Bäume mit blossen Händen ausreissen. Er lässt sich jedoch nichts anmerken und streift sich lediglich den Dreck von der Kleidung. Er fühlt augenblicklich wie sich die Magie in seinem Körper ausbreitet. Ein Gefühl das er vorerst besser für sich behält..
Natürlich sind ihm die Blicke von den Zwillingen nicht entgangen. Er geht jedoch nicht darauf ein. Wozu auch! Er muss zuerst selbst heraus finden was diese Macht für ihn bedeutet. Etwas Seltsames zerrt an ihm. Als könnte er Aros, seinen Vater, hören der nach ihm ruft.
Ob er diesem Ruf wiederstehen kann?
Wiederstehen will?
Schliesslich fällt sein Blick wieder auf Sarah und Gloria. Die beiden sehen ihn argwöhnisch an. Ja, vielleicht können auch sie die Veränderung spüren. Gut möglich. Seine Mutter Maria ist da anders, sie lächelt ihn liebevoll an und wünscht sich bestimmt nur das Beste für ihn.
Unterdessen freut sich die Krähe wohl auch wieder zu Hause zu sein und kreist laut und ungestüm am Himmel. Sie kreischt ein paarmal laut auf und fliegt dann in langen Flügelschlägen davon.
Sarahs Blick ist weiterhin auf ihn gerichtet. Marcus spürt dass Sarah ihn am liebsten aus fragen möchte. Das ist ihm doch etwas unangenehm. Zu seinem Glück kommt muss er sich nicht rechtfertigen da plötzlich ein schlanker Mann am Anfang der Lichtung steht und langsam schreitend näher kommt. Er hat lange schwarze Haare und wohl dunkle Augen. Marcus findet ihn sehr bleich und die dunklen Haare unterstreichen dies zusätzlich. Seine Haut ist makellos blass und seine Gesichtszüge sind fein, fast feminin. Und die Ohren sind tatsächlich leicht spitz wie Marcus erzählt wurde. Marcus staunt und geht davon aus das es sich hier um Tarak, den Vater von Gloria und Sarah handelt. Denn Gloria und Sarah strahlen in die Richtung des Elben, bleiben aber an Ort und Stelle stehen.
Tarak bewegt sich sacht, leicht, voller Anmut und doch schnell. Er trägt keine typischen Hosen oder ein Shirt so wie Marcus es kennt. Tarak trägt weite, weisse oder Elfenbein farbige Hosen und ein langes ebenfalls weites Oberteil in derselben Farbe. Die ganze Erscheinung von Tarak wirkt mystisch, fast so als gleite er über die Wiese ohne eine Spur zu hinterlassen. Wäre es Nacht und Nebel würde aufsteigen ginge Tarak wohl auch als Vampir durch, an diesen Gedanken gefesselt muss Marcus ein wenig grinsen. Die Gefühllosigkeit der Anwesenden irritiert Marcus jedoch etwas, automatisch zieht er verwundert seine Brauen zusammen und wartet gespannt.
Als Tarak bei ihnen ankommt sieht Marcus verwundert zu wie seltsam diese Begrüssung von statten geht. Keine wilden Umarmungen! Die Begrüssung der Familie ist sehr ruhig und wird lediglich durch ein kurzes Kopfnicken bestätigt. Das scheint wohl so ein Ritual bei den Elben zu sein. Maria hat ihm schon mal davon erzählt. Davon zu hören und es selbst zu sehen ist ganz was anderes.
Dann hört er die dunkle, klare und melodische Stimme Taraks: „Seid willkommen…, Daria, du hast einen deiner Söhne gefunden? Ich bin über die Massen überrascht.“
„Ich grüsse dich Tarak, Sohn des Melborn.“ Dann folgt ein Kopfnicken von Daria: „Sie haben den Schritt unbewusst in unsere Richtung gemacht, der Rest war Schicksal. Das ist Marcus.“
Dabei lächelt sie Marcus liebevoll mit einem Hauch von stolz an. Ja, seine Mutter ist schwer in Ordnung und ausserdem sehr hübsch. Auch Marcus erwidert automatisch das Lächeln seiner Mutter.
Daria erklärt weiter: „Mein zweiter Sohn Lecram ist bereits in Malon. Lecrams Weg führt ihn zuerst in die Steinwüste zu den Gargoyle und Drachen.“ Sie seufzt kurz leise auf,
„Wir haben dir sehr viel zu erzählen.“
„Faszinierend.“ Dann lächelt Tarak offen in die Runde: “Ich heisse euch alle in den Wäldern von Trisyt willkommen.“
Natürlich begutachtet Tarak das neue Familienmitglied eingehend. Taraks Blick ist ganz und gar auf Marcus gerichtet, das Marcus durchaus etwas unangenehm ist. Zumal Tarak ihn so offensichtlich mustert. Bevor Marcus etwas sagen kann sieht er wie sich Taraks Augen plötzlich verändern. Die braunen Augen färben sich schwarz, ja, sogar die weisse Augenhaut verfärbt sich schwarz. Genauso wie er es bei Sarah sah bevor sie die Welt wechselten. Bevor Marcus verstehen kann was in diesem Moment geschieht ruft Sarah kurz und bestimmt auf:
„Vater, Nein!“
Sofort werden die Augen wieder klar und Tarak sieht regungslos zu seiner Tochter. In diesem blassen Gesicht mit den feinen Gesichtszügen spiegelt keine Regung und Marcus kann nicht deuten was in diesem Mann da gerade vor geht.
Da Tarak kein Wort spricht ist es Sarah die ihr Wort an Tarak richtet: „Bitte lass uns voreingenommen an diese Sache ran gehen. Ohne seine Einwilligung ist es nicht fair. Ich bitte dich darum!“
Tarak nickt und macht Anstalten zu gehen. Spricht aber immer noch kein Wort. Marcus findet die Situation mehr als merkwürdig und das spiegelt sich wohl in seinem Gesicht wieder. So hat er sich die Erste Begegnung mit Tarak nicht vorgestellt. Tarak ist wohl sehr Wortkarg!
Schlussendlich nehmen alle ihre Taschen und folgen Tarak, also tut es Marcus auch und staunt wie sie, im Gegensatz zu Tarak, Fussspuren in der Wiese hinterlassen. Tarak scheint keine Spuren zu hinterlassen und Marcus muss gestehen dass dieser Elb etwas Gespenstiges an sich hat. Er fühlt sich wie in einem schlecht inszenierten Gruselfilm. Nur der Schock Moment fehlt irgendwie noch, die Spannung wäre da! An diesen Gedanken geheftet muss er jetzt wieder leicht schmunzeln. Seine Fantasie geht wohl mit ihm durch.
Sarah lässt sich dann auf Marcus Höhe – der das Schlusslicht bildet- zurück fallen. Das kommt ihm gerade entgegen, darum lächelt er sie an als er nachfragt:
„Was war das mit seinen Augen?“
Bereitwillig erklärt Sarah: „Psychomotorische Fähigkeiten! Tarak hat die Gabe deine momentanen Gedanken zu lesen. Dafür brauchst du ihm nur deine Einwilligung zu geben.“
„Oh also doch ein Freak…“, flüstert er und kombiniert dann laut, „deine Augen haben sich auch verfärbt kurz bevor wir hier angekommen sind. Kannst du das auch?“
Nun hört er sie leise seufzen. Da hat er wohl einen wunden Punkt getroffen.
„Ich habe nicht dieselbe Gabe wie mein Vater. Ich erfasse die Gedanken lediglich in der reisenden Zeit vom einen zum anderen Ort.“
Marcus weitet seine Augen, na das sind ja Neuigkeiten!
„Und wie lange dauert so eine Reise?“
„Lange genug“, lächelt Sarah und hüllt sich in Schweigen. Marcus Augen verengen sich und er fragt sich was er in diesem Moment wohl gedacht hatte.
Hat er sich verraten? Hat sie von seinem Vorhaben etwas in Erfahrung gebracht? Spürt sie seine Magie?
Wortlos geht die Gruppe weiter. Sie laufen immer noch den Weg entlang der mittlerweile durch einen kleinen Waldstreifen mit vielen Nadelbäumen führt. Als sie dem Weg hinaus finden und auf einer kleinen Anhöhe stehen bleiben, bietet sich Marcus ein unglaubliches Bild und Tarak klopft ihm mit den Worten: „Willkommen im Elbenreich Trisyt, Aros Sohn“, auf die Schulter.
Vor sich sieht Marcus ein ebenes weitläufiges saftig, grünes Tal mit vielen verschlungenen, eher in einander findenden kleinen Flüssen. Zwischen den Flüssen stehen vereinzelte Häuser. Alle Häuser sind weiss und schlicht. Ziemlich in der Mitte steht das grösste Haus. Marcus muss sich gestehen das hat er sich nicht annähernd so wundervoll vorgestellt und ist positiv überrascht. Vielleicht ist es hier doch nicht so schlimm wie er sich ausgemalt hat. In diese Welt wurde er ja hinein geboren. Die Erde war nur ein Aufenthalt auf Zeit um einer Bestimmung zu folgen. Das kann er jetzt genau spüren.
Als sie den Pflasterstein Weg, der in das Dorf führt, weitergehen sieht er dann das rege Treiben in den verschiedenen kleinen Gassen. Obwohl hier fleissig gearbeitet wird ist es erstaunlich ruhig. Auch er spricht immer noch kein Wort und ist fasziniert von den schlanken, blassen Elben mit den spitzen Ohren. Die meisten Elben haben blondes, fast weisses oder gräuliches Haar das silbern glänzt so wie das Haar von Gloria, ausser ein paar wenigen so wie Tarak. Alle Elben haben diese blasse fast purpurne Hautfarbe und tragen diese weissen Gewänder.
Die Gruppe geht weiter an etwas vorbei das für Marcus so aussieht wie eine Töpferei. Auch eine Mühle kreuzt ihren Weg und einmal scheinen sie bei Elben vorbei zu gehen die Pfeil und Bogen herstellen. So scheint es zumindest für Marcus. Auch Pferde scheinen hier im stetigen gebrauch zu sein, sowie kleine Bote auf den Flüssen oder Bächlein. Bewundernd lässt er seinen Blick schweifen. Jedoch findet er es auch ungewohnt an einem Ort zu sein wo es keinen TV zu geben scheint und auch keine Autos als Fortbewegungsmittel im Gebrauch stehen. Marcus steht auf die Zivilisation und den Fortschritt, ob er hier klar kommt weiss er noch nicht. Irgendwie fühlt er sich wie ein einem Film. Schlussendlich kommen sie an ein kleines Haus und Tarak spricht zu Maria und Marcus wieder mit seiner dunklen, klaren, melodischen Stimme: „Hier seid ihr zu Hause, solange ihr wollt.“ Dann sieht er zu seinen Töchtern: „Ihr habt bestimmt viel zu erzählen.“
Tatsächlich kann Marcus beobachten dass diesen Tarak endlich ein Lächeln im Mundwinkel erahnen lässt. Die Mädchen nicken einstimmig und lächeln zufrieden. Danach zieht sich Tarak mit seinen Töchtern zurück und richtet zuvor noch eine Frage an Daria: „Daria, wir begrüssen eure Ankunft heute Abend beim Tanz. Fühle mich geehrt über eure Anwesenheit. Ihr habt mir sicherlich auch vieles zu erzählen.“
„Wundervoll, das verpassen wir keineswegs. Die Freude ist auch auf unserer Seite. Wir freuen uns“, ist Marias Antwort.
Nur Marcus steht immer noch verloren da, aber das scheint niemanden zu stören. Die Worte wir freuen uns, hallen noch in seinem Ohr. Ob seine Mutter da nicht zu voreilig war?
Als Tarak und die Mädchen gegangen sind gehen er und Daria in das kleine Haus. Von aussen wirkt es kleiner als es tatsächlich ist. Es hat drei Schlafzimmer ein Wohnzimmer mit offenem Feuer das wohl zugleich auch die Küche zu sein scheint. Zumal die daneben hängenden Töpfe lassen darauf schliessen. Mit dem einzigen was Marcus wirklich Mühe bereitet ist die Sanitäre Einrichtung Namens: Plumpsklo und einer Art Not-Waschgelegenheit. Marcus rümpft automatisch die Nase, verliert aber kein Wort darüber. Sein Gesicht spiegelt jedoch seine Abneigung.
Eklig, sind seine Gedanken!
Was ihm hingegen gefällt sind die Holz Möbel, das gibt dem ganzen etwas wärme. Die Zimmerverteilung ist rasch geregelt und Maria möchte von natürlich ihrem Sohn wissen: „Wie gefällt es dir hier?“
Soll er nun lügen oder bei der Wahrheit bleiben?
„Nun ja, ich bin das erste Mal im Mittelalter. Kann ich dir also noch nicht genau sagen.“
Grauenhaft! Aber das behält er für sich.
Maria lacht kurz auf: „Man gewöhnt sich rasch daran und keine Bange…, in der Stadt Veram ist es deutlich zivilisierter.“
Er lächelt aufgesetzt. Na, wenigstens hat sein Vater Aros etwas mehr Stil, ein Hoffnungsschimmer…
„Wo Steppt hier denn bitteschön heute Abend der Bär?“ Ist Marcus neugierig wo sich hier das Partyleben abspielt. Schliesslich hat er was von einem Tanz gehört. Maria sieht ihn nur argwöhnisch an, aus diesem Grund fragt er: „Nennen dich hier alle Daria?“
„Ja, das ist mein Geburtsname. Aber du kannst mich nennen wie du möchtest.“
„Alles klar M u t t i.“ Er grinst frech und sie kichert auch.
„Komm, setzt dich hin.“ Fordert Daria ihren Sohn auf gemeinsam an den runden Holz Tisch, zu sitzen der in der Wohnküche steht und wohl zugleich auch der Esstisch zu sein scheint.
„Sind alle Elben so blass und dünn?“ Stellt Marcus gleich die nächste Frage.
„Alle Elben haben eine blasse Erscheinung und sind sehr feingliedrig. Sie haben durchaus sehr feminine Züge. Falls es dir nicht aufgefallen ist hast du die auch.“
„Willst du mir damit etwas sagen?“
„Willst du es denn wissen?“
„Ist es denn von Bedeutung?“
„Vermutlich nicht.“
Er winkt ab: „Nein, kein Bedarf.“ Er will keinen Ballast mit sich tragen der Sinnlos ist.
„Unterschätze die Elben nicht. Sie sind sehr gute Jäger und sehr Natur verbunden. Sie haben ein ausgesprochenes gutes handwerkliches Geschick. Ausserdem sind sie ausgezeichnete Bootsbauer und Seeleute. Kriege verabscheuen sie in der Regel.“
„Bauern also.“ Rümpft er die Nase. „Wir sind in einem Bauernkaff gelandet!“ Bringt er es auf den Punkt. Na Bravo, dort wollte er ja schon immer mal hin!
Maria mahnt und ihre Worte sind scharf wie Rasierklingen: „Pass gut auf junger Mann. Die Elben halten nicht viel von Hochmut. Begegne ihnen mit Freundlichkeit und Achtung. So werden sie auch mit dir umgehen. Sie geben dir hier ein zu Hause wenn du es wünscht. Bedingungslos und zu jeder Zeit. Du bist hier willkommen. Nimm es nicht als selbstverständlich, zeige Respekt.“
„Darum war Tarak auch so begeistert mich, Aros Sohn, zu sehen! Alles klar.“ Sein Blick ist hart.
Tarak schien nicht sehr erfreut über seinen Besuch, da kann seine Mutter erzählen was sie will!
„Er beschützt nur seine Töchter, das ist verständlich.“ Erklärt Daria.
So gesehen hat sie wohl Recht.
Daria erzählt weiter: „Das Elbenvolk von Trisyt lebt hier in der durch die Flüsse bezogene grosse Ebene. Sie sind oft sehr schweigsam, ihre tiefen und sicherlich intensiven Gefühle kann man nur schwer an die Oberfläche bringen. Aber wenn sie feiern sind sie ziemlich zwanglos. Um sich zu begegnen und Freundschaften zu festigen tanzen sie bei vielen Gelegenheiten, so wie heute Abend.“
„Welche Gelegenheit bietet sich heute?“
„Unsere Ankunft wird besiegelt.“
„Oh…“, hat er nun echt keine Ahnung was er davon halten soll. Etwas seltsam ist es schon. Aus welchem Grund auch immer sie eine Party halten wollen, ihm kommt es gelegen. Automatisch spiegelt sich ein Lächeln auf seinen Lippen. Daria muss ihrem Sohn das Leben hier genauer erklären: „Marcus, sie tanzen nicht so wie du es kennst“, nicht schon wieder, scheint sein Gesichtsausdruck wieder zu spiegeln und Daria ergänzt: „Es sind Tänze mit gewissen Schrittfolgen die ein Gegenüber benötigen.“
„Alle in einer Reihe gegenüber der Partner so wie ich es in den alten Filmen bereits gesehen habe? Wir sind eben doch im Mittelalter angekommen.“ Seine Begeisterung hält sich in Grenzen versucht es aber seiner Mutter gegenüber nicht offen zu zeigen.
„Du bringst es auf den Punkt.“ Gibt sie klein bei.
„Freue mich“, lügt er seine Mutter nicht sehr überzeugend an. Dabei setzt er ein künstliches lächeln auf.
„In dem Schrank in deinem Zimmer liegt bestimmt etwas Passendes für dich zum Anziehen. Aus Respekt würde ich dir Raten es zu tragen. Da ich hier einige Freunde habe verlasse ich dich nun einen Moment. Ich würde dir raten dich etwas hinzulegen, es könnte ein langer Abend werden.“
Als sie aufsteht wuselt sie fröhlich und gut gelaunt über seine kurzen Haare: „Steht dir übrigens gut“, und geht dann Wortlos hinaus.
Als sie die Türe hinter sich schliesst fährt er mit seinen Händen über sein Gesicht und spricht leise zu sich selbst: „In welche Scheisse bin ich da nur geraten.“
Er ist sich längst nicht mehr sicher dass er mit dieser Reise das richtige getan hat. Bis jetzt ist er nicht davon angetan. Was wollte er hier nochmal genau? Langsam steht er auf und geht in sein kleines Zimmer, nimmt dabei sein Handy aus der Hosentasche und schaut automatisch nach ob er empfang hat.
Natürlich nicht, das hätte er ja wissen müssen!
In diesem Mittelalter gibt es so was nicht!
Aus Endtäuschung schmeisst er es an die nächste Wand wo es dann krachend auseinanderfällt und am Boden liegen bleibt. Endtäuscht lässt er sich auf sein Bett gleiten das natürlich knarrende Laute von sich gibt. An liebsten würde er mit seinen Freunden Chèn und Leon rum hängen und ein paar Mädels klar machen. Hier scheint das nicht drin zu liegen. Marcus schüttelt leicht seinen Kopf, schliesst die Augen und denkt sich einen Plan aus wie er hier schnellstmöglich wieder weg kommt. Er fühlt sich nicht mit dieser Welt verbunden. Nur das seltsame Gefühl dem Ruf seines Vaters zu folgen ist in diesem Moment verdammt attraktiv. Mal sehen ob sich die Magie Übungen auf der Erde, die er ihm geheimen gemacht hat, gelohnt haben. Fast wäre Sarah ihm auf die Schliche gekommen, cleveres Mädchen. Also macht er vom Bett aus eine kurze Handbewegung und die offene Zimmertür schliesst sich von selbst. Marcus ist beeindruckt von seiner neu erworbenen Gabe und grinst schief. Wenigstens etwas dass sich positiv geändert hat. Die Magie ist spürbar und lässt sich hier in Malon einfacher handhaben. Vielleicht ist ja doch nicht alles so schrecklich. Ja, er kann die Macht spüren die durch seinen Körper fliesst.
Etwas später hört er dass seine Mutter zurückgekommen ist, also steht er auf und will sich die Sachen anziehen von denen Daria gesprochen hat. Darum macht er die Schranktüre auf und staunt nicht schlecht. Darin findet er Hosen und ein Oberteil das dem ähnelt was Tarak an hatte. Leider ist es nicht weiss oder pastellfarben. Irgendwie lässt sich die Farbe nicht eindeutig zuweisen. Sie schimmert Perlmutterfarben mit einem Hauch von lila? Wie süss!
Er fragt sich ob er sich das wirklich antun muss!
Diese Farbe ist ihm definitiv zu süss und geht gar nicht.
Wenn er sich an die Worte von Daria erinnert von wegen Respekt und so: „Tja, da muss ich wohl oder übel durch.“ Redet er sich kopfschüttelnd ein.
Kurze Zeit später ruft Daria, wie erwartet, auch schon nach ihm. Also tritt er stolz aus dem Zimmer mit einem aufgesetzten lächeln. Was er zu sehen bekommt ist Daria die sich sozusagen auch in Schale geworfen hat. Sie ist komplett in Weiss gehüllt. Feine weisse edle Stoffe die ihrer Figur schmeicheln und sie sehr elegant aussehen lassen. Bevor er ein Wort sagen kann klopft es bereits an der Eingangstüre und Daria öffnet sie da sie eh gleich daneben steht. Da ist nun Tarak, auch in einem Hauch von lila, anmutig in der Türe und nickt ihnen zur Begrüssung freundlich gesinnt zu. Es ist wohl an der Zeit das Haus zu verlassen. Hurra!
Draussen staunt Marcus dann nicht schlecht. Wie es scheint geht die ganze Stadt zur gleichen Zeit los. Aus allen Häusern kommen die Elben und gehen gemeinsam den Pflastersteinweg wo sie nach der Ankunft auf Malon entlang gegangen sind. Marcus beobachtet dass die Männer alle dieselbe süsse Farbe tragen und die Frauen sind fast vollständig in weiss gekleidet.
Stehen hier alle auf diese unmöglich süsse Farbe?
Als er Gloria sieht fallen ihm fast die Augen aus. Sie trägt etwas ganz eng anliegendes das ihre wunderschönen Kurven toll zur Geltung bringt. Über diesem weissen, engen etwas, trägt sie so was wie ein weisser durchsichtiger Bodenlanger Umhang. Wenn er es nicht besser wüsste könnte man meinen sie sei eine Fee. Er fand sie schon immer heiss, doch jetzt ist sie einfach umwerfend!
„Du siehst einfach umwerfend aus“, haucht er ihr ins Ohr. Und das ist nicht gelogen. Gloria lächelt ihn kurz verführerisch an: „Danke“, und hackt dann kommentarlos bei ihrem Vater ein.
Danach sucht Marcus nach Sarah, die er tatsächlich nicht auf Anhieb findet. Bis sein Blick auf ein zierliches Mädchen fällt das einfach Sarah sein muss. Sie ist ebenfalls weiss gekleidet in einem sehr luftigen fast durchsichtigen Kleid. Natürlich ist es nicht durchsichtig aber irgendwie lässt es für seine Fantasie extrem viel Spielraum. Ausserdem trägt sie wunderschöne grosse Ohrringe und ist wundervoll und doch dezent geschminkt. Ansonsten wirkt sie unscheinbar und etwas burschikos. Doch hier ist sie weiblich und sinnlich. Also das hat Lecram wohl die ganze Zeit in ihr gesehen. Seine Augen weiten sich automatisch vor Staunen.
Als Sarah ihn auch erblickt kommt sie lächelnd auf ihn zu. Dabei weht ihr Kleid elegant und Marcus ist unglaublich fasziniert und irgendwie befangen. Sein Bruder verpasst da wirklich etwas und das bringt ihn doch automatisch wieder zum Schmunzeln. Er hat seine Form wieder gefunden.
„Die Farbe steht dir ausgezeichnet. Du musst sie nur würdevoller und überzeugender tragen“, lächelt Sarah ihn offen an als sie bei ihm angekommen ist.
„Zur Hölle…, du siehst fantastisch aus.“
„Danke für das Kompliment, darf ich bei dir einhängen?“
„Unbedingt…, Hinkebein“, grinst er sie schief an denn tatsächlich fühlt es sich gut an eine so hübsche Frau neben sich zu wissen. Der Abend scheint wohl voller Überraschungen zu sein.
Sarah sieht ihn gut gelaunt von der Seite an und wird automatisch an Lecram erinnert. Als könnte er Gedankenlesen: „Bin ich ein guter Trostpreis“, fügt er an.
„Durchaus, recht akzeptabel.“
„Sprechen hier alle so geschwollen?“
Sarah schmunzelt: „Nicht geschwollen, mit einem Hauch von Anerkennung.“
„Ist nicht ganz mein Ding, Lady Sarah.“ Lächelt er, ist aber tatsächlich befangener in ihrer Nähe als auch schon.
Die Krähe ist zurück von ihrem Ausflug und fliegt ihnen wie immer unbemerkt nach und beobachtet alles ganz genau.
Kurz bevor sie auf der Lichtung im Wald ankommen möchte Sarah ehrlich wissen: „Hat dich die Magie erreicht?“
„Lassen wir das Thema. Geniessen wir lieber den Abend. Wenn Lecram dich so herausgeputzt sehen könnte würde er sich in den Arsch beissen dass er nicht dabei ist.“
Sarah seufzt leise auf. Geht aber auf sein Ablenkungsmanöver nicht ein. Sie sagt einfach was sie denkt: „Habs mir gedacht dass die Magie dich rasch findet. Pass auf was du damit anstellst und endtäusche mich nicht.“
Abrupt und erstaunt bleibt er stehen. Dabei gehen die anderen Elben fröhlich lächelnd an ihnen vorbei.
„Ich habe nicht gesagt dass mich die Magie erwischt hat.“
„Musst du auch nicht, ich konnte es sehen.“
„So wie Gloria?“ Möchte er genauer wissen und Sarah nickt nur zustimmend. Er fühlt sich ertappt.
„Sarah, was möchtest du von mir?“ Muss er nun genauer wissen.
„Deine Freundschaft, deine Loyalität.“
Er sieht ihre Ernsthaftigkeit in ihrem Blick.
„Dafür gibt es keine Garantie.“ Schüttelt er seinen Kopf und beisst die Zähne zusammen, „das weisst du ganz genau. Es tut mir leid.“
„Willst du sagen dass du mich nicht mehr magst? Hast du mir gerade hier und jetzt die Freundschaft gekündigt? Belügst du mich?“ Reckt sie ihr Kinn.
„Blödsinn, das weisst du genau. Lass uns heute Abend Spass zusammen haben und nicht streiten.“
Verdammt, muss sie immer durch ihn hindurch sehen! Wenn sie einen mit diesen grossen Rehbraunen Augen ansieht hat er das Gefühl sie sieht direkt in seine Seele. Wortlos gehen sie den anderen nach bis sie oben angekommen sind. Danach entfernt er sich von ihr und geht zu den Tischen mit den Getränken. Er muss einfach weg von ihr! Aros zieht so stark an ihm dass er nicht mehr lange wiederstehen kann.


Sarah

Da Sarah wie auch Gloria hier Freunde haben fällt es den beiden nicht schwer sich unter die Elben zu mischen. Trotzdem steht Sarah immer noch etwas abseits und beobachtet heute Abend lieber Marcus. Sie geht davon aus dass er keine Ahnung hat über die Wirkung des Getränkes das er da gerade trinkt. Aus diesem Grund lächelt sie leicht bis sie die vertraute Stimme ihres Vater hinter sich näher kommen hört: „Torhütern, erzähle mir von den Gedanken die Aros Sohn bei der Reise nach Malon hatte. Ich bitte dich sie mir mit zu teilen.“ Bis er dann neben ihr stehen bleibt.
„Nun ja, er war vor allem neugierig und gespannt auf seine Kräfte.“ Da sie den missmutigen Blick ihres Vaters sieht schiebt sie nach: „Es waren nicht unbedingt schlechte Gedanken.“ Ihre Schulter zuckt auf.
„Hat er die Magie bereits erhalten?“
„Gleich bei der Ankunft.“ Nickt sie bestätigend.
„Wie ich sehe bereitet das, dir keinen Kummer. Was ist es dann, Tochter. Sprich mit mir.“
Sie seufzt leise auf. Sie muss keine Geheimnisse vor ihm haben.
„Ob Marcus seine Magie einzusetzen weiss steht noch nicht fest. Er wird mir wohl nichts tun, zumindest noch nicht jetzt. Aber ich unterschätze ihn nicht. Im Moment ist er ein Freund. Für Daria hoffe ich dass er nicht das tut wofür er bestimmt zu sein scheint.“
„Freundschaften können sich ändern. Wir werden sehen. Was bedrückt dich wirklich.“
Ihr Gesichtsausdruck wird ernst. „Es geht um Lecram.“
„Du liebst diesen Lecram, Aros Sohn wirklich? Interessant.“
Himmel, warum zweifeln immer alle daran! Was daran interessant sein soll, versteht sie auch nicht.
„Vater es ist mehr als verliebt sein. So eine Verbundenheit habe ich noch nie zuvor erfahren. Ein unglaubliches Band das mich wissen lässt…“
„…Ihr seid für einander bestimmt“, spricht Tarak den Satz zu Ende und lächelt sanft als er seine linke Hand auf ihre Schulter legt. „Ja, dieses Gefühl ist mir bekannt. Fenia, deine Mutter und mich verbindet ein solches Band. Ich spüre dass sie lebt aber ihre Kraft schwindet. Ich hoffe inständig dass wir sie bald finden.“
Genau von so einem Band spricht auch Sarah.
Sie sieht ihren Vater an und möchte ehrlich zu ihm sein: „Lecram muss mittlerweile ein Mensch sein. Er hat sein Versprechen nicht gehalten und ist nicht zu uns gestossen.“
„Hält der junge Mann in der Regel seine Versprechungen?“ Ist Tarak neugierig auf den Jungen von dem er heute Nachmittag so viel Erstaunliches von seiner Tochter gehört hat.
„Er ringt mit sich selbst. Vater, er wird nicht kommen. Das spüre ich und aus diesem Grund werde ich bald in die Steinwüste reisen müssen.“
„Gib ihm etwas Zeit.“, schüttelt er seinen Kopf leicht aber würdevoll und korrigiert, „nein…, gib mir noch etwas Zeit mit dir bevor du mich wieder verlässt. Ich bitte dich aufs dringlichste noch eine Zeitlang hier zu weilen.“
Sarah lächelt als sie ihren Vater ansieht und nickt zustimmend. Wie könnte sie seiner Bitte nicht nachkommen. Tarak ist steht’s distanziert und sie sieht die Ähnlichkeit zwischen ihnen. Sie hat dieselbe Augenfarbe wie Haarfarbe, trägt aber ihr Haar bedeutend kürzer als ihr Vater. Die langen schwarzen Haare stehen ihm gut. Zwar hat sie Fenia, ihre Mutter nur auf Bildern gesehen. Weiss daher das Gloria ihr Ebenbild sein muss. Ob sie ihre Mutter wohl finden? Die Zeit scheint zu drängen. Ausserdem spürt sie genau dass sie dazu Lecram brauchen.
Tarak sieht seine Tochter mit ernstem Gesichtsausdruck an als er die nächste Frage stellt.
„Du magst Marcus mehr als du solltest, nicht wahr?“
Nun stutzt sie und ihre Augen verengen sich. Dabei überlegt sie ihre nächste Wortwahl genau.
„Nun…, ja ich mag ihn tatsächlich sehr. Er erinnert mich stark an Lecram.“
„Es ist nicht die Erinnerung an seinen Bruder. Deine Augen leuchten wenn ihr euch begegnet.“
Himmel, was hat ihr Vater gesehen was ihr noch nicht aufgefallen war. Kann er Recht haben mit seinen Beobachtungen?
„Danke für den Hinweis“, ist im Moment alles was sie zu diesem Thema sagen kann.
Dann beginnt Musik die Lichtung zu erhellen und Tarak bittet: „Liebes, schenk mir den ersten Tanz.“
Sarah sieht zu ihrem Vater auf und lächelt ihn offen an als die sanften Musikklänge beginnen und Tarak sie zum Tanz führt. Diese Art des Tanzes mag Sarah sehr.

Marcus

Die Musik ist melodisch und klingt nach sanften Flötenspiel gemischt mit wenig trommelnden klängen. Marcus ist fasziniert von der seltsam fremd klingenden Musik und der Sternen klaren Nacht. Malon, das Land der zwei Sonnen und zwei Monden.. Im ersten Moment schaut man kurz hin und findet das Bild skurrile. Man gewöhnt sich jedoch rasch daran. Auch die Sterne scheinen hier viel Naher zu sein. Die zwei Monde sind wohl auch der Grund warum es hier nicht Stockdunkel ist. Es ist so hell als wäre andauernd Vollmond. In dieser Welt scheint alles im Zeichen des Zwillings zu stehen. Oder ist es nur Zufall dass er einen Zwillingsbruder hat und Sarah und Gloria kennen gelernt haben die zur selben Zeit das Licht unter den zwei Sonnen und Monde erblickten? Mystisch.
Marcus schiebt seine Gedanken zur Seite und sieht nun zu der kleinen Gruppe die für diese Musik zuständig ist. Ja, vielleicht hat die Musik einen Tatsch von Irischer Volksmusik. Nicht dass er mit dieser Musik viel anzufangen weiss. Doch irgendwie scheint sie hier hin zu passen. Na wenigstens verstehen sie etwas von Party, das muss er ihnen lassen. Die ganze Lichtung scheint von einem zarten Licht umhüllt zu sein. Am Rand der Lichtung sind Blumen in einem blauviolett die tatsächlich irgendwie fluoreszierend aufzuleuchten scheinen. Eigentlich ein sehr schöner und romantischer Abend und er hätte nichts dagegen ein Mädchen im Arm zu halten. Kopfschüttelnd nimmt er nochmal einen Schluck von seinem Getränkt das sehr fruchtig schmeckt. Es ist kein Alkohol wie er ihn kennt, trotzdem spürt er sich beschwipst. Danach sieht auf die Tanzfläche und sein Blick fällt direkt auf Sarah. Er beobachtet wie sie mühelos und anmutig mit ihrem Vater tanzt. Sie sieht hier in dieser Welt, ihrem zu Hause, so verändert aus. Sie ist definitiv glücklicher. Auch die Beinschiene hat sie weg gelassen. Nur die Sehnsucht nach Lecram überschattet das Ganze vielleicht etwas. Er ist sich sicher, egal was sein Bruder vor hat, Sarah wird darüber hinweg kommen. Vielleicht kann er Sarah dabei behilflich sein, wer weiss. An diesen Gedanken geheftet nimmt er noch einen Schluck des süffigen, blumigen Getränkes das bereits seine Sinne etwas vernebelt. Also sieht er sich das ganze Szenario an. Alles in allem ist es hier der pure Wahnsinn. Die Kulisse mit der hübschen Lichtung umgeben von scheinbar schwebenden wundervollen Elben ist einzigartig. Überall stehen auch noch grosse Fackeln die dem ganzen einen leicht mystischen Tatsch verpassen. Marcus fragt sich allerdings ob er diesen Zustand doch seinem Getränk zu verdanken hat. Wobei er sich eingesteht dass das ein spitzenmässiges Getränk ist. Alkohol selbst her zu stellen ist irgendwie toll. Also nimmt er noch einen Schluck und sieht wieder auf die Tanzfläche. Auch Gloria sticht aus der Gruppe heraus. Nicht ganz so sehr wie Sarah und Tarak da Gloria mit ihrer Haarfarbe und Hautfarbe hier zur Mehrheit gehört. Auf der Erde in der Schule bei Wolfwille war Gloria das Highlight und hier ist es direkt anders rum. Hier sticht Sarah hervor. Doch Sarah ist sich dessen noch nicht einmal bewusst. Je länger er ihr zusieht muss er sagen sie sieht „heiss“ aus. Nie und nimmer hat er gedacht mal so von ihr sprechen zu können.
Die Krähe sitzt oben in einem Baumgipfel und beobachtet heute Nacht das Ganze als würde sie erneut einen Rapport abgeben müssen. Es scheint fast so als würde die Krähe geniessen und lächeln…
Einige Gläser später findet Marcus die Tänze nicht mehr annähernd so blöd wie zu Beginn. Ausserdem gibt es da ein Mädchen das ihn irgendwie fasziniert. Sie lächelt die ganze Zeit, oder so gut wie die ganze Zeit. Ihr Haar ist sehr lang, gelockt und fast grau so dass es schon silbern scheint. Sie ist nicht so schlank wie Sarah aber unheimlich anmutig mit einem wunderhübschen Gesicht. Marcus hat noch nie so lange Haare gesehen die so hübsch gelockt sind. Meistens beklagen sich die Mädchen dass lange Haare ihre Locken quasi strecken.
Ihm fällt auf dass dieses Mädchen ihn immer wieder anlächelt. Was für ein Lächeln! Umwerfend!
Nach dem nächsten Tanz kommt sie dann leichtfüssig, fast beschwingt, auf ihn zu und spricht mit sanfter heller und angenehmer Stimme: „Aros Sohn“, beginnt sie lächelnd und er unterbricht: „Mein Name ist Marcus.“
Als das Mädchen wieder lächelt bekommt sie süsse Grübchen auf ihren Wangen, dann spricht sie weiter: „Es gehört sich eigentlich nicht wenn ich dich nach einem Tanz Frage. Doch du scheinst die Bräuche hier nicht zu kennen. Daher bin ich umsichtig und frage dich ob du mir den nächsten Tanz schenkst. Ein Nein deinerseits wäre zudem überaus unhöflich und unpassend.“
Ist das eine Einladung zu einem Date, überlegt er sich, doch stattdessen antwortet er: „Würde ich gerne wenn ich diesen Tanz könnte. Wie ist dein Name?“
Er möchte ihr zur Begrüssung die Hand anbieten. Doch sie nickt nur adrett, lächelt und dabei bilden sich wieder diese süsse Grübchen: „Ich bin A’bena, Tochter des Hauses von Rix. Sei gegrüsst Aros Sohn.“
„Ich höre ganz gut auf den Namen Marcus!“ Wiederholt er nachdrücklich.
„So rasch aus der Fassung zu bringen, Aros Sohn?“
Ihre hellen Augen sehen ihn direkt an und als er anfängt mit: „Bitte nenn mich M…“, rennt sie einfach laut kichernd davon. Dabei sieht sie kokett und mit strahlendem Gesicht über ihre linke Schulter zu ihm zurück.
Was für ein hübsches Mädchen. Soll das etwa eine Aufforderung sein? Da Marcus von Natur aus sehr neugierig ist geht er ihr einfach nach. Natürlich renn er nicht das wäre doch etwas zu auffällig. Er folgt ihr mit gebührend Abstand.
A‘bena führt ihn durch die Bäume etwas abseits in den Fichtenwald, bleibt dann stehen und scheint bereits auf ihn zu warten. Dabei lächelt sie ihm offen entgegen.
Als er bei ihr ankommt hat er ein fragendes Gesicht und bevor er eine Frage stellen kann hebt sie ihre Hand und spricht leise: „Sch… Sieh dich um.“
In diesem Wald Teil ist es leicht neblig und er muss genau hin sehen. Staunend tut er worum sie ihn gebeten hat und bemerkt rasch dass sie hier nicht alleine sind. Sie sind umgeben von Elben die sich im Nebel - lieben!
Ausserdem scheinen hier Glühwürmchen herum zu schweben oder ist das eine Ausgeburt seiner Fantasie? Wäre er romantisch veranlagt würde er vermutlich dahin schmelzen. Wie dem auch sei, er richtet seine Aufmerksamkeit auf das Mädchen das ihn hier her geführt hat.
„Willst du mich verführen?“ Für ihn kein Problem und eine willkommene Ablenkung.
A’bena kichert lediglich leise auf und schüttelt ihren Kopf.
„Was soll das Ganze hier?“ Versteht er immer noch nicht und seine Schulter zuckt auf.
„Unwissender. Lass es dir erklären…“
„Ich bitte darum.“ Versucht er höflich zu bleiben und lächelt aufgesetzt.
„Du siehst hier Elben die sich lieben. Wir sind an solchen Abenden offener als an anderen Tagen und scheren uns nicht wenn wir Zuschauer haben. Wir feiern wie wir gerade Lust haben.“
„Was soll das hier…“, bringt er seinen Satz nicht zu Ende da sie ihren rechten Zeigefinger an seine Lippe legt damit er verstummt und spricht sanft und leise: „Lass dir gesagt sein, Aros Sohn, wenn du an deinem ersten Abend mit einem Mädchen hier eine Nacht verbringst ist das nicht gut für dein Ansehen.“
Sie nimmt ihren Finger weg und streift über seine kurzen Haare.
Er schnappt sich ihre Hand und hält sie fest.
„Warum?“ Möchte er genauer wissen da er im Prinzip nichts gegen eine solche Ablenkung hätte. Diese Art der Zuwendung würde ihm entgegen kommen.
„Umwirb zuvor die Mädchen und tanze, tanze. Wir wollen umworben werden. Sei nett, freundlich und lächle. Ab und an ein nettes Wort wäre auch zauberhaft. Du siehst recht akzeptabel aus, also nutze deinen Charme.“
„Wie endzückend.“ Akzeptabel? Also sieht er in die Runde und wäre wirklich nicht abgeneigt hier mit zu mischen: „Warum erklärst du es mir dann?“ Schliesslich lässt er sie los.
„Weil ich gute Laune habe und mich freue deine Bekanntschaft gemacht zu haben, Aros Sohn. Und vielleicht gefällst du mir ja sogar etwas“, mit diesen abschliessenden Worten rennt sie kichernd den Weg zurück auf die Tanzfläche.
Marcus sieht dem hübschen Mädchen hinterher bis sie ganz verschwindet. Also wirft er nochmal einen letzten Blick auf die liebenden Elben um sich herum. Die Stimmung hier ist ziemlich heiss. Ein wirklich magischer Ort. Es ist nicht so dass er offensichtlich etwas sehen kann. Der Nebel verschleiert alles etwas. Doch die ganze Atmosphäre mit dem Nebel und den Glühwürmchen ähnlichen Wesen ist so sinnlich dass sich bei ihm doch auch schon etwas beginnt zu regen. „Verdammt noch mal“, flucht er leise auf. Er ist zwanzig Jahre alt, also im besten Alter um sich sexuell zu entwickeln. Doch hier sind ihm die Hände gebunden.
Also zieht er es jetzt frustriert zurück. Was er davon halten soll weiss er in diesem Moment nicht so Recht. Aber wenn er A’bena richtig verstanden hat muss er tanzen um jemals den Hauch einer Chance zu haben hier mal mitspielen zu können. Was für dumme Regeln.
Nach dieser netten kleinen Einführung von A’bena an die Anstaltsregeln bemüht sich Marcus die Tanzschritte zu merken. Zu seinem Erstaunen fällt es ihm einfacher als zuerst angenommen. Es sind eine Art von Wiederholungen!
Etwas später bewegt er sich auf Gloria zu die in seiner Nähe steht und bittet süss lächelnd: „Darf ich um den nächsten Tanz bitten? Wie ich gehört habe sei es unhöflich abzulehnen. Also komm mit.“
Gloria ist amüsiert und nimmt lächelnd seine Hand an. Erstaunlich elegant führt er sie auf die Fläche und beginnt zu tanzen. Auch A’bena tanzt und ab und an treffen ihre Blicke aufeinander. Ohne dass er es merkt passt er sich gut an und seine Mutter Daria sieht ihm stolz zu.
Ebenso elegant führt er Gloria nach dem Tanz wieder von der Tanzfläche und fragt: „Soll ich dir was zu trinken bringen?“
„Was um Himmelswillen ist mit dir passiert?“
Nickt und staunt sie.
„Ich versuche mich lediglich etwas anzupassen“, drückt er ihr dann etwas unsanft ein Glas ähnliches Gefäss in die Hand.
„Du benimmst dich schon fast wie ein richtiger Elb.“
Kichert sie leise.
„Dabei bin ich doch gar keiner“, grinst er sie schief an und bemerkt, „Auch du bist es nur zur Hälfte.“
„Das spielt keine Rolle. Versuchst du mich etwa zu verführen? Du bist ausgesprochen nett und verträglich.“
Diese Aussage lässt ihn nun laut auflachen: „Hätte ich denn hier und jetzt Chancen dass du mit mir da rüber gehst?“ Mit dem Kopf zeigt er in die Richtung in der sich die liebenden befinden.
„Nein. Aber netter Versucht.“ Sie zuckt lachend und entschuldigend mit der Schulter auf.
„Ich spreche nicht von Liebe, es ist nur Sex.“ Hakt er nach.
„Nein.“
„Das war direkt, verstehe.“
Gloria nimmt einen Schluck und ist amüsiert über Marcus. Was ja eher selten der Fall war in der letzten Zeit. Also wechselt Marcus das Thema und sieht ihr direkt in die Augen: „Habt ihr schon einen Plan? Was wollt ihr machen, gründet ihr eine Armee gegen Aros oder so ähnlich?“ Er spricht ernster als er wollte.
Gloria findet zwar den Themenwechsel etwas abstrakt, gibt aber trotzdem Antwort. „Die Elben sind kein kriegerisches Volk. In der Not stehen sie uns bei. Das wissen wir und weiter sind wir noch nicht.“
„Wartet ihr wirklich auf Lecram?“ Schiebt er gleich die nächste Frage nach und nimmt noch einen Schluck von dem blumigen, oder war es fruchtiger Geschmack?
„Sarah behauptet er kommt nicht.“ Dann stellt sie den Becher auf einen der Ablageflächen die sie hier liebevoll aus Ästen gestaltet haben.
„Leute mit wenig Gepäck kommen am besten durchs Leben. Wo auch immer ihr Weg sie hin führt.“ Erklärt er.
„Wohin führt dich dein Weg Marcus?“
„Sagen wir so: es liegt was in der Luft“, spricht er sanft und fasst dabei ihre im Mondlicht scheinenden silbernen Haare an. Er war schon immer fasziniert von ihrer Schönheit. Alles an Gloria ist ausgesprochen sexy. Und wenn sie möchte kann sie ihre Waffe gezielt einsetzten. Das hat er schon öfters beobachtet. Doch hier ohne Jonas wirkt sie nicht so selbstsicher wie sonst. Vielleicht muss er nur etwas Geduld haben um sie zu bekommen. Obwohl sie bei weitem nicht sein Herz berührt wie es ein Mädchen sollte! Im Prinzip war er noch nie wirklich in ein Mädchen verliebt, er hat sich bis anhin nur genommen was sich ihm angeboten hat. Tatsächlich musste er sich nie um ein Mädchen bemühen. In dieser Welt scheint alles anders zu sein, niemand wirft sich ihm an den Hals. Er ist so in Gedanken versunken dass er schon vergessen hat was er eigentlich wollte. Gloria holt ihn aus den Gedanken.
„Veränderungen. Ja, ich kann es auch spüren“, spricht sie und sieht ihn direkt aber nachdenklich an. Marcus seufzt leise auf und spricht ihr ganz leise und schon fast beschwörend ins Ohr: „Wenn ich nach dir rufe wirst du mir folgen wohin ich auch gehe und dann sehen wir weiter. Du brauchst keine Angst zu haben. Folge mir einfach.“
Dann streift er erstaunlich sanft mit seiner Hand leicht über ihr Gesicht und Gloria reisst ihre Augen gross auf und sieht ihn fragend an. Fast scheint es als hätte sie einen Teil dieser Unterhaltung verpasst. Er grinst nur breit und küsst sie sanft auf die rechte Wange. Sie schüttelt leicht ihren Kopf mit den Worten: „Du bist echt ein Spinner.“
„Manchmal, manchmal auch nicht und manchmal weiss ich ganz genau was ich tue.“
„Hä…“ Ist Gloria noch etwas neben sich.
Breit grinsend zieht er sich von Gloria zurück und geht auf A’bena zu die er um den nächsten Tanz bittet. Und dieser Tanz fühlt sich noch besser an als der mit Gloria. Dieses Mädchen mit dem süssen lächeln und den Grübchen hat etwas Besonderes. Sie berührt ihn auf besondere Art und Weise. Er kennt sie nicht. Vielleicht fühlt er sich genau aus diesem Grund wohl in ihrer Gegenwart. Her kann er sein wer er eben ist und A’bena ist unvoreingenommen. Schliesslich neigt sich die Nacht langsam dem Tag entgegen und die Elben ziehen sich in ihre Häuser zurück. Auch Marcus fällt, noch angezogen, glücklich ins Bett. Was für eine Ankunft und was für ein Abend ist das letzte woran er denken kann bevor er leicht lächelnd einschläft.


Kapitel 5


Marcus

Die nächsten Wochen gehen rasant vorbei und Marcus lernt das Dorf genauer kennen. Seine Mutter Daria und Gloria sowie manchmal Sarah haben ihm einiges gezeigt. Gemeinsam waren sie bei den Fischern, der Mühle sowie auch bei den Bogenmeistern. Wie die Elben Pfeil und Bogen selbst schnitzen hat Marcus schon sehr beeindruckt. Auch in deren Handhabung sind sie ausserordentlich geschickt. Genau genommen haben die Elben in allem was sie tun die Ruhe weg. Kein lautes Wort keine unnötige Plauderei. Man spricht wenn es notwendig ist, ansonsten geht man den Tagesgeschehen nach.
Tatsächlich hat selbst er damit begonnen seinen eigenen Bogen her zu stellen. Was ihm recht passabel gelingt. Irgendwie muss er ja irgendwie den Tag rum kriegen. Ausserdem hat er immer noch dieses ständige ziehen von seinem Vater Aros im Kopf. Zu seinem Verdruss wird es mit jedem Tag stärker und er muss bald tun zu was er geboren wurde. Das spürt er täglich und er weiss er wird dem Ruf folgen!
Für den Kärcher und die Pfeile hätte er seine Magie benutzen können, wollte aber einmal etwas mit seinen eigenen Händen kreieren und hat darauf verzichtet. Genau genommen hat für ihn diese Art Arbeit fast etwas Meditatives. Das scheint er zurzeit zu brauchen. Tausend Dinge gehen ihm durch den Kopf und er hofft sein Plan wird funktionieren.
Die Landwirtschaft – in seinen Augen Bauern – hat ihn nicht so beeindruckt. Auch die Töpferei fand er nicht so spannend bis er dort auf A‘bena gestossen ist. Mit ihr in der Töpferei hat es doch an Anreiz gewonnen. Und als A’bena angeboten hat ihn eines Tages durch das Dorfleben zu begleiten war er sichtlich angetan. Irgendetwas hat das Mädchen an sich. Klar ist sie hübsch doch das ist nicht alles. Irgendetwas in ihren Augen bringt ihn zur Ruhe.
Beim gemeinsamen Fischen stellt sich A’bena auch sehr geschickt an und Marcus hätte ohne den einen oder anderen versteckten Zauberspruch vollends versagt. A’bena ist in vielen Dingen einiges geschickter als er. Das tut jedoch der Stimmung zwischen ihnen keinen Abbruch. In der Gegenwart von A’bena ist Marcus ausgeglichener und entspannter als sonst und sie versteht es ihn mit den Worten: Aros Sohn, zu necken. Marcus geniesst die unbeschwerte Art von dem scheinbar immer gut gelaunten Mädchen. A’bena lenkt ihn etwas ab und ist ausserdem eine gute Zuhörerin. Von ihr weiss er bereits dass sie noch zwei Brüder und eine Vorliebe für Pferde hat. Ihre Brüder sind etwas älter und haben selbst schon Kinder. Und A’bena liebt es Zeit mit ihnen zu verbringen. Auch Marcus ist erstaunt wie gut er es mit den kleinen kann. Er nennt sie nicht bei den Namen. Dem einen sagt er Gnom und dem anderen Kobold. Die Mädchen nennt er kleine Hexe und Biest! Zu seiner Überraschung fauchen sie ihn nicht böse an weil er ihnen solche Namen gegeben hat. Im Gegenteil sie kichern und glucksen und hören gerne seinen Phantasie vollen Geschichten zu. Wenn er weiter so macht wird er noch zum Familienmenschen.
Leider ist es nicht seine Bestimmung. In gewisser Weise ist es seine Bürde die er zu tragen hat. Es schmerzt!


Sarah

Sarah und Gloria behalten Marcus ständig im Auge weil sie eine Veränderung an Marcus spüren. Es ist eine Veränderung die man nicht offensichtlich erkennen kann und das macht es umso schwieriger. Dieses Gefühl rät ihnen weiterhin vorsichtig zu sein, was Marcus angeht. Sarah jedoch mag ihn zunehmend mehr und ist gerne in seiner Nähe. Nie hat sie das für möglich gehalten. Manchmal ist er sehr scharmant, umgänglich und ja auch nett. Es ist nicht nur die Veränderung der Magie, er ist menschlicher und zugänglicher geworden. Dass A’bena damit zu tun hat kommt ihr entgegen.
Wobei Sarah weiss das könnte nur eine Tarnung sein um über seine wachsende Magie hin weg zu schauen. Es tut ihr so unendlich leid dass sie ihm nicht vollends vertraut. Das ist nicht ihre übliche Art! Dessen schämt sie sich.
Die Krähe ist tatsächlich mehr in Marcus Nähe zu finden als bei Sarah. Bis anhin ist das niemandem aufgefallen da die Krähe meistens unbemerkt da sitzt und das Geschehen oder Alltagsleben begutachtet. Nur Sarah fällt es auf dass die Krähe mehr in Marcus Nähe ist als in ihrer. Warum das so ist weiss sie allerdings auch nicht. Seltsame Wendungen!
Es spielt jedoch im Moment keine Rolle, für sie wird es allmählich an der Zeit ihre Zelte hier im Dorf abzubrechen, sie ist ihrem Vater zu liebe schon länger geblieben als sie eigentlich beabsichtigt hatte. Sie sollte schon längst in der Steinwüste bei Lecram sein. Oder nicht? Er scheint keine Sehnsucht nach ihr zu hegen.
Sie steckt im Gefühlschaos!
Ihr Gefühl rät ihr die Reise in die Steinwüste an zu treten und sich Gewissheit zu verschaffen. Also beginnt sie unbeachtet Stück für Stück das nötigste zu packen. Marcus soll von ihrem Plan nichts erfahren! Sie muss auf der Hut sein.
Ausserdem war sie noch nie in der Steinwüste und ist sehr neugierig was dieser Teil des Landes für sie an Überraschungen hat. Sie weiss dass sie bloss einem der Flüsse hier in Trisyt zu folgen braucht und dann automatisch zur Steinwüste gelangt. Wenn sie auf einem der Bote reisst wird die Reise hoffentlich nicht so beschwerlich und sie ist einiges schneller als zu Pferd. Der Weg zur Steinwüste führt durch das Tal des Einhorns, oder wie es andere nennen das Tal der Seelen. Es gibt nicht viele Gründe sich diesem Tal zu nähern das die Seelen der Toten beherbergt. Ganz selten kommt das Einhorn und holt die Toten vor Ort ab um sie in ihr Tal zu bringen und ihnen ihre letzte Ruhestätte zu gewähren. Sarah hofft durch das Tal des Einhorns zu kommen ohne einer verlorenen Seele zu begegnen. Denn das wäre bestimmt irgendwie gruslig, doch auch darauf wird sie gefasst sein.
Alles ist möglich!
Es könnte ja auch sein dass Aros bereits jemanden los geschickt hat um sie zu holen. Es ist verdächtig ruhig gewesen die letzten Wochen. Sie muss auf der Hut sein.
Ja, sie denkt es ist an der Zeit und hat sich vorgenommen am nächsten Morgen sich klang heimlich davonzuschleichen. Daher ist sie in ihrem Zimmer um den Rest ein zu packen. Ausser ihrem Vater weiss niemand von ihrem Plan. Da niemand genau sagen kann wie Marcus tickt wäre es zu riskant ihn einzuweihen. Obwohl sie gestehen muss dass sie sich zurück nehmen muss um Marcus nichts davon zu berichten. Er ist auch ihr Freund!
Eigentlich wäre es sogar schön wenn er sie begleiten würde. Doch ihr Verstand rät ihr davon ab. Himmel, was für dumme Gedanken sie hegt!
Tarak hat ihr sein kleines Boot angeboten, das sie sehr gerne annimmt. Damit wird ihre Reise unbeschwerter.
Es ist nicht schön dass sie ihre Schwester auch nichts über ihren Plan erzählt hat. Vermutlich wird Gloria wütend und endtäuscht sein. Darüber ist sie sich schon im Klaren. Umso weniger davon wissen umso besser! Ihre Gedanken drehen sich wieder mal im Kreis.
In diesem Moment ist ihr klar, dass sie ihren Kopf frei kriegen muss und legt die Sachen auf die Seite. Sie braucht frische Luft und nützt die Zeit um etwas zu spazieren. Es ist ein sonniger, warmer Tag der zum Spazieren einlädt.
Sie sieht das Dorf an und spürt mit jeder Phase dass dieses Land ihr zu Hause ist. Wie gerne würde sie in diesem Land leben ohne Angst zu haben. Sie wünscht sich einmal den Satz: das ist mein zu Hause, sagen zu können.
Gedanken versunken humpelt sie an den Bogenschützen vorbei die gerade am Trainieren sind und entdeckt Marcus der ebenfalls interessiert den Schützen zusieht. Er sieht gut aus in seinen weissen Kleidern. Es ist gut dass er sich etwas angepasst hat. Tatsächlich ertappt sie sich dass sie stolz auf ihn ist wie er sich hier eingelebt hat. So in Gedanken dreht sie unbewusst an ihrem Ring den sie am Daumen trägt.


Marcus

Er sieht sie ebenfalls, lächelt und beschliesst ihr entgegen zu gehen. Warum auch nicht, er hält sich erstaunlich gerne in ihrer Nähe auf. A’bena und Sarah sind ihm die wichtigsten Personen hier. Wobei auch für ihn die Zeit drängt. Aros zieht noch immer Tag täglich an ihm und der Druck ist fast nicht mehr aus zu halten.
Rasch bemerkt er dass Sarah heute anscheinend keine Lust auf eine Konfrontation mit ihm hat denn sie geht einfach lächelnd an ihm vorbei. Marcus stutzt, beschliesst ihr trotzdem nach zu gehen ohne ein Wort zu sagen. Also holt er sie auf und platziert sich neben Sarah, dabei steckt er seine Hände in die Hosentaschen und schlendert einfach in ihrem Schritttempo mit.
Schweigend folgt er ihr auf eine nahe gelegene Anhöhe von dort aus sie eine herrliche Aussicht auf die Gegend haben. Der kleine Wasserfall mit dem romantischen Bachlauf der hinunter ins Tal führt ist wohl das Sahnehäubchen. Auf der einen Seite liegen Wälder soweit das Auge reicht. Wenn man sich umdreht sieht man auf eine weite grüne Ebene die mit Flüssen überzogen ist und automatisch ist man versucht den Flüssen zu folgen, nur um heraus zu finden wo sie schlussendlich enden. Doch so weit reichen die Augen nicht.
„Nettes Plätzchen“, bricht Marcus nach einer Weile das Schweigen, dabei sieht er sie nicht an. Sein Blick schweift in die Ferne.
„Ja, es ist wunderschön. Das ist mein Lieblingsplatz.“ Gibt sie offen zu.
„Kann ich verstehen. Was machen wir zwei hier oben?“
„Ich wollte nur meinen Kopf frei kriegen. Warum bist du mitgekommen?“
„Ich wollte etwas Zeit mit dir verbringen.“
Sein Blick fällt nun zu ihr hinunter da er ein gutes Stück grösser ist.
Sarah staunt und sieht ihn ebenfalls an: „Einfach so?“
„Ich bin gerne in deiner Nähe“, zuckt er mit der Schulter und hackt nach: „So eine schlechte Gesellschaf bist du gar nicht“, grinst er breit, „Vermisst du Lecram eigentlich noch?“
Ihre Schulter zuckt auf. „Das ist unterschiedlich.“ Dann seufzt sie leise auf, kneift dabei ihre Augen enger zusammen und er erklärt weiter: „Es geht ihm gut, das kann ich spüren. Du brauchst dir also keine Gedanken zu machen.“
„So sehe ich das auch“, nickt er zustimmend „aber wie hält er es bloss aus von dir getrennt zu sein. Du hast ja wenigstens mich.“ Schmunzelt er wieder frech in ihre Richtung.
Auch Sarah grinst. „Du bist nicht wirklich ein Ersatz für ihn.“
„Stimmt, ich bin besser“, sein Lächeln scheint immer breiter zu werden das auch Sarah schmunzeln lässt bevor sie ausholt: „Genau genommen bist du wie eine Zeitbombe und ich wüsste gerne was in deinem Kopf so ab geht. Ich bin nicht sicher dass du immer aufrichtig bist.“
Seine Augen blitzen kurz belustigt auf und er antwortet:
„Das willst du nicht wissen, sonst würdest du vielleicht vor mir davonrennen.“
„Eine Feststellung oder eine Drohung?“
Sie sieht immer noch zu ihm hoch und sein Blick wirkt fast verzweifelt als er zu erklären versucht: „Sarah…, ja, vielleicht wäre eine Drohung keine schlechte Idee. Wenn ich dich wäre würde ich weit weg von mir rennen, soweit deine Beine dich tragen. Du kannst aus Scheisse kein Gold hervor zaubern.“
„So schlimm“, ist ihre Stimme leise und tatsächlich hat sie fast so etwas wie bedauern. Das sie verschwinden soll hat sie allerdings genau heraus gehört und ist froh dass er ihr diesen Tipp gibt. Erwähnt aber nicht dass sie sowieso vor hat zu gehen und es wohl gerade zusammen passt.
Da beide abgelenkt sind bemerken sie nicht wie die Krähe sich in der Nähe auf einem Baum leise niederlässt und ihnen zusieht. Dabei hält die Krähe ihren Kopf schief und scheint alles ganz genau zu beobachten. Als würde sie Wort für Wort in sich aufnehmen.
Marcus steht nun direkt vor Sarah, nimmt seine Hände aus den Hosentaschen, hält sie an der Schulter fest und sieht ihr dabei tief in die Augen.
„Sarah, ich spüre eine Kraft in mir. Sie wächst und wächst und ich werde tun zu was ich bestimmt bin. Ob ich das auch tun will steht nicht zur Diskussion.“
Er ist froh es mal losgeworden zu sein. Automatisch nimmt er ihre Hände in die seinen und Sarah fragt vorsichtig: „Wie gut sind deine Fortschritte in der Ausübung der Magie?“
Marcus lässt sie sofort wieder los, beisst sich auf die Unterlippe und dreht sich mit den Worten: „Noch nicht sehr weit“, von Sarah weg. Ja, er hat gelogen!
Er kann ihr nicht direkt in die Augen sehen und lügen. Denn Sarah ist nicht dumm und das weiss er ganz genau. Dass sie jetzt nicht auf seine Lüge eingeht und ihn löchert versteht er trotzdem nicht ganz und dreht sich vorsichtig, fragend, vielleicht etwas verhalten, wieder zu ihr. Dazu versucht er einen schelmischen Gesichtsausdruck zu machen. Zu seinem Erstaunen lächelt sie ihn bloss offen an.
„Warum lächelst du so geheimnisvoll?“ Möchte er nun doch genauer wissen denn ihr Blick ist so warmherzig. Ja, dieser Blick von Sarah kann einem schon durch Mark und Bein gehen.
„Manche Dinge muss man nicht aussprechen. Ich spüre dass deine Magie schon ziemlich reif ist. Vermutlich bist du schon sehr gut in dem was du tust“, er macht Anstalten zu Antworten darum unterbricht Sarah sofort, „nein, ich brauche keine Erklärung. Ich möchte dir vertrauen.“
„Woher dieses endlose Vertrauen?“ Bleibt er stehen und in seinem Inneren schreit es förmlich: tu es nicht! Wenn sie nicht so nett zu ihm wäre würde ihm alles etwas leichter fallen.
„Du hattest Recht, mit deinen längeren Haaren hast du mich Tagtäglich an deinen Bruder erinnert. Nun kann ich euch unterscheiden, trotzdem wissen wir beide dass du deine Haare nicht aus diesem Grund abgeschnitten hast.“ Marcus lächelt ertappt auf und Sarah spricht weiter: „Du hast dich verändert und mir damit gezeigt dass du so weit bist. Ich nehme an du belügst mich weil du mich schützen willst. Ich kann dir deine Angst nicht nehmen. Das will ich auch gar nicht. Genau das macht dich menschlich. Du und Lecram seit euch näher als ihr denkt. Ich bin dankbar dass ich dich näher kennen lernen durfte. Du hast gute Seiten an dir. Du bist mein Freund.“
„Freunde?“
„Ja, Freunde“, lächelt sie offen.
„Verabschiedest du dich jetzt von mir?“ Ist Marcus wohl neugierig. Es scheint fast so als hätte nicht nur er einen Plan.
„Du hast gesagt ich solle davon rennen, vielleicht tue ich das ja…, bei Gelegenheit.“
Dabei reckt sie ihr Kinn leicht.
„Eines möchte ich jedoch von dir wissen: magst du mich wirklich oder ist das bloss eine Masche um mich bei Laune zu halten?“
Sie seufzt kurz auf und sieht ihn mit einem traurigen Blick an. Dann zieht sie ihren Daumenring ab und legt diesen in seine Hand mit den Worten: „Du bist mein Freund. Was auch immer wir gezwungen sind zu tun, ein Stück von mir wird dich begleiten. Ich werde nicht aufhören an dich zu glauben.“
Für einen Augenblick verschlägt es ihm die Sprache, das ist wohl Beweis genug. Noch nie hat jemand so stark auf ihn gezählt. Sarahs liebe ist bedingungslos! Sein Magen zieht sich automatisch zusammen. Darauf kann er nicht antworten und streift den Ring über seinen kleinen Finger an der rechten Hand. Ein solches Geschenk kann man nicht abschlagen. Dann streift er kurz mit der rechten Hand über ihre Wange.
Sie stehen beide da und sehen in die Ferne. Im Moment sind so viele Gefühle im Spiel dass er beschliesst die Stimmung zu heben indem er sie seitlich an stupst und an ihr vorbei zum kleinen Wasserfall geht. Natürlich sieht sie ihm nach, das hat er ja beabsichtigt. Marcus streift sein Oberteil über den Kopf ab und schmeisst es achtlos auf die Seite. Keck schaut er über seine Schulter zu ihr hin und springt mit einem Satz ins kühle Wasser. Als er auftaucht wischt er sich das Wasser aus dem Gesicht und sieht wieder zu ihr. Dabei blitzen seine grünen Augen auf.
„Komm schon, sei nicht prüde es ist so ein schöner Tag.“
„Kein Interesse.“ Rümpft sie die Nase und muss dennoch lächeln. Sarah kann nicht anders und begutachtet seinen muskulösen Oberkörper, das kann er genau sehen. Daraufhin grinst Marcus breit. Wenn er seine Arme in die Höhe hält spannen sich seine Rückenmuskel und seine Brustmuskeln heben sich. Ja, er sieht toll aus und das weiss er auch. Dass sein schmaler Körper so Muskeln hat vermutet man nicht unter den Kleidern. Im Gegensatz zu Lecram spielt Marcus heute gekonnt mit seinen Reizen. Dass Marcus sie hier und jetzt verführen will ist ihr wohl klar. Aus diesem Grund muss sie nicht lange um den heissen Brei reden: „Marcus, ich habe kein Interesse von dir verführt zu werden.“
„Ach komm, ein bisschen Sex schadet keinem. Du brauchst dich nicht zu verlieben, lass uns einfach Spass zusammen haben.“
Langsam geht sie etwas näher und hebt dabei sein Oberteil hoch. Mit vorwurfsvollem Blick sieht sie ihn an und er tut so als würde er schmollen. Dabei schiebt er seine Unterlippe vor. Das wiederum sieht sehr süss aus und bringt sie etwas zum Kichern.
„Ich suche keinen Spass sondern Liebe.“ Ist ihre einfache Antwort.
„Hab ich denn keine Chance?“ Hackt er nach.
„So weit bin ich noch nicht.“
„Noch nicht…, so, so“, grinst er breit und bekommt sein typisches schiefes lächeln, dabei zieht er seine recht Seite leicht nach oben. Ohne den Blick von Sarah zu lassen steigt er aus dem Wasser. Wieder sieht sie ihm zu wie seine Muskeln sich bewegen.
Seine Hose ist triefend nass aber das stört ihn nicht im Geringsten. Vermutlich muss sie sich zusammenreissen um ihm nicht über die Brust zu fahren als er wieder vor ihr steht. Sein grinsen ist zurzeit ziemlich überheblich als er sein Oberteil aus Sarahs Hand nimmt und es wieder über zieht. Sarah möchte einen Schritt zur Seite machen doch da hat sie schon seine Hände in ihrem Nacken. Erschrocken weiten sich ihre Augen.
Diesmal schmunzelt Marcus liebevoll und bevor er seine Hände weg nimmt küsst er sie liebevoll auf die Stirn.
Zaghaft lächelt sie und scheint froh zu sein dass er die Situation nicht Scham los ausnutzt. Doch zu seiner Überraschung fällt ihm Sarah um den Hals und er hält sie seinerseits einfach nur fest in seinen Armen.
Dann sagt er leise und sanft: „Auch wenn ich dich beschützen möchte weiss ich nicht ob ich in der Lage bin es zu tun. Ich bin von Natur aus nicht nett.“
Sarah löst sich und blickt ihn mit traurigem Blick an: „Das weiss ich doch.“
Nun hält er beide Hände zärtlich an ihren Kopf. Wie es wohl wäre sie zu küssen?
„Sarah, du bist ein aussergewöhnlicher Mensch. Jemanden der so sehr an die Familie glaubt und bedingungsloses Vertrauen gibt, egal was kommt und was war, so was hab ich noch nie erlebt. Wäre da nicht Lecram zwischen uns…“
Sarah unterbricht: „Er ist nicht zwischen uns er war nie…“
„Sarah!“ Marcus schüttelt abwehrend seinen Kopf: „Tu es nicht. Zerstöre diesen Moment bitte nicht. Ich habe gerade gute Laune.“ Danach legt er sanft seine Lippen auf ihre und beginnt sie langsam zu küssen. Wie vermutet wehr sie sich nicht gegen diese Art von Zärtlichkeit. Nach zwei drei dieser Wundervollen Küsse löst er sich von ihr. Zum Abschied küsst er die verwirrte Sarah nochmal auf die Stirn und erwähnt beiläufig: „Lecram wird kommen. Vielleicht schneller als du denkst. Wenigstens das kann ich dir versprechen.“
„Das kannst du Versprechen?“ Wundert sie sich.
„Denke schon, du wirst schon sehen. Ich bin da sehr zuversichtlich.“
Sarah ist verwirrt und möchte etwas erwidern doch Marcus hält seine Hand vor ihren Mund und sie verstummt.
Dann weiten sich seine Augen und Sarah hört gebannt seiner fast beschwörenden Stimme zu: „Heute Nacht wirst du tief und fest schlafen. Alles wird gut. Ich wünsche dir eine gute Nacht. Danke für deine Liebe“, dann küsst er sie nochmal sanft auf ihren hübschen vollen Mund.
Schelmisch grinsend nimmt er seine Hände weg. Und doch, es fühlt sich heute nach Abschied an. Dann lässt er sie mit grossen Augen einfach da stehen und macht sich auf zurück ins Dorf zu gehen.
Die ganze Zeit wurden sie von der Krähe scharf beobachtet!
Und Marcus war sich dessen bewusst.


Sarah

Was sie von diesem Kuss halten soll weiss Sarah im Moment auch nicht so genau. Sie möchte sich aber keine Gedanken um diesen Kuss machen. Himmel, es hat ihr gut getan. Augenblicklich bekommt sie ein schlechtes Gewissen.
Irgendetwas scheint er jedoch im Schilde zu führen.
Sie sieht doch wie gerne er mit A’bena zusammen ist, warum er stattdessen sie geküsst hat bleibt vorerst ein Rätsel. Sie will es dabei belassen. Obwohl sie nicht vermutet hätte das sein Kuss ihr gefallen könnte.
Kurze Zeit später geht auch sie den Weg zurück ins Dorf.
Die Krähe folgt ihr in langen fast lautlosen Flügelschlägen. Wohin Sarahs Weg führt, die Krähe wird an ihrer Seite bleiben solange sie kann, denn das ist ihre Aufgabe. Lecram sitzt in der Steinwüste auf einem Stein und hat alles durch die Augen des Raben mit verfolgt. Als Lecram seine Augen öffnet schmerzt sein Herz!
Dennoch gehen Sarah einige Gedanken durch den Kopf. Das bevorstehende ist unergründlich und bedrückend. Wenigstens diese Gemeinsamkeit teilen Sarah und Marcus zusammen. Sie muss jedoch gestehen wenn Marcus so nett und zuvorkommen ist kann man ihm fast nicht wiederstehen. Da sie Morgen weg sein wird spielt es im Moment keine Rolle was sie fühlt. Aber warum fühlt es sich blöd an so klang heimlich zu gehen?
Es ist bereits Abend als Sarah im Dorf ankommt. So bleibt Sarah nichts weiter übrig als in Taraks Haus zu gehen, dabei stösst sie direkt auf ihre Schwester die schon das Abendessen vorbereitet hat. Zu Sarahs Überraschung sind auch Tarak und Daria da und scheinen heute Abend mit ihnen zu speisen. Das findet Sarah zwar etwas seltsam dass Gloria für heute Abend so ein Festessen zubereitet hat, erwähnt es aber mit keinem Wort. Argwöhnisch sieht sie zu ihrem Vater und fragt sich ob er den beiden etwas von ihrem Plan erzählt hat. Das würde ihr gerade noch fehlen.
Den ganzen Abend lang wird aber mit keinem Wort ihre Abreise erwähnt. Sie unterhalten sich belanglos über jenes und dieses. Sie sitzen zusammen wie eine gewöhnliche Familie. Natürlich enden die Gespräche meistens wieder bei Marcus, denn jeder von ihnen kann seine Veränderung zwar spüren jedoch nicht sehen. Dass sich A’bena und Marcus gut verstehen finden sie jedoch völlig in Ordnung und Sarah würde sich insgeheim wünschen dass er fähig wäre sich in A’bena zu verlieben. Darüber dass Marcus sie geküsst hat spricht Sarah auch nicht. Das wird nur zu viele Fragen aufwirbeln zu denen sie in diesem Moment auch keine Antworten hat. Genau genommen ist der Abend eine willkommene Abwechslung und lenkt etwas ab.
Der Abend war ungezwungen und wunderschön doch neigt er sich jetzt dem Ende zu. Nach dem verabschieden ziehen sich Sarah und Gloria in ihre Zimmer zurück. Nach dem Zähneputzen streift sich Sarah ihren Schlafanzug über und lümmelt sich in ihr Bett als die Türe aufgeht und Gloria, ebenfalls im Schlafanzug, hineinkommt. Gloria schliesst die Türe und macht es sich im zweiten Bett, das im Zimmer steht, bequem. Dabei kämmt sie ihr langes hübsches Haar sorgfältig und sieht ihre Schwester dabei lächelnd an.
Sarah fragt erstaunt: „Was hast du vor?“
Noch kämmend erklärt Gloria: „Ich schlafe heute zur Abwechslung hier bei dir im Zimmer.“
„Nein, wirst du nicht.“ Das würde Sarahs Plan durchkreuzen.
Also legt Gloria den Kamm zur Seite und sieht Sarah mit fesselndem Blick an. „Du kannst nicht einfach so verschwinden. Eine Zwillingsschwester spürt wenn die Schwester was im Schilde führt.“
Sarah seufzt auf, ja…, damit hätte sie rechnen müssen.
„Entschuldige.“
„Was hast du dir dabei gedacht einfach so klanglos abzuhauen? Ich dachte wir wollten unsere Mutter Fenia finden?“
Gloria legt die Haarbürste endgültig auf die Seite, steht auf und umarmt ihre Schwester die mittlerweile aufgestanden ist. Ein gutes Gefühl und Sarah weiss genau dass sie ihrer Schwester eine Erklärung schuldig ist. Augenblicklich fühlt sie sich beklemmend. Schliesslich suchen sie schon so lange nach ihrer leiblichen Mutter und nun geht sie fort um ihre Privaten Dinge zu klären.
„Wir werden unsere Mutter finden. Gloria, ich muss einfach wissen was mit Lecram…“
„Geht es dir wirklich nur um dein Liebesleben?“ Gloria sieht ihre Schwester sorgenvoll an.
So gesagt fühlt sich Sarahs davonstehlen wirklich falsch an. „Nein, ich weiss nicht wie Lecram noch zu mir steht. Ich spüre Veränderungen und vielleicht hat es nicht mit Marcus sondern mit Lecram zu tun… Das einzige was ich weiss ist das Lecram mit alle dem zu tun hat. Ob er das möchte oder nicht. Vielleicht versuche ich ihn nur wieder auf die Richtige Spur zu führen. Verdammt wir brauchen Lecram auf unserer Reise.“
„Ist das alles?“ Hakt Gloria nach.
„Ich weiss er sucht nach demjenigen der ihn zum Menschen verwandeln kann. Er sucht nach seinem Schlüssel um „nur“ Mensch sein zu können und eigentlich ist genau er unser Schlüssel um Fenia zu finden und gegen Aros bestehen zu können.“
„Denkst du?“ Fragt Gloria nach.
Die beiden sitzen nachdenklich auf ein Bett und Sarah beginnt automatisch die Haare von Gloria zu einem Zopf zu flechten. Gloria hält still und geniesst es.
„Ja, das weiss ich genau“, ist Sarahs ruhige Antwort und Gloria ergänzt: „Veränderungen sind spürbar und Lecram brauchen wir tatsächlich auf irgendeine Art und Weise. Aber was denkst du wird Marcus tun?“
„Hm…, er wird irgendwann Aros Ruf Folge leisten. Ich hoffe ohne mich.“
Vielleicht ist es nur ein Wunschdenken von Sarah, doch diesen Gedanken möchte sie so gerne festhalten. Er bedeutet ihr etwas.
„Willst du weg damit Marcus dich nicht entführen kann? Ist das dein Plan? Sperren wir Marcus doch einfach ein, wäre doch einfacher.“
Sarah schmunzelt bei den Worten ihrer Schwester.
„Wir können Dinge nicht ändern für die wir bestimmt sind. Doch wir können versuchen andere Richtungen einzuschlagen damit sich manche Dinge ändern können.“
„Du meinst wohl damit sich eventuell auch Menschen ändern können“, dreht sich Gloria um und sieht ihre Schwester an da Sarah mit dem Flechten fertig ist. Sarah lächelt und ist froh dass ihre Schwester sie versteht.
„Wenn wir Marcus einsperren zetteln wir etwas an das nicht gut ausgehen kann und bestimmt nur mit Gewalt gelöst wird.“ Erklärt Sarah sachlich.
„Ja schon klar dann laufen wir Gefahr dass Aros her kommt und wir müssen dich verstecken... Hey, aber ich bin ja auch noch da, mit meiner Magie. Ausserdem sind die Elben hervorragende Bogenschützen.“
Sarah steht auf und sitzt wieder auf ihr Bett, Gloria gegenüber die sich auch wieder hin gesetzt hat.
„Ich denke nicht dass du gegen Aros und Marcus eine Chance hast. Tu dir das bitte nicht an.“ Sarahs Blick ist verzweifelt.
Gloria fühlt sich nicht angegriffen von den Worten ihrer Schwester, sie ist nur erstaunt und fragt nach: „Du denkst Marcus Magie ist so weit? Er ist nicht trainiert und weiss nicht wie er mit seiner Magie umzugehen hat.“
„Er hat seine Frisur geändert um uns verständlich zu machen dass die Dinge anders stehen als sie scheinen. Er zeigt uns dass er sich verändert und bereit ist für seinen Weg. Vielleicht braucht er kein Training da es für ihn die natürlichste Gabe der Welt ist. Er wurde da hineingeboren wie wir auch. Ich für meinen Teil glaube er ist so weit.“
Sara zuckt mit den Schultern da ihre Worte nur auf einer Vermutung gründen und Gloria rümpft ihre Nase: „Heftig! Trotzdem liebst uns alle wie wir sind, du bist unverbesserlich.“
„Ich bin eben wie ich bin“, lächelt Sarah.
„Soll ich morgen nicht besser mit dir mitkommen?“ Ergänzt Gloria schlussendlich.
Sarah denkt kurz nach. „Vielleicht sogar eine gute Idee, wenn du magst.“
„Alleine reisen macht doch keinen Spass.“ Lächelt Gloria und Sarah pflichtet ihr bei: „Stimmt, Lass uns etwas schlafen wir haben einen langen Weg vor uns. Hast du deine Sachen schon gepackt?“
„Logo“, schmunzelt Gloria.
„Na dann wecke ich dich wenn es an der Zeit ist zu gehen.“
Gloria nickt zufrieden und löscht die Kerzen aus die auf dem Nachttisch zwischen den Betten stehen. Etwas schlaf kann durchaus nicht schaden. Denn Gloria hat ihre sieben Sachen bereits gepackt und ist ebenfalls startklar. Sarah hätte nicht gedacht dass der Abend eine solche überraschende Wende nimmt. Beide sind müde und schlafen rasch und zufrieden ein.


Kapitel 6

Sarah

Sie erwacht und sieht auf ihre Uhr die sie extra von der Erde mitgenommen hat. Sie staunt da sie nicht vor hatte so lange zu schlafen. Es ist bereits kurz vor Sonnenaufgang. Gar nicht wie geplant!
Doch irgendwie war nach dem Besuch von Gloria alles anders. Dann reibt sie kurz ihre Augen und will sofort Gloria wecken doch zu ihrem grossen Erstaunen ist Gloria bereits weg! Was ist hier los? Sie müssen schleunigst von hier weg, bevor Marcus aufsteht. Sarah hat verschlafen, doch wo steckt Gloria? Nun ja, vielleicht will Gloria sich ja noch von Daria und Tarak verabschieden, wäre durchaus möglich. Dafür hat Sarah auch Verständnis. Jedoch besteht die Gefahr dass Marcus dabei erwacht. Sarah hofft innständig dass Gloria stattessen einen Brief geschrieben hat den sie noch rasch für Daria hinterlegen möchte.
Also zieht sich Sarah rasch an und nimmt ihren Rucksack den sie am Tag zuvor bereits gepackt hat und streift ihn über die Schulter. Dann sieht sie kurz nach ob Gloria vielleicht einfach noch in ihrem Zimmer steckt um den Rest zusammen zu packen. Fehlanzeige! Sie ist nicht da!
Demnach muss Sarah doch noch rasch einen Abstecher zu Daria und Theos Haus machen. Schei…!
Sie sortiert ihre Gedanken. Sie muss los!
Da Tarak noch schläft und sie ihn nicht wecken möchte hält sie ihre Hand zum Abschied an seine Schlafzimmer Türe. Auch wenn ihr Vater keinen grossen Gefühlen zeigen kann liebt sie ihn dennoch. Er ist eben wir er ist, ausserdem schmerzt sein Herz da er schon so lange von Fenia getrennt leben muss. Zu wissen dass die grosse Liebe lebt aber für einen Verloren gilt kann nicht einfach sein. Da haben sie und ihr Vater etwas gemeinsam. Ihr Vater hat sich nie beklagt aber auch nie darüber gesprochen. Nun murmelt sie ein paar Sätze zum Abschied und bekommt glasige Augen. Sich einfach weg zu schleichen hat sie sich einfacher vor gestellt als es tatsächlich ist. Es fühlt sich falsch an!
Danach atmet sie zwei drei Mal tief durch und legt sich kurzerhand einen Plan B zu Recht.
Wenn Gloria aus irgendeinem Grund die Sache verpatzt haben sollte kann sie die Abreise auch einen oder zwei Tage verschieben… Unter Umständen fliegt es eben ins Wasser. Ja, das wäre durchaus möglich.
Etwas zerstreut geht sie zur Eingangstüre und öffnet diese so leise wie möglich. So schleicht sich aus dem Haus und schliesst die Türe genau so leise wie sie diese geöffnet hat. Als sie sich umdreht um Gloria bei Darias Haus zu suchen macht sie eine überraschende Entdeckung.
Abrupt bleibt sie stehen!
Sie bleibt wie angewurzelt stehen!
Kann das wirklich sein oder steckt sie in einem Traum fest!
Ihre Augen weiten sich, und doch traut sie ihren eigenen Augen nicht. Fassungslos sieht sie ihn einfach nur an. Vor ihr steht Lecram der ganz legere an dem gegenüber liegenden Baum lehnt und an einer Stanzini Wurzel kaut. Diese Wurzel schmeckt bitter, aber gibt einem unglaublich viel Energie. Er lächelt verhalten und richtet seinen Blick ganz auf sie. Sein Blick ist liebevoll jedoch hart.
Himmel, die halblangen Haare stehen ihm einfach, geht ihr gerade durch den Kopf. Steht ihr der hübsche Bursche mit den halblangen dunkelblondem Haar und den grünen Augen wirklich hier ihr gegenüber? Sarah ist immer noch nicht ganz sicher… Sie ist in Versuchung sich zu kneifen. Doch so weit kommt es nicht da Lecram auf sie zu kommt und leise zu ihr spricht: „Guten Morgen Sarah, wir müssen dringend reden?“
Jetzt löst sich ihre Starre und Sarah muss sich eingestehen dass sie sich die Begrüssung romantischer ausgemalt hat. Sie fällt ihm nicht, wie ausgemalt, um den Hals. Sie sind beide distanziert.
„Bist du es wirklich oder träume ich?“ Hackt sie doch noch nach. Schliesslich ist sie immer noch unsicher. Zumal ihr auffällt dass er an der linken Wange eine Narbe bekommen hat. Nicht riesen gross, aber gross genug dass sie auffällt.
Lecram lächelt immer noch verhalten, fährt mit seiner linken Hand über ihre Wange und küsst sie dann sanft auf die Stirn. Dabei gibt es einen kleinen Elektrischen Impuls. Ja, er ist wieder da und Sarahs Beine drohen weg zu brechen und ihr Herz macht einen Satz. Tausend Fragen schiessen ihr durch den Kopf, trotzdem sagt sie kein Wort und als er ihr seine Hand anbietet nimmt sie diese kommentarlos an. Sein Händedruck ist kräftig und lässt sie wissen dass sie nicht träumt. Ihren Rucksack lässt sie zu Boden gleiten und sie gehen ein Stück bevor die beiden sich etwas abseits am Bach auf einer hölzernen hübsch geschwungenen Bank hinsetzen.
Da platzt es aus Sarah heraus: „Was, wie, ich meine…, du bist hier! Gloria und ich wollten doch zu dir in die Steinwüste…, doch nun bist du uns zuvor gekommen und zwar als Mensch. Du hast mich im Stich gelassen. Ich… Du hast eine Narbe.“
„Du bist verwirrt. Das ist dein gutes Recht aber bitte…, du musst mir jetzt gut zuhören und versuchen ruhig zu bleiben bei dem was ich dir jetzt erzähle. Versprochen?“
Lecram spricht leise und doch so bestimmend dass Sarah die Ernsthaftigkeit war nimmt. Verwirrt nickt sie.
Lecram schliesst kurz seine Augen als müsste er sich sammeln bevor er erklären kann. Diese Geste verleiht dem ganzen noch etwas mehr an Gewichtigkeit.
„Nun…, wie soll ich dir das…, ich meine…, also es ist.“ Er hat es sich einfacher vorgestellt und unterbricht kurz sein Gestammel. Sarah wartet geduldig bis er sich gesammelt hat.


Lecram

Herrgott noch mal stellt er sich dumm an. Was er ihr erzählen will hat er sich doch bereits tausendmal durch den Kopf gehen lassen. Doch sie endlich wieder vor sich sehen zu können hat ihn wohl doch etwas durcheinander gebracht.
„Lecram, worum geht es?“ Drängt Sarah nun.
„Marcus ist auf dem Weg zu … Aros…“, er macht eine Pause, er weiss genau er kann direkt zu ihr sein, „ und zwar mit Gloria im Schlepptau!“
Sarah hat das Gefühl ihr Herz bleibt einen Moment stehen, bleibt aber erstaunlich ruhig. Sie scheint wie gelähmt. Augenblicklich fällt es ihr wie von den Schuppen:
„Er hat tatsächlich einen Zauber gegen mich benutzt!“
„Mehrere!“ Stimmt Lecram ihr zu, „er hat euch alle mit einem Zauberspruch ruhig gestellt und mehr oder weniger für seine Zwecke benutzt.“
„Er ist gut“, bemerkt Sarah.
„So kann man es auch sehen.“
Ja, jetzt scheint ihr alles irgendwie logisch. „Doch warum bist du hier und Gloria weg. Marcus hätte mich mit Leichtigkeit entführen können…, wenn er gewollt hätte. Soll ich dich mit Fragen löchern oder hast du die Lösung warum, weshalb, wieso Gloria und nicht ich?“ Ist sie jetzt doch etwas endtäuscht von allen übers Ohr gehauen worden zu sein.
Lecram lächelt da er geahnt hat sie möchte die Wahrheit wissen. Er schätzt es dass sie noch dieselbe geblieben ist. Ihre Haare sind lediglich ein wenig länger geworden dass ihr auch ausgezeichnet steht. Sie wirkt dadurch Feminin. Wenn sie wütend ist sieht sie unglaublich aus. Ihre Rehbraunen Augen sehen ihn direkt an.
„Nun…, Marcus scheint einen Plan zu haben. Ich kann dir nur weitergeben was mir die Krähe gezeigt hat. Marcus hat ebenfalls gespürt dass Aros nach uns ruft“, Lecram holt kurz Luft, „auch ich spüre Aros im Nacken, Tag ein Tag aus. Es ist wie ein unsichtbares Band das daran zieht bis wir nachgeben.“
„Macht es dir Angst?“
„Angst trifft es nicht aber ich habe grossen Respekt da ich nicht sagen kann wann ich dem Druck wiederstehen kann. Weil Marcus dich schützen möchte hat er den Plan gefasst nicht dich sondern Gloria mit zu nehmen. Das gibt dir und allen anderen etwas mehr Zeit. Wofür auch immer und Gloria wird es gut gehen, dafür wird Marcus schon sorgen. Sie ist für ihn wie eine Schwester.“
„Dafür haben wir keine Garantie…“
Er weiss dass sie Recht hat, will ihr aber keine Angst vermitteln. „Nun, ich denke Gloria ist Aros druck Mittel. Sie wissen dass wir Gloria dort raus holen wollen. Nur wissen sie nicht wann und wir haben vielleicht noch so etwas wie den Überraschung Effekt der für uns spricht.“
„Marcus ist uns einige Schritte voraus.“
„Und auch wieder nicht, denn er weiss nicht wie es bei Aros weiter geht. Ich denke er hat auch gehörigen Respekt wenn nicht sogar grosse Angst im Nacken.“
„Denkst du Marcus ist auf unserer Seite wenn es hart auf hart kommt?“
Lecram stöhnt kurz auf und bleibt dann aber ehrlich: „Ich habe wirklich keine Ahnung!“
Wer weiss schon wie sich die Dinge entwickeln. Auch Gloria könnte sich mit dem richtigen Zauberspruch gegen ihre Familie wenden. Das wäre alles möglich. Was für schreckliche Gedanken den er besser für sich behält.
„Warum bist du hier? Ich hatte nicht das Gefühl dass du meine Nähe suchst.“ Reckt sie ihr Kinn und klingt tatsächlich schnippisch. Aber sie sieht süss aus.
Lecram wusste dass diese Frage kommt, ist trotzdem betroffen und sein Gesicht spiegelt dies auch. Dieses Gespräch muss er führen auch wenn er es nicht möchte. Er wusste dass sie alle Fakten wissen möchte. So ist sie nun mal. Aber nicht hier und nicht jetzt kann er alle Karten offen auf den Tisch legen. Zumindest kann er ihr sagen wie die Dinge sich entwickelten.
„Marcus hat die Krähe gekonnt eingesetzt um mir verständlich zu machen was er zu tun gedenkt. Ihr habt das gar nicht alles mitbekommen. Er wusste dass ich so rasch wie möglich her komme wenn es um dich geht. Denn mir hat er weiss gemacht dass er dich entführen will und das konnte ich nicht zulassen. Also bin ich hier. Sein Plan ist aufgegangen.“
„Er hat also auch dich hinters Licht geführt.“
„Ja“, nickt Lecram, „dafür bin ich ihm ausnahmsweise äusserst dankbar.“
Er lächelt warm und bei ihrem Blick zieht es ihm den Magen zusammen.
„Wirklich? Weshalb hast du dein Versprechen nicht eingehalten und bist bei deiner ersten Rückverwandlung vom Gargoyle zum Menschen nicht zu mir ins Dorf gekommen?“
Verdammt, das Gespräch nimmt einen Verlauf den er nicht möchte. Er möchte sie so lange wie möglich von sich fern halten. „Ich wäre auch jetzt noch nicht gekommen“, gibt er ehrlich zu und Sarah beisst sich auf ihre Unterlippe.
Die Worte tun weh, auch ihm.
Da sie auf seine Worte nicht reagiert holt Lecram weiter aus: „Nicht aus dem Grund den du vielleicht annimmst. Ich fühle mich einfach so verdammt wohl in der Steinwüste. Dort bin ich nur für eine Woche anders, ansonsten unterscheidet mich nicht sehr viel von denjenigen die dort leben und ich habe Freunde gefunden… Sie geben mir ein gutes zu Hause. Mein Dämon findet dort Ruhe.“
„Ich dachte du liebst mich.“ Ihre Augen werden wässerig als sie ihm direkt in die Augen sieht und er hält ihrem Blick stand als er dementiert: „Lassen wir die Gefühl mal bei Seite und denken logisch. Hier bist du besser aufgehoben. Du bist bei deiner Familie. Ausserdem haben wir andere Dinge zu erledigen.“
Herrgott, wie sehr er sich wünscht sie in die Arme zu schliessen, er darf nicht, es ist nicht gut für sie. Da Sarah immer noch nicht spricht bückt sich Lecram etwas zu ihr hinüber bis sie Stirn an Stirn da sitzen. Tatsächlich tut diese Geste gut und Sarah muss nun auch befangen lächeln. Lecram erwähnt leise und rümpft dabei seine Nase: „Sarah, du musst den anderen von diesem Vorfall erzählen? Da müssen wir durch.“
Das wäre wohl der unangenehme Teil der jetzt noch auf sie zukommt. Sie nickt seufzend! Als er sich wieder normal hinsetzt tut Sarah etwas womit er nicht gerechnet hat. Sie fährt mit ihrer Hand seine kleine Narbe nach. Das zuvor wieder einen kleinen elektrischen Impuls erzeugt doch sich unglaublich gut anfühlt. Er zieht sich nicht zurück und sie fragt: „Wieso hast du eine Narbe?“
„Wieso?“, versteht er die Frage nicht genau.
„Ich meine wenn du als Gargoyle einen Tag als Steinsäule verharrst heilen dein Wunden doch.“
Da kennt sich jemand aus, ist er stolz darauf dass sie sich solche banalen Dinge merkt.
„In der Regel schon. Doch hier habe ich mir doch eine gröbere Verletzung geholt. Ich kann froh sein das fast nichts mehr zu sehen ist.“ Vom Schmerz spricht er erst gar nicht.
„Was hast du getan? Oder wer hat es getan?“ In Sarahs Stimme klingt bedauern.
„Das habe ich ganz alleine geschafft. Bin von Klippe zu Klippe gesprungen und habe mal nicht aufgepasst… wums flog ich die ganze Klippe hinunter.“
Sarah rümpft ihre Nase und es scheint fast so als könne sie sich die schmerzen irgendwie vorstellen. Da sie kein Wort mehr spricht muss er nochmal erwähnen: „Wir müssen zu Daria und Tarak.“
Also machen sie sich gemeinsam auf den Weg zu Daria. Diesmal erklärt Lecram seiner Mutter was er durch die Augen der Krähe gesehen hat und nun eingetroffen ist. Daria schwankt zwischen Endtäuschung und der Freude Lecram zu sehen. Es ist wie es ist, Daria muss es zuerst sacken lassen und lässt Sarah mit Lecram alleine zu Tarak ziehen. Natürlich umarmt Daria mit Wasser in den Augen ihren Lecram nochmal bevor sie gehen.
Mit den Worten: „Wirklich schön dich gesund zu sehen“, lässt sie ihn gehen.
Lecram nickt und lächelt verhalten. Auch Lecram freut sich seine Mutter wieder zu sehen, nur kann er es nicht dementsprechend zeigen. Körperkontakt ist ihm immer noch sehr fremd.
Danach machen sich Sarah und Lecram auf den Weg zu Tarak. Sie halten einander nicht fest, sie gehen stumm neben einander her. Er steckt seine Hände in seine Jeanstaschen und Sarah hat ihre Arme verschränkt. Zu viel geht ihnen im Moment im Kopf herum. Keiner von ihnen konnte wissen wie die Dinge verlaufen werden. Sarah ist vermutlich froh ihn in ihrer Nähe zu haben, doch der Schmerz Gloria und Marcus verloren zu haben überwiegt im Moment. Sie sind auf ihn herein gefallen. Er hat sie alle an der Nase herum geführt!
Vor Taraks Haus gibt Sarah ihm ein Zeichen dass sie gerne alleine mit ihrem Vater sprechen möchte. Für ihn kein Problem.
Er wartet draussen geduldig, wie zuvor schon, bei dem alten knorrigen Baum der Schatten spendet da die Sonne mittlerweile schon hoch steht. Lecram nützt die Gelegenheit um sich in Ruhe etwas um zu sehen. Die Zeit vergeht und die Elben gehen ihren Verpflichtungen nach. Lecram beobachtet die Elben die dem Tagesgeschehen nachgehen und kaut wieder an seiner Stanzini Wurzel die er wieder aus der Hosentasche zieht, dabei kneift er kurz die Augen zusammen da die Wurzel im ersten Moment doch sehr sauer ist. Ausserdem staunt er darüber wie anmutig die Elben ihre Tagesgeschäfte machen. Egal was sie tun, sie sehen alle anmutig bis sogar elegant aus. Ihre Ausführungen sind präzise und die hellen Gewänder sehen einfach wunderschön aus. Auch wenn er durch die Krähe das Leben hier beobachten konnte ist es nicht dasselbe es mit den eigenen Augen selbst sehen zu können. Was für ein hübscher, friedlicher Ort im Gegensatz zu der Steinwüste.
Seine Gedanken schweifen ab. Er kann sich noch gut an den Augenblick erinnern als Sarah ihn, gemäss seinem Wunsch, mit Migdal und Lamos in die Steinwüste geschickt hat. Zuerst hat sie diese schöne Blase geformt und einen Augenblick später standen er und die Gargoyles in einem grossen unterirdischen grossen Saal. Er musste sich zuerst an das schummrige Licht gewöhnen als ihn dann Migdal auf die Schulter geklopft hat mit den Worten: „Willkommen in unseren Höhlen. Fühl dich wie zu Hause.“
Dann wurden sie von anderen Gargoyles freudig begrüsst und er hatte grosse Mühe sich in dem Gewirr zu Recht zu finden. So viel Steinwesen auf einem Haufen waren für Lecram fast zu viele Eindrücke!
Damals war er mit der Situation kurzerhand überfordert. Seine Rettung war der kleine etwas stämmige Junge Gargoyle der Ähnlichkeit mit Lamos, blaugraue Hautfarbe und einen Irokesen Haarschnitt, hatte. Der Junge nahm ihn einfach bei der Hand und führte ihn durch ein paar Tunnels etwas Abseits ins Freie auf eine Klippe hinaus. Lecram erinnert sich als der kleine Junge ihn fragte: „Du bist neu hier. Wie ist dein Name?“
„Lecram…, und du bist?“
„Venez, der Sohn von Lamos“, strahlt der kleine stolz über sein Gesicht das bei ihm auch, wie bei Lamos, eher einer Fratze gleicht als einem Lächeln. Lecram lächelt also automatisch auch. Wäre er nicht schon sich selbst sowie Lamos und Migdal gewöhnt würde er ab diesen Dämon der vor ihm steht erschrecken. Wie er hat Venez rubinrote leuchtende Augen. Wenn Venez lächelt sieht man die Reisszähne. Dazu den steinigen Körper mit den spitzen Ohren und dem Irokesen Haarschnitt. An Händen und Füssen richtige Pranken mit Klauen daran und einen Schwanz am Hinterteil der zur Hose hinaus schaut. Die Ähnlichkeit mit Lamos ist nicht zu übersehen. Dann hören sie von drinnen Stimmen die nach Venez rufen und der Junge stapft lächelnd wieder davon. Endlich hatte Lecram einen Moment für sich alleine uns sah sich die Gegend an. Schliesslich hat er ja schon viel von den beiden Gargoyles über die Steinwüste gehört. Lecram stand hoch oben auf einem Felsvorsprung. Rechts und links von ihm hat es Klippen. Dann viel sein Blick auf etwas Unglaubliches: An diesen Klippen oder Steinhängen entlang, wie auch immer man es nennen mag, sah er überall Eingänge zu den verschiedenen Höhlen die wohl von den Gargoyles bewohnt wurden.
Und dann sah er sie, die Drachen!
Die einen hockten auf den Felsvorsprüngen, einige sassen im Sand und es sah aus als würden sie sich im Mondschein baden. Andere hingegen hingen an den Felsvorsprüngen wie Fledermäuse an einer Wand. Die Vielfalt der Drachen in Grösse, Form und Farbe war auf den ersten Blick erstaunlich. Das war also die Steinwüste.
Es scheint wirklich so als gäbe es nichts anderes als Klippen die Bucht und das weite Wasser. Weit draussen auf dem Wasser sah Lecram eine Insel. Die Insel sah, im Gegensatz zu hier, grün aus. Das milde Klima hier erstaunte Lecram da er mit glühender Hitze gerechnet hat. Aber es war ja bereits Nacht. Ja, diesen ersten Anblick wird Lecram wohl nie vergessen. Die Steinwüste würde sein zu Hause sein und wenn er Glück hat ist hier derjenige zu finden der ihn vom Dämonen Schicksal befreien kann. Dann löst er sich von seinen Gedanken in der Steinwüste und sah sich hier bei den Elben nochmal um. Hier bei den Elben blüht das Leben in allen Farben während man nur den Flüssen zu folgen braucht und dann automatisch zur Steinwüste gelangt. Das erstaunliche an der Steinwüste ist wohl das keine Pflanze wächst obwohl es nicht an Süsswasser mangelt. Zuerst dachte Lecram die Steinwüste grenzt an das Meer weil er, soweit seine Augen reichen, nur Wasser sieht. Umso mehr staunte er als er bemerkte dass es sich um Süsswasser handelt. Die Gargoyles kennen den Ausdruck Meer und Salzwasser nicht. Sie nennen es schlicht: das Wasser! Eine dunkle, melodische Männerstimme holt Lecram aus seinen Gedanken.
„Lecram…, Aros Sohn.“
„Sowie Darias Sohn“, ergänzt Lecram und dreht sich zu diesem Elb um mit dem Wissen es handelt sich dabei um Tarak. Vor ihm steht der schlanke Elf mit den langen schwarzen Haaren und dem blassen Gesicht dessen Alter man kaum schätzen kann durch sein jungenhaftes Aussehen. Lecram begrüsst ihn mit einem Kopf nicken. Tarak schätzt diese Geste der Begrüssung und lächelt leicht als er die Begrüssung erwidert.
Sarah steht am Eingang und wartet erst mal ab.
„Lecram, ich würde gerne mehr über dich erfahren. Erweist du mir die Ehre ein paar Dinge über dich in Erfahrung zu bringen?“
„Natürlich.“ Hat er überhaupt eine Wahl?
„Dann lass uns ein paar Schritte gehen.“
Lecram nickt einverstanden und Tarak richtet sein Blick kurz zu Sarah um ihr verständlich zu machen dass er mit Lecram alleine Zeit wünscht was Sarah versteht. Deshalb nickt sie ihm verständnisvoll zu. Lecram sieht auch noch rasch zu Sarah und lächelt ihr etwas verlegen zu. Die beiden Männer schlendern gemächlich durch die Häuser und Lecram sieht den einen oder anderen seltsamen prüfenden Blick der Elben. Dabei bewundert Lecram das schöne lange Haar dass die Elben tragen. Tarak hat seine Hände am Rücken verschränkt und erhebt als erster das Wort: „Nun denn junger Mann, bist du den ganzen Weg gelaufen.“
„Nein, einer der Drachen hat mich so nah als möglich her gebracht.“
„So, so, du bist tatsächlich ein verloren geglaubter Drachenreiter?“
Lecram schmunzelt bei den Worten: „Wie man es nimmt, sie lassen mich nur wenn ich ein Mensch bin.“
Das bringt tatsächlich auch Tarak zum Lachen und dann bleibt dieser plötzlich stehen um Lecram musternd an zu sehen: „Verheimlichst du uns in Bezug auf deinen Bruder etwas?“
„Nein, dazu habe ich keinen Grund.“ Automatisch schüttelt er leicht seinen Kopf um seiner Aussage Gewicht zu verleihen.
„Ist dein Vater nicht Grund genug?“ Bringt es Tarak direkt auf den Punkt. Lecram presst kurz seinen Kiefer zusammen bevor er antwortet: „Es fühlt sich an als wäre ich mit Aros wie durch ein durchsichtiges Band verbunden und er zieht jeden Tag so fest daran wie möglich. Nur um zu prüfen ob ich dem ziehen nachgebe. Bis anhin hatte ich genügend Kraft zu wieder stehen.“
„Willst du mir damit sagen dass du kräftiger und stärker als dein Bruder bist?“ Nach diesen Worten geht Tarak weiter bis zum Fluss und bleibt davor stehen, dabei sieht er dem Wasserfluss nach. Lecram folgt ihm mit den Worten:
„Nein keines Wegs. Er ist der Magier und ich spüre dass er mittlerweile schon ziemlich gut darin ist. Ich bin lediglich ein Gargoyle mit dem Element Feuer das mich zu den Drachen geführt hat. Dass die Drachen mich akzeptieren macht mich noch lange nicht zu einem Drachenreiter. Ich vermute das Band von Aros und mir ist nicht so stark wie das zu Marcus.“ Schulterzuckend bleibt er neben Tarak stehen und ist froh dass Tarak so offen seine Gedanken ausspricht.
„Sei nicht so bescheiden“, sieht Tarak nun zu Lecram, „das alles ist eine Art Magie. Vielleicht eine grössere Magie als du an nimmst. Du bist mächtiger als du denkst.“
Lecram muss schmunzeln: „Tarak, ich bin nicht mächtig.“ Tarak mustert Lecram kurz. „Es gibt einen Unterschied zwischen Macht aneignen oder zu sein was man ist.“
„Ich bin ich.“
„Bist du Lecram der Mensch oder Lecram der Gargoyle?“
Da Lecram nicht direkt antwortet schiebt Tarak nach: „Hast du deine Antworten gefunden?“
„Antworten?“ Versteht Lecram nicht auf Anhieb und fühlt sich im Moment etwas überfordert durch die vielen Fragen.
„Sarah und Gloria haben mir von Fenias schreiben erzählt dass dein Fluch, vom geeigneten Partner, aufgehoben werden kann…, und ich gehe davon aus dass du den Fluch brechen möchtest und den Partner suchst.“
Lecrams leiser Seufzer ist durchaus hörbar, dabei verschränkt er seine Arme. Plötzlich fühlt er sich unbehaglich und verengt seien Augen.
„Ja, ich hatte gehofft einen Drachen oder Gargoyle zu finden der meinen Fluch auflösen könnte. Doch auch dort weiss niemand mit dieser Information etwas anzufangen. Zuerst dachte ich es sei mein Bruder die Krähe oder Sarah oder meine Mutter. Nichts!“
„Das tu mir leid.“ Meint Tarak aufrichtig.
Darauf kann Lecram nichts antworten, er hat nicht damit gerechnet dass Tarak ihn mit so viel Freundlichkeit und Verständnis empfängt. Ein aussergewöhnlicher Elb.
Dann dreht sich Tarak so dass er Lecram direkt in die Augen sehen kann.
„Du musst müde sein. Vielleicht solltest du etwas schlafen und danach sitzen wir zum Rat zusammen.“
„Das klingt vernünftig“, Lecram und ist froh sich etwas hin legen zu können. Nach der Verwandlung hat er kaum geschlafen und tatsächlich freut er sich auch wieder mal auf ein richtiges Bett. Aus diesem Grund schlendert Tarak mit ihm wieder zu Darias Haus und sie verabschieden sich mit einem hochachtungsvollen Kopfnicken.
Daria hat schon auf ihn gewartet und nimmt ihn noch mal mit einer ausgiebigen Umarmung sofort in Empfang. Und Lecram lässt sich ausnahmsweise mal in ihre Arme fallen. Er ist erschöpft und freut sich so sehr dass es seiner Mutter gut geht. Dann zeigt sie ihm sein Zimmer, wo zuvor auch Marcus geschlafen hat. Zwar hätte er auch das andere noch unbenutzte Zimmer benutzen können. Doch irgendwie hofft er in diesem Zimmer von Marcus irgendeinen Hinweis zu finden. Obwohl es er früh am Morgen ist, zieht sich Lecram zurück um etwas zu schlafen. Zuvor durchsucht er das Zimmer von Marcus nach irgendwelchen Hinweisen. Er hat gehofft einen Anhaltspunkt zu finden was sein Bruder wirklich vor hat. Zu seinem Verdruss wird er noch nicht fündig. Er findet bloss das zerlegte Handy von Marcus am Boden liegen also gibt er seiner Müdigkeit nach und legt sich noch angezogen ins Bett und schläft sofort ein.


Kapitel 7

Lecram

Als Lecram erwacht streckt er sich ausgiebig um dann auf zu stehen. Er ist mit seinen Kleidern, einer Jeans und weissem Shirt, zu Bett gegangen. Wie praktisch dass er seine Kleider noch an hat. Eigentlich wollte er ja nicht so lange schlafen, doch jetzt, einen Tag später fühlt er sich richtig erholt. Zudem ist er dankbar dass sie ihm die Zeit dazu gegeben haben. Was im Grunde genommen nicht selbstverständlich ist. Bestimmt haben alle etliche Fragen, doch er keine Antworten.
Also steht er auf und geht in den Wohnraum. Zu seinem Erstaunen ist niemand von seiner Familie im Haus. Also wäscht er zuerst seine Zähne und sein Gesicht an der Waschgelegenheit in der Küche.
Entweder haben die anderen etwas Wichtiges vor oder lassen ihm Zeit um sich hier zu Recht zu finden. Er sieht sich kurz im Haus um und denkt dabei automatisch an Marcus. Seinem Bruder kann es hier nicht gefallen haben. Vermutlich hat er aus lauter Frust das Handy auf den Boden geschossen. Er weiss dass sein Bruder die Zivilisation mit all dem Schnickschnack dazu liebt.
Lecram hingegen liebt die Natur und das Einfache, sein Bruder ist der Gegensatz. Bei Marcus liebt das moderne und kühle. In was für eine blöde Situation hat sein Bruder sie da rein gebracht.
Nach der Hausinspektion, die rasch erledigt ist kommt es ihm entgegen im Alleingang durch den Ort Trisyt zu schlendern. Sein Wunsch ein Mensch bleiben zu können besteht noch, nur nicht mehr so heftig. Die Gargoyles geben ihm ein gutes zu Hause wo er sich als Gargoyle wohl fühlt. Doch als Mensch wäre er dort tatsächlich wieder lieber der Gargoyle. Das er dauerhaft in der Steinwüste ein Gargoyle bleiben möchte…, dieses Gefühl ist neu und aussergewöhnlich da er dieses schreckliche Wesen aus Stein, diesen Dämon mit den Rubinroten Augen so sehr gehasst hat. Was wird hier in diesem Land bloss aus ihm?
Ein Mensch der weder das eine noch das andere wirklich ist und hier Orte gefunden hat sich als Gargoyle sowohl als Mensch wohl zu fühlen. Himmel und Hölle, was für ein beschissenes Leben.
Aber es nützt nichts Trübsal zu blasen. Wobei er in dieser Disziplin bestimmt gut abschneidet. Wie immer muss er das Beste daraus machen. Hat er überhaupt eine Wahl? Es scheint fast so als stützen sich alle auf ihn ab und sie hoffen wohl dass er weiterhelfen kann. Dabei ist er nur ein weiterer Spielball von Aros. So kommt es ihm zumindest im Moment vor. Jetzt ist er menschlich und das möchte er geniessen. Er spaziert einfach den Weg entlang. Dabei trifft er den einen oder anderen Elb der seinem Tagesgeschäft nach geht. Zur Begrüssung nicken sie einander hochachtungsvoll zu. Hier scheint jeder genau zu wissen wer er ist aber niemand stellt Fragen. Ist das jetzt gut oder schlecht?
Schlussendlich kommt Lecram zu den Bogenschützen und tritt in das kleine Haus wo die Elben die Kärcher, Bogen, wie auch die Pfeile, her stellen. Sofort kommt ein Elb mit langen Geraden blonden Haaren und grauen Augen auf ihn zu. Der Schalk in diesem Gesicht lässt Lecram nicht los. Hochachtungsvoll nicken sie einander zu und der Elb spricht mit einer hellen, klaren und freundlichen Stimme: „Ich bin Malenko, kurz Malek. Du bist Marcus Bruder Lecram.“
Lecram nickt freundlich und ist neugierig da Malek immer noch strahlt wie die zwei Sonnen selbst. Herrgott, hat hier jeder so gute Laune?
„Komm mit, ich habe was für dich“, hat Malek den Satz kaum fertig gesprochen und klopft dabei Lecram auf die Schulter um zu bestätigen er solle ihm nachkommen. Wortlos und etwas neugierig folgt Lecram ihm wieder aus dem Haus hinaus bis sie auf der Wiese stehen mit den Zielscheiben. Danach nimmt Malek einen Bogen in die Hand und einen Köcher mit Pfeilen und drückt das Ganze Packet Lecram in die Hand mit den Worten: „Hier..., das hat dein Bruder für dich her gestellt. Ich hoffe bloss du bist ein besserer Schütze als er.“ Malek grinst über das ganze Gesicht. Tatsächlich fühlt sich Lecram in Maleks Gegenwart gut. Man könnte denken die beiden kennen sich schon länger. Eine Welle des Vertrauens kommt Lecram entgegen und er kommt aus dem Staunen nicht raus: „Das hat Marcus selbst gemacht?“ Das kann er fast nicht glauben.
„Ja, er hat gewusst dass du uns bald besuchen kommst und sich gedacht du brauchst es vielleicht eher als er. Er hat gesagt du wärst ein guter Schütze.“
„Interessant!“ Schnellen seine Augenbrauen in die Höhe.
„Kannst du damit wirklich umgehen?“, ist nun Malek neugierig und strahlt immer noch mit den beiden Sonnen.
Da Lecram seine Zielgenauigkeit mit dem Feuer kennt prahlt er leicht: „Das dürfte das kleinste Problem sein.“
Also nimmt er den Bogen in die rechte Hand und mit der linken Hand spannt er einen Pfeil nah an sein Gesicht nach hinten. Er zielt auf die Scheibe die am weitesten entfernt steht und lässt dann los. Der Pfeil schnellt leise durch die Luft und trifft voll ins Schwarze. Der Pfeil trifft mit einer solchen Wucht ein dass die Tafel droht zu kippen aber dann doch stehen bleibt.
„Genau wie dein Bruder gesagt hat. Grossartig.“ Klopft Malek ihm bewundernd auf die Schulter und erwähnt: „Willkommen zu Hause, Lecram aus dem Hause Aros mit dem Geschick Darias und Bruder von Marcus.“
Was für eine Begrüssung! So förmlich, das bringt Lecram zum Schmunzeln und er überlegt ob er wirklich hier zu Hause sein könnte wenn es da nicht den Gargoyle gäbe der ihn in die Knie zwingt. Der Elb mit dem Namen Malek ist Lecram sehr sympathisch. Tatsächlich scheint er hier Freunde zu besitzen die ihn akzeptieren wie er ist. Ob sie ihn als Gargoyle auch so nett behandeln würden?
„Nicht da ist man daheim, wo man seinen Wohnsitz hat, sondern wo man verstanden wird.“ Hört Lecram Sarah hinter sich zitieren und dreht sich augenblicklich in ihre Richtung um und sieht sie lächelnd bewundernd da stehen. Er versteht was sie mit diesem Zitat von Morgenstern aussagen möchte. Natürlich versteht Sarah die Zwiespältigkeit seiner Person. Wie könnte sie nicht. Sie sieht in allen Dingen etwas Positives oder hält zumindest so lange daran fest bis das Gegenteil bewiesen ist. Das macht sie einzigartig. Könnte er nur so aufrichtig zu ihr sein. Lecram überlegt sich noch eine Antwort als Malek ihm zuvor kommt: „Nun denn, ich lasse euch alleine. Lecram wir sehen uns noch. Sarah ich grüsse dich.“
„Ich grüsse dich Malek.“ Erwidert Sarah und mit
einem Kopfnicken verabschieden sie sich voneinander. Nun steht Lecram da mit seinem Bogen und dem Köcher den er sich schliesslich lässig über die Schulter hängt. Er ist stolz ihn tragen zu dürfen und staunt über Marcus Talent.
„Guter Schuss“, lobt Sarah und ist froh ihn heute so entspannt an zu treffen.
„Danke.“
Sarah geht ganz nah an ihn heran und sieht ihn mit ihren grossen Rehbraunen Augen an als scheint sie etwas in ihm zu suchen. Lecram lenkt ab indem er mit seiner linken Hand über ihre kurzen schwarzen Haare wuschelt und dabei grinst: „Du hast mich gesucht? Worum geht’s?“
„Ja, wir haben gedacht es ist Zeit für den Familien Rat bei Tarak im Haus.“
Das war ja klar. Also nickt er und macht sich mit Sarah auf den Weg. Sarah möchte seine linke Hand nehmen, doch Lecram fällt ausversehen der Bogen runter den er dann in der linken Hand fest hält. So dass er Sarahs Hand nicht nehmen kann. Er weiss dass er nicht ganz fair ihr gegenüber ist, kann aber im Moment nicht anders. Er darf keine derartigen Gefühle zulassen, um ihretwillen. Diese Mauer dient zu seinem wie auch ihrem Schutz. In ihrem Gesichtsausdruck kann er lesen dass sie gekränkt ist und dennoch bewundert er ihre Stärke dass sie es im Moment so akzeptiert. Im Gegensatz zu sich selber ist sie sich treu geblieben.
Im Haus sitzen Maria und Tarak am grossen runden Holz Tisch und haben die beiden bereits erwartet. Also setzen sich die beiden dazu und Tarak fragt in die Runde:
„Was gedenken wir zu tun?“
„Wir müssen Gloria dort raus holen“, meint Daria und Sarah erwidert: „Wir sind noch nicht auf Aros vorbereitet. Damit rechnen sie doch bloss. Oder hoffen es.“
Dann geht das Wortspiel noch einige Male hin und her bis Tarak die Frage: „Was ist mit Fenia?“, in den Raum stellt und automatisch alle von Tarak zu Lecram hinüber sehen der die ganze Zeit nur still da gesessen hat. Es scheint als sei Lecram für ein paar Aufklärungen an der Reihe.
Nun denn, er holt er tief Luft und spricht in die kleine Runde: „Ich weiss nicht was mein Bruder vor hat. Er hat mich her geholt und ich denke er hat so etwas wie einen Plan. Zur Sicherheit habe ich ihm…“
„Die Krähe mit auf dem Weg geschickt“, ergänzt Sarah und Lecram lächelt bewundernd, nickt und spricht weiter: „Genau, ich kann nicht nur durch die Krähe sehen. Auch in der Steinwüste gibt es einen kleinen Drachen der mit mir verbunden ist und durch diese Augen ich sehen kann was sich dort abspielt. Es hat mich viel Überzeugungskraft gekostet dass sie dort bleibt. Sie wollte unbedingt mit mir mit.“
„Eine sie…“, lächelt Daria.
„Erinnert ihr euch noch an den kleinen Drachen der zu euch in den Keller geschickt wurde?“ Ausser Tarak nicken alle und Lecram schiebt nach: „Das war Feora.“
Mit den Gedanken an Feora schmunzelt Lecram in sich hinein. Denn er nennt sie gerne: meine kleine und das bringt sie manchmal etwas in Rage. Und wenn sie wütend ist sieht sie so niedlich aus, findet Lecram zumindest. Aber wem will er es erklären, es wird ihn niemand verstehen. Das ist seine Welt.
„Welchen Weg willst du mit uns gehen? Lecram, müssen wir Fenia suchen oder deinem Bruder nachgehen?“ Ist es Taraks dunkle, melodische Stimme die den Raum erhellt. Lecram fühlt sich geprüft.
„Es spielt keine Rolle was ich will“, schüttelt Lecram den Kopf, „es ist die Frage was am wichtigsten ist. Wir sind nur zu viert und haben mit Sicherheit keine Chance gegen Aros.“
„Ist Gloria vorerst in Sicherheit?“ Ist Darias Frage die das Mädchen so sehr liebt und Lecram holt aus: „Es ist nur ein Gefühl, garantieren kann ich es euch nicht, ich kann mich auch irren. Aber ja, ich denke schon. Bis anhin zumindest.“
Seine Schultern zucken entschuldigend auf.
Einen Moment ist es still, keiner spricht ein Wort. Bis nach einer Weile Tarak wissen möchte: „Die Gargoyles und die Drachen, würden sie für dich mit uns in den Krieg ziehen?“
„Für mich nicht und ich würde es auch nicht von ihnen Verlangen. Aber für die Hoffnung wieder leben zu können wie vor vielen Jahren…, vielleicht!“
„Das verstehe ich nicht“, erläutert Sarah und diesmal holt Tarak alte Geschichten hervor von denen seit Generationen erzählt wird: „Vor langer Zeit…, in der Drachenreiter Zeit waren die Gargoyles Händler. In ihren unterirdischen Höhlen sollen immer noch unglaubliche Schätze verborgen sein“, dann sieht Tarak zu Lecram und Lecram nickt mit den Worten: „Kristalle soweit die Augen reichen.“
Sarahs Augen weiten sich und Tarak fährt fort: „Da die Kristalle aus den unterschiedlichsten Bedürfnisse heraus begehrten wurden, wurden die Kristalle für Stoffe, Felle und sonst allerlei getauscht. Die Gargoyles hatten keine spezielle Verwendung für die Kristalle und so hatten alle etwas davon. Man munkelt dass Aros einen ganz speziellen Kristall besitzen soll von unglaublicher Kraft.“
„Das habe ich auch so gesagt bekommen. Ob so ein Kristall wirklich existiert oder es nur eine Lüge von Aros ist um Angst zu verbreiten weiss man nicht genau. Es lässt einen zumindest vorsichtig sein in Bezug auf Aros. Falls dieser Kristall existiert weiss man nicht welche Macht er wirklich hat.“ Ergänzt Lecram.
„Vielleicht findet Marcus mehr heraus und lässt es dich durch die Krähe wissen“, hofft Daria und Lecram seufzt: „Das ist auch meine Hoffnung.“ Er ist so froh dass seine Mutter den gleichen Gedanken teilt.
„Dann lasst uns zuerst Fenia finden“, spricht Tarak so leise dass man ihn fast nicht hört. Tarak vermisst seine Geliebte, seine Partnerin schon so lange dass er fast nicht zu hoffen wagt sie wieder eines Tages in die Arme schliessen zu können. Doch nun sitzt da Lecram der ihn zu hoffen wagt. Schliesslich hat Lecram seine Fenia durch die Augen eines anderen gesehen. Vielleicht war es eine Krähe, das ist Tarak jedoch egal. Er will nur Fenia wieder in Sicherheit wissen. Da Tarak davon ausgeht dass Lecram in der Zwischenzeit mehr heraus gefunden hat fragt er ihn direkt: „Wo finden wir Fenia?“
Lecram sieht Tarak direkt in die Augen und ist erstaunt dass Tarak so grosse Hoffnung in ihm hegt. Tatsächlich hat er jedoch in der Zwischenzeit mehr über Fenia herausgefunden und teilt es gerne mit: „Fenia ist bei den seltsam aussehenden Wesen mit den Flügel…“
„Das Volk der Makiani“, stellt Daria sofort fest und dennoch möchte Tarak noch genauer wissen: „Was macht dich so sicher.“
„Nun…, in dem Moment in dem ich in der Steinwüste angekommen war hat mich eine Macht erfasst die mich spüren lässt dass ich in diese Welt gehöre. Hier ist meine Heimat. Hier bin ich hinein geboren. Seitdem sehe ich ab und an durch ein paar Augen die mir das Gebiet von den, wie ihr sie nennt, Makiani und auch Fenia zeigt.“
Sarah erinnert sich noch wie Marcus von der Macht erfasst wurde und kann sich gut vorstellen dass auch Lecram eine Ladung abgekriegt hat. Das sind erstaunliche Neuigkeiten! So viele Dinge die Sarah noch nicht von Lecram weiss.
„Wie geht es ihr?“, fragen Daria und Tarak praktisch zur selben Zeit.
Lecram rümpft die Nase und irgendwie ist er jetzt befangener als zuvor. „Sie ist schwach und in einer Art Koma…“ Es tut ihm leid dass er keine besseren Nachrichten hat. Trotzdem hat er sich geschworen ihnen die Wahrheit zu sagen, etwas anderes nützt keinem etwas. Es wäre nicht Fair ihnen gegenüber nicht die Wahrheit zu sagen und blickt in die Sorgenvollen Gesichter der anderen. Für ihn ist es schlimm dass alle so grosse Hoffnung in ihm hegen, er jedoch nur schlechte Nachrichten bringt. Genau genommen fühlt er sich gerade schrecklich.
„Phu, das ist eine lange Reise die wir da vor uns haben.“ Spricht Daria ihre Gedanken laut aus.
„Können die Makiani uns Fenia nicht bringen?“, hofft Sarah und Lecram schüttelt den Kopf: „Nein, dafür ist sie im Moment einfach zu schwach.“
„Da wir sicherlich drei Tage für diese Reise brauchen sollten wir keine Zeit verstreichen lassen und uns vorbereiten“, schlägt Tarak ganz sachlich vor.
Lecram muss dazwischen funken. „Ich will ja keine Spass bremse sein, doch mir läuft die Zeit davon. Noch drei Tage und ich werde zum Gargoyle und das muss nicht bei den Makiani passieren, auch nicht hier und auch nicht auf der Reise.“
War das jetzt zu direkt? Alle sehen ihn sprachlos an. Verdammt, er ist doch nur ehrlich.


Sarah

Sie hört die Ernsthaftigkeit und vielleicht auch die Angst in Lecram Worten. Ausserdem beschleicht sie das Gefühl dass er schon eine Idee hat und legt ihre linke Hand auf seine Rechte um ihn zu beschwichtigen als sie fragt: „Hast du eine bessere Idee?“
Dann sieht er ihr direkt fast verzweifelt in die Augen als er langsam erklärt: „Hast du noch nie versucht von einem Ort zum anderen zu gelangen mit deiner Fähigkeit?“
„Nein“, ist sie ehrlich und überrascht, „ich bin nur die Wächterin von dieser zur anderen Welt. Es gab nie einen anderen Grund…“
Dann legt Lecram seine linke Hand auch noch auf die ihre um seinen Worten mehr Kraft zu verleihen: „Aber überleg mal. Die Kräfte wurden zwischen dir und Gloria aufgeteilt und wir vier sind alle in einem Gebiet besonders gut. Vielleicht schaffst du es. Ich glaube fest daran.“
Sarah entzieht ihm ihre Hand uns streicht verzweifelt mit ihren Händen durch ihr Gesicht. Danach sieht sie die hoffnungsvollen Gesichter ihrer Familie. Ihr ist schon bewusst was Lecram da anspricht. Eine Torhütern hat bis anhin immer zwei Mädchen das Leben geschenkt. Bis zu ihrer Geburt ist es überliefert dass jeweils nur ein Mädchen überlebt und die ganze Kraft an das andere Mädchen überging. Es gibt nur eine Tor Hüterin die zugleich Magie besitzt. Fenia hat es damals geschafft die Kräfte aufzuteilen und so ihres und Glorias Leben gerettet.
In was für eine Lage bringt Lecram sie nur!
Alle sehen dass sie verzweifelt nach Antworten in ihrem inneren sucht. Niemand spricht ein Wort. Es scheint als würden alle überlegen ob Lecram vielleicht Recht mit seiner Vermutung hat. Die Hoffnung wurde gesät.
Wenn Lecram nicht wüsste dass es unerlässlich für Sarah ist nach dieser Antwort zu suchen hätte er sie Verschont, das weiss sie genau. Doch das ganze kann natürlich auch schief laufen.
„Ein Versuch ist es doch Wert“, haucht Tarak und Sarah nickt bei den ausgesprochenen Worten: „Vater, ich weiss nicht…“
Lecram hat das Gefühl ihr etwas Luft verschaffen zu müssen und spricht sanft: „Lasst uns mal eine Pause machen, ich brauche mal was zu Essen.“
Tarak pflichtet ihm bei: „Gute Idee, das ist wirklich eine schwere Kost die wir hier gerade haben. Aros Sohn, komm mit ich zeige dir was es in diesem Ort für Spezialitäten gibt.“
Anschliessend fällt Taraks Blick auf Sarah: „Schliesst du dich an?“
Sarah steht ebenfalls auf und nickt. Eine Pause ist gerade das was sie im Moment braucht. Nicht dass sie in Wirklichkeit Zeit mit den beiden verbringen will aber sie möchte sich im Klaren darüber werden ob sie es für möglich hält so eine Kraft auf zu bringen. Da tut frische Luft gut. Da niemand Einwände hat gehen die drei aus der Türe und lassen Daria vorerst ohne Antwort zurück.
Kaum aus der Türe trennen sich die ihre Wege. Sarah braucht Zeit für sich allein und geht ihren Weg um sich Gedanken zu machen.
Lecram und Tarak suchen unterdessen nach etwas das ihren knurrenden Magen stillt. Genau genommen hat Lecram wirklich eine riesen Appetit da er seit einem Tag nichts mehr gegessen hat ausser der Stanzini Wurzel.
Trotzdem sieht er noch über seine Schulter zurück um sicher zu gehen dass es Sarah auch gut geht und sie nicht seine Hilfe braucht. Als hätte sie gespürt dass er nochmal nach ihr sehen wird sieht sie ebenfalls zu ihm und lächelt gequält aber gerade so um ihm verständlich zu machen ihr geht es gut. Sie ist lediglich verwirrt!


Kapitel 8

Lecram

Kurze Zeit später schlendern Tarak und Lecram wieder zurück zum Haus. Zuvor macht Lecram zu verstehen kurz nach Sarah zu sehen um sie zu holen. Tarak ist damit einverstanden und findet die Idee gar nicht mal so schlecht dass die beiden kurz Zeit für sich haben. Er vermutet dass sich die beiden noch nicht alles erzählen konnten. Zu viel ist in dieser kurzen Zeit passiert.
Entschlossen macht sich Lecram auf die Suche nach Sarah und findet sie, wie vermutet, etwas abseits bei den Pferdeställen. Sie streicht gerade über die Nüster des Pferdes das ihrem Vater gehört als sie Schritte näher kommen hört und sich automatisch in diese Richtung dreht. Als sie sieht dass es sich dabei um Lecram handelt stürzt sie sich in seine Arme, egal ob es ihm gefällt oder nicht.
Das interessiert sie in diesem Moment nicht! Sie braucht ihn einfach.
Natürlich hält er sie tröstend und streicht über ihren Kopf. Er spürt ihr Herz das beginnt stärker zu schlagen und dieses Gefühl ist so ehrlich. Als sie sich voneinander lösen spricht sie gefasst und bewundernd: „Du hast viel erfahren und erlebt in relativ kurzer Zeit.“
„Kommt in etwa hin.“ Grinst er breit.
„Du bist unglaublich.“ Platzt es aus ihr heraus.
„Nein, bin ich nicht. Du weisst wie verkorkst ich bin.“ Und er weiss genau wie kompliziert sein Leben ist, schliesslich befindet er sich mitten drin.
„Falls du es noch nicht bemerkt haben solltest, du führst uns an.“ Lächelt sie zaghaft.
„Ah… woher, ich habe euch lediglich meine Gedanken und mein Wissen mitgeteilt. Den Rest tut ihr von selbst.“
Sie weiss das es nicht viel Sinn hat auf diesem Punkt herum zu stochern also fragt sie lediglich: „Hast du in der Steinwüste auch andere Antworten bekommen?“
„Nicht die, die ich gehofft hatte und einige stehen noch aus. Ich muss auf jeden Fall zurück…, ich bin im Moment dort zu Hause. Ich fühle mich wohl“ Er weiss genau dass es nicht die Antwort ist die Sarah hören wollte und Lecram zitiert: „Heimat ist da, wo ich verstehe und wo ich verstanden werde.“
„Ja dieses Zitat passt zu dir.“ Sie streift sein Haar aus dem Gesicht, „und das findest du nur in der Steinwüste?“
„Solange ich mehr Gargoyle als Mensch bin…, irgendwie schon. Es tut mir leid.“ Entschuldigend zuckt er mit der Schulter auf und stellt ihr zusätzlich eine Frage: „Wo ist eigentlich deine Beinschiene?“
Himmel Arsch und Zwirn, was für eine billige Ablenkung schieben seine Gedanken nach. Zu seinem Glück geht sie darauf ein.
„Die brauche ich nicht um gehen zu können, in der Schule brauchte ich sie…, auf der Erde muss alles belegt und nach vollziehbar sein. Hier bin ich wer ich bin, ob mit oder ohne kaputtes Bein.“ Dann wird ihr Gesicht ernst und sie spricht mit klarer, fester Stimme: „Ich bin Sarah, halb Mensch halb Elb und Hüterin des Tores von dieser Welt zur Erde. Und wenn du es zulässt können wir zusammen sein und uns endlich kennen lernen.“
Er hat die Wichtigkeit ihrer Worte verstanden und weiss dass noch ein Gespräch zwischen ihnen ansteht. Ihr Gefühlschaos muss geklärt werden. So unangenehm es ihm auch sein wird. Bitte nicht heute, nicht hier! Flehen seine Augen ohne ein Wort zu sagen. Es kommt ihm nichts Besseres in den Sinn als die Worte: „Ich sehne mich nach der Steinwüste.“
Ist schliesslich seine Wahrheit.
„Ist das der Grund weshalb du so abwesend zu mir bist?“
Wieder nimmt dieses Gespräch eine Wendung die ihm überhaupt nicht passt. Er sieht in ihre wunderschönen Augen und sein Magen zieht sich zusammen. Er hat gehofft dass dieses Gefühl ausbleibt. Doch das tut es nicht. Also weicht er einfach aus: „Dieses Gespräch muss warten. Dafür haben wir immer noch Zeit, wir müssen zurück, die anderen warten auf eine Antwort von dir.“
Er hofft dass sie einlenkt doch genau in diesem Moment wird sie ihn für seine Worte hassen.
Sie ist stolz, reckt ihr Kinn, nickt und fragt belanglos: „Wie gefällt es dir hier?“, als sie zusammen zum Haus von Tarak zurückgehen.
Wieder hält er ihre Hand nicht, sondern verschränkt die Arme vor der Brust. Er ist so distanziert wie nur möglich. Denn er weiss er wird nicht mehr lange in ihrer Nähe sein können da ihn das Monster Gargoyle schon bald wieder einholt.
„Es ist der Wahnsinn. Die Steinwüste ist schon so beeindruckend. Und hier ist alles noch intensiver und klarer in den Farben. Die Elben sind faszinierend und dieses Dorf mit dieser Vielfältigkeit ist wirklich ein besonders friedlicher Ort an dem man sich bestimmt gerne zurück zieht. Eine Oase!“
Lecram hat sich die Elben immer grösser vorgestellt als sie in Wirklichkeit sind, aber das erwähnt er nicht. Denn die Anmut der Elfen übertrifft jede Vorstellung und Gedanken den er an diesen Ort geheftet hat.
„Ist die Steinwüste nicht friedlich?“ Hackt Sarah stirnrunzelnd nach.
Lecram hebt seine Brauen an als er meint: „Nun ja, die Drachen können sehr impulsiv sein und speien dann gerne mal Feuer. Sie lieben das Spiel: Feuerball und lieben es die Felsen hoch zu klettern um sich dann wieder im freien Fall fallen zu lassen. Das musst du mal mit deinen eigenen Augen gesehen haben. Irgendwie spinnen sie schon etwas. Dann sind da noch die Schlangen im Gestein und die Sand Skorpione…, ja, langweilig wird einem nie.“
Bei den Gedanken an die Steinwüste hellt sich sein Gesicht automatisch auf. Seltsamer Weise liebt auch er diese abgefahrenen Dinge und die Spiele. Manchmal fragt er sich ob er in der Zwischenzeit lieber Gargoyle als Mensch ist. Doch wenn Sarah in seiner Nähe ist scheinen sich die Dinge wieder zu ändern. In ihrer Nähe fühlt er sich gut, ausgesprochen gut. Doch sie kann nicht in der Steinwüste leben, für sie ist es viel zu gefährlich. Ausserdem plagen ihn immer noch seine Ängste er könnte ihr als Gargoyle ausversehen schmerzen zu fügen. Was für ein schrecklicher Gedanke. Wenn er sie genug lange auf Abstand hält und weit weg von ihr lebt wird sich ihr Herz wieder für einen anderen öffnen können. Sein Herz wird dann bluten doch Sarah glücklich sehen zu können bedeutet ihm mehr als sonst etwas. Ihr Leben bedeutet ihm mehr als seines.
„Ich begleite dich eines Tages“, lächelt Sarah und sieht dass sie schon vor dem Haus ihres Vaters stehen.
Zuvorkommend macht Lecram ihr die Türe auf, lässt Sarah hinein und schliesst die Türe dann hinter sich. Beide nehmen Platz und sehen in die fragenden Gesichter der anderen die auf eine Antwort warten. Keiner wagt es etwas zu sagen und alle Augen ruhen natürlich ganz auf Sarah.
„Also…, wenn ihr soweit seid, dann wollen wir es versuchen.“ Spricht Sarah sehr sachlich, während es immer noch ganz still im Raum ist bis Lecram fragt: „Jetzt?“
Sarah nickt und geht sogleich wieder aus dem Haus.
Niemand scheint einen Einwand zu haben. Alle folgen ihr wortlos hinaus und Sarah bittet: „Lasst uns nah zusammen stehen und“, ihr Blick fällt auf die Frau die sie mit viel Liebe aufgezogen hat, „Daria…, denk dir dort bitte einen Ort aus, ich richte mich danach und versuche uns dort hin zu bringen. Dann wollen wir mal sehen ob Lecram recht hat mit seiner Vermutung. Ich garantiere für nichts.“
„Dass du es versucht, ehrt uns“, sind Taraks Worte der so stolz auf seine Tochter ist die ihm ebenfalls Hoffnung gibt.
Sarah kennt sich bei den Makiani überhaupt nicht aus und hat keinen Anhaltspunkt wo sie ihre Fähigkeit sie hinbringen soll, deshalb stützt sie sich auf Daria.
Daria lächelt liebevoll und nickt Sarah hoffnungsvoll zu. Zuvor erklärt Sarah Lecram kurz: „Ich habe die Fähigkeit deine Gedanken während der kurzen Reise zu empfangen. Also gib acht was du mich wissen lassen möchtest.“
Lecram staunt über ihren Zynismus ist jedoch froh dass sie ehrlich ist. Vielleicht hätten sie noch so etwas wie Waffen mitnehmen sollen? Nur für den Fall! Seinen Pfeil und Bogen hat er im Haus zurück gelassen. War das ein Fehler? Seiner Meinung nach wäre etwas Aufklärung des Ortes bei den Makiani sicherlich nicht schlecht gewesen. Aber es ist wie es ist und er versucht zu vertrauen.
Als hätte Sarah sein Unbehagen gespürt nimmt sie seine Hand in die ihre und sieht ihn direkt an und in diesem Moment spürt er dass er ihr vertrauen kann. Hier und jetzt spendet sie ihm Kraft für das Ungewisse. Auch die anderen fassen sie sich an den Händen und ein unglaubliche wärme sprüht durch diesen Zirkel.
Das muss Magie sein!
Da alle soweit sind beginnt Sarah sich zu konzentrieren. Dabei werden ihre Augen vollkommen schwarz und eine durchsichtige purpurne Blase entsteht die die reisenden völlig einhüllt. Im nächsten Augenaufschlag sind die fünf Gefährten schon weg.
Einfach weg!
Gemeinsam finden sie sich in einer Art Höhle wieder. Darin ist es ziemlich düster und es riecht nach - Holz. Automatisch entfacht Lecram eine kleine Flamme auf seiner Handfläche damit sie etwas Licht haben. Er kann zwar durch seinen Gargoyle Anteil relativ gut im Dunkeln sehen. Vermutlich geht es den anderen jedoch nicht so wie ihm.
Daria sieht sich um und fasst sich mit ihrer Hand an ihr Herz. Dann spricht sie mit sanfter Stimme: „Hier in dieser Baumhöhle seid ihr auf die Welt gekommen. Ja, an diesen Ort habe ich gedacht. Sarah das ist dir gut gelungen.“
„Oh“, bringt Sarah nur staunend von sich.
Hingegen Lecram staunt darüber weil es hier aussieht als seien sie in einer über aus grossen Baumhöhle gelandet. Kann das sein? Wenn die Höhle schon so gross ist, wie gross mag dann der Baum sein? Seine Augen weiten sich vor Staunen und einer Art Begeisterung. Wahnsinn was dieses Land Malon alles zu bieten hat.
Schlussendlich beschliessen sie neugierig in Richtung Ausgang zu gehen und Lecram löscht die Flamme wieder als sie vor dem Baumhöhleneingang stehen. Sie stehen auf einer riesigen breiten Wurzel und sehen einen unglaublich dichten Wald vor sich. Bäume so gross wie Wolkenkratzer deren Baumstämme auch dessen Umfang tragen. Die Luft hat ausserdem eine ausgesprochen hohe Luftfeuchtigkeit. Das Atmen fällt ihnen hier schwerer und automatisch bilden sich schweiss tropfen auf ihrer Stirn. Lecram staunt und hat das Gefühl in den Tropen gelandet zu sein – oder etwas ähnlichem, vergleichbarem.
Die Blätter dieser Baumriesen scheinen unglaublich dick zu sein und überall hängen so eine Art Ranken an den Bäumen herunter. Zwischen den Baumriesen stehen dünnere Weiden und als Lecram der Wurzel entlang gehen will um eine der dünneren Weiden zu berühren schlägt dies nach ihm und Lecram zieht sich erschrocken und einem grossen Sprung rückwärts zurück. Herrgott was war denn dass, schieben seine Gedanken nach.
Sarah eilt zu ihm und flüstert ihm ins Ohr: „Wir müssen von den Makiani das O.K kriegen um uns hier frei bewegen zu können. Am besten warten wir hier einfach auf sie. Die Bäume werden ihnen Bericht erstatten dass Eindringlinge da sind.“
„Du denkst sie werden kommen?“
„Der Wald spricht.“ Ist Tarak dunkle Stimme zu hören der Sarahs Worte bestätigt.
Lecram sieht die Weide an die wieder ganz still steht und man nicht annehmen würde, dass ein solch verrücktes Leben in ihr steckt. Dann fällt sein Blick wieder auf Sarah und er kann erkennen dass sie sehr bleich geworden ist. Anscheinend kostet Sarah diese Art Reise ihren Tribut! Was hat er ihr da bloss zugemutet!
Kurze Zeit später hören sie ein zischen und ein Geräusch das nach Messerschleifen klingt.
„Was?“, Möchte Lecram wissen und Tarak ruft laut: „Die Flügler, die Wächter dieses Waldes!“
Sofort stehen sie alle nah zusammen und Lecram spürt das Unbehagen der anderen. Obwohl er noch keine Ahnung hat was da gerade auf sie zukommt.
„Sarah wir brauchen einen Schutzschild!“, schreit Tarak und Sarah formt erneut die Blase um sie herum. In der nächsten Sekunde zischen wie in einer Art Heuschreckenschwarm diese Flügler an. Für Lecram ein gewaltiges Schauspiel das sich da bietet. Da einige der Flügler an dem Schutzschild aufprallen und zu Boden fallen kann Lecram sie genauer betrachten. Dabei handelt es sich um eine Art Libelle in der Grösse einer Ratte und bestimmt einiges gefährlicher. Er sieht automatisch stirnrunzelnd zu Tarak und dieser erklärt bereitwillig: „Die Flügler sind die Wächter dieses Teil des Waldes. An ihnen kommt in der Regel keiner Vorbei da sie hinten einen Giftstachel haben den man besser nicht abbekommt. Wenn man Glück hat lähmt ein dieses Gift lediglich, im schlimmeren Fall bist du Tod. Die Flügel sind ausserdem, in dieser Heerschar, scharf wie Messer. Auch wenn man es ihnen nicht auf Anhieb ansieht können sie einen übel zu richten.“
„Niedliche Dinger“, rümpft Lecram seine Nase mit Abscheu, „ich kann sie doch mit meinem Feuer bewerfen.“ Scheint für Lecram nur logisch zu sein.
„Das ist zu gefährlich wegen den Bäumen. Es sind gute alte Bäume“, erläutert Daria und Lecram stöhnt auf. So viel zum Thema Vertrauen in seine Fähigkeit.
„Ich treffe sehr zielsicher! Komme ich denn durch deinen Schutzschild?“ Ist die Frage an Sarah gerichtet. Wobei er schon darüber staunt dass diese durchsichtige Blase auch ein Schutzschild sein kann. Ihre Augen sind immer noch schwarz und sie scheint unglaublich viel Kraft für diese Art Magie zu brauchen. Zumal sie noch vom ersten Trip geschwächt ist. Genau genommen ist ihre Gabe nicht für so etwas gedacht! Ihre Kräfte schwinden und Lecram bekommt keine Antwort.
In diesem Moment spürt er dass sie diesen Schutzschild nicht mehr lange aufrecht halten kann. Ihre Haut wird immer blasser und Lecram will, nein er muss handeln, zu ihrem Schutz. Er muss sie einfach beschützen!
Die Flügler haben sich in einer unglaublichen Schar um sie herum verteilt. Wie Helikopter bleiben sie an Ort und Stelle und warten auf ihren Schwachen Moment. Der messerscharfe Klang ihrer Flügel ist ausgesprochen gut hör bar.
Entschlossen schiesst Lecram nun doch eine Flamme auf eines dieser Geschöpfe das sofort in Flammen aufgeht und als Asche den Boden berührt. Für einen Moment weichen die Dinger zurück, kommen dann wieder aber bleiben auf Abstand. Etwa mehr Abstand schadet bestimmt nicht.
Plötzlich schiessen lautlos und quasi aus dem nichts von Oben etwa fünf Pfeile herunter und landen ebenfalls um sie herum. Dann kann Lecram die Gestalten sehen und weiss dass es sich dabei um die Makiani handeln muss. Wieder weiten sich seine Augen vor Staunen. So etwas Derartiges hat er noch nie gesehen. Auf den ersten Blick kommt ihm nur – hässlich, in den Sinn. Diese Wesen, die etwa an die zwei Meter hoch gewachsen sind und eine Taille von einem zehn jährigen Kind haben übertreffen seine Vorstellung. Die Makiani sind überaus feingliedrig, jedoch enorm muskulös wenn nicht sogar etwas drahtig. Ihre Füsse sowie die Hände haben Ähnlichkeit eines Schimpansen denn die Füsse sehen aus wie ein Greiffuss da die Sohle einer Hand ähnelt. Jedoch sind Hände und Füsse viel feingliedriger, länger und mit unglaublichen Krallen bestückt. Einer streckt sich kurz und er sieht die Flügel, sprich die Arme, im vollen Umfang. Tatsächlich haben ihre Arme die Ähnlichkeit einer Fledermaus. Lecram ist fasziniert, denn die Wesen haben einen kahlen Kopf, keine Ohren nur Ohrmuscheln aber wunderschöne grosse etwas herausragende Augen, eine kleine zierliche Nase und einen hübschen Schmollmund und ihre Bekleidung besteht lediglich aus einer Art Moos und die Hautfarbe…
Lecram muss mehrmals hinsehen, da sich die Hautfarbe ständig ändert sobald sich die Makiani bewegen. Sie scheinen eine Art Chamäleon zu sein denn jedes Mal wenn sie sich bewegen ändert sie auch ihre Hautfarbe mit dem Untergrund oder Hintergrund mit.
Eine wahnsinnige Tarnung!
So gesehen sind diese Makiani wahnsinnig interessant.
In diesem Moment fragt sich Lecram durch welche Augen er Fenia gesehen haben könnte. Es muss eine Verbindung mit einem der Makiani und ihm geben. Oder irrt er sich?
Er hofft dass die Verbindung kein Flügler ist.
Erschöpft lässt Sarah den Schutzschild fallen und fällt geschwächt in die Knie. Lecram möchte sie auffangen kommt aber nicht dazu da ein Makiani auf ihn zu schnellt, ihn an der Kehle packt und mit Leichtigkeit in die Höhe hält. Lecrams Füsse verlieren an Boden und er baumelt. Automatisch fasst er mit den Händen an die Hand des Makiani um sich aus diesen Klauen zu befreien. Doch der Makiani hat enorme Kraft. Eine solche Stärke hätte Lecram diesen dünnen Wesen gar nicht gegeben. Wäre er jedoch der Gargoyle…
Der Makiani zischt: „Du…, hast einen Flügler getötet!“
Die Sprache der Makiani versteht Lecram, doch fällt ihm auf dass es nach dem Satz ein Schnalzgeräusch entsteht. Lecrams Augen weiten sich erneut und nun steigt Zorn langsam in ihm empor. Langsam lodert das Feuer in ihm. Das Feuer breitet sich in seinem ganzen Körper aus und er wird zur glühenden Gestalt. Erschrocken durch die plötzliche Hitze lässt der Makiani Lecram los! Wütend will der Makiani Lecram nochmal in die Mangel nehmen. Zum Glück kommt ein anderer Makiani dazwischen und lächelt wohl sein hübschestes lächeln das möglich ist und spricht mit süsser Zunge und einem schnalzenden laut: „Lass ihn, er hat sich lediglich verteidigt. Er gehört mir.“
Dabei sieht dieser Makiani der gerade gesprochen hat tief in seine Augen und macht dann eine würdevolle Handbewegung und die Flügler dazu zu bewegen sich zurück zu ziehen. Anstaltslos gehorchen sie diesem Makiani und ziehen sich mit lauten Geflügelschlägen zurück.
Was für ein Schauspiel!
Lecram nützt die Ablenkung um zu Sarah zu gelangen die mittlerweile auch aufgestanden ist. Dennoch spürt er ihre Müdigkeit und hält sie um ihre Taille fest um sie etwas zu stützen. Ihre Sicherheit muss gewährleistet sein. Für seine Hilfe lächelt Sarah leicht. Ja, er sorgt sich um sie! Zur Hölle, das sollte er doch nicht!
Daria geht auf den Makiani zu der behauptet hat Lecram gehöre ihm und spricht würdevoll: „Velis, es ist mir eine Ehre.“
Anmutig und nun mit ausgesprochen weichem Blick sieht dieser Makiani mit Namen Velis zu Daria und diesmal ertönt das Schnalzgeräusch bevor Velis zu sprechen beginnt: „Die Ehre ist auch die meine. Das letzte Mal waren die Kinder erst neugeborene. Sieh bloss einer an was aus ihnen geworden ist.“
Bewundernd sieht Velis zu Sarah und Lecram, dann wieder zu Daria und ergänzt: „Wo ist der andere Teil der Zwillinge?“
Taraks dunkle, melodische Stimme ist zu hören: „Velis, auch ich grüsse dich. Das ist wohl eine längere Geschichte die wir euch gerne in aller Ruhe erzählen wollen. Vorerst hat uns ein anderer Grund zu euch geführt…“
„Den kenne ich nur zu gut“, unterbricht Velis, schmunzelt in die Richtung von Lecram. Was dieser Blick zu bedeuten hat weiss Lecram nicht so genau aber sagt kein Wort. Behüte!
Glücklicher Weise scheint Sarah sich wieder gefangen zu haben. Im Gegensatz zu ihm scheinen Sarah diese Gestalten kein Unbehagen zu bereiten. Das ungewöhnliche Aussehen und die Farbenpracht erstaunen ihn immer noch über die Massen.
Dann ertönt eine etwas ruppigere Stimme von einem anderen Makiani: „Also nehmen wir sie mit hinauf?“
Velis nickt Wortlos und geht auf Lecram zu mit der Frage: „Bevorzugst du; Fliegen oder klettern?“
„Hä…“, runzelt Lecram die Stirn und Velis beginnt laut und herzhaft zu lachen. Davor wieder dieses schnalzende Geräusch. Als Velis verstummt sind die anderen bereits weg und die beiden stehen alleine da. Ausnahmsweise wäre Lecram in diesem Moment lieber Gargoyle als Mensch. Was für eine blöde Situation.
Vorsichtig fragt Lecram nach: „Was willst du von mir?“
„Nun, kleiner Freund lass uns etwas plaudern.“
Lecram nickt einverstanden. Hat er eine andere Wahl?
Der grosse schlanke Makiani tritt nah an den grossen Baum und gleichzeitig ändert sich seine Hautfarbe wieder. Wie irritierend, geht es Lecram durch den Kopf das vermutlich auch sein Gesichtsausdruck wieder spiegelt. Dann sieht Velis zu Lecram und spricht schnalzend: „Wir sind mit einander verbunden und ich wüsste gerne aus welchem Grund.“
Aha, jetzt kommen sie der Sache schon näher. „Also waren es deine Augen durch die ich sehen konnte.“
Velis nickt andächtig und schiebt ohne direkt zu antworten die nächste Frage nach: „Durch wie viele Augen siehst du?“
Diese Frage erstaunt Lecram, findet sie jedoch berechtigt.
„Durch eine Krähe, durch einen der Drachen und anscheinend auch…deine.“
„Hm…, Drachen. Ein Drachenreiter?“
„Sieht zumindest so aus. Irgendwie.“ Zuckt seine Schulter auf.
„Na dann stell deine Augen auf meine ein und fliege“, mit diesen Worten hebt sich Velis lächelnd und sehr elegant in die Luft. Obwohl Lecram nicht genau weiss was ihn erwartet stellt er sich automatisch sicher hin und versucht sich auf Velis ein zu lassen, was ihm ausgesprochen rasch gelingt. Was Lecram nicht sehen kann ist die Tatsache dass seine eigenen Augen sich um färben, sie nehmen die Augenfarbe des anderen an. Und tatsächlich! Lecram scheint es als würde er selbst fliegen. Empor der grossen Bäume, immer höher und höher scheinen sie zu steigen.
Dazwischen kann Lecram die verschiedenen Baumhöhlen sehen in denen die Makiani zu leben scheinen. Ziemlich weit oben auf einem dicken Ast haben sich die anderen versammelt und sehen Velis fragend an. Dieser lacht nur laut schnalzend und stürzt sich im freien Fall rücklings hinunter bis er kurz vor Lecram seine Schwingen ausbreitet und elegant landet. Diesen Sturz Flug hat Lecram sprichwörtlich von den Füssen geholt und er findet sich sitzend wieder. Das breite Grinsen von Velis ignoriert er, rappelt sich wieder auf und meint trocken: „Siehst du auch durch meine Augen?“
„Noch nicht, aber vielleicht einmal. Wer weiss.“
„Wie hast du bemerkt dass ich durch deine Augen sehen kann?“ Stellt sich Lecram neugierig vor Velis hin.
„Man spürt wenn jemand in seinem eigenen Kopf herum wühlt. Ich brauchte ebenfalls eine Weile es zu akzeptieren, kleiner Freund.“ Bevor Lecram eine weitere Frage stellen kann, stellt Velis die Frage von vorhin noch mal: „Willst du fliegen oder kletterst du hinauf?“
„Wieso sollte ich klettern wollen?“, sieht Lecram hoch.
„Habe gehört du bist mehr Gargoyle als Mensch und ich bin ehrlich gesagt noch nicht sonderlich erpicht dir wirklich hinauf zu helfen. Du hast einen Flügler getötet.“
Na das war ehrlich! Ob Velis ihn wohl testet? Also schluckt Lecram seinen Stolz herunter meint: „Auf noch einen Flug mit dir könnte ich auch verzichten. Aber wir müssen zu Fenia und dürfen keine Zeit verlieren.“
„Genau. Also los…, halte dich gut fest.“
Lecram bleibt nichts anderes übrig als seine Hände um Velis Hals zu legen. Dabei rümpft Lecram wieder seine Nase kurz. Es ist ihm ausgesprochen unangenehm so nah an dieses Wesen heran zu müssen. Aber hier und jetzt geht es nicht um ihn, er muss sich zurück nehmen.
Im nächsten Moment erhebt sich Velis und Lecram hört die starken Flügelschläge und staunt mit welcher Leichtigkeit Velis mit ihm im Schlepptau hinauf gleitet.
Selbst während dem Flug ändert sich die Hautfarbe von Velis. Da Lecram dies schon ziemlich irritiert schaut er lieber auf die Umgebung. Die Bäume sehen so wunderbar aus als seien sie nicht aus der Bahn zu werfen. Solche wuchtigen, grossen Bäume hat Lecram noch nie zuvor gesehen. Nie im Leben hat er gedacht dass so etwas überhaupt existiert. Ein Ast ist so dick dass man mit Sicherheit problemlos darauf um her gehen kann. Ein Smart könnte hier vermutlich den Ästen entlang fahren.
Dann fällt Lecram Blick noch mal auf Velis und fragt sich ob Velis ein weibliches oder männliches Wesen ist. In dieser Flugphase ist Velis Haut grünlich und mit Fasern überzogen. Eine richtige Tarnfarbe.
Als sie dann oben bei den anderen ankommen landet Velis wieder elegant und Lecram lässt gerne los. Dann macht Velis eine Handbewegung um ihnen verständlich zu machen dass sie alle zusammen in die Baumhöhle hinter ihnen hinein müssen und mit den Worten: „Nun seid ihr auf euch gestellt“, lässt er sie vorerst alleine.
Da Lecram noch in Velis Nähe steht fragt er leise: „Warum kommst nicht mit hinein?“
„Kleiner Freund, du bist der Grund warum ihr hier seid.“
„Keineswegs…“
„Ungläubiger. Fenia hat dich doch her geführt.“ Dementiert Velis.
Als Lecram zu Velis hoch sieht, kann er dessen Grinsen im Gesicht stehen sehen bevor Velis seine Arme ausbreitet und sich in die Tiefe stürzt. Also bleibt Lecram nichts anderes übrig als den anderen in die Baumhöhle zu folgen.
Es wird ihm etwas mulmig. Langsam gehen sie zusammen hinein. Schummriges Licht weisst ihnen den Weg. Da sich Lecram über dieses Licht wundert sieht er genauer hin und staunt noch mehr. Es handelt sich dabei um eine Art Glühwürmchen einfach eine oder zwei Dimension grösser als er sie kenn. Als er aufblickt kann er Fenia vor sich liegen sehen. Genau so hat er sie schon durch die Augen von Velis gesehen. Sie liegt weich auf Moos gebettet. Die hübsche Frau mit dem langen gewellten blonden Haar scheint friedlich zu schlafen. Doch wenn man genau hin sieht, fällt einem auf wie langsam ihr Atem noch geht und wie blass sie ist.


Sarah

Sie sieht hilfesuchend zu ihrem Vater der bereitwillig ihre Hand nimmt. Wie lange hat sie sich diese Begegnung gewünscht. Ihre Augen werden glasig und leise rinnt eine Träne ihrer linken Wange entlang. Schon zu lange entbehrt sie ihre Mutter und Tarak seine Lebenspartnerin. Sie hier zu sehen mach Sarah unglaublich glücklich. Daria war ihr immer eine gute Mutter und sie wird Daria immer im Herzen tragen. Vielleicht wird Daria auch in gewisser Weise etwas Mutter bleiben.
Alle zusammen treten noch etwas näher an Fenia heran und Sarah kann sehen wie blass ihre Mutter ist. Fenias Haut ist blass und farblos, würde sie nicht atmen hätte man das Gefühl sie sei Tod. Sarahs Herz zieht sich zusammen und
plötzlich bekommt sie Angst dass sie zu spät gekommen sind und eine unglaubliche Traurigkeit macht sich in ihr breit. Sarah hat das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Einen Augenblick fällt ihr Atem aus. Sarah blickt kurz in das Gesicht ihres Vaters der ihrer Hoffnung spendet. Taraks Blick ist weich geworden und Sarah sieht dass auch er mit den Tränen zu kämpfen hat. Sein Stolz lässt jedoch keine Träne zu, Tarak scheint gefasst.
Hilfesuchend sucht sie nun Lecrams Blick und lächelt zaghaft. Sie ist froh dass er ihr Lächeln erwidert.
Warum auch immer, sie hat das Gefühl dass er die Lösung hier für kennt. Doch vielleicht erwartet sie zu viel von ihm und das tut ihr leid. Er selbst sucht nach dem Schlüssel für die Beseitigung des Gargoyle Anteiles, dabei ist er der Schlüssel für so vieles anderes. Doch er scheint in dieser Hinsicht blind zu sein. Ob Lecram den Gargoyle noch immer los werden möchte weiss Sarah nicht, er ist so anders. Er scheint ein Teil der Steinwüste geworden zu sein. Er ist im Herzen geblieben, doch sein Äusseres ist härter geworden. Ob sie den Zugang zu Lecrams Herz je wieder findet?
Alles ist ihr egal, Hauptsache sie kann ihre Mutter endlich in die Arme schliessen. Für Lecram wünscht sie sich nur eines: dass er glücklich wird, mit oder ohne sie. Ihr Blick scheint Lecram anzuflehen zu helfen.


Lecram

Er fühlt sich seltsam berührt und befangen zugleich. Hier vor ihm liegt die Frau die versucht hat ihn und seinen Bruder auf zu ziehen. Sie war es die seinen Gargoyle Fluch abgeschwächt hat, so dass er wenigstens eine Woche im Monat ein gewöhnlicher Menschenjunge sein kann. Die Frau die geschworen hat die Brüder zu beschützen, sie dann doch verloren hat und trotzdem einen Weg gefunden hat um nach ihm und Marcus zu suchen. Er ist beeindruckt zu welcher bedingungslosen Liebe Menschen fähig sind nur weil sie an etwas glauben.
Doch hier stehen sie alle befangen um Fenia herum. Lecram sieht Sarahs eindringlichen Blick und lächelt zaghaft. Sehr viele Gefühle stehen in diesem Raum die fast zum Greifen sind.
Dann fällt sein Blick auf Tarak, der hält die rechte Hand von Fenia und streicht ihr liebevoll und sanft über die Stirn.
Als Lecram noch näher an Fenia heran geht spürt er die Magie die sie umhüllt. Es ist gute reine Magie die durch sie strömt. Das Gesicht in das er sieht hat ihn all die Jahre in seinen Träumen begleitet. Ja, sie hat ihn ein Leben lang begleitet, so gut es eben ging und ihn nicht los gelassen. Genau genommen hat sie ihn durch sein Leben geführt bis er hier angekommen ist. Nun bekommt auch er einen Kloss im Hals und weiss es ist an der Zeit ihr zu helfen. Sie müssen sie befreien, hier und jetzt. Aber wie?
Sanft spricht er in die Runde: „Am besten stellen wir uns rechts und links von ihr auf.“
Da niemand genau weiss was zu tun ist, nehmen sie den Vorschlag von Lecram einfach an. Sarah und Lecram, sowie Tarak und Daria stehen sich jeweils gegenüber.
Taraks raue Stimme unterbricht die Stille: „Was können wir tun? Gloria und Markus fehlen.“
Nun erhellt die warme Stimme von Daria den Raum mit Liebe: „Sarah und Lecram sind mit ihren Geschwistern verbunden. Wir tragen alle genügend Liebe in unserem Herzen. Glaube einfach daran. Wir müssen einfach daran glauben das wir es können.“
Dann nimmt sie über Fenias Körper die Hände von Tarak in die ihre. Dabei stöhnt Fenia kurz auf und fast scheint sich ein Lächeln auf ihren Lippen zu bilden.
Die Augen von Sarah und Lecram treffen sich. Schlagartig wird ihnen klar dass sie diejenigen in diesem Raum sind die im Moment am meisten Magie besitzen. Sind sie der Schlüssel um dieses Geheimnis zu lüften? Werden sie genügend Kraft haben? Liebe scheint der Schlüssel zu sein. Sanft nimmt Lecram die eine Hand von Fenia und reicht die andere Sarah. Sie tut dasselbe und Hoffnung zeichnet ihr Gesicht. Zuversichtlich drückt er Sarahs Hand. Er möchte Sarah Sicherheit geben so gut er kann. Auch wenn er nicht genau weiss was sie hier tun, er handelt aus dem Bauch heraus.
Genau in diesem Moment wird der Raum von einem hellen warmen Licht durchflutet. Plötzlich gibt es einen kleinen Knall und das Licht verstummt.
Alle sind angespannt und sehen einander fragend an. Als nächstes hören sie einen lauten Atemzug und Fenia öffnet die wunderschönen klaren blauen Augen und lächelt zufrieden.
Automatisch lassen sie einander los und starren Fenia an.
Ausser Lecram, er ist derjenige der sich entfernt. Da getan ist was getan werden musste möchte er Fenia und ihren liebsten etwas Zeit lassen. Gerade als er ihnen den Rücken zu drehen will hört er eine liebliche Stimme die ihn schon in seinen Träumen begleitet hat und weiss es ist Fenia:
„Lecram, bitte bleib einen Moment.“ Ihre Stimme ist noch etwas schwach aber unverkennbar. Wieder dieser Klos der im Hals stecken bleibt, trotzdem geht er langsam wieder in ihre Richtung und lächelt da Fenia bereits sitzt. Er sieht wie Fenia von einer hellen Aura umhüllt ist. Ihre klaren blauen Augen sehen ihn direkt an das ihn mitten im Herz trifft. Wärme durchflutet seinen Körper und das Wasser steht im in den Augen. Es gibt kein Zurück und er tut was er schon immer tun wollte: er eilt auf sie zu um sie in seine Arme zu schliessen.
„Du hast mich gefunden“, haucht sie ihm ins Ohr und er lächelt auch: „Nein Fenia…, du hast mich gefunden. Ich habe dir zu danken.“
„Wir sprechen später“, streichelt sie ihm sanft über seine linke Wange und lächelt warm. Natürlich spürt sie das Verlangen der anderen und wendet sich, immer noch lächelnd, dann von Lecram ab.
Auch er kann das Verlangen der anderen verstehen. Sie sind eine Familie. Die Fragen die Lecram an Fenia hat haben auch später noch Platz. Schliesslich ist sie jetzt da, noch etwas schwach aber gesund und das ist das wichtigste. Bevor er sich abdreht hascht sein Blick kurz zu Sarah. Zeitgleich sieht sie ihm in die Augen und sein Magen zieht sich erneut zusammen. Lächelnd und zufrieden wendet er sich ab. Es ist schön zu wissen dass Sarah glücklich ist. Dieses Mal haben sie Glück gehabt und die Liebe hat gesiegt. Der Moment als sie Fenia erlöst haben wird er tief in seinem Herzen tragen. Da waren tiefe Gefühle und vielleicht etwas Magie im Spiel, das weiss er genau.
Am Baumhöhlenausgang berührt er den wuchtigen Baum und hat das Gefühl ihn Atmen hören zu können. Die Bäume sind alt und könnten eine Menge Geschichten erzählen wenn man wüsste wie man ihnen zuhören müsste. Dann fällt sein Blick direkt auf Velis der grinsend, mit verschränkten Armen da steht. Seine Flügelähnlichen Arme scheinen in dieser Haltung seinen Körper zu schützen. Wenn Velis nicht so breit grinsen würde könnte man denken er sei ein zusammen gerolltes Blatt.
„Wollen wir ein paar Schritte gehen?“
„Solange du nicht wieder fliegst und ich durch deine Augen sehen muss...gerne.“
Velis lacht laut, schnalzend auf und nickt einverstanden!
Also geht Lecram zuerst hinter dem geflügelten her bis der Ast so breit wird das mindestens zwei oder drei neben einander Platz haben. Tatsächlich kommt er sich neben diesem Makiani recht klein vor. Sein Blick schweift von Velis dann Baum abwärts.
„Wow“, scheisse ist das hoch! Schiesst es ihm durch den Kopf. Lecram hört Velis wieder schnalzend laut lachen. Ein etwas eigener Humor den der Makiani da hat. Was Lecram irritiert ist das ständige ändern der Hautfarbe des Makiani. Aus diesem Grund bleibt er stehen und Velis tut es automatisch auch. Wieder hat er das Gefühl ein lebendiges Blatt steht vor ihm das breit grinst. Da der Makiani noch nicht spricht sieht sich Lecram etwas um. Noch nie hat er solche hohen, starken Bäume gesehen. Wäre hier die Luftfeuchtigkeit nicht so hoch wäre es bestimmt ein wundervoller Ort.
Die Steinwüste hat ihn schon umgehauen, auch das Tal der Elben war schön. Doch hier oben schmeckt man die reine Luft und spürt den Wald – oder was es auch immer sein mag. Hätte Lecram Flügel würde er sich wahrscheinlich auch in die Tiefe stürzen weil es einfach danach schreit alles an Ballast los zu lassen, also teilt er seine Gedanken mit dem seltsamen Makiani: „Hier oben bekommt man wirklich Lust zu fliegen.“
Wieder ertönt dieses schnalzen bevor Velis spricht: „So empfinden nicht alle. Nehme an das ist der Drachenreiter in dir.“
„Wer weiss. Velis…, solche Wesen wie euch habe ich noch nie gesehen.“ Dass er sie furchterregend und hässlich findet spricht er nicht aus.
„Makiani klingt besser als Wesen.“ Rümpft Velis seine Nase.
Lecram rollt die Augen und findet Velis eindeutig mehr als seltsam. Nein, eigentlich sind die Makiani wie auch die Flügler eigenartige Lebewesen. Bevor Lecram seine Gedanken erläutert, ergänzt Velis: „Du hast bestimmt auch noch nie einen Drachen oder einen anderen Gargoyle gesehen. Geschweige denn einen reinen Elb. Von daher gesehen sind wir gar nicht so seltsam.“
„Ehrlich…, ihr seid definitiv am seltsamsten. Ich sehe den Unterschied zwischen Frau und Mann noch nicht einmal“, kommt direkt aus seinem Mund. Etwas peinlich, aber es ist nun mal wie es ist. Velis verliert sein grinsen nicht und scheint nicht beleidigt zu sein.
„Klär den unwissenden Neuling auf“, hört Lecram eine rauchige Stimme weiter oben die wohl einem Makiani gehört die ihr Gespräch mit verfolgt hat. Privatsphäre dürfte hier wohl etwas schwierig sein.
Also holt Velis aus: „Kleiner Freund, wir sind beides“, da Lecram ihn nur mit geweiteten Augen ansieht erklärt Velis weiter: „Wir werden durchaus um die 200 Jahre alt. Die einen weniger die anderen älter. Nachwuchs ist bei uns selten. Nur wenn die Zeit für Nachwuchs in uns reift bekommen wir ihn.“
„Wir bestäuben uns sozusagen selbst“, ist die rauchige Stimme etwas oberhalb wieder zu hören und dann hört Lecram aus allen Ecken des Baumes schnalzendes Gelächter. Da die Makiani sehr gut getarnt sind und sich farblich dem Baum anpassen muss Lecram schon genau hinsehen damit er die lachenden Makiani sieht. Auf ihre Art und Weise sind sie furchterregend und schön zugleich.
„Witzbolde.“ Spricht Lecram leise, eigentlich mehr zu sich selbst.
„Möchtest du nähere Details wissen?“ Ist die Frage von Velis doch Lecram winkt rasch ab. Er versteht zwar nicht was an der Situation so lustig war, hat jedoch keine Lust die Sexualkunde der Makiani zu erforschen und gibt sich geschlagen. Gerade als Lecram nachfragen möchte was Velis denn besprechen wollte hört er Sarahs Stimme hinter sich: „Da seid ihr ja. Velis…, Fenia fragt nach dir.“
Da Velis die Blicke der beiden nicht entgangen ist bückt sich Velis ein wenig und spricht leise zu Lecram: „Der Vorteil wenn beide Hormone in einem Vereint sind ist, das einem solche anstehenden Gespräche nicht belasten.“
Lecram stöhnt kurz auf und bevor er dazu kommt etwas darauf zu antworten lacht Velis mit den Worten: „Bring dein Herz in Einklang“, laut auf und schlägt zugleich mit seiner rechten Hand auf Lecrams Brustkorb. Dabei schlägt Velis derart stark zu dass es Lecram aus dem Gleichgewicht bringt und er vom Ast fällt. Erschrocken sieht Lecram mit aufgerissenen Augen zu Velis hoch und sieht wieder dessen breites grinsendes Gesicht.
„Velis.., Nein!“ Schreit Sarah augenblicklich laut auf und springt zu der Stelle wo Lecram hinunter gestürzt ist.
„Leiste ihm doch Gesellschaft“, hört Sarah Velis hinter sich und bekommt auch einen schups der sie aus dem Gleichgewicht holt und hinunter stürzt. Panik breitet sich in ihrem Körper aus und der Schrei bleibt ihr im Hals stecken. Lecram steht bereits sicher auf einem grossen dicken Blatt und sieht Sarah stürzen. Für ihn war es nicht annähern schwierig auf dem Blatt sicher zu landen. Als er Sarah fallen sieht bekommt er einen Schrecken da er genau weiss sie ist hilflos! Panik steigt in ihm hoch. Er möchte Sarah auffangen doch sie ist etwas weiter weg und er erwischt nur noch ihre Hand. Diese Wucht zieht ihn in die Knie aber er hält sie fest und sicher in seiner linken Hand. Niemals wird er sie los lassen! Sein Herz rast als würde es nächstens platzen.
„Velis, du Scheisskerl“, schreit er laut auf.
Als er sich jedoch gefangen hat macht er sich daran Sarah hinauf zu ziehen. Dann geschieht etwas womit er nicht gerechnet hat: das Blatt hilft ihm und rollt sich zusammen so dass schlussendlich beide eng nebeneinander liegen.
„Das war knapp. Dieser Idiot!“, schimpft Lecram über diese blöde Situation in der sie Velis gebracht hat und steht sofort auf als das Blatt wieder seine ursprüngliche Form annimmt. Schliesslich hilft er auch Sarah auf die Beine und stellt fest dass diese dicken Blätter unheimlich gross und stabil sind. Sie wackeln nicht als er sich trotzig auf den Weg zum sicheren Ast macht. Als die beiden sicher auf dem Ast stehen fragt Sarah nach: „Was hast du zu Velis gesagt?“
„Braucht es einen Grund um uns hier runter zu schmeissen?“
„Er wird sich schon etwas dabei gedacht haben.“
Aus Entrüstung schmeisst Lecram seine Arme kurz in die Höhe, stöhnt laut auf und gibt sich geschlagen. Es hat wohl keinen Sinn darüber zu streiten.
„Er hat gemeint ich soll mein Herz in Einklang bringen!“
Sarah fragt vorsichtig: „Ist dir das gelungen?“
„Lass uns einfach zurück gehen.“ Ist er nicht bereit jetzt darüber zu diskutieren. Dabei sieht er sich um nach einem Weg wie sie am besten hinauf kommen. Tatsächlich hängt da eine Art Liane auf der sie wohl Mühelos hinauf klettern können. Er möchte los als Sarah ihn mit den Worten:
„Lecram, ich liebe dich“, stoppt und er sich doch gezwungen sieht sich noch einmal um zu drehen. Sein Blick wirkt hart.
„Das weiss ich…, aber das du an meiner Liebe zweifelst lässt auch mich zweifeln. Liebe kann sich verändern und Freundschaft kann entstehen.“
Mit diesen Worten lässt er Sarah stehen und geht los. Er ist sich ziemlich sicher dass sie ihm folgen wird. Was soll sie auch alleine hier unten. Er hat genug für heute.


Sarah

Wortlos, und durchaus etwas verärgert, geht sie hinter ihm her. Sagt jedoch kein Wort, sie schluckt ihren Ärger einfach hinunter. Ihre Sehnsucht nach ihm war gross und die Hoffnung dass er hier in dieser Welt glücklicher wird wurde gerade zerstört. Er hat ihre Seifenblase zerplatzt! Einfach so. Wieder ist er so damit beschäftigt sich zurück zu ziehen dass er gar nicht sieht was er schon alles geschafft hat. Ohne seine Gabe sie an die richtigen Orte zu führen wäre Fenia wohl noch nicht erwacht. Was für ein Idiot!
Die Endtäuschung dass er noch keine Lösung gefunden hat sein Gargoyle da sein zu beenden steht ihm direkt ins Gesicht geschrieben. Der Brief den sie von Fenia gefunden haben hat nicht weiter geholfen. Im Gegenteil, die Zeilen: Der Gargoyle braucht seinen Partner um zu erkennen was seine Möglichkeiten sind – und – wer ihn kennt hat seinen Schlüssel. Diese Zeilen haben sie mehr voneinander getrennt als zusammen geführt. Insgeheim hofft sie das Fenia ihm weiter helfen kann. Ihr Herz wird schwer und fühlt sich an wie ein Stein den sie mit sich herum schleppen muss.
So in Gedanken versunken hat sie gar nicht bemerkt mit welcher Leichtigkeit sie der Ranke hinauf kommt.
Dabei wurden sie wachsam von anderen Makiani beobachtet die getarnt in den Ästen sitzen oder hängen. Wären die beiden abgestürzt hätten sie ihnen natürlich geholfen. Auch die Bäume hätten sie nicht abstürzen lassen, das wissen die beiden aber nicht. Und das ist gut so!
Etwas später gibt es etwas zu Essen. Dafür sitzen sie mit einigen Makiani in einem Kreis in einer grossen Baumhöhle. Das Essen wird in einer sehr grossen Schüssel umher gereicht und jeder kann sich ein Stück davon nehmen. Es handelte sich bei dem Essen um eine Art Frucht die nach Popcorn schmeckt.
Sarah lässt sich sagen dass Makiani Vegetarier sind.
Heute sitzt sie neben Fenia und Daria. Die Freude beide an der Seite zu wissen überwiegt alles andere. Ein grosser Traum ging in Erfüllung. Nur schade dass Gloria nicht mit dabei sein kann.


Lecram

Ganz vorsichtig beisst Lecram in diese Frucht hinein, sofort wird sein Gaumen von etwas fruchtigem leicht süsslichem Geschmack verwöhnt.
„Kleiner Freund, kurz flambiert schmecken sie noch süsser.“ Kommt die Feststellung von Velis der Lecram genau gegenüber sitzt. Was auch immer Velis Problem sein mochte, Lecram ging nicht darauf ein. Verstand aber die Herausforderung. Ohne mit der Wimper zu zucken entfacht Lecram eine kleine Flamme auf seiner linken Handflache. Durchaus war Lecram ein klein wenig wütend und das Feuer auf seine Hand muss sehr heiss sein denn die Flämmchen leuchteten schon violett. Mit der rechten Hand wendet er die Frucht kurz darin und lässt das Feuer anschliessend anstandslos verschwinden. Den Blick weiterhin auf Velis gerichtet beisst er in die Frucht und entgegnet lediglich Nase rümpfend:
„Wohl Geschmackssache!“
Velis bricht in ein lautes, schnalzend Lachen. Die anderen Makiani tun es auch. Sie scheinen amüsiert zu sein.
Nach dem Essen ziehen sich alle in ihre Baumhöhlen zurück. Fenia mit Sarah und Daria. Die Männer gehen in eine andere Baumhöhle und Lecram fragt sich aus welchem Grund Tarak nicht bei Fenia bleibt. Behält seine Frage jedoch besser für sich, nicht dass er schon wieder ins Fettnäpfchen tritt.
Ihre Baumhöhle ist klein aber irgendwie gemütlich. Die Schlafplätze bestehen aus einer Art Stroh Moos Gemisch mit einem Tuch darüber. Zum Glück hat er als Gargoyle gelernt überall zu schlafen. Sein Bruder Marcus würde mit Sicherheit stänkern wenn nicht sogar fluchen über diese notdürftige Schlafgelegenheit. Das wäre nicht sein Ding! Mit den Gedanken an seinen Bruder beginnt er zu grinsen und beschließt sich auch hin zu legen. Da er gerade an Marcus denkt beschließt er mal nachzusehen wo sein Bruder und Gloria Stecken. Er hofft inständig dass die Krähe ihm zeigt dass es ihnen gut geht.
Damit Lecram nicht von Tarak gestört wird und nicht auffällt bleibt er ruhig liegen und beginnt sich zu konzentrieren. Er stellt sich die Krähe vor bis sie in seinem Kopf vorkommt. Dann, ohne dass er es merkt, reißt er seine Augen groß auf die wieder die Farbe ändern und taucht ab in das Geschehen das ihm die Krähe zeigen kann:
Marcus und Gloria machen gerade auch Rast und es sieht aus als würden sie sich bald schlafen legen. Wie es Marcus geht kann Lecram nicht erkennen. Was er sieht ist Gloria die zufrieden da sitzt und ihr Essen das aus einem gebratenen Fisch besteht genießt. Marcus hat sie wohl mit einem Zauber belegt dass sie ihn anstaltslos begleitet. Sie wirkt glücklich. Soweit scheint alles in Ordnung zu sein und niemand ist zu Schaden gekommen. Mit dieser Gewissheit löst er sich von der Krähe und schläft zufrieden ein.


Kapitel 9

Lecram

Die Nacht schien irgendwie kurz. Oder Lecram hat keinen guten schlaf. Wie auch immer, er ist wach und seine Haut spannt als stünde seine Verwandlung zum Gargoyle kurz davor. Seine Haut schmerzt mittlerweile schon sehr. Niemals wird er jemandem von seinem Schmerz erzählen oder spüren lassen. Er hat gelernt sie zu ertragen. Irgendetwas scheint hier bei den Makiani anders zu laufen, denn er spürt dass die Verwandlung rascher voran geht als normal. Aber warum? Er ist noch nicht bereit für den Dämon. Wieder kreisen Fragen in seinem Kopf auf die er keine Antwort bekommt. Herrgott nochmal, noch nicht jetzt, nicht hier, schieben seine Gedanken nach.
Als er sich unter Kontrolle hat setzt er sich leise auf und lauscht auf die Geräusche in der Höhle denn draußen ist es noch dunkel und mucks Mäuschen still.
Weiter hinten scheint Wasser zu tropfen und er macht sich leise auf, die Stelle zu suchen. Mit seinen Augen sucht er den Raum ab bis er eine Stelle an der Höhlendecke findet die unregelmäßig tropf. Etwas Wasser täte ihm in diesem Moment gut. Also holt er von seinem Schlafplatz ein kleines Blatt und beginnt es so zu formen dass daraus ein Trichter entsteht in dem das Wasser gesammelt werden kann. Es ist gutes frisches Wasser das da seine Kehle hinunter rinnt. Zufrieden legt er sich nochmal hin und scheint noch etwas Schlaf zu finden.
Als er das nächste Mal die Augen aufschlägt scheint die Sonne in die Höhle hinein. Also setzt er sich auf und sieht das Tarak auch schon auf ist. Tarak hält ihm den kleinen Trichter hin der wieder mit Wasser gefüllt ist.
Dankend nimmt Lecram noch ein, zwei Schlucke.
Dann setzt sich Tarak zu Lecram und richtet sein Wort an ihn: „Du kannst heute etwas Zeit mit Fenia verbringen wenn du möchtest. Du hast bestimmt noch offene Fragen.“
„Was ist mit dir? Ich meine euch?“
Tarak erklärt: „Aros Sohn, die Situation erfordert es dass du vielleicht, aber auch nur vielleicht antworten bekommst um deinem Weg zu folgen. Damit wir dir folgen können.“
Entrüstet steht Lecram auf.
„Quatsch! Ihr haltet euch an einem Strohhalm. Es gibt keine Bestimmung. Ich bin was ich bin.“
Ein hässlicher steinerner Gargoyle, schieben seine Gedanken nach. Dann fällt sein Blick zum Höhlenausgang, wo bereits Fenia steht und ihn liebevoll anlächelt. Hat sie seinen Ausbruch mitbekommen? Verflucht, sie sieht noch so schwach aus aber bereit mit ihm etwas Zeit zu verbringen und er denkt nur an sich! Mit leicht gesenktem Kopf geht er auf sie zu und umarmt sie freundschaftlich. Wärme fließt durch ihren in seinen Körper. Er kann etwas auftanken.
Zusammen schlendern sie dann etwas abseits, immer den dicken Ästen entlang. Vorbei an anderen Makiani die ihnen keinen Blick schenken. Außerdem fällt ihm heute die Vielfallt der seltsamen Tiere auf. Vögel so bunt wie er sie noch nie gesehen hat. In schillernden grellen Farben und irgendwas, was in etwas wie vielleicht Äffchen sein sollten. Dieses Gleichgewicht der Tierwelt setzt Lecram ins Staunen. Insekten und Vögel so groß wie er sie noch nie zuvor gesehen hat. Affen hingegen geschrumpft auf Insekten Größe. Was für ein seltsamer unwirklicher Ort.
Etwas später kommen sie auf einen sehr dicken breiten Ast auf dem sich kleine Äste zu einer Art Sitzplatz geformt haben. Es hat etwas von einem Wald Sofa das perfekt an diesen Ort passt. So langsam beginnt sich Lecram zu fragen wer diesen Ort formt. So etwas entsteht doch nicht einfach so.
„Lass uns hier rasten, ich bin müde.“ Lächelt Fenia liebevoll. Ihre klaren blauen Augen strahlen ihn an.
„Gerne, geht es dir gut?“
„Ich bin noch sehr kraftlos aber meine Gedanken sind klar.“ Da sie ihm gegenüber sitzt sieht sie ihm direkt in die Augen als sie weiter erzählt: „Ich tat was in meiner Möglichkeit lag Marcus und dir zu helfen und es tut mir leid dass ich nicht bei euch bleiben konnte. Vieles wäre vielleicht anders gelaufen“, sie seufzt leise und lächelt dann warm, „Aber nun ist ein Teil von uns zusammen und das ist die Hauptsache.“
„Du warst in meinen Träumen stets bei mir und hast geschworen mich zu beschützen. Das hast du getan und noch viel mehr. Ich verdanke dir so viel…“
„Erzähl mir von dir.“ Unterbricht sie ihn wissbegierig:
„Ich möchte so viel wie möglich über dich erfahren.“
Leise seufzt er kurz auf und fragt sich wo er am besten beginnen soll und entschließt sich seine Geschichte mit dem Umzug nach Wolfwille zu erzählen. Natürlich aus seinem Blickwinkel. Wie es Marcus in dieser Zeit ging vermag er nicht zu sagen.
Zuerst erzählt er etwas zaghaft und zurückhaltend. Doch plötzlich spürt er wie gut es tut einmal sein da sein erklären zu können, mit jemandem gegenüber die einfach nur geduldig zu hört und keine Einwände hat. Und Fenia ist eine gute Zuhörerin.
So vergeht die Zeit fast wie im Flug. Als er dann zu dem Teil kommt als er auf Sarah und ihre Familie trifft wird es bereits Abend. Er erzählt dass mit dieser Begegnung sein Schicksal in eine andere Richtung führte und er fand ganz nebenbei und unbeabsichtigt seine leibliche Mutter.
Fenia hört all die Stunden aufmerksam und geduldig zu. Eigentlich genießt sie es sogar so viel über den gutaussehenden Jungen Mann zu erfahren der ihr gegenüber sitzt. Auch wenn sie es ihm im Moment nicht sagen wird ist sie sehr Stolz was aus ihm geworden ist.
Dann kommt er an den Punkt an dem er seine ersehnte Frage stellen kann: „Fenia du hast mir einen Brief geschrieben, den haben wir gefunden aber ich habe noch keinen Partner gefunden der den Fluch aufheben kann. Hast du keine Ahnung wer Aros damit gemeint haben könnte?“
Bitte hilf mir, scheinen seine Augen zu flehen!
Fenia versteht den Frust: „Das tut mir unsagbar leid. Und nein, ich habe keine Ahnung an wen oder was Aros damals gedacht hat.“
„Zuerst dachte ich es sein Marcus oder Sarah oder einer der Drachen. Hier hatte ich gehofft vielleicht auf jemanden zu stoßen oder bist du es?“ Hoffnung flackert in seinen Augen auf. Kann sie Licht in seine Dunkelheit bringen?
Langsam schüttelt Fenia ihren Kopf um ihren Worten an Gewicht zu verleihen: „Leider nein. Ich wünschte so sehr dass ich dir mehr sagen könnte. Was ich von dir und den anderen höre zeigt mir dass du sehr verbittert bist. Tu es nicht!“
„Was tun?“
„So verbittert sein. Lass los! Sei wer du bist…, ich bin sicher dann wird dich derjenige finden. Du bist noch nicht dich selbst. Du hast dich nicht akzeptiert. Es ist nicht alles schlecht so zu sein wie du bist.“
„Die Möglichkeit dass ich gefunden werden muss habe ich noch gar nicht in Betracht gezogen“, lächelt er schwach.
Wobei ihm diese Sicht gar nicht mal so schlecht gefällt.
„Ich bin ein Gargoyle mit Fähigkeiten die ich mir nie zugetraut hätte. Das bin ich.“
„Klingt interessant und fang an es zu genießen“, lächelt Fenia offen. Sie findet ihn bemerkenswert.
„Wie geht es deiner Magie?“ Fragt er nach da er wusste sie hatte nicht mehr viel davon übrig.
„Da existiert keine Magie mehr in mir und Maß es dir nicht an dich dafür zu entschuldigen. Ich habe getan was ich für richtig hielt und bereue nichts, ich täte es wieder.“
Er schluckt schwer und muss gestehen er täte alles auch noch mal. Auch wenn er dabei Sarah und andere verletzten sollte, so steht er zu seinen Entscheidungen. Ist er egoistisch?
„Ich muss in die Steinwüste zurück.“ Wechselt er das Thema.
„Wann verwandelst du dich?“
„Heute Nacht, aus diesem Grund versuche ich nachher vielleicht noch etwas zu schlafen.“
„Bitte bleib…, ich möchte dich gerne als Gargoyle sehen.“
Bei diesem Wunsch kann er nicht einfach nachgeben.
„Ich sehe für dich als Gargoyle bestimmt schrecklich aus. Außerdem habe ich keine passenden Klamotten zum Anziehen da.“
Er weiß genau dass diese Antwort ziemlich fahl klingt und ist nicht erstaunt dass Fenia antwortet mit: „Velis…, sie wird schon etwas für dich finden das du anziehen kannst.“
„Sie?“ Staunt Lecram und ist überrascht.
„Für mich ist Velis eine Sie. Velis war bei eurer Geburt dabei und hat uns geholfen wo sie nur konnte. Eine bessere Weggefährtin wirst du nirgends finden. Du kannst Velis als Mann oder Frau sehen, das ist völlig egal. Velis ist einfach Velis.“
Lecram sagt nichts, aber sich Velis als Hebamme vor zu stellen ist für ihn einfach abstrakt. Eines möchte er jedoch noch von Fenia wissen: „Besteht die Möglichkeit dass ich ein Gargoyle bleibe?“
„Ich habe keine Ahnung. Wenn es das ist was du bist und in Wirklichkeit sein möchtest? Wer weiß. Vieles ist möglich. Könntest du damit leben?“
Das bedeutet er verliert Sarah endgültig. Es hat schon seinen Grund warum er so distanziert zu ihr ist. Diese eine Frage ging ihm in der Steinwüste bestimmt schon tausendmal durch den Kopf und mittlerweile kann er sie erstaunlicher Weise mit: „Denke schon“, beantworten, „doch Sarah hat darin keinen…“
„Sch…!“ Unterbricht Fenia: „Mach dir nicht auch noch Sorgen um Sarah. Sie ist alt genug und was zusammen gehört wird zusammen finden, wann immer die Zeit dazu ist. Wenn ihr beiden nicht zusammen gehört wird sie lernen los zu lassen und wird die Dinge eines Tages auch klar sehen. Sie scheint hart im Nehmen zu sein. Sofern ich das in dieser kurzen Zeit beurteilen kann. Konzentriere dich ganz auf dich.“
Tatsächlich haben sich ihre Worte fast wie eine Stammpauke angehört und Lecram lächelt ganz leicht und findet sie einfach wunderschön. Was für eine Bemerkenswerte Frau mit starken Ansichten. Genauso wie ihre Tochter.
„Fenia, Sarah muss vor Aros beschützt werden und Marcus hat Gloria - Ahhh!“ Schreit er plötzlich laut auf.
Er kann den Satz nicht zu Ende bringen da es ihn plötzlich vor lauter schmerzt krümmt und er dann abrupt aufsteht. Ein weiterer lauter Schrei der aus seiner Kehle stammt durchkämmt den Wald.


Fenia

Erschrocken weicht Fenia zur Seite und kann mit ihren eigenen Augen sehen wie der hübsche gutaussehende junge Mann sich beginnt zu verwandeln. Kurz geht es ihr durch den Kopf dass es zu früh ist doch dann sieht sie zu wie sich seine Haut spannt und schier zu platzen scheint. Seine Kleidung zerreißt es anstaltslos und zum Vorschein kommt grauer Stein. Fenia sieht wie er die grausamen Schmerzen herunter schluckt. Jahrelange Übung steckt wohl dahinter nicht die ganze Zeit laut aufzuschreien zu müssen.
Fenia fühlt sich unsagbar Machtlos!
Ihr Gesicht spiegelt ihr Entsetzen wieder!
Bevor die Verwandlung zu Ende geht zwingt es Lecram lautlos in die Knie und er nimmt eine kauernde Stellung ein. Es sieht aus als wäre es in dieser Stellung am schmerzfreisten oder Lecram beißt einfach die Zähne zusammen. Sie hat bedauern für diese Kreatur die da vor ihr sitzt und so unsagbares Leiden ertragen muss. Dass er solche schmerzen über sich ergehen lassen muss tut ihr unsagbar leid! Hätte sie den Fluch nicht abgeändert hätte er nicht derart Schmerzen, dann wäre er immer der Gargoyle. Was hat sie bloß getan!
Tatsächlich fühlt sich Fenia befangen und weiß nicht wie sie ihm in dieser Situation am besten helfen kann. Plötzlich hört der Stein vor ihr auf zu Atmen und Fenia ruft in Panik laut: „Lecram!“
Es tut sich immer noch nichts, automatisch geht sie auf ihn zu um ihn zu berühren. Der Stein ist warm und die Haut fühlt sich erstaunlicher Weise ledrig an. Dann macht er einen lauten, langen Atemzug und öffnet die Rubin roten Augen. Fenia erschrickt über diese leuchtenden Augen versucht sich nichts anmerken zu lassen. Was ihr vermutlich nicht gelungen ist. In seinem Gesicht liest sie dass sie versagt hat und als Lecram sich bewegt klingt es nach Kieselsteinen die einen Weg entlang rollen.
Die Verwandlung ist perfekt!
Fenia bleibt nichts anderes übrig als zu staunen was da gerade passiert ist. Noch immer bringt sie kein Wort heraus da sie das Gefühl hat, egal was sie sagen möchte es könnte das falsche sein.
„Keine Angst, der Schmerz ist vorbei“, erklärt er sachlich, „es geht mir gut. Verdammt was geschieht hier mit mir. Es ist zu früh.“ Er atmet schwer.
„Es tut mir leid“, ringt Fenia mit ihrem Gewissen und der Stein vor ihr seufzt laut auf bevor er antwortet: „Es ist nicht deine Schuld. Ich bin in Ordnung.“
„Hätte ich dir nicht die eine Woche als Mensch verschafft hättest du nicht solche Qualen. Verzeih mir.“
„Es gibt nichts zu verzeihen, für die eine Woche Mensch lohnen sich solche Qualen. Ich möchte diese eine Woche nicht missen. “
Liebevoll sieht sie ihn an und ist dankbar dass der Stein vor ihr sie in diesem Glauben lassen möchte. Sie jedoch bezweifelt dass solche schmerzen überhaupt aus zu halten sind. Was für ein bemerkenswerter, starker junger Mann.


Lecram

„Ähm, etwas zum Anziehen wäre toll.“ Meint er langsam da ihm die Situation langsam peinlich wird. Könnte er rot anlaufen würde er es wahrscheinlich sogar tun.
Zum Glück kauert er noch und Fenia kann hoffentlich nichts Wesentliches sehen. Hofft er mal!
Jetzt hören die beiden einen Makiani laut, schnalzend lachen. Natürlich handelt es sich um Velis der den Schrei mit Sicherheit gehört hat. Nach genauer Begutachtung der Lage meint Velis erstaunlich ernsthaft: „Beachtliche Leistung, ich hätte mehr geschrien wenn es mir die Haut vom Leib reißt. Respekt! Respekt!“
Lecram gibt keine Antwort. Die Schmerzen die er bei der Verwandlung empfindet sind kaum in Worte zu packen. Manchmal hat Lecram das Gefühl er ist kurz davor zu sterben. Leider öffnet er dann doch jedes Mal seine Augen als Monster wieder!
Langsam geht Velis auf den Gargoyle zu und Lecram sieht das Velis Moos in seinen Händen trägt. Doch hier so entblößt ist er wohl kaum aufgelegt für Velis Späße! Also funkelt er Velis wütend an mit seinen leuchtenden Augen.
„Velis, bleib stehen was …“, schüttelt Lecram verständnislos seinen Kopf. „Hau einfach ab.“
Lass mich in Ruhe, schieben seine Gedanken nach.
„Kleiner Mann…, nein das trifft es bei weitem nicht mehr. Muss mir was anderes einfallen lassen.“
Velis grinst immer noch breit über das Gesicht.
„Velis lass mich in Ruhe. Bitte!“
Hau ab.
Fenia möchte schlichten: „Lecram, sie will doch nur…“
„Fenia nicht…, lass ihn doch wütend sein. Diese Seite scheint ihm zu liegen.“ Ergänzt Velis fröhlich.
„Was zur Hölle wollt ihr von mir?“
Herrgott lasst mich einfach in Ruhe.
Er empfindet diese Situation alles andere als prickelnd, zumal er die anderen hören kann die auf dem Weg zu ihnen sind. Natürlich haben sie ihn schreien gehört! Wie sollten sie nicht und Sarah wird schon Angst um ihn haben.
Auch das noch!
Dass sie ihn so vor finden passt ihm in diesem Moment gerade gar nicht! Davor hätte er sich gerne rasch etwas über gezogen. Lecram hat das Gefühl demnächst einen Wutausbruch zu bekommen.
Zum Glück scheint Velis gut gelaunt und tritt noch näher an Lecram heran mit den Worten: „Die Makiani sind Former. Wir Formen die Höhlen in Bäume, Äste und sonstiges grün Zeug. Komm her, ich kleide dich etwas. Oder willst du den anderen begegnen wie die Natur dich geschaffen hat?“
„Ha, ha, selten so gelacht.“ Natürlich will er das nicht!
Sprachlos tut Lecram worum ihn Velis bittet und kurze Zeit später steht Lecram da mit einer kurzen Hose aus Moos die wie angegossen passt. Sie sitzt wie eine zweite Haut und ist außerdem sehr bequem. Lecram staunt und kommt nicht dazu sich zu bedanken da die anderen gerade ankommen und ihn mit fragenden Gesichtern mustern.
Es reicht! Für heute hat Lecram genug und er holt tief Luft. Er hat keine Lust die vielen Fragen zu beantworten. Diesmal ist er es der jetzt breit grinst und spricht so laut, dass ihn mit Sicherheit alle Anwesenden hören können:
„Fenia kann es erklären. Bitte entschuldigt, ich brauche etwas Bewegung.“
Er braucht vor allem etwas freien Raum für sich!
Nach diesen Worten rennt er dann einfach los und lässt sich einfach so in die Tiefe fallen. Freier Fall!
Die anderen schauen ihm erschrocken nach!
„Fallender Stein, das muss ich mir ansehen“, sind die Worte von Velis bevor auch er die Flügel aufschlägt und auch in der Tiefe verschwindet. Die beiden lassen die anderen einfach zurück.
Lecram hat nicht gedacht dass er sich hier als Gargoyle wohler fühlt als der Mensch Lecram. In dieser Gestalt ist er kräftiger und kann sich einfach fallen lassen. Er ist auch einiges geschickter als der Mensch Lecram.
Nach einer Weile freiem Fall dreht er sich und landet mit einer Leichtigkeit auf einem der dicken Blätter. Dann springt er mit riesigen Sätzen von Blatt zu Blatt hinunter. Ab und an hangelt er an einer Liane und lässt sich dann wieder etwas fallen bevor er wieder auf einem Blatt landet.
Für Velis sieht es so aus als hätte Lecram Spaß an dem was er tut.
Nach einer Weile landet Lecram zuunterst elegant auf einer Wurzel. Gleich darauf landet auch Velis neben ihm und spricht bewundernd: „Ich wusste nicht dass Steine so elegant sein können. Du beeindruckst mich zunehmend!“
„Danke für dein Kompliment. Aber warum folgst du mir eigentlich?“
„Ach, ich sehe nur zu dass du keinen Flügler mehr in die Quere kommst und abfackelst.“
„Na dann zeig mir mal was von deinem Reich - Makiani.“
Velis lächelt breit über sein Gesicht und wechselt wieder seine Hautfarbe da er sich vorwärts bewegt. Er führt Lecram einen Trampelpfad entlang durch den Wald mit den über großen dicken Bäumen, vorbei an einer Gruppe Flügler die Lecram anstandslos an sich vorbei passieren lassen. Als sie bei einem der größten und dicksten Bäume ankommen fliegt Velis so hoch wie er kann und wartet geduldig bis Lecram auch oben an der Baumspitze ankommt. Sie stehen auf dem obersten Blatt.
„Hm, mit Flügel wärst du etwas schneller oben.“
„Wirklich witzig“, verstummt Lecram aber blitzartig als er die Aussicht von hier oben sieht. Ein einziger Luftzug und Lecram könnte sich nicht hier oben halten. Es ist gefährlich hoch doch die Aussicht entschädigt für sehr vieles. Er sieht über die Gipfel der Bäume. Da es bereits Abend ist und die Sterne hervor treten stehen die Sterne noch näher als sie hier sonst schon sind. Die zwei Monde scheinen in greifbarer Nähe. Es scheint fast so als kann man die Sterne direkt vom Himmel herunter holen. Und die Monde leuchten hier oben besonders hell und schön.
Velis Hautfarbe hat sich vom Blattgrün zum Himmelblau geändert und Lecram kann ihn schon gar nicht mehr gut erkennen darum muss er jetzt einfach etwas los werden:
„Verdammt! Deine Hautfarbe irritiert mich wenn ich mit dir rede. Kannst du das ewige ändern nicht abstellen?“
Diesmal kichert Velis mit dem schnalzenden Laut und ändert die Farbe auf Tarnfarbe grün die dann so bleibt.
„Wer oder was ist Verdammt?“ Möchte Velis wissen.
Diesmal schmunzelt Lecram und weiß gar nicht so genau was er darauf antworten soll. Also weicht er einfach aus:
„Danke! Dort drüben hat es keine Bäume. Was ist da?“
„Totes verätztes Wasser.“
Erstaunt sieht Lecram zu Velis: „Warum totes Wasser?“
Velis ändert jetzt seine Hautfarbe obwohl er sich nicht bewegt in ganz verschiedene Farben bis er wieder bei Tarngrün endet. Das bedeutet wohl dass er aufgebracht ist.
Nach einer Weile spricht Velis klar und deutlich: „Aros wusste genau das Fenia hier in Sicherheit untergebracht ist. Natürlich hat er seine klägliche Arme los geschickt die er bereit war zu opfern. Wie du dir vorstellen kannst kamen sie nicht weit. Das hat Aros so sehr in Rage gebracht dass er selbst mit ungefähr 50 Mann hier erschien.“
„Was habt ihr mit ihm gemacht?“ Ist Lecram neugierig und kann sich nicht vorstellen dass Aros an den Flügler vorbei gekommen ist.
„Seine 50 Männer sind rasch um die Hälfte reduziert worden. Er hat sie schlicht weg hin einfach geopfert. Vielleicht auch mehr aber wir haben nicht gezählt. Aros selbst hat seine ganze Magie gebraucht um seinen Schutzschild gegen die Flügler und uns aufrecht zu halten. Doch die Magie spielt hier ihre eigenen Regeln. Dir hat die Magie auch einen Streich gespielt und dich frühzeitig in den Gargoyle verwandelt. Aros hat es so viel Magie und Kraft gebraucht den Schutzschild aufrecht zu halten dass er sich zurück ziehen musste. Doch vorher hat er den Teich mit einem Zauber versehen in der Hoffnung wir trinken daraus und sterben.“
„Er kämpft also nicht mit fairen Mitteln.“ Stellt Lecram fest.
„Nicht so weit ich ihn kenne.“
„Wie alt bist du und was weißt du über Aros?“
„Wer bist du das ich dir solche Geheimnisse anvertrauen soll?“
Jetzt stutzt Lecram. Dabei zieht er seine buschigen Augenbrauchen hoch. Er wollte diesem Makiani nicht zu nahe kommen.
„Es tut mir leid, ich wollte dir nicht etwas entlocken das du nicht bereit bist zu erzählen.“
„Lass uns den Teich besuchen“, und schon fliegt Velis los. Da es sonst immer Lecrams Art ist einem Gespräch auszuweichen muss er nun lächeln. Doch dann muss er sehen dass er Velis auf den Versen bleibt. Auch wenn Lecram als Gargoyle stärker und weiter springen kann, so kann er es nicht mit der Geschwindigkeit von Velis auf nehmen. Ein unglaubliches Schauspiel bietet einem wenn man Velis zu sieht wie er seine Schwingen, rasant, zielsicher und anmutig durch die dicken Bäume steuert. Die Makiani sind bemerkenswerte Kreaturen. Was auch immer sie sein mögen. Wenn man ihnen mit Respekt begegnet kommt derselbe Respekt zurück. Lecram kann verstehen aus welchem Grund früher das Tor von der Torhüterin nur in diesem Teil des Landes geöffnet werden konnte. Hier war man doch irgendwie sicher und falls nötig wären die Makiani eingeschritten.
Nach einer Weile sind sie beim Teich angekommen. Auf den ersten Blick sieht man nicht dass der Teich vergiftet sein soll. Wobei einem der Geruch von Verwesung ziemlich rasch in die Nase steigt. Lecram rümpft die Nase.
Beim genaueren betrachten fallen einem auch die Knochen und Skelette rings herum dann auf. Lecram ist angewidert von so viel Grausamkeit. Es ärgert ihn dass sein Vater so eine schreckliche Kreatur ist. Genau genommen gleicht sein Dämonisches Aussehen dem Charakter seines Vaters.
Automatisch wandert sein Blick zu Velis mit der Frage: „Soll ich das Wasser verdunsten lassen?“
Velis steht wieder ruhig da mit verschränkten Armen die ihm zusätzlich Schutz bieten und er wieder wie ein eingerolltes Blatt aussieht. Nach einer Weile antwortet Velis: Nein, wer weiß wofür das Wasser eines Tages gut sein wird.“
„Du glaubst an Schicksal?“
„Hm…, nenn es wie du willst. Aber manche Dinge ergeben irgendwann einen Sinn.“
Lecram versteht nicht, aber das muss er auch nicht und geht nicht näher darauf ein. Das Eis zwischen ihnen scheint etwas geschmolzen zu sein denn Velis erklärt: „Ich bin alt und habe das eine oder das andere bereits gesehen. Makiani behalten es in der Regel für sich. Aber sag du mir warum ich für dich kämpfen soll?“
Lecram winkt ab und seine Rubinroten Augen scheinen kurz verärgert auf zu blitzen.
„Niemand soll für mich oder mit mir kämpfen. Es soll niemand zu Schaden kommen. Ich suche nach einer anderen Lösung. Velis ich möchte keinen Krieg. Da versteht ihr mich alle falsch. Vermutlich werde ich mich alleine gegen Aros stellen müssen.“
Mit Hochachtung hält Velis die rechte Hand auf Lecram linke Schulter mit den Worten: „Du bist wahrlich Darias Sohn mit der Gabe Aros.“
„Danke für die Blumen aber ich bin nur der Dämon. Marcus ist der mit der Magie.“
„Machst du dir Sorgen um deinen Bruder?“, spricht Velis mit warmem Blick in den dunklen Augen die sonst so kalt und leblos aussehen.
„Verstehe mich nicht falsch. Aber zurzeit mache ich mir irgendwie um alle Sorgen.“
Velis nimmt die Hand weg und fragt besorgt: „Willst du erzählen?“
Tatsächlich vertraut Lecram diesem seltsam aussehenden Wesen das ihm zuerst gegen den Strich ging. Aber er muss gestehen er hat mittlerweile ein gutes Gefühl was Velis betrifft. Also holt er aus: „Marcus und ich standen uns nie wirklich nahe. Trotzdem kann ich nicht leugnen dass er ein wichtiger Teil von mir ist und ich möchte ihn ungern an Aros verlieren. Dann sind da noch alle anderen die zur Familie gehören. Sie sollen mir nicht folgen, ich bin gerade mal in der Lage für mich alleine die Verantwortung zu tragen. Aber nicht für alle anderen.“
„Junger Freund, du unterschätzt dich. Jeder ist für sich selbst verantwortlich und darum werden sie dir folgen, ob du willst oder nicht. Es ist besser du findest dich damit ab. Du bist mehr als du in dir selbst siehst. “
„Velis, ich will niemanden verlieren. Keinen einzelnen von ihnen. Nicht jetzt.“
Mitfühlend spricht Velis wieder mit einem schnalzenden laut der voraus geht: „Alle kennen die Risiken. Sie tun es wegen ihrer Bestimmung, oder nenn es Schicksal. Es gibt immer Verluste in solchen Angelegenheiten.“
„Nein!“
„Mit Sicherheit.“
„Nein!“ bleibt Lecram stur.
„Auch ich werde mit dir an deiner Seite kämpfen wenn es so weit ist.“
Erstaunt sieht Lecram zu Velis hinauf der doch noch ein gutes Stück grösser als er selbst ist.
„Weshalb solltest du so etwas tun wollen? Du kennst mich doch gar nicht. Auch jetzt spüre ich Aros Macht und ich könnte jeden Augenblick schwach werden und dem Zwang nachgeben. Warum in Gottes Namen solltest du so was tun wollen.“
„Ich kenne zwar diesen Gottes Namen nicht.“
Lecram schmunzelt wieder in sich hinein, aber unterbricht Velis nicht als er weiter erzählt: „Aber das tut nichts zur Sache. Du kannst alleine nicht gegen Aros antreten, dann kannst du dich auch gleich selbst ins Tal des Einhorns die die Toten beherbergen bringen. Oder besser noch geh gleich ins Tal der Vergessenen zu den verlogenen Hundsmenschen. Das wäre effizienter als alleine gegen Aros in den Kampf zu ziehen.“
„Ich will nicht kämpfen.“
Da Velis den Wiederwillen seines Gegenübers deutlich sehen kann will er ehrlich sein. „Hör gut zu mein neuer Freund. Aros besitzt diesen Kristall der ihm zu Magie verhilft.“
„Das ist mir zu Ohren gekommen.“ Nickt Lecram zustimmend.
„Bist du in der Steinwüste auf einen der letzten großen Drachen gestoßen?“
„Gesehen habe ich ihn aber war noch nie mit ihm in Kontakt da er weiter draußen etwas abgeschieden auf einer Insel im weiten Wasser wohnt.“
„Nun denn…, das war Aros Drache bis der Drache seinem Reiter sozusagen den Rücken gekehrt hat.“
„Dann weißt du was damals geschehen ist?“ Neugierig sieht Lecram zu Velis hoch. Zuerst spricht Velis kein Wort und steht regungslos da als würde er überlegen und spricht dann doch noch weiter: „Ja, ich weiß ziemlich genau was damals geschah.“
Dann kommt wieder eine seltsam lange Pause bis Lecram nach hackt: „Kannst du mir davon erzählen?“
„Lass uns ein Stück gehen“, schlägt Velis vor Also gehen sie zusammen einen Trampelpfad entlang der dicken, hohen Bäume und Velis beginnt zu erzählen: „Aros und sein Drache haben klang heimlich alle anderen Drachenreiter bei Seite geschafft. Aros wollte der einzige sein der in irgendeiner Form Macht besitzt. Es muss für den Drachen schlimm gewesen sein zu merken dass er von seinem Reiter mit Magie missbraucht wurde um solch schreckliche Taten um zu setzten. Als der Drache dahinter kam war es zu spät und Aros war bereits der letzte Reiter. Selbst der Drache hat gehörigen Respekt vor Aros und beschloss seinem Reiter einfach den Rücken zu kehren. Fortan lebt er in der Steinwüste abgeschieden mit einem gebrochenen Herzen. Denn er ist der letzte seiner Art! Pass auf wenn du ein Mensch bist und er dir entgegen kommt, er ist nicht besonders gut auf die Menschen zu sprechen. Ich besuche ihn ab und an damit er nicht ganz vereinsamt.“
Mittlerweile sind die beiden bei einem riesigen Baumstumpf angelangt der sicher einen Durchmesser von 20 Meter hat und steigen da rauf. Bis sie auf einem großen Ast Rast machen. Nun sitzen sie da und Lecram erwähnt: „Das tut mir leid. Aber was hat es mit dem Kristall auf sich.“
„So ganz genau weiß ich darüber auch nicht Bescheid. Ich kann dir nur sagen dass Aros bis anhin nicht mehr so viel Kraft besitzt wie alle denken. Den Verlust des Drachens hat ihn Zauberkraft verlieren lassen. Auch den Fluch den er auf dich gelegt hat ging nicht spurlos an ihm vorbei. Es scheint fast so als würde ihm die Macht der Magie genommen weil er sie für die dunkle Seite benutzt. Es gibt auch für Ausübung von Magie Regeln und Aros hat sie alle samt missbraucht. Er speichert seine Magie in dem Kristall und saugt von dort seine Kräfte ab. Ich gehe davon aus dass er die Kraft deines Bruders und die von Gloria ebenfalls raubt. Dann hat er wieder seine volle Kraft und wird für euch gefährlich und undurchschaubar.“
Wie sehr hätte sich Lecram gewünscht dass sein Bruder dem Druck von Aros länger hätte wieder stehen können. Genau genommen tut Marcus das was Aros zuvor getan hat: er manipuliert Menschen mit seiner Magie. Lecrams Herz zieht es zusammen. Doch es ist nun mal wie es ist. Ob es für Marcus noch Hoffnung gibt wird immer undurchsichtiger.
„Na das ist ja nett. Mein Vater ist eine Zeitbombe. Denkst du er wird Gloria und Marcus etwas an tun?“
„So lange er noch von ihnen profitieren kann vermutlich nicht. Aber wenn sie keinen Nutzen mehr ergeben…“
„Das heißt also wir müssen den Kristall zerstören.“ Spricht Lecram seine Überlegung laut aus und sieht ein paar Flüglern zu die gerade an ihnen vorbei ziehen. Was für bizarre Wesen in diesem Teil herrschen. Doch langsam hat er sich eingelebt und damit abgefunden dass es Wesen gibt die so gar nicht dem entsprechen was er bis anhin kennt.
Velis antwortet: „Genau, und das dürfte schon mal nicht ganz einfach werden. Niemand weiß wo der Kristall sich befindet.“
Als die Flügler weg sind stehen die beiden auf und beschließen zurück zu gehen. Sie haben doch einiges was sie den anderen erzählen können. Außerdem hat Lecram die ganze Nacht noch vor sich. Da hat er hoffentlich endlich mal etwas Ruhe.


Kapitel 10

Lecram

Nachdem Lecram allen anderen erzählt hat was er von Velis erzählt bekommen hat und sich der erste Schock gelegt hat gehen sie alle zusammen Essen. Er schätzt es das ihn niemand seltsam ansieht oder ihn mit Fragen zu seinem steinigen da sein löchert. Das gibt ihm das Gefühl ein wenig normal zu sein. Sein Herz ist dasselbe.
Wieder sitzen sie zusammen im Kreis und reichen sich die Vitamine reichen Früchte. Wobei Lecram sich eingesteht er hätte jetzt zu gerne einen frisch gefangenen Fisch den er kurz anbraten würde. Da sie hier nur allerlei verschiedene Sorten von Früchten bekommen versteht Lecram aus welchem Grund die Zähne der Makiani so abgestumpft und rundlich aussehen.
Aber so langsam sehnt er sich doch nach der Steinwüste. Oder könnte er auch im Dorf von Trisyt als Gargoyle glücklich werden. Automatisch sieht er an sich herab.
Nein, wohl eher nicht.
Er würde zu sehr auffallen und darauf hat er keine Lust.
Augenblicklich holt ihn Tarak aus den Gedanken mit: „Lecram, wohin führt unser Weg?“
Lecram blickt zu Tarak der Fenia nah bei sich hat und ihre Hand hält. Er streichelt ihr immer wieder den Handrücken. Ein ungleiches aber doch hübsches Paar mit außergewöhnlichen Töchtern. Automatisch sieht er kurz zu Sarah und lächelt sie an, die sein Lächeln erwidert und sieht dann wieder zu Tarak.
„Ich muss nochmal in die Steinwüste. Bin mir jedoch im Klaren dass wir einen Plan brauchen wie wir an den Kristall kommen können. Jemand eine Idee?“
„Warum musst du in die Steinwüste“, ist Sarah nun neugierig.
Lecram seufzt auf.
„Ich wollte keinen Krieg. Mittlerweile ist mir auch klar geworden dass ich alleine nichts ausrichten kann. Nun muss ich wissen wer von den Drachen an unserer Seite sein wird.“
„Du hast einen Plan?“ Fragen Sarahs große Rehbraune Augen ihn direkt.
„Es entwickelt sich“, schmunzelt er etwas und schiebt nach: „Wie kommen wir bloß in die Nähe des Kristalles?“
Er spürt wie Sarah ihn mustert, darum sieht er sie offen an ohne eine Regung zu zeigen. Das ihm als steiniger Dämon nicht besonders schwer fällt. Was bloß in ihrem Kopf vor geht? Sie wird ihn mit Sicherheit wieder mit einem Gespräch auflauern.
Es bleibt still bis Daria und Fenia ihre Blicke austauschen und Daria dann erklärt: „Nun, die Stadt Veram ist umgeben von einer Moor Landschaft. Es ist nicht ganz ungefährlich sich der Stadt zu nähern. Wenn man nicht aufpasst steckt man fest und geht unter.“ Fenia ergänzt: „Da sind Daria und ich euch bestimmt eine Hilfe. Weil es eine Moorlandschaft ist wurde die Stadt vollkommen untermauert. Das bedeutet dass es unter den Häusern Gänge gibt die längst vergessen sind. Außer Aros und seine Männer benutzen diese wohl niemand mehr.“
„Kennst du Wege in Aros Haus?“ Hakt Lecram bei Daria nach und augenblicklich beginnen die anderen schelmisch zu schmunzeln. Das versteht er jetzt nicht. „Habe ich was Falsches gesagt?“
Diesmal erklärt wieder Daria im ruhigen Ton: „Nein, du kannst es ja nicht wissen. Das Haus von Aros gleicht eher einem Palast, oder Festung, als einem normalen Haus wie du es kennst. Aber ja, ich kenne mich ziemlich gut aus. Sofern sich nichts geändert hat über die Jahre…“
Fenia nickt um Darias Worten Gewicht zu geben, dabei kaut sie die süße vitaminreiche Speise und Lecram überlegt…, bis er sein Wort direkt an Tarak richtet: „Tarak, ich weiß ihr seid kein kriegerisches Volk. Trotzdem würde ich mich geehrt fühlen wenn du uns begleitest.“
Ein feines Lächeln um spiegelt Tarak bevor er antwortet.
„Ich schätze es dass du danach fragst. Dadurch dass Aros für meine Familie eine direkte Bedrohung dar stellt und Gloria in seiner Gewalt hat werde ich mich euch anschließen. Ich bin recht akzeptabel im Umgang mit Pfeil und Bogen.“
„Ich bedanke mich.“ Ist Lecram förmlich da er weiß die Elben legen Wert darauf. Nachzufragen ob noch mehr Elben bereit sind mit ihnen los zu ziehen ist in diesem Moment nicht angebracht. Eigentlich wollte es Lecram nie so weit kommen lassen. Hätte Aros nicht Gloria und Marcus bei sich würde Lecram alleine los ziehen. Niemals wollte er andere in Gefahr bringen.
„Wo werden wir uns versammeln?“ Kommt die nächste Frage von Daria.
Lecram schluckt seinen Bissen mit den Worten: „Gute Frage, lass mich noch etwas darüber nachdenken. Reden wir morgen Abend nochmal darüber. Ich such mir mal einen Platz wo ich den Tag als Stein verbringen kann.“
Die anderen nicken zustimmend.
Automatisch sieht Sarah in seine Richtung und ihre Augen treffen wieder kurz auf einander. Jedoch wendet er seinen Blick rasch ab mit der Gewissheit dass sie sich um ihn sorgt. Er kann sich denken dass sie gehofft hat ihn hier offener anzutreffen doch er verschließt sich ihr Gegenüber noch mehr. Ihre Liebe ist so bedingungslos und er kann einfach nicht mithalten!
Sarah wendet ihren Blick erst von Lecram ab als ihre Mutter Fenia ihr über den Arm streicht. Da Lecram genau weiß dass sich Fenia und Sarah mit Sicherheit auch noch vieles zu erzählen haben hat er nicht so ein schlechtes Gewissen ihr etwas aus dem Weg zu gehen. Er ist feige und es tut ihm auch irgendwie leid. So distanziert zu sein und die Liebe zu verweigern ist für ihn auch nicht ganz einfach. Seufzend und Gedanken versunken stapft er aus der Höhle und Velis folgt ihm.
„Junger Freund, komm ich zeige dir einen geeigneten Platz wo du den Tag verbringen kannst.“ Spricht Velis mit dem schnalzenden Ton voraus.
Die beiden entfernen sich ein gutes Stück von den anderen bis Velis stehen bleibt. Da Velis die Farbe in Lecrams Gegenwart nicht mehr so oft wechselt steht er wieder in grün mit Moos bewachsen vor Lecram und sieht ihn irgendwie musternd an bis Lecram naserümpfend fragt: „Ist etwas?“
„Ich frage mich gerade wie du mir Bescheid sagen willst dass ich aufbrechen soll um zu dir zu stoßen?“
Lecram überlegt. „Komm doch mit in die Steinwüste da kannst du den mürrischen Drachen besuchen.“
Velis grinst. „Nein, wir Makiani haben einiges zu besprechen um zu sehen wie wir euch von Nutzen sein können.“
„Danke“, ist das einzige was ihm einfällt. Lecram fühlt sich sehr Verbunden mit diesem einen Makiani. Vielleicht hängt es davon ab dass er bei seiner Geburt dabei war. Aber wie sie in Kontakt bleiben sollen weiß Lecram jetzt auch nicht genau. Sein Blick wirkt verkniffen und studierend.
„Wollen wir etwas versuchen?“ Kommt die schnalzende Frage von Velis und Lecram antwortet gleich: „Kommt darauf an.“
Lächelnd holt Velis etwas aus: „Nun…, ich muss gestehen es war zwar selten, doch ich konnte auch schon durch dein Augen sehen. Du musst zwar damals noch klein und ängstlich gewesen sein. Du hattest Angst und schienst nach etwas zu suchen. Ich nehme an du hast damals unbewusst gehandelt. Mit deinem älter werden habe ich dich dann verloren.“
Nun schmunzelt Lecram da er geahnt hat das dieser Makiani vor ihm noch ein Geheimnis mit sich trägt. Ist ja interessant, überlegt Lecram immer noch leicht schmunzelnd. Das Gefühl von dem Velis spricht kennt er noch zu gut. Er hatte Angst was mit ihm passiert, spürte schmerzen und sah damals, vor seinem inneren Augen, eine seltsame Gestalt. Er reißt die Augen groß auf. Ja…, Velis hat Recht, sie sind sich schon mal begegnet.
„Ich hatte Angst und du wirktest auch nicht unbedingt vertrauensvoll“, nun grinst auch Velis breit und Lecram ist neugierig: „Bist du derjenige der meinen Fluch brechen kann?“
Hoffnung flackert in Lecrams Rubin Augen auf. Doch das Lächeln aus dem Gesicht des Makiani verstummt.
„Es tut mir leid. Ich bin nicht derjenige der dich von diesem Fluch erlösen kann. Aber ich denke ich werde wieder durch deine Augen sehen können was uns ermöglicht in Verbindung zu bleiben. Auch das ist Magie.“
Genau genommen hat er ja geahnt dass Velis ihm nicht weiterhelfen kann und ist vermutlich aus diesem Grund nicht erstaunt über die Antwort. Da kommt Lecram eine Idee und er beginnt zu grinsen das breit über sein steinernes Gesicht strahlt und meint herausfordernd: „wollen wir es versuchen?“
Die Frage war wohl nur rhetorisch gemeint denn bevor Velis antworten kann stürzt Lecram bereits in die Tiefe. Velis reißt seine Augen groß auf und versucht sich auf Lecram zu konzentrieren was ihm im Moment nicht schwer fällt. Er denkt an das Baby das er damals als neugeborenes in den Händen hielt, augenblicklich werden Velis Augen starr und er sieht jetzt durch Lecrams Augen.
Dadurch dass Lecram wieder von Blatt zu Blatt springt und Velis nicht darauf gefasst war strauchelt dieser und stürzt ungewollt in die Tiefe. Als Lecram seinen neu gewonnenen Freund fallen sieht löst er die Verbindung und Velis bereitet wieder seine Schwingen aus. Schlussendlich landet er sicher bei Lecram der bereits unten in der Baum höhle wartet.
Es ist die Höhle ihrer Geburt und die hätte Velis auch für Lecram ausgesucht um den Tag dort zu verbringen.
Doch Velis möchte nur wissen: „Wie hast du unsere Verbindung hergestellt, junger Freund?“
„Dass, mein großer Freund bleibt mein Geheimnis.“ Lächelt Lecram hochmütig. Was Lecram gespürt hat lässt sich gar nicht in Worte packen, doch er konnte Velis in seinem Kopf genau spüren. Mehr noch, er kann jetzt jederzeit die Verbindung zu seinen Verbündeten knöpfen. Hier in diesem seltsamen Ort der Makiani spielt die Magie tatsächlich ihre eigene Musik. Für ihn war es zu seinen Gunsten. Er wird immer mehr zu dem was er ist: ein menschlicher Gargoyle mit besonderen Fähigkeiten.
„Wünscht du noch etwas Gesellschaft, junger Freund?“ Holt ihn Velis aus den Gedanken.
Wieder grinst Lecram breit bei Velis Angebot lehnt es aber mit den Worten: „Danke ich brauche noch etwas Zeit für mich. Da gibt es noch andere durch dessen Augen ich noch sehen möchte“, ab.
Velis nimmt seine rechte Hand und legt sie ihm auf die Schulter. „Ruf mich wenn du Probleme siehst.“
„Versprochen.“ Und Velis nickt einverstanden.
Da vorerst alles gesagt ist entfernt sich Velis mit einem Lächeln auf den Lippen und ändert ab sofort wieder seine Farbe mit jeder Bewegung. Auch Lecram schmunzelt und ist froh in Velis einen so guten Freund gefunden zu haben. Unglaublich dass ihn dieser Makiani zu Beginn so viel Nerven gekostet hat. Jetzt vertraut er ihm völlig!
Genau genommen war Velis Stückweit sein Lehrer.
Ob Velis nun männlich oder weiblich ist spielt tatsächlich keine Rolle. Fenia mag in Velis eine sie sehen, er sieht ein ihn. Belustigt schüttelt er seinen Kopf und stapft in die Höhle hinein. Hier wurde er geboren, was für ein spezieller Ort. Natürlich ist die Höhle an sich nichts Besonderes, nur der Umstand dass sie hier geboren wurden macht ihn besonders. Er gibt es ungern zu, aber dieser Ort hier hat ihn irgendwie verändert.
Nach Begutachtung der riesigen Baum höhle sitzt er hin. Er muss sich kurz konzentrieren um durch die Augen der Krähe und des kleinen Drachen zu sehen. Also sitzt er so gemütlich hin wie es möglich ist und sucht zuerst nach Feora, der Verbindung in der Steinwüste. Das gelingt ihm rasch da die kleine Drachen Lady ihn schon schrecklich vermisst und aus diesem Grund auch etwas launisch gegenüber den anderen zu sein scheint. Aber alles in allem scheint dort alles beim alten zu sein. Lächelnd löst er diese Verbindung wieder ab und ist froh dass alles so ist wie es sein soll.
Als er nach der Verbindung zu der Krähe sucht schreckt er augenblicklich zurück und löst die Verbindung wieder. Seine Augen weiten sich weil er nicht damit gerechnet hat direkt in Aros Gesicht zu blicken und das hat ihn kurz erschreckt. Kurz und heftig schüttelt er rasch seinen Kopf.
Beim zweiten Mal wird er gefasster sein, daher setzt er sich noch mal hin und beginnt von vorne mit der Verbindung. Als er die Verbindung hat ändert sich seine Augenfarbe. Aber es ist nicht die der Krähe!
Zum Glück ist Aros nicht ganz so nahe wie vorhin. Er sieht Gloria die beunruhigend blass im Gesicht ist. Aber bei Gesundheit und als sein Blick auf etwas Helles fällt wird es Lecram klar dass Aros damit begonnen hat ihnen die Kraft abzusaugen.
Verdammt Nein, schreit es in seinem Inneren stumm auf.
Dann sieht er wieder Aros mit einem verheißungsvollen lächeln direkt vor sich. Sein Vater ist wohl ein gutaussehender Mann der nicht im Geringsten so böse aussieht wie er ist. Tatsächlich sieht er eigentlich ganz nett aus. Sein Vater hat dunkelblondes kurzes Haar und grüne Augen.
Als sein Blick jedoch wieder zu Gloria fällt wird sein Herz schwer vor Endtäuschung! Tatsächlich rollt ihm eine Träne über die steinerne Wange aus Endtäuschung und Frust den beiden nicht sofort zur Hilfe eilen zu können. Er fühlt sich hilflos. Weiter sieht er wie Aros einen Brennstab hervor nimmt und diesen an den Oberarm drückt den er vor Augen hat. Welcher Arm ist es? Schmerz, er spürt den Schmerz und den stolz von Aros aus Marcus einen gleich gesinnten gefunden zu haben. In seinem inneren schreit er: Marcus…nein!
Doch nun stutzt Lecram da er nicht durch die Augen der Krähe zu sehen scheint. Es sind tatsächlich die Augen seines Bruders! Er kann den Schmerz fühlen und die falsche Verbundenheit zu Aros. Nein! Nein! Nein!
Dann fällt Marcus Blick auf einen kleinen hölzernen Tisch. Die Krähe liegt tot vor Marcus auf dem Tisch!
Augenblicklich löst Lecram die Verbindung und wird von einer unsagbaren Traurigkeit umgeben. Seine Augen leuchten wieder rubinrot auf. Tatsächlich hat Aros die Krähe geopfert, für was auch immer.
Oder war es Marcus selbst?
Wem kann er noch trauen? Was ist mit Gloria?
Vor Wut kommt ein tiefes und lautes grollen aus seiner Kehle. Eine unsagbar starke Wut keimt in ihm hoch.
Weiter kommen seine Gedanken nicht da die Sonnen aufgehen und er augenblicklich zu Stein verharrt.


Sarah

Der Tag war nicht so lange wie sie zuvor gedacht hat. Da alle den schrei bei Sonnenaufgang von Lecram hören konnten sind sie früh aufgewacht und warten auf die Nacht um zu sehen wie es Lecram geht. Etwas Unheimliches scheint sich an zu bahnen.
Sarah hat unzählige Gespräche mit ihrer Mutter geführt und ist unsagbar froh sie gefunden zu haben. Ihre Eltern vereint zu sehen macht sie glücklich. Dass Gloria nicht dabei sein kann ist tragisch aber nicht zu ändern. Sie vermisst ihre Schwester und ein seltsames Gefühl hat sich in ihr breit gemacht. Fast scheint sie zu spüren dass Gloria leidet.
Wer hätte gedacht dass in so kurzer Zeit so viele Ereignisse passieren. Sarah weiß dass es bald Sonnenuntergang ist und Lecram zum Leben erwacht. Da sie sich vorgenommen hat da zu sein wenn er erwacht lässt sie ihren Eltern etwas Freiraum und geht aus der Höhle, direkt in Darias Arme.
„Willst du zu Lecram?“
„Ist das denn so offensichtlich?“
Daria lächelt liebevoll und streicht ihr über die Schulter.
„Ja.“
Sarah wird etwas bissig: „Irgendwelche Einwände? Hast du auch so schlaue Tipps auf Lager dass ich ihm Zeit lassen soll? Wenn ja, kenne ich schon. Der Schrei war so voller Wut.“ Ihr Gesichtsausdruck ist besorgt.
Daria sieht sie immer noch liebevoll an und Sarah bereut es schon wieder dass sie derart reagiert hat: „Tschuldige.“ Doch sie hat Angst um ihre Schwester sowie Marcus.
„Ach liebes, bei der Liebe gibt es kein Handbuch folge einfach deinem Herzen.“
Erstaunt zieht Sarah ihre Brauen hoch und lächelt schwach und ist so froh dass Daria ihr keinen Ratschlag geben will. Denn diese Lektion muss sie alleine Meistern, in welche Richtung sie auch immer geht.
„Der Schrei bedeutet gewiss nichts Gutes“, ergänzt Daria nun auch in Sorge und Sarah nickt. Weiteres gibt es nicht zu sagen. Freundschaftlich umarmen die beiden sich und Daria geht in die Baumhöhle hinein. Also macht sich Sarah auf den Weg um zuerst nach Velis zu suchen. Velis steht nicht unweit, es scheint fast so als hätte Velis gewusst was sie vor hat.
„Wartest du auf mich?“ Fragt sie erstaunt.
Bevor Velis antwortet ertönt wieder dieser schnalzende Laut voraus.
„Natürlich, komm ich bringe dich hinunter.“
Kommentarlos geht Sarah auf Velis zu und hält sich an dem großen Makiani fest. Da ihr die Farb Veränderung von den Makiani während dem Fliegen auf den Magen schlägt schließt sie die Augen zur Vorbeugung. Eigentlich ist sie schon froh dass Velis sie nicht einfach wieder hinunter stößt wie auch schon.
Sie ist froh als der Flug kurze Zeit später vorbei ist. Sie hat gedacht Velis leistet ihr noch etwas Gesellschaft aber dem ist nicht so. Kaum gelandet fliegt der Makiani auch wieder ohne Kommentar davon und Sarah sieht ihm noch etwas nach. Auch sie staunt Tag täglich über diese Wesen die Furchterregend und schön zu gleich aussehen.
Anschließend fliegt ein Schwarm bunter Vögel ganz nah an ihr vorbei, so dass sie kurz erschreckt und aus den Gedanken holt. Also dreht sie sich zum Höhleneingang und tritt hinein. Da es hier drinnen schon ein ganzes Stück dunkler ist sieht sie Lecram nicht gleich auf Anhieb. Doch als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben kann sie seine Umrisse erkennen. Langsam geht sie auf ihn zu und erschrickt über seinen Gesichtsausdruck. Erschrocken hält sie ihre Hände vor ihren Mund. Dieser Gesichtsausdruck lässt sie wissen dass er wütend war bevor er zur Steinsäule wurde. Hoffentlich geht es dabei nicht um Gloria oder Marcus! Dabei spürt sie dass es sich dabei um die beiden handeln muss. Ihr Herz wird schwer.
Zaghaft berührt sie ihn und stellt fest dass er kalt ist und noch kein Leben in ihm steckt. Irgendwie ist er so erstarrt doch etwas Angst einflößend. So scheint er so leblos und ihr wird bewusst wie einfach er so zur Strecke gebracht werden könnte. Da macht es schon Sinn dass die Gargoyles von den Drachen behütet werden. Seufzend steht sie da und sieht ihn einfach nur an. Es bleibt ihr nichts anderes übrig als sich neben ihn hin zu setzten und ab zu warten. Dabei nimmt sie eine Stanzini Wurzel hervor und beginnt darauf zu kauen. Auch sie findet sie zu Beginn sehr sauer und keift ihr Gesicht zusammen. Aber die Energie die von der Wurzel kommt braucht sie, denn diese Art des Reisens hat sie mehr geschwächt als sie je zugeben wird. Es ist nicht gut für sie ihre Gabe für etwas anderes einzusetzen.
Etwas später hört sie die Kieselsteine und einige Sekunden später hört sie seinen ersten Atemzug. Der Stein neben ihr scheint erwacht zu sein. Da seine Augen in der Dunkelheit besser sehen als ihre wird er sie schon bemerkt haben. Sie muss Klarheit über seinen Gesichtsausdruck haben.
„Was hast du gesehen?“
„Die Krähe ist Tod“, ist Lecram immer noch betroffen und Sarah ist erleichtert und traurig zu gleich: „Das tut mir leid.“
Dann sieht er sie direkt an. „Etwas Unglaubliches passiert, ich sehe durch Marcus Augen.“
„Oh.“ Mehr bringt sie im Moment nicht raus und ist heil froh dass es Marcus und ihrer Schwester wohl so weit gut zu gehen scheint. Sie kaut weiter auf ihrer Stanzini bis Lecram aufsteht und sich streckt. Steine die kurz auf einander prallen. Sein Körper ist gut definiert und die Muskeln sitzen am rechten Platz.
Also steht sie mit der Frage: „Wie geht es den anderen?“, auch auf. Muss sie ihm denn alles aus der Nase ziehen.
Diesmal stöhnt er laut auf und Sarah hat das Gefühl dass er einen gequälten Gesichtsausdruck hat. Genau genommen kann sie sehen dass er damit kämpft ob er ihr die Wahrheit sagen soll. Er scheint nach zu geben.
„Aros ist dabei ihnen die Magie abzuknöpfen und in den Kristall zu leiten. Marcus ist zu Aros Seite gewechselt.“ Fallen ihm diese Worte sichtlich schwer.
„Oh nein! Nicht jetzt schon…“
Wo ist die Hoffnung hin Gloria und Marcus wieder zu sehen. Ihr Herz fühlt sich klumpig an.
„Komm her“, spricht Lecram sanft und zieht sie in seine Arme. Sarah spürt seine Ledrige dicke Hauf auf die ihrer. Es ist nicht unangenehm in seinen starken Armen zu liegen und Trost zu empfangen. Natürlich ist sie versucht ihn zu fragen ob er seinen Bruder als verloren glaubt. Doch die Gewissheit dass auch er darüber nicht Bescheid weiß lässt sie ihre Frage leer runter schlucken. Sie ist so unsagbar traurig.
Sie spricht leise ihre Bedürfnisse aus.
„Nimm mich mit in die Steinwüste, bitte.“ Sie kann und will nicht von seiner Seite weichen. Wie geahnt löst er die Umarmung und stapft aus der Höhle hinaus und Sarah folgt ihm während sie auf ihrer Unterlippe nagt. Schließlich dreht er sich und sieht sie direkt an und ihr Magen beginnt sich zusammen zu ziehen.
„Denkst du dass du die Kraft hast von hier nach Trisyt und dann in die Steinwüste zu reisen? Wirklich?“
Natürlich hat sie darauf keine eindeutige Antwort da diese Art reisen für sie auch neu ist und sehr viel Energie verbraucht. Es ist gemein ihr eine solche Frage zu stellen.
„Ja.“ Reckt sie schließlich trotzig ihr Kinn.


Lecram

Er sieht sie immer noch regungslos an und fragt sich was sie sich davon erhofft. Ist das der Zeitpunkt wo sie miteinander reden müssen? Es ist verlockend ihr wieder auszuweichen aber fair wäre es nicht.
Er stöhnt laut auf.
„Was versprichst du dir davon?“
Sarah reagiert nicht so rasch auf seine Frage wie er vermutet hätte. Sie scheint ihre Wortwahl gut zu überlegen.
„Mehr Zeit mit dir.“
Na wenigstens ist sie im Gegensatz zu ihm ehrlich. Langsam bückt er sich zu ihr hinunter und lächelt zynisch bei den Worten: „Und wenn ich das nicht möchte.“
„Das ist eine Lüge!“ Bleibt sie gelassen.
Dass sie so sachlich bleibt erstaunt ihn. Tatsächlich hat er mit einem Gefühlsausbruch gerechnet. Dieses Mädchen erstaunt ihn immer wieder aufs Neue.
„Sarah, wir ziehen in so etwas wie einen Krieg. Da haben solche Gefühle, wie du sie zu glauben scheinst, keinen Platz.“
„Wo sind deine Gefühle denn hin?“ Ist ihre Frage direkt.
Voila, da ist die Katze aus dem Sack und das Gespräch geht in die Richtung die er sich schon zusammen gereimt hat. Sarah hat ihn bei seiner Achilles Sehen erwischt. Seine leuchtenden Augen blitzen kurz auf.
„Die Gefühle sind gut in Stein gepackt“, etwas blöd die Antwort aber was Schlaues kam ihm einfach nicht in den Sinn. Sarah sieht ihn Vorwurfsvoll an und Lecram ändert die Taktik: „Willst du mir weis machen dass du für Marcus nicht das geringste empfindest?“
„Wie kommst du darauf?“ Mit dieser Frage hat Sarah wohl nicht gerechnet also holt er aus: „Ich habe euch durch die Krähe beobachtet. Dabei höre ich keine Worte. Dafür bin ich in der Lage die Stimmungen auf zu nehmen. Ich habe den Kuss gesehen und jetzt sag du mir dass du nichts für Marcus empfindest!“
Er wollte nicht so schroff sein!
Schließlich hat sein Bruder erreicht was er wollte und ihn zu Sarah gebracht. Welchen Plan sein Bruder sich zu Recht gelegt hat bleibt zwar noch offen.
Nach dem gestrigen Blick zu seinem Bruder hat seine Hoffnung auf einen guten Ausgang für Marcus geschmälert. Es scheint als müssen sie beide ihren vorbestimmten Weg gehen. Er für seinen Teil versucht Sarah so gut wie möglich auf Distanz zu halten. So lange es eben möglich ist.
Die beiden mustern sich gegenseitig und Lecram studiert warum Sarah so lange für eine Antwort braucht. Dann tut Sarah etwas mit dem er nicht gerechnet hat. Sie zieht ihn zu sich herunter und küsst ihn sanft auf die Lippen. Sein Herz macht einen Satz obwohl sein Verstand: Nein ruft!
„Verdammt Sarah!“ Motzt er kurz.
„Du Idiot. Du beschützt mich wo du nur kannst und jetzt soll ich dir glauben dass sich zwischen uns etwas geändert hat. Wohl kaum.“ Sie hätte vermutlich noch tausend Schimpfwörter für ihn auf Lager, die sie jedoch zu seinem Glück zurück behält.
„Das ist nicht die Antwort auf meine Frage.“
„Darauf brauche ich nicht zu antworten. Außerdem hast du mir einen Brief da gelassen mit den Worten: ich darf nicht an deiner Liebe zweifeln. Also warum verweigerst du deine Liebe, es macht doch gar keinen Sinn!“
Da ist der klare, wache Verstand von Sarah der ihn schon wieder fast in die Knie zwingt. Wenn sie ihn auf diese unbeschreiblich süße, etwas freche Art ansieht kann er sich fast nicht mehr zurück halten sie in ihre Arme zu schließen. Aber nur fast!
Wäre er der Mensch Lecram wäre er vielleicht schwach geworden. Aber als Dämon hat er sich ziemlich im Griff.
„Weniger Liebe, weniger Angriffsfläche.“ Ist seine logische Erkenntnis.
Als hat sie gespürt dass es keinen Sinn macht mit ihm hier darüber zu streiten sieht sie ihn einfach noch einmal eingehend in die Rubin roten Augen die er abgrundtief hasst. Verdammt, sie kann einem schon durch Mark und Bein gehen. Wüsste sie von ihrer Wirkung auf ihn hätte sie ihre Mittel mit Sicherheit anders ausgespielt. Lecram rechnet mit allen möglichen Einwänden, jedoch nicht mit ihrer einfachen Frage: „Nimmst du mich nun mit in die Steinwüste? Ein ja oder nein reicht als Antwort völlig aus.“
Er ist etwas verdutzt und irritiert.
„O.K.“ Herrgott, das wollte er doch gar nicht!
Dann lächelt Sarah zwar aufgesetzt aber auch irgendwie zufrieden. Und Lecram begreift im Moment nicht was in ihrem hübschen Köpfchen vor sich geht. Es scheint als hat sie ihr Ziel erreicht. Da er es sicherer findet nicht Näher darauf ein zu gehen fragt er: „Ich gehe hoch. Soll ich Velis rufen oder möchtest du dass ich dich…“
„Du“, unterbricht sie seine Frage.
Die Frage hätte er sich ja auch sparen können. Als er in ihr Gesicht blickt sieht er dass sie ein wenig eingeschnappt ist und das bringt ihn zum Lächeln. Es scheint alles in Ordnung zu sein. Sie soll ruhig schmollen, zudem lenkt es ihn auch ab.
„Also stell dir wieder vor du wärst mein Rückenpanzer und krall dich an mir fest.“ Grinst er dann breit. In Wolfwille hat er sie ja öfters so huckepack mitgenommen.
Doch Sarah reckt ihr Kinn: „Spielen wir heute doch Känguru. Ich bin dein Beutel“
Staunend weiten sich seine Augen.
„Zuerst verwirren sich die Worte, dann verwirren sich die Begriffe, und schließlich verwirren sich die Sachen“, zitiert er eine Chinesische Weisheit. Das bringt seine Momentane Verwirrung am ehesten zum Ausdruck. Damit bringt er Sarah wenigstens wieder zum Schmunzeln. Dann legt sie ihre Arme um ihn und sieht ihn dabei liebevoll an. Zum Glück ist sie nicht sehr groß und er ein Stück grösser und kräftiger als Gargoyle denn sonst hätte er sie, auf diese Art und Weise, nicht hinauf bringen können.
Während er mit einer Leichtigkeit und sicher von Ast zu Ast klettert beginnt Sarah ihn auf die Wange zu küssen. Bis er schließlich einwendet.
„Hör auf du lenkst mich ab.“
„Du bist stark, du lässt mich nicht fallen.“
Tusche, geht es ihm durch den Kopf und Sarah ist neugierig: „Was empfindest du bei meinen Küssen.“
Herrgott, will sie hier in dieser unmöglichen Lage wirklich eine ehrliche Antwort? Als er in ihr Gesicht blickt sieht er sehr wohl dass es ihre Absicht ist, und wie er sie kennt wird sie keine Ruhe geben bis sie ihre Antwort hat. Mürrisch rollt er seine Augen. Verdammt, sie kann so störrisch sein!
Also gut, er gibt nach.
„Mir läuft ein Schauer den Rücken hinunter. Zufrieden?“
Sarah lächelt zufrieden und bestätigt ihren Gesichtsausdruck mit einem einfachen: „Ja.“
Dann ist es geschafft sie sind oben angekommen und Sarah löst sich mit einem sanften Kuss auf der Wange von ihm. Dabei ziehen sich seine buschigen Brauen zusammen und Sarah lächelt hämisch.
Sie scheint ihr Ziel erreicht zu haben.


Kapitel 11


Sarah

Die Nacht war lange und sie alle haben mit Lecram gute Gespräche geführt. Als dann die Nacht dem Morgen wich ging Lecram wieder hinunter um als Steinsäule den Tag zu verbringen. Die restlichen haben dann auch am Tag etwas geschlafen. Sarah vielleicht nicht so viel wie die anderen. Dass sie heute Nacht nach Trisyt reisen und dann erst die Nacht darauf in die Steinwüste kommt ihr sehr entgegen. Schliesslich hofft sie inständig dass sie sich mit diesem Einsatz nicht übernimmt.
Es passiert so viel und Zeit um sich richtig auszuruhen bleibt kaum. Sie kommt an ihre Grenzen. Jedoch hat sie sich geschworen den anderen nicht zu zeigen dass sie jedes Mal schwächer wird wenn sie auf diese Art reisen. Sie hat Angst etwas zu verpassen. Sie ist schrecklich müde und ihr Bein schmerz sehr.
Es ist beruhigend zu wissen dass Velis versprochen hat mit einigen Makiani sich auf den bevorstehenden Kampf vor zu bereiten. Dass Velis die Flügler nicht mitnehmen kann versteht sie, das würde das Gleichgewicht hier völlig durch einander bringen und sie wären sehr angreifbar. Dass sie überhaupt mitkommen ist eine grosse Ehre.
Sie, wie auch die anderen, sind sehr stolz auf Lecram. Es ist seine Art wie er auf die verschieden Situation zu gehen kann und die einzelnen Traditionen bewahrt.
Marcus hatte nie das Gespür dafür wie man sich zu verhalten hat. Nur in ihrer und der Gegenwart von A’bena war er ruhiger. Ob Marcus und Gloria noch dieselben sind? Wenn sie an Gloria denkt wird es ihr schwer ums Herz, sie fühlt dass es ihrer Schwester nicht gut geht und sie leidet unbemerkt. Schmerzerfüllt schliesst Sarah kurz die Augen als sie an ihre Schwester denkt.
Im Gegensatz zu Marcus spürt Sarah genau dass Lecram in diese Welt hinein gehört, als wäre er schon immer ein Teil davon gewesen. Genau wie sie. Trotzdem hat sie Angst ihre Familie, Freunde und Bekannte zu verlieren.
Velis der sich gestern Nacht am Gespräch beteiligt hatte, hat betont dass es Verluste geben wird und sie sich darauf gefasst machen sollen. Kann man sich auf so etwas überhaupt vorbereiten? Wohl nicht, vielleicht verdrängt man es auch einfach.
Sarah humpelt vorsichtig in Gedanken versunken von Ast zu Blatt und Baum zu Baum. Wobei es ihr vorkommt als würden die Blätter und Äste ihr irgendwie dabei helfen. Mal rutscht sie an einem Blatt hinunter und lässt sich dann auf das nächste gleiten. Irgendwann sieht sie an einem der Bäume hoch und staunt wie weit sie schon gekommen ist. Diese dicken Bäume haben eine wundervolle Zeichnung und die Baumrinden sind so beeindruckend dick. Grosser Efeu wächst an diesem Baum empor und darin tummeln sich auch von diesen braunen, grauen Äffchen die wahnsinnig flink sind. Die kleinen Äffchen zwinkern ständig und es sieht aus als würden sie dauernd grinsen. Sarah lächelt. Sie berührt den Baum und hat das Gefühl ihn zu spüren. Ja, alles hier scheint zu leben und sie sorgen sich um einander.
So Gedanken verloren geht sie einfach weiter um ihren Kopf zu leeren. Bis sie unten auf dem Boden ankommt einen Weg entlang geht und auf eine Art Lichtung stösst mit einer unglaublichen Anzahl von Blumen mit grossen blauen Blüten. Bewundernd sitzt sie auf einem nahe gelegenen breiten, dicken Ast ab, lässt die Beine baumeln und beobachtet das Geschehen. Die Flügler sind wie immer unterwegs und scheinen zu patrouillieren.
Die bunt schillernden Vögel die Nektar aus den Blüten ziehen sind einfach wundervoll. So bunt wie die Vögle sind, ist auch der Vogelgesang. Auch die über grossen Glühwürmchen scheinen hier nicht nur in der Nacht zu leuchten, im Gegenteil, sie schwirren hier fleissig umher und leuchten am Tag hellblau. Es ist ungewohnt hell aber schön. Da sie die Glühwürmchen manchmal blenden verengt sie ihre Augen. Süss sind die unscheinbaren kleinen und braunen und grauen Äffchen. Diese sind so winzig, kaum Handgross, dass sie auf den grossen Bäumen so verloren wirken. Die Äffchen haben einen bestimmten Namen den Sarah nicht aussprechen und nicht merken kann. Wie alle Wesen hier. Was sie heraus gefunden hat ist, dass diese kleinen Affen ähnliche Wesen ständig in Bewegung sind um zu sammeln. Sie sammeln alles Mögliche. Es sind Fluchttiere die nie nahe an sie heran kommen und sofort in alle Windrichtungen zerstreuen wenn man sich ihnen nähert.
Dann fällt ihr Blick wieder auf das friedliche Blumenmeer vor ihr. Was für schöne tief blaue und grosse Blumenblüten.
Dann spürt sie hinter sich einen sanften Windstoss und weiss augenblicklich dass sie nicht mehr alleine ist.
„Gefällt dir dieser Ort?“ Hört sie Velis schnalzend hinter sich.
„Ja, er ist unbeschreiblich. Schön und friedlich.“
„Diese Blumen hegen und pflegen wir auch sehr.“
„Warum?“, ist sie neugierig und blickt zu Velis hoch der neben ihr am Boden steht. Da sie noch sitzt sieht er unglaublich gross aus, also steht sie auch auf. Wobei das nicht viel nützt, auch so ist er fast doppelt so gross wie sie. Seine Arme hält er schützend vor seinen Körper. Als er antwortet lächelt er sanft.
„Daraus kann man unheimlich gut schmeckenden Blaublüten Saft machen. Diejenigen die diesen Saft noch nicht gewohnt sind können nach dem ersten Becher nicht mehr aufrichtig gehen.“
„Oh“, staunt sie.
„Aus diesem Grund haben wir ihn euch noch nicht angeboten. Die Gespräche waren zu tiefsinnig. Die Zeit dafür wird kommen.“
„Ich nehme dich bei Wort“, lächelt Sarah zu ihm hoch als sie ihn ansieht. Sie mag diesen Makiani der schon sehr alt und Weise zu sein scheint.
„Was ist das da hinter dem Blumenfeld? Sind das Netze?“, möchte Sarah wissen da sie ganz weit hinten so etwas wie Spinnennetze sehen kann. Einfach eine Dimension grösser als sie es gewohnt ist!
„Wenn du sie als Spinnen bezeichnen möchtest. Es sind Tiere die ihren Körper auf zehn Beinen tragen und diese Netze machen. Ihr Körper ist gelb und sie tragen ein Gift in sich das dich mindestens für einen Tag aus dem Gefecht setzen kann.“
„Das müssen grosse Spinnen sein, nach der Grösse der Netzte zu urteilen.“
„Keineswegs, sie sind etwa so gross wie deine Hand. Sind aber nur in Kolonien von etwa dreissig Tieren an zu treffen.“
Sarah sieht Velis ungläubig an und findet diese Spinnenwesen schon heftig gross. Aber wenn man so gross ist wie ein Makiani kann es einem vielleicht wirklich klein vor kommen.
„Und wovon ernähren sie sich“, möchte sie mehr über diese Dinger erfahren.
„Sie räumen von Zeit zu Zeit den Wald auf und ernähren sich von den Toten, verwesenden Tieren.“
Sarah rümpft die Nase. „Weshalb dann die Netze wenn sie niemanden einfangen wollen um zu essen?“
„Als Schutz und zur Abschreckung, und um ihre Jungen auf zu ziehen.“
„Aha“, staunt sie nur und ist froh noch keinem solchen Tier über den Weg gelaufen zu sein. Spinnen mag sie nicht so sehr, oder wie auch immer Velis diesen Tieren sagen möchte. Für sie klingt es sehr nach einer Art Spinne. Sie stehen noch eine Weile ohne ein Wort zu sagen da bis Velis erwähnt: „Der Tag geht und die Nacht beginnt, es wird Zeit uns zu verabschieden. Es liegt noch einiges an Vorbereitung vor uns.“
Als sie sieht dass die Sonnen am Untergehen sind ist ihr klar dass Lecram auch schon wach sein muss. Velis hat Recht und sie nickt automatisch. Velis sieht zu ihr hinunter.
„Du solltest auf deine Gesundheit achten, du bist sehr blass und wenn du unbeobachtet bist hinkst du mehr als sonst.“ Erklärt Velis regungslos und Sarah staunt dass Velis solche banalen Dinge auffallen: „Woher…“
„Für diese Art Reisen wurdest du nicht hinein geboren. Es fordert seinen Tribut die Magie für etwas anderes zu nutzen. Jedoch erstaunlich dass es funktioniert hat.“
„Ich hätte auch nicht vermutet dass es möglich ist.“
„Manchmal ist es eine Verbindung, die einen Dinge ermöglicht die sonst nicht möglich sind.“
„Das verstehe ich nicht.“
„Es kommt die Zeit“, lächelt Velis verheissungsvoll, „halt dich fest, ich bringe dich zurück.“
Auch lächelnd nimmt sie sein Angebot gerne an und legt ihre Arme um seinen Hals. Automatisch schliesst sie ihre Augen wieder. Seine Haut fühlt sich glatt an und Sarah ist froh kurze Zeit später wieder sicheren Boden unter den Füssen zu spüren. Also öffnet sie ihre Augen wieder. Lecram ist wie erwartet auch da und verabschiedet sich von den Makiani. Also holt Sarah es nach.


Lecram

Lecram muss gestehen er ist froh dass Velis sich auf die Suche nach Sarah gemacht hat. Nicht aus zu denken wenn ihr etwas geschehen wäre. Doch nun ist alles im grünen Bereich. Also stapft er auf Velis zu und bleibt vor ihm stehen. Als Gargoyle ist er „fast“ auf Augenhöhe mit dem neu gewonnenen Freund.
„Interessante Begegnung, junger Freund.“ Spricht der Makiani schnalzend, automatisch hellt sich Lecrams Gesicht auf.
„Danke für deine Hilfe.“
„Du bist ein Teil dieser Welt. Ob als Mensch oder Gargoyle spielt für niemanden ausser dir eine Rolle.“ Ein Schnalzlaut erklingt: „Trotzdem bist und bleibst du ein hässliches Steinwesen.“
Wieder zucken Lecram Mundwinkel da er die Gargoyles im Gegensatz zu den Makiani schon recht gutaussehend findet. Die kahl geschorenen Makiani ohne Ohren nur mit Ohrmuschel und wandelnder Hautfarbe sind durchaus gewöhnungsbedürftig. Von den Abgerundeten seltsamen Zähne und ihren Greifhände und Füsse mal abgesehen. Diese Gedanken behält er jedoch besser für sich.
„Freunde?“ fragt Lecram zufrieden lächelnd und diesmal ist es das Gesicht von Velis das sich auch erhellt als er schnalzend antwortet: „Auf ewig.“
Dann besiegeln sie ihren Abschied mit einem Händedrücken und Lecram stapft zu den anderen die schon eng und bereit bei einander stehen für die Reise. Ihre nötigste Habe haben sie auch dabei. Es ist eine seltsame Stimmung von Abschied und getränkt von einer Ungewissheit.
Da sich Lecram noch daran erinnert dass Sarah davon gesprochen hat seine Gedanken während der Reise aufzunehmen versucht er vehement nicht an seinen Bruder zu denken. Er lenkt seine Gedanken zu Feora der kleinen Drachen Lady in der Steinwüste.
Die Makiani stimmen zum Abschied eine Art Lied an das klingt wie Entengeschnatter. Es klingt nach vielen Makiani wobei er nur wenige sehen kann da die anderen gut getarnt zwischen den Bäumen sitzen oder vielleicht sogar hängen.
Wenn Lecram das nächste Mal wieder her kommen sollte möchte er mehr in die Welt der Makiani eintauchen. Leider war jetzt nicht der geeignete Zeitpunkt um mehr Makiani über diese Wesen in Erfahrung zu bringen.
Danach geht das ganze Prozedere von vorne los: Die Perlmutterfarben Blase entsteht, Sarahs Augen verdunkeln sich und beim nächsten Atemzug stehen sie in Trisyt!
Vor Taraks Haus.
Wie Lecram angenommen hat sieht Sarah noch ein Stück blasser aus wie zuvor. Klar macht er sich sorgen. Er weiss nicht aus welchem Grund, doch er packt ihre Hand und kann fast zusehen wie ihr Gesicht wieder an Farbe gewinnt. Dass es einen kleinen elektrischen Schlag gegeben hat als er ihre Hand genommen hat…, daran hat er sich schon gewöhnt. Mit zusammen gezogenen Augenbrauen sieht er sie an und lässt sie sofort wieder los. Was tut er bloss!
Sarah sieht ihn ihrerseits erstaunt an.
Dann fällt sein Blick auf Fenia die über das ganze Gesicht strahlt. Ja, sie ist zu Hause angekommen. Noch nie hat er einen glücklicheren Menschen gesehen. Fenia braucht keine Worte um es zu sagen, man sieht es ihr an. Dennoch ist sie immer noch so schwach und ohne Magie.
Schliesslich beschliesst die Gruppe schlafen zu gehen und
Daria fragt ihren Sohn: „Möchtest du den Tag in deinem Zimmer verbringen?“
Er muss gestehen darüber hat er noch nicht nachgedacht.
„Keine Ahnung, vielleicht. Aber warte nicht auf mich. Bei Sonnenuntergang werde ich kommen.“ Irgendetwas sagt ihm dass er durch die Augen seines Bruders sehen sollte.
„Versprochen?“
„Versprochen“, wiederholt er.
Also verabschiedet sich auch Daria und zurück bleiben Sarah und er.
„Soll ich dich noch etwas begleiten?“ Sieht sie ihn erwartungsvoll an.
Das fehlte ihm jetzt noch. „Nein, du wirst schwächer und morgen Nacht brauchst du deine Kraft erneut. Wobei es mir lieber wäre du würdest hier bleiben.“ Ist er ehrlich.
„Du warst einverstanden dass ich dich begleiten kann.“ Langsam reckt sie ihr Kinn und wenn sie wüsste wie niedlich sie dabei aussieht würde sie es wohl nicht tun. Aus diesem Grund schmunzelt er leicht und sein Mundwinkel zuckt vergnügt auf.
„Ich habe nur gesagt es wäre mir lieber du würdest hier bleiben. Mit keinem Wort habe ich es dir verboten. Weisst du ich sehe wie du schwächer wirst.“
Darauf kann sie nicht antworten ohne ein Eingeständnis zu machen, also sagt sie stattdessen: „Na dann.“
„Na dann“, sagt auch er ohne eine Regung im Gesicht und sie fragt ganz leise: „Wann wollen wir uns denn mal aussprechen?“
Zur Hölle, sie wird nie aufgeben. Sie ist zäh. Bevor er antwortet kratzt er sich am Kinn. Dann fährt er mit seiner linken Hand ihre Wange hinunter und als er seine steinerne Pranke auf ihrer Haut sieht kneift er wütend seine Augen zusammen. Er ist doch hier nicht bei die Schöne und das Biest! Seine Hand zieht er zurück und ist bereit ihr eine Antwort zu geben.
„Also gut“, beginnt er den Satz, „reden wir über Gefühle.“ Damit bringt er Sarah zum Staunen und er ergänzt: „Dass ich dich mag kann ich nicht leugnen. Du musst allerdings mitbekommen haben dass ich mich verändert habe.“
Sarah nickt wortlos, dabei nagt sie sich auf die Unterlippe.
„Eben. Als Gargoyle fühle ich mich bei längstem nicht mehr so unwohl in dieser Welt wie auf der Erde. Hier bin ich nicht der einzige meiner Art. Genauer gesagt bin ich nicht das einzige seltsame Wesen“, dabei denkt er an die Makiani, „in der Steinwüste habe ich ein gutes Leben dass mir wirklich sehr viel Freude bereitet. Das habe ich nicht erwartet. Es geht mir sehr gut.“
„Du denkst das ist dein Schicksal?“ Wieder nagt sie an der Unterlippe.
„Ich bin bereit mein Schicksal anzunehmen und ein Teil dieser Wüste zu sein.“ Ja er freut sich schon auf den anderen wilden Haufen von Gargoyle.
„Darin habe ich keinen Platz“, spricht Sarah mehr zu sich um selbst zu verstehen was er ihr damit sagen will.
„Nein…, du wirst niemals glücklich sein wenn du an meiner Seite bleibst und wenn du nicht glücklich sein kannst werde ich es wohl auch nie.“
Auch er schluckt leer bei seinen Worten.
„Ich brauche noch etwas Zeit...“ Sarah schluckt schwer und Lecram hat das Gefühl er hat den dicken Klos gehört den sie gerade herunter geschluckt hat. Es tut ihm leid und auch sein Magen zieht sich zu einem Klumpen zusammen als es ihm klar wird was er sich und ihr damit an tut. Am liebsten würde er sie tröstend in die Arme nehmen. Natürlich tut er es nicht und verschränkt seine Arme.
Er weiss das es so das Richtige ist und erklärt weiter: „Ich hätte mich sogar damit abgefunden wenn du mit Marcus zusammen gekommen wärst. Alles ist besser als mit mir die Zeit zu verbringen. In der Steinwüste gehöre ich zum wilden Haufen.“
„Du nimmst mich trotzdem mit?“ Kommt ihre Frage ruhig und gefasst gesprochen.
„Ja, du möchtest die Steinwüste mal erleben. Und seien wir ehrlich“, er seufzt kurz auf, „wir wissen nicht ob wir noch mal die Gelegenheit dazu haben werden.“
„Ich kann meine Gefühle nicht einfach so weg stecken.“ Ist sie ganz offen. „Ja, Marcus ist mir sehr ans Herz gewachsen, berührt aber mein Herz nicht auf dieselbe Weise wie du dazu fähig bist. Niemals, und das weisst du ganz genau.“
„Sarah…, ich hatte schon längst keine Hoffnung mehr für mich selbst. Mein Dämon hat mich fast verschlungen. Ich war verloren…, du hast mich gerettet.“
„Es war nicht genug.“
„Es liegt nicht an dir, ich habe mich verändert.“
Herrgott, diese Worte fühlen sich richtig und falsch zu gleich an. Auch wenn sie es ihm nicht zeigt, so kann er ihre Trauer spüren. Automatisch bückt er sich zu ihr hinunter bis sie Stirn an Stirn da stehen und legt seine Hände an ihren Hals. Dabei gibt es wieder diese kurze statische Entladung. Der steinern aussehende Dämon mit dem zierlichen hübschen Mädchen mit den grossen Rehbraunen wundervollen Augen. Auch er schluckt schwer.
„Meine Gefühle für dich sind da und egal wie weit ich von dir weg bin, ich werde immer spüren dass du ein Teil meiner selbst bist. Eine solche Liebe findet man vermutlich selten und ich schätze mich glücklich sie kurz gekostet zu haben.“ Grosser Gott, er liebt sie so sehr dass er sie einfach gehen lassen muss. Seine Augen ziehen sich schmerzvoll zusammen: „Wenn du Hilfe brauchst bin ich für dich da. Nur bitte, bitte -werde glücklich – ohne mich.“
„Grosse Veränderungen im Leben können eine zweite Chance sein.“ Zittert ihre Stimme leicht.
Lecram lächelt verhalten, presst dabei seinen Kiefer zusammen. Er hat gewusst sie wird sich an jeden Strohhalm klammern den sie finden kann. Es ist ihr gutes Recht. Endlich kann er sich von ihr lösen und geht einen Schritt zurück, sieht sie aber immer noch mit seinen Rubin leuchtend roten Augen direkt an. Sein Gesichtsausdruck bleibt jedoch steinern.
„Du hast es verdienst glücklich zu sein. Such jemanden der dir ein wundervolles Lächeln auf deine Lippen zaubert. Das hast du verdient.“
Es stimmt, er hat sie schon lange nicht mehr herzhaft lachen gesehen. In seiner Gegenwart ist sie immer so ernsthaft, dabei sieht sie so süss aus wenn ihre Augen leuchten und sie dabei lächelt. Sie hat das hübscheste Lächeln überhaupt. Wenn sie wüsste dass er bei einem Lächeln von ihr schwach werden könnte würde dieses Gespräch vermutlich anders verlaufen. Eigentlich erstaunt es ihn eh dass sie es einfach so hin nimmt.
Da sie nichts mehr sagt bleibt ihm nur noch: „Gute Nacht“, zu sagen und Sarah sieht ihn mit grossen Augen einfach nur an. Es tut ihm leid. Bevor Sarah reagieren kann hören sie eine weibliche Stimme die langsam näher kommt:
„Entschuldigt die Störung. Aber ich muss mit Lecram sprechen.“ Sarah sowie Lecram drehen sich um und Lecram weitet seine Augen bei dem Anblick dieser wirklich hübschen Elbin die vor ihnen steht. Automatisch huscht ihm ein leises: „Du musst A’bena sein“, aus dem Mund.
Vor ihnen steht A’bena in braunen Leder Hosen und einem dunkelgrünen Shirt mit einem Köcher um den Hals und Bogen in der Hand.
Sarah fragt direkt: „Du gehst zur Jagt?“
„Nein, ich reite heute Nacht los um in Aros Reich in die Stadt Veram zu gelangen.“
Sarah sieht fragend von A’bena zu Lecram und er staunt auch nicht schlecht. Da er das Gefühl hat das Gespräch könnte etwas unangenehm werden spricht er sachlich: „Gehen wir ein paar Schritte.“
A’bena nickt ernst und als die beiden in Richtung Fluss gehen blickt sich Lecram nach Sarah um. Insgeheim hat er gehofft Sarah würde zurück bleiben. Natürlich wusste sie es und es scheint ihr egal zu sein, sie folgt ihnen bis zum Fluss und A’bena möchte von Lecram genau wissen: „Wie steht es um Marcus und Gloria?“
Zur Hölle, nicht vor Sarah! Er sucht noch nach Worten und sieht A’bena verloren an.
A‘bena holt ihn mit den Worten: „Ich mag ihn wirklich sehr, bitte sag mir wie es ihm geht“, aus dem Gleichgewicht. Aber ja, sie hat Recht. Die Worte die er in seinem Kopf zu Recht gelegt hat fallen ihm nicht einfach. Doch er will ehrlich zu ihr sein.
„Nicht so gut. Aros hat die Krähe getötet und absorbiert die ganze Kraft von Gloria und vielleicht Marcus in einen Kristall. Von diesem Kristall zehrt Aros seine Kraft.“
„Nein, nein“, schüttelt A’bena den Kopf, „nicht Aros hat die Krähe getötet, das muss Marcus gewesen sein. Er hat mal erwähnt dass er versuchen wird die Verbindung der Krähe zu dir umlenken zu wollen.“
„Das hat er geplant“, platzt es aus Lecram und Sarah zur selben Zeit. Da A’bena laut aufseufzt fragt Lecram nach:
„In wie weit bist du in seine Pläne eingeweiht?“
Tatsächlich ist er jetzt neugierig und scheint nicht der einzige zu sein. Sarah hat sich auf die nächste Sitzgelegenheit gesetzt die sich bietet und das ist eine schön geschwungene Holzbank. Er sieht ihre Müdigkeit und weiss sie müsste jetzt eigentlich schlafen, wird sie aber mit Sicherheit hier nicht weg bekommen.
Mit klarem und wachem Blick sieht A’bena zu Sarah und holt aus: „Eingeweiht bin ich nicht direkt. Er hat mir ein paar Dinge erklärt. Sarah, er liebt dich auf seine Art und Weise. Mein Herz berührt er allerdings auch und ich werde für ihn da sein.“ Diese Worte bringen Sarah zum Lächeln und Lecram ist froh dass A’bena weiter erzählt als sie ihn dabei direkt ansieht: „Er musste dich her locken Lecram. Marcus hatte das Gefühl du würdest dich in der Steinwüste verkriechen.“
„Ist ihm gelungen, ich weiss.“ Nickt Lecram.
„Der Ruf von Aros war für ihn unerträglich. Er musste nachgeben und hat Gloria mitgenommen statt Sarah…“
„Und uns somit mehr Zeit verschafft“, ergänzt er und A’bena nickt.
„Ja. Damit du besser über das Geschehen in Aros Nähe auf dem Laufenden bist wollte er versuchen die Magie von der Krähe zu seinen Gunsten nutzen. Wohl bewusst dass sie eventuell dafür sterben muss. Er war nicht sicher ob es klappen kann…, nach deinen Worten zu folge muss er einen Weg gefunden haben. Wir können stolz auf ihn sein.“
„Dass die Verbindung bestehen bleibt ist jedoch nicht sicher. Stimmt’s?“ Reimt sich Lecram zusammen und A’bena nickt: „Nichts ist sicher was mit Aros zu tun hat. So hat es mir Marcus erklärt.“
„Weiss Marcus dass du nach Veram reisen möchtest?“, stellt Sarah immer noch sitzend die nächste Frage.
„Nein, er hat mich gebeten hier zu bleiben um in Sicherheit zu sein.“
„Was hast du vor?“ Will nun Lecram von dieser hübschen Elbin in Erfahrung bringen. Als sie kurz lächelt kann er ihre Grübchen sehen die entstehen wenn sie lächelt, was ausgesprochen süss aussieht. Warum sein Bruder sein Herz an diese Elbin verloren hat kann er sehr gut nach vollziehen.
„Ich hatte etwas Zeit mir Gedanken zu machen. Ich versuche mich in Aros Reich etwas um zu sehen und treffe euch dann in drei Nächten etwas oberhalb bei den Ruinen von Babolyn. Sofern euch die Zeit reicht.“
Er versteht: „Du kundschaftest für uns aus. Und ja, in drei Nächten passt.“
„Genau das werde ich versuchen. Bitte sei ehrlich, wie geht es den beiden. Ich sorge mich.“ Sie sieht bedrückt aus.
Lecram hat gehofft seine Antwort hätte genügt. Natürlich tut sie das nicht.
Er rümpft seine Nase und gibt nach: „Gloria hat bereits keine Kräfte mehr und wird wohl nur noch am Leben gehalten da sie als Geisel dienen könnte“, kurz blickt er in das noch blassere Gesicht von Sarah und erzählt weiter, „ob Marcus noch seine Magie hat und wie es ihm wirklich geht mag ich noch nicht richtig deuten. Ich spürte Schmerz und sah das Brandmahl dass Aros ihm in den Arm brannte. Weiterhin konnte ich den Stolz von Aros fühlen wie froh er ist in seinem Sohn einen gleich gesinnten gefunden zu haben. Ich kann mich auch irren und es war Marcus Stolz. So ganz genau kann ich es nicht sagen. Es tut mir leid.“
A’bena wirkt gefasst: „Marcus ist noch nicht verloren solange wir Hoffnung in uns tragen.“
Er sieht den Stolz in ihrem Blick und bewundert dieses hübsche Mädchen für ihre Tapferkeit. Langsam geht er noch einen Schritt auf A’bena zu. Dann hält er ihr seine linke Hand entgegen die sie annimmt wobei er das Gefühl hat sie staunt darüber dass er mit seiner Pranke so feinfühlig sein kann und spricht leise: „Wir werden uns bald wieder sehen.“
Ausserdem ist er selbst von Stolz erfüllt da die Elben hier tatsächlich keinen Unterschied machen ob er der Mensch oder der Gargoyle ist. Darüber ist er dankbar.
„Versprochen“, ergänzt A’bena und als sie den steinernen Zwillingsbruder von Marcus los lässt fällt ihr Blick traurig auf Sarah.


Sarah

A’bena und Sarah kennen sich schon lange und waren sich immer gute Freundinnen. Sarah sieht in dem Blick ihrer Freundin dass auch sie ängstlicher ist als sie jemals zugeben wird. Die Elben sind und bleiben ein stolzes Volk.
Automatisch steht Sarah auf und umarmt ihre Freundin. Eigentlich tun Elben solche Dinge nicht. Doch hier und jetzt sind so viele Gefühle im Spiel wie noch nie. Marcus hatte sehr wohl einen Plan bis hier hin und nicht weiter.
Danach schreitet A’bena stolz zu den Ställen wo ihr Pferd schon gesattelt wartet. Zum Abschied winkt sie ihnen kurz zu und trabt dann im leichten Sitz langsam davon. Sarah und Lecram stehen einen Moment schweigend da bis sie natürlich das Schweigen bricht mit: „Dass es Gloria so schlecht geht hättest du mir wohl nie erzählt.“ Vorwurfsvoll sieht sie zu ihm hoch da sie mittlerweile wieder neben ihm steht.
„Niemals“, ist seine ruhige kühle Antwort. Dabei sieht er sie nicht einmal an.
„Haltest du mich für so schwach?“ Ist ihre Stimme etwas gereizter. Also blickt er auf sie hinunter und seine Rubin Augen blitzen kurz auf.
„Ich wollte euch nicht damit belasten. Ihr hättet es schon noch erfahren. Ausserdem geht es ausnahmsweise mal nicht um dich sondern um Fenia. Sie ist noch so schwach, lass sie doch erst mal zu sich kommen.“
Ja, er hat Recht! Ihre Mutter sollte wirklich noch nichts davon erfahren, sie braucht noch Ruhe.
„Ich stimme dir zu“, reckt sie ihr Kinn und Lecram lächelt, darum ergänzt sie, „aber mir hättest du davon erzählen sollen. Wir sind Freunde und stecken beide in derselben beschissenen Lage. Es sind unsere Zwillings…, ich meine wir sind verbunden…“, Sarahs Stimme scheint weg zu brechen und ihre Augen werden ganz glasig, „ich kann spüren dass es ihr nicht gut geht. Du hättest es mir sagen müssen wie es wirklich um sie steht. Irgendwie hatte ich gehofft es ist nicht so schlimm, ich…“
Als auch noch ihre Unterlippe zu zittern beginnt und sie so verloren da steht nimmt Lecram sie in seine Starken Arme. Sie legt ihre Schulter an seiner Brust ab und kann seinen Herzschlag spüren. Die Wärme die durch ihn in sie strömt gibt ihr Sicherheit und Geborgenheit. Genau genommen spendet er ihr Kraft und Zuversicht. Auch wenn sie versteht aus welchen Gründen er sich von ihr trennen möchte kann sie ihn nicht so ohne weiteres gehen lassen. Die Worte von Velis: Manchmal ist es eine Verbindung, die einen Dinge ermöglicht die sonst nicht möglich sind, gehen ihr nicht aus dem Kopf. Sie ist klug und muss versuchen einen Weg von Lecrams Herzen in seinen Kopf zurück finden. Er ist Kopflastig und das wird er vorerst wohl auch bleiben. Er ist wie er ist. Nach gefühlten kurzen 10 Sekunden, vermutlich war es länger, löst er sich von ihr um zu sehen wie es ihr geht. Sein Blick ist steinern ohne Regung, sie nimmt an das beabsichtigt er auch. Er spielt seine Rolle gut, geht es ihr durch den Kopf. Als Gargoyle ist es noch schwieriger seine Gefühle zu erkennen.
„Soll ich dich zurück begleiten?“ Seine Stimme ist weich.
„Nein geht schon. Was hast du vor?“
„Mein Kopf braucht Luft, ich werde durch die Wälder streifen. Wenn ich Ruhe gefunden habe sehe ich nach unseren Geschwister.“
Ob er ihr davon erzählen wird weiss sie nicht, hat im Moment auch keine Lust darauf herum zu hacken. Wohl wissend dass er eh wieder ausweichen wird. Diesmal ist es ihr Verstand der ihr rät ihn nicht zu löchern. Er wird ausweichen so lange er kann. Sein Haar ist ihm ins Gesicht gefallen und er sieht düsterer aus als es die Situation verlangt. Langsam streift sie mit beiden Händen seine Haare hinter seine Ohren und lächelt dabei.
„Wir sehen uns“, sagt sie sanft und er nickt ohne ein Wort zu sagen. Dann dreht er sich um und rennt los. Mit einem riesigen Satz überquert er einen Fluss und Sarah sieht ihm noch eine Weile nach bis er ausser Sichtweite ist. Auch sie macht sich dann auf den Weg um in ihr Bett zu kommen. Denn auch sie spürt dass sie etwas schlaf braucht.
Als sie zur Tür hinein, in Taraks Haus geht fällt ihr sofort der neue Geruch auf. Es riecht nach Fenia, ihrer Mutter. So muss es wohl sein in sein behütetes Heim zu kommen. Etwas ungewohnt aber schön. Viele Male hat sie sich mit Gloria die Kleider von ihrer Mutter angesehen die Tarak im Schrank hängen liess. Hoffnung kann ein Lebenselixier sein. Ihre Eltern sind das Beste Beispiel dafür.
Lächelnd und müde geht sie in ihr Zimmer und fällt müde ins Bett. Sie hat sich nicht mal die Zeit genommen ihre Kleider aus zu ziehen.
Als Sarah erwacht hat sie das Gefühl gar nicht geschlafen zu haben. Denn als sie sich streckt und aus dem Fenster sieht ist es noch genauso halbdunkel wie zuvor. Stirn runzelnd setzt sie sich jedoch auf da sie Stimmen im Wohnzimmer hören kann. Ist das Lecram den sie da hört? Also steht sie auf und geht durch die Tür in den nächsten Raum. Zu ihrem Erstaunen stehen da ihre Mutter und ihr Vater sowie Daria mit Lecram und Malek vor ihr. Augenblicklich wird es still und alle sehen sie an.
„Hab ich was verpasst?“ Zuckt ihre Schulter hoch.
„Wir haben einiges besprochen“, ist Taraks raue, melodische Stimme die den Raum erfüllt.
„Muss ich es euch aus der Nase ziehen oder erzählt es mir einer“, sieht sie ungläubig in die Runde.
Fenia geht lächelnd auf sie zu und erklärt: „Du hast den ganzen Tag geschlafen und für Lecram ist das der Beweis dass du sehr geschwächt bist und aus diesem Grund hier bleiben solltest.“
Sarah spricht kein Wort, den Blick den sie Lecram schenkt ist sehr eisig. Das Mass ist fast voll: er kann nicht über sie entscheiden. Sie ist jedoch vorsichtig und fragt den rang ältesten, ihren Vater: „Welche Entscheidungen habt ihr getroffen?“
„Daria, Malek, ich sowie einige andere Elben werden gleich aufbrechen zu den Ruinen von Babolyn um A’bena und euch rechtzeitig zu treffen. Fenia ist zu schwach, sie bleibt hier und wenn du ihr Gesellschaft leisten möchtest…“
„Kann ich nicht“, unterbricht sie unsanft ihren Vater und weiss es gehört sich nicht. Also zügelt sie sich und sieht dabei ihre Mutter an: „Mutter es tut mir leid, ich kann nicht hier bleiben. Es geht nicht um mich selbst, ich muss alles tun was in meiner Macht steht um Gloria zu helfen. Ich kann nicht anders.“
„Dachte ich mir schon“, schmunzelt Fenia die ihre Tochter wohl schon recht gut kennt. Doch Lecram scheint noch verärgerter zu sein als zuvor. Wütend mit leuchtenden Augen sieht er zu Tarak und schimpft: „Herrgott noch mal! Tarak, du bist ihr Vater. Sag ihr doch einfach sie soll vernünftig sein und bei ihrer Mutter bleiben. Meinetwegen befehle es ihr!“
Erstaunt sieht Sarah zu Lecram da sie ihn noch nie so energisch gesehen hat und spürt dass auch er Angst hat sie verlieren zu können. Oder hat er gar etwas in Veram bei Aros gesehen dass ihn derart in Rage gebracht hat? Doch sie hat keine Zeit darüber nach zu denken da Tarak im Begriff ist zu antworten.
„Aros Sohn, meine Tochter ist erwachsen. Sie kann ihr Leben selbst bestimmen.“
Lecram winkt entrüstet mit seinen Armen ab und stapft auf Sarah zu. Er bleibt ganz dicht bei ihr stehen und schimpft weiter: „Wenn du mich in die Steinwüste schickst, wirst du wieder schwächer. Es ist nicht sicher dass du uns zu den Ruinen schicken kannst wenn du zu schwach bist. Alleine kann ich wenigstens rennen.“
„Dann lass uns mit einem Drachen reisen“, reckt sie ihr Kinn so stark wie noch nie. Ihre Augen hat sie eng zusammen gezogen und er keucht laut auf. Der Raum scheint fast zu vibrieren.
„Die verdammten Drachen lassen mich nicht aufsteigen als Gargoyle.“
„Dann lass dir was anderes einfallen!“
„Im Moment sind mir gerade die Ideen ausgegangen. Tut mir leid!“ Rückt er noch näher an sie heran und scheint zu hoffen dass sie zurück schreckt. Er sieht wirklich furchterregend aus. Stattdessen bleibt sie stehen und erwidert: „Dann renn doch und lass mich auf einem der Drachen fliegen.“
„Ah…“, schreit er kurz, heftig und entrüstet auf und mit den Worten, „dann beeil dich mit dem Verabschieden“, stapft er laut aus der Tür. Sie hat gewonnen.
Sarah staunt dass die Tür heil geblieben ist und sieht in die erstaunten Gesichter. Sie lächelt aufgesetzt und Malek meint: „Tja, das muss Liebe sein.“
„Malek!“, schreien Fenia, Daria und Tarak praktisch zur selben Zeit. Sofort hält Malek seine Arme abwehrend in die Höhe und verabschiedet sich mit den Worten: „Ich warte dann besser draussen auf euch.“
Dann ist auch Malek aus der Türe.


Lecram


Wie kann ein Mädchen bloss so störrisch sein und Eltern so uneinsichtig! Als er jedoch auf die Hand voll Elben blickt die draussen auf ihren Pferden bereit stehen beruhigt er sich rasch. Unglaublich dass sie sich Aros in den Weg stellen wollen. Es ist doch gar nicht ihr Krieg. Jeder von ihnen hat bestimmt eine Familie und er wird Himmel und Hölle in Bewegung setzten jeden einzelnen zurück bringen zu können.
Dann geht die Türe auf und Malek kommt ihm seltsam lächelnd entgegen. Da Lecram gerne gewusst hätte was das Lächeln zu bedeuten hat formt er seine Lippen zu einer Frage die Malek sofort unterbricht: „Ich lasse ihnen nur Zeit um sich zu verabschieden.“
„Ach ja?“, sieht er Malek misstrauisch an, stellt seine Frage jedoch nicht. Dass Malek auch mitkommt ist schon grossartig genug. Dieser blonde, lustige junger Bogenschütze kann er sich sehr wohl als Freund vorstellen. Nun fällt Lecram auf dass alle diese grüne Kleidung tragen wie A’bena. Sie sind alle bereit zu gehen.
Auch wenn er hier als Gargoyle vor ihnen steht behandeln sie ihn wie ein Mensch. Mehr noch wie ihres gleichen! Keiner sieht ihn schief an, ausser ein paar der Pferde vielleicht die nervös hin und her treten.
Etwas später kommen die anderen vier auch hinaus. Fenia und Tarak halten sich an der Hand. Daria, Sarah sowie Tarak tragen nun auch diese grüne Kleidung.
Liebevoll kommt Daria auf ihn zu und umarmt ihren Sohn. Mit Leichtigkeit hält er sie rasch in die Höhe und ihre Beine baumeln, so entlockt er ihr ein kichern. Als Dankeschön bekommt er einen liebevollen Kuss auf die Wange. Dann steigt sie auf ihr Pferd, das sehr ruhig steht und sieht zu Tarak der bereits auf seinem Pferd sitzt. Würdevoll nicken Tarak und der Gargoyle im Mondlicht der zwei Monde, die im Hintergrund leuchten, zu. Wäre die Situation nicht so schwierig wäre dies bestimmt ein Abend mit einer tollen Stimmung am Himmel. Lecram ist dankbar aber kann es nicht in Worte packen.
Als alle sich gebührlich verabschiedet haben gibt Tarak den Befehl und sie galoppieren davon. Zurück bleiben Fenia mit Sarah und dem Gargoyle. Doch auch Fenia weiss dass die beiden bereit sind für die Abreise und spricht sanft zu beiden Parteien: „Kommt wohl behütet zurück. Ich werde jeden Tag zählen bis ich euch wieder in meine Arme schliessen kann.“
Lecram sieht wie gerührt Fenia ist und hofft dass er sein Versprechen halten kann. „Ich verspreche dir mein Bestes zu geben und dir alle wohl behütet zurück zu bringen.“
„Danke“, ist das einzige was sie noch sagen kann. Alles andere klingt vermutlich nur Hohl. Fenia umarmt die beiden herzlich und lässt sie dann allein damit sie sich auf die Reise zur Steinwüste vorbereiten können.
Nun stehen die beiden hier alleine im wunderschönen Mondlicht und sehen einander an. Er seufzt auf weil sie so störrisch ist und Sarah erklärt: „Denk an einen Platz in der Steinwüste den du magst und ich versuche uns dort hin zu bringen.“
„Krieg ich hin.“
Dann tut Sarah etwas mit dem er nicht gerechnet hat. Sie hält seine Hände fest und schmiegt sich an ihn an. Verwirrt versucht er seine Gedanken zu sammeln und an den geeigneten Platz zu denken.
Einen Atemzug später stehen sie in einer kleinen Höhle. Für einen Augenblick lässt er Sarah los um eine Fackel mit Feuer aus seinen Händen an zu zünden. Sofort wird es etwas heller in diesem Raum. Sarah blinzelt noch etwas und muss sich wohl zuerst an das schummrige Licht gewöhnen. Er jedoch sieht sofort wie blass sie ist und bittet sie:
„Komm, setzt dich.“ Und zeigt auf eine Steinplatte die mit Kissen bestückt ist und Sarah fragt: „Wo sind wir?“
„Wir sind in den Höhlen der Gargoyle. Dies ist mein Ort um mich zurück zu ziehen und hier wo die Kissen sind kannst du dich hinlegen und schlafen.“
„Warum hast du Kissen“, ist Sarah einfach erstaunt und Lecram grinst breit: „Manchmal schlägt eben auch der Mensch in mir durch und dann hab ich es gerne kuschlig. Da die Gargoyles mit den getauschten Kissen nichts anzufangen wissen hab ich mir einige gekrallt. Sie lagen einfach da bei den Dingen die sie früher getauscht haben.“
„Ach so“, staunt sie und sieht ihn müde an so dass er reagiert: „Leg dich hin und schlaf etwas. Bitte.“
„Sehe ich denn so schlimm aus?“
Soll er jetzt ehrlich zu ihr sein. „Ja.“
Sie rümpft die Nase. „Ich möchte noch so viel von der Steinwüste sehen.“
„Weiss ich doch, aber schlaf du dich zuerst einmal aus. Die Steinwüste läuft dir nicht davon.“
Wiederwillig legt sie sich hin und legt sich die Kissen zurecht. Dann sieht sie ihn direkt an.
„Bitte setzt dich noch etwas zu mir.“
Eigentlich möchte er nicht, sieht jedoch ein dass sie vielleicht rascher einschläft wenn er da bleibt. Ohne ein Wort zu verlieren setzt er sich hin und als Sarah ihren Kopf auf seinen Schoss legt presst er seinen Kiefer zusammen. Als wüsste sie dass es ihm gegen den Strich geht erwähnt sie: „Aus deiner Kraft schöpfe ich Energie, ich brauche nur einen Moment.“
Ist er so durchschaubar? Erstaunt sieht er sie an, Sarah hingegen würdigt ihn keines Blickes. Sie hat die Augen bereits geschlossen und er kann sehen wie sich ihr Brustkorb in regelmässigen Abständen bewegt. Vielleicht macht er es sich zu einfach und müsste sich mal fragen ob er überhaupt ohne sie kann!
Rasch wird ihm bewusst dass sie bereits eingeschlafen ist. Er hatte also Recht: sie ist erschöpft!
Da er eh schon sitzt nützt er die Gelegenheit um nach Gloria und seinem Bruder zu sehen. Er schliesst seine Augen, doch als die Verbindung steht reisst er sie wieder auf. Dass er dabei seine Augen öffnet weiss er allerdings nicht. Was er sieht kann er nicht auf Anhieb verstehen. Er sieht eine Art Kellergewölbe und bemerkt dass Marcus da entlang läuft. Er hält ein Tablett mit Essen in der Hand und geht weiter bis er anhält um eine Türe mit einem roten Band daran auf zu schliessen. Dann blickt Marcus wohl auf die Seite und der Blick fällt auf Gloria. Glorias blonde fast silberne Haare sind vollkommen weiss und sehen aus wie Stroh! Zur Hölle was…! Sie hat schwarze Augenringe und einen leeren verlorenen Blick. Marcus streicht ihr übers Haar und stellt das Essen hin. Dann scheint Marcus seinen Kopf leicht zu schütteln als würde er die Verbindung zu seinem Bruder spüren und geht wieder hinaus. Dann schliesst er die Türe, hält das silberne Tablett hoch auf Augenhöhe und sieht sich an. Als würde Marcus in den Spiegel sehen und dabei lächeln.
Was macht sein Bruder denn da? Er formt mit den Lippen: pass auf was du siehst.
Danach läuft Marcus wieder den Gang entlang bis er in einen Turm gelangt an dem er kurz hinauf sieht. Dann schwenkt sein Blick hinunter auf den Boden. Dort liegt ein kleiner gammlig rotbemustertet Teppich den er auf die Seite schiebt und eine schmale Bodentüre erscheint. Dann nimmt er sein Tablett und hält es nochmal hoch und Formt mit seinen Lippen: K R I S T A L L Z I M M E R.
Erschrocken löst Lecram die Verbindung und ordnet die Buchstaben damit er verstehen kann das sein Bruder ihm gerade das Versteckte Zimmer gezeigt hat in dem der Kristall steht. Sein Bruder scheint noch einigermassen bei Verstand zu sein, im Gegensatz zu Gloria. Oder stellt ihm sein eigener Bruder eine Falle um ihn und Sarah direkt in Aros Arme zu bringen? Ob Lecram seinem Bruder vertrauen kann? Ausserdem ist es schmerzhaft zu sehen dass die beiden dort fest sitzen. Er muss sie so rasch als möglich daraus holen!
Als er Sarah seufzen hört die immer noch auf seinem Schoss liegt geht sein Blick zu ihr. Genau genommen sieht er ihr gerne zu wenn sie schläft. Ihr Gesichtsausdruck ist so entspannt und hübsch und verletzlich.
Sanft schiebt er sie von sich runter, deckt sie noch mit einer Decke zu und geht aus dem Raum. Je mehr er sich dem Höhlenausgang nähert, je mehr bekannte Stimmen kann er hören die automatisch ein Lächeln auf seinem Gesicht zaubern. Als er auf die grosse Steinplatte tritt und hinunter sieht fällt sein Blick direkt hinunter auf seine Freunde. Die kleine Feora ist die erste die ihn erblickt und gleich einen schrillen Ton von sich gibt.
Breit grinsend und ohne zu zögern lässt sich Lecram auf den unten liegenden Stein fallen und springt dann von Stein zu Stein hinunter bis er vor dem geflügelten steinern aussehenden Migdal steht und ihm Feora sofort auf die Schulter springt. Feora ist flink wie eine Ratte. Ihren Kopf reibt sie liebevoll an ihn. Es sieht so aus als würde sie lächeln und ihre Augen leuchten. Aus ihren Nüstern bläst ganz sanft weissen Rauch vor Vergnügen.
Migdal strahlt ebenfalls und Lamos kommt auch mit seinem Sohn an getrottet. Nach dem Chamäleon artigen Flügelwesen sind die Makiani mit ihren steinern aussehenden und dem Tierkörper ähnlichen Gliedmassen und den menschlichen Gesichtsausdruck schon einiges vertrauter.
Als Lecram mal Migdal gefragt hat was für Wesen er auf Malon alles antreffen kann hat er auch von den Hundsmenschen gehört. Auf der Erde eher als Wehrwölfe bezeichnet. Die Hundsmenschen seien kein Umgang und man sollte sie meiden, irgendwie hofft Lecram diesen Wesen nicht auch noch zu begegnen. Doch nun freut er sich zuerst mal auf: seine Familie in der Steinwüste. Ja…, hier fühlt er sich zu Hause.
„Schön dich wieder zu sehen“, ist es Migdals dunkle Stimme die zuerst ertönt bevor der Sohn von Lamos, der kleine Venez, vor Freude in seine Arme springt. Lecram grinst und hält den stämmigen kleinen Kerl ganz fest. Wobei Lecram ihn auch los lassen könnte den Venez hält seinen Schwanz um Lecrams Taille herum und kann so nicht herunter fallen.
„Ich habe euch auch vermisst.“ Meint Lecram genauso wie er es sagt.
„Ohne dich können wir kein Feuerball spielen“, stänkert Venez, „wird Zeit dass du zurück kommst.“
Gleichzeitig hören sie draussen auf der Insel im weiten Wasser den grossen Drachen einen Schrei ausstossen.
Lamos ergänzt indem er seine Augen verengt: „O.K es freuen sich vielleicht nicht alle auf deine Rückkehr.“
Dann grins Lamos das eher einer Fratze gleicht als einem Lächeln. Noch nie hat Lecram den grossen Drachen von nahe gesehen, weiss aber dass dieser ihn hier nicht willkommen heisst weil er doch noch zu einem Teil Mensch ist. Mit einem nachdenklichen Gesicht spricht er in die Runde: „Ich kann nicht lange bleiben, morgen Nacht muss ich nach Veram zu den Ruinen von Babolyn. Dort treffe ich Elben und vielleicht ein paar Makiani. Ausserdem ist Sarah auch hier, sie schläft oben in meiner Höhle.“
Nach diesen Informationen scheint allen sofort klar zu sein dass sie ihre Köpfe zusammen stecken müssen um zu sehen was in ihrer Macht steht für die Sache zu tun. Ihre Gesichter wirken ernst und nachdenklich.
Lecram hat einiges zu berichten und das Spiel muss etwas verschoben werden. Venez stänkern wird keine Beachtung geschenkt.


Sarah

Ein leises Gähnen hallt durch die Höhle und Sarah öffnet noch etwas müde ihre Augen. Sie fühlt sich ausgeruht und gut. Als sie auf sitzt reibt sie ihre Augen und als sie sich in der Höhle um sieht kann sie einen mächtigen Gargoyle am Eingang dieser Höhle sehen. Dabei handelt es sich nicht um Lecram weil dessen Körper Ähnlichkeit eines schwanzlosen Löwen hat der aufrecht geht. Dafür hat er menschliche Gesichtszüge und spitzige Ohren. Genau genommen passt sein Gesicht nicht zu seinem Körper.
Sie stutz kurz und fragt nach: „Migdal?“
Sie sieht wie er kurz die kurzen Flügel steckt die nur zum Gleiten sind und hört dann die raue etwas rauchige dunkle Stimme von Migdal: „Schön dich gesund und munter zu sehen. Lecram hatte Recht, du warst sehr müde.“
Da sie in diesem Raum absolut kein Zeitgefühl hat aber Migdal wach vor ihr steht beschleicht sie das Gefühl sie hat schon wieder den Tag verschlafen.
„Hab ich den Tag verschlafen?“
Nun kann sie die weissen Zähne von Migdal aufblitzen sehen, das bedeutet wohl dass er grinst und dann antwortet er ihr: „Eigentlich war ich den ganzen Tag da und habe die Höhle als Stein blockiert damit du nicht hinaus kommst. Umso besser dass du geschlafen hast. Sonst wärst du vermutlich nicht so nett zu mir.“
Wie wahr, geht ihr durch den Kopf.
„Blockiert, weshalb?“
„Lecram wollte die Drachen zuerst über dich informieren und dann gibt es da noch andere Gefahren denen du schutzlos ausgeliefert gewesen wärst.“
Jetzt fällt es ihr wieder ein: „Sandskorpione und Steinschlagen…, verstehe. Wo ist Lecram.“
Wieder blitzen die Zähne auf weil Migdal breit grinst: „Lecram hat das Spiel; Feuerball erfunden. Da er die Feuerkugeln so präpariert dass auch wir Gargoyles die Feuerkugeln in unseren Händen halten können ist daraus ein tolles Spiel entstanden. Komm mit ich zeig es dir“, fordert er sie mit einem Handzeichen auf.
Ihre Neugierde ist geweckt, also steht sie auf und geht hinter dem mächtigen Gargoyle her. Himmel, hier ist es irgendwie düster. Wenn sie ein normaler Mensch wäre und die Gargoyle noch nie gesehen hätte würde sie hier in dieser Höhle vor Schreck vermutlich erstarren. Schon eine sehr spezielle Situation hinter diesem riesen her zu gehen.
Sie gehen schmale Gänge entlang bis sie in eine Art Höhlenhalle geraten von der aus wieder unzählige Höhlen in alle Richtungen führen. Sie macht grosse Augen und weiss nicht genau wie man sich hier unten orientieren soll. Zum Glück hat sie Hilfe von Migdal und nach einiger Zeit kommen sie oben auf bei den Klippen hinaus und stehen auf einem Steinplateau. Sie sieht hoch und hinunter, Himmel sie ist ausgeliefert. Niemals kommt sie hier heil hinauf oder hinunter!
Dann fallen ihr sofort die Drachen auf die überall herum sitzen und schlafen. Langsam reckt sie ihren Kopf um hinunter zu sehen: „Ziemlich hoch.“ Rümpft sie die Nase.
Migdal lacht laut auf und meint: „Sieh.“ Dann zeigt er hinunter und sie kann sofort dem schönen Spiel zu sehen.
Dieses Spiel ist ähnlich aufgebaut wie Fussball. Das bedeutet der Feuerball muss in das Gegenüber liegende Tor das aus Steinblöcken besteht gelangen. Wobei sie den Feuerball entweder mit ihren Händen werfen oder Füssen treten. Das scheint egal zu sein, gerade so wie es geht. Anrempeln scheint auch in Ordnung zu sein. Ja sie scheinen Freude am Körperkontakt zu haben.
Eine wilde Horde Dämonen!
Der Feuerball sieht wirklich sehr heiss aus er ist orange jedoch überzogen mit einer hellblauen Schicht. Das scheint die Schutzschicht zu sein von der Migdal gesprochen hat. Hier im Licht der zwei halb Monde sieht das Feuerball Spiel unglaublich schön aus. Denn bei Halbmond ist es dunkler, ja es ist schon fast romantisch!
Lecram ist anders als die anderen Gargoyle. Das fällt ihr sofort auf. Er ist wendiger und nicht ganz so furchterregend wie die anderen die zum Teil Körper haben die Tierähnlich sind oder mit tierähnlichen Gesichtszügen bestückt sind. Seine dunkelblonden Haare sehen wild aus und irgendwie gefällt es ihr. Ausserdem ist er sehr athletisch und sie kann sehen wie Lecram sich den Feuerball erkämpft. Seine Augen leuchten wild vor Begeisterung. Dann springt er auf einen kleinen Felsen und lässt sich rücklings wieder hinunter auf das Feld fallen und wirft den Ball dabei zu einen kleinen Gargoyle der ein Lächeln hat das schon fast einer Fratze gleicht mit Irokesen Haarschnitt und kleinen Hörner zu. Automatisch erinnert sie das Gesicht an Lamos.
Ja, ausserdem sieht sie wie glücklich Lecram hier sein kann. So unbefangen und glücklich hat sie ihn schon lange nicht mehr gesehen. Sein Lachen ist herzhaft und ehrlich. Ihr Herz freut sich mit ihm.
Als hat er gespürt dass sie ihn beobachtet fällt sein Blick plötzlich direkt auf ihrer und er lächelt immer noch. Er ruft seinen Kameraden etwas zu und rennt behände den Steinen entlang. Dann klettert und hangelt er so mühelos hinauf bis er dann lächelnd vor ihr steht: „Danke Migdal.“
Er strahlt dabei immer noch und ist nicht mal ausser Atem, darüber staunt sie.
„Kein Problem“, nickt Migdal und entfernt sich von ihnen mit einem riesigen Satz. Dann kommt Feora motzend dazu und für Sarah sieht es einen Augenblick aus als würde Feora sie angreifen wollen da sie ihr entgegen hechtet. Sarah reisst die Augen gross auf vor Schreck!
Der kleine Drachen jedoch flitzt gerade nahe genug an ihr vorbei dass sie die Flügel kurz spüren kann. Der Flügel kratzt kurz an ihrem Hals und sie blutet leicht.
Doch tatsächlich hat sich Feora die Mausgraue Steinschlange im Flug geschnappt die von hinten auf Sarah zugeschossen kam. Feora fackelt nicht lange, beisst die Schlange entzwei und verspeist sie gleich.
Sarahs Gesicht spiegelt der Ekel wieder und Lecram grinst breit: „Feora scheint dich zu mögen, sonst hätte sie dir nicht geholfen.“
Ungläubig sieht Sarah ihn an. Sie hat sich sehr erschrocken, fängt sich aber rasch und sieht dann zu Feora die sich genüsslich die Zähne leckt und haucht ein leises: „Danke“, aus. Dann sieht sie zu Lecram hinauf mit der Frage: „Und wie verhält es sich mit den Sandskorpionen?“
Er grinst immer noch breit: „Nun ja, die Sandskorpione kommen bei Sonnenschein hervor. Und das sind dann auch so was wie Leckerli für die Drachen. Vorausgesetzt sie erwischen sie.“ Zwinkert er kurz.
„Oh…, na dann“, nun versteht sie dass die Steinwüste nicht ungefährlich ist. Ausserdem fällt ihr auf das er so unsagbar glücklich zu sein scheint heute.
„Warum grinst du so seltsam.“ Muss sie ihn nun doch fragen da er sie fröhlich und neugierig zugleich ansieht. Irgendwie süss.
„Wir sind im Zwilling um Mitternacht und bei Halbmond geboren. Glückwunsch zum Geburtstag, Sonnenschein!“
Sanft küsst er sie auf ihre linke Wange und ihr Herz macht kurz einen Satz. Jetzt hat er sie wirklich überrascht. Sie hat ihren Geburtstag wirklich vergessen.
„Heute ist tatsächlich unser zwanzigster Geburtstag und unsere Geschwister können nicht mit uns sein.“
Nun erlischt sein grinsen und er ist ehrlich.
„Ich habe die Verbindung zu Marcus verloren. Er hat mir noch das Turmzimmer vom Kristall gezeigt. Doch seit heute ist er weg. Wir sind auf uns gestellt.“ Er presst seinen Kiefer zusammen.
„Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in ihr gedenke ich zu leben“, zitiert sie eines ihrer Lieblingsgedichte von Albert Einstein und erwähnt: „die Hoffnung alle zu retten gebe ich dennoch nicht auf.“
Auch das hat sich verändert, auf der Erde haben sie beide gerne Gedichte zitiert. Sie weiss dass er ein paar Bücher hatte mit Gedichten und Zitate. Das war eine Gemeinsamkeit die sie teilten. Sie haben sich beide durch die Ereignisse verändert.
„Die Hoffnung bleibt und ich gebe mein bestes. Einige der Gargoyle werden nachkommen. Auch eine kleine Schar an Drachen.“
„Du hast die gestrige Nacht gut genutzt und ich habe nur geschlafen. Ich werde wohl zum Nachtmenschen.“
Liebevoll streicht er über ihre Wange: „Du brauchst deinen Schlaf. Hunger?“
„Schlange oder Skorpion?“, lächelt sie und das bringt ihn zum Schmunzeln. „Nein, ich dachte da an frischen Fisch über der Flamme gegart.“
„Klingt gut, aber lass uns zuvor noch ein paar Schritte machen. Ich muss mich bewegen, ausserdem habe ich etwas mit dir zu besprechen.“
Zu ihrem Glück scheint er heute gut gelaunt zu sein und hat keinen Einwand. Darüber freut sie sich und er gibt ihr ein Zeichen sich an seinen Rücken zu heften und steigt dann langsam und behände mit ihr hinunter. Sarah weiss er würde sich im Normalfall einfach hinunter fallen lassen. Diese Geste schätzt sie so an ihm. Dass es bei ihrer Berührung fast jedes Mal eine kleine statische Ladung die sich entleert gibt bemerkt sie kaum noch. Aber dass sie immer noch gerne in seiner Nähe ist muss sie wohl nicht erwähnen. Ausserdem liebt sie das Gargoyle After Shafe das wild und Natur verbunden scheint. Es ist derselbe Geruch den er auch als Mensch an sich hat. Die Narbe auf seiner Wange steht ihm als Gargoyle sehr, macht ihn etwas verwegen.
Die kleine Feora folgt ihnen auf den Fersen. Rasch sind sie unten angekommen. Der Boden ist mit Sand und Steinen bedeckt. Feora buddelt sofort als würde sie hoffen einen Skorpion zu kriegen und Lecram führt Sarah an das weite Wasser hinunter und meint: „Wenn du Durst hast nimm ein Schluck es ist Süsswasser.“
„Unglaublich“, strahlt sie ihn an und sieht auf das weite, scheinbar unendliche Wasser mit der grünen Insel in der Nähe. „Warum ist die Insel grün und hier nur Wüste wenn es sich doch um Süsswasser handelt.“ Seltsam.
Dann kauert sie hin und nimmt mit ihren Händen Wasser auf um es zu trinken.
„Vermutlich weil die Drachen ständig etwas abfackeln. Kaum sehen sie etwas Grünes verbrennen sie es gleich. Sie haben daraus eine Sportart entwickelt oder es ist ihnen einfach zu langweilig.“ Zuckt er mit der Schulter auf.
Als sie genügend getrunken hat steht sie auf und geht auf ihn zu. Wieder streift sie lächelnd seine wilden Haare hinter seine Ohren damit sie sein Gesicht besser sehen kann. Sanft streift sie über seine Wange und Lecram erwähnt mit hoch gezogenen Augenbrauen: „Du gibst wohl nie auf.“
„Nein, es sieht auch nicht so aus als wäre es dir zu wieder. Ausserdem ist heute mein Geburtstag und darum darf ich das“, reckt sie ihr Kinn und er muss kichern.
Er mustert sie kurz und seine Schulter hebt sich bei seinen Worten. „Du hast einen süssen Schmollmund und wenn du so guckst siehst du richtig süss aus, ausserdem hebst du deine Brust an bei diesem Blick was deine Reize zum Vorschein bringt.“ Sein Gesicht sieht belustigt aus denn jetzt scheint sie rot an zu laufen. Die Hitze die in ihr aufsteigt kann sie spüren, doch sie fängt sich rasch wieder.
„So was fällt dir auf. Ja?“
„Ja, klar. Auch ich bin nur ein junger Mann.“ Schmunzelt er immer noch.
„Auch dir alles Gute zum Geburtstag“, zieht sie ihn dann zu sich herunter und spürt genau dass er heute nicht zurück ziehen wird wenn sie ihn küssen möchte. Sie sehen sich an und Sarah entschliesst sich ihm einen sanften Kuss auf seine rechte Wange zu geben. Als sie ihn los lässt, huscht wie erwartet ein Lächeln über sein Gesicht.
„Danke. Aber jetzt erzähl mal was dir auf dem Herzen liegt.“ Spricht er jetzt ernsthafter.
„Du schiebst mich gerne von dir. Aber ich weiss du kannst nicht ohne mich.“ Langsam geht sie dem Wasser und dem Sandgestein entlang. Das Wasser kommt und geht. Keck guckt sie rasch über ihre Schulter zu ihm hin da er hinter ihr her geht.
„Aber ich kann auch nicht mit dir.“ Dementiert Lecram und geht immer noch ein gutes Stück hinter Sarah mit Feora neben sich. Als Sarah den Blick wieder nach vorne richtet bewirft er die kleine Drachen Lady Feora mit kleinen Steinchen die er zuvor aufgenommen hat. Die kleine Feora findet es lustig und tänzelt hin und her. Davon bekommt Sarah nichts mit da sie bemüht ist die richtigen Worte zu finden.
„Ich habe viel über dich und mich nachgedacht. Und dann habe ich bemerkt dass ich durch dich Kraft tanke. Als dann Velis noch die Worte: Manchmal ist es eine Verbindung, die einen Dinge ermöglicht die sonst nicht möglich sind, gesprochen hat kam ich ins Grübeln.“
„So, so“, hört er mit einem Ohr gelangweilt zu.
„ Ich muss doch die Verbindung zu dir sein.“ Diese Worte holen Lecram aus dem Spiel mit Feora und er spricht leise hinter ihr: „Aber wie…“
Sarah kickt mir ihrem Fuss einen kleinen Stein bei Seite und erläutert ihre Gedankengänge ohne nach Hinten zu sehen:
„Keine Ahnung. Meine Gedanken kreisen um eure Namen. Marcus liest sich rückwärts Schram und Lecram liest sich Marcel. Vielleicht hat es was damit zu tun. Lecram ist vielleicht der falsche Name und du würdest Marcel heissen. Ach Lecram, ich weiss es auch nicht aber vielleicht hat es wirklich mit dem Namen Marcel zu tun. Was denkst du?“
Mit einem fragenden Gesichtsausdruck dreht sie sich um und sieht Lecram als Mensch schmerzerfüllt im Sand sitzen. Sein Gesicht spiegelt Schmerz und auf seiner Stirn sind Schweissperlen zu sehen. Er keucht!
Auch Feora steht regungslos und mit geweiteten Augen da. Sarah erschrickt, was hat sie da getan!
„Lec…“ – „Nicht“, schreit er sie an, „sprich meinen Namen nicht aus. Bitte nicht noch mal. Ich brauche nur einen Moment.“ Sein Blick ist flehend und Schmerz erfüllt.


Lecram

Noch nie hat er solche Schmerzen gespürt und kann sich im Moment fast nicht bewegen. Ihm ist schwindelig. Grosser Gott, sie hat es tatsächlich geschafft seinen Fluch zu brechen. Wie ist das möglich? Er hat sich innert kürzester Zeit ungefähr vier oder fünfmal hinter ihrem Rücken hin und her verwandelt. Verdammt tut das weh!
Als er seine Form einigermassen wieder gefunden hat lächelt er schwach, bleibt jedoch sitzen und ist glücklich zu gleich: „Nettes Geburtstagsgeschenk hast du dir da ausgedacht. Kann ich nicht mithalten.“
Sarah sagt immer noch kein Wort, geht aber zu ihm hinunter in den Sand und sofort umspült sie eine Welle Wasser. Nun sind beide bis zur Hüfte hin Nass. Beide lächeln. Dann zieht er sie etwas näher an sich heran und ist in diesem einen Moment einfach nur glücklich. Seine Hand auf ihrem Gesicht sieht normal aus und nicht mehr furchterregend und klobig. Ohne ein Wort zu sagen senkt er seine Stirn auf die ihre und sein Herz schlägt ihm bis zum Hals. Ein Moment voller Glückseligkeit.
Feora sitzt einfach da und beobachtet die zwei als sie plötzlich aufschreckt. Lautes brüllen ertönt, automatisch sehen sie auf die grüne Insel woher der Schrei stammt.
Der grosse Drache steigt empor und speit Feuer aus. Wütend scheint der Drache auf sie los zu fliegen. Sarah, sowie Feora suchen Schutz bei Lecram. Angst steht in ihrem Gesicht. Als der grosse Drache ganz nah ist speit er immer noch wütend Feuer in ihre Richtung.
Sofort hält Lecram seinen linken Arm in die Höhe und eine Art Schutzschild aus hellblauem Licht umhüllt sie alle. Als der riesige Drache seine Wut heraus gelassen hat lässt er sich auf dem Sand nieder und brummelt wütend und laut vor sich hin. Angestrengt hört Lecram dem wütenden, grossen etwas furchterregenden Drachen zu. Die Worte des Drachen sind nur für ihn. Sarahs Hand liegt in seiner und sie sitzt immer noch nah bei ihm.
Danach sieht Lecram bedrückt zu Feora und Sarah: „Feora, gib auf Sarah acht. Bin bald wieder da.“
„Wohin…“, sieht Sarah ängstlich zu ihm hoch da er sich von ihr gelöst hat und aufgestanden ist. „Aros Drache hat mich beobachtet und möchte ein Gespräch mit mir führen auf der grünen Insel. Ich habe keine Wahl, ich gehe mit.“
Da ihre Rehbraunen Augen ihn förmlich anflehen nicht mit zu gehen bückt er sich rasch und gibt ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. „Komm bald wieder, das ist versprochen.“
Der grosse Drache beugt sich etwas herunter damit Lecram aufsteigen kann und gemeinsam erheben sie sich in die Luft. Sofort geniesst Lecram diesen Flug auf diesem riesigen Drachen der einzigartig ist. Aros Drache ist gross und kräftig. Aus der Ferne sieht man die Farbenpracht nicht, da scheint er lediglich braun-grün. Doch auf dem Rücken schillert seine Schuppenartige Haut in allen Farben. Und das in diesem schummrigen Licht der Halbmonde. Nun hält Lecram seine Arme seitwärts und geniesst einfach den Wind an seinem Körper.
Er ist frei!
Das ist seine persönliche Art der Freiheit.
Leider ist der Flug viel zu rasch vorbei und Lecram springt ab als der grosse Drache sicher gelandet ist. Er sieht kurz an sich hinunter und ist froh dass diese Moos Hose von Velis sich seiner Grösse gleich anpasst, sonst stände er wohl nackt hier.
Diese Insel ist gar nicht mal so klein wie er angenommen hat. Die Blätter der relativ kleinen Bäume und Sträucher haben ein saftiges, sattes Grün. Tatsächlich duftet es hier richtig nach Wald, so wie er es auch kennt. Der grosse Drache schnaubt laut auf und schwarzer Rauch steigt aus dessen Nüster. Wohl ein Zeichen dass Lecram nun zu hören muss. Der grosse Drache hat einen Namen den er fast nicht aussprechen kann. Daher gibt es eine einfachere Kurzfassung: Toron. Der Drache schnaubt, faucht, speit ab und an kurze Feuer und hat eine Unmenge zu erzählen.
Der junge Drachenreiter und der verlorene Drache!
Die Unterhaltung der beiden ging länger als angenommen und als Toron nach dieser Aussprache Lecram zurück an den Strand bringt beginnt schon fast der Tag. Toron bleibt am Strand und unterhält sich mit den anderen seiner Art. Auch sie spüren Veränderungen. Toron ist mit Abstand der grösste Drache und anscheinend auch der Leitdrache.
Unterdessen macht sich Lecram auf Sarah zu suchen und stösst dabei auf Lamos.
„Wir haben Sarah in deine Höhle gebracht, Feora ist die ganze Zeit bei ihr geblieben. Der Tag beginnt gleich, ich sehe mal zu dass ich noch zu meinem Schlafplatz komme.“ Grinst Lamos so breit dass sein Gesicht wieder mehr einer unheimlichen Fratze gleicht. Lecram ist jedoch froh für diese Information. „Danke.“
„Ähm du bist jetzt ein Mensch, soll ich dich zu den Höhlen hoch bringen?“
Ist die Frage von Lamos berechtigt da Lecram ihm als Mensch gegenüber steht, doch Lecram blufft: „Schaffe ich schon. Danke.“
Also trottet Lamos davon und lässt ihn alleine zurück. Nun dreht sich Lecram den beiden aufgehenden Sonnen entgegen und beobachtet den Tagesanbruch. Wie schön es aussieht wenn auf der weiten See die Sonnen aufsteigen und die Monde untergehen. Es ist unbeschreiblich dies mit an zu sehen. Als Gargoyle konnte er diesem Schauspiel nie zusehen.
Die Drachen die er sieht strecken und recken sich. Drachen sind nicht so aktiv und lassen sich gerne Zeit um den Tag an zu gehen. Also schlendert er zu den steilen Klippen um sieht hinauf zu dem Plateau wo auch seine Höhle beherbergt. Die steinigen Felsen hinauf zu klettern ist als Gargoyle bedeuten einfacher. Lecram muss jedoch gestehen dass er auch als Mensch gut die Klippen hinauf kommt. Seine Gedanken schweifen ab zu seinem Bruder. Da gab es eine Zeit in der sie die Sportart Parkour für sich entdeckt haben. Zusammen alle möglichen Hindernisse zum Best möglichen Weg zu erklimmen ist toll. Marcus hat ein Auge dafür wie man jedes Hindernis am effizientesten überwinden kann, bei ihm hingegen kam die Kraft vom Gargoyle entgegen. Das Talent hat Marcus. Ausserdem ist Parkour anstrengend und dabei den Körper gekonnt ein zu setzen war ein gutes Training. Später hat er Parkour nachts alleine genutzt. Wo auch immer ein Hindernis im Weg war hat er einen Weg gefunden darüber zu kommen. Doch die Zeit mit Marcus zusammen war schön. Warum sie irgendwann damit aufgehört haben weiss er auch nicht mehr so genau. Sie haben sich verändert, jeder auf seine Art und Weise.
Also sieht er sich die Klippen an die er erklimmen muss und ein feines Lächeln umspielt seine Lippen. Die Strecke hat er sich ausgesucht und geht Stein für Stein voran.
Er ist nicht einmal ausser Atem als er auf der Plattform oben antrifft. Es ist beachtlich, er ist als Mensch kräftiger geworden seid Sarah den Fluch gebrochen hat. Seltsam aber für in voll in Ordnung.
Allerdings ist er froh dass er unterwegs keiner Steinschlange begegnet ist. Er hat schon welche gesehen, die waren jedoch keine Bedrohung. Wie seltsam es ist an den Gargoyle vorbei zu gehen die sich zurückziehen um als Stein den Tag zu verweilen. Einigen der Gargoyles kann er noch direkt zu sehen wie sie versteinern wenn ein Lichtstrahl auf sie strahlt. Doch im Gegensatz zu ihm macht diesen Gargoyle dieser Umstand keine Mühe. Sie sind da hinein geboren und empfinden es als völlig normal so zu schlafen. Einige schlafen so Arm in Arm, und das sieht irgendwie süss aus.
Wie angenommen findet er Sarah in seiner kleinen Höhle. Feora liegt ganz nah bei Sarah und scheint auch müde zu sein. Die kleine Drachen Lady hebt nur ein Augenlied und gibt einen zufriedenen grunz Laut von sich. Die beiden sind vermutlich fast die ganze Nacht wach geblieben. Schliesslich sind beide ziemlich störrisch wenn es um ihn geht. Automatisch beginnt er zu lächeln und streift mit der linken Hand über Sarahs Wange. Zu seinem Erstaunen öffnet sie sofort die Augen und lächelt ihn warm an.
„Schlaf ruhig noch etwas“, wobei ihm gleich aufgefallen ist dass sie bereits wieder mehr Farbe im Gesicht hat wie auch schon. Doch Sarah richtet sich auf und ist dabei bedacht dass sie Feora nicht stört. „Nein, bitte erzähl von deinem Treffen.“
„Komm wir gehen ein paar Schritte. Ich möchte dir noch etwas zeigen.“ Vielleicht wird sie überrascht sein. Er bietet ihr seine Hand an damit sie besser aufstehen kann und nimmt eine grosse weiche Decke unter den rechten Arm. Natürlich sieht er den fragenden Blick von Sarah, geht aber nicht darauf ein.
Sarah neckt ihn: „Du kannst auch von Glück reden dass die Hosen von Velis aus Moos so anpassbar sind.“
Jetzt sieht er an sich hinunter, dabei spannt er wohl seinen Bauch an und sein Sixpack wird sofort sichtbar. Da muss selbst er zugeben das sieht nicht schlecht aus. Vielleicht ist sein Oberkörper eine Spur zu lang aber ansonsten kann er nicht klagen. Und ja, natürlich möchte er auch Sarah gefallen. Was für dumme Gedanken, schüttelt er leicht seinen Kopf. Trotzdem ein seltsam Bild dass er in so etwas wie einer eng anliegenden Short aus Moss gibt. Er rümpft seine Nase.
„Hat was von einer Militär Unterhose. Muss ich bei Gelegenheit ändern.“ Er grinst und Sarah tut es auch.
Die kleine Feora schläft friedlich weiter. Wenn die kleine müde ist dann lässt er sie in der Regel schlafen. In seiner linken Hand hält er Sarah fest und führt sie sicher durch die dunklen, schummrigen Gängen. Er kann klar sehen was vor ihm kommt. Ihre Hand fühlt sich so richtig an. Er führt sie vorbei an versteinerten Gargoyle und Sarah fragt: „Wie kommst du hier unten zurecht.“
„Man merkt sich kleine Dinge bei den Höhlen. So etwas wie die Steinfarbe oder die Stein Art. Es geht erstaunlich gut.“
Sarah versucht zu sehen. „Für mich sieht es alles gleich aus.“
„Nach ein paar Tagen würden auch dir die Unterschiede und vielleicht die verschiedenen Gerüche auffallen.“
Darauf erwidert sie nichts und läuft einfach mit bis sie in eine riesige Höhlen-Halle kommen. Sarahs Augen weiten sich und sie staunt.
„Himmel, da steht ja Unmengen von Zeug herum.“
Da stehen Holz Tische und Stühle. Viele Decken, Kerzen, Kissen, Vasen, Geschirr und sonstiges.
„Wie du ja gehört hast haben die Gargoyle früher ihre Kristalle gegen andere Dinge getauscht. So wie meine Kissen oder diese Decke. Das ist das riesige Lager. Manche Dinge brauchen die Gargoyle einfach nicht und es bleibt dann einfach ungenutzt hier liegen.“
„Ein richtiger Schatz“, ist sie schon fast begeistert.
„Ja genau“, so kann man es natürlich auch sehen. Ihm fällt auf dass er sie immer noch fest hält und sie ihm ihre Hand nicht entzieht. Liebevoll sieht er in ihre wunderschönen grossen Rehbraunen Augen die ihn immer wieder faszinieren. Denn je nach Lichteinfall glänzen sie fast golden. Sarah sieht zu ihm auf.
„Was hat der grosse Drache erzählt?“
„Toron hat einiges an schrecklichen Dingen getan als Aros Leitdrache. Darauf ist er nicht stolz und hat die Menschen seit damals gemieden. Genau genommen hasst er sich auch ein Stückweit und wartet bis er endlich sterben kann. Er war wütend als er gehört hat dass ich, Aros Sohn, hier bin. Aus diesem Grund hat er fast jeden Schritt den ich hier gemacht und getan habe genau beobachtet.“
„Kann er soweit sehen?“
„Ja, das ist für ihn kein Problem. Nach gründlicher, er nannte es Forschung, hat er beschlossen mich kennen zu lernen. Natürlich hat er in meiner Abwesenheit sich mit den anderen Drachen unterhalten, die mir gegenüber stets sehr verschwiegen waren. Genau genommen läuft es darauf aus dass er an mir überhaupt keinen Charakterzug von Aros sieht.“
„Und wenn wir bei seiner Attacke umgekommen wären?“, versucht sie zu verstehen und Lecram zuckt mit der Schulter. „Das wäre ihm in diesem Moment wohl auch egal gewesen. War wohl ein Test ob ich wirklich ein Drachenreiter bin.“
„Glück gehabt.“
„Ja“, lächelt er, „dann habe ich ihm von Marcus erzählt.“ Er seufzt kurz auf.
„Und?“, fragt Sarah nach und er braucht einen Moment bis er antwortet: „Er lässt nicht viel Hoffnung offen für Marcus. Gloria sei zu retten, doch Marcus sollten wir besser vergessen und wenn wir können gleich töten.“ Diese Worte zu hören waren schon schwer, sie jetzt selbst laut zu sagen schnürt ihm sprichwörtlich die Kehle ab. Sie sprechen da von seinem Zwillingsbruder.
„Das tut - mir leid“, spricht sie sanft und drückt seine Hand damit er spürt dass sie für ihn da ist. Sie stehen da und bestaunen die Halle mit den Gütern darin bis Sarah ab lenkt: „Am meisten staune ich über die vielfallt des Lichtes hier in den Höhlen. Da sind Kerzen, Lampen mit Öl und diese Art von Glühwürmchen die Licht geben. Schon ziemlich einzigartig. Nur die Steinschlangen und Skorpione mag ich nicht so sehr.“
Stürzt sie ihre Unterlippe und er findet sie so süss dass er in Versuchung gerät sie zu küssen es jedoch lässt und erklärt: „Bitte sprich meinen Namen Lecram nie wieder aus.“
„Also bist du in Wirklichkeit Marcel? Marcus und Marcel.“
Nichts geschieht, keine Verwandlung, er ist immer noch sich selbst. „Sieht ganz danach aus. Wobei ich Marcel recht lahm finde für so einen Dämonischen Kerl wie mich.“ Dabei grinst er schief: „Da wäre mir der alte Name lieber. In meinem Herzen werde ich wohl immer Lecram bleiben.“
„Bereit für einen Test?“
„Test für was?“
„Einen Spitznamen.“ Lächelt sie ihn an und er rümpft die Nase: „Willst du mich jetzt Schatz nennen? Oder Marc oder Cel oder Hase?“
„Nein. Einfach nur LEC.“
Er reisst seine Augen auf doch dann bemerkt er dass er sie vor Schreck los gelassen hat. Siehe da, es ist alles noch beim alten. Auch Sarah ist darüber froh.
„So erfährt niemand wie ich den Bann gebrochen habe und alle nennen dich beim alten Namen.“
„Du bist wirklich clever!“ Dann drückt er ihr einen sanften Kuss auf ihren Mund. Sofort drückt sie sich ihm entgegen und hält ihn am Hals fest.
Leise haucht er: „Du bist mein Leben“, in ihr Ohr.
„Das habe ich schon mal gehört und dann hast du dich von mir abgewendet.“
„Tusche“, gibt er sich geschlagen, „komm ich möchte dir noch etwas zeigen das meiner Meinung nach einfach unschlagbar ist.“
Wieder nimmt er sie an der Hand und führt sie durch weitere Gänge bis Sarah Wasser plätschern hören kann.
„Hier unten führt ein Unterirdischer Bach durch dessen Wasser nach einer Art Schwefel stinkt und frag nicht warum. Dieses Wasser, die Steine das alles führt zu diesem Ergebnis. Sieh…“
Genau diesen Gesichtsausdruck hat er sich erhofft. Ihre Augen weiten sich und ihr Mund bleibt etwas offen stehen. Vor ihr ist die Höhle mit dem durchlaufenden Bach von dem Rauch aufsteigt. Rechts, links an der Decke und auf dem Boden kann sie Kristalle sehen. Als Lecram dann eine Kerze an zündet die dann hell auf leuchtet gibt es einen Art Spiegelreflex und die Kristalle schillern und funkeln. Mit dem Rauch im Hintergrund einfach super schön, fast kitschig.
„Unglaublich, wunderschön. Wau…“
Ist das einzige was sie dazu sagen kann und er meint: „Komm hier entlang.“
Er führt seine Sarah einen Pfad entlang durch die Kristalle und sie sieht sich alles in Ruhe an währen sie hinter ihm her geht. Dann sieht sie einige grosse Glas Skulpturen die völlig anders als die Kristalle sind. Sie sehen aus wie von Mund geblasene Kunstwerke.
„Was sind das da?“ Zeigt sie auf die Skulpturen.
„Es ist zwar selten, aber wenn hier ein Gewitter erscheint und ein Blitz in den Sand schlägt kannst du solche Kunstwerke ausgraben.“
„Wau, hast du das schon mal erlebt?“
„Ja, es war laut, jedoch auch wunderschön wenn hier so ein Blitz einschlägt. Meistens sind dann hier alle sehr aufgeregt und es bringt ihnen Abwechslung.“
Staunend gehen sie weiter. Ein gutes Stück weiter vorne geht es etwas hinunter und sie stehen auf einer kleinen Lichtung ohne Kristalle wo sich das Wasser in einem Becken sammelt.
Dann lässt er die Decke fallen und wendet sich Sarah zu.
Sein Blick wirkt ernst: „Sarah, ich wollte mich gestern noch von dir trennen. Ich habe mich unmöglich verhalten. Es tut mir von Herzen leid und trotzdem hast du nicht aufgegeben. Danke.“
Seine Hände fahren ihren Gesichtskonturen nach bis die Hände an ihrem Hals verweilen. Er nagt an seiner Unterlippe weil er sie so sehr braucht und es dennoch nicht in Worte packen kann. Genau genommen hat er sie nicht verdient.
„Ich Habs dir schon ein paar Mal gesagt: ich liebe dich. Zweifle nicht an meiner Liebe und entscheide nicht für mich.“
„Auch wenn ich jetzt als Mensch vor dir stehe und gewisser Weise von dir abhängig bin?“ Ein Lächeln huscht über ihre Lippen und er holt aus: „Vermutlich wird sich mein Charakter nicht ändern. Gut möglich dass ich so unglaublich stur bleibe.“
Sie seufzt auf: „Ich liebe dich. Wie viele Male musst du es noch hören bis du es glaubst.“
„Ich verdiene dich nicht mal ansatzweise…, doch mein Herz gehört dir.“
Langsam nähert er sich ihren Lippen und küsst sie leidenschaftlich und sehr sanft zugleich. Wenn er es nicht besser wüsste könnte er denken sie schmilzt gerade unter seinen Händen. Immer noch lächelnd löst er sich und hat noch eine Überraschung auf Lager.
„Setzt ich mal hin.“
Sie versteht zwar nicht worum es geht tut aber was er ihr sagt. Vertraut ihm. Auch er setzt sich neben sie hin und aus dieser Perspektive sieht es noch romantischer aus als es eh schon ist. Der kleine Teich vor ihnen umhüllt von etwas Nebel und umgeben ist von Kristallen die funkeln wie Sterne. Als er laut in die Hände klatscht zuckt Sarah erschrocken auf und sieht dann die Überraschung. Aus den Kristallen steigen Perlmutter farbige Falter empor. Sie schweben über dem kleinen Teich und Sarah fragt:
„Schmetterlinge?“
„Nein, eine Art Nachtfalter.“
„Wundervoll.“ Sieht sie ihn dankbar an als hätte er ihr gerade das tollste Geschenk gemacht das es überhaupt gibt.
Sie sitzen einfach nur da und sehen den Nachtfaltern zu wie sie fliegen. Dabei lehnt sich Sarah an ihn an und er fühlt sich in diesem Moment als sei er bei sich angekommen.


Sarah

An ihrem Ohr schnaubt es laut und Sarah erwacht. Zuvor reibt sie sich die Augen da sie noch etwas müde ist. Sie sind hier also eingeschlafen. Als sie die Augen öffnet steht die kleine Feora schnaubend, scharrend vor ihr. Irgendwas scheint sie ihr zu erzählen und aus irgendeinem Grund ist Sarah froh es nicht zu verstehen. Automatisch lächelt Sarah und dreht sich um. Da liegt Lecram, genau neben ihr und scheint noch zu schlafen. Aufzuwachen neben ihm ist –schön. Unter der Decke ist es kuschelig warm.
Gerade als sie sich über ihn beugt um ihn wach zu küssen zieht er sie zu sich hinunter und sieht sie mit seinen wunderschönen grünen Augen an. Heute dringt dieser stechende Blick wieder durch ihr Mark und Bein.
„Alles klar?“, ist seine Frage an sie gerichtet und sie schmunzelt als sie antwortet: „Natürlich, es ist hier wunderschön.“
Liebevoll streichelt er ihr Gesicht. Sein Gesichtsausdruck wirkt erleichtert als hätte er Angst gehabt als Gargoyle zu erwachen.
„Hatte noch nie so ein tolles Geburtstagsgeschenk.“ Küsst sie kurz auf ihre Nasenspitze und bringt sie damit zum Kichern. „Gern geschehen. Sieh mal Feora sitzt da und stänkert vor sich hin, nehme ich mal an.“
„Ja ich weiss, sie hat mich schon vor einer Weile geweckt. Sie ist gerade etwas eifersüchtig. Du weisst ja, weiberkram.“
„Ah so, ja damit komme ich klar.“
„Dachte ich mir“, zwinkert er zu.
„Wie waren deine Geburtstage bis anhin?“ Möchte sie etwas aus seinem seltsamen Leben erfahren. Im Prinzip weiss sie nicht viel von seiner Vergangenheit.
„Du meinst auf der Erde bei Liv und Adam?“
„Ja, ich weiss nicht so viel von dieser Zeit. Also nur wenn du darüber sprechen möchtest.“
„Ich werde dir erzählen was du willst. Bloss gibt es da nichts Tolles. Marcus war derjenige der feierte und ich war der steinerne Dämon der sich in manchen Nächten den Tod gewünscht hat. Ich zog mich immer mehr in mich zurück, so hast du mich dann kennen gelernt in Wolfwille an der Schule.“
„Hat dich das ewige umziehen nicht gestresst?“
„Und wie! Für mich war das immer extrem schwierig. Kaum kannte ich mich als Gargoyle aus und wusste wie und wo ich mich frei bewegen kann zogen wir um und ich fand mich in einem anderen Garten wieder. Gefragt ob ich das möchte hat nie jemand.“
„Na wenigstens haben sie dich mitgenommen. Sonst hätte ich dich nicht kennen gelernt.“ Sie geht mit ihrem Gesicht an seine Brust und legt ihren Kopf ab.
„Hast du es auch bemerkt?“
Staunend sieht sie auf. „Bemerkt?“ Sie versteht nicht und er erklärt: „Wir sind nicht mehr statisch aufgeladen.“ Also nimmt er ihre Hand und ja es stimmt. Lächelnd nickt sie. Wie seltsam.
Als Lecram aufsteht sieht sie dass er seine Moos Short gegen eine vorzeigbare Jeans ausgetauscht hat. Ein Oberteil trägt er immer noch nicht. Aus diesem Grund mustert sie ihn eingehend und was sie sieht gefällt ihr.
„Wie lange hast du geschlafen?“ Stellt sie ihre nächste Frage.
„Nicht so lange wie ich gerne hätte, Feora hat mir eine Stammpauke gehalten. Sollte jetzt jedoch geklärt sein“, lächelt er Feora an und diese schnaubt kurz schwarzen Rauch aus. So ganz einverstanden ist sie wohl noch nicht.
„Es ist kurz vor Sonnenuntergang.“ Ergänzt er.
„Müssen wir bald los?“
„Ja.“ Er nickt, „Hast du genügend Kraft?“ Scheint er immer noch besorgt um sie.
„Ja.“
Er nickt einverstanden. Dann spielt er kurz mit Feora damit sie gute Laune bekommt. Sarah sieht ihnen zu und ist einfach nur glücklich. Als er dann immer noch ohne Oberteil, was ihm ihrer Meinung nach gut steht, zu ihr kommt spricht sie leise: „Es war eine wundervolle Nacht. Auch wenn wir nicht…“
Er grinst breit: „Wäre das nicht mein Text“, wuselt er ihr über den Kopf.
Sie findet ihn süss, er scheint so fröhlich und gut gelaunt. Sein offenes Lächeln steht ihm sehr gut.
„Woran denkst du gerade“, stellt er seine Frage weil sie ihn gerade mustert, das ist ihm wohl nicht entgangen.
„Du bist so glücklich, du hast dich verändert.“
„Du machst mich glücklich. Nie habe ich es für möglich gehalten so befreit zu sein wenn ich ein Mensch sein kann. Du weisst, ich hatte mich schon fast mit dem Gargoyle da sein abgefunden. Doch jetzt sein zu können wer ich bin…, ist grossartig. Durch dich kann ich auch mal den Gargoyle raus hängen. Sofern ich es überhaupt mal möchte. Und das erstaunlichste ist dass ich jetzt als Mensch einiges kräftiger bin wie zuvor. Ich bin wohl ein Mensch mit Dämonischen Fähigkeiten.“
„Du brauchst es nur zu sagen und ich spreche deinen Namen aus.“
Langsam geht sie näher auf ihn zu und er umschliesst sie mit seinen Armen. „Dieser Mix aus Liebe, Vertrauen und ich selbst sein zu können ist wie eine Art Droge.“
„Aha, du bist also nun ein süchtiger.“
„Süchtig nach dir“, sieht er ihr tief in die Augen und Sarahs Knie werden weich. Der darauf folgende Kuss ist mehr als sie erwartet hat. Ja auch er scheint ihre persönliche Droge zu sein. Himmel, sie hebt bald ab.
Doch dann zuckt er kurz zusammen und schimpft in Feoras Richtung: „Aua…, hör damit auf!“ Er sieht zu Sarah die staunend die beiden betrachtet. „Sie zwickt mich die ganze Zeit in meine Wade.“ Ergänzt er.
Als Feora dann an Sarah hinauf steigt und es sich dann bei Sarah auf der Schulter gemütlich macht weiss Sarah zuerst nicht was sie davon halten soll. Rasch spürt sie das Feora sicher liegt und gar nicht mal so unbequem ist wie sie gedacht hat. Sie sieht von Feora zu Lecram und erwähnt: „Sieht so aus als hätte sie mit mir kein Problem.“
„Ich habe ihr erklärt dass sie hier bleiben soll. Da du die Tor Hüterin bist versucht sie sich nun bei dir ein zu schleimen damit wir sie mitnehmen.“
„Ah, wieder so ein Weiber Ding.“
„Ja klar, sicher – du verstehst sie auch noch.“ Rollt er kurz seine Augen belustigt.
„Irgendwie schon, sie liebt dich eben“, freut sich Sarah dass die kleine Drachen Lady ihr doch gut gesinnt ist. Hätte ja auch schlimmer kommen können.
Lecram löst sich von Sarah, hebt die Decke auf und beginnt sie zusammen zu legen. Feora ist auch bereits wieder von ihr hinunter geflogen.
Da Aufbruchsstimmung herrscht sieht sich Sarah hier noch einmal um. Ein wirklich magischer Ort und so friedlich. Das Plätschern des Wassers gibt dem ganzen noch das gewisse Etwas. Sie ist so dankbar diesen Ort gesehen zu haben. Diesen Ort wird für sie immer ein spezieller Platz in ihrem Herzen haben. Die Kristalle funkeln noch genau so schön. Doch dann schweifen ihre Gedanken in die Realität.
„Lec…, ich habe Angst“, ist ihre Wahrheit.
Feora ist nicht mehr auf ihrer Schulter sondern unten am Wasser und spielt Fangen mit einem Falter.
Mit der Decke unter seinem rechten Arm geht er auf Sarah zu und nimmt sie mit seiner linken Hand im Genick: „Wir tun alle was in unserer Macht steht. Bloss gib den Glauben an ein gutes Ende nie auf. Das gibt uns Hoffnung. Wir brauchen alle Hoffnung die wir kriegen können!“
Sie nickt und bekommt einen Kuss auf die Stirn. Dann nimmt er sie an der Hand und sie folgt ihm wieder aus diesem, für sie, Irrgarten hinaus. Nie hätte sie einen Weg in seine Höhle gefunden. Genau genommen würde sie sich hier unten verlaufen.
Feora bleibt ihnen natürlich auf den Fersen. Wobei Sarah tatsächlich froh ist das Feora nicht von ihrer Seite weicht. Denn falls wieder eine Steinschlange kommen sollte ist Feora sofort da. Feora scheint ein unglaubliches Gespür für diesen Leckerbissen zu haben.
Dann kommen sie in Lecrams Höhle die eher eine Nische gleicht. Sarah sitzt auf das steinige Bett mit den vielen Kissen und beobachtet ihn beim Packen seiner Wenigkeit. Am liebsten möchte sie ihn verführen, doch dafür reicht die Zeit nicht aus. Trotzdem steht sie auf und nimmt ein schwarzes Hemd in die Hand uns spricht sanft: „Normalerweise zieht man seinen geliebten aus, ich mach es mal umgekehrt.“
Er stutzt, hält aber still. Zuerst hält sie ihm den linken Ärmel hin in den er kommentarlos aber mit einem Grinsen im Gesicht hinein steigt. Dann macht sie zwei Schritte zur Seite und steht vor seinem Rücken. Sanft streicht sie mit der rechten Hand darüber und mit der anderen Hand hält sie das Hemd. Bei ihrer Berührung spannt sich kurz sein Rücken und sie lächelt. Mit ihren Lippen streift sei sanft von der linken Seite zur rechten. Als sie ihm in den rechten Ärmel hilft kann sie die Gänsehaut auf einem Arm noch sehen. Wieder huscht ein Lächeln über ihr Gesicht. Als sie dann vor ihm steht und jeden Knopf Einzel zu knöpft sieht sie in sein Gesicht. Sein Blick ist scharf und die wunderschönen grünen Augen stechen voller Leidenschaft. Dabei nagt er an seiner Lippe und sein Atem geht schneller. Ja…, Lecram scheint erregt zu sein. Plötzlich drückt er sie sanft an die Wand und übersät sie mit seinen sanften küssen. Als die beiden jedoch Schritte näher kommen hören hört er auf sie zu küssen, drückt sie stattdessen an seine Brust und sie fühlt sich so unsagbar geborgen und in Sicherheit.
Dann steht Venez plötzlich davor ihnen. Er scheint unzufrieden. Der kleine Gargoyle hat ein wütendes Gesicht und seine Augen funkeln Lecram an: „Sag schon: Kommst du wieder?“
Nun lässt Lecram sie los und geht zu seinem kleinen steinigen Freund. Zur Bekräftigung seiner Aussage hält Lecram seinen linken Arm auf Venez Schulter. „Ich werde mich darum bemühen, wir müssen schliesslich unser angefangenes Spiel zu Ende führen.“
„Eben, sehe ich auch so“, pflichtet Venez ihm bei das eher wie ein stänkern klingt.
„Ich bitte dich noch um einen gefallen. Könntest du während meiner Abwesenheit auf meine Höhle achten.“
„Darf ich sie auch benutzen?“ Leuchten Venez Augen jetzt auf.
„Unbedingt, du weisst ja sonst kommen die Steinschlangen und machen sich breit. Geht gar nicht!“ Rümpft Lecram seine Nase.
„Versprochen.“ Venez freut sich und wieder sieht es aus als schneidet er eine Fratze als er lächelt. Schliesslich umarmt Lecram seinen jungen steinigen Freund. Sie sind so unterschiedlich und doch mögen sie sich. Wie Lecram ihr erklärt hat sind die beiden schon seit seiner Ankunft befreundet, das kann sie sehen.


KAPITEL 12


Lecram

Als Lecram die Sache mit Venez geklärt hat und dieser wieder nach draussen stapft dreht sich Lecram und sieht erstaunt dass Sarah einen Pulli von ihm angezogen hat.
„Darf ich? Ich hatte etwas kalt.“
Der schwarze Pulli ist zwar etwas gross steht ihr trotzdem auf eine Art und Weise gut.
„Klar, hab mir schon gedacht dass du irgendwann mal kalt kriegen könntest. Du hast nämlich gar nichts an Kleider aus Trisyt mitgenommen.“
„Habs wohl vergessen. Aber warum hast du fast nur schwarze Sachen dabei?“
Er geht langsam zu ihr hin und nimmt sie bei der Hand während er in der anderen Hand seine kleine Tasche hält.
„Meine Seele war düster, schwarz passte da am besten“, dabei sieht er ihr tief in die Augen und weiss sie hat ihn in jeder Hinsicht gerettet, „Aber nun komm, wir gehen.“
Wieder lässt sie sich anstandslos von ihm durch die Höhlen führen bis sie, mit Feora auf seiner Schulter, auf der grossen Plattform draussen stehen.
Jetzt muss er kurz laut auflachen und Sarah fragt überrascht nach da sie nicht versteht was so lustig sein soll: „Was ist so lustig?“
„Ich stehe als Mensch hier oben und möchte hier runter. In menschlicher Gestalt kann ich dich nicht einfach huckepack nehmen.“ Shit!
„Oh, aber alleine schaffst du es?“
„Nicht so einfach wie als Dämon. Aber ja, es geht schon.“ Klar kommt er da runter, kein Ding!
Sarah sieht hinunter scheint zu staunen.
„Soll ich dich jetzt in den Gargoyle verwandeln? Bittest du mich gerade darum?“
Er sieht sie belustigt an und schüttelt leicht seinen Kopf. „Nein danke, das zerreisst mir die gute Jeans. Habe zwar für den Notfall die Moss Hose angelassen. Aber auf den Gargoyle habe ich noch keine Lust“, dann kommt ihm eine Idee, „Warte ich probiere mal was.“ Zwinkert er ihr zu. Dann geht Lecram ein gutes Stück von ihr weg nach hinten und stösst einen schrillen lauten Ton aus, rennt los und lässt sich einfach in die Tiefe fallen. Das Gepäck immer noch in der Hand.
Sarah hält die Hände vor das Gesicht und sieht bei weitem nicht so erschrocken aus wie er dachte als er auf einem bedeutend kleineren Drachen wie Toron wieder vor ihr auftaucht. Dabei hat er ein breites Lächeln im Gesicht stehen. Sarah dachte sich wohl schon dass er nicht grundlos in die Tiefe springt. Kluges Mädchen!
„Migdal kommt dich gleich holen“, strahlt sein Gesicht immer noch und der Drache geht sogleich zum Sinkflug über.
Dieser eine Moment in dem Lecram und der Drache im Einklang fliegen ist unbeschreiblich. In diesem Moment fühlt sich Lecram unabhängig, leicht und einfach nur frei. Das muss Freiheit sein. Irgendwie kann er verstehen aus welchem Grund Menschen Bunge Jumpen lieben.
Behände steigt er dann von seinem Flugdrachen runter, bedankt sich und sieht das Migdal auch schon mit Sarah daher getrottet kommt. Natürlich gefolgt von Feora, die gereizt kleine Feuer und schwarze Rauch Schwaden ausstösst. Die keine scheint immer noch sauer auf ihn zu sein weil er gesagt hat sie darf nicht mit ihm reisen. Dann fällt sein Blick wieder auf Sarah und Migdal. Zum Glück denkt sein Furcht erregender Freund Migdal wirklich an alles. Er hat Sarah ein Stück getrockneten Fisch gegeben den sie genüsslich isst. Aber natürlich, etwas Essen wäre schon mal schön. Verdammt, sein Magen meldet sich auch gleich. Doch das muss warten, die Zeit drängt. Also schiebt er den Gedanken an Essen wieder bei Seite.
„Danke“, löst sich Sarah freundlich von Migdal und geht automatisch zu Lecram der sofort wieder ihre Hand in seien linke nimmt und Feora klettert an ihm empor bis sie auf seiner Schulter zu liegen kommt.
Sarah fragt leise und wissbegierig: „Fliegen wir auf einem Drachen.“
„Nein, dafür ist es zu spät. Wir werden wahrscheinlich schon erwartet. Die Gargoyle und Drachen kommen Übermorgen nach.“ Mit der rechten Hand schiebt er seine Haare zu recht die vom Flug noch etwas zerzaust waren. Dabei fällt ihm auf wie Sarah ihn beobachtet und ihn liebevoll ansieht, automatisch entlockt sie ihm ein Lächeln das sie erwidert.
Feora schnaubt und stösst schwarzen Rauch aus ihrer Nüster, daraufhin antwortet Lecram dann ernst: „Also gut kleine Lady, wir nehmen dich ja mit.“
Schlagartig ändert sich die Laune der kleinen Drachen Lady und der Rauch den sie ausstösst wird weiss. Da muss selbst Sarah grinsen bei diesem kleinen Schauspiel.
„Migdal, nun ist es so weit, wir sehen uns also übermorgen wieder.“ Spricht dann Lecram zu seinem Dämonischen Freund. In seinem Blick liest man die Ernsthaftigkeit und die Wichtigkeit. Migdal nickt nachdenklich und trottet wortlos davon. Migdal braucht nicht viele Worte, für ihn wurde alles gesagt was er wissen muss.
„Übrigens wenn alles hinter uns liegt, möchte ich gerne hier hin zurück um mehr von den Klippen zu sehen.“ Erklärt Sarah.
„Ehrlich“, stutzt Lecram erstaunt, „weshalb?“
„Einer der Flüsse bei Trisyt fliesst in die Steinwüste. An diesem Ort, so sagt man, muss es einfach sagenhaft sein. Habe - ich – mal gehört.“
Wieder um spiegelt ein dickes Lächeln seine Lippen. Dann fährt er mit seiner linken Hand über ihr Gesicht und lässt dann seine Hände an ihrem Hals liegen.
„Oh ja, wie war! Einiges weiter hinten gibt es einen Platz mit einem wundervollen Wasserfall und einer traumhaft hübschen Bucht. Wenn alles Überstanden ist, zeige ich dir diesen wundervollen Platz. Versprochen.“
Dann küsst er sie sanft auf die Stirn.
„Ich nehme dich beim Wort.“ Lächelt sie ebenfalls.
Die beiden stehen einen Moment nur so da und sehen auf das grosse Wasser bis Lecram das Schweigen bricht: „Ähm, nur so aus Neugierde: wie bringst du uns zu den Ruinen? Ich kenn mich da nicht aus“, seine Schulter zuckt auf, „Sprich ich bin dir keine Hilfe.“
„Ich war schon mal dort“, lächelt sie zufrieden und scheint es zu geniessen auch ihn mal zu überraschen, „bereit?“
„Jeder Zeit“, nickt er und nimmt sie nah zu sich. Dabei mustert er sie und sieht zu wie sie sich konzentriert.
Zur Hölle, tatsächlich hat er es nicht mehr für möglich gehalten dass ihn jemand von seinem Dämonen fluch befreit. Dass ausgerechnet Sarah dazu in der Lage ist freut ihn umso mehr. Nicht auszudenken wenn sie nicht so stur geblieben wäre und ihn gehen gelassen hätte. Beinahe hätte er durch seinen Stolz alles verloren. Umso dankbarer ist er Sarah an seiner Seite zu wissen und hofft dass sie seine Dankbarkeit spürt. Seine Empfindungen in Worte zu packen ist immer noch nicht unbedingt eine Stärke von ihm.
Als er das nächste Mal seine Augen aufschlägt stehen sie beide neben einer ziemlich gut erhaltenen steinernen Ruine. Lecram sieht sich rasch um und blinzelt um sich an das neue Bild zu gewöhnen. Die Ruine steht inmitten eines Nadelwaldes etwas oberhalb auf einem kleinen eher Moos bewachsenem Hügel. Nun lächelt er Sarah an das jedoch sofort verstummt als er in ihr bleiches Gesicht sieht.
„Grosser Gott“, jegliche Farbe scheint aus ihrem Gesicht gewichen zu sein und er muss sie mit beiden Händen fest halten da sie sonst zusammen gesackt wäre. Seine Tasche lässt er dabei fallen und sein Blick wirkt besorgt. Automatisch sieht er sich nach Hilfe um. Tatsächlich kommen Daria und Tarak auf sie zu gerannt. Sie kommen gerade wie gerufen.
Taraks raue Stimme klingt scharf: „Was ist mit ihr los!“ Taraks Blick fällt von Lecram zu seiner geliebten Tochter. Langsam richtet sich Sarah auf mit den Worten:
„Alles in Ordnung. Keine Panik. Brauche nur etwas Ruhe.“
Dann gähnt sie und reibt sich die Augen, dabei wird sie von Lecram gemustert. Dennoch hält er sie immer noch um die Taille fest. Noch nie hat er sie so blass gesehen. Wieder hat er Angst und sie.
„Daria, bring Sarah hinein wo sie sich ausruhen kann.“ Befiehlt Tarak.
Als Daria mit Hilfe von Malek, der auch dazu gekommen ist, Sarah hinein gebracht hat richtet sich Tarak direkt an Lecram: „Was ist hier los, Aros Sohn.“
Lecram stürzt seine Lippen bevor er antwortet: „Tarak ich hab euch gesagt sie ist schwach. Ich habe keine Antwort.“ Schüttelt er seinen Kopf und streift dann seine Haare aus dem Gesicht. Sein Blick bleibt ebenfalls besorgt. Beide sehen sich direkt an und sprechen kein Wort bis Lecram ausholt und erwähnt: „Vielleicht hat es damit zu tun dass sie meinen Fluch brechen konnte. Eventuell war das alles etwas zu viel für sie.“ Durch Schuldgefühle gepeinigt streift er mit den Händen durch sein Gesicht.
„Du bleibst also ein Mensch?“ Ist Tarak neugierig, sein Blick bleibt jedoch streng.
„Ja“, nickt Lecram und hofft nicht noch mehr Rechenschaft abliefern zu müssen. Shit, er hat doch auch keine Antwort auf alles! Da Tarak kein Wort mehr sagt nimmt er seine Tasche und geht dann wortlos hinter Tarak zur Ruine.
Dort haben die anderen an einem geschützten Ort ein Feuer gemacht und ihr Lager auf geschlagen. Es sind zu Lecrams Erstaunen einige Elben mehr gekommen die sich nun ausruhen, schlafen oder essen.
Malek kommt wie immer gut gelaunt zu Lecram und Tarak:
„Sarah bekommt wieder etwas Farbe im Gesicht. Wir haben ihr etwas zum Essen gegeben.“ Hoffnung flackert in Taraks Gesicht und Malek richtet sein Wort direkt an Lecram: „Möchtest du auch speisen?“
„Liebend gern“, knurrt sein Magen bereits und Lecram nimmt die Einladung an, sieht jedoch zuerst kurz zu Sarah hinüber um sich zu vergewissern dass es ihr gut geht.
Aber wie sollte es nicht, Daria seine Mutter, sorgt sich um sie. Trotzdem ist Lecram in Sorge um Sarah, erwähnt es aber mit keinem Wort. Dass sie so schwach geworden ist beunruhigt ihn mehr als er in Worten ausdrücken kann. Ob hier alles mit rechten Dingen vor sich geht? In diesem alten Gemäuer scheint einmal Magie gesteckt zu haben. So fühlt es sich zumindest für ihn an. Doch dann holt Malek ihn wieder aus seinen Gedanken indem er ihm von der Reise erzählt und Lecram hört aufmerksam zu.
Tarak scheint Lecram immer noch eingehend zu mustern. Natürlich ist das Lecram nicht verborgen geblieben und er möchte ablenken indem er Tarak eine Frage stellt: „Habt ihr A’bena schon gesehen?“
„Nein, wir sind in Sorge“, erklärt Tarak bereitwillig.
Auch Lecrams Gesicht bekommt einen nachdenklichen Ausdruck. Blöd dass sein Bruder die Verbindung zu ihm unterbrochen hat. So kommt er sich etwas ausgeliefert vor. Er wüsste zu gerne wie es Gloria geht und wie es um Marcus steht. Ob sein Bruder wirklich verloren ist? So wie es Toron erzählt hat wagt er kaum zu hoffen.
Nach einigen belanglosen Gesprächen mit Malek und Daria zieht sich auch Lecram nach dem Essen zurück um vielleicht noch etwas schlaf zu finden. Also geht er lächelnd auf Sarah zu die auch noch wach ist. Vermutlich gehen auch ihr tausend Dinge durch den Kopf. Sie lässt ihn hinsetzten und liegt dann zu ihm. Ihren Kopf legt sie in seinen Schoss. Lecram sieht sie voller Mitgefühl an und streichelt ihr übers Haar. Sie sieht so zerbrechlich aus. Er macht sich grosse Sorgen um sie, es ist nicht nur weil sie blasser ist als auch schon sondern dass sie wieder mehr hinkt gefällt ihm auch nicht. Natürlich ist ihm auch diese Kleinigkeit aufgefallen. Ihr hinken verrät ihren gesundheitlichen Zustand sehr gut. Wenn es ihr richtig gut geht hinkt sie kaum. Doch jetzt scheint es ihr überhaupt nicht gut zu gehen und er muss einfach nachfragen: „Hast du eine Erklärung warum es dir so schlecht geht?“
„Es geht mir gut.“ Lächelt sie zaghaft, sieht ihn jedoch dabei nicht an.
„Mich kannst du nicht damit abspeisen. Bleib ehrlich. Hat es mit mir zu tun?“
Nun kann er sie laut aufseufzen hören bevor sie zu ihm aufsieht.
„Keine Ahnung. Bei unserer Ankunft hier überkam mich eine schreckliche Übelkeit. Mein Gefühl sagt mir dass es mit Gloria zu tun hat. Schliesslich sind wir Zwillinge.“
„Mh..., wie seltsam.“ Spricht Lecram mehr zu sich in Gedanken, trotzdem reagiert Sarah darauf: „Wieso seltsam.“
„Du und Gloria seit zwar Zwillinge, aber keine eineiige so wie Marcus und ich. Doch ich spüre meinen Bruder nicht, so als gäbe es ihn nicht. Nada, nix.“
„Wir werden ihn finden.“
Er sieht in ihrem liebevollen Blick wie sehr sie hofft ihre Schwester sowie Marcus dort raus holen zu können. Schön zu wissen dass auch Sarah seinen Bruder noch nicht aufgegeben hat.
„Wir holen alle da irgendwie raus“, ergänzt er und sie lächelt verhalten: „Ja werden wir.“
Hoffnung stirbt zuletzt.
Die beiden beschliessen noch etwas zu schlafen und Lecram legt sich zu Sarah hin. Einen Arm beschützend um sie liegend. So lange er kann wird er sie beschützen. Sarah schläft rasch und ihr Brustkorb hebt und senkt sich in regelmässigen Abständen. Was irgendwie auch eine beruhigende Wirkung auf ihn hat. Eine Weile sieht er noch über Sarahs Kopf wie die kleine Feora mit Malek spielt. Das zaubert ihm ein Lächeln auf die Lippen bevor er schliesslich auch einschläft.


Sarah

Als Sarah die Augen wieder öffnet herrscht schon reges Treiben. Sie fühlt sich schwach und eine Art Übelkeit macht sich in ihr breit. Es scheint ihr so als würde jemand nach ihr ziehen. Was geht hier bloss vor sich!
Kaum ist sie aufgestanden und legt die Decke zur Seite ist auch schon Lecram neben ihr und sieht sie immer noch mit sorgevollem Blick an. Er fragt wohl bewusst nicht nach wie es ihr geht da er sich vermutlich denken kann wie ihre Antwort aussehen würde. Darüber ist sie froh.
Natürlich muss sie keine Geheimnisse vor ihm haben. Doch hier quälen ihn bestimmt andere Dinge und sie möchte ihn nicht mit ihren vielleicht belanglosen Dingen durch einander bringen. Er sorgt sich schon genug um sie.
Liebevoll kriegt sie einen Kuss auf ihre Stirn und er spricht mit weicher Stimme: „Komm, A’bena ist hier und hat uns einiges zu erzählen.“
Nun weiten sich ihre Augen da sie wirklich schon gespannt ist was ihre Freundin zu berichten hat. Hand in Hand gehen sie zu den anderen die draussen vor den Ruinen bereits versammelt sind. Sarah muss gestehen ihr Bein macht ihr wirklich zu schaffen und sie humpelt wirklich mehr als auch schon. Sie versucht zwar es zu verheimlichen so gut es geht und beisst auf die Zähne. Lecram ist tatsächlich ein guter Beobachter.
Sarah fällt auf das A’bena anders gekleidet ist als sie von Trisyt gegangen ist. Ihre Kleidung hat sie mit einem grauen Oberteil und einem schwarzem Rock der ziemlich dreckig ist ausgetauscht. Darüber wundert sich Sarah, beschliesst jedoch aufmerksam zu zuhören was ihre Freundin zu berichten hat. Währenddessen hält Lecram sie immer noch fest in seiner linken Hand und Sarah kann durch ihn etwas Kraft tanken. Angenehme Wärme strömt ihn ihren Körper.
A‘bena beginnt: „Ich war in Veram. Heute war Markt und ich habe Marcus gesehen.“
„Hat er dich auch gesehen?“, kommt die Frage von Daria, der besorgten Mutter.
A’bena seufzt auf. „Er hat mir genau ins Gesicht gesehen aber keine Regung gezeigt. Kein erkennen. Er hat sich verändert“, sie macht eine kurze Pause und scheint zu überlegen, „Sein Blick ist hochmütig und streng und es scheint als trage er keine Liebe mehr in seinem Herzen. Sein Benehmen lässt zu wünschen übrig. Er behandelt alle wie…, Dreck!“
„Hast du Aros auch gesehen“, möchte Lecram genauer wissen, etwas von seinem Vater zu hören könnte ihnen ja vielleicht weiter helfen.
„Nein, ich habe nichts hilfreiches zu berichten ausser dass Aros alle Männer von Trisyt eingezogen hat.“
Nach diesen Worten hat A’bena die ganze Aufmerksamkeit und alle lauschen gespannt ihren Worten. Sie erzählt davon dass Aros alle Männer eingezogen hat und diese in seinen Diensten stehen. Die Frauen mit ihren Kindern sind jetzt allein und müssen ihren Geschäften nachgehen ohne ihre geliebte Familie. Aus diesem Grund tragen alle schwarz und die Furcht steht den Frauen im Gesicht geschrieben. Auch die Felder müssen die Frauen selber bestellen, kein Mann steht mehr zur Verfügung um zu helfen.
Sarahs Herz wird schwer, was für ein fürchterlicher Mensch kann das jemanden an tun. Als sie zu Lecram sieht, bemerkt sie auch dessen Endtäuschung die ihm im Gesicht geschrieben steht. Vermutlich empfindet er einen schrecklichen Hass gegen seinen Vater. Solche Dinge von seinem leiblichen Vater zu hören muss schrecklich sein. Sarah weiss genau wie sehr sich Lecram eine „normale“ Familie gewünscht hätte. Wer täte dies nicht!
A’bena erwähnt dass die Männer unter einem Bann stehen und Anweisungen von Aros oder auch Marcus befolgen müssen. Falls es einer schafft dem Bann zu brechen wird derjenige unter Umständen mit dem Tode bestrafft.
Bei diesem Gedanken bekommt Sarah Gänsehaut.
Als Tarak nachfragt ob Aros und Marcus ihre Anwesenheit bemerkt hat weiss A’bena nichts darauf zu antworten. Auch Gloria hat sie kein einziges Mal zu Gesicht bekommen. Genau genommen sind sie nicht weiter als bis her. Dann löst sich Lecram von Sarah mit nachdenklichem Gesicht und geht ein paar Schritte hin und her. Mit einer Hand fährt er durch seine Haare und es sieht aus als gingen ihm tausend Dinge durch den Kopf.
Alle beobachten ihn, sagen aber kein Wort. Natürlich weiss Sarah dass er einen Beschluss fassen muss. Alle stützen sich hier auf ihn und das ist bestimmt ein hartes Los dass er sich nicht freiwillig gewünscht hat. Doch sie ist über die Massen stolz auf ihn und weiss er sucht nach einer Lösung so wenige wie möglich da hinein zu ziehen.
Nach einer Weile streicht sich Lecram mit den Händen übers Gesicht und widmet sich der Gruppe zu: „Wir sind hier nicht viele. Ich bedanke mich bei jedem einzelnen von euch dass er hier an meiner Seite steht. Velis und einige Makiani warten auf mein Zeichen und sie werden uns zur Hilfe kommen. Ein paar Gargoyle und vielleicht Drachen werden vermutlich morgen Nacht ihren Weg her finden.“ Dann macht er eine Pause und Tarak muss wissen: „Wie sieht dein Plan aus, Darias Sohn?“
Lecram lächelt warm bei den Worten Darias Sohn und holt aus: „Plan ist zu übertrieben. Bevor Marcus den Kontakt mit mir gebrochen hat, hat er mir ein Turmzimmer gezeigt in dem der Kristall sein muss. Nun versuche ich mich dort hin durch zu schlagen.“
„Ich gehe mit dir, mein Freund“, spricht Malek klar und deutlich und Lecram nickt dankbar: „Dem stimme ich zu. Daria muss uns den Weg durchs Moor führen bis wir an die versteckten unterirdischen Tunnel kommen. Von dort aus werden Malek und ich uns alleine durch schlagen“, sein Blick schweift zu Tarak, „bitte begleite uns und bringe Daria sicher hier her zurück.“
Tarak nickt hochachtungsvoll und Lecram fährt weiter:
„Alle anderen bitte ich ebenfalls hier ruhig ab zu warten. Begrüsst die Gargoyle und die Drachen.“ Er sieht vertrauensvolle Blicke, „ich gehe davon aus das Aros die Drachen bemerken wird. Wenn dem so ist werde ich Velis sofort Bescheid sagen dass sie ebenfalls zu uns stossen mögen. Wenn ich und Malek Glück haben können wir den Kristall vorher zerstören und niemandem wird etwas geschehen.“
„Das wäre zu einfach. Woher willst du wissen dass Marcus dich nicht getäuscht hat“, ertönt eine männliche Elben Stimme weiter hinten.
Automatisch presst Lecram seinen Kiefer zusammen bevor er antwortet: „Dafür gibt es keine Garantie. Wir müssen auf der Hut sein, einen Versuch wird es wert sein. Den Kristall müssen wir in unsere Gewalt bringen. Wenn alle Stricke reissen und Aros euch angreift, bitte ich euch ihn so lange auf Trapp zu halten und ab zu lenken bis wir den Kristall gefunden haben.“
„Haben wir eine Chance gegen so viel Magie?“ Scheint nun auch A’bena unsicher und das kann Sarah verstehen.
Wieder sehen alle zu Lecram und hoffen er hat eine Antwort: „Nun, denke nicht dass Aros seine Hände schmutzig machen wird. Dafür hat er seine Männer die zwar unter einem Bann stehen aber bestimmt keine Magie besitzen. Wenn möglich tötet sie nicht und nehmt so viele Gefangene wie ihr könnt.“
„So werden wir es handhaben“, ertönt Taraks dunkle Stimme. Dann richtet Tarak das Wort an alle: „Egal was geschieht, Daria und Sarah werden hier bei den Ruinen zurück bleiben um für unser Essenration zu sorgen.“
Sarahs Augen weiten sich etwas. Was für eine blöde Idee, denkt Sarah, hütet sich jedoch etwas Derartiges laut zu sagen. Sie will nicht hier untätig zurück bleiben! Schliesslich geht es auch um ihre Schwester.
Als könnte Lecram ihre Gedanken lesen sieht er sie merkwürdig an als hätte er mit ihrem Einwand gerechnet. Sie kaut jedoch lediglich an ihrer Unterlippe. Natürlich hätte sie gerne gemotzt dass A’bena in den Kampf darf.
Aber auch sie hat sich im Stillen einen ihre Gedanken zu dem ganzen gemacht. Sarah hat ebenfalls einen kleinen Plan geschmiedet.
Da vorläufig alles gesagt ist und Lecram sich mit den anderen bald auf den Weg machen muss bleibt ihnen nicht mehr viel Zeit. Aus diesem Grund nimmt er Sarah an der Hand und führt sie etwas abseits den Hügel hinauf. Beide sprechen kein Wort. Sie gehen schweigend zwischen den Nadelbäumen durch bis sie eine kleine stossen. Von hier haben sie einen Blick auf Veram das inmitten einer hügeligen Moorlandschaft liegt. : „So, das ist also Veram.“ Seufzt Lecram auf.
Sarah zeigt mit dem Finger nach rechts zu der Burg.
„Wie du siehst besticht die Burg durch drei Türme. Es scheint als müsstest du in allen nach dem Kristall suchen.“
„Scheint so“, seufzt er kurz auf und sieht dann direkt in ihre Augen: „Sarah, pass bitte auf dich auf und mach keine Dummheiten.“
Seine grünen Augen wirken noch grüner als sonst und Sarah versteht seine Bedenken. Er kennt sie gut, beschliesst jedoch aus zu weichen: „Welchen Grund sollte ich haben um Dummheiten machen zu wollen?“
Sie liebt diesen stechenden Blick von ihm, der ihr durch Mark und Bein geht und direkt in ihrem Herzen landet. Es ist Liebe die ihn steuert.
„Nun ja, wie soll ich sagen, es liegt was in der Luft“, lächelt er etwas und auch sie erwidert dieses Lächeln. Natürlich kennt er sie schon gut um zu wissen dass sie nicht mit dieser Lösung einverstanden sein kann. Sie kuschelt sich an ihn und legt ihren Kopf auf seine Brust und flüstert leise:
„Marcel“, lächelt sie als sie seinen Namen ausgesprochen hat, „spürst du das Band von Aros noch nach dir ziehen?“
„Erstaunlicher Weise nicht mehr seid du den Fluch gebrochen hast.“ Er wuschelt über ihre Kurzen schwarzen Haare. „Aus deinem Mund klingt Marcel gar nicht mal so übel“, lächelt er nochmal, „Aber warum fragst du?“
„Seit wir hier bei der Ruine sind spüre ich jemanden nach mir rufen. Ich nehme an es ist Gloria.“
„Nein, so wie ich es zuletzt gesehen habe ist sie dazu nicht mehr fähig.“
Erschrocken löst sich Sarah von Lecram und sieht ihn mit aufgerissenen Augen an und er holt aus: „Ausserdem haben sie ihr die Kräfte entzogen. Es muss Aros oder Marcus sein der nach dir ruft.“
Sarah atmet laut ein und aus, was soll sie bloss davon halten.
Aber ja: „Da kannst du Recht haben.“ Ist für sie irgendwie auch einleuchtend.
„Nun ist mir auch klar aus welchem Grund du so blass um die Nase geworden bist.“ Schmunzelt er verhalten und scheint froh zu sein dass er nun weiss wie es um sie steht.
Trotzdem fügt er an: „Kannst du seinem Ruf wiederstehen?“
Sarah weiss warum er darüber besorgt ist, er selbst hat Aros Ruf gespürt, konnte jedoch im Gegensatz zu Marcus wiederstehen. Sie überlegt kurz und antwortet: „Denke schon.“
„Du denkst?“
„Du glaubst mir nicht?“
„Nein, du heckst bestimmt etwas aus. Niemals wirst du ruhig in den Ruinen sitzen und kochen. Ist nicht dein Ding tatenlos zu zusehen. Scheisse Sarah tu einmal um was man dich bittet.“
Sein Gesicht spiegelt sein Unbehagen wieder und Sarah fühlt sich ertappt. Das gefällt ihr in diesem Moment gar nicht. Seine Augen sind voller Sorge um sie.
„Du kennst mich gut.“ Sie wendet sich ab und sieht wieder nach Veram als sie erwähnt: „Ich kann doch nicht untätig rum sitzen und den Kochlöffel schwingen.“
Lecram verschränkt seine Arme und bittet sie: „Was hast du denn vor? Du brauchst mir nichts zu verschweigen.“
Nun sieht sie wieder zu ihm hoch und sieht Angst in seinem Gesicht. Er sorgt sich um sie das ist schön, jedoch auch beengend. Auch sie muss damit leben können das ihm etwas zustossen kann. Jeder Zeit, an jedem Ort. Hier sind sie nicht in Sicherheit. Sie will sich jedoch nicht von diesen Gedanken auffressen lassen.
„Lec, ich kann dir keine Antwort geben. Vielleicht bleibe ich bei den Ruinen. Vielleicht ist alles schneller vorbei als wir denken. Doch vielleicht kommt alles anders als wir uns ausmalen. Ich habe keine Antwort.“
Schüttelt sie leicht ihren Kopf um ihren Worten an Gewicht zu verleihen. Sie sieht dass er endtäuscht darüber ist dass sie nicht einfach nachgibt also betont sie: „Ich kann dir doch keine Versprechungen machen.“
Immer noch hat Lecram die abwehrende Haltung und seine Arme vor seiner Brust verschränkt, dabei ist sein Kiefer fest geschlossen. Er wirkt angespannt und Sarah zieht die Stirn hoch die dabei Falten bekommt. Nach einer Weile spricht er ernst: „Du könntest Versprechungen machen wenn du wolltest“, Lecram seufzt leise und endtäuscht auf, „Es ist wie es ist, ich muss los. Die Zeit ist reif um zu gehen.“
Er weiss wohl dass es jetzt keiner Worte mehr bedarf. Sein Blick sucht ihren nur um zu wissen ob sie mit ihm zurück geht oder noch etwas alleine hier bleiben will. Natürlich geht sie mit ihm zurück und so gehen sie stumm, ohne einander zu halten, neben einander zurück. Eine blöde Situation in die sie sich hinein manövriert hat. Genau in diesem einen Moment wird es Sarah bewusst dass sie ihm so unheimlich wichtig ist. Es geht ihm nicht um das Prinzip, seine Sorge gilt ihr weil er sie so sehr lieb gewonnen hat. Liebe ist schön doch man kann so verletzlich werden. Wenn sie jedoch nicht so stur geblieben wäre wie sie es immer tut wären sie noch nicht an dem Punkt an dem sie jetzt sind. Wie gerne möchte sie ihm das sagen, müsste es in Kauf nehmen dass er noch wütender wird. Das möchte sie nicht. Sarah möchte nicht so auseinander gehen, nicht jetzt wo die Dinge so unklar sind. Also nimmt sie seine Hand in die ihre und hofft er entzieht sich nicht ihrer.
Natürlich tut er es nicht und ihre Mundwinkel um spiegeln ein sanftes Lächeln.


Kapitel 13


Lecram

Als die zwei bei der Ruine zurück sind wartet Malek schon. Lecram lächelt und findet es gut dass Malek den Erzählungen von A’bena so gut zugehört hat und sich ebenfalls ganz schwarz gekleidet hat. Auch er wird seine Jeans noch gegen eine schwarze Hose austauschen, vielleicht bleiben sie so länger unentdeckt. Seine Moos Hosen will er jedoch an behalten…, man weiss ja nie.
Nur blöd dass er und Marcus sich im Moment nicht so ähnlich sehen wie auch schon. Durch seine längeren Haare und der Narbe hat er sich äusserlich verändert.
Die Ungewissheit was auf sie alle zukommt ist erschreckend. Dann noch Sarah die so unheimlich blass ist und Aros neuerdings an ihr zieht. Irgendetwas sagt ihm dass sie in ihrem Zustand nicht lange Aros Ruf wiederstehen kann. Zur Hölle er möchte das alles nicht!
Wenn Malek und er Glück haben wird alles rascher vorbei sein und seine Bedenken waren um sonst. Aber wenn nicht? Angst, pure Angst kriecht seinen Nacken hoch.
So viele sind hier und werden noch nachkommen die ihm zur Seite stehen. Und genau das wiederum gibt ihm die Kraft die er braucht um das hier zu überstehen. Also lässt er Sarah kurz bei Malek zurück um sich die schwarze Hose über zuziehen. Dabei kommt er an A’bena vorbei.
„Ihr seid euch wirklich sehr ähnlich“, spricht A’bena leise.
Lecram nimmt sich die Zeit um sich mit ihr etwas zu unterhalten.
„Geht es dir gut?“
„Ich bin aufgeregt und gelinde gesagt etwas geschockt wie die Dinge in Veram stehen“, gibt sie offen zu.
„Du musst nicht kämpfen“, meint er offen und ehrlich. Wenn es nach ihm ginge müsste niemand kämpfen.
„Das Schicksal wird es zeigen, Aros Sohn.“ Ist A’bena ziemlich ernst.
Nun mustert Lecram A’bena etwas und ist nicht sicher ob seine Bitte angebracht ist. So wie er die hübsche Elbin einschätzt könnte sie unter einem Bann stehen ohne dass sie es bemerkt hätten. Anderseits kann sie hier völlig unbelastet vor ihm stehen. Es steht fünfzig zu fünfzig!
Also wagt er es: „A’bena, könntest du bitte auf Sarah Acht geben?“
„Geht es ihr nicht gut?“ Ist sie neugierig.
„Aros oder Marcus rufen nach ihr und sie ist im Moment etwas schwach.“
Nun weiten sich ihre Augen und sie scheint etwas nach zu denken.
„Du sorgst dich um sie, das ist sehr zuvorkommend. Denk daran, ich könnte immer noch unter Beeinflussung von Marcus stehen.“ Ist sie realistisch.
Er nickt mit ernstem Blick: „Weiss ich. Aber zu wissen dass sie nicht alleine die Zeit verbringen muss wäre beruhigend.“
„Also gut. So gut es mir gelingen will.“
Zur Bestätigung streckt A’bena ihm ihre Hand entgegen und er schlägt ein. Klar hat er keine Garantie, aber er hat ein gutes Gefühl. Und mehr bekommt er im Moment einfach nicht.
Als er sich umgezogen hat eilt er zu Malek und Sarah. Mittlerweile haben sich auch Daria und Tarak sowie A’bena dort versammelt. Zur Hölle, er will niemanden der Anwesenden verlieren schleicht ihm wieder der Gedanke durch den Kopf. Gleichzeitig möchte er auch keinen unschuldigen Umbringen müssen der nur unter Aros Bann steht. Das ist alles so unfair!
Er weiss er muss Sarah reinen Wein einschenken.
„A’bena wird bei dir bleiben und dich beschützen so lange ich nicht da bin. Auch Feora bleibt hier bei den Ruinen zurück.“
Als hätte Sarah seine Bedenken verstanden lenkt sie ein.
„Das ist schön, vielleicht erfahre ich noch mehr über Veram und dessen Zustände.“
„Tu es dir nicht an“, hofft er inständig.
„Mal sehen“, ist sie ihrerseits ehrlich zu ihm.
Dann schnürt es seinen Hals zusammen. Sie ist so störrisch wie ein Maulesel. Das jedoch zeichnet sie auch aus.
„Wir sehen uns bald wieder.“ Klingt seine Stimme beschlagen bei seinen Worten.
Auch Sarah steigt das Wasser in die Augen und Lecram weiss jetzt muss er gehen bevor er selbst nicht mehr dazu in der Lage sein wird. Sein Instinkt sie zu beschützen steigt von Mal zu Mal.
Also machen sich Malek, Tarak, Daria und er auf den Weg ins ungewisse.


Sarah

Die beiden zurück gebliebenen sehen ihnen eine Weile nach. Dann hören sie eine kleinen zirpenden laut und die beiden sehen zu Feora die ihren Frust Laut von sich gibt.
Automatisch hebt Sarah die kleine Feora hoch und setzt sie auf ihrer Schulter ab. Feora scheint noch mehr zu leiden wie sie selbst. Dann dreht sich Sarah zu A’bena mit den Worten: „Also gut, ich will ehrlich zu dir sein. Ich mache mich auf den Weg zu Aros und wenn du möchtest kommst du mit.“
„Bei Trisyt, was ist in dich gefahren! Du willst direkt in seine Arme?“
„Genau.“ Scheint Sarah gut gelaunt und zielsicher, deshalb muss A’bena mehr wissen: „Aus welchem Grund solltest du das tun wollen?“
Feora ist mittlerweile wieder von Sarahs Schulter runter geflogen und jagt einem Käfer nach.
Schliesslich holt Sarah tief Luft und will ihrer Freundin eine Erklärung geben. Schliesslich muss sie A’bena einweihen.
„Aros ruft eh schon nach mir. Und wenn ich bei ihm bin und sie dummerweise Lecram und Malek in ihre Hände bekommen werde ich in der Lage sein Lec in den Gargoyle zu verwandeln.“
„Was erhoffst du dir dabei?“
„Keine Ahnung, etwas Freiraum für uns andere.“ Zuckt ihre Schulter auf.
„Klingt nicht sehr überzeugend“, scheint A’bena nicht derselben Meinung zu sein. Sarah versteht die Einwände.
„Ich kann nicht hier untätig herum sitzen und nichts für meine Schwester und Marcus unternehmen. Vielleicht können wir die beiden erlösen.“
„Sarah, da mutest du dir unter Umständen zu viel zu. Das weisst du ganz genau.“ Mahnt ihre Freundin und Sarah nickt: „Das weiss ich. Und aus diesem Grund wäre ich froh wenn du an meiner Seite wärst, da du dich schon etwas auskennst erscheint es logisch.“
„Du denkst eigennützig. Denk an deinen Vater er wird sich grosse Sorgen machen.“
Sarah ist etwas genervt und sie wird lauter: „Himmel, seien wir mal ehrlich. Alles dreht sich um meine Person um meine Sicherheit“, sie atmet schwer, „habt ihr euch schon mal Gedanken gemacht dass es einiges einfacher wäre mich hier und jetzt um zu bringen dann hätte der Spuck ein Ende.“
„Bei Trisyt…, Sarah“ Abenas Gesichtsausdruck ist bestürzt: „An so etwas darfst du nicht denken. Nicht in deinen schlimmsten Träumen.“
Dann fallen sich die Freundinnen in die Arme. Wie schön es ist ihrem Frust mal freien Lauf lassen zu können kann Sarah jetzt nicht in Worte packen. Natürlich weiss Sarah dass ihre Gedanken blöd sind. Aber schliesslich ist sie müde und erschöpft. Dessen ist sich Sarah bewusst und hat auch ein schlechtes Gewissen dass sie sich derart Luft verschafft hat. Elben sind zurückhaltender!
Kurze Zeit später hat sich Sarah wieder gefasst. Natürlich lässt A’bena ihre Freundin nicht im Stich. Da Sarahs Meinung nach alle Männer von Aros für seine Zwecke eingezogen sind muss sie keine Angst haben dass ihr Vater ihnen folgen kann. Er wird hier abwarten müssen und ist somit ist er in Sicherheit. Nur das zählt für sie im Moment. Ihr geht es ähnlich wie Lecram, auch sie möchte so wenig Familie und Freund da hinein ziehen.
Sarah erklärt A’bena bevor sie los ziehen: „Ich werde meinem Vater eine Nachricht hinterlassen.“
„Ich bin bereit.“ Sieht A’bena ihre Freundin ernst und direkt in die Augen.
„Gut.“
Also machen sie sich bereit.
A’bena ist zuständig für die Essensration. Denn der Weg bis nach Veram wird für Sarah beschwerlich sein mit ihrem schmerzenden Bein und sie müssen vielleicht etwas mehr rasten. Auch Sarah muss sich noch in schwarze Kleidung hüllen und sucht ein Gespräch mit Feora. Auch wenn sie selbst die kleine Feora nicht versteht ist die kleine doch in der Lage sie zu verstehen. Also erklärt sie der kleinen Drachen Lady dass sie hier zurück bleiben muss um die Gargoyles und die Drachen über alles zu informieren. Feora stänkert etwas aber lenkt dann ein. So deutet es zumindest Sarah da Feora zu Beginn schwarzen Rauch aus ihren Nüstern bläst. Am Ende des Gespräches ist der Rauch dann weiss. Und irgendwie scheint die kleine stolz zu sein auch mal für etwas nützlich sein zu können.
Nachdem Sarah für ihren Vater den Brief bei Feora hinterlegt hat schleichen sich die beiden Frauen davon. Was ihnen unbemerkt gelingt da Feora sich mit den Elben abgibt und die ganze Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat.
A’bena und Sarah gehen einen anderen Weg. Sie gehen quasi den effektivsten und schnellsten Weg, sie folgen dem offiziellen Weg nach Veram. Halten sich dabei etwas verdeckt am Rand. Da A’bena einen Korb mit Essen gefüllt hat sehen sie aus wie zwei Frauen die nach getaner Arbeit zurück ins Dorf kommen. Da Kopftücher ihre Gesichter verhüllen erregen sie keine spezielle Aufmerksamkeit. Sarah kann zwar nicht verleugnen dass sie nicht doch etwas nervös ist bei der ganzen Angelegenheit. Durch ihre Nervosität ist sie etwas abgelenkt und vergisst dass ihr Bein schmerzt. Aus diesem Grund hinkt sie nicht so stark wie sonst.


Lecram

Die kleine Gruppe kommt zügig voran und Lecram sieht zu Malek. Diesen jungen Elb so schwarz gekleidet zu sehen ist durchaus etwas ungewohnt. Normalerweise ist er weiss gekleidet oder grün wenn sie zur Jagd gehen. Aber Malek kann wohl anziehen was er will er sieht in jedem Gewand einfach nett aus. Seine blonden Haare und seine netten blauen Augen, genau genommen hat Malek einfach so eine liebe Ausstrahlung. Weiche Gesichtszüge. Malek nimmt man den Bösewicht wohl nie und nimmer ab, mal sehen ob das in Veram ein Problem wird. Automatisch muss Lecram etwas in sich hinein grinsen bei seinen Gedanken und dann stehen sie bereits schon am Moor. Das Moor ist mit Nebel umhüllt.
„Bei Trisyt, hier riecht es schrecklich“, Spricht Malek mit verzogenem Gesicht. Der Ekel steht allen im Gesicht geschrieben. Nur Lecram scheint gerade an etwas anderes zu denken und Daria fragt nach indem sie ihre Hand auf seine Schulter legt damit er ihr zuhört: „Ist alles in Ordnung?“
Tatsächlich holt sie ihn aus seinen Gedanken.
„Ja, alles bestens.“ Lügt er die Gruppe an. Es ist nur ein Gefühl aber er spürt dass Sarah die Ruinen verlassen hat. Es ärgert ihn dass Sarah ihn wohl belogen hat. Er hat so etwas geahnt!
Als er jedoch die Gruppe ansieht beschliesst er ihnen nicht noch mehr Sorgen zu machen und erwähnt seine Gefühle nicht. Es kann ja sein dass er sich ausnahmsweise mal irrt. Er hofft dass er sich irrt und ihm seine Gefühle hier bloss einen Streich spielen. Wenn ihr etwas geschieht…, nein diesen Gedanken schüttelt er aus seinem Kopf. Soweit darf es nicht kommen.
„Wir sollten uns beeilen“, sieht er in die Augen der kleinen Gruppe und Daria erklärt: „Folgt mir.“
Sie führt die kleine Gruppe etwas abseits auf die Seite und es scheint als sei Daria auf der Suche nach etwas. Da niemand weiss was Daria vor hat folgen sie ihr kommentarlos. Nach einer Weile hat Daria eine Stelle gefunden wo ein einsamer grün blühender Strauch steht und meint: „Wenn ich mich richtig erinnere beginnt hier der Abstieg in das Tunnelsystem.“
„Wir müssen gar nicht durch das Moor?“ Ist jetzt auch Lecram erstaunt. Jedoch auch froh nicht durch die stinkende, modrige Moorlandschaft zu gehen.
„Nein, hier trennen sich wohl unsere Wege.“ Dabei sieht sie ihren Sohn liebevoll an und er kann sich denken dass sie sich um ihn sorgt. Also nimmt er seine Mutter mit dem Herzen am rechten Fleck in die Arme. Es braucht keine Worte. Natürlich spürt er von der Sorge um ihn und möchte dass er vorsichtig ist.
Malek und Tarak begutachten unterdessen den Strauch und kippen ihn schlussendlich einfach um. Das zwar nicht ganz so einfach ist da dieser Weg schon eine Zeitlang nicht in Gebrauch genommen wurde und alles ziemlich verwurzelt ist.
Doch tatsächlich führen darunter Treppen in das dunkle ungewisse. Malek und er sehen runter und beide haben keine Ahnung ob da unten irgendwelche Überraschungen auf sie lauern. Es ist nun mal wie es ist und Lecram erklärt Malek: „Ich sehe sehr gut auch im Dunkeln. Solange wir können machen wir kein Licht, halte dich einfach an mich.“
Malek nickt einverstanden. Ein kurzer Blick zurück und die beiden beginnen vorsichtig die Treppenstufen hinunter zu steigen. Lecram zuvorderst.
Kaum haben sie die vielen Treppenstufen gemeistert wird es noch dunkler da Tarak und Daria den Strauch an ihren Platz zurück rücken. Nun stehen sie völlig im Dunkeln. Sie sehen noch nicht mal ihre Hand vor Augen. Dass es so dunkel ist, damit hat auch Lecram nicht gerechnet und er entfacht auf seiner Handfläche eine kleine Flamme. Ansonsten kann Malek nicht an seiner Seite bleiben.
Was die beiden hier unten zu Gesicht bekommen ist nicht Weltbewegend. Es ist ein steinerner schmaler Tunnel der mit Spinnennetzen überzogen ist. Der Boden ist leicht schlammig, modrig und stinkt nach Fäulnis. Lecram rümpft seine Nase. Langsam gehen sie vorwärts und sehen ab und an alte Fackeln an den Wänden die schon seit langem ausgelöscht sind. Hier ist wohl wirklich schon seit geraumer Zeit niemand mehr vorbei gekommen. Irgendwie beruhigt das Lecram etwas. Oder auch nicht?
Sie gehen stundenlang so lautlos, Schritt für Schritt voran. Sie sprechen nicht.
Etwas eklig sind die vielen Spinnweben die Lecram aus seinem Gesicht wischt und sein Haar mittlerweile sicherlich schon mit diesen Spinnweben übersäht sein muss. Die beiden können nicht sagen wie lange sie schon unterwegs sind, doch langsam werden sie müde und es scheint ihnen aus einem Gefühl heraus so als würde die Nacht anbrechen. Aus diesem Grund werden ihre Schritte langsamer und mühsamer.
Plötzlich stehen sie in einer kleinen steinigen Halle von dort aus weitere zwei Wege führen. Da stehen sie nun etwas ratlos und sehen einander fragend an.
„Hm, was sagt der Gargoyle Anteil in dir. Eine Ahnung welchen Weg wir nehmen sollen.“
Lecrams Gesicht verzieht sich zu einem verhaltenen Lächeln.
„Keine Ahnung“, schüttelt er seinen Kopf, „Lass uns hier erst mal rasten, essen und trinken.“ Sein Magen meldet sich nämlich.
Da Malek keine Einwände hat setzten sich die beiden hin. Zu ihrem Glück ist in diesem Raum der Boden trocken. Nun ist es Lecram doch etwas zu mühsam die ganz Zeit über die Flamme in seiner Hand aufrecht zu halten, darum geht er an die gegenüber liegende Wand und holt eine Fackel die er dann anzündet und wieder hin hängt. Der Raum erhellt sich augenblicklich noch etwas. Ihre Augen müssen sich zuerst an das Licht gewöhnen.
Malek bemerkt stirnrunzelnd: „Was ist das da an den Wänden?“
Auch Lecram sind die feinen Zeichnungen aufgefallen. Es scheinen Kreidezeichnungen zu sein. Und er hat keine Ahnung was sie bedeuten.
„Was hat das zu bedeuten?“, hackt Malek nach da Lecram noch keine Meinung geäussert hat.
Doch Lecram hat auch keine Antwort auf Lager und meint stattdessen: „Lass uns essen. Danach sehen wir weiter.“
Dies findet wohl auch Malek als angebracht und holt getrocknetes Fleisch aus seinem Beutel. Auch einen kleinen Wasserbeutel hat er dabei. Also essen und trinken die beiden wieder lautlos und sehen die verschiedenen Zeichnungen an die ihnen im Moment Rätsel aufgeben.
Als sie sich genügend gestärkt haben steht Lecram auf und denkt laut nach: „Diese Zeichnungen ähneln eher Schriftzügen.“ Mit seiner linken Hand fährt er an seinen Nacken und reibt ihn da er etwas versteift ist.
„Ja, an so etwas habe ich auch gedacht. Bezieht sich wohl auf eine sehr alte Schrift.“
„Könnte auch die Schrift eines Gargoyles sein.“ Ergänzt Lecram.
„Aus welchem Grund kommst du zu dieser Annahme?“
„Nun ja, ich habe in den Höhlen in der Steinwüste auch schon solche Dinger gesehen. Habe ihnen aber keine Aufmerksamkeit geschenkt. Ich weiss nur dass einige Gargoyle bereits schon hier in Veram gelebt haben. Sie haben damals Freundschaften mit den Menschen geschlossen und sassen auf Dächer oder Mauern um das Böse vom Haus fern zu halten. Dafür wurden sie mit Mahlzeiten versehen. Für beide Seiten eine Win Win Situation.“
„Oh“, staunt Malek, „naja, ich würde bevorzugen du könntest uns hier raus helfen.“
Lecram sieht zu seinem Freund der mittlerweile neben ihm steht und schlägt ihn kurz auf die Brust.
„Ich habe doch nicht immer alle Lösungen parat“, motzt Lecram breit lächelnd.
„Schade“, lächelt Malek auch.
Die Stimmung ist zwanglos und das ist gut so. Lecram nimmt die Fackel in die linke Hand und hält sie vor jeden Tunnelgang. Sein Gesichtsausdruck wirkt nachdenklich also hackt Malek nach: „Drei Tunnel… Die Zahl drei steht für viele Dinge.“
„Zum Beispiel“, ist Lecram neugierig und sieht kurz zu seinem Freund.
„Vater, Mutter und Kind. Die Urform für Familie.“
„Hm…, ich weiss nicht.“ Lecram überlegt und teilt seine Gedanken: „In vielen Völkern gilt die Zahl drei als Jahres- und Lebenszyklus. Dann könnte es: wachsen-fruchtbarkeit und vergehen bedeuten.“
„Oder: zunehmender Mond, Vollmond und abnehmender Mond“, ergänzt Malek dabei hat er sein Arme verschränkt.
Augenblicklich hellt sich Lecrams Gesicht auf als hätte Malek ihn auf eine Idee gebracht.
„Aber ja, unser Tunnel aus dem wir gekommen sind ist dann wohl der zunehmende Mond. Der Vollmond ist die Stadt Veram und der abnehmender Mond könnten die Verliesse sein.“
„Mein Freund du überrascht mich.“
Bei zwei Tunnelgängen flackert die Fackel und nun hat Lecram die Idee: „Zwei Gänge, inklusive dem wir gekommen sind flackern und einer nicht. Könnte bedeuten dass dieser eine Gang eine Sackgassen ist oder zu den Verliessen führt. Also nehmen wir den anderen, hier!“
Lecram zeigt mit der Fackel auf den zweiten Gangeingang und die Fackel flackert wieder kurz auf. In diesem Moment wünscht Lecram, er hätte Feora mitgenommen. Die Kleine hat einen so guten Spürsinn dass sie die beiden mit Leichtigkeit hier hinaus geführt hätte. Ob seine Vermutung stimmt werden sie wohl gleich herausfinden!
„Mein Freund, du hast einen starken Gargoyle Anteil in dir.“ – „Und?“, unterbricht Lecram ihn.
„Ich denke du hast das richtige Gespür dafür.“
„Nun ja, ich garantiere für nix“, lächelt Lecram etwas verhalten doch Malek grinst breit. Unglaublich welches Vertrauen dieser Elb ihm entgegenbringt.
Schlussendlich nimmt Malek seinen Rucksack vom Boden auf und sieht wieder zu Lecram der noch eine Feststellung loswerden muss.
„Wir sollten die Tunnel kennzeichnen falls wir hier zurückkommen.“
„Gewiss.“ Lächelt Malek verheissungsvoll und holt eine Kreide aus seinem Rucksack und bringt die Markierung in Form eines einfachen kleinen Kreises an. Irgendwie ist Lecram nicht erstaunt dass sein Freund so gut ausgerüstet ist. Ein Elb denkt vermutlich an ziemlich alles, im Gegensatz zu ihm selbst.
Langsam gehen die beiden weiter. Die Fackel haben sie gelöscht und Lecram entfacht ein sanftes kleines Licht auf der linken Hand. So haben sie gerade genug Licht um ein bisschen zu sehen.
Dieser Gang unterscheidet sich in dem dass er zickzackförmig ist und nicht Schnur gerade wie der vorherige. Wen sich Lecram nicht irrt muss hier irgendwo in der Nähe ein Bachlauf sein da er ein leises rauschen wahrnehmen kann. Das Geräusch ist schwach doch seine Ohren können es hören.
Auch dieser Gang ist äusserst eng und riecht modrig.
Nach kurzer Zeit kommen sie wieder in eine kleine Halle. Wie beim letzten Mal sind es hier insgesamt auch drei Gänge. Die beiden sind enttäuscht und Lecram stöhnt kurz auf.
Dann geht alles sehr schnell und lautlos. Bevor Lecram und Malek sich austauschen können, kommen aus einem der dunklen Gänge zwei sehr dunkle Gestalten auf sie los geschossen. Beide scheinen bewaffnet!
Lecram wirft seine Flamme auf eine der Fackeln die sich sofort endzündet und zieht sein langes Messer. Gleichzeitig fällt sein Blick zu Malek der das Messer ebenfalls in der Hand hält und sich bereits gegen seinen Angreifer verteidigt. Lecram ist bereit sich seinem Gegner zu stellen. Doch zu seinem Erstaunen kniet dieser vor ihm hin und senkt seinen Kopf. Irritiert sieht Lecram seinen Gegner an der keinen Wank zu machen scheint. Dann fällt sein Blick auf Malek der seinen Kampf gewonnen hat und nun auch irritiert zu Lecram sieht.
Dann bricht der Fremde sein Schweigen: „Herr, ich stehe in eurem Dienst.“
Lecram fährt mit der Hand durch seine Haare die ihm wild ins Gesicht gefallen sind und steckt sein Messer ein.
„Weisst du überhaupt wer ich bin?“
Nun sieht der Mann auf und lächelt. Lecram sieht die weissen Zähne aufblitzen und sieht direkt in dessen dunkelbraune fast schwarzen Augen. Genau genommen hat er noch nie einen Mann vor sich gehabt der eine so dunkle Hautfarbe hat das man denjenigen im finsteren Teil einer Höhle kaum war nehmen kann. Sein Kopf ist kahl geschoren. Nun steht der Fremde auf und Lecram findet ihn ausserdem ziemlich gross und vielleicht etwas korpulent. Das bringt ihm jetzt ein kleines Lächeln auf die Lippen.
Der Fremde erklärt: „Herr, man nenn mich Shemar. Und ja ich erkenne euch, ihr müsst der Bruder von Marcus sein. Die Ähnlichkeit ist unglaublich.“
„Aha“, spricht nun Malek der mittlerweile sein Messer weg gesteckt hat und dicht neben Lecram steht: „Und nun willst du ihn zu Aros führen.“
„So sind Aros Befehle.“ Shemar sieht Lecram immer noch direkt in die Augen und Lecram erwähnt Augenzwinkernd: „Dumm gelaufen.“
„Nein Herr, ich werde euch nicht Aros aushändigen. Ausser ihr wünscht es.“
„Moment einmal“, denkt Lecram laut, „steht ihr nicht unter einem Bann und müsst Aros gehorchen?“
So hat es A’bena ihnen doch beschrieben…
Diesmal nickt Shemar leicht bevor er antwortet: „Eigentlich schon. Mir ist es gelungen sie zu täuschen.“
„Eine Falle?“ Stellt Malek die Frage an Lecram und ihre Gesichter werden nachdenklich.
„Keines Wegs, ich bin auf eurer Seite. Aros hätte mich längstens getötet wenn er es gewusst hätte.“
„Shemar“, holt Malek aus, „Das kann eine Falle sein in die ihr uns führen wollt.“
„Ich verstehe eure Bedenken. Aber bitte ihr müsst hier weg. So rasch wie möglich. In diesen Höhlen seid ihr nicht sicher. Bitte folgt mir.“
Lecram sieht in die fast flehenden Augen von Shemar und muss eine Entscheidung treffen. Eine sehr pikante Situation die sie hier vor sich haben. Es kann eine geplante Falle sein, jedoch besteht die Möglichkeit dass Shemar die Wahrheit erzählt. Lecram atmet schwer ein und aus. Dann sieht Malek ihn an und fragt: „Freund, was gedenkst du zu tun?“
Also folgt Lecram seinem Bauchgefühl.
„Shemar, bring uns hier raus!“
Shemar nickt, geht zu dem Toten und nimmt ihn über seine Schulter. Malek und Lecram sehen sich fragend an und zucken mit der Schulter auf. Was das wieder zu bedeuten hat. Nichts desto trotz folgen sie diesem Shemar. Diesmal trägt Malek die Fackel.
Kurze Zeit später treffen sie auf den Bach den Lecram rauschen gehört hat und Shemar wirft den Toten dort hinein. Die drei sehen zu wie dieser weg gespült wird.
Shemar erklärt: „Es ist besser wir bleiben unentdeckt. Der Bach bringt die Toten hinaus ins Moor.“
Lecram rümpft seine Nase. Zur Hölle, was für ein schrecklicher Ort, schieben seine Gedanken nach.


Sarah

A’bena und Sarah kommen in der Zwischenzeit besser voran als sie gedacht haben. Sarah humpelt aber reisst sich zusammen. Seltsamer Weise werden die Schmerzen besser. Bei ihrer Rast haben sie darauf geachtet etwas ins Unterholz zu kriechen und sich dort etwas zu verstecken.
Je näher sie dem Ort Veram kommen umso mehr Frauen tauchen auf dem Weg auf. Es sind die Frauen die draussen auf den Feldern gearbeitet haben und nun am Feierabend nach Hause gehen. Erschrecklicher weise sind da auch sehr kleine Kinder dabei die sehr müde und dreckig aussehen. Da Sarah davon ausgeht dass ihre Freundin sich dessen bewusst war dass die Frauen nach Hause kommen ist sie stolz dass ihre Freundin sie beide so sicher nach Veram bringen kann. Sie fallen nicht auf, sie sehen aus wie alle anderen Frauen hier. Abgekämpft, müde und schmutzig. Etwas Erschöpft sind sie mittlerweile auch.
A’bena hat nicht viel gesprochen. Sie hat Sarah nur erklärt dass sie eine Frau kennen gelernt hat bei der sie Unterschlupf bekommen. Es sein eine gutherzige und führsorgliche Frau die niemanden etwas tun will. Sie gehen davon aus dass die Frau sowieso nicht weiss wer Sarah überhaupt ist. Und das ist gut so.
Vermutlich sind sie so gut vorangekommen, weil sie selten miteinander gesprochen haben. Natürlich hat Sarah ein schlechtes Gewissen gegenüber Daria und ihrem Vater. Himmel, die beiden werden sich sorgen. Aber wenigstens sind sie in Sicherheit und das ist für Sarah im Moment das allerwichtigste. Dann holt sie A’bena mit den Worten: „Sprich kein Wort bis wir in dem Haus von Meta in Sicherheit sind.“
Sarah spürt in den Worten ihrer Freundin den Ernst und die Wichtigkeit. Also gehen sie ohne ein Wort zu sprechen voran. Sie folgen dem Kieselstein Weg entlang dem Moor das auch für Sarahs Nase übel riecht. Sie lässt sich jedoch nichts anmerken. Wenn sie daran denkt dass im Moor Leichen treiben die hier auf erdenkliche verschiedene Arten umgekommen sind wunder sie dieser Gestank nicht im Geringsten. A’bena hat ihr so etwas in dieser Art kurz erwähnt. Aber genau genommen will sie das nicht in Detail wissen.
Mittlerweile sind sie bestimmt um die 15 Frauen in verschiedener Grösse und Alter die den Weg mit gesenktem Kopf entlang laufen. Dass die kleinen Kinder auch einen so ernsten und traurigen Gesichtsausdruck haben, erschrickt Sarah etwas. Das geht ihr ans Herz. Keines der Kinder lacht, hüpft und ist fröhlich. Himmel, hier in dieser Stadt herrscht kein Glück. Die Schwermut erdrückt sie fast auch.
Nach einer Weile kommen sie an die grossen, dicken Mauern die diese Stadt umgibt. Ihr Weg führt an dem einzigen ein und Ausgang der Stadt. Das Grosse hölzerne Tor steht offen. Oben auf der Stadtmauer stehen bewaffnete, ernst drein schauende Männer. Auch am Tor stehen gut ein Dutzend Männer die mit einem Schwert bewaffnet sind. Auch diese Gesichter wirken ernst und starr. Als wären es Wachsfiguren die man hier abgestellt hat.
Eine Frau geht auf einen der Männer zu und bricht vor ihm auf die Knie zusammen. Sie weint und fleht doch der Mann bewegt sich nicht. Er scheint sie gar nicht wirklich wahr zu nehmen! Eine andere Frau hilft ihr wieder auf und zieht sie dann weinend mit. Sarahs Herz wird schwer und befangen. Sie möchte so gerne helfen, doch ihr sind die Hände gebunden. Prinzipiell will sie sich Aros ausliefern, doch A’bena hat um etwas Aufschub gebeten. Und sie darauf hingewiesen dass sie sich zuerst ausschlafen soll um etwas Kraft zu tanken. Wie sollte sie diese Bitte ausschlagen! Eigentlich kommt es ihr entgegen noch etwas von dem Stadtleben mit zu bekommen. Sie möchte wissen wie die Verhältnisse hier stehen.
Plötzlich zieht A’bena an ihrem Ärmel um sie in eine Seitengasse zu lenken. Die Gasse ist ziemlich eng und die Häuser stehen dicht an einander. Weiter vorne hängt ein Schild und Sarah erkennt so etwas wie ein Zeichen einer Spelunke. Für einen Moment hat sie bedenken dass ihre Freundin sie dorthin führt und ihr Gesicht spiegelt ihr Unbehagen. Doch so weit gehen sie nicht.
A’bena bleibt bei einem unscheinbaren Haus stehen und klopft mit der Hand an die Hölzerne Türe.
Sarah ist müde und hofft dass hier auch wirklich jemand zu Hause ist der ihnen die Türe öffnet.


Lecram

Wortlos gehen Malek und Lecram diesen Shemar nach und hoffen bald hier heraus zu finden. Sie haben mittlerweile die Gänge einige Male getauscht. Malek hat zum Glück jedes Mal unbemerkt sein Zeichen hinterlassen. Nur er und Lecram wissen von den Zeichen und das ist gut so, sie wissen ja nie wann sie hier wieder unbemerkt hinaus gelangen wollen.
Dann wird es heller und Shemar löscht die Fackel. Dann steigen sie einige Treppenstufen hinauf. Bevor Shemar die kleine, schmale Türe öffnet flüstert er leise: „Wir stehen gleich in einer sehr kleinen, alten und verwahrlosten Kapelle die nicht mehr genutzt wird. Trotzdem, senkt die Köpfe, verhaltet euch ruhig und geht bedacht, nicht zu schnell. Man weiss nie! Wenn wir aus der Kapelle treten müssen wir in das direkt gegenüber liegende Haus.“
Malek und Lecram nicken einverstanden. Haben sie denn überhaupt eine andere Wahl? Für einen kurzen Moment zweifelt Lecram, schüttelt seinen Gedanken jedoch gleich wieder ab als er in der Kapelle steht. Malek löscht die Fackel. Es ist zwar schon dunkel aber das Licht der zwei Monde reicht bestimmt aus.
Sie befolgen die Anweisungen von Shemar und Lecram geht als erster aus der Kapelle. Gefolgt von Malek und Shemar stehen sie nun in der Gasse.
Lecram sieht zu der gegenüber liegenden Türe und sieht direkt in Sarahs Augen die sich in diesem Augenblick um gedreht hat. Er stutzt!
„Zur Hölle, was…“ Bevor er seine Frage stellen kann sieht er wie die gegenüber liegende Türe sich öffnet und A’bena seine Sarah hinein zieht. Dann drückt Shemar ihn und Malek von hinten so dass die beiden keine Wahl haben und schlussendlich auch in dem gegenüberliegenden Haus landen. Also stehen schlussendlich 6 Personen im Raum die aussehen als haben alle ein Fragezeichen im Gesicht stehen.
Shemar steht zu seiner Frau Meta und hält ihre Hand. Die beiden lächeln verheissungsvoll.
Augenblickich begrüsst A’bena ihre Bekannte und erklärt mit Maleks Hilfe die augenblickliche Lage.
Sarah und Lecram hören nicht zu sie stehen einen Moment sprachlos so da bis er ihr erklärt: „Ich konnte spüren dass du die Ruinen verlassen hast.“
Dass sie so erschöpft aussieht erwähnt er nicht, jedoch sorgt er sich um sie und weiss nicht was er davon halten soll. Zur Hölle, sie ist so stur! Wut steigt in ihm auf.
„Ich muss zu Aros“, versucht sie ihm zu erklären.
„Warum?“
„Auch ich möchte so wenig Familie und Freunde in Gefahr bringen. Irgendwie werden wir es schaffen. Gemeinsam. Er wird mir nichts tun.“
Er schüttelt seinen Kopf geht dann aber auf sie zu und nimmt sie in den Arm. Seine Wut bleibt, lässt sich jedoch nicht anmerken. Hier und jetzt zu streiten bringt nichts. Auch er ist erschöpft. Als er sich von Sarah löst fällt sein Blick auf die anderen.
„Herr, das ist meine Frau Meta. Unser Heim soll auch eure Zuflucht sein.“
Nun lächelt Lecram sanft: „Nenn mich nicht Herr, ich bin… Lecram.“
Meta und Shemar lächeln warm, dann möchte Meta von ihren Gästen wissen: „Wünscht ihr noch etwas zu speisen.“
Malek und A’bena schütteln den Kopf. Auch Sarah lehnt das Angebot dankend ab und Lecram erklärt: „Wir brauchen etwas schlaf. Morgen haben wir vieles zu besprechen.“
Daraufhin zeigt ihnen Meta die Zimmer. Meta ist ebenfalls hoch gewachsen und sehr dünn. Auch sie hat ihren Kopf kahl geschoren. Ihre grünbraunen Augen wirken traurig.
Da hier im Haus nur noch zwei Zimmer zur Verfügung stehen müssen sie sich aufteilen. Aus Vernunft beschliessen sie die Räume in ein Frauen Zimmer und ein Männer Zimmer auf zu teilen.
Bevor Sarah sich zurückziehen kann nimmt sie Lecram noch auf die Seite: „Kann ich mich darauf verlassen dass du heute Nacht keine Dummheiten mehr machst?“
„Versprochen, dafür bin ich zu müde.“
„Das sehe ich.“ Natürlich sieht er wie bleich sie schon wieder geworden ist. Sarah schmiegt sich an ihn und möchte ihn küssen. Er gibt ihren Wunsch nach doch sein Kuss ist nicht sanft sondern hart und besitzergreifend. Sarah rückt von ihm weg da sie nicht versteht was mit ihm los ist. Auch er versteht nicht was in ihn gefahren ist. Er dreht sich um und geht in sein Zimmer. Malek schläft schon. Darüber ist Lecram froh. Er spürt Wut in ihm aufbrodeln die er nicht weiss ein zu schätzen. Verdammt, was ist bloss los mit ihm? Er müsste doch glücklich sein Sarah gesund und munter an zu treffen. Woher kommt diese aufkeimende Wut gegen – einfach alles! Es geht nicht gegen Sarah, er ist auf alles wütend. Trotzdem versucht er etwas zu schlafen. Doch die Träume von Feuer, Tod und Verderben lassen ihn früher aufstehen als er eigentlich wollte. Er reibt sich die Augen und streift sein Haar aus dem Gesicht. Da er Malek nicht stören will geht er aus dem Zimmer und tritt in den schmalen Flur. Dort hat es ein Fenster und er geht hin und schaut hinaus in die dunkle Nacht. Dabei lehnt er lässig an der steinernen, kalten Hauswand an. Natürlich hört er eine Türe aufgegeben und Schritte. Er sieht nur nicht hin da er weiss es handelt sich um A’bena und nicht um Sarah.
Als sie neben ihm steht meint sie: „Kannst du auch nicht schlafen?“
„Sieht wohl so aus. Ein seltsamer Ort.“
„Ja, durchaus“, sieht nun auch sie aus dem Fenster.
Sein Blick fällt nun auf die hübsche Elbin und er muss wissen: „Hat Sarah einen Plan?“
A’bena seufzt. „Irgendwie scheint es so doch sie spricht nicht darüber.“
„Danke dass du dein Versprechen gehalten hast und bei ihr geblieben bist.“
„Jederzeit. Wenn ich mehr von Sarahs Plänen wüsste würde ich es dir erzählen. Ich hoffe du weisst das.“
Wieder geht eine Türe und er rollt kurz seine Augen auf Sarah hat er im Moment keine Lust.
„Es ist einfacher du fragst mich direkt.“ Hinkt Sarah ihnen entgegen und A’bena winkt ab: „Ich lass euch besser allein.“
Also verschwindet die Elbin und die beiden stehen alleine beim Fenster. Wobei Lecram immer noch legere anlehnt.
„Also erzähl, hast du einen Plan?“
„Nicht konkret, mehr Hoffnung dass sich alles zum Guten wendet wenn Gloria und ich wieder vereint sind.“
„Was für ein Schwachsinn!“ Erhebt er sein Stimme.
Sarah kommt auf ihn zu und streift seine Haare aus seinem Gesicht. Ihre Hände fühlen sich warum und gut an. Leise und sanft spricht sie auf ihn ein: „Warum bist do so wütend?“
Er gibt keine Antwort sondern küss sie sanft und sie erwidert sein verlangen, pures Verlangen. Aus seinem Verlangen wird Lust und er drückt sie etwas grob gegen die Wand. Seine Hände krallen sich in ihre Schultern und sein Küsse sind glühend heiss.
Sarah stösst ihn mit einem kurzen leisen Schrei von sich Weg und sieht ihn erschrocken an. Automatisch fährt ihre Hand an ihre Lippe. Es ist alles heil geblieben. Lecram dreht sich von ihr weg, fährt mit den Händen in seine Haare und reisst etwas daran. Er muss wieder etwas spüren ausser Feuer im Körper spürt er förmlich nichts und dieses Nichts fühlt sich an wie eine grosse innere Leere.
„Das bin nicht ich, was tu ich da“, denkt er laut und seine Stimme klingt verzweifelt.
„Lecram, was ist los?“
Mit den Worten: „Sarah, ich habe verlangen gespürt. Grosses Verlangen von Sex zu Wut und Zerstörung. Das war keine Liebe“, dreht er sich um und sein Blick ist flehend.
Sie sieht zu ihm hoch und fährt mit den Händen nochmal über sein Gesicht. Ihr Blick ist liebevoll: „Das ist wohl der Aros Anteil in dir.“
Sein Kopf senkt sich bis sie Stirn an Stirn da stehen.
„Sarah, bin ich verloren?“
„Nicht so lange ich an deiner Seite sein kann. Gib die Hoffnung nicht auf.“
Er weiss nicht ob ihre Worte richtig sind, doch sie klingen beruhigend und ein kleines dankbares Lächeln zeigt sich auf seinem Gesicht. Dankbar gibt er ihr einen sanften Kuss auf die Stirn. Er gibt es ungern zu, doch im Moment hat er sich nicht im Griff wie auch schon. Die Angst sie doch zu verletzten ist gross. Wäre sie doch bei den Ruinen geblieben.
Fast zur selben Zeit gehen alle Türen auf und alle die sich zurzeit in diesem Haus aufhalten stehen im Flur.
Meta hat immer noch diesen traurigen Blick der heute jedoch etwas Hoffnung ausstrahlt. Sie bittet: „Kommt, ihr müsst hungrig sein.“
Da niemand einen Einwand hat gehen sie die Treppenstufen hinunter bis sie in der Wohnzimmerküche am runden Holztisch Platz nehmen. Shemar legt holz in die Feuerstelle dreht sich kurz weg um seine Feuersteine zu holen. Das bringt Lecram zum Lächeln, dann schickt er eine Flamme die das Holz augenblicklich zum Brennen bringt. Meta sowie Shemar sehen erstaunt zu ihm hin. Genau genommen scheinen sie nicht zu wissen was sie von alle dem halten sollen.
„Und du mein Freund wolltest gegen Shemar mit deiner Klinge antreten. Dabei hättest du ihn einfach verbrennen können. Shemar sei froh dass er nicht daran gedacht hat.“
Malek grinst breit.
„Warum wollt ihr uns helfen?“, ist Lecram neugierig.
Meta stellt etwas Brot und den Käse auf den Tisch, dann geht ihr Blick zu Shemar.
„Die Herrschaft unter Aros muss ein Ende haben.“ Ist die einfache und kurze Erklärung von Shemar.
Heute fällt Lecram auf das ihr neugewonnener Freund eine sehr schöne fast heissere dunkle Stimme besitzt die gut zu seinem Äusseren Erscheinungsbild passt.
Auch Sarah ist neugierig: „Und wie kommt ihr darauf dass Lecram euch da helfen kann?“
„Es gibt viele Gerüchte über Aros Söhne und die Töchter der Torhüterin. Als wir Marcus und Gloria zu sehen bekamen glühte Hoffnung in uns auf. Fest zu stellen dass ihr wirklich existiert in einzig artig.“ Spricht jetzt Meta mit ihrer leisen sanften Stimme.
„Was für Gerüchte“, möchte Lecram genauer wissen und beisst in ein Stück Brot. Meta stellt noch Tassen und warmen Tee auf den Tisch. Die anderen bedanken sich und warten auch auf eine Antwort auf Lecrams Frage.
„Man sagt die Söhne Aros seinen stark, vielleicht stärker als ihr Vater. Doch Vertrauen, Hoffnung und Liebe werden siegen.“
Diese Worte bringen nun Lecram laut zum Lachen und er ergänzt: „Dann sehe ich kein gutes Ende voraus. Marcus und ich stehen uns nicht so nahe.“
„Wer sagt denn dass es sich dabei um die Söhne Aros handelt. Alles ist möglich.“ Shemar wirkt ernst und Lecram gibt klein bei indem sein Blick zu Sarah wandert. „Oh…“
Nun ist es Meta die ein Stück näher zu Lecram kommt, ihm die Hand auf die Schulter legt und lächelt: „Wer sagt denn dass dein Bruder dich nicht liebt. Junger Herr, vielleicht wird es an der Zeit dass ihr mehr Vertrauen in euch und eure Familie habt.“
Darauf hat Lecram keine Antwort. Soll er ihr erklären dass ein unglaublicher Hass in ihm brodelt und stetig ansteigt so dass er droht die Seite zu wechseln. Nein, er behält es besser für sich. Dieses Gefühl ist auch für ihn neu. Schliesslich will er niemandem die Träume versauen. Wenn sie sich an diesem Strohhalm klammern wollen - gut sollen sie, er will keine Spassbremse sein. Noch nicht.
Da Sarah zu Aros gehen möchte und sie jetzt alle hier versammelt sind spricht Lecram seine Idee aus: „Also, ich habe einen Plan: Shemar, du wirst mich und Sarah zu Aros bringen. Das ist ja auch dein Auftrag.“
„Nicht genau, es ging nur um deine Person.“ Ergänzt Shemar und Lecram holt weiter aus: „Das kommt Aros bestimmt entgegen, keine Angs, damit machst du Plus Punkte.“
Dieser Satz bringt etwas Lächeln auf die Gesichter der anderen während sie noch etwas essen um sich zu stärken. Auch Shemar und Meta haben sich in der Zwischenzeit zu ihnen hin gesetzt.
Lecrams Blick wandert zu Malek: „Malek du bringst A’bena und Meta aus der Stadt. Geh dabei denselben Weg den wir gekommen sind.“
„Ich soll nicht bleiben“, möchte A’bena wissen und Lecram schüttelt seinen Kopf: „Nein.“
„Mein Freund, so wie ich dich kennen gelernt habe ist das noch nicht der ganze Plan.“
Nun lächelt auch Lecram und ist erstaunt dass Malek ihn bereits so gut kenn. Automatisch fährt Lecram mit der Hand durch sein Haar bevor er weiter ausholt: „Nun ja, wie wäre es denn wenn Shemar weiter Menschen aus diesem Dorf durch die Tunnels hinaus schafft. Ihr auf der anderen Seite müsst sie dann in Empfang nehmen. Je nachdem können es auch Wachen von Aros sein die ihr dann Fesselt und Knebelt bis der Spuk eines Tages vielleicht vorüber geht. Nur so können wir einige vor dem Tod beschützen. Es müssen nicht unnötig Menschen in Gefahr gebracht werden.“ Er zuckt seine Schulter hoch da er nicht weiss ob sein Vorschlag dumm klingt. Alle sehen ihn mit grossen Augen an und Malek möchte von Shemar wissen: „Aus meiner Sicht ist das ein guter Plan und durchaus ausführbar. Aber Shemar, bist du dazu in der Lage?“
Dann – Stille!
Keiner spricht ein Wort, alle sehen gespannt zu Shemar der seine Gedanken zu sortieren scheint: „Wir waren die letzten zwei die das ganze Tunnelsystem von Veram in und auswendig kennen. Jetzt bin es nur noch ich und ich werde so viele hier raus schaffen wie ich kann. Das wird kein Problem sein. Ausserdem habe ich zwei Pläne gezeichnet die ich gerne in eure Hände übergebe.“
„Na dann, machen wir uns alle bald auf den Weg“, seufzt Lecram schwer und richtet sein nächstes Wort Sarah.
Aus diesem Grund sieht er ihr tief in die Augen: „Zieh dich warm an, ich denke ich werde in der nächsten Zeit etwas ungemütlich.“ Dann senkt er seine Stimme und sein Blick wirkt traurig: „Bitte entschuldige wenn ich dir schmerzen verursachen sollte.“
„Du wirst mich nicht endtäuschen“, ihre Stimme klingt sanft und er sieht ihr direkt in die Augen: „Doch, werde ich.“
Diese Worte fallen ihm nicht leicht, vor allem nicht hier vor allen Anwesenden. Aber er hat keine Ahnung ob sie noch viel Zeit miteinander verbringen könne. Lecram ist froh dass Sarah trotzdem liebevoll lächelt und nickt. Sie wird schon wissen dass seine Entschuldigung ernst gemeint ist. Schliesslich hat er wirklich gar keine Ahnung wie die Dinge sich entwickeln. Wäre doch bloss schon alles vorbei!
Metas Stimme holt ihn aus seinen dunklen Gedanken: „Mein Herr, danke für das Quäntchen Hoffnung dass ihr Säht.“
Zur Hölle, es ist ihm ein Rätsel weshalb sich alle auf ihn stützen, schieben seine Gedanken nach. Stattdessen spricht er liebevoll: „Für euch bin ich einfach nur Lecram.“
Meta lächelt offen, dabei hellt sich ihr trauriges Gesicht etwas auf. Tatsächlich…, jemanden etwas Hoffnung zu spenden hat etwas befriedigendes, so empfindet es Lecram zumindest. Da vorerst alles geklärt scheint Essen sie noch einen Happen bevor sie alle Aufbrechen müssen.


Sarah

Sie vermag noch nicht zu sagen ob die Veränderung von Lecram wirklich negativ sein muss. Ihr Bauchgefühl mahnt sie jedoch vorsichtig zu sein und hofft dass es nicht so schlimm wird wie er befürchtet. Dass ihr Freund in der Nähe von Aros so anders wird…, damit hat sie nicht gerechnet. Auch er steht wohl vor einer neuen Situation! Seine heissen glühenden Lippen waren schmerzhaft. Eine grosse Kraft die da in ihm lodert. Oder ist es wirklich Hass den ihn an treibt?
Nach dem Essen haben sich alle kurz in die Zimmer zurückgezogen um ihr nötigstes ein zu packen. Schlussendlich stehen sie alle versammelt unten im Flur vor der Haustüre. Es muss unterdessen so um die Mittagszeit herum sein. Bei Tag durch Veram zu gehen wird bestimmt seltsam, zumal Shemar die Anweisung bekam sie und Lecram zu fesseln. Der Strick um ihr Handgelenkt ist etwas zu fest. Doch Sarah beklagt sich nicht, dadurch wirkt sie vielleicht glaubwürdiger…
Als sie sich von ihren Freunden A’bena und Malek verabschiedet bitte sie die beiden: „Bitte lasst meinen Vater und Daria von mir Grüssen und bittet sie um Verzeihung.“
„Es wird nichts zum Verzeihen geben, sie werden froh sein dich gesund und munter in die Arme schliessen zu können.“ Sind die Aufmunternden Worte von Malek und
ihre Freundin fügt an: „Pass auf Marcus und Lecram auf.“
„Versprochen“, lächelt Sarah.
Shemar geht mit seinen Gefangenen los. Da dieses Trio etwas Wirbel verursachen wird können die anderen hoffentlich unbemerkt verschwinden. So ist der Plan! Shemar zieht sein Schwert und lässt die beiden vor sich hin gehen. Hier und jetzt schmerzt Sarahs bei zwar nicht so sehr, trotzdem humpelt sie. Automatisch bekommt sie Gänsehaut. Sei es aus vor Freude ihre Schwester bald wieder zu sehen oder aus Angst. Egal, sie wird es nehmen wie es kommt.
Das Trio durchquert einige Seitenwege bis sie auf einem breiteren Weg kommen. Das muss wohl die Hauptstrasse oder besser gesagt der Hauptweg zu Aros Schloss sein. Der Weg besteht teilweise aus Kieselsteinen und ab und an aus Pflastersteine. Auf jeden Fall ist der Weg irgendwie beschwerlich. Um etwas Zeit zu schinden hinkt sie vermehrt. Vielleicht ist es auch das Unbehagen das sie veranlasst so zu hinken. Wenn sie wollte könnte sie noch aussteigen. Doch sie hat es so gewollt. Obwohl ihr jetzt tausend Dinge durch den Kopf gehen warum sie um Himmelswillen so etwas Törichtes sein lassen sollte. Aber jetzt steckt sie mitten drin und sie wurden bereits gesehen. Himmel, wird sie es durchstehen!
Keiner von ihnen spricht ein Wort. Seltsamer weise fällt ihr auf das Lecram stolz geht, er scheint keine Angst zu haben was auf ihn zukommt. Wie sollte es auch, es ist sein Vater. Oder sollte er aus genau diesem Grund ängstlich sein? Es nützt nichts sich darüber den Kopf zu zerbrechen, also sieht sie sich beim Gehen etwas um. Frauen sehen erschrocken aus dem Fenster. Die Häuser sind alle aus Stein ohne Blumen nichts ist geschmückt. Da sich keine Leben auf den Gassen abspielt wirkt alles sehr trist. Alles ist grau in grau. Ab und an sieht sie eine Pflanze oder Baum oder einfach das was davon übrig geblieben ist. Eine leblose, tote in sich gefallene Pflanze!
Ab und an kommen sie an Wachposten vorbei, diese sehen bewundernd zu Shemar und lächeln ihn verheissungsvoll an. Shemar jedoch würdigt ihnen keinen Blick, er wirkt kühl und unnahbar ohne Gefühl. Es scheint fast so als hat er seine Gefühle wirklich einfach bei Seite gestellt. Bemerkenswert!
Nach einer gefühlten Unendlichkeit stehen sie endlich vor dem grossen geschwärztem Holz Tor zu Aros Schloss. Anstaltslos werden sie hinein gelassen. Der eingangs Bereichs ist nicht so grosszügig wie sich Sarah das immer vorgestellt hat. Es handelt sich um eine eher kleine Halle von dort aus man in 4 weiteren Zimmern gelangt. In diesem Raum sticht die grosse, breite schöne hölzerne Treppe hervor. Das einzig warme in diesen Gemäuern! Ausserdem schmückt das Geländer hübsche Verzierungen. Als hätte sich hier vor langer Zeit mal jemand wirklich viel Mühe gegeben und Liebe investiert in das was er tut.
Danach fällt ihr Blick wieder auf Shemar der wechselt ein paar Worte mit einem Mann der dann zügig die Treppe hinauf eilt. Kurz darauf hören sie eine schwere Tür ins Schloss fallen und lange, rasche Schritte. Es ist Marcus! Er kommt mit angeschwellter stolzer Brust die Treppe hinunter und bleibt dann am Treppenansatz stehen. Überaus lässig lehnt er sich an das Geländer und lächelt breit über das Gesicht und Sarah fühlt sich in diesem Augenblick unwohl. Das ist nicht das Lächeln das sie von Marcus kennt, es ist kühl und überheblich. Tatsächlich scheint es so als habe er gefallen an dieser bizarren Situation. Gänsehaut steigt ihren Arm hoch. Sie fühlt sich fast so als hätte sie in ein Wespennest gestochen.
Wieder kann sie eine Türe poltern hören und - Schritte.
Ein gutaussehender, grosser Mann mit dunkelblondem Haar und einem breiten etwas arrogantem Lächeln kommt nun ebenfalls herunter und bleibt im Abstand von etwa 3 Meter vor ihnen stehen.
Das ist also Aros, geht es ihr durch den Kopf. Die Augen sind dieselben seiner Söhne. Ein durchaus gut aussehender Mann der im Prinzip keineswegs eine unangenehme Erscheinung ist.
Am Anfang herrscht Stille und alle scheinen sich zu mustern bis Aros rauchige Stimme ertönt: „Shemar, erzähl.“
Shemar wirkt unterwürfig und hat sein Blick gesenkt.
„Leonit und ich sind in einem der Tunnel auf die drei gestossen.“
„Drei? Wo ist der Rest?“ Klingt Aros Ton bereits schärfer.
„Leonit und der andere haben es nicht geschafft.“
„Die Leichen?“
„Treiben wie üblich im Moor.“
Anscheinend sind das die Informationen die Aros brauchte denn jetzt wendet er sich breit grinsen und etwas überheblich Lecram zu: „Mein Sohn…, du wirkst schlecht gelaunt.“
„Wie sollte ich nicht, Shemar hat meinen Freund ermordet, mich geschlagen und gefesselt. Nette Begrüssung.“
„Er tat nur seine Aufgabe. Sag bloss diese lächerlichen Fesseln halten dich?“ Klingt Aros schon fast endtäuscht und sein Blick wird streng.
Da Sarah versetzt hinter Lecram steht kann sie sehen wie seine Handgelenke beginnen zu glühen, die Seile kurz aufflammen und er sofort frei steht. Lecram reibt sich lediglich etwas die Handgelenke.
„Wohl kaum. Ich brauchte jemanden der mich direkt zu dir führt.“
Lecram

Aros klatscht begeistert in die Hände: „Und wen bringst du mir da heute mit?“
„Ich bringe sie nicht mit, sie ist mir einfach gefolgt.“ Sieht Lecram zu Sarah als sei er angewidert sie im Schlepptau zu haben.
Bedacht geht Aros zu Sarah und mustert sie von Kopf bis Fuss bis er seine Gedanken laut ausspricht: „Und doch hast du sie beschützt, denn gegen Shemar und Leonit hätte sie nicht bestanden.“
„Ich hatte keine Wahl, ich musste sie retten. Zur Hölle, wer weiss was du mit mir angestellt hättest wenn ihr etwas zugestossen wäre.“ Entrüstet wirft er seine Hände in die Höhe. Aros geht ganz nah zu Lecram heran und scheint ihm etwas zu zu flüstern. Im Augenwinkel sieht Lecram dass Sarah zusieht. Sie scheint in Sorge dass Aros ihn wohl mit einem Zauber belegt. Und ja, Sarah hat ein gutes Gespür. Die seltsamen Worte seines Vaters schleichen sich wie Nebel in seinen Kopf bis sie seinen Verstand noch mehr einhüllen. Noch mehr Hass steigt in ihm empor und sein Blick wird starr. Sein Blick fällt zu Sarah, er sieht sie regungslos an. Fast scheint es ihm dass sein Herz noch fühlt doch sein Verstand lässt sein Körper quasi erstarren. Ist er jetzt ein Gefangener seiner selbst?
„Sohn, was bedrückt dich noch?“ Holt ihn sein Vater aus seinen wirren Gedanken.
„Mich bedrückt“, schnaubt Lecram, „Mein Vater hat mich verflucht. Ich hasse dich schon sehr, sehr lange.“
Aus welchem Grund auch immer es scheint als belustigt er gerade seinen Vater. Denn Aros lacht laut und klopft Lecram mit den Worten: „Hier in Veram ist dein Fluch verbannt“, auf die Schulter.
„Ist das eine Entschuldigung?“ Spannt dieser die Schulter an.
„Wenn du so möchtest. Soweit ich es beurteilen kann läuft über ein paar Umwegen soweit alles nach Plan.“
Marcus steht immer noch am Geländer, nur sein breites Lächeln ist verschwunden. Auch er steht da ohne jegliche Regung im Gesicht zu zeigen.
Erfreut wendet sich Aros wieder Sarah zu: „So, so, du bist nun also die lang gesuchte und erwartete Tor Hüterin. Willkommen.“
Sarah wirkt blass und Lecram hat das Gefühl sie verliert bald ihr Gleichgewicht. Erstaunlich – es ist ihm egal!
Da Sarah noch kein Wort gesprochen hat ergänzt Aros: „Nun ja, du kommst wohl eher nach deinem Vater.“ Dann fährt er mit seiner Hand über ihr Haar. „Du müsstest dein Haar länger tragen. Hübsch.“
Augenblicklich steht Sarah da mit langen Haaren die sich verführerisch um ihren Hals und die Schultern schmiegen.
In diesem Moment muss Lecram nun schmunzeln und fügt an: „Nette Halluzination.“
Aros schnippt kurz und Sarahs lange Haare sind sofort wieder weg und Lecram erwähnt trocken: „Vater du brauchst dich nicht so ins Zeug zu legen. Sarah ist am Ende, sie sie dir an. Sie ist erschöpft und am Ende ihrer Kräfte. So hat sie keine Fähigkeit das Tor jemals wieder zu öffnen.“
Sofort fällt Aros Blick wieder auf Sarah die jetzt noch blasser wirkt wie zuvor. Als würde jeder Satz von ihm ihr einen Messerstich in die Rippen jagen. Danach fällt Lecrams Blick auf Marcus. Langsam geht er auf seinen Bruder zu und kann seinen Vater fluchen hören der dann vermutlichen Sarah einen Schlag verpasst. So hört es sich für ihn an da er nicht hinsieht jedoch einen Schlag hört und jemanden zu Boden fällt. Es ist ihm egal!
Lecram fixiert seinen Bruder mit seinem Blick und bemerkt dass Marcus leicht auf zuckt als Sarah zu Bodden geht. Erstaunlich.
Schlussendlich tritt er zu seinem Bruder auf den Treppenansatz und steht nun direkt neben ihm. Marcus lächelt aufgesetzt und er tut es ebenfalls. Mehr haben die beiden sich nicht zu sagen. Kälte schlägt ihnen ins Gesicht. Nach dieser kühlen Begrüssung sieht er wieder zu Sarah und Aros. Sie sitzt am Boden und wischt sich etwas Blut vom Mundwinkel. Shemar der in der Nähe steht hilft ihr ebenfalls nicht hoch. In welcher Hölle ist er gelandet. Ist das seine?
Aros scheint aufgebracht und kommt auf seine Söhne zu. Er sieht Lecram direkt an: „Du beschützt sie, du hast Gefühle für sie.“ Die Worte von Aros klingen Messerscharf.
Lecram sieht keinen Grund zu lügen. „Da waren Gefühle. Hier fühle ich nichts ausser Hass dir gegenüber.“
„Pass auf dass der Hass nicht an überhand gewinnt. Ein Drachenreiter kann innerlich verglühen wenn er sich nicht zügelt.“
Dass sein Vater ihm einen Tipp gibt der ihm weiterhelfen könnte erstaunt ihn jetzt doch. Aber ja, man sieht es seinem Körper zwar nicht an aber im inneren wird seine Glut immer grösser. Zur Hölle, er muss sich abkühlen.
„Dürfte ich mich also zurückziehen um mich ab zu kühlen“, lächelt Lecram aufgesetzt und bekommt sogleich die Faust von Aros zu spüren. Sie bringt ihn zwar nicht zu fall, schmerzt jedoch mehr als erwartet.
„Sohn, sei nicht überheblich. Noch hast du nicht mein vertrauen.“
Lecram reibt sein Kinn mit der linken Hand und muss zwei Mal laut auflachen. Langsam geht er rückwärts die Treppe hinauf und erwähnt: „Ach ja, aber Marcus vertraust du? Interessant.“
„Spann mich nicht auf die Folter. Worauf willst du hinaus?“
„Ich bin nicht derjenige der ihren Ring am Finger trägt.“ Seine Schulter zuckt kurz hoch. „Könnte mir jetzt jemand mein Zimmer zeigen?“
Sofort nimmt Aros die rechte Hand von Marcus fragend in die Hand: „Stimmt es?“
„Ja“, ist das überhebliche Lächeln aus Marcus Gesicht gewichen und Aros holt wieder zum Schlag gegen Marcus aus und- trifft. Marcus presst den Kiefer zusammen und Aros spricht bestimmt zu Marcus: „Bring ihn in sein Zimmer! Shemar, bring sie zu mir ins Turmzimmer, schätze ich muss mich noch etwas mit ihr unterhalten.“
Ohne sich nochmal nach Sarah um zu drehen gehen die Brüder die Treppe hinauf. Auch hier oben ist alles so trist wie unten. Keine Bilder, keine Blumen, nichts Persönliches!
Marcus erklärt: „Das erste hier ist mein Zimmer. Hier unsere Waschgelegenheit mit Plumpsklo.“
Jetzt grinst Lecram: „Du musst es hassen, stimmt’s?“
„Ja, die sanitären Waschgelegenheiten lassen hier zu wünschen übrig.“ Dann gehen sie noch ein paar Schritte. „Hier ist dein Zimmer“, öffnet Marcus die schwarze Holztür für seinen Bruder und sie treten hinein.
Das Zimmer ist mit dem nötigsten bestückt. Ein grosses Doppel Bett, ein kleiner Holzschrank, ein Spiegel und ein Sessel.
„Kissen und Decken findest du im Schrank“, fügt Marcus an. Gedanken versunken tritt Lecram ans Fenster und sieht hinaus. Sein Blick fällt auf die Pferdeställe. Sonst gibt es da nichts Aufregendes. Also sieht er wieder zu seinem Bruder.
„Wo hat unser Vater seine Räume?“, ist er auch etwas neugierig.
„Im kleinsten der Türme hat er seine privaten Gemächer. Er nennt es Turmzimmer.“
Lecram versteht den Wink seines Bruders. Sofort hat er das Bild vor Augen als ihm seinem Bruder dass Turmzimmer mit dem Versteck des Kristalles gezeigt hat. Will er den Kristall noch zerstören?
Ohne dass er äusserlich eine Regung zeigt versetzt es ihm doch einen Stoss dass sein Vater sich mit Sarah in seine Räume zurückgezogen hat. Verdammt, er hat geschworen sie zu beschützen. Und jetzt juckt es ihn nicht mal was sein Vater mit ihr anstellt. Was ist bloss mit ihm los. Er scheint sich immer mehr zu verändern…
„Werden wir Sarah in einem Stück wieder zu Gesicht bekommen?“, fragt er so belanglos wie möglich.
„Aros ist unberechenbar. Es ist besser wir wissen nicht was er mit ihr anstellt.“
Ihre Blicke treffen auf einander und Lecram möchte ehrlich wissen: „Warum trägst du ihren Ring noch? Das war dumm!“
„Du hast selbst gespürt was Aros mit uns machen kann. Alles wird einem mehr oder weniger gleichgültig. Wir fahren ja noch nicht mal aus der Haut weil wir nicht wissen was er mit Sarah anstellt. Es ist uns irgendwie egal, und glaub mir du kannst sogar ruhig schlafen.“ Dann sieht Marcus auf seine Hand: „Dieser Ring soll mich Tag täglich daran erinnern dass ich ein Mensch bin und irgendwo in mir noch Gefühle sein müssten. Vielleicht…“
„Du hältst dich an einem Strohhalm.“
„Habe nichts anderes. Hast du einen Plan?“
Lecram schüttelt seinen Kopf. „Nicht mehr. Auch ich habe nicht mit diesem Gefühls- Chaos gerechnet. Willst du an diesem Zustand überhaupt etwas ändern?“
„Ehrlich… Keine Ahnung.“
„Na das sind ja mal schöne Aussichten. Es wird wohl irgendwann zum Kampf kommen.“
„Scheint unweigerlich. Aros rechnet damit“, nickt Marcus.
„Gut“, ist die dumme Antwort von Lecram. Zur Hölle, warum findet er es gut?
Als Marcus ihn endlich alleine lässt beschliesst er sich in den schwarzen Polster Sessel fallen zu lassen. Der Sessel ist zwar hässlich aber dafür sehr bequem. Seine Gedanken schweifen zu Sarah und er beschliesst dass sie selbst Schuld daran hat was mit ihr geschieht. Er hätte sie ja nicht mitgenommen wenn sie nicht darauf bestanden hätte. Nun muss sie ihren Fehler ausbaden. Tatsächlich findet er es geschieht ihr sogar Recht. Wie es wohl Gloria geht? Egal, er ist Müde und schliesst seine Augen etwas. Natürlich nickt er kurz darauf ein.


Kapitel 14


Lecram


Lecram schrickt auf weil er einen schlechten Traum gehabt hat. Er sah wie das Feuer in seinem Inneren zu lodern begann bis er sprichwörtlich von innen nach aussen verbrannt wurde.
„Zur Hölle“, er atmet schwer und steht auf. Im Zimmer steht eine Schüssel mit Wasser, also taucht er seine Hände kurz darin und spritz zu Auffrischung etwas in sein Gesicht. Mit seinen nassen Händen streift er durch seine Haare die er so auch gleichzeitig aus seinem Gesicht nimmt.
Dann klopft es an seiner Türe und er hört seinen Bruder: „Komm runter, unser Vater möchte mit uns zusammen essen.“
Lecram rollt seine Augen, was zur Hölle bezweckt Aros bloss damit. Nichts desto trotz tut er worum er gebeten wurde. Als er aus dem Zimmer tritt, trifft er auf eine kleine zierliche Frau die ebenfalls wie alle anderen ganz in schwarz gekleidet- und kahl rasiert ist.
Scheu sieht sie zu ihm hoch: „Mein Herr, ich stehe zur deiner Verfügung.“
„Bitte?“ Versteht er jetzt überhaupt nicht.
Dann kann er Aros laut lachen hören. Der steht nicht unweit lässig an der Wand und mustert seinen Sohn.
„Das ist die süsse Brenda. Betrachte sie als deine Leibeigene. Du kannst mit ihr machen was immer du tun willst.“
„Danke für dein skurriles Geschenk. Jedoch kein Gargoyle sein zu müssen reicht völlig aus.“
„Wie du wünscht“, Aros macht eine Handbewegung zu Brenda damit sie sich zurück zieht, „Wenn du den Strick in deinem Zimmer ziehst wird sie für dich da sein.“
Lecram sieht seinen Vater leicht verwirrt an denn mit so etwas hat er echt nicht gerechnet und Aros wirkt äusserst selbst zufrieden. Mit der nächsten Handbewegung macht Aros ihm zu verstehen dass er ihm folgen soll.
Doch Lecram ist neugierig: „Was hat dir Sarah erzählt?“
„Du hattest Recht, da steckt keine Magie in ihr. Sie ist verbraucht.“
„Ärgert dich das nicht sehr?“ Stellt Lecram die Frage als sie die Treppenstufen hinunter steigen. Sein Vater wirkt immer so gelassen und selbstsicher.
„Nicht im geringsten. Sie ist wie ein Leeres Gefäss das sich mit der Zeit erholt und auffüllt. Wir brauchen nur etwas Geduld. In ihrem jetzigen Zustand ist sie keine Bedrohung und ich kann mich auf das bevorstehende konzentrieren was du mir eingebrockt hast.“
Die beiden stehen nun wieder unten in der Eingangshalle und Lecram mustert seinen Vater. Seltsamerweise wirkt dieser immer noch so unglaublich zufrieden.
„Ja“, gibt Lecram klein bei, „wir werden kämpfen müssen. Sarah hat es dir also erzählt.“ Er presst seinen Kiefer zusammen.
„Nicht freiwillig, mit Gewalt und etwas Magie war auch sie klein zu kriegen.“ Dann klopft Aros seinem Sohn kurz auf die Schulter: „Jetzt sei nicht so endtäuscht dass ich dich nicht bestrafe.“
Verdattert mustert Lecram seinen Vater weiterhin und bricht das Schweigen mit den Worten: „Ich bin nicht endtäuscht, verstehe nur nicht aus welchem Grund du so gelassen bist.“
Aros klopft seinem Sohn wieder auf die Schulter.
„Damit hatte ich gerechnet. Mit Magie und meinen Söhnen an meiner Seite wird es kein fairer Kampf. Sie werden verlieren. Aber genug der Dinge, essen wir etwas mit unseren Gästen.“
Im Gesicht von Aros steht das Lächeln breit in seinem Gesicht und Lecram versteht nun gar nichts mehr. Das einzige worauf er gespannt ist, sind die Gäste von denen Aros spricht. Die beiden gehen durch eine der vier Türen im Untergeschoss. Als Aros sie öffnet stehen sie in einem kleinen Speisesaal. Ein Feuer brennt im Kamin und am Tisch sitzt bereits Marcus mit Gloria und Sarah.
Lautlos nimmt Lecram neben seinem Bruder Platz, Gloria gegenüber. Sie wirkt immer noch sehr schwach und lächelt nicht. Vermutlich ist sie wütend denn ihr Gesichtsausdruck ist streng, müde und ihre Augenringe stechen hervor. Damit hat er gerechnet.
Der nächste Blick fällt auf Sarah und ein seltsames Kribbeln geht durch seinen Körper. Ihre linke Wange ist gerötet und angeschwollen, ausserdem hat sie Druckstellen am Hals und ihre linke Hand eingebunden.
Dennoch sitzt sie aufrecht und stolz da. Sie muss tapfer gewesen sein.
Aros holt ihn aus seinen Gedanken: „Hast du deinen Hass unter Kontrolle Lecram?“
Lecram geht davon aus dass sein Vater die Glut in sich anspricht. „Sieht so aus.“
Sein Blick schweift wieder zu Sarah. Ob sein Vater ihn mit Sarah auf die Probe stellen wollte? Als nächstes kann er beobachten wie Brenda und wohl andere Leibeigene hinein kommen und ihnen Essen Servieren. Dabei Handelt es sich um ein Stück Fleisch und Gemüse das wirklich vorzüglich schmeckt. Alle sind still und sprechen kein Wort. Die Stimmung ist schwül…


Sarah

Sie versucht etwas Essen hinunter zu kriegen. Jedoch sind ihre Schmerzen so stark dass sie die Gabel wieder hinlegen muss. Gloria sieht sie liebevoll an und lächelt warm.
Es geht Sarah durch den Kopf wie dumm die Situation hier ist. Endlich sind sie vier wieder vereint und doch sind sie nicht zusammen. Aros hat es geschafft und hat sie alle aus einander gebracht. Soweit hätte es nicht kommen dürfen! Marcus und Lecram scheinen so weit entfernt von einander. Als wären sie gar nicht anwesend. Normalerweise haben die Brüder eine unglaubliche Mimik im Gesicht und jetzt ist ihr Gesichtsausdruck starr, ohne Regung. Fast so als wären sie nicht zu Hause.
Einmal sieht Lecram sie kurz an und mustert sie und Gloria noch einmal. Sei Blick ist kalt und undurchschaubar da er keine Regung zeigt. Dennoch reisst sich Sarah zusammen und lächelt. Doch von ihm kommt keine Regung.
Himmel, mit so etwas hat sie nicht gerechnet. Aufgeben liegt jedoch nicht drin. Niemals! Auch ihre Schwester scheint bereits wieder mehr Farbe bekommen zu haben seit sie beide im Verliess zusammen gebracht wurden.
Im Verliess herrscht ein unglaublicher Gestank, man kann die Toten förmlich riechen. Das ist kein guter Ort um gesund zu werden.
Schmerzvoll erinnert Sarah sich an Aros Folter. Bei weitem hat sie ihm nicht alles erzählt. Das musste sie nicht denn er hat ja nicht weiter gefragt. Also ist Sarah froh dass Shemar weiterhin tun kann um was sie ihn gebeten haben. Auch Lecram hat wohl seinem Vater nichts von diesem Plan erzählt, sonst hätte Shemar wohl keinen Gehilfen bekommen um ihn auszubilden und weiterhin in den Unterirdischen Gängen herum zu schleichen.
Genau diese Dinge lassen sie hoffen und daran glauben dass alles wieder gut kommt. Lecram muss noch irgendwo da drin stecken, das weiss sie genau.
„Liebes, hast du noch Schmerzen?“ Säuselt Aros sie freundlich an.
Sarah beisst auf die Zähne: „Es ist die Verbrennung.“
„Hm… Brenda, nimm Sarah mit und sieh dir mal ihre Hand an.“
Die Frau tut worum sie gebeten wurde und nimmt Sarah einfach bei Der Hand mit hinaus. Ausser Gloria sieht ihnen niemand nach.
Brenda bringt sie direkt in die Küche, setzt sie hin und nimmt den Verband ab.
„Oh…“ Staunt Brenda und Sarah weiss auch so dass diese Verbrennung stark ist und sie froh sein kann wenn ihre Hand halbwegs wieder in Ordnung kommt. Also beisst Sarah auf die Zähne als Brenda ihr eine dickflüssige kühlende Paste darauf schmiert. Doch tatsächlich lindert das ihren Schmerz ziemlich rasch.
Die zierliche Frau mit dem Namen Brenda sieht sie mitfühlend an und erläutert: „Ihr müsst darauf achten dass sich die Wunde nicht entzündet.“
Jetzt nickt Sarah, spricht jedoch noch kein Wort da ihr ganzer Körper so schmerzt. Sie spürt jede einzelne Prellung! Was Aros ihr angetan hat war schrecklich, vermutlich müsste sie noch etwas traumatisiert sein seinetwegen. Vielleicht ist es der Schmerz der sie nicht wahnsinnig werden lässt. Dieser Mann ist eine unglaubliche Kombination, in einem Moment ist er sehr liebe- und verständnisvoll. Im nächsten dann Brutal und wird zum Schlägertyp.
Wenn man ihn rein äusserlich beurteilen müsste käme er super sympathisch rüber. Wenn er lächelt geht fast die Sonne auf. Durchaus möglich dass man ihm verfallen kann bis seine wahre Natur zum Vorschein kommt. Was Daria wohl alles mit ihm erlebt hat? Noch nie hat Daria von der Zeit mit Aros gesprochen. Mit Sicherheit waren das schreckliche Jahre!
Da Aros seine Informationen die er brauchte nun hat, hofft sie inständig dass er sie in Ruhe lässt. Eigentlich muss sie sich um ihre Schwester und die Zwillinge kümmern. Irgendwie müssen sie wieder zusammen finden. Bloss wie?
Sanft nimmt Brenda sie wieder an der Hand und führt sie von der Küche über den Eingangsbereich wieder in den Essbereich. Sarah sitzt ab und bedankt sich bei Brenda.
„Liebes“, säuselt Aros zuckersüss, „geht es dir besser?“
„Ein wenig.“ Sarah hat keine Lust auf ein Gespräch mit ihm und stochert wieder in dem Essen rum. Eigentlich möchte sie weinen und sich verkriechen. Vielleicht auch laut schreien das wäre befreiend.
In diesem Augenblick hält Gloria ihre Hand auf die Ihre, die beiden sehen einander liebevoll an. Und ja, ihre Schwester sieht schon besser aus als gerade eben noch. Vielleicht ist es wirklich so dass wenn sie vier zusammen sind ihre Kräfte sich irgendwie langsam auftanken. Das wäre ein Fünkchen Hoffnung!
„Vater, ich verstehe nicht aus welchem Grund wir so untätig da sitzen während die Elben sich bei den Ruinen versammeln.“ Meckert Marcus, legt die Gabel hin und sieht zu seinem Vater der kurz laut auflacht.
„Haltet mich nicht für dumm oder untätig“, auch er legt die Gabel hin und hält Marcus Blick stand, „ich rechne durchaus noch mit ein paar Drachen oder sogar Makiani. Weiss der Geier wo ihr euch in der Zwischenzeit überall herum getrieben habt.“ Sein lächeln wird immer breiter: „Ich sitze hier nicht untätig. Meine Männer versammeln sich bereits und stehen bereit. Hier und jetzt werden wir uns besser kennen lernen und eine Familie werden.“
Lecram der gerade ein Schluck Wein getrunken hat pustet ihn wieder aus: „Wir…, eine Familie… Hast du vergessen dass ich dich hasse?“
„Hass ist nichts falsches, damit bist du mit einem Bein schon auf dem richtigen Weg. Du musst deinen Hass nur auf anderes Lenken. Wo waren deine neu gewonnenen Freunde all die Jahre? Warum hat Daria nie nach euch gesucht? Daria hat euch aufgegeben, ich jedoch nicht. Ich habe immer an euch geglaubt dass ihr eines Tages zu mir finden werdet. Meine Geduld hat mich belohnt.“
„Nicht aus freien Stücken.“ Erklärt Lecram und Aros ergänzt: „Hm…, du warst von Hass getrieben und das war voraus zu sehen.“
Auch Aros nimmt einen Schluck Wein und sieht seine Söhne an die ihn immer noch mustern. Wieder ist es Lecram der eine Frage hat: „Hast du keine Angst dass ich dich mit meinem Feuer töte?“
Ein lautes Lachen durchquert den Raum.
„Nette Idee“, spricht Aros als er sich etwas beruhigt hat, „Ihr könnt mich nicht töten, ihr seid mit einem Zauber belegt dass ihr eure Hand nicht gegen mich anwenden könnt. Auch wenn ihr es eigentlich wollt. Ist es nicht so Marcus?“
Seufzend sieht Marcus kurz zu seinem Bruder und dessen Blick sagt. allen dass er es bereits probiert hat Sein Blick sagt alles.
Sarah ist erstaunt dass die Brüder einfach da sitzen und immer noch keine Regung zeigen. Keine Mimik auf ihren Gesichtern, es ist als wären sie versteinert. Sie sieht wie Lecram sich immer mehr von sich selbst entfernt und zu einem wird den er nie sein wollte. Wie grotesk…, er wollte nie ein Gargoyle, ein Dämon sein. Dabei ist er als Mensch hier und jetzt das viel grössere Scheusal. Sie empfindet Mitleid.


Lecram

Dass Sarah ihn beobachtet ist ihm klar und - lästig. Aus diesem Grund möchte er von seinem Vater genauer wissen: „Was geschieht wir mit Gloria und Sarah?“
„Was schlägst du vor?“ Ist Aros Gegenfrage.
„Keine Ahnung, sind sie für dich noch von Bedeutung?“ Natürlich sieht Lecram wie sich die Augen der Mädchen überrascht weiten. Aber er weiss wirklich nicht was er mit ihnen anfangen soll.
„Wie bereits erwähnt, Sarah ist die Torhüterin, ihr soll es an nichts fehlen. Sarah und ich haben noch grosse Pläne“, er lächelt verheissungsvoll, „sie wird oben bei euch ein Zimmer beziehen.“
„Bitte trenn mich nicht von Gloria“, fleht Sarah nun Aros an.
„Natürlich wird euch mein Vater trennen“, erhebt Marcus die Stimme und Lecram ergänzt: „Vater, Sperr sie am besten weiterhin in den Kerker.“
Augenscheinlich wird Lecram klar dass er Gloria nicht töten wird, schliesslich speist Aros von ihrer Energie ab. Diese Gedanken behält er jedoch für sich. Dass Sarah nicht in den Kerker gesperrt wird stört ihn aus einem unerklärlichen Grund. Sie so nah neben sich zu wissen macht ihn unruhig.
Schliesslich sind sie mit dem Essen durch und Gloria wird von einem der Männer die Aros dienen Weg gebracht. Ein anderer bringt Sarah in ihr Zimmer und wird als Wachposten davor gesetzt. Als Aros mit seinen Söhnen alleine da sitzt erhebt er sein Wort an Lecram: „Dir ist unwohl in der Gegenwart der Mädchen, nicht wahr?“
„Irgendwie schon.“ Gesteht er dabei bleibt sein Blick hart als er, an seinem Bruder vorbei, zu Aros sieht.
„Du hast ein gutes Gespür. Die Mädchen besitzen Kräfte die längst noch nicht erlischt sind und wir tun gut daran sie nicht zu unterschätzen. Dein Gespür mahnt dich vorsichtig zu sein.“
War das gerade eine Lektion?
„Aha“, ist das einzige was Lecram darauf antworten kann. Vermutlich hat sein Vater auch bemerkt dass Gloria bereits wieder Farbe bekommen hat und es ihr augenscheinlich besser geht, je länger sie zusammen gesessen sind. Auch Sarah hat etwas aufgetankt und vermutlich ist das auch der Plan von Aros. Schliesslich braucht er Sarah für seine Pläne und von Gloria braucht er bestimmt noch mehr Energie um zu kämpfen. Mit einem Ruck steht Aros auf und meint:
„Kommt mit ich zeige euch etwas.“
Immer noch steht ein Lächeln auf einem Gesicht. Kommentarlos gehen Marcus und Lecram hinter ihrem Vater her. Sie durchqueren dein Eingangsbereich und gehen durch eine kleine, unscheinbare Türe. Die führt einen langen Gang entlang bis sie an eine Wendeltreppe kommen. Marcus und Lecram sehen hoch, danach sehen sich verwirrt an. Anscheinend war Marcus auch noch nicht hier.
So wie es aussieht müssen sie hinter Aros wohl die Wendeltreppe hoch. Ab und an kommen sie an kleine Ausbuchtungen vorbei wo ein Mann platziert ist um wache zu halten.
Automatisch zählt Lecram die Stufen hinauf und kommt auf unsagbare 666 Stufen. Heute wäre er ausnahmsweise lieber der Gargoyle der an der Hauswand hinauf geklettert wäre. Für ihn wäre das weniger anstrengend gewesen als diese kleinen, schmalen Stufen da hinauf zu gehen. Nie hat er damit gerechnet dass ihn diese Stufen etwas ausser Atem bringen können.
Dann stehen sie zuoberst auf dem Turm, besser gesagt Wachposten. So wie Lecram sieht ist das der Höchste Turm der diese Burg beinhaltet. Es ist bereits Abend und es dunkelt ein. Die zwei Monde erscheinen langsam am Himmel der Sternenklar ist. Wären die Umstände besser wäre es eine schöne Nacht.
Von hier oben aus hat man eine wunderschöne rundum Sicht auf alles. Lecram sieht sich kurz um als sein Blick auf der kleinen Anhöhe verharrt. Auch sein Vater und Marcus sehen sich diesen Punkt an. Lecram geht näher an die Mauer und hört seinen Vater im Rücken sprechen.
„Habt ihr wirklich gedacht ihr bleibt unbemerkt?“
Die Ruine ist beleuchtet da die anderen bestimmt am Feuer sitzen um sich zu wärmen. Lecram presst seinen Mund zusammen und tatsächlich muss er zuerst einmal seine Gefühle sortieren. Sein Kopf weiss dass seine Mutter dort oben ist und er empfindet einfach nichts. Dabei weiss er noch ganz genau welche Anweisungen er gestern erst gegeben hat. War denn alles umsonst?
„Nein, haben wir nicht.“ Bemerkt Lecram.
„Was fühlt ihr wenn ihr daran denkt dass sich eure Freunde dort oben befinden?“
Diesmal ist es Marcus der als erster sein Wort erhebt: „Vater, das sind nicht meine Freunde. Ich habe sie alle endtäuscht. Das einzige worum ich dich bitte ist Daria hier bei uns auf zu nehmen damit wir eine Familie sein können.“
„Aber natürlich, sie ist meine Frau und ist immer willkommen.“
Abrupt dreht sich Lecram um und steht direkt vor Aros.
„Vater hör auf so Süssholz zu raspeln. Wir wissen alle dass du Daria nicht magst und es hier für sie die Hölle auf Erden wäre. Dann bring sie lieber um. Ich kann dir sagen was ich fühle…, nichts.“
Da die zwei quasi Auge um Auge da stehen mustern sich die beiden und Lecram erklärt weiter: „Genau genommen will ich nichts von dir und denen da oben auch nicht. Lasst mich doch einfach alle mit eurem Kram in Ruhe. Ich möchte hier weg…, allein.“
„Du wärst wohl lieber der einsame Gargoyle.“
„Als Gargoyle habe ich ein Zuhause in der Steinwüste. Dort führe ich ein gutes Leben ohne solche Auseinandersetzungen.“
Dann entfernt sich Lecram drei Schritte und sieht sich Veram von hier oben an. Das kleine Städtchen ist kreisförmig angelegt. Fast Spiralen förmig, umgeben von Moor und Nebel. Dann hören sie einen lauten Schrei der schon eher einem Fauchen gleicht. Alle drei sehen in die Richtung der Ruine und erhaschen einen Blick auf einen Drachen der kurz seine Flügel in der Luft ausstreckt um dann wieder bei der Ruine Unterschlupf zu suchen. Lecram fährt mit seinen Fingern durch seine Haare und zieht etwas daran. Er will etwas spüren! Dieser Schrei ist ihm bekannt und seine Sehnsucht als Drachenreiter erwacht ihn ihm. Tatsächlich fühlt er zum ersten Mal wieder etwas. Es ist das Gefühl fliegen zu wollen, fliegen so hoch wie die Flügel eines Drachen sie bringen können um dann im Sturzflug wieder dem Boden näher zu kommen.
„Toron“, stellt Aros fest und Lecram sieht zum ersten Mal so etwas wie Sorgefalten im Gesicht seines Vaters. Ja, es scheint fast so als hat sein Vater Respekt von diesem grossen Drachen der mal sein Gefährte war.
„Laute Freunde sind oft leise Feinde“, zitiert Lecram Konfuzius. Dass er wieder zitiert irritiert wohl seinen Bruder der ihn jetzt seltsam ansieht. Marcus sieht ihn an als wollte er in ihn hinein sehen. Zum Glück geht das nicht.
Kurz darauf fällt Marcus Blick auf Aros, ohne ein Wort mit einander zu wechseln scheinen die zwei sich zu verstehen. Worum es sich dabei handelt weiss Lecram nicht.
Da er nun mal hier ist fragt er: „Darf ich mich in Veram frei bewegen?“
Wieder huscht ein breites Grinsen über Aros Gesicht: „Nein, du bleibst in diesen Mauern.“
„Alle Gespräche sind Sinnlos, wenn das Vertrauen fehlt“, argumentiert Lecram was seinen Vater wieder zum Lachen bringt.
„Sohn…, Vertrauen ist gut, doch Kontrolle ist besser.“
„Tusche“, gibt Lecram klein bei und macht zu verstehen dass er sich zurückziehen will. Sein Vater und Marcus bleiben noch da oben stehen. Es scheint als haben sich die zwei einiges zu erzählen. Vermutlich ist Marcus in die Pläne mit einbezogen. Je weniger er davon weiss umso besser. Wenn er sich noch richtig erinnert warten die Makiani auf ein Zeichen von ihm um sich auch zu den anderen zu gesellen. Tatsächlich hält er es nicht für Sinnvoll mit Velis Kontakt auf zu nehmen. Sollen sie doch bleiben wo sie sind und sollen die anderen sehen wie sie gegen Aros siegen möchten. Er für seinen Teil hat keine Lust sich ein zu mischen. Die Frage ist bloss ob er sich überhaupt davor drücken kann. Gegen die Elben, die Drachen und die Gargoyle zu kämpfen ist dumm. Schliessich haben ihn alle in seinen schweren Zeiten so angenommen wie er war. Doch wenn sie kommen kann er nicht garantieren dass er seine Hand nicht gegen sie erhebt. Langsam steigt wieder Wut in ihm hoch während er den Turm hinunter geht und die Gedanken kreisen lässt. Er geht so rasch er kann durch den langen Gang in den Eingangsbereich die Treppe hoch in sein Zimmer. Sein Atem geht schwer und er kann sehen wie sein Feuer in ihm glüht. Seine Hände sehen aus als würde er sie über einen Lichtstrahl halten. Wenn er nicht aufpasst wird ihm sein eigenes Feuer ein Strich durch die Rechnung machen und er verglüht innerlich. Automatisch legt er sich auf den kühlenden Steinboden. Er fühlt wie der Stein sich seiner annimmt und ihn kühlt.
Nach einiger Zeit ist bei ihm alles wieder normal, er steht auf und klopft sich den Dreck ab. Diese Wut darf kein Besitz von ihm nehmen. Ausgerechnet jetzt hat er Durst und weiss sich nicht zu helfen. Doch da kommt ihm der Strick in den Sinn den er ziehen kann und Brenda ihm Wünsche erfüllen soll. Also zieht er daran und lässt sich überraschen was nun geschieht.
Es geht nicht lange und Brenda klopft an die Türe und Tritt mit einem silbernen Tablett in der Hand hinein. Sie lächelt zaghaft und ihre braunen Augen wirken ängstlich.
„Hier habt ihr eine Kleinigkeit euren Durst zu stillen“, sie stellt das Tablett auf einen kleinen hölzernen Tisch und füllt aus dem Krug etwas in ein Glas das sie ihm danach anbietet: „Drink.“
„Danke.“ Er trinkt in grossen zügigen Schlucken. Der Tee rinnt kühlend seine Kehle hinunter. Danach übergibt er das Glas wieder an Brenda die es dann bei Seite Stellt.
Erst jetzt fällt es ihm auf dass Brenda ihre Kleidung gewechselt hat. Ihre schwarze, dunkle Kleidung wich einem schwarzen fast durchsichtigen Umhang. Dieser luftige Umhang lässt viel Raum um die Gedanken schweifen zu lassen. Aufreizend! Tatsächlich spürt er einen Drang sie zu berühren und geht auf sie zu.
Ihre Angst steht ihr im Gesicht geschrieben und sie weicht etwas zurück bis sie mit dem Rücken zur Wand steht. Sie riecht verführerisch und Lecram flüstert: „Du brauchst vor mir keine Angst zu haben.“
„Ihr dürft mit mir tun was…“, sofort hält er seine Hand auf ihren Mund: „Sch…, ich werde dir nicht weh tun. Verspochen.“ Er ist nicht in allem wie sein Vater, schieben seine Gedanken nach. Ja, er will liebevoll zu ihr sein, also beginnt er sie zu küssen und sie öffnet anstandslos ihren Mund. Als er seine Augen öffnet hat er Sarahs Gesicht vor sich und beginnt ihr Gesicht zu streicheln. Zum ersten Mal huscht ein Lächeln über sein Gesicht. Sarah hat ihm mal sein Leben bedeutet. Ein seltsames Gefühl sich daran zu erinnern aber nichts derartiges mehr zu spüren!
Beim nächsten Augenaufschlag ist dann wieder das Gesicht von Brenda vor ihm und er lässt von ihr ab. Was soll das! Spielen seine Gedanken ihm einen Streich! Seine Hände fahren durch sein Haar und er dreht sich von Brenda ab. Seine Sinne müssen verrücktspielen, doch da steht plötzlich wieder Sarah vor ihm. Zwar etwas schemenhaft aber es handelt sich um Sarah. Wütend dreht er sich zu Brenda und stützt sich dabei mit seiner linken Hand an der Wand ab. Dann funkelt er Brenda an.
„Was ist mit Sarah los?“
„Dem Mädchen geht es nicht besonders gut, ihre Wunde ihre Seele…“
Er befiehlt: „Bring mich sofort zu ihr!“
Brenda nickt und er geht hinter ihr her. Sarah hat das hinterste Zimmer auf diesem Stock bekommen. Es ist nicht zu verfehlen da der Wachposten davor steht.
„Lass mich hinein“, funkelt Lecram, dabei fallen seine Haare wild in sein Gesicht und der kleine untersetzte, kahlgeschorene Mann sieht ihn verwirrt an.
Anscheinend hat Aros keinen Befehl gegeben dass seine Söhne nicht zu Sarah dürfen und der Mann lässt ihn mit den Worten: „Mein Herr, wie ihr wünscht“, hinein. Gibt Brenda ein Zeichen nicht mit hinein zu dürfen. Er weiss ja selbst noch nicht warum er das hier tut!
Das Zimmer ist sehr klein, sofort fällt sein Blick aus Sarah die im Bett liegt und schwitzt. Ihre Augen sind geschlossen. Langsam geht er zu ihr hin und bemerkt dass sie hohes Fieber haben muss. Als er ihre Hand berührt öffnet sie ihre Augen und lächelt müde. Wie kann sie ihn nur anlächeln? Er hat alle im Stich gelassen. Selbst jetzt ist er sich nicht hundert Prozent sicher ob das Richtig ist bei ihr zu sein.
„Geht es dir gut“, möchte sie tatsächlich von ihm wissen.
„Zur Hölle, es spielt keine Rolle wie es mir geht. Sie dich an.“ Verdammt was tue ich hier, schieben seine Gedanken nach.
„Was willst du hier?“ Möchte sie wissen.
Mit seiner linken Hand streift er durch sein Haar. Ihre Frage ist berechtigt, was will er hier! Er setzt sich an den Bettrand und flüstert: „Sarah, ich verliere mich selbst. Bitte rette mich.“
Sie atmet schwer und ein leises Seufzen kommt von ihr bevor sie erklärt indem sie seine Hand hält und ihren Kopf ganz leicht schüttelt: „Es tut mir leid, keine Kraft.“
„Bin ich verloren?“
Wieder schüttelt sie ihren Kopf: „Wo ist deine Hoffnung geblieben.“
„Weg. Meine Seele ist ein gefroren.“ Er zuckt mit der Schulter auf. „Mein Verstand weiss dass ich dich geliebt habe doch mein Herz spürt es nicht mehr. Es tut mir leid!“
Sein Blick spiegelt sein Unbehagen.
Dieses Mädchen hat so viel Hoffnung obwohl sie so krank ist. Warum gibt sie ihn nicht einfach auf! Das wäre so viel einfacher. Behutsam fasst er ihre Stirn an und ja, sie hat hohes Fieber!
Nachdem er ihre Stirn angefasst hat geht er ohne sich zu verabschieden aus dem Zimmer in den Eingangsbereich hinunter und schreit: „Va-ter!“
Es dauert nicht lange und er kann Schritte hören bis Aros plötzlich unerwartet vor ihm steht. Automatisch zuckt er kurz zusammen da er seinen Vater nicht kommen sah.
„Du rufst nach mir?“ Klingt Aros etwas genervt und dann kommt Marcus aus der Küche mit einem Stück Brot in der Hand.
„Wir haben ein Problem.“ Lecrams Gesicht zeigt keine Regung, „Sarah geht es schlecht.“
„Wie schlecht?“
„Brenda hat mir erzählt dass sich ihre Wunde endzündet hat.“
„Du denkst ich kann ihr helfen.“
Lecram seufzt auf: „Das nehme ich an. Du willst sie nicht verlieren.“
Aros grüne Augen verengen sich und er ruft nach Brenda. Leicht bekleidet eilt Brenda sofort die Treppe hinunter und bleibt, neben Lecram, vor Aros stehen. Lecram spürt ihre Angst ohne sie dabei an zu sehen. Ihr Atem geht schneller und ihr Herz schlägt ihr bis zum Hals.
Marcus sieht aus als möchte er am liebsten etwas über die Bekleidung von Brenda erwähnen. Lässt es zum Glück bleiben, lediglich sein Blick verrät seinen belustigenden Gemütszustand. Dann erhebt Aros seine Stimme.
„Brenda, wie geht es Sarah?“
„Mein Herr, wir können sie nicht retten. Es ist zu spät.“
Sie senkt ihren Blick und sieht zum Boden. Wohl bewusst dass Aros die Hand ausrutschen kann steht sie einen Schritt zurück hinter Lecram. Tatsächlich stöhnt Aros laut auf und flucht leise mit sich selbst bevor er dann die Treppe hinauf rennt. Marcus und Lecram folgen ihm auf den Versen und Brenda zieht sich zurück.


Sarah

Fiebrig und gut eingepackt liegt Sarah im Bett. Tausend Gedanken gehen ihr durch den Kopf. Ihre Glieder schmerzen fürchterlich, sogar das Atmen tut weh. Sie ist müde und möchte schlafen. Sie spürt dass es ihr äusserst schlecht geht, Angst hat sie keine. Im Moment liegt sie einfach da und leidet still in sich hinein. Genau genommen hat ihr Leben ohne Lecram eh keinen Sinn…
Doch da geht laut krachend die schwere Holztür auf und Aros stürmt hinein. Seine Söhne folgen ihm, bleiben aber auf Distanz und Marcus schliesst die Tür wieder.
Verwirrt sieht Sarah denjenigen an der ihr das angetan hat – Aros! Als Aros seine Hand nach ihrer Stirn ausstreckt drückt sie sich von ihm weg.
„Fass mich nicht an“, zischt sie leise.
Doch es nützt nichts, Aros lächelt und fasst sanft an ihre Stirn. Seine kühle Hand ist auf ihrer Stirn nicht einmal unangenehm. Irgendwie scheint er ihren Hass auf ihn zu geniessen!
Dann flucht Aros auf und sein liebevoller Gesichtsausdruckt weicht einem endtäuschten Gesicht. Sarah könnte weinen, sie ist müde und mag nicht mehr. Hätte ihr Leiden doch ein Ende! Genau genommen wäre sie froh wenn alle aus dem Zimmer gingen und sie ihrem Schicksal überlassen würden. Dass Lecram seinen Vater holt…, damit hat sie nun wirklich nicht gerechnet.
Ihr Blick streift zu Lecram und endlich setzt ihr Verstand wieder ein. Nein, sie darf nicht aufgeben, sie muss jetzt kämpfen. Zaghaft lächelt sie.
Aros geht um das Bett, nimmt schliesslich Sarahs verletzte linke Hand in seine und befiehlt seinen Söhnen: „Stellt euch auf die andere Seite vom Bett und haltet eure Hände über ihren Körper!“
Sarah krallt die rechte Hand ins Bettlaken, Angst kriecht in ihr hoch. Was haben sie nur vor?
Ohne wiederrede machen seine Söhne das was er ihnen befiehlt. Sarahs Blick fällt ängstlich auf Marcus und Lecram. Beide sehen wilder aus wie auch schon und die drei Tagebärte stehen ihnen gar nicht mal schlecht. Die beiden sehen sich wieder ähnlicher als auch schon da Marcus Haare etwas gewachsen sind.
Dann fällt ihr Blick auf Aros der jetzt den Verband von ihrer Hand nimmt. Erstaunlich sanft geht er vor und trotzdem keucht sie vor Schmerz auf als der Verband entfernt ist. Ihre Hand sieht schlimm aus und der Schmerz den sie empfand als Aros sie folterte und ihre Hand über das Feuer hielt lässt ihr lautlos Tränen über die Wange gleiten. Niemand hat derartige Schmerzen verdient und bevor Aros weiter macht spricht sie erschöpft: „Lass mich besser sterben.“
„Du wirst noch gebraucht.“
Mit Tränen in den Augen keucht sie: „Nicht von dir, dann sterbe ich lieber.“
Anscheinend hat Aros ihre Ernsthaftigkeit gespürt und mustert sie kurz.
„Ich sehe deinen Stolz mir niemals Dienen zu wollen. Das ist dein gutes Recht. Irgendwann wirst du tun um was ich dich bitte.“
„Wenn du vor hast mich noch einmal zu foltern dann lass mich sterben. Lass mir diese Würde.“
Die Lage ist angespannt und Aros kaut auf seiner Unterlippe.
„Nun gut, es gibt andere Möglichkeiten für mich dich gefällig zu machen.“
„Niemals“, funkeln ihre Rehbraunen Augen wütend und er schiebt nach: „Wir werden sehen.“
Aros Gesicht scheint zufrieden und ein hämisches Lächeln zeigt sich auf seinem Gesicht. Niemand spricht mehr ein Wort also beginnt Aros leise, auf einer fremden Sprache, etwas vor sich hin murmeln. Es klingt nach einer alten durchaus melodischen Sprache. Dabei hat Aros seine Augen geschlossen und sie spürt eine angenehme Wärme durch seine Hände in ihren Körper strömen. Dann holt sie tief Luft da es ihr scheint als reisst er ihr plötzlich das Ganze Fieber aus dem Körper!
Ihr Verstand wird augenblicklich klarer und sie muss einfach zu ihrer Hand hinsehen. Was zuvor wie ein Klumpen rotes Fleisch aussah ist jetzt wieder zu ihrer Hautfarben Hand geworden und das Fieber scheint auch weg zu sein. Unglaublich!
Schliessich streckt sich Aros und befielt Marcus: „Bleib du in dieser Nacht bei ihr. Nicht dass sie uns noch Dummheiten macht.“
Sarah entspannt sich erst richtig als Aros und Lecram aus dem Zimmer sind und sie mit Marcus alleine da ist.
„Könntest du mir etwas zu Essen organisieren“, bittet sie Marcus da sich jetzt ihr Magen meldet. Ein seltsames Gefühl ihre Hand wieder zu spüren ohne Schmerzen. Etwas irritiert sieht sie sich ihre Hand an die sich noch etwas Taub anfühlt. Sie bewegt die Hand und staunt wie schmerzfrei sie nun ist.
Marcus öffnet die Tür und gibt dem Wachposten die Meldung sich um was Essbares zu kümmern und schliesst die Tür wieder. Schliesslich nimmt er auf dem Sitz hinten an der Wand Platz und starrt sie regungslos an.
„Es geht mir gut“, teilt sie mit.
„Sehe ich.“ Ist seine knappe Antwort.
Na das kann ja heiter werden, denkt sie und freut sich auf das was Brenda ihr gerade bringt. Dabei handelt es sich nur um etwas Brot und Käse und etwas Wasser. Für Sarah reicht das völlig aus und sie bedankt sich bei Brenda lächelnd. Dass Brenda über Sarahs Genesung staunt ohne ein Wort darüber zu verlieren ist ihrem Gesicht an zu sehen.
Als Marcus und Sarah wieder alleine sind beginnt sie zu essen. Dabei wird sie von Marcus gemustert. Ihre Blicke treffen aufeinander und Marcus erwähnt: „Da bist du dem Tod nochmal von der Schippe gesprungen.“
„Du könntest mich töten.“ Sieht sie ihm direkt in die wunderschönen grünen Augen, dabei zieht sich ihr Magen zusammen.
„Hm, verlockend“, rümpft er die Nase, „Aber nein, Aros wäre danach bestimmt nicht gut auf mich zu sprechen. Da musst du dir einen anderen suchen… Hinkebein.“
Sie schmunzelt und hat das Gefühl zum ersten Mal ein feines lächeln auf seinen Lippen erhascht zu haben. Dann schiebt Sarah sich ein Stück Käse in den Mund und mustert Marcus ebenfalls. Eine dämliche Situation. Natürlich weiss sie genau dass sie vorsichtig sein muss, wagt jedoch zu sagen: „Ich habe dich vermisst.“
Wieder treffen ihre Blicke auf einander.
Ohne eine Regung zu zeigen möchte er wissen: „Was hat dir mein Vater angetan?“
„Darüber will ich noch nicht sprechen.“ Schliesst sie kurz ihre Augen. Genau genommen will sie nicht darüber reden.
„Was hast du ihm erzählt?“
„Willst du mich ausspionieren“, sieht sie auf und ist unsicher welche Rolle er bei diesem Theater hier spielt.
„Verdammt Sarah“, faucht er kurz, „du sollst doch nicht hier sein.“ Dann steht er auf und sitzt zu ihr auf die Bettkannte.
„Es ging mir wie dir, ich hatte keine Wahl.“
Schliesslich nimmt auch er ein Stück Käse und sie sehen einander einfach nur an. Wäre die Situation hier nicht so dumm, wäre es ihr vermutlich peinlich so im schwarzen Nachthemd bekleidet im Bett zu sitzen. Dass ihre Gliedmassen immer noch schmerzen erwähnt sie nicht.
Marcus entblösst seinen linken Oberarm und zeigt ihn Sarah.
„Das hier ist ein Brandmahl dass Aros mir verpasst hat. Damit hat er mich mit einem Spruch an ihn gebunden so lange er lebt.“
Sarah streift kurz darüber und spürt das Narbengewebe. Mit keinem Wort erwähnt sie das dieses Zeichen der Ewigen Unendlichkeit ähnelt. Etwas verschnörkelt, jedoch für sie klar erkennbar. Automatisch zieht sie die Augenbrauen zusammen.
„Bis dass der Tod euch scheidet“, spricht sie ihre Gedanken laut aus und schüttelt leicht ihren Kopf und hackt nach: „Wie ich gehört habe hast du dich zuerst gegen Aros gewehrt!“
Ein kurzes Auflachen von Marcus: „Wenn Aros einem Magie entzieht ist das ziemlich scherzhaft, da kam ich kurz zu mir, zu kurz.“ Seine Miene bleibt eisern und zeigt immer noch keine Gefühlsregung.
„Weshalb bist du nicht so blass wie Gloria?“ Möchte Sarah genauer wissen.
„Ich bin Aros Sohn“, zuckt seine Schulter auf, „Gloria wird, so lange sie hier ist, immer wieder Kraft abgezogen, sie hat keine Chance. Er hält sie wie ein Tier das er gewillt ist zu schlachten. Sollte sich Gloria nicht erholen werde ich hinhalten müssen.“
Sarah staunt dass er es einfach so hingenommen hat.
„Hast du noch Magie?“ Ist sie neugierig.
„Noch nicht, er hat sie still gelegt bis er mehr Vertrauen fasst. Was nie der Fall sein wird da er alleine Herrschen möchte.“
„Das akzeptierst du einfach so?“
Marcus stöhnt auf und sie erhascht einen seltsam traurigen Blick.
„Seit du und Lecram aufgekreuzt sind kann ich klarer denken und weiss ich werde mein Versprechen dir gegenüber versuchen zu halten.“ Langsam streift er sich ihren Ring ab und steckt ihn Sarah wieder an. Sie kann verstehen aus welchem Grund er dies tut und lässt ihn gewähren. Er muss sich schützen!
Eine Frage brennt ihr auf den Lippen: „Wirst du uns helfen den Diamanten zu finden?“
„Nein, das ist nicht möglich. Der Diamant befindet sich immer an einem anderen Ort. Er ist längstens nicht mehr an dem Ort den ich Lecram gezeigt habe. Ihr braucht einen Überraschungsmoment.“
„Danke.“
Sie ist so dankbar dass er ein paar offene Worte gesagt hat. Auch wenn sein Gesicht keine Emotionen spiegelt hört sie genau dass seine Worte aufrichtig sind. Oder ist er nur Aros Werkzeug? Nein, sie möchte ihm glauben und schiebt die Gedanken bei Seite.


Lecram

Es ist bereits Nacht und leise folgt er seinem Vater in einen Raum den Lecram wieder erkennt. Es ist der Ort den er durch Marcus Augen gesehen hat. Hier sah er die Tote Krähe. Wieder staunt er darüber dass ihn dieses Wissen immer noch kalt lässt.
„Bist du noch ein Drachenreiter?“, stellt er seinem Vater die Frage und ist sich bewusst dass er eventuell keine Aufrichtige Antwort darauf bekommt. Deswegen ist er erstaunt dass Aros Lächeln aufrichtig wirkt als er antwortet: „Nein, diese Chance habe ich vertan. Meine Erzählung darüber dass die Wut in dir eine Glut entfacht und dich auffrisst hatte ich selbst mal zu spüren bekommen. Ich gestehe, ich hatte mich nicht so rasch im Griff wie du. Aber – ich war ja auch nie: nur, der Drachenreiter.“
Aros grinst breit.
„Was ist also aus dir geworden?“
Eine rasche Handbewegung von Aros und Lecram findet sich laut krachend hinten an der Wand wieder. Damit hat Lecram nicht gerechnet. Schliesslich hat er seinen Vater noch nie gesehen wie er seine Magie gebraucht. Gerade als er aufgestanden ist und sich den Dreck abklopft bleibt ihm die Luft weg. Mit aufgerissenen Augen sieht er seinen Vater an der noch immer nicht in seiner Nähe steht und das Ganze nur mit einer kleinen Handbewegung bewerkstelligt.
„Mein Sohn, zügle dich. Heute ist dein grosser Tag. Du bekommst mein Brandzeichen und gehörst dann für immer mir. Dieses Band wird uns verbinden so lange ich lebe.“
Ausnahmsweise weiss Lecram auch jetzt wovon sein Vater spricht, schliesslich hat er damals bei Marcus Brandzeichen zugesehen. Als er endlich wieder Luft bekommt hustet er kurz auf. Seine Gedanken überschlagen sich und er fragt sich ob er mit dem Tragen des Brandzeichens irgendwelche Vorteile bekommt. Eigentlich käme ihm das Entgegen. Als Drachenreiter ist er schliesslich schon beachtlich, was wenn ihm Aros noch etwas von der Magie abgibt. Mit seinem Vater zusammen zu arbeiten kann sich lohnen. Bereitwillig entblösst er seinen rechten Oberarm und hält ihn Aros hin. Aros hatte das Eisen mit dem Zeichen ins Feuer gelegt und holt es nun glühend hinaus. Lecram steht da ohne mit der Wimper zu zucken, selbst als Aros das Glühende Eisen in seinen Oberarm brennt zuckt er nicht zusammen. Feuer kann ihm keine Schmerzen bereiten, es ist sein Element! Aros murmelt dabei auf einer ihm fremden Sprache etwas.
Augenblicklich wird Lecram müde und er gähnt. Plötzlich hat er das Gefühl der ganze Raum dreht sich um ihn herum als der Raum endlich stehen bleibt steigt Rauch empor und kriecht in ihn hinein. Nebel verdunkelt seine Gedanken bis er keine Gedanken mehr hat. Tatsächlich fühlt sich Lecram leicht betrunken, als könnten seine Gedanken nicht mehr bei ihm hängen bleiben. Er reibt sich die Augen und fährt mit den Händen durch seine Haare.
„Sohn“, holt ihn Aros zurück, „bist du bereit?“
„Ich erfülle dir jeden Wunsch.“ Dabei leuchten Lecrams Augen kurz Rubinrot auf.
Aros lacht zufrieden laut auf: „Wer hätte gedacht dass du derjenige mit der dunklen Seite bist.“
In Lecrams Gedanken herrscht Stille, er denkt nicht darüber nach. Er weiss nur dass er bereit ist zu tun was sein Vater von ihm möchte. Überall und zu jeder Zeit wird er tun was sein Vater ihm befiehlt ohne eine Überlegung warum er es tut.


Sarah

Dass Marcus sie mal für einen Moment alleine lässt kommt ihr entgegen. Sie sollte etwas schlafen, doch sie kann nicht. Sie sieht sich ihre Hand an und ist fasziniert wie Aros die Heilung vorantreiben konnte. Das so etwas überhaupt möglich ist, erstaunlich. Da ihr Körper jedoch noch andere Blessuren hat die schmerzen halten die sie irgendwie wach. Der Schmerz lässt sie spüren dass es noch nicht vorbei ist. Irgendetwas scheint heute Nacht in der Luft zu liegen.
Brenda hatte ihr noch etwas zum Essen gebracht und ihr beim Aufstehen, sowie anziehen geholfen. Da Marcus bestimmt bald wieder hier auftaucht will sie sich nun doch etwas Anständiges überziehen. Dass Brenda solche Blessuren nicht fremd sind konnte Sarah aus ihren Augen lesen. Himmel, sie müssen hier fort.
„Aros wünscht deine Gesellschaft. Lecram steht vor der Türe bereit um dir zu helfen.“ Erklärt Brenda nach einer Weile.
„Oh“, ist Sarah überrascht.
Dann humpelt sie hinter Brenda her die diese schwere Holztür für sie öffnet und geht durch die geöffnete Tür. Tatsächlich steht Lecram da. Er sieht noch düsterer aus wie sonst. Sein Blick wirkt finster und sein Haar fällt ihm ins Gesicht! Kein lächeln, keine Regung! Fast scheint es als wäre er gar nicht anwesend. Doch dann bewegt er sich auf sie zu und nimmt sie auf seine Arme. Lächelnd lässt sie es geschehen, sie ist eh körperlich nicht in der Lage lange Strecken zu laufen. Ihr Lächeln wird jedoch ignoriert.
„Wie geht es dir“, möchte sie aufrichtig wissen.
„Schweig“, spricht er wütend und seine Augen blitzen dabei kurz Rubinrot auf. Himmel, was ist bloss mit ihm los. Wüsste sie es nicht besser hätte sie das Gefühl dass er sie hasst! Während er sie ohne ein Wort zu sagen die Treppe runter trägt rutscht sein Oberteil rechts runter und Sarah sieht das Mal, es ist dasselbe wie das Marcus trägt. Entrüstet hält sie eine Hand auf ihren Mund. Innerlich schreit es in ihr und sie weiss er ist verloren. Sein Körper funktioniert doch seine Seele ist gefangen. Irgendwo in diesem Körper steckt der Mensch den sie liebt!
Traurig und sanft streift sie über das Mal.
„Ich werde nicht aufhören dich zu lieben“, spricht sie sanft. Sofort stellt Lecram sie ab und schlägt ihr so fest ins Gesicht dass sie taumelt und am Boden landet. Sie spürt das Blut an ihrer Lippe und Lecram funkelt sich wütend an.
„Mass es dir nicht an mich an zu fassen.“
Sarah ringt mit sich und sieht schwarzen Rauch vor ihr aufsteigen der sich dann zu Aros Gestallt formt. Aros sieht seinen Sohn fragend an und Lecram ausdruckslos erklärt: „Sie hat unser Mal nicht an zu fassen.“
Aros scheint entzückt zu sein und sieht zu Marcus der gerade auch zur Tür herein kommt. Mittlerweile befinden sie sich in dem kleinen Speisesaal in dem sie schon zusammen gegessen haben.
„Marcus, trag du Sarah und komm mit.“
„Warum lässt du sie nicht hier zurück?“ Versteht Marcus wohl nicht.
„Es ist besser sie an unserer Seite zu wissen, wer weiss was sie sonst ausheckt.“
„So wie sie aussieht ist sie wohl kaum in der Lage dazu“, wiederspricht Marcus was er sogleich mit einem Hieb von Lecram in den Bauch bezahlt. Lecrams Augen funkeln Rubinrot auf und Feuer scheint sich ihn ihm breit zu machen. Lecram sieht gefährlich und machtvoll aus. Seine Haare fallen ihm wild ins Gesicht. Die kurz Rubin aufleuchtenden Augen mit der Narbe sehen wild und entschlossen aus.
„Wiedersprich unserem Vater noch einmal und ich verspreche du wirst brennen.“ Klingt Lecram so entschlossen wie sie ihn noch nie gesehen hat. Sarah reisst die Augen gross auf. So düster hat sie Lecram noch nie sprechen hören. Alles an ihm zeigt ganz klar dass er seinen Worten Taten Folge leisten möchte. Dass Aros überglücklich ist in Lecram einen ebenbürtigen gefunden zu haben ist unverkennbar. Eigentlich dachte sie immer das Marcus zu demjenigen wird der jetzt aus Lecram geworden ist.
Marcus tut also um was er gebeten wurde und Sarah sieht ihn mitfühlend an. Wenigstens steckt in Marcus noch etwas Menschliches. Am liebsten würde sie weinen, hält ihre Tränen jedoch zurück. Jetzt sind die Würfel gefallen und Marcus wird wohl wie Gloria ausgesaugt. Himmel, dass Lecram so tief fallen kann hat wohl niemand geahnt. Traurig hält sie sich an Marcus fest und drückt den Kopf an seine Schulter. Dabei schliesst sie die Augen und ist bemüht ihre Tränen zurück zu halten. Als sie die Augen öffnet stehen sie auf einem der Türme. Es ist der grösste Rundturm aus Granit mit der Besten Aussicht auf ganz Veram und die Ruine. Sofort überkommt Sarah die Sehnsucht dorthin zu gelangen. Sie möchte zu ihrer Familie, weg von hier. Hätten sie diese Reise bloss nie angetreten! Ja…, sie fühlt sich durchaus etwas schuldig dass es so weit gekommen ist.
„Marcus, hol Gloria dazu“, befiehlt Aros und Sarahs Gedanken lichten sich etwas. So schrecklich die Dinge hier sind, sie hatten einen Plan. Langsam humpelt sie an die Turmbrüstung die auch aus Granit besteht und sieht hinunter. Es ist verdammt hoch. Als sie wieder zu den Ruinen sieht kann sie erkennen dass sich dort bereits einige versammelt haben. Wenn Daria und ihr Vater wüssten was sich hier abspielt sässen sie nicht mehr untätig dort. Jedoch ist es besser sie bleiben an Ort und Stelle, hier gegen Aros zu gewinnen scheint im Moment aussichtslos. Wie sollen sie Aros bloss zu fassen kriegen. Schliesslich hat er ja jetzt Lecram den er voran schicken kann um zuerst alle zu täuschen!
Wäre die Stimmung hier nicht so angespannt wäre es eine schöne sternenklare Nacht. Kurz sieht sie zum Himmel wo die zwei halb Monde hell leuchten. Sie steht eine Weile Gedanken versunken da und würdigt das Geflüster zwischen Aros und Lecram keines Wegs. Zu sehr ist sie mit ihren Gedanken beschäftigt die langsam eine Form annehmen. Ja, sie hat einen Beschluss gefasst.
Da in diesem Moment Marcus die Wendeltreppe hinauf gestürmt kommt und keuchend vor Aros und Lecram stehen bleibt nützt Sarah die Chance um unbemerkt auf die Turmbrüstung zu klettern. Sie kann hören wie Marcus entrüstet erklärt: „Vater, Gloria ist Weg“, er keucht, „einige deiner Männer auch“, entrüstet schüttelt er seinen Kopf und seine Arme klatschen auf seine Beine.
Aros schüttelt seinen Sohn heftig als wolle er ihm eine Antwort heraus schütteln: „Wie ist das möglich!“
Sarah weiss dass sie sich rasch in die Tiefe fallen lassen muss, nicht dass Aros sie noch daran hindert. Durchaus wäre er vermutlich dazu imstande. Oder doch nicht? Jetzt da Gloria weg ist, müsste seine Kraft geschwächt sein. Jedoch nur so lange bis er von Marcus Energie nimmt. Das macht sie wütend.
Es ist jedoch wichtig dass Lecram kurz zu ihr hinsieht und ist daher froh dass Marcus sie jetzt sieht und mit aufgerissenen Augen auf sie zeigt. Sie lächelt Marcus an.
Gerade als die anderen sich zu ihr drehen lässt sie sich mit ausgestreckten Armen, breit lächelnd fallen. Dabei sieht sie ihrer grossen Liebe tief in die grünen Augen und ruft so laut sie jemals rufen konnte: „L e c r a m!“
Und hofft dass seine Seele erwacht. Seinen Namen wieder einmal laut aus zu sprechen tut gut. Auch wenn es das letzte sein könnte was sie tut.
Sarah spürt den Wind an ihrem Rücken und schliesst die Augen. Der Fall fühlt sich befreiend an. So kurz vor dem Tod möchte sie Lecram in guter Erinnerung behalten und einig schöne Momente die sie zusammen erlebten laufen vor ihrem inneren Auge ab. Hier im freien Fall hat sie keine Schmerzen und freut sich schon fast von ihren Schmerzen erlöst zu werden. Auch wenn ihr Plan nicht funktionieren sollte, Aros wird sie nicht in ihrer Gewalt haben und niemand wird mehr auf die Erde gelangen können. Alle bleiben wo sie sind, und das ist genau das was sie erreichen möchte.
Gerade als sie ihre Augen aufmachen möchte spürt sie einen Ruck und grosse Hände die ihren Aufprall auf dem Boden abfangen. Erschrocken reisst sie ihre Augen auf und findet sich in den Armen eines Gargoyles wieder der augenblicklich beginnt um sein Leben zu rennen um sie beide ausser Gefahr zu bringen. Sarah klammert sich an den Gargoyle so fest sie kann und beisst vor Schmerz die Zähne zusammen. Sie lebt!
Der Gargoyle rast durch das fast verlassene Veram, durch eine Arkade hindurch bis sie an die Brücke kommen die aus die Stadt führt. Sanft stellt er Sarah rasch ab und schlägt die Wachen mit Leichtigkeit nieder. Sie sieht die Wut in seinen Augen. Alles hier fühlt sich an als wäre sie in einem Film gefangen und alles hier ist nicht real. Doch ihre Schmerzen sagen da leider was anderes.
Kurz darauf kommt der wütende Gargoyle wieder auf sie zu und steift kurz über ihr Gesicht. Sein Blick wird weich und warm. Mit wässerigen Augen klammert sie sich wieder an ihn und er rennt weiter den Weg entlang zu der Ruine.
Niemand kann ihnen folgen, viel zu rasch stürmt Lecram den Weg entlang bis sein Ziel schon greifbar nahe ist.
Kurz bevor er bei der Ruine ankommt stürmt er links in den Wald hinein und setzt Sarah sanft ab. Beide sehen einander direkt an.


Lecram


Etwas durcheinander fährt er durch seine Haare und ist einfach nur wütend. Ein Baum der gerade in der Nähe steht bekommt einen Schlag ab der ihn sogleich zum Fallen bringt. Doch danach geht es ihm etwas besser und er geht langsam wieder auf Sarah zu. Ja, er hat sich beruhigt.
„Verdammt, Sarah“, er schüttelt seinen Kopf, „das war gefährlich. Es war verdammt noch mal knapp.“
Sie kneift ihre Augen zusammen: „Ist das ein verstecktes Dankeschön dass ich dich aus der Hölle geholt habe.“
Wieder fährt er sich durch die Haare. „Wenn du so willst. Habe ich dich wirklich geschlagen?“
Dafür schämt er sich!
Er hat mit allem gerechnet jedoch nicht damit, dass sie ihn sanft an lächelt als sie nickt. Automatisch ziehen sich seine buschigen Augenbrauen zusammen und er möchte genauer wissen: „Du lächelst, ich verstehe nicht…“
Sie humpelt offen lächelnd näher auf ihn zu.
„Dein Gesicht zeigte keine Gefühlsregung mehr. Dein Körper schien nur noch eine Fassade zu sein.“ Sie seufzt erleichtert auf „Jetzt spiegelt sich dein ganzer Gemütszustand wieder auf deinem steinernen Gesicht. Du bist wieder du und ich bin einfach nur glücklich und dankbar.“
Da sind sie wieder die grossen Gefühle.
Niemals hat er geahnt dass er in der Lage sein wird ihr Schmerzen zu zufügen. Das Mal an seinem Oberarm brennt doch er ignoriert es und sieht Sarah tief in die Rehbraunen Augen. Wie erhofft hat sie ihn gerettet und er gibt es ungern zu: „Du hast die Richtige Entscheidung getroffen als du mit Abena nachgekommen bist. Du bist unglaublich.“
Sanft hält er seine Pranken an ihre Wangen und erstaunlicher Weise stört es ihn nicht seine steinernen Hände auf ihrem Gesicht zu sehen. Es spielt keine Rolle in welcher Gestallt er vor ihr steht. Endlich begreift er dass ihre Liebe stärker ist als alles andere. Als könnte sie seine Gedanken lesen kommt sie ihm zuvor: „Ich liebe dich…, Marcel.“
Dieser Name lässt ihn wieder zum Menschen werden und als er die Augen öffnet sind es seine menschlichen Hände die bei Sarah verweilen. Dieses hin und her Verwandeln hinterlässt Spuren der Erschöpfung. Doch versucht er es zu überspielen indem er sie einfach nur anlächelt und sanft auf die Stirn küsst! Sie sieht ihn immer noch lächelnd an. Sanft bückt er sich zu ihr hinunter und küsst sie auf den Mund. Der Kuss ist sanft, behutsam und bestimmend zugleich. Es ist ein Kuss der von beiden, hier und jetzt, gebraucht wird. Eine Bestätigung ihrer innigen Liebe für einander und eine Entschuldigung zu gleich.
Wie gerne er noch mehr von Sarah erfahren würde. Er muss wissen was Aros ihr angetan hat. Einige Fragen stehen noch aus doch seine Empfindlichen Ohren können jemanden kommen hören, aus diesem Grund lächelt er vergnügt. Genau in diesem Augenblick landet Velis neben ihnen. Mit einem schnalzenden Laut voran neckt Velis:
„Junger Freund, wie klug von dir dass du meine Hosen anbehalten hast.“
Lecram hält Sarah fest in seiner Hand und sieht zu dem Makiani - seinem Freund, hinauf.
„Freue mich ebenfalls dich zu sehen, obwohl mir nicht bewusst ist dich gerufen zu haben.“ Zuckt er mit seiner Schulter auf.
Velis sprich schnalzend jedoch ernster: „Wohl war mein Freund. Es waren die besorgniserregenden Dinge die du mir unbewusst gezeigt hast, die haben mich her geführt.“
„Oh…“, staunt Lecram und bittet, „bring Sarah zu den anderen sie kann nicht so gut gehen, Aros hat ihr übel mitgespielt.“
Natürlich geht Lecram davon aus dass Velis ihren Zustand bereits gesehen hat, weiss aber aus Erfahrung dass eine bitte angebracht ist. Wie vermutet nickt Velis ernst und nimmt Sarah zu sich die sich bereitwillig um seinen Hals klammert. Als die beiden weg sind seufzt er lauf auf!
Er fühlt sich ausgelaugt und könnte Schwören er kommt direkt aus der Hölle. Sein Bruder steckt noch immer in dieser Hölle fest mit diesem dummen Mal das ihn so sehr an Aros bindet. Wieder brennt das Mal und Lecram wirft einen Blick darauf. Damit hat er nicht gerechnet, das Mal ist unterbrochen! Er ist nicht mehr an Aros gebunden. Automatisch sieht er verachtungsvoll auf die Stadt Veram.
„Nie mehr“, schwört er sich und will seinen Bruder unbedingt da hinaus bekommen. Auch wenn er mit seinem Bruder nicht immer derselben Meinung war, es ist sein Bruder. Er wird einen Weg finden Marcus da raus zu holen. Nicht alleine, sie werden alle zusammen sitzen und Erfahrungen austauschen und gemeinsam entscheiden.
Langsam macht er sich auf den Weg zur Ruine. Er schlägt sich durch den Wald durch. Den Duft des Waldes in sich aufzunehmen tut gut. So muss sich Freiheit anfühlen.
Weiter oben sieht er etwas durchs Unterholz streifen. Als er das kleine etwas laut brummen hört grinst er breit. Im nächsten Augenblick springt ihn Feora an und nistet sich auf seiner Schulter ein. Ihren Kopf reibt sie in seinen Haaren und gurrt vor endzücken. Da er jedes gurren und stöhnen von ihr verstehen kann rollt er vergnügt die Augen. Sie erzählt irgendwie alles auf einmal und total verwirrend. Die Freude ihn wieder bei sich zu haben ist gross.
Heute stört es ihn nicht dass sie so viel plaudert, auch er hat die kleine Drachen Lady vermisst. Sie ist für ihn ein Stück zu Hause in dieser verrückten Welt.
Als Mensch hat er wesentlich länger bis er bei den anderen bei der Ruine ankommt. Zuvor stösst er auf eine Gruppe gefesselter Männer die alle schwarze Kleidung tragen und kahl geschoren sind. Dann sieht er Shemar und Meta die auf ihn zukommen und ihn freundlich begrüssen. Lecram staunt darüber dass Shemar so viele Männer in Sicherheit bringen konnte. Genau genommen ehrt es ihn dass auf ihn gehört wurde.
„Shemar, geht es euch gut?“, ist er doch etwas besorgt.
„Wir können nicht klagen“, lächelt Shemar und nickt, also geht Lecram weiter. Sie werden später Zeit zum Reden finden.
Feora sitzt mittlerweile still und stolz noch auf seiner Schulter. Auch Malek empfängt ihn, wie erwartet, freundlich nickend. Schliesslich kann Malek doch nicht anders und umarmt ihn kurz. So viel Gefühl kenn Lecram gar nicht von den Elben, freut sich aber auch seinen Freund gesund und munter vor sich zu sehen. Wie er erwartet hat stehen schliesslich Daria und Aros vor ihm. Lecram ringt mit seiner Fassung und fällt seiner Mutter um den Hals. Wie schön es ist sie alle hier wieder vereint zu sehen kann er nicht in Worte packen. Auch seine Mutter lächelt offen. Als sie sich lösen streift er sich durchs Haar und sieht schuldbewusst zu Tarak.
Sarahs Vater geht stolz auf ihn zu und platziert die rechte Hand auf seine Schulter.
„Schön euch wieder hier zu haben.“
„Wo ist Sarah?“
„Lecram, sie schläft. Bitte lass sie sich erst einmal ausruhen.“
Lecram nickt, wie könnte er dieser Bitte nicht nachkommen. Schliesslich fühlt er sich Elend für das was Sarah wiederfahren ist. Dennoch sieht er sich um und fragt direkt: „Wie geht es Gloria?“
Tarak nimmt seine Hand weg und erklärt.
„Gloria geht es bereits viel besser, sie ist bei Sarah und ruht sich ebenfalls noch etwas aus.“
Tarak lächelt und lässt Daria und ihn etwas Raum für sich.
Daria bietet an: „Wenn du reden möchtest bin ich für dich da. Jederzeit.“
„Danke“, lächelt er warm, obwohl es ihn schon wieder etwas stresst dass man es ihm so offensichtlich ansieht dass er Schuldgefühle hat. „Ich gehe lieber noch ein paar Schritte um meinen Kopf frei zu kriegen.“
Darauf erwidert Daria nichts, sie scheint ihren Sohn zu begreifen und zieht sich ebenfalls zurück. Also sieht er sich in aller Ruhe um und stellt fest dass es hier einiges mehr an Helfern hat wie vor seinem Tripp zu Aros. Einige Drachen liegen herum oder spielen wie kleine Hunde mit Stöckchen, das zaubert ihm ein lächeln ins Gesicht.
Auch einige Makiani sind gekommen und das macht ihn stolz. Nur wie sie gegen Aros gewinnen sollen ist ihm immer noch ein Rätsel. Es geht nicht darum dass sein Vater so unangreifbar ist. Im Gegenteil, seine Macht ist begrenzt. Doch Aros kann sich in Rauch auflösen und sich so, jederzeit fort bewegen. Wie sollen sie ihn zu fassen kriegen?
Langsam schlendert er auf die kleine Anhöhe die in der Nähe ist und stösst dabei auf Velis und Toron.
Die drei sprechen eine Zeit lang kein Wort. Jedem von ihnen scheint eine Menge durch den Kopf zu gehen. Die kleine Feora ist auch von seiner Schulter gestiegen und spielt mit einem Blatt das vom Wind hin und her getragen wird.
Nach einer Weile kommen Toron und Velis näher an ihn heran. Wie erwartet folgt ein schnalzender Laut bevor Velis spricht.
„Angenommen wir bezwingen Aros …, dann braucht Veram einen neuen König.“
Mit grossen Augen sieht Lecram zu den beiden hin.
„Nie im Leben werde ich diesen Platz einnehmen“, schüttelt er vehement seinen Kopf. Danach muss er seine Haare richten die ihm wild ins Gesicht gefallen sind.
Toron stupst ihn mit einem Flügel etwas an, fest genug um ihn etwas aus dem Gleichgewicht zu bringen. Bevor Lecram reagieren kann spricht Velis wieder schnalzend: „Diese Moor Landschaft war nicht immer da. Die wurde von Aros geschaffen. Wenn Ruhe und Frieden einkehrt wird dieses Moor verschwinden und Veram wird wieder zu einem friedlichen hübschen Ort der er mal war.“
„Mag sein, doch ohne mich.“ Wenn er an die Leichen in diesem Moor denkt wird es ihm schon fast schlecht. Darüber mag er jetzt auch nicht sprechen. Vor Ekel zieht er seine Brauen zusammen.
„Dieser Platz muss nicht von dir besetzt werden", schnalzt Velis, „Vielleicht kann es auch Marcus sein der dazu berufen ist.“
Zur Hölle, wenn sein Bruder die Möglichkeit hat wieder zurück zur Erde zu gelangen bleibt er mit Sicherheit nicht freiwillig in diesem Land. Marcus muss diese unzivilisierte Welt hassen doch dass erwähnt Lecram im Moment besser nicht. Er beisst sich auf die Unterlippe und Velis ergänzt: „Diese Menschen hier brauchen jemanden der ihnen eine Richtung weist in eine besseres Leben. Das haben sie verdient.“
Verdammt, darüber möchte er sich nicht auch noch den Kopf zerbrechen müssen. Ausserdem ist er müde, aus diesem Grund reibt er sich die Augen. Auch ihn haben die heutigen Ereignisse geschlaucht.
„Wir werden sehen“, ist das einzige was er in diesem Moment darauf antworten kann. Wie erhofft reicht es Velis aus und sie schweigen wieder.
Da mittlerweile sein sich Magen meldet geht er etwas später zurück zur Ruine und sucht nach etwas essbarem. Am offenen Feuer findet er dann eine köstlich duftende Suppe. Abena reicht ihm eine Schüssel die er gerne entgegen nimmt. Die beiden sehen sich kurz lächelnd an, sprechen aber auch kein Wort. Anscheinend spüren alle dass er müde ist und etwas für sich sein möchte. In diesem Moment empfindet er grosse Dankbarkeit für alle hier.
Nach dem Essen und etwas Wasser sitzen auch noch andere ans Feuer. Es ist eine bunte Gruppe an seltsamen Gefährten. Mit Migdal wechselt er einige hochachtungsvolle, zuversichtliche Blicke. Die beiden brauchen keine Worte sie scheinen sich auch so zu verstehen. Gargoyles sprechen an sich nur das nötigste Dass Lamos nicht mitgekommen ist kann er verstehen, schliesslich hat Lamos sich um eine Familie zu kümmern.
Als es beginnt ein zu dunkeln zieht Lecram sich zurück um etwas zu schlafen. Automatisch sucht er nach Sarah die er bald an einem geschützten Ort findet. Sie ist in Decken eingehüllt und Gloria ist ganz in der Nähe. Tatsächlich haben die Schwestern mittlerweile schon mehr Farbe im Gesicht bekommen. Die Freiheit scheint ihnen gut zu stehen. Schliesslich liegt er zu Sarah unter die Decke und hält sie sanft fest. Dieses Mädchen ist so unglaublich stark und er empfindet ausserdem grossen Respekt vor ihrem Mut. Lecram schliesst die Augen und spürt ihren regelmässigen Atem indem sich ihr Brustkorb hebt und senkt. Diese rhythmische Bewegung bringt ihn schliesslich zum Schlafen.


Sarah

Ihr Gehirn weiss sie liegt zugedeckt da und kann eigentlich nicht kalt haben. Dennoch fröstelt es sie und ihr ist Unbehagen zu Mute. Langsam scheint sie zu erwachen, lässt jedoch die Augen noch geschlossen. Sie lauscht und hört nichts als schlafende Geräusche um sie herum.
Doch warum ist sie wach? Irgendjemand scheint ganz leise, fast unbemerkt, nach ihr zu rufen. So leise und nah dass es nur für ihre Ohren bestimmt zu sein scheint. Neugierig öffnet sie die Augen und muss sich zuerst an das schummrige Licht gewöhnen.
Schliesslich sieht sie Rauch vor ihrem Gesicht aufsteigen der dann das Gesicht von Aros zeigt. Er lächelt so liebevoll er wohl kann und spricht mit süsser, sanfter fast beschwörender Stimme: „Mutiges Mädchen. Ich habe grossen Respekt vor dir und klug bist du auch noch.“
Sarah sieht ihn immer noch mit grossen Augen an und er spricht süssholzraspelnd weiter: „Durch deine Tat bist du noch wertvoller für mich geworden. Bitte komm freiwillig zu mir zurück und dir wird es an nichts fehlen. Du wirst die Königin sein in meinem Reich.“
Ihre Nase rümpft sich automatisch und ihr Körper spannt sich an. Sie wünscht sich es wäre nur ein Traum, doch ihr Verstand hält sie in Alarmbereitschaft und wissen es ist real.
„Danke, darauf kann ich verzichten“, zischt es leise, zornig aus ihrem Mund.
„Du bist die Torhüterin und der Schlüssel zu meinem Sohn. Das sind starke Eigenschaften die ich wieder vereint haben möchte. Du hast keine Wahl.“
„So lange mein Herz schlägt, mein Blut fliesst, so lange bestimme ich über meinen Körper und meine Seele. Ich bin nicht käuflich.“
Sarah spürt etwas Druck von Lecrams Arm und sieht dann wie ihr Freund sie beide in eine Art Schutz aus Feuer einhüllt. Die innere Hülle ist kühl und glüht leicht bläulich wobei die äussere Hülle brennend heiss sein muss. Ohne sich eine Brandwunde zu holen kommt niemand an sie beide heran.
Aros freundliches Gesicht formt sich zu einer wilden Fratze und Lecram erklärt bestimmend.
„Wie du bereits erwähnt hast, sie ist mein Schlüssel und somit steht sie auch unter meinem Schutz.“
Das Gesicht von Aros zeigt ein breites Lächeln.
„Ihr seid mächtig, doch denkt bloss nicht ihr seid in Sicherheit. Auch wenn ihr in der Überzahl da steht bin ich immer noch am längeren Hebel. Ihr könnt abwehren doch ich kann reagieren.“
Schliesslich löst sich die Rauchwolke einfach in Luft aus und Lecram löst den Schutzwall. Die beiden setzten sich auf und scheinen über Aros letzte Worte nach zu denken. Sogleich hören die beiden draussen Menschen wild aufkreischen. Lecram nimmt Sarah an der Hand und die beiden eilen aus der Ruine hinaus, wie alle anderen die durch die Schreie aufgewacht sind. Draussen herrscht Wirrwarr und Sarah hält Lecrams Hand ganz fest. Angst schleicht sich ihren Nacken hoch.
Lecram lässt sie los und möchte ihr etwas sagen. Dazu kommt es nicht da Velis direkt neben die beiden landet und Lecram zurück drängt.
„Mein Freund, du bleibst hier bei Sarah in Sicherheit.“ Danach kommt der schnalzende Laut.
Sarah ist tatsächlich Starr vor Schreck, sie weiss genau zu welchen grausamen Taten Aros fähig sein kann.
„Was ist da oben los?“, muss Lecram wissen, zeigt auf die kleine Anhöhe und auch Sarah ist neugierig.
„Aros hat Gift-Schlangen geschickt um die Gefangenen töten zu lassen.“
Wut muss in Lecram hoch steigen, denn Sarah sieht wie seine Augen kurz rubinrot aufleuchten. Bestimmt braucht es viel Kraft das Feuer das in ihm steckt zurück zu halten.
Velis schnalzende Stimme wird lauter: „Mein Freund, lass es gut sein. Die Drachen und Gargoyles regeln es bereits.“
Für einen kurzen Moment schliesst Lecram die Augen und seine Hände formen sich zu Fäusten. Sanft streift Sarah über seinen Arm und hofft ihn etwas beruhigen zu können. Sie kann seine Endtäuschung förmlich spüren dass er nicht helfen soll. Schliesslich war er mehr Gargoyle als Mensch und kann genauso gut helfen wie ein reiner Gargoyle. Die Endtäuschung steht ihm dick ins Gesicht geschrieben und wenn sein Blick töten könnte würde Velis wohl keine Chance haben zu überleben. Auch Sarah ist unsicher ob er nicht gleich explodiert. Die Stimmung ist angespannt bis Velis argumentiert.
„Du scheinst mich falsch zu verstehen.“ Ein schnalzender Laut. „Ich bin um die Sicherheit von Sarah und Gloria besorgt und brauche dich in ihrer Nähe.“
Sarah sieht von Velis zu Lecram. Erst als Lecram tief einatmet und zustimmend nickt scheint wieder alles geregelt zu sein. Die beiden lächeln sich sogar leicht an als verstehen sie sich ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren. Vielleicht lesen sie in ihren Augen auch so was wie eine Entschuldigung. Wieder nimmt Lecram sie ohne ein Wort zu verlieren an die Hand und sucht nach Gloria. Sarah humpelt so gut es geht nach. Gloria ist bei Tarak, Daria und Malek in Sicherheit. Schliesslich sieht er Sarah mit seinen grünen Augen an. Sie sieht seinen stechenden Blick und weiss er heckt etwas aus. Diesen Blick kennt sie und kann schon fast zusehen wie sich seine Gedanken fast überschlagen. Als die Schreie aufhören zieht er sie etwas von den anderen weg. So dass sie kurz für sich sind. Mit einem Fragezeichen im Gesicht sieht sie ihn wohl an. So fühlt sie sich zumindest.
„Hör zu“, er küsst sie sanft auf die Stirn, „Aros spielt nicht fair.“
Sie nickt und sieht das genauso. Lecram sucht nach Worten.
„Wir müssen handeln.“
„Wir sollen kämpfen?“ Ihre Augen verdunkeln sich. „Wahrscheinlich. Doch warum geben wir ihm nicht das was er sowieso möchte.“
Versteht sie ihn richtig. „Wir sollen zu ihm zurück?“
„Wenn du dir das zutraust…, ja.“
Ihre Hand gleitet an seine Brust. „Warum sollten wir das tun?“
Er zeigt ihr sein Brandmahl.
„Mein Band mit ihm ist gebrochen. Mich kann er nicht mehr manipulieren, ich bleibe mich selbst. Wenn deine Kraft reicht kannst du dein Schutzschild aufbauen und er kann dir auch nichts mehr antun.“ Er macht eine kurze Pause und seufzt. „Ich muss Marcus raus holen.“
Nun kann sie ihn zwar verstehen hat aber Einwände.
„Verstehe! Doch ob ich genügend Kraft aufbringe mich die ganze Zeit gegen Aros zu wehren ist etwas weit her geholt. Irgendwann wird er mich gebrochen haben und die Hölle beginnt von vorne.“
Lecram streift durch sein Haar das ihm wild ins Gesicht gefallen ist. „Dann schütze ich dich.“
„Das kannst du nicht…“, schüttelt sie leicht ihren Kopf und ihr Gesichtsausdruck wirkt angespannt mit einem Haus von Angst im Nacken. Auch sie will Marcus wie alle anderen Personen die noch in Veram sind retten.
Die beiden sehen einander wortlos an und es scheint fast so als beginne selbst Lecram an seinem eigenen Plan zu zweifeln.
Sanft nimmt er ihre Hände in die seinen und fragt nach: „Was hat Aros mit dir angestellt.“
Reflexartig möchte sie ihre Hände weg ziehen, doch er lässt sie nicht. Sarah fühlt sich als würde man ihr den Boden unter den Füssen entziehen, ausserdem ist es ihr unangenehm darüber zu sprechen. Schmerz!
„Wir sollten keine Geheimnisse vor einander haben.“ Hackt er nach.
„Das sagst gerade du, der sein Geheimnis mit seinem Namen um seine Person so sehr hütet.“
„Das werde ich ändern. Vertrauen macht uns stark, das habe ich gelernt.“
Diese Aufrichtigen Worte klingen richtig. Vermutlich hat er Recht, ihre Liebe und ihr uneingeschränktes Vertrauen in einander machen sie stark. Wenn sie ihren Stolz nicht begräbt wird Aros immer zwischen ihnen stehen, egal wie die Sache hier ausgeht. Sarah hat alles überstanden, durchgehalten, Lecrams dunkle Seite gesehen und ihn zurückgeholt. Warum sollte sie ihm nicht alles erzählen.
Tatsächlich ist sie es jetzt sie die nach geeigneten Worten sucht während ihre Kehle trocken ist und sie leer schluckt. Als er sie los lässt verschränkt sie ihre Arme.
„Er hat mich, ohne mich an zu fassen, sprichwörtlich an die Wand genagelt und wollte von mir wissen wenn wir alles bei der Ruine versammelt haben.“ Sie versucht sich zu erinnern: „Natürlich habe ich mich geziert und er hat mich so stark gewürgt dass ich fast gestorben wäre.“ Nun sieht sie Lecrams bedauern in seinem Blick. „Irgendwann wurde er so wütend dass er mit seinen Händen auf mich eingeschlagen und mit den Füssen getreten hat.“ Schmerz geht durch ihre Glieder. „Wenn ein Knochen dabei gebrochen ist hat er ihn irgendwie mit Sprüchen und einer Art Kräutersaft wieder zusammen geflickt. Er war abwechslungsweise sehr brutal und doch liess er mich nicht sterben.“ Sie schluckt schwer. „Aros hat mich viele Dinge gefragt, doch vor lauter Schmerz verstand ich die Fragen nicht mal mehr. Ich war am Ende und hätte mir den Tod so sehr gewünscht.“
Lecram zieht sie an sich und fährt tröstend ihren Rücken rauf und runter. Wärme strömt durch ihren Körper und sie ist tatsächlich dankbar für sein Mitgefühl. Er spendet ihr seine Liebe und das gibt ihr wiederum Kraft.
„Aus welchem Grund hat er deine Hand…“ Sie zuckt kurz zusammen und er lässt sie los. Automatisch sieht sie ihre Hand an und seufzt. Sie erinnert sich genau an den Moment den sie nicht mehr aushalten konnte und doch gelogen hat um Lecram und sich selbst zu schützen. Ja, sie war sehr tapfer.
„Aros wollte wissen ob dein Fluch gebrochen ist. Ob du denjenigen gefunden hast der deinen Fluch brechen kann.“ Sie seufzt auf. „Ausserdem hat er nicht geglaubt dass ich das Tor nicht öffnen kann. Da er kein Drachenreiter mehr ist und er keine Macht mehr über Feuer hat“, sie macht nochmal eine Pause, „Da hat er meine Hand sprichwörtlich über dem Feuer geröstet.“
Ihre Rehbraunen Augen treffen auf seinen mitfühlenden Blick.
„Du hast diese Schmerzen für diese Lügen ertragen“, er streift sanft über ihre Wange, „Du bist so unglaublich. Du bist einiges stärker als ich.“
Mit einem Seufzer schmiegt sie sich wieder an ihn und er gibt ihr die Geborgenheit die sie in diesem Moment der Verletzlichkeit braucht. Sie ist müde…
„Es tut mir so unsagbar leid dich geschlagen zu haben.“
Sarah hört sein Bedauern und muss zugeben: „Ich war erstaunt darüber dass du keine Regung gezeigt hast und bekam Angst dich verloren zu haben.“
Er presst seinen Kiefer aufeinander und Sarah löst sich von ihm um in seine Augen zu sehen.
„In diesem einen Moment…“, er stöhnt kurz auf, „hatte ich kein Bedauern. Es tut mir leid.“
Sie lächelt warm und ist froh dass er ehrlich bleibt und sie nicht mit irgendwelchen dummen Entschuldigungen abspeist. „Ich weiss.“
Da der Tag bereits anbricht und sie nach dieser Aufregung eh nicht mehr schlafen können möchte Lecram von ihr lediglich noch wissen: „Hunger?“
„Ja.“ Sie nimmt seine linke Hand. „Bitte lass mir noch etwas Zeit um über deine Bitte mit Aros nach zu denken.“
„So lange du möchtest.“ Drückt er ihre Hand und lächelt.


Lecram

Dass Sarah bereit war zu sterben nur weil sie an eine Sache glaubt macht ihn Stolz. Mit ihr an seiner Seite hat er eine starke Partnerin gefunden. Dass sie Zeit braucht um über seine Bitte nach zu denken versteht er. Nicht auszudenken welche Schmerzen sie ertragen musste. Wie erstaunlich dass sie alle Geheimnisse für sich behalten konnte.
Ob es Gloria genau so erging? Was für ein Leben wohl seine Mutter bei Aros geführt haben muss. Diesen dummen Gedanken schüttelt er kurz ab.
Da sie mittlerweile mit den anderen am Feuer sitzen und etwas essen geht sein Blick zu Gloria und Daria. Da gibt es vieles das er noch nicht weiss und einiges das nicht ausgesprochen werden muss um zu verstehen warum man zu dieser Person geworden ist. In diesem Moment hat er grosse Achtung vor seinen Freunden und Familie. Jeder hier hat sein persönliches Päckchen zu tragen. Jeder von ihnen hat gute Dinge sowie schlechte Dinge erlebt. Vielleicht hat man auch bereits Dinge getan auf die man nicht mit Stolz zurück blickt. Doch alle diese Erlebnisse formen einen und machen einen zu dem was man ist.
Jeder der Anwesenden ist einfach bemerkenswert und ist bereit für etwas zu kämpfen das ihn vielleicht noch nicht einmal persönlich getroffen hat.
Dass er selbst eine so dunkle Seite hat, hätte er nie vermutet. Für ihn war es Marcus der nicht richtig tickt, dabei ist Marcus derjenige der sich in Aros Nähe besser im Griff hat als er selbst. Dafür bewundert er seinen Bruder und möchte ihn aus den Klauen von Aros befreien. Sie standen sich nie sonderlich nahe, trotzdem liebt er seinen Bruder auf seine Art und Weise. Ausserdem hat Marcus seine Sarah immer beschützt, obwohl er Angst hatte es nicht zu können. Tatsächlich ist sein Bruder über sich hinaus gewachsen.
Wie sie es anstellen sollen Marcus da raus zu manövrieren, weiss er noch nicht, aber auf irgendeine Weise wird Aros untergehen. Eines Tages wird es geschehen, er muss nur noch mehr von seinem Vater in Erfahrung bringen. Schliesslich ist er davon überzogen dass auch sein Vater eine Achilles Verse hat.
Bis anhin war das Wetter nicht berauschend und passte zu der allgemeinen Stimmung. Es regnete zwar nicht aber dunkle Wolken hingen die ganze Zeit über am Himmel. Der neue Tag bringt eine willkommene Überraschung, der Himmel tut sich auf und etwas Sonne kommt hindurch. Jetzt kann man die vielfallt an Lebewesen genauer sehen. Die bunten Drachen und die verschieden steinern wirkenden Gargoyles.
An die ständig farbändernden Makiani haben sich inzwischen auch alle gewöhnt. Die Farbenpracht hier bei der Ruine ist eigentlich wunderschön. Schade dass sie alle aus diesem Grund hier zusammen finden.
Wie vermutet hat Sarah sich zurückgezogen um sich ihre Gedanken machen zu können. Dafür hat er grosses Verständnis. Ausserdem ist er froh dass Gloria auch wieder bei Kräften ist. Sie sieht viel besser aus, als noch vor einem Tag.
„Wo ist Sarah?“, steht Tarak plötzlich neben ihm und er zuckt mit der Schulter auf. „So genau weiss ich das nicht.“
„Darias Sohn…, wie ich sehe beunruhigt es dich nicht, nicht zu wissen wo Sarah hin gegangen ist.“
Lecram lacht kurz auf und klopft Tarak mit den Worten: „Egal welchen Plan sie sich zurecht legt. Ich habe gelernt ihr zu vertrauen, auch wenn ich nicht in ihre Pläne mit einbezogen bin“, auf die Schulter.
Auch Tarak grinst jetzt sichtlich stolz und Lecram findet es ist an der Zeit etwas laut auszusprechen. Daher geht er langsam los um auf dem Baumstumpf, der etwas oberhalb ist zu gelangen und steht da rauf. Hier hat er die Möglichkeit die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Als er Feuerblitze aus seinen Händen zum Himmel schleudert, sind natürlich alle Blicke auf ihn gerichtet.
„Es erfüllt mich mit Stolz euch alle hier versammelt zu sehen. Einige konnten wir bereits in Schutz bringen, auch wenn sie noch unter Aros Bann sind, sind sie jedoch geschützt vor dem anstehenden Kampf. Und ihr habt alle ein Recht zu erfahren wer ich eigentlich bin.“ Immer noch sehen alle gespannt zu ihm hin. Er sieht Sarah mit Toron und Velis näher kommen und lächelt beruhigt. Also fährt er weiter: „So wie ich hier vor euch stehe als Mensch und Drachenreiter bin ich Marcel. Mein Geburt Name ist Marcel.“ Ein Raunen geht durch die Menge. Sein Blick fällt auf Daria die ihn ebenfalls staunend ansieht. Es scheint ihr gerade ein Licht auf zu gehen und er muss lächeln.
„Lecram ist der Name meines Gargoyle Anteils.“ Erklärt er weiter, „Als Gargoyle bin ich mit dem Namen Lecram aufgewachsen und ich bin und bleibe Lecram. Einige von euch kennen mich nur als Mensch, doch ich bin anders“, er sieht zu Sarah und deutet mit der linken Hand auf sie, „Sarah ist diejenige die meinen Fluch brechen konnte und nun bitte ich sie euch zu zeigen wer ich auch noch bin. Damit ihr wisst wer an eurer Seite kämpft.“
Er weiss es wird schmerzen, doch diesen Schmerz kann er aushalten. Das hat er über viele Jahre gelernt und doch scheint es ihm das einzig richtige zu sein was er tun kann. Jeder hier hat ein Anrecht zu sehen was sein andere ich ist.
Langsam zieht er seine schwarzen Kleider aus und steht schliesslich wieder in dieser grünen Moss Short da. Velis grinst breit über sein Gesicht und Sarah geht näher an ihn heran. Auch sie kennt seine Schmerzen bei der Verwandlung daher seufzt sie leise: „Lecram“, in sein Ohr.
Augenblicklich krümmt es ihn und er presst seinen Kiefer so fest wie möglich aufeinander um nicht laut auf zu schreien. Seine Haut spannt und seine Knochen schmerzen. Jede Faser seines Körpers nimmt diese Verwandlung wahr. Die Haut beginnt derart zu spannen dass er das Gefühl hat demnächst aus der Haut zu fahren. Eine sanfte Berührung lässt ihn seine Augen öffnen die bereits rubinrot aufleuchten. Sarah sieht ihn liebevoll lächelnd an und er versinkt in ihre Rehbraunen Augen, dass ihn seinen Schmerz etwas vergessen lässt bis er vollkommen verwandelt vor ihr kauert. Für einen Moment verharrt er als Stein vor ihr. Als er dann einen Atemzug macht klingt es als würden Kieselsteine einen Weg entlangrollen und er weiss die Verwandlung ist wieder perfekt.
Also steht er wieder auf.
„Das ist der Gargoyle Lecram, mit diesem Fluch bin ich aufgewachsen.“ Er sieht zu den anderen Gargoyle direkt zu Migdal. „Mittlerweile habe ich auch unter den Gargoyles Freunde, eine Familie gefunden“, und er zeigt zu Migdal und seines gleichen, „Ich lebe beiden Leben. Ihr sollt wissen für wen und mit wem ihr in den Kampf geht.“ Lecram sieht in die zuversichtlichen Gesichter. Diejenigen die ihn noch nie als Gargoyle gesehen haben kann er anhand der geweiteten Augen erkennen. Jedoch Furcht liest er nirgendwo.
„Marcel“, haucht Sarah und es krümmt ihn erneut vor Schmerz. Dass Sarah ihn so rasch aus diesem Gargoyle Körper herausholen möchte war ihm nicht bewusst. Unbewusst stöhnt er laut auf und alle sehen nicht nur sondern hören seinen Schmerz. Das ist ihm peinlich, er hat nur keine Zeit es sich anmerken zu lassen da seien Knochen und die Haut sich zurück bilden.
Kurze Zeit später kauert er mit Schweisstropfen wieder vor Sarah und muss gestehen jetzt braucht er eigentlich eine Pause. Genau genommen fühlt er sich als hätte er einen Marathon hinter sich gelassen. Seine halblangen Haare fallen ihm wild ins Gesicht und niemand sieht seinen schmerzvollen Blick. Ausser Sarah die ihm die Haare aus dem Gesicht hinter seine Ohren streift. Sanft küsst sie ihn.
„Tschuldige“, haucht sie ihm ins Ohr und er lächelt schwach. Natürlich konnte sie nicht wissen dass ihn derart rasche Verwandlung etwas schwächt.
Schliesslich steht er wieder auf, streift mit der Hand über sein Gesicht und räuspert sich.
„Ich habe keinen Plan“, er sieht in die Runde, „wir wissen bloss dass Aros vor allem Sarah und vielleicht mich bei sich haben möchte. Gebt mir eine oder zwei Stunden vor Sprung, dann sehen wir was passiert.“ Wieder geht ein Raunen durch die Menge und Sarah steigt zu ihm hoch. Dabei hilft er ihr natürlich und ihre Blicke streifen sich kurz. Er hat keine Ahnung was Sarah vorhat. Doch jetzt erhebt sie das Wort.
„Ich werde mit ihm mitgehen“, dann hallt sie seine Hand fest und Lecrams Blick fällt zu Tarak. Er sieht wie Tarak sich zusammen nimmt um dem Willen seiner Tochter nicht zu wiedersprechen. Gloria steht bei Tarak und sie umarmen sich. Ja…, Lecram sieht die Angst in ihren Gesichtern dass sie Sarah verlieren könnten. Es tut ihm leid und doch ist er so dankbar dass Sarah sich ihm anschliesst. Aus irgendeinem Grund vertraut sie ihm und er muss es auch tun. Hochachtungsvoll sieht er seine Sarah an und dann spricht er wieder in die Runde: „Ihr seid nicht Schutzlos. Die Makiani haben totes Wasser mitgebracht. Jeder der damit in Berührung kommt wird sterben. Das ist eine sehr effektive Waffe. Auch die starken Gargoyles und die Drachen sind an eurer Seite. Ausserdem sind wir in der Überzahl und das bringt Hoffnung.“
Dass er keine Ahnung hat wie sie Aros bezwingen können verschweigt er jedoch besser. Inständig hofft er darauf dass sie niemanden verletzten. Doch wie sein Freund Velis ihm bereits mal erklärt hat, gibt es bei jedem Krieg Verluste und damit muss er umgehen können.


Kapitel 15

Sarah


Sie hat heute gute und viele Gespräche geführt. Abena die sich um alle hier so liebevoll kümmert. Sie ist eine grosse Hilfe und ist da wo man sie gerade braucht. Ausserdem ist Sarah froh dass Gloria wieder auftanken konnte und nicht mehr Aros ausgesetzt ist. Langsam kommt auch ihre Magie zurück.
Als die Sonnen unter gehen sind Lecram und Sarah bereit Aros entgegen zu treten. Die Verabschiedung von ihrem Vater und Daria geht länger als angenommen. Nach ihrem plötzlichen Verschwinden beim letzten Mal kann sie die beiden gut verstehen und lässt sich gerne etwas mehr Zeit um in die Arme genommen zu werden.
„Hey Schwesterlein“, holt Gloria lächelnd aus, „pass gut auf dich und die beiden Kerle auf.“
„Ich gebe mein bestes.“ Lächelt Sarah schwach. Was soll sie ihrer Schwester auch sagen, alles klingt etwas fahl und lügen möchte sie nicht. Nach einer langen Umarmung ist Sarah denn endlich frei und sucht ausserhalb der Ruine nach Lecram.
Er hat sich zuvor bereits verabschiedet und ihr extra etwas mehr Zeit gelassen. Eigentlich hat sie vermutet ihn bei Migdal, Velis oder Toron an zu treffen. Doch die drei stehen etwas abseits und sehen Lecram lediglich zu wie er sich von A’bena und Malek verabschiedet. Aber ja, sie sind ebenfalls gute Freunde geworden. Auch Shemar und Meta gesellen sich dazu. Aus diesem Grund zieht sich Sarah zu Migdal und den anderen beiden zurück. Migdal hält seine Arme verschränkt und seine rubinroten Augen leuchten Sarah an. Es scheint als würde er fast unmerklich etwas lächeln. Velis hält seine Arme schützend vor seinen Körper und lächelt offen. Toron hingegen sieht wie immer mürrisch aus, doch Sarah weiss da steckt mehr Gefühl als nur mürrisch sein in diesem letzten grossen Drachen. Sie kann ihn zwar nicht verstehen, doch seine Gestik sagt mehr als manche Worte. Sarah zwinkert Toron zu und dieser schnaubt vergnügt.
Dann erklingt der schnalzende laut des Makiani: „So weit wurde alles gesagt?“
„Läuft alles nach Plan“, gibt sie sich zuversichtlich, „Danke euch für alles. Wir sehen uns bald wieder.“
„Wir sehen uns“, erklingt die dunkle Stimme von Migdal und Velis grinst breit.
Kopfnickend entfernt sich Sarah von den Drei seltsam aussehenden Gestalten die so lieb gewonnen hat. Zufrieden hinkt sie Lecram in die Arme der in der Zwischenzeit bereits auf sie gewartet hat. Hand in Hand machen sie sich also auf den Weg zu Aros. Sie haben beschlossen den offiziellen Weg zu gehen und wissen ihre Freunde beobachten sie bis es nicht mehr geht. Irgendwann werden sie dann nachkommen. Wann auch immer das sein mag. Da Sarah zurzeit etwas stärker hinkt fragt Lecram nach: „Geht es? Ein Wort und ich trage dich.“
„Soweit kommt es noch“, grinst sie ihn seitlich an. Ehrlich gesagt ist sie nervös. „Wie es wohl Marcus in der Zwischenzeit erging?“ Fragt sie sich eigentlich eher selbst und beisst sich auf die Unterlippe.
„Es fühlt sich an als hätte er nie eine Chance gehabt“, gibt Lecram stirnrunzelnd von sich. Sarah sieht ihn an und weiss genau er macht sich sorgen. Es scheint fast als wären die Brüder sich noch nie so nah gestanden wie in dieser Dummen Situation. Sie sieht genau dass er müde und vielleicht etwas erschöpft ist. Auch sie würde sich gerne noch etwas ausruhen, doch die Zeit drängt. Die Verwandlungsstrapazen haben ihn etwas geschwächt. Ihn darauf hin zu weisen macht keinen Sinn, er würde es leugnen. Seine Narbe an der Wange sticht jedoch mehr hervor wie auch schon und sie hat durchaus beobachtet dass das mit seinem Gemütszustand zu tun hat. So hat jeder seine Schwäche, bei ihr ist es ihr Bein.
„Ich habe etwas Angst“, gibt sie klein bei umso näher sie Veram kommen.
Er drückt ihre Hand.
„Ich auch. Doch wenn du an meiner Seite bist fühle ich mich lebendig.“
„Aha, ich bin also dein Extasy!“ Lächelt sie breit und er bleibt kurz stehen. Dabei sieht er ihr direkt in die Augen.
„Du hast mir Liebe geschenkt, Hoffnung gestreut und mich erlöst. Wenn das mal kein Extasy ist“, grinst er sie jetzt schief an. Genau in diesem Moment gleicht er seinem Bruder wie noch nie. Sie gehen langsam weiter.
„Ich vermisse Marcus.“ Will sie ehrlich sein.
„Warum hatte er deinen Ring?“
Sarah ist erstaunt dass er diese Frage erst jetzt stellt.
„Damit er sich an mich erinnert, egal was mit uns geschieht. Du weisst ich liebe ihn auf meine Weise.“
„Weiss ich“, er stöhnt leise auf, „Wie geht es ihm bei Aros?“
„Schlecht“, schüttelt sie ihren Kopf leicht, „mein Ring hat ihn daran erinnert dass er mal menschlich war.“
Nun erntet sie bewundernde Blicke von ihm und er stellt fest: „Also hast du ihn auch gerettet.“
„Nein, er hat mir den Ring zurück gegeben“, zeigt sie ihm den Ring den sie wieder am Daumen trägt. Bestimmt war ihm das zuvor schon mal aufgefallen.
„Denkst du er hat aufgegeben als er mir den Ring zurückgegeben hat?“
„Nein, das war nur aus Schutz weil ich ihn da rein geritten habe als ich Aros den Wink gab.“
„Mach dir keine Vorwürfe, du musstest irgendwie von mir und dir ablenken.“
„Es war nicht fair, er ist mein Bruder.“ Wieder seufzt er laut auf und Sarah geht nicht mehr weiter darauf ein. Es hat keinen Sinn ihm zu erklären dass Marcus in der umgekehrten Rolle genauso gehandelt hätte.
„Du hast trotz deiner dunklen Seite nichts von Shemar erzählt. Du hast Gloria da unten raus geholt. Danke.“
In der Zwischenzeit hat er sie wieder los gelassen und fährt mit der linken Hand durch seine Haare die ihm ins Gesicht gefallen sind. Er wirkt nachdenklich als hätte sie einen wunden Punkt getroffen.
„Schon, doch du solltest auch dort unten im Verliess sein und Shemar hätte dich dann auch mitgenommen. Mein Plan ging nicht auf und ich stürzte immer weiter und tiefer.“
„Selbstzweifel bringt jetzt auch nichts mehr. Ich musste in deiner Nähe bleiben, das war mein Plan.“
„Verdammt Sarah“, stöhnt er auf, „du wärst beinahe gestorben.“
„Beinahe. Doch ich hatte Hoffnung.“ Dann zitiert sie: „Mut und Liebe haben eines gemeinsam: beide werden von der Hoffnung genährt.“
Er schüttelt seinen Kopf und gibt sich geschlagen.
Die beiden sind schon fast am Ziel, denn sie stehen vor der Brücke, kurz vor den Toren zu Veram. Automatisch blicken sie fast gleichzeitig zurück zu der Ruine. Viele Gedanken scheinen den beiden nochmal durch den Kopf zu gehen. Was auch immer noch auf sie zukommen mag. Sie müssen stark bleiben. Entschlossen nimmt Lecram mit der linken Hand ihre und hält sie fest. Sie sehen einander an und Lecram erwähnt: „Egal wie dein Plan aussieht, ich hoffe er ist gut.“
„Du denkst ich habe einen Plan?“ Ist sie erstaunt und er lächelt zaghaft.
„Lass mich in dem glauben.“
Das bringt auch sie zum Schmunzeln. Dann gehen sie los und Sarah sieht ihn mit grossen Augen an. Er glaubt an sie und das macht sie stolz, dabei ist sie ja nur die Torhüterin und er der Drachenreiter und Gargoyle in derselben Person. Sie gehen voran ins ungewisse.

Lecram

Die Wachen am Tor lassen die beiden problemlos durch. Es scheint fast so als nehmen sie keine Notiz von den beiden. Das zeigt Lecram dass sein Vater, wie vermutet, sie bereits erwartet. Die Gassen sind immer noch leer und sehen trostlos aus. Jeder Schritt in die Nähe von Aros Festung wird mühsamer. Lecram hat bereits überlegt ob er Sarah zurück lassen soll um zu sehen wohin das Ganze führt. Er möchte sie nicht in Gefahr bringen. Eines Tages möchte er wieder das Mädchen vor sich haben das so süss und aufrichtig lächeln kann. Ihr Lächeln ist hübsch an zu sehen und ihre Augen scheinen dann richtig zu funkeln. Wie gern er in ihre Augen sieht, diese tiefgründigen Rehbraunen Augen die ihn gefangen halten.
Ihr Blick verrät ihm jedoch dass es keinen Zweck hat sie hier zurück zu lassen, sie tut sowieso was sie für richtig hält. Es wäre nicht das erste Mal dass sie etwas anderes tut als worum er sie gebeten hat. Sie ist so störrisch wie ein Maulesel, diese Gedanken zaubert ihm ein feines Lächeln auf die Lippen. Gerade als er ihr etwas erklären will sehen sie schwarzen Nebel durch die Gassen schleichen. Der Nebel ist so dick dass er sie einhüllt und sie nichts mehr erkennen können. Automatisch zieht er sie näher an sich heran und hält sie fest. Er hat sich geschworen sie zu schützen. Tatsächlich kann er Sarah nicht mehr sehen nur noch spüren. Da sie nichts mehr sehen können bleiben die beiden einfach stehen und warten was als nächstes passiert. Sie wissen dass ihr Gegner anwesend sein muss. Aros können sie zwar nicht sehen aber jetzt hören.
„Sie mal einer an wer sich da bemüht mich zu besuchen.“
„Nette Begrüssung“, stänkert Lecram.
Dann zieht er Sarah noch näher an sich heran. Er kann ihren raschen Puls spüren und weiss sie hat berechtigter Weise Angst.
„Wollte nur auf Nummer sicher gehen.“ Spricht Aros deutlich. Langsam, fast wie in Zeitlupe löst sich der Nebel auf und sie sehen Aros etwa 10 Meter vor sich stehen. Es scheint als hätte er sich für heute richtig heraus geputzt. Die Kleidung ist ausnahmsweise nicht schwarz sondern braun. Was wunderbar zu seinen Haaren passt und die Augen noch mehr leuchten lässt. Die Haare scheinen auch frisch gewaschen. Aros wirkt wie immer gut gelaunt und seine Kleidung hat etwas Festliches.
Lecram kann es sich nicht verkneifen: „Hast du dich für uns so ins Zeug gelegt oder ist es für den bevorstehenden Kampf.“
„Ah, wie ich sehe hast du deinen Humor noch. Kommt einfach mit.“ Er macht eine Gestik dass sie ihm folgen sollen. Lecram rollt seine Augen, was sollten sie auch sonst hier tun. Einfach herum stehen und auf bessere Zeiten warten? Es erstaunt Lecram dass die Wut wieder in ihm aufsteigt. Wieder muss er sich zügeln damit die Flammen ihn nicht ergreifen. Die Abneigung gegenüber seinem Vater muss wirklich gross sein. In seiner freien Hand beginnt sich sogar eine kleine Flamme zu bilden. Für eine Sekunde überlegt er ob er die kleine Flamme zu seinem Vater in den Rücken schmettern sollte. Es juckt ihm förmlich in den Fingern.
Als könnte Aros Gedanken lesen spricht Aros laut und deutlich: „Versuche nur dein Glück, doch jemand von euch wird darunter zu leiden haben.“
Sofort erlischt die kleine Flamme und Lecram presst seinen Kiefer fest zusammen. Sarah hat nichts mitbekommen und sieht fragend zu ihm hoch. Er lächelt schwach und wirkt auf Sarah bestimmt wieder seltsam. Sie lässt sich jedoch nichts Derartiges anmerken. Nach einer Weile bleibt Aros stehen und möchte wissen: „Müde? Wollt ihr euch etwas ausruhen?“
„Bevor was?“, möchte Lecram wissen.
„Bevor wir zum unangenehmen Teil übergehen“, lächelt Aros hämisch.
„Diesen Teil würden wir gerne auslassen.“ Stänkert Lecram, dabei hält er Sarahs Hand immer noch fest umschlossen. Als Aros näher kommt zieht er Sarah automatisch hinter seinen Rücken. Nun steht Aros direkt vor ihm und sie sind in etwa auf Augenhöhe. Blitzschnell fährt sein Vater an seine Kehle und drückt etwas zu. Nur so viel um ihn wissen zu lassen dass es ihm ernst ist.
„Du hast dich mir wiedersetzt. Hast meine Leute von hier unbemerkt abgezogen und unser Band gelöscht. Denkst du wirklich ich lasse dich damit durch kommen?“
Jetzt spürt Aros wohl die Wärme die durch seinen Sohn fliesst und Aros sieht staunend seine Hand an während Lecram das Wort ergreift.
„Ich weiss nicht was du mir antun könntest was du nicht schon getan hast. Ausserdem bin ich nicht so schwach wie du annimmst.“
„Mein Sohn, das habe ich nie behauptet“, dann lenkt Aros ab, „Lass uns zusammen einen Happen essen, bevor eure Leute nachkommen und wir in den Krieg ziehen müssen.“
Also machen sie sich gemeinsam auf zu Aros Burg und nehmen schliesslich wieder in dem kleinen Esszimmer Platz wo sie von Brenda bedient werden. Nur Marcus fehlt und Sarah bricht das Schweigen am Tisch: „Wo ist Marcus?“
„Er ist beschäftigt.“
„Habe ich nicht ein Recht darauf meinen Bruder zu sehen?“ Pokert Lecram was Aros zum Lächeln bringt.
„Marcus hält Ausschau nach euren Leuten, du musst dich also noch etwas gedulden.“
Als Lecrams Blick zu Sarah fällt sieht er wie es ihr wieder den Appetit verschlagen hat. Die Ereignisse scheinen sie ein zu holen. Wenigstens ist sie nicht schwächer geworden. Das stimmt ihn zuversichtlich. Bei ihm ist es anders, wenn er aufgeregt ist muss er essen um sich ab zu lenken. Ansonsten sprechen die drei kein Wort mehr mit einander. Es ist eine seltsame Stimmung die hier herrscht.
Gerade als Brenda alles abgeräumt hat kommt Marcus mit ausdruckslosem Gesicht herein und meint: „Vater, sie rüsten sich. Unsere Männer sind positioniert.“
Fast freudig klatscht Aros in die Hände und gibt ein Zeichen dass sie aufstehen sollen. Als sie aufgestanden sind humpelt Sarah zu Lecram. Im selben Augenblick klatscht Aros drei Mal laut in die Hände und murmelt etwas vor sich hin. Sarah und Lecram gehen gegen ihren Willen auseinander und sehne sich fragend an. Schliesslich findet sich Sarah bei Marcus wieder während Lecram an Ort und Stelle steht.
Zur Hölle, warum aktiviert Sarah ihren Schutzschild nicht, schieben Lecrams Gedanken nach. Denn jetzt läuft gar nichts mehr so wie er es sich vorgestellt hat. Aros hat es geschafft und die beiden auseinander gebracht. Siegessicher blickt Aros die beiden abwechslungsweise an.
„Ihr solltet mich ebenfalls nicht unterschätzen.“ Er lächelt Marcus zu. „Du wartest mit Sarah bei gegebener Zeit bei der Brücke. So lange tu mit ihr was du möchtest.“ Winkt Aros ab.
Lecram sieht beunruhigt zu Sarah die einen relativ entspannten Eindruck macht. Er muss darauf hoffen dass in Marcus wirklich noch etwas Gutes schlummert.
Als nächstes klopft Aros auf seine Schulter: „Komm Sohn, wir gehen ein paar Schritte und unterhalten uns etwas.“
Also bleibt Lecram nichts anderes übrig als seinem Vater nach zu gehen. Dabei mustert er beim vorbei gehen seinen Bruder, der noch denselben ausdruckslosen Gesichtsausdruck hat wie bei ihrer letzten Begegnung. Lecram presst seinen Kiefer zusammen, zur Hölle das hier gefällt ihm nicht! Es scheint wirklich so als wäre nichts menschliches mehr in Marcus drin und das lässt ihn erschauern.


Sarah

Sie weiss nicht warum sie so entspannt bleibt. Eigentlich hat sie keinen Grund dazu als sie in das Gesicht von Marcus blickt. Seine Augen sind starr, genauso wie sein Gesichtsausdruck. Da ihr nichts weiter übrig bleibt als in seiner Nähe zu bleiben nimmt sie seine Hand. Auch jetzt kommt keine Regung seinerseits. Also stellt sie sich direkt vor ihm hin und mustert ihn während sie ihn wieder los lässt. So genau betrachtet wirkt er müde als hätte er seit einiger Zeit nicht mehr richtig geschlafen. Es ist nicht nur weil er nicht rasiert ist, nein die Augenringe verraten ihn.
Der drei Tage Bart steht ihm eigentlich gar nicht mal schlecht. Dadurch wirkt er etwas verwegen. Er hat dieselben grünen Augen wie Lecram. Doch heute funkeln sie nicht! Die Brüder gleichen sich wirklich, bis auf die Narbe die mittlerweile Lecrams Wange ziert. Mit ihrer rechten Hand streift sie liebevoll über seine Wange.
Abrupt nimmt Marcus sie plötzlich unsanft am Oberarm und zieht sie mit sich mit. Sein Griff ist heftig und er tut ihr weh. „Au...“, stänkert sie doch er lockert seinen Griff nicht. Im Gegenteil! Marcus will hinauf in sein Zimmer und zieht sie einfach nach. Egal ob sie Schritt halten kann. Sarah hat Mühe und auf der Treppe stolpert sie, schlägt zudem ihren Kopf auf dem Geländer kurz an. Das veranlasst Marcus immer noch nicht um etwas nachsichtig mit ihr zu sein, er hilft ihr kurz hoch und zieht sie weiter bis sie in seinem Zimmer stehen. Dann lässt er von ihr ab und wirft laut die Tür hinter sich zu während Sarah an ihre linke Augenbraue greift. Die schwillt gerade an und Sarah weis das wird einen blauen Flecken hinter lassen.
Ohne ein Wort zu sprechen steht Marcus mürrisch ans Fenster, verschränkt seine Arme und sieht hinaus. Fast scheint es so als würde er über etwas nachdenken. Misstrauisch geht sie auf ihn zu und als hätte er es gespürt dreht er sich in ihre Richtung. Sen Blick ist immer noch ausdruckslos. Sarah fühlt ihr Unbehagen während sie versucht seine verschränkten Arme zu lösen. Zu ihrem Erstaunen lässt er es zu. Dann streift Sarah ihren Ring vom Daumen ab und legt diesen in seine Hand.
„Hier, er gehört dir. Vielleicht erinnerst du dich dann wieder daran dass ein Mensch in dir steckt.“
Marcus schliesst die Hand mit dem Ring darin und sieht sie direkt an. Seine Augen scheinen sich in ihrem Blick fest zu halten. Sarah fühlt einen Klos im Hals der gerade stecken geblieben scheint. Vorsichtig geht Sarah rückwärts und Marcus folgt ihr während er sie immer noch mit seinem Blick fixiert. Schliesslich bleibt sie stehen da sie mit dem Rücken an der Wand steht.
„Ich kann mit dir tun und lassen was ich möchte, du bist zu meiner Leibeigenen aufgestiegen.“
Ihre Augen weiten sich als er im Begriff ist sie zu küssen. Reflexartig holt sie zum Schlag aus den er gekonnt abwehrt und ihre Hand fest hält. Diesmal lächelt er sie schief an.
„Hinkebein“, zwinkert er, „ich nehme nichts was du mir nicht freiwillig geben willst.“
Eigentlich ist sie verwirrt denn seine Stimme klingt so beschwörend. Die ganze Zeit über hat sie keine Regung bei ihm gesehen und jetzt zwinkert und lächelt er?
Was ist hier los, schieben ihre Gedanken nach.
Marcus lächelt immer noch und küsst sie dann sanft auf ihre Stirn. Während er immer noch ihre Hand fest hält drückt er seinen Körper näher an sie heran und fährt mit seinen Lippen ihren Hals entlang.
Marcus haucht: „Das Trugbild mit den langen Haaren…“, er stöhnt kurz auf, „es stand dir verdammt gut.“
Langsam kommt er mit seinen Lippen auf ihre Höhe und küsst sie sanft auf ihre. Sie weigert sich nicht und sieht ihn direkt an. Auch er sieht sie an während er sie küsst. Als er ihre Hand los lässt fährt sie an seine Wange und streift liebevoll über sein Gesicht. Diese Geste lässt ihn aufhören und er geht einen Schritt zurück.
„Könntest du mal damit beginnen mich zu hassen“, schiebt er nach ohne eine Regung zu zeigen.
„Ich verstehe dich nicht.“
Er stöhnt auf.
„Ich bin ein Gefangener in meinem Körper, alles was Aros von mir verlangt tue ich ohne Wiederspruch.“
Sie mag sich erinnern dass er ihr schon so etwas mal in versucht hat zu erklären.
„Was willst du von mir?“ Versteht Sarah nicht und hat bedauern mit ihm.
„Du liebst mich zu sehr doch Hass würde dich stärken.“
Anscheinend sieht sie ihn mit einem offenen Fragezeichen im Gesicht an denn er holt weiter aus: „Du bist geschwächt, das sieht man dir an. Hass kann Rest Energie frei legen die ihr braucht um Aros zu töten.“
„Aber ich liebe dich nicht“, schüttelt sie ihren Kopf und er lächelt schief: „Ich habe nicht behauptet dass du mich liebst so wie Lecram. Ich sage nur du liebst mich mehr als du solltest. Sie in mir nicht das gute…, sie was ich geworden bin.“
Sie zieht die Augen zusammen „Dann erzähl mir von dir.“ Mitfühlend geht sie einen Schritt auf ihn zu.
Doch dieses Mitgefühl will er nicht, aus diesem Grund dreht er sich ab und erklärt: „Ich habe auf Aros Wunsch getötet“, eine kurze Pause, „und es hat mir nichts bedeutet. Im Gegenteil, mit der Zeit fühlt es sich an als ginge ich zur Jagt und sammle Trophäen.“ Nun dreht er sich zu ihr hin und sie sieht seinen traurigen Blick. „Ausserdem habe ich Frauen benutzt, geschlagen, sinnlos getötet...“ Wieder treffen ihre Blicke aufeinander. „Sarah, mein Verstand weiss dass man so etwas nicht tun sollte. Es ist nicht richtig. Doch ich fühle nichts dabei! Ich verdiene es nicht deine Liebe zu bekommen“, sein Blick wird ernst, „ich verdiene es nicht zu Leben!“
Bevor Sarah ausholen kann um ihm ihre Sichtweise zu erklären erklingt seine Stimme laut: „Und erzähl mir jetzt nicht dass alles wieder gut wird und ich „nur“ unter Aros Befehl stehe.“ Er rüttelt an ihr: „Diese Dinge habe ich getan und werde es nie vergessen können so lange ich lebe!“
Sarah steckt in der Zwickmühle. Was soll sie denn jetzt machen.
„Willst du dass ich dich töte? Das kann ich nicht“, es stimmt er hat Recht gehabt, „dafür liebe ich dich zu sehr.“ Gibt sie klein bei.
Marcus schliesst seine Augen und presst seinen Kiefer aufeinander.
„Hass mich!“, faucht er und schlägt sie ins Gesicht. Nicht so grob wie er es vermutlich vor hatte denn Sarah bleibt stehen und fixiert ihn mit ihren Augen. Was sollte sie sonst tun. Wieder stehen sie da ohne eine Antwort zu haben. Wie gern sie ihm erklären würde dass er es verdient hat zu Leben tut sich nicht da er es nicht annehmen wird. Sarah unterbricht den Blickkontakt und sieht seitlich zum Fenster. Ihr Blick fällt auf die Ruine und sie sehen wie der Himmel sich verdunkelt. Schwarze Wolken ziehen auf.
„Wir müssen los“, spricht Marcus ernst nimmt seinen schwarzen Umhang vom Hacken und hängt ihn Sarah um. Dann packt Marcus sie wieder unsanft am Oberarm. Diesmal hat Sarah keine Mühe dass er sie so grob anfasst und humpelt mit. Es kommt ihr vor als sei sie in einem schlechten Film gefangen. So laufen die Bilder vor ihr ab. Marcus zerrt sie an Brenda vorbei die Stark abgemagert und traurig wirkt. Brenda geht so tief in die Knie vor Marcus dass Sarah nur erahnen kann was er mit ihr getan haben muss. Die Mauern in diesem Gebäude wirken noch düsterer wie sonst.
Auf dem Vorhof warten ein Paar Soldaten und folgen ihnen. Die Männer sind vollständig in schwarz gekleidet, sie tragen alle Umhänge, so dass man weder ihr Gesicht noch das Alter oder sonst was erkennen kann. Sie gehorchen anstaltslos und gehen hinter Marcus her der immer noch an ihr zieht. Die Gruppe geht an Häuser vorbei die zum Teil unbewohnt sind. Ab und an späht sie auf ein paar Kinderaugen und das stimmt Sarah traurig. Das hier ist keine Stadt für Kinder. Erstaunlich dass die Frauen mit den Kinder hier geblieben sind. Hatten sie überhaupt eine Wahl? Ab und an tauchen Frauen auf die kreischen und wollen ihren Mann zurück. Sie bitten ihren Liebsten nicht in den Kampf zu ziehen. Doch die Frauen werden von ihren eigenen Männern weg gestossen und landen im Dreck. Traurigkeit und Wut empfindet Sarah jetzt. Nicht Wut für Marcus der nur das tut was ihm befohlen wird, es ist die Wut für seinen Vater der in ihr hoch kriecht.
Als die Gruppe vor dem Eingangs Tor stehen bleibt lässt Marcus sie los und dreht sich zu seinen Männern. Sie warten wohl auf Aros. Sarah fröstelt es und sie zieht den Umhang nah an ihren Körper der ihr etwas Wärme spendet. Für einen kurzen Moment stutzt sie etwas da ihr der Umhang auf der linken Seite etwas schwerer vorkommt. Hier und jetzt hat sie keine Zeit dem nach zu gehen denn das Bild das vor ihr entgegenkommt ist schon seltsam genug. Aros und Lecram schreiten den Weg entlang, gefolgt von schwarzen wilden Pferden mit feurig leuchtend roten Augen. Die Pferde sind wild und bereit für Aros davon zu stürmen. Auch Lecram hat diesen schwarzen Umhang an, wie alle die hier anwesend sind.
Ausserdem schlängeln verschiedene Arten und Grössen von Schlagen mit und zwischen den Pferden durch. Gänsehaut zeichnet sich auf ihrem Arm ab und ja, sie hat Angst.
Wie erwartet bleibt Aros mit deutlichem Abstand von ihr stehen. In seinen Augen kann sie lesen dass er sie verabscheut und nicht viel von ihr hält. Ausser der Umstand dass sie die Torhüterin ist hält sie wohl nichts anderes mehr am Leben. Es ist seltsam auch von Marcus hält er nicht so viel wie von Lecram. Das kann man gut beobachten obwohl Lecram ihm offen zeigt sich ihm nicht anschliessen zu wollen will Aros ihn an seiner Seite wissen. Wieder hat sie bedauern mit Marcus der als Anführer seiner Truppe geduldig da steht. Kaum macht Sarah Anstalten zu Lecram zugehen kommen zwei Männer im Umhang und halten sie fest. Automatisch sieht sie zu Lecram der ihr zur Hilfe eilen will. Doch auch er kommt nicht weit da Aros ihn sprichwörtlich mit einem Zauber an Ort und Stelle fest Nagelt. Lecrams und ihr Blick finden sich. Er scheint sie beruhigen zu wollen. Also bleibt sie ruhig und sieht zu was als nächstes geschieht. Aros wirkt selbstzufrieden und schickt Marcus Männer in den Kampf. Wie Soldaten gehen sie voran. Jedoch Marcus bleibt zurück, er scheint seinen Sohn nicht direkt ins Messer laufen lassen zu wollen. Darüber ist sie sehr froh.
Wie befohlen bleibt Marcus etwas abseits stehen. Dann schickt er die Schlangen zuerst voran. Es sind unheimlich viele Schlangen die scheinen genau zu wissen was sie tun sollen. Eine der dunklen Schlagen zischt verdammt nah an ihr vorbei und Sarah erstarrt förmlich.


Lecram

„Da du keine Gewalt mehr über die Drachen hast gibst du dich jetzt also mit Schlangen ab.“ Lecram rümpft die Nase: „Bestimmt kein guter Ersatz.“
Er hofft es klingt so abschätzig wie er es auch gemeint hat. Die Zeit mit seinem Vater hat nicht viel gebracht. Sein Vater konnte ihn nicht mehr auf seine Seite bringen und den Bann nicht mehr erneuern. Das Mahl ist immer noch gebrochen. Etwas seltsam war allerdings das Aros trotzdem so gelassen geblieben ist, Lecram hat erwartet dass er ausfällig werden könnte. Nichts Derartiges geschah. Ansonsten musste Lecram zu sehen wie Aros die Pferde verzauberte und die Schlangen zu sich rief. Das alles war mehr als merkwürdig und unheimlich. Die seltsam klingenden Sprüche waren jedoch auch irgendwie faszinierend, das muss er zugeben.
„Vater“, sieht er Aros direkt an, „Deine Magie ist nicht für die Ewigkeit. Dunkle Magie hat keine Nachhaltige Kraft und irgendwann wirst du sie ausgeschöpft haben.“
„So lange Marcus an meiner Seite ist kann ich Kraft speichern und du glaubst gar nicht wie viel Macht in Marcus gesteckt hat“, lächelt Aros breit.
Sein Vater ist so uneinsichtig, da könnte Lecram wohl genauso gut gegen eine Wand reden!
Aros sieht stolz zu seinem Sohn der zurzeit nicht in der Lage ist sich von Ort und Stelle zu bewegen. „Sie dir mal das Moor genauer an.“ Haucht Aros ihm ins Ohr.
Lecram seufzt auf und weiss nicht was sein Vater jetzt schon wieder für ihn auf Lager hat. Er sieht über die Brücke auf die Moorlandschaft, er sieht genau hin, wohl bewusst dass seine Augen vielleicht etwas schärfer sind durch seinen Gargoyle Anteil. Nebenbei hört er Aros irgendwelche Keltischen Worte murmeln bis Lecram dann das unglaubliche sieht und kurz erstarrt.
„Zur Hölle, was hast du getan!“ Faucht er seinen Vater an.
„Dies hier mein Sohn sind die Toten die Wache halten und keinen durchs Moor kommen lassen. Du siehst, alles hat einen Sinn. Sträube dich nicht und bleib an meiner Seite.“
Wieder sieht Lecram auf das Moor und sieht die Toten nach etwas greifen das noch nicht angekommen ist. Sie sehen aus wie verweste Zombies die bereit sind ihre Aufgabe aus zu führen.
Lecram hält seinen Blick einen Moment länger fest und hofft Velis hat es auch gesehen. Gewissheit darüber wird er erst später haben.
Dann sieht auch er nichts mehr da sich der Nebel verdichtet, also fällt sein Blick wieder zu seinem Vater.
„Ich kann mich dir nicht anschliessen!“ Hackt Lecram nach und Aros rollt seine Augen.
Weit weg kann die kleine Gruppe, an zurück gebliebenen, Schreie hören. Augenblicklich wird ihnen allen bewusst dass Aros Kampf, er nennt es Spiel, begonnen hat. Lecram versucht einen Schritt zu machen, doch seine Füsse scheinen an Ort und Stelle wie fest geklebt zu sein.

Sarah

Nicht sehen zu können was sich vor Veram abspielt ist schrecklich. Ausserdem ist Aros so unglaublich zuversichtlich dass alleine dieser Umstand sie noch mehr beunruhigt. Hier versammelt sind nur noch Aros mit seinen Söhnen, sie und vielleicht eine Handvoll von Aros Männer. Die laut stampfenden und wild aussehenden Pferde nicht zu vergessen. Die Pferde stehen etwa zehn Meter weiter hinten, sie scheinen durch eine Art durchsichtiges Gatter abgeschirmt zu sein. Denn so wild wie die Pferde sind wären sie ansonsten schon längst davon gestürmt.
Als hätte Aros ihre Gedanken gelesen macht er eine Handbewegung und die Pferde stürmen davon! Ein wilder schwarzer Hengst der an Sarah vorbei stürmt würdigt ihr einen kurzen Blick und öffnet sein Maul um nach ihr zu schnappen. Reflexartig weicht sie zurück, stolpert und landet auf ihrem Hintern. Sie hören die wilden Pferde die Brücke entlang galoppieren und Staub wirbelt auf.
Angst zeichnet sich auf Sarahs Gesicht und ihr Blick fällt auf Lecram der nicht zuversichtlicher wie sie selbst wirkt. Sie fühlt sich schutzlos ausgeliefert. Ihre Hölle scheint von vorne zu beginnen! Um nicht laut los zu schreien hält sie ihre Hände vor ihr Gesicht. Sie weiss dass sie ihren Schutzschild aktivieren kann. Doch das würde sie so viel Kraft kosten dass ihr kleiner Plan nicht auf ginge. Also muss sie durchhalten und hoffen dass Aros sie noch in Ruhe lässt. Hoffen…


Lecram

Lecram sieht zu seinem Bruder der Regungslos und ausdruckslos da steht. Es scheint als warte Marcus nur auf einen Befehl von Aros um zu handeln. Dabei wollte er seinen Bruder aus den Fängen von Aros befreien. Es fühlt sich an als hätte er versagt. Die Schreie beunruhigen ihn äusserst.
„Lass mich zu Sarah“, faucht Lecram seinen Vater an, „und Verdammt lass Marcus frei.“
Selbstgefällig sieht Aros zu seinem Sohne.
„Ach, so viele Wünsche auf ein mal. Keiner davon wird in Erfüllung gehen.“
Dann kriechen aus den Gassen noch mehr Schlangen die Aros auch auf den Weg schickt. Eine der Schlangen schlängelt gefährlich an Lecram heran und er versteift sich automatisch. Dann lässt Lecram seiner Wut freien Lauf und schickt einen Feuerball hinunter der die Schlange vor aller Augen verkohlen lässt! Eine weniger, schieben seine Gedanken nach.
Aros wirkt etwas aufgebracht und geht näher an seinen Sohn heran. Als Aros seinen Arm nach Lecram ausstreckt entgleitet ihm aus dem Ärmel wieder eine Schlage die sich um Lecrams Hals zieht und gefährlich zischt. Der Druck um seinen Hals ist gerade noch so aus zu halten und Aros zischt seinen Sohn an: „Du verstehst immer noch nicht. Sie sie dir an“, zeigt Aros mit einer flüchtigen Handbewegung zu Sarah, „sie ist nutzlos für mich.“
„Ich verstehe nicht“, keucht Lecram. Er könnte mit Leichtigkeit diese Schlange auch vernichten, liest jedoch in den Augen von seinem Vater dass er gut daran tut es nicht zu tun. Also verstummt seine Innere Flamme – für den Moment!
„Sarah ist nur deinetwegen am Leben. Ich brauche sie nicht, wenn Sarah stirbt geht ihre Gabe an ihre Mutter zurück und Fenia ist es, die ich lieber an meiner Seite zu haben wünsche.“
Lecrams Augen ziehen sich zusammen und er sieht kurz zu Sarah hin die mittlerweile wieder auf den Beinen steht. Auch sie sieht ihn erschrocken an.
„Es ging die ganze Zeit nie um Sarah?“ Beginnt er langsam zu verstehen.
„Nein, nur um dich!“ Schnaubt Aros. „Zu meinem Verdruss bist du stärker als angenommen.“
Lecram nickt, sofort zischt die Schlange an seinem Ohr und er muss sich zusammen reissen das Dumme Vieh nicht in Stücke zu reissen.
„Durch mich möchtest du den Drachen wieder näher sein.“
„Leider bist du stärker als angenommen durch die Verbindung mit Sarah.“
„Toron wird dir nicht vergeben. Niemals.“
Sie können Aros laut auflachen hören.


Sarah

Sie ist wie erstarrt. Die Schlange die gefährlich um Lecrams Hals liegt macht ihr nicht so sehr zu schaffen. Es ist mehr die Gewissheit dass sie richtig gespürt hat und für Aros keine Wichtigkeit besitzt. Ihr schaudert es, er wird sie also nicht am Leben lassen. Genau genommen wäre es ihm gerade richtig gekommen als sie sich vom Turm in die Tiefe stürzte. Er will ihre Mutter und sie steht im Weg, also wird er sie bei Seite schaffen.
Nicht wenn Lecram ihn nicht auf Knien darum anfleht!
Sie ist das Druckmittel! Nur aus diesem Grund steht sie hier und atmet noch.
Langsam sieht sie hilfesuchend zu Marcus. Dieser presst seinen Kiefer zusammen und sieht zu seinem Vater. Oder sieht er seinen Bruder an. Langsam fast in Zeitlupentempo geht sein Blick zu ihr zurück und er sieht sie eingehend an und lächelt dabei schief. Was geht nur in ihm vor? Seine Lippen formen sich zu einem Wort das sie nicht auf Anhieb versteht. Tatsächlich versucht Marcus ihr etwas mit zu teilen und kommt nicht dazu da Aros nochmal in ihre Richtung zeigt als er mit Lecram spricht das Marcus sofort verstummen lässt als wäre nichts gewesen. Hoffnung flackert in Sarah auf. Auch wenn sie sich nur an einen Strohhalm klammert.
Zu Recht wollte Lecram seinen Bruder aus den Fängen von Aros holen. Sarah schluckt schwer und versucht aufmerksam zu sein auf das was als nächstes kommt. Jeder Muskel wartet gespannt. Sie scheint für alles bereit zu sein.


Lecram


Alles hier geschieht innerhalb Sekunden. Im Augenwinkel bekommt Lecram mit das Marcus kurz zu ihm rüber sah und Sarah angespannt da steht. Sie scheint auf etwas zu warten. Etwas dass auch er noch nicht voraus zu sagen wagt. Die Anspannung ist da!
Auch er spürt jeden seiner Muskeln. Nachdem Lecram seinen Vater wohl belustigt hat und der auf seine Kosten gelacht hat spricht Aros wieder klar und deutlich.
„Toron ist der letzte seiner Art. Es liegt mir nichts an dem Drachen der mir den Rücken gekehrt hat. Von mir aus können wir ihn gerne bei Seite schaffen.“
„Also sind die Geschichten die ich über dich gehört habe wahr. Du hast alle Drachenreiter inklusive Drachen erledigt.“
„Nun ja, wie soll ich sagen: Toron war auch dabei und hat geholfen.“
Fast scheint es so als hat Toron den Worten gelauscht und in diesem Augenblick scheint es so als schreit ein Drache laut und wütend auf!
„Du hast Toron benutzt.“ Stellt Lecram fest.
„Wie dem auch sei. Zurück zu dir“, sieht Aron ihn fesselnd an, „entweder bist du für mich und tust was auch immer ich von dir verlange oder Sarah stirbt.“
„Nein!“, schreit Sarah und Lecram sieht zu ihr hinüber. Sarah ist und bleibt seine Schwachstelle, niemals kann er geschehen lassen dass ihr etwas zu stösst!
Nicht noch einmal, er hat geschworen sie zu beschützen!
„Lecram…, nein!“ Schreit sie noch einmal auf, „Lass nicht zu dass er dich benutzt. Lieber sterbe ich hier und jetzt. Ich war schon so weit zu gehen.“
Sie will sterben um ihn zu schützen, sie ist unverbesserlich! Leicht schüttelt er seien Kopf und die Schlange zischt wieder an seinem Ohr auf. Vielleicht hat er sich geirrt aber es fühlt sich an als hätte die Schlange gerade versucht ihre Zähne in sein Fleisch zu bohren. Ein Blick von Aros muss sie wohl zur Vernunft gebracht haben.
„Wenn du sie tötest, dann habe ich keinen Grund um am Leben zu bleiben.“ Aros rollt seine Augen und Lecram ergänzt: „Dann töte uns besser gleich beide. Denn wenn du ihr ein Haar krümmst werde ich nichts unversucht lassen und dich bei Gelegenheit in Stücke reissen!“
„Du verstehst nicht“, schüttelt Aros seinen Kopf, „Sarah und du seit nicht irgendein Liebespaar. Sie ist dein Schlüssel und wenn ich ihn dir wegnehme bleibt nichts als Leere zurück und du wirst deinen Schutzschild verlieren und offen sein für meine“, er räuspert sich, „nennen wir es: Führsorgliche Pflege. Genau genommen wäre es sinnvoll sie zu töten.“
Die Schlange drückt Lecrams Hals fester zu als wollte sie die Worte von Aros unterstreichen.
„Du pokerst“, faucht Lecram. Seine Haare hängen ihm tief ins Gesicht das ihn vermutlich wild und entschlossen aussehen lässt.
„Möchtest du es herausfinden?“ Kichert Aros laut auf und Sarah sieht verzweifelt aus. Lecram weiss dass sie sich hier und jetzt opfern würde für ihn.
„Da werfe ich dem Löwen seinen Frass direkt vor die Füsse“, spricht Aros wohl laut aus was er gerade denkt und scheint zufrieden zu sein. „Mein Sohn, für was entschliesst du dich? So oder so wirst du an meiner Seite sein. Doch was ist dir angenehmer. Mit dem Wissen deine Liebste auf dem Gewissen zu haben oder deine bevorstehenden Taten im vollen Bewusstsein zu vollbringen.“
Sackgasse, geht es Lecram durch den Kopf. Das ist eine Verdammte Sackgasse! In seinem innersten Schreit es kurz lautlos und stumm auf.
„Das ist keine Auswahl die ich treffen kann. Du musst mir schon noch ein anderes Leckerli anbieten.“ Automatisch blickt er zu seinem Bruder, „Lass Marcus gehen. Er soll frei sein.“
Genau in diesem Moment scheint es ihm als flackert etwas in Marcus Blick kurz auf. Unbewusst sieht Lecram zu Sarah der es ebenfalls aufgefallen ist und sie auf eine Reaktion von Marcus zu warten scheint. Was es auch ist, aber etwas scheint Sarah mit Marcus zu verbinden und das beruhigt ihn in dieser beschissenen Lage etwas.
Wieder hören sie Menschen schreien und andere unnatürliche Geräusche. Aros macht eine Handbewegung und etwa fünf weitere Männer machen sich auf den Weg über die Brücke ins ungewisse.
Dann widmet Aros sich wieder Lecram zu: „Marcus muss bleiben. Das weisst du genau!“
Natürlich weiss Lecram dass sein Vater nicht auf die Magie von Marcus verzichten möchte, ein Versuch war es Wert. Genau genommen wollte er nur Zeit schinden.
Sein Vater hingegen scheint im Augenblick keine Geduld mehr zu haben.
„Da du dich nicht entscheiden kannst, nehme ich dir am besten diese Entscheidung ab.“ Das Gesicht von Aros verzieht sich zu einem siegessicheren hämischen Lächeln.
Dann geht alles unglaublich rasch und innert Bruchteilen von Sekunden von statten.
Lecram jedoch nimmt jede Sequenz die sich ihm bietet wie in Zeitlupe war. Sein Vater greift nach der Schlange an seinem Hals, diese verwandelt sich dann augenblicklich in einen Speer.
Marcus schreit in diesem Moment laut zu Sarah: „Renn, Sarah renn!“
Als hätte Sarah auf diesen Input gewartet dreht sie sich um und rennt los. Ihr Umhang flattert dabei!
Aros schreit ebenfalls laut auf vor Ärger das sich in seinem Gesicht wiederspiegelt. Erstaunlicher Weise bringt das Sarah zum Stehen. Ihr Blick ist eisig, verrät Hass, puren Hass Aros gegenüber! Lecram kennt diesen Gesichtsausdruck und ahnt dass sie ihren Schutzschild gleich ausfahren wird. Sie kann sich schützen! Das wird ihnen Zeit verschaffen.
Mit wütendem Gesichtsausdruck holt Aros augenblicklich aus und wirft den Speer voller Wucht nach Sarah.
Lecram steht mit geweiteten Augen da und sieht wie Marcus sich in diesem Moment in Bewegung setzt um Sarah zu schützen. Kurz vor Sarah trifft der Speer zielsicher durch Marcus Rücken und er fällt ihr dann in die Arme.
Sarah lässt Marcus jedoch zu Boden gleiten da sie immer noch konzentriert, fast in Trance da steht. Ihre Augen verdunkeln sich und werden schwarz, so wie es Lecram bereits schon beobachten konnte!
Bevor Aros und er erahnen können was Sarah da gerade tut taucht der grosse Drachen Toron über Aros Kopf auf. Die beiden sehen sich eine Sekunde an, dann -bevor Aros dazu kommt erneut einen Zauber aus zu sprechen und zu reagieren beisst Toron zu!
Toron reisst Aros sprichwörtlich einfach den Kopf ab.
Durch den sofortigen Tod von Aros ist es Lecram möglich seine Beine wieder zu bewegen. Es hat keinen Sinn zu rennen sagt ihm sein Verstand. Trotzdem rennt er so rasch wie möglich zu seinem Bruder und fällt bei ihm angekommen auf die Knie. Dabei fallen seine Haare wild in das Gesicht. Sarah sitzt ebenfalls bereits schon bei Marcus, dessen Bann mit Aros endlich auch gebrochen ist und hält seinen Kopf in ihrem Schoss.
„Es ist vorbei“, spricht sie sanft und fährt Marcus durch das kurze Haar und Lecram bittet: „Halt durch, Gloria kann dir bestimmt helfen.“
„Danke dass du mich aus dieser Hölle befreien wolltest. Das bedeutet mir mehr als du ahnst“, spricht Marcus unter Schmerzen und sieht seinen Bruder gequält an. Etwas Blut rinnt aus seinem Mundwinkel. Die Augen von Lecram werden glasig und er beisst nervös auf der Unterlippe.
Marcus Blick trifft dann lächelnd auf Sarah und es scheint als verstünde sie seine Worte ganz genau: „Ich bin genau da wo ich sein sollte. Bald erlöst.“ Marcus stöhnt auf vor Schmerz.
„Sag nicht so etwas“, beisst sich Lecram erneut auf die Unterlippe und dabei muss er zusehen wie sein Bruder immer schwächer wird und die Blutlache unter ihm wird immer grösser. Sarah wischt sich gerade die Tränen aus dem Gesicht. Verdammt, was sollen sie hier auch noch schön reden, sie sehen wie er stirbt. Er soll würdevoll gehen können. Lecram schluckt schwer und sucht nach Worten.
„Danke dass du für Sarah da warst als ich es nicht konnte.“ Lecram versucht zu lächeln, „Verdammt ich liebe dich du Drecks Kerl.“
Auch Marcus erwidert das Lächeln.
„Ich mag euch auch. Hinkebein vielleicht ein Stück mehr als dich, Bruder.“ Dann hustet Marcus etwas und verzieht sein Gesicht vor Schmerz. Die Schmerzen müssen höllisch sein da die Speerspitze noch in seinem Brustkorb fast auf Herzhöhe heraus ragt.
Auch Lecram läuft eine Träne die Wange hinunter, es bleibt ihm nichts anderes übrig als die Hand seines Bruders in seine zu nehmen. Es klingt verdammt nach Abschied, ein Abschied für immer.
Velis landet nun neben ihnen und Lecram faucht seinen Freund aus lauter Trauer an: „Verdammt, hol Daria!“
Auch für seine Mutter wird es Zeit sich zu verabschieden. Das hat Marcus verdient!
Velis ändert seine Farbe nicht und steht in grünlichem Farbton da und macht eine Handbewegung damit Lecram nach hinten zu der Holzbrücke sehen soll. Da Marcus bereits so liegt dass er direkt auf die Brücke sieht lächelt dieser nun etwas und Lecram ist auch neugierig, also wirft er einen Blick zurück.
Der Nebel hat sich gelichtet und sie haben feie Sicht über das Moor. Die Gargoyles, Drachen, Makiani und Menschen stehen verteilt herum. Teilweise bei ihren Toten Freunden und trauern oder sie stehen da und staunen was sich ruhig und anmutig zwischen ihnen bewegt. Es sind die schneeweissen Einhörner aus dem Tal der Seelen oder wie sie es auch nennen der Toten. Sie sind gekommen um den Toten hier den letzten Respekt zu erweisen bevor sie die Toten in ihr Reich mitnehmen. Es sind eine Hand voll Einhörner. Sie sind zierlich und wunderschön. Die Pferde ähnlichen Wesen mit ihrem parlmutterfarbenen Einhorn und langen Mähnen sind umgeben von einer hellen Aura das sie noch mehr strahlen lässt. Zwei der Einhörner sammeln die Toten vor dem Moor auf. Dabei berühren sie diejenigen mit ihrem Horn, die Toten kriegen dann eine durchsichtige Erscheinung und glitzernd lächelnd steigen sie dann Himmelwärts bis sie sich in Luft auflösen.
Was für ein schönes Bild!
Andere Einhörner halten ihr Horn direkt in das Moor hinein. Dieses dreckig modrige und stinkende Moor wird vor den Augen aller Anwesenden zu klarem Wasser. Und aus dem Wasser steigen die Toten wieder glitzernd, lächelnd Himmelwärts und verabschieden sich so von ihrer Familie. Niemand spricht ein Wort, so magisch ist dieser einzigartige und doch schöne Moment.
Dann fällt Lecrams Blick auf Daria die neben dem fünften wohl grösseren Einhorn schreitet. Die beiden kommen auf sie zu und ein Kos bleibt in Lecrams Hals stecken als ihm Bewusst wird was das zu bedeuten hat.
Marcus ist gestorben. Tod!
Lecrams Blick fällt auf seinen Bruder. Marcus liegt blass lächelnd da und ist bereit von dem Einhorn abgeholt zu werden.
Seinem Bruder hat Lecram schon längstens alles verziehen und ist dankbar für diesen würdevollen Abgang. Die Brüder sind in diese Welt hinein geboren worden und hier endet es schliesslich auch wieder.
Mit Tränen im Gesicht steht Sarah auf, küsst Marcus zuvor zum Abschied auf die Stirn und haucht: „Ich liebe dich.“
Auch Lecram hat die Hand seines Bruders los gelassen und spricht sanft als er aufsteht: „Wir werden uns wieder sehen, eines Tages.“
Danach fällt Lecrams Blick auf seine Mutter die erstaunt gefasst wirkt. Stolz steht Daria neben dem herrlich aussehenden Tier.
Sarah nimmt Lecram an die Hand und sie sehen zu wie das Einhorn mit dem Horn Marcus Stirn sanft berührt. Auch aus Marcus wird eine durchsichtige glänzende Erscheinung die aufsteigt. Sie sehen zu wie er ihnen zu lächelt und zu sagen scheint es sei alles in bester Ordnung. Es wirkt als freue er sich gehen zu können. Die Anwesenden sehen ihm zu wie er aufsteigt bis er sich quasi in Luft auflöst. Noch immer spricht niemand ein Wort. Lediglich die warme Hand von Sarah fühlt sich gut an. Der Kos bleibt ihm im Hals stecken.
Schliesslich ziehen die Einhörner ihre Aufmerksamkeit erneut auf sich. An Ort und Stelle beugen sie ein Bein und scheinen sich vor ihnen allen zu verbeugen. Dabei senken sie ihren Kopf. Eine Geste die von allen Anwesenden erwidert wird indem sie sich entweder kurz beugen oder mit dem Kopf nicken. Danach wiehert das grösste Einhorn kurz auf und sie traben äusserst anmutig und stolz davon. Die wundervollen weissen Mähnen der Tiere schwingen im Takt.
Daria kommt näher an Lecram heran und er löst sich von Sarah um seine Mutter in die Arme schliessen zu können. Kurz darauf sehen sie sich um und Velis schnalzt: „Es ist vollbracht.“
„Und nun stehen wir ratlos da“, hören sie die dunkle Stimme von Migdal der gerade über die Brücke getrottet kommt. Die anderen Drachen und Gargoyles bleiben auf der anderen Seite der Brücke, nur einige Bewohner kehren langsam zurück. Und Lecram…, fühlt sich leer!
Er ist ausgelaugt und braucht Zeit um zu trauern.
Ein Teil von ihm ist hier gestorben, er fühlt sich noch etwas betäubt. Ausserdem gehen die beiden Halbmonde bald unter und die Gargoyles werden bald zu Stein.
Der Nebel und die düsteren Wolken haben sich völlig verzogen. Diese Nacht ist Sternen klar.
Von den vielen Schlangen und den schwarzen düsteren furchteinflössenden Pferden ist keine Spur mehr zu sehen.
Ob sie wohl nur aus Magie bestanden?
Diese Gestalten haben sich sprichwörtlich in Luft aufgelöst!
Während Daria noch etwas Sarah tröstet sieht Lecram sich weiter um, also geht er ein paar Schritte Richtung Brücke.
Vor dem Moor das jetzt ein Bachlauf gleicht unterhalten sich einige Gargoyles mit den Einwohnern. Es scheint als würden sich einige Bewohner an die Steinernen aussehenden Wesen erinnern. Ein Lächeln zeichnet sich auf seinem Gesicht.
Toron flog nach dem zerreissen von Aros wieder weg und Lecram sieht ihn bei der Ruine. Genau genommen wäre er jetzt auch gerne bei dem Drachen um seine Gedanken zu sammeln. Lecram fährt mit den Händen durch seine Haare und hält diese dann hinten fest. Er steht Gedanken versunken da mit seinen Armen auf dem Kopf ablegend.
Als würde Toron vermuten dass er von Lecram beobachtet wird schwingt er sich in die Luft und fliegt wieder hinunter nach Veram. Zielsicher landet Toron auf der Brücke die er mit seiner Grösse ganz einnimmt.
Durchaus versteht Lecram seinen grossen Freund dass er froh ist den Ballast Aros endlich losgeworden zu sein. Tatsächlich ist Lecram auch dankbar dass er sein Versprechen gegenüber Toron, mit Sarahs Hilfe, Aros zu töten einhalten konnte.
„Sarah ist bemerkenswert“, spricht er seinen Gedanken laut aus und es scheint als würde Toron nicken und lächeln.


Sarah

Eine seltsame Traurigkeit nimmt auch von Sarah Beschlag. Sie ist müde und fühlt sich ausgelaugt. Im Nachhinein ist sie froh darüber dass sie etwas Zeit mit Marcus verbringen konnte. Auch wenn dies unter unmöglichen Umständen war, so kann sich doch von sich sagen dass sie froh darüber ist das Marcus jetzt wohl seinen Frieden gefunden hat. Wie auch Lecram nicht mit der Schuld hätte leben können für ihren Tod verantwortlich zu sein. So hätte Marcus nicht mit dem Wissen seiner Schandtaten leben können. Sie weiss nicht was er alles getan hat, doch für ihn war es grausam und tief in ihrem Herzen weiss sie dass er damit nicht Leben konnte. Egal wie er sich benahm, sie hatte ihn lieb gewonnen. Marcus hatte Zweifel ob er sie beschützen könne. Tatsächlich hat er sie mit seinem Leben beschützt. Seine Liebe zu ihr und seinem Bruder muss gross gewesen sein. Wieder rollt eine Träne über ihre Wange.
Auch wenn es schmerzt einen Menschen zu verlieren den man in sein Herz geschlossen hat, so weiss sie dass es das Beste für ihn ist. Sie reibt sich die Augen trocken die schon leicht gerötet sind und nach einem kurzen Moment mit Daria fällt ihr Blick wieder auf Lecram und Toron.
Die beiden scheinen sich wortlos zu unterhalten. Ein seltsam bekanntes Bild.
Also macht sich auch Sarah auf den Weg zu Lecram und Toron, gefolgt von Daria, Velis und Migdal. Schliesslich stehen die Gefährten wieder bei einander. Ihre Blicke treffen sich abwechslungsweise.
„Wir haben noch eine Kleinigkeit zu erledigen“, erstaunt sehen alle zu Sarah die in ihrem Umhang herum kramt.
„Es ist vorbei“, ergänzt Lecram mit beschlagener Stimme.
Doch sie kramt weiter und erklärt leise: „Marcus gab mir diesen Umhang.“ Sie blickt kurz hoch, „Es schien ihm wichtig dass ich diesen Umhang trage, da steckt noch was drin. Ich kann es fühlen aber krieg es nicht raus.“
Ohne ein Wort zu sagen zieht Lecram ihr den Umhang ab und hält ihn Toron hin. Fast scheint es als würde der grosse Drache schmunzeln bis er dann kurz Feuer speit und der Umhang beginnt zu brennen. Schliesslich ist der Umhang verbrannt und vor ihnen liegt ein Diamant.
„Ist das der Diamant?“, schnalzt Velis und Lecram nickt staunend. „Denke schon.“ Lecram spricht fast hochachtungsvoll weiter: „Marcus hat ihn also für mich gefunden.“
Sarah kann sehen wie Lecram leer schluckt.
„Was machen wir damit?“ Beteiligt sich Daria an das Gespräch. Für Migdal scheint es jedoch völlig logisch zu sein was damit zu machen ist: „Das Ding muss zerstört werden!“ Da alle Blicke auf dem Gargoyle ruhen erklärt er weiter: „Es steckt immer noch Kraft darin. Wer zufällig den Diamant in die Hände kriegt wird vielleicht versucht sein zu wissen was man damit anstellen kann.“
„Und wenn diese Person zufällig etwas Magie besitzt…“, Lecram spricht seine Gedanken nicht weiter aus. Alle können erahnen worauf er hinaus möchte. Die dunkle Seite könnte erneut zuschlagen.
Und Sarah ist sehr Stolz dass Marcus ihnen diesen Diamanten überlassen hat. Er hat sie beschützt und ihr vertraut! Insgeheim ist er ihr persönlicher Held.
Es war wohl sein persönlicher Notfallplan dass sie den Diamanten zerstören sollte und er dann vielleicht frei gekommen wäre. Oder er hätte seinen freien Willen dazu benutzt um Aros in einem geeigneten Moment zu töten. Jeder von ihnen hat mehr oder weniger das Beste aus dieser Lage versucht zu machen. Ihr Herz zieht sich zusammen.
Lecram


Der Diamant sieht nicht besonders aus. Doch jeder von ihnen weiss dass dieser Diamant für viele schreckliche Dinge benutzt wurde. Lecram kratzt sich am Hinterkopf und überlegt was am besten ist damit zu tun. Genau genommen starren alle auf das gläserne kleine Ding das vor ihnen liegt. Niemand weiss etwas damit an zu fangen.
Dann tritt Migdal an den Diamant geht in die Knie und schlägt drei Mal auf den Diamanten ein.
Stein trifft auf Stein!
Mit einem dumpfen Laut kracht der Diamant auseinander. Ein Splitter landet weiter weg genau bei Shemar der ihnen entgegenkommt und die Gruppe nun ratlos ansieht. Schliesslich nimmt Shemar den Splitter auf und kommt noch näher.
Ein anderer Splitter liegt direkt vor Toron, der dritte Splitter ist bei Tarak. Ein weiterer bleibt bei Migdal liegen, einer bei Daria und der letzte liegt vor Velis.
„Sechs, die erste Vollkommene Zahl der Dekade. So soll es sein, wir sind die Wächter und Hüter des Diamanten.“ Spricht Tarak laut und deutlich und sieht dabei in die anderen Gesichter.
„Versteckt die Splitter an Orten die niemand von uns kennt und ihr daran glaubt dass er für eine Ewigkeit verborgen liegt“, ergänzt Lecram und die anderen nicken.
„So soll es sein“, schnalzt Velis und Shemar scheint auch kein Problem mit dieser Aufgabe zu haben. Seit sie hier in Veram sind ist er ein guter Freund geworden und hat tapfer alle Hürden genommen.
Also sammeln die sechs ihre Splitter ein und stecken sie in die Taschen. Ausser Toron der schluckt ihn einfach hinunter das bringt Lecram zum Schmunzeln.
„Der Tag bricht bald an, wenn ihr gestattet ziehe ich mich mit den anderen Gargoyles etwas zurück“, ist die dunkle Stimme von Migdal die erklingt und die anderen nicken einstimmig. Also trottet Migdal davon und Lecram sieht ihm kurz nach. Er ist froh ihn seinen Freund nennen zu können, ausserdem ist Migdal ein guter Lehrer. Schliesslich war es Migdal der ihm gezeigt hat dass ein Gargoyle Leben nicht so schlimm sein muss wie es für ihn war. Die Gargoyles sind seine Familie.
„Was ist mit Gloria, Abena, Malek, Feora und all den anderen? Haben wir viele verloren?“, holt ihn Sarah mit ihrer Frage aus den Gedanken. Sie hat Recht, es ist seltsam dass Feora nicht hier bei ihm ist. Toron schnaubt laut auf und Lecrams Stirn bekommt falten.
„Gloria geht es gut. Sie pflegt die Verwundeten bei der Ruine oben“, erklärt Daria und Lecram sieht wie Sarah erleichtert ist. Doch da liegt noch was in der Luft und sein Blick fällt auf Tarak der versucht seine Worte richtig zu wählen: „Malek und Abena sind verletzt.“ Lecram presst seinen Kiefer zusammen der sich entspannt als Tarak erklärt: „Sie werden wieder gesund.“
„Shemar“, fällt Lecrams Blick auf seinen neuen Freund, „Können wir in Aros Bur, Festung oder wie ihr das Ding nennen wollt ein Lazarett machen und die Verwundenen dort pflegen?“
„Wie ihr wollt, es ist euer zu Hause.“
Lecrams Augen verengen sich. „Gut, macht daraus ein Lazarett. Tarak, Mutter könnt ihr euch darum kümmern damit die Verletzten her gebracht werden?“
„Wird erledigt“, spricht Tarak ernst und sieht zu seiner Tochter, „Kommst du mit mir?“
„Bald, ich möchte nur noch etwas Zeit mit Lecram.“
Ihr Vater nickt und Daria umarmt ihren Sohn bevor sie sich auch den anderen anschliesst. Auch Shemar wird sich wohl Daria und Tarak anschliessen, darüber ist Lecram sehr froh.
Schliesslich schnalzt Velis und wechselt kurz seine Farben bis er wieder bei Tarnfarbe grün stehen bleibt: „Mein Freund, ich ziehe mich auch etwas zurück. Wir sprechen uns noch.“
Lecram nickt, er weiss genau dass die Makiani sich auf dem steinigen Boden hier nicht wohl fühlen. Dafür sind ihre Füsse nicht gemacht. Er sieht Velis zu wie er in die Luft steigt und sieht dann der anderen Gruppe zu die ihn gerade verlässt. Dann ruft er ihnen nach: „Was ist mit Feora!“
Daria und Tarak drehen sich um und sehen ihn an. Es scheint als suchen sie nach passenden Worten. Schliesslich spricht Daria ganz sanft: „Sie war so unglaublich mutig. Es tut mir leid.“
Auch Daria steigen die Tränen wieder hoch und Toron schnaubt wieder laut auf. Lecram weiss was es bedeutet hat, eigentlich hat er es geahnt und jetzt hat er Gewissheit darüber. Schmerzerfüllt schüttelt er seinen Kopf, als könnte das hier gar nicht wahr sein. Für ihn sind das bedeutend zu viel Tote. Das wollte er nicht! Sarah nimmt ihn in die Arme und er seufzt leise auf: „Sarah, es fühlt sich an als hätte ich versagt.“
„Dieses Gefühl wird vergehen.“
„Nein, ich bin Schuld dass es hier so weit gekommen ist. Es hätte nicht sein müssen. Verdammt.“
Durch seine Trauer holen ihn Gedanken ein die er im Moment gar nicht richtig zu ordnen kann. Er fühlt sich geschlagen, verwirrt und - schuldig. Sarah nimmt seinen Kopf in ihre Hände als sie erklärt: „Du hast uns befreit. Durch dich haben wir alle zusammen gefunden und aus Malon kann wieder diese wundervolle Welt werden die es mal war. Es ist dein Schicksal dass du hier angetreten hast.“
„Denkst du es war auch Marcus Schicksal?“
„Das vermag ich nicht zu sagen. Ich weiss nur dass er schreckliche Dinge unter Aros Herrschaft getan hat die er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren konnte. Er ist an dem Platz den er sich gewünscht hat.“
„Dann war es sein Schicksal“, spricht Lecram mit beschlagener Stimme, „Ich vermisse die beiden jetzt schon.“
Darauf kann Sarah nicht antworten, er sieht genau wie sich das Wasser in ihren Augen füllt. Es wird seine Zeit brauchen bis sie darüber hinweg kommen.
„Gib uns Zeit. Bekanntlich heilt Zeit alle Wunden“, streift er nun sanft über ihr Gesicht und küsst sie sanft auf die Stirn. Sarah sieht ihn mit ihren grossen Rehbraunen Augen an und dann kann sie nicht anders. Sie umarmt ihn heftig und auch er hält sie fest in seinen Armen. Beide hatten Angst um den anderen und jetzt beginnt die Anspannung langsam los zu lassen. Er spürt dass sie etwas zittert.
„Du warst so grossartig.“
„Ich hatte Angst um dich“, gibt Sarah zu und hält ihn immer noch fest umklammert.
„Und wieder hättest du dich für mich geopfert. Das muss aufhören das bringt doch nichts“, schmunzelt er etwas.
Sie löst sich von ihm und sieht ihn wieder gross an. Bei diesem Blick zieht es ihm den Magen zusammen.
„Es ging dabei nicht um dich. Es wäre vorerst niemand aus Malon heraus ge…“
„Das weiss ich doch“, unterbricht er sie, „aber es hört sich besser an.“ Schmunzelt er immer noch und küsst sie sanft auf ihre vollen Lippen. Er liebt sie mehr als sein eigenes Leben. Im Grunde genommen hätte er sich wie sein Bruder verhalten, hätte er die Chance dazu gehabt. Mit dem Wissen sein Bruder hätte für Sarahs wohl gesorgt. Jeder tat das was im Bereich des Möglichen war.
Kurze Zeit später humpelt Sarah davon da sie nach Gloria und ihren Freunden sehen will. Er sieht ihr etwas nach und erkennt dass sie nicht mehr so fest humpelt wie auch schon. Es scheint ihr ebenfalls besser zu gehen.
Dann wird er von Toron angerempelt und muss automatisch grinsen. Also dreht er sich zu seinem grossen Freund um.
Der letzte grosse Drache sieht wundervoll aus und Lecram kann seine Stimme in seinem Kopf hören. Diese Stimme spricht gedämpft: „Es wäre mir eine Ehre dich zukünftig als Drachenreiter auf meinem Rücken tragen zu können.“
Für einen kurzen Moment ist Lecram sprachlos. Dieser stolze alte Drache hat den Menschen ab geschworen. Doch heute und hier will er wieder eine Verbindung mit einem Menschen eingehen. Stolz erfüllt nickt Lecram dem grossen Drachen zu der augenblicklich zu grinsen scheint. Dann senkt Toron seine linke Seite etwas um ihm zu zeigen er solle aufsteigen. Genau genommen ist das genau das was er jetzt braucht, also steigt er auf und Toron erhebt sich Flügelschlagend in die Luft.
Als sie ziemlich weit oben sind blickt Lecram auf Veram hinunter. Eigentlich ein hübsch angelegter Ort. Von hier oben kann er erkennen dass die Ortschaft förmlich Kreisförmig angelegt ist. Dank den Einhörnern umgeben von Wasser das ihnen mit Sicherheit entgegenkommt. Vielleicht werden ja auch einige der Gargoyles in die Stadt zurückkehren, geht es ihm durch den Kopf.
Er holt tief Luft und streckt die Arme seitlich aus. Hier und jetzt ist er der Mensch der er schon immer sein wollte. Diese Welt unter den zwei Sonnen und Monden ermöglicht es ihm ein würdiges Leben zu führen mit Gefährten an seiner Seite die er nie für möglich gehalten hat.
Das hier ist seine eigene persönliche Freiheit!
Er wird bleiben und sich seinem weiteren Schicksal stellen, egal was es für ihn noch vorbereitet hat.
Dann steigt Toron noch höher um sich dann ein Stück im Sturzflug hinunter zu stürzen! Das zaubert Lecram ein breites Lächeln ins Gesicht.

Ob Lecram seine Bestimmung gefunden hat und wirklich bis an sein Lebensende glücklich mit Sarah in Malon wird? Liebe Leser, das wäre eine ganz andere Geschichte.


Impressum

Texte: Corinne Gerigk
Tag der Veröffentlichung: 12.12.2012

Alle Rechte vorbehalten

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