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Steckbriefe


Name: Mark Morgan
Alter: 16
Aussehen: braune Haare, grüne Augen, c.a. 1,75m groß, muskulös
Charakter: lieb, aber beschützend
Familie: kleine Schwester, Vater hat sie verlassen, Mutter wird von ihrem neuen Freund geschlagen
Fähigkeiten: er kann an der Wand laufen und sich unsichtbar machen
Wer weiß davon: nur er, weil er denkt, dass er der einzige ist
Merkmale: 4cm grosser Storchenbiss am Oberarm
Woher er kommt: Aus einer Stadt in Luxemburg

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Name: Nicole Anderson
Alter: 15
Aussehen: schwarze lange Haare, grüne dunkle Augen, sportlich und wendig
Charakter: Ehrgeizig, selbstbewusst, hilfsbereit, wild, entschlossen
Fähigkeiten: Blitze, Gedanken lesen/kontrollieren
Familie: Vater ist tot, 9 Geschwister, fast alle jünger
Wer weiß davon: Ihre beste Freundin Naomi und ihr bester Freund Jake
Merkmale: grüne Augen, außerdem noch eine Narbe am linken Oberarm
Herkunft: Aus Kairo (Ägypten)

Prolog: Mark Morgan


Es war ein schwüler Augustabend. Langsam lief ich die Straße zum Haus meiner Eltern entlang. Obwohl ich in meinem Fall kaum 'Eltern' sagen konnte, denn mein Vater hatte mich und meine kleine Schwester verlassen, als sie noch ein Baby war. Ich hasste ihn dafür, aber noch mehr hasste ich den neuen Freund meiner Mutter. Luca. Wie ich ihn verabscheute. Niemand sollte meiner Mutter oder meiner Schwester wehtun. Niemand hatte das Recht dazu, erst recht nicht der! Er war vor ein paar Monaten einfach in unser Leben geplatzt. Er hatte alles kaputt gemacht. Er schlug meine Mutter. Manchmal solang bis sie das Bewussstsein verlor. Mein Schwester hatte er bis jetzt in Ruhe gelassen und er sollte auch bloß sie Finger von ihr fern halten.
Früher, bevor er bei uns gewohnt hatte, da war ich gerne nach Hause gegangen. Ich hatte mich auf meine Schwester, Lisa, und meine Mutter gefreut. Ich wollte einfach nur zu Hause sein. Wie jeder andere 16- Jährige auch, aber das schien mir nicht vergönnt zu sein. Weshalb auch immer. Ich hatte nie etwas schlechtes getan. Ich war immer brav gewesen. Hatte meiner Mutter im Haushalt geholfen und mit meiner kleinen Schwester gespielt.
Ich bog in eine viel benutzte Straße, doch mich würde niemand entdecken. Ich hatte mich unsichtbar gemacht...
Eine komische Eigenschaft, die ich vor zwei Jahren entdeckt hatte. Nicht nur das. Nein. Ich konnte auch an Wänden laufen und das machte ich mir auch oft zu nutze, aber es wusste niemand und es würde auch niemand erfahren. Nie. Ich kletterte, immer noch unsichtbar, die Wand eines Hochhauses empor. Ab und zu warf ich einige Blicke nach unten, nur um zu sehen wie weit ich schon oben war. Aber ich hielt erst inne, als ich ganz oben war und mich auf das Dach setzen konnte. Oft saß ich Stunden lang auf eines der Dächer und schaute über die Wolkenkratzer unserer Stadt. Ich liebte diesen Anblick. Er beruhigte einfach etwas tief in mir, das sonst aufgewühlt war. Er verschafte mir eine Weile Ruhe. Ruhe, die ich dringen brauchte.
Nach einiger Zeit sah ich mich auf dem Dach um und entdeckte einen kaputten Spiegel. Es war eigentlich nur eine Scherbe, aber ich hob sie denoch auf und betrachtete mich in dem schmutzigen Glas. Meine grünen Augen waren so trüb, wie sie es seit einigen Monaten die ganze Zeit schon waren. Es kam von der Besorgnis um MEINE Familie und daher weil ich im Moment einfach viel zu traurig und ernst sein musste. Ich wollte wieder ein normales Kind sein.
Als ich mit meinen Gedanken zu ende gedacht hatte, schaute ich wieder in den Spiegel. Meine braunen Haare waren durcheinander und meine Haut eingefallen. Ich war nicht bleich, nein. Ich hatte einen gesunden braunton, aber ich war auch oft drausen. Deshalb aß ich aber auch kaum mehr was. Ich woillte schon nicht mehr zu meiner Familie, ich wollte nicht zu sehen, wie er sie schlug.
Oft machte ich mir Vorwürfe. Ich hatte einen muskulösen Körper und würde ich ihn richtig einsetzen, würde er meine Mutter vielleicht in Ruhe lassen, aber ich hatte es nie geatan. Ich hatte ihn angeschrien, aber mehr habe ich nie getan. Und es fraß mich innerlich auf.
Als es dunkel wurde, kletterte ich nach unten auf den Boden zurück und lief nach Hause.
Ich klingelte und mein Blick fiel automatisch auf das alte Namensschlid, das dort noch hing. Morgan, stand dort und irgendwie machte mich der Name nicht mehr so stolz wie er es einmal tat.
Meine kleine Schwester öffnete mir die Tür und ließ mich ins Haus.
" Wo warst du, Mark?", fragte sie mit ihrer kindliche interessierten Stimme. Ich nahm sie schnell hoch und schaute ihr in die Augen ehe ich antwortet:
" In der Schule, mein Kleine."
Wie sehr ich Lisa liebte. Das sechs Jahre alte Mädchen machte mich einfach immer glücklich.
Sie drückte ihren kleinen Kopf mit den großen Augen an meine Schulter.
" Ich mag wieder nach Hause.", flüsterte sie.
Mit 'nach Hause' meinte sie den Ort, in dem wir noch vor einigen Tagen gelebt hatte. In Luxemburg. Aber der Freund meiner Mutter hatte darauf 'bestanden', dass wir hier her kommen. Nach München.
Meine Mutter kam auf mich zu und als ich sah, dass sie schon wieder einen neuen blauen Fleck im Gesicht hatte, wurde ich wütend. Jetzt reichte es eindeutig. Aber meine Mutter hielt mich zurück. Sie legte ihre Hand auf meinen Arm. Genau dorthin, wo der Strochebiss war, den ich schon seit meiner Geburt hatte. Er war nicht groß. 4 cm, ungefähr. Und so an meinem Oberarm versteckt, sodass man es, wenn ich ein T- Shrit truf, nicht sehen konnte.
" Bleib Ruhig, Mark!", flüsterte sie, aber es war schon vorbei. Meine Geduld war hier zu Ende.

Prolog: Nicole Anderson


„Nicole, zieh dir doch bitte etwas passenderes an. Okay?“ fragte mich meine Mum, als ich die Treppe herunter kam. „Wir gehen Essen, nicht auf eine Modenschau.“
„Aber Mum, ich kann doch nicht so wie Daniel herum laufen. Im Anzug?? Ich bin 15, keine 20.“ meinte ich abwehrend.
Mit einem Schulterzucken erwiderte sie: „Ist ja dein Ruf, nicht meiner.“ Dann drehte sie sich um und verschwand samt dem Kuchen, den sie noch immer in der Hand hielt, wieder in der Küche.
Mir war es eigentlich recht egal, was andere von mir dachten. Ich ging nach draußen, wo mein bester Freund Jake schon in seinem Garten auf mich wartete.
Zufällig hatten seine Eltern vor ein paar Jahren mal beschlossen, hier her zu ziehen, was unsere Freundschaft nur verstärkt hatte.
Ich fiel ihm in die Arme und drückte ihn einmal fest, da ich ihn, seit er nach Deutschland gereist war, vor zwei Wochen, nicht mehr gesehen hatte.
„Hey, lang nicht mehr gesehen“, flüsterte er mir ins Ohr. Ich lächelte. Dann schob er mich von sich weg, damit er mir in die Augen schauen konnte.
„Schade, dass du ausgerechnet heute zu deinem komischen Onkel fahren musst.“ Er lächelte, obwohl ich ihm deutlich ansehen konnte, dass er es nicht so meinte.
Komisch sagte er deshalb, weil mein Onkel wohl wirklich der komischste Mensch auf unserem Planeten war. Immerhin züchtete er Papageien, Krokodile, Schlangen und was es sonst noch für Tiere in Afrika und Asien gab. Außerdem studierte er absolut alles, was mit diesen beiden Kontinenten zu tun hatte, ganz genau.
„Bitte, lüge mich nicht an. Du weißt, dass ich sowieso deine Gedanken lesen kann, oder?“ fragte ich ihn ernsthaft, obwohl er das doch wissen müsste.
„Ja, natürlich weiß ich das. Aber ich wollte es dir einfach nicht ins Gesicht sagen. Ich bin nicht so selbstbewusst wie du.“ erwiderte er kalt. „Deine Mum und deine Geschwister warten schon. Bis dann.“ Ich hatte ihn noch nie so fertig gesehen, geschweige denn so kalt reden hören.
Aber egal, die Familie ging vor. Ich musste jetzt und beim Essen einen auf gute Laune machen, und dann, wenn ich nach Hause kam, konnte ich immer noch mit ihm reden.
Erst mal mussten wir eh bei unserem Onkel ankommen und dann konnten wir weiter sehen.
Ich stieg mit meinen Geschwistern in unseren kleinen Bus und quetschte mich nach ganz hinten.
Warum musste immer ich, die drittgrößte, ganz nach hinten ins letzte Eck sitzen? Das ist doch nicht fair.
Während wir zwei Stunden lang mit dem Auto/unserem Bus zu unserem Onkel fuhren, machte ich mir Gedanken über Naomi. Seit wir uns darüber gestritten hatten, dass sie womöglich in Jake verliebt war, hatte sie sich nicht mehr gemeldet. Kein Anruf, keine SMS. Nein, rein gar nichts. Auch Jake hatte mir über sie nichts verraten wollen, so, als wäre ich hier die Böse. Was ich natürlich nicht war!
Deswegen waren die zwei Stunden auch im Nu um. Und wenn ich ehrlich war, wollte ich meine eine Woche alte Cousine, wegen der dieses Fest überhaupt stattfand, kennen lernen.
Meine Schwäche war, dass ich Babys total süß fand, auch wenn sie nichts anderes als schreien konnten.
„Hallo!!!“ schrie mein Onkel überschwenglich.
„Hey!“ machte ich es ihm gleich, als ich ausgestiegen war, und schlug in seine Hand ein. Sie war kalt, eiskalt.
„Und? Wie geht es deinen Fähigkeiten?“ fragte er vorsichtig.
„Gut. Wieso?“ Er wusste nicht direkt von meinen Fähigkeiten, aber er hatte mal gesehen, wie ich sie eingesetzt hatte. Das machte er mir auch immer wieder klar. Er wollte, dass ich ihm erzählte, wieso ich solche Fähigkeiten hatte. Aber bis jetzt hatte ich es verhindern können.
Ich ging weiter, ohne seine Antwort abzuwarten. Ich wollte unbedingt meine kleine Cousine und meine Oma sehen.
Ich lief gleich nach draußen in seinen Garten, da ich wusste, dass er nie eine Party drinnen veranstalten würde. Er hatte Geld, und das will er jedem beweisen. Und da stand sie. Mitten in einer sich gut unterhaltenden Gruppe und keiner kümmerte sich um sie.
Allerdings konnte ich meine Oma nirgends entdecken.
Ich drängelte mich durch die Gruppe und zog meine kleine Cousine erst einmal hinter mir her.
Als ich auf der Terrasse angekommen war, wagte ich einen Blick in den Kinderwagen.
Ein kleines wirklich süßes Baby schaute mir mit seinen Glupschaugen entgegen. Allerdings passte etwas nicht in ihr Gesicht. Eine Narbe, die sich vom linken Auge bis zur Stirn zog.
Erschrocken wich ich zurück. Wer hatte ihr das nur angetan?
„Oma? Oma?“ rief ich mehrmals, bis sie sich irgendwann am Gartentor zeigte. „Oma!“ sagte ich erleichtert. „Was machst du da draußen?“
„Ich war Blumen pflücken. Hübsch, nicht?“ erwiderte sie und hielt mir ihre Blumen unter die Nase.
„Was ist mit Elaine passiert?“ Ich musste einfach wissen, wer meiner Cousine das angetan hatte.
„Nichts. Nur … Es ist kompliziert. Gehen wir doch ein bisschen spazieren.“ Ich nickte.
„Erzähl schon!“ forderte ich sie auf.
„Also gut. Der Freund deiner Mutter, Marco, hat 'aus Versehen' mit deiner Tante geschlafen. Dabei ist … na ja, Elaine entstanden. Da wurde deine Mutter sauer auf ihn und hat sich, während das Kind noch immer auf ihrem Arm war, mit ihm gestritten. Irgendwann wurde er handgreiflich und wollte deine mutter schlagen, hat aber Elaine getroffen.“erklärte sie.
„Oh Gott. Das ist ja schrecklich.“ sagte ich.
„Ach, und ich hab da etwas für dich. Einen Brief. Ist gestern hier angekommen. Gehen wir zurück zum Haus.“ meinte sie. Sie gab mir den Brief und erlaubte mir ausnahmsweise, dass ich vorgehen dürfe.
Sofort rannte ich hoch ins Schlafzimmer meines Onkels und setzte mich auf das Bett. Der Brief war grün. Und leicht wie eine Feder. Ich riss ihn auf und erblickte eine sorgfältig geschriebene Einladung. Kurz überflog ich die Zeilen und riss meine Augen auf. Positiv überrascht schrie ich einmal kurz auf.
Ich wurde angenommen. An der Schule für Begabte oder Außenseiter. Zwei Jahre lang hatte ich auf diesen einen Brief gewartet und nun war er da.

1. Kapitel Mark Morgan


Ich stürmte ins Wohnzimmer. Mein Geduld war zu Ende. Das würde er büßen. Jetzt war es aus. Aus mit meiner Selbstbeherrschung, aus mit dem Glauben, er könnte es eines Tages verstehen und sie endlich in Ruhe lassen. Nein! Jetzt würde er alle die Monate, alle die Schläge zurück bekommen und ich würde so fest schlagen, wie noch nie zuvor in meinem Leben! Er hatte es einfach verdient. Eigentlich sollte ich ihn Tod prügeln, denn niemand sollte meine Mutter so anfassen.
Schnell packte ich ihn an seinem Hemd und schlug Luca mitten ins Gesicht und das immer und immer wieder. Es fühlte sich so toll an. Endlich! Endlich würde er für das alles büßen müssen. Solange hatte ich darauf gewartet.
" Mark!", schrie meine Mutter. Obwohl sie an meinem Arm zog und mich von Luca weg zerren wollte, waren ihre Bemühungen vergebens. Entweder richtig oder gar nicht. Das hatte sie mir auch früher schon immer eingebläut und heute würde ich es einmal wörtlich nehmen. Entweder richtig oder gar nicht und da gar nicht jetzt schon mal nicht mehr möglich war, wollte ich es richtig machen. Sodass er es nie mehr wieder vergessen würde. Nie mehr würde er meine Mutter falsch anfassen.
Bewusstlos fiel er auf den Boden und ich atmete tief durch. Meine Arme brannte und ich wollte am liebsten davon laufen, aber ich blieb hier stehen, drehte mich zu meiner Mutter und meiner Schwester um und meinte dann:
" Er hat es verdient. Er wird dich nie wieder so anfassen!"
" Was hast du getan? Wie konntest du nur?"
" Er hat dich geschlagen!", schrie ich wütend.
" Ich hab ihn geliebt! Ich tue es immer noch!"
" Du hast ihn nie geliebt!"
" Wie kannst du das sagen? Geh sofort aus unserm Haus raus! Das hast du nicht mehr verdient! Ich will dich nie mehr wieder sehen!", schrie sie mich mit Tränen in den Augen an. Kaum zu Glauben, dass sie mich raus warf! Ich hatte ihr einen Gefallen getan und sie warf mich aus dem Haus.
" GUT!", schrie ich sie an, eilte in mein Zimmer und packte einige Klamotten in einen Rucksack, dann verschwand ich aus dem Haus und ich schwor mir in dem Moment, als ich die Türschwelle betrat, dass ich nie mehr wieder kommen würde.

Weinend lief ich durch die Straßen. Ich machtet mir nicht mal die Mühe, mich unsichtbar zu machen. Mich würde jeder hören. Es hatte mich mehr verletzt als ich zugeben wollte, als sie mich aus dem Haus geworfen hat. Aus meinem Haus. Es gehört mir und nicht Luca. Er hatte es nicht verdient. Er hatte meine Mutter nicht verdient. Und wenn wegen ihrer Sturheit meiner Lisa was passieren würde, dann... dann.. ja! Was war dann? Was wollte ich schon groß tun? Sie hatte mich raus geworfen und ich hatte mir geschworen nie mehr wieder zurück zu kommen und ich würde meinen Schwur nicht brechen.
Ich wollte nicht mehr darüber nachdenken, als ich die Straße lang ging und versuchte deshalb dem Gespräch der beiden Leute vor mir zu lauschen.
" MARK!", schrie plötzlich jemand. Ein Junge. Ich kannte ihn nicht, dachte ich.
Aber als ich mich umdrehte, erkannte ich den Jungen doch. Er war in meiner Parallel- Klasse und eigentlich hatte ich nicht viel mit ihm zu tun.
" Was willst du, Lars?", fragte ich ihn wütend. Er kam keuchend vor mir zum Stehen und streckte mir irgendetwas entgegen.
" Ich soll dir den hier geben!", erklärte er und wedelte mit dem Brief vor meinem Gesicht rum.
" Was ist das?", fragte ich und nickte in Richtung des grünen Briefes.
" Ich weiß nicht genau, aber er ist wichtig. Sagte man mir zumindest!"
Ich riss ihm den Brief aus der Hand und öffnete ihn. Er war Federleicht, deshalb überraschte es mich umso mehr als mir einige Hundert Euro und ein Flugticket, samt Brief entgegen flogen. Ich nahm den Brief und steckte den Rest zurück in den Umschlag. Weil ich nicht wirklich Lust hatte mir den Brief ganz durch zu lesen, überflog ich ihn nur. Es war eine Einladung zu einem Camp wegen meiner 'Fähigkeiten'. Eine Art Training sollte das ganze sein. Ein Flugticket nach Amerkia, um genau zu sein, in die Anden, war auch dabei und noch ein bisschen Geld. Keine Ahnung für was das war, aber ich hatte im Moment kein Zuhause und da kam mir das doch gerade Recht, oder? Ein Versuch war es auf jeden Fall wert! Es war kostenlos und ich bekam Geld und das Flugticket! Was wünschte ich mir mehr? Es war auf jeden Fall eine Gelegenheit etwas mehr Zeit für mich zu haben, ohne mir Sorgen über Essen und Geld machen zu müssen. Außerdem konnte ich dort neue Leute kennen lernen und wenn ich Glück hatte, dann würde einer so sein wie ich. Dann musste ich das alles nicht alleine durchmachen. Es war schon schwer genug ohne Vater und in so einer Familie aufzuwachsen, aber dann hatte ich auch noch das Problem mit meinen Fähigkeiten, die ich manchmal nicht mal kontrollieren konnte. Und da sollte mal einer sagen, dass mein Leben einfach war.
Langsam hob ich meinen Blick und ließ diesen auf Lars liegen. An was er wohl dachte. Weshalb interessierte mich das überhaupt? Ich sollte besser schnell zum Flughafen kommen. Dann konnte ich weg hier und einfach mal alles vergessen. Ich wollte nicht mehr an meine dumme Mutter denken, die mich aus dem Haus geworfen hatte, nicht mehr an meine kleine Schwester Lisa, die jetzt ganz alleine zu recht kommen musste, nicht mehr an Luca, der jetzt einfach alles mit meiner Mum machen konnte, was er wollte, nicht meine bescheuerten Klassenkameraden, und erst recht nicht die Leute, die sich meine Freunde schimpften. Freunde. Das waren diese Personen wirklich nicht und trotzdem verbrachte ich meine Zeit mit ihnen. Ich wusste einfach nicht warum. Vielleicht brauchte ich zumindest das Gefühl ich hätte Freunde. Jeder wollte doch geachtet und geliebt werden. Ich wollte es eben auch.
Ohne ein weiteres Wort drehte ich mich weg und ging. Obwohl ich keine Ahnung hatte, wie ich zum Flughafen kommen sollte, lief ich einfach mal los. Mehr als falsch konnte die Richtung ja gar nicht sein, also hatte ich nichts zu verlieren.


Irgendwie sah der Flughafen alles andere als amerikanisch aus. Das alles hier erinnerte mich mehr an Ägypten oder so. Eine Weile irrte ich noch durch die Gegend, bis ich einen relativ großen Menschenhaufen mitten in der Halle stehen sah. Das Mädchen mit den grünen Augen, die ich bis hierher sehen konnte, stach mir sofort ins Auge. Sie hatte schwarze lange Haare, die ihr sie offen trug, sodass sie ihr über die Schultern fielen. Ohne Frage, sie sah außer ordentlich schlank und sportlich aus und ich glaub ich hatte mich gerade verliebt. Wie schnell die Liebe einen manchmal überfallen konnte.
Ich wollte die nicht mehr aus den Augen lassen, aber als sie sich schon das zweite Mal nach mit umdrehte, schaute ich endgültig weg. Und als ich wieder hinsah, war sie weg. Ich suchte die ganze Halle ab, entdeckte sie aber nicht mehr. Ich wurde traurig. Wahrscheinlich würde ich sie nie mehr wieder sehen.
Deprimiert machte ich mich auf den Weg zu dem nächsten Flugzeug, das nach Lateinamerika fliegen sollte. Ich Dummkopf war in den falschen Flieger gestiegen und stand deshalb jetzt am Flughafen in Kairo.
Aber jetzt hatte ich den richtigen Flug erwischt und war nun auf den Weg nach Amerika. Ins Camp, das weit, weit weg von zu Hause lag.

1. Kapitel Nicole Anderson


Einen Tag nach der guten Nachricht ging es dann auf nach Amerika. Genauer gesagt Equador. Ich freute mich riesig darauf, mal etwas anderes als unser Haus zu sehen. Denn meine Mum sagte immer, wir hätten zu wenig Geld um zu reisen, dabei hatten wir genug Geld, dass Marco, der neue Freund von ihr, zocken konnte. Um dann wie immer eben zu verlieren.
Gestern Abend hatte ich dann noch meine Sachen überstürzt zusammen gepackt und mein Zimmer so ordentlich, wie es eben ging, aufgeräumt.
Jetzt war es 6.00Uhr morgens und ich war kurz vorm Durchdrehen, weil ich so aufgeregt war.
Dabei würde das Schlimmste der Flug dorthin werden. Denn wenn ich eines überhaupt nicht mochte, dann war es fliegen. Ich hasste es, etwas nicht kontrollieren zu können.
Wir standen mit der ganzen Familie, meine vielen Geschwister eingeschlossen, am Flugplatz und stiegen gerade aus unserem kleinen Bus. Die Ältesten, meine drei Brüder Samu, Nick und Tobi, trugen meine 4 Taschen und Rucksäcke. Würde ich nicht gleich nach Amerika fliegen, hätte ich jetzt Schadenfreude empfunden.
Ich drückte jeden aus meiner Familie fest und bei jedem fiel es mir schwerer, meine Tränen zurückzuhalten. Doch schon bei der 5 Person musste ich total losheulen. Aber, ich konnte ja nichts dafür. Ich war eben ein Mädchen, das bei fast allen traurigen Szenen weinte.
Nach weiteren zwei Leuten überkam es mich dann. Die Angst, die ich immer spürte, wenn mich jemand beobachtete. Ich sah mich um.
Leider konnte ich niemand verdächtiges erkennen, der mich hätte beobachten wollen.
Meine Angst wurde immer größer, bis sie nahezu unerträglich geworden war.
Ich drehte mich um, nahm meine Taschen mit und rannte in Richtung Flugzeug, ohne dass ich mich verabschiedet hatte. Sie würden mir wahrscheinlich wieder böse deswegen sein, aber diese Angst war auf jeden Fall schlimmer. Viel schlimmer.
Ich blieb erst wieder stehen, als eine Frau, die sehr weit hinter mir her gerannt sein musste, meinen Namen rief. Ich drehte mich zu ihr um und schreckte vor ihren Blutroten Haaren zurück. Ich musterte sie kurz.
Sie hatte eine Menge roter Flecken im Gesicht, auch wenn ich nicht ganz zuordnen konnte, warum. Außerdem war auf ihrer Hand ein Kreuzförmiges Tattoo.
„Ich muss deine Sachen auf Drogen, Metall etc. kontrollieren. Darf ich?“ fragte die Frau ganz außer Atem.
„Nur zu. Aber machen Sie schnell. Ich muss zum Flugzeug.“ erklärte ich ungeduldig. Die Angst konnte mich in jedem Augenblick wieder überkommen.
Sie beeilte sich wirklich, sodass ich in weniger als 5 Minuten wieder gehen durfte.
Ich rannte vorbei an Rolltreppen und vielen Treppen und Türen und bemerkte gar nicht, dass ich schon am Band, auf das man das Gepäck legt, vorbei gerannt war.
So musste ich den ganzen Weg vom Flugzeug wieder zurück.

Ich hatte mir einen annähernd gemütlichen Platz im Flugzeug ausgesucht, als sich ein Junge, ungefähr in meinem Alter, neben mich setzte.
„Hey! Du hast doch nichts dagegen, wenn ich mich hier her setze, oder?“ fragte er höflich.
„Du kannst dich ruhig setzen. Ich hab nichts dagegen.“ erklärte ich. Er nickte und schmiss seine Tasche vor seinen Sitz.
„Ich bin übrigens Nick. Und du?“ erwiderte er nach kurzem Zögern.
„Nicole. Aber du kannst mich auch Nicky nennen, wenn du willst. Wo fliegst du hin?“
„Zu meiner Oma, in die Nähe vom Camp für Außergewöhnliche Leute. Das Camp ist der pure Selbstmord. Wer da ist, kommt garantiert nie wieder weg, geschweige davon, dass sie unmögliches von einem verlangen.“ Er schien sehr viel über das Camp zu wissen, doch ich wollte nichts wissen. Ich wollte mich viel lieber überraschen lassen. Das war doch das reizvolle an der ganzen Sache. Dass man nicht weiß, wohin man geht oder was da nun wirklich alles gemacht wird.
Ich dachte über meine Familie nach. Über Jake und Naomi. Und über die Fehler, die ich gemacht habe. Zum Beispiel, dass ich mich nicht bei Naomi entschuldigt habe oder dass auch Jake noch immer auf mich sauer war. Und meine Familie war bestimmt auch wütend, dass ich einfach abgehauen bin, am Flughafen. Im Großen und Ganzen konnte man sagen, dass ich jedem einen Grund gegeben hatte, sauer auf mich zu sein.
Ich war so in Gedanken, dass ich gar nicht bemerkte, wie Nick mit mir redete. Offenbar wollte er mit mir reden, ich aber nicht mehr mit ihm.
Den ganzen Weg versuchte ich mich mit Musik abzulenken und nicht zu betrübt zu wirken, sodass der Flug recht schnell verging. Beim Aussteigen drängelten sich wieder alle so durch die Tür, dass ich kaum noch Luft bekam. Ich quetschte mich geschickt durch die wartende Menge, dass ich fast als Erstes wieder an der frischen Luft stand.
Frisch wohl eher nicht. Stickig und warme Luft traf da schon eher zu. Ich wusste ja, dass Amerika ein ziemlich warmer Kontinent war, da er nahe dem Äquator lag. Aber für soo warm hätte ich ihn wirklich nicht gehalten.
Zwar stand ich hier auf einem Flugplatz, doch sah ich weit und breit nichts auch nur annähernd grünes außer einem Lieferwagen, der in der Nähe beim Bahnhof stand.
Schon nach ein paar Minuten in dieser Luft musste ich husten, weil ich dachte, ich bekäme zu wenig Luft. Und in diesem Klima sollten wir trainieren. Vielleicht hatte Nick ja doch Recht gehabt, was das Camp anging.
Aber nun war es eh schon zu spät, um noch einen Rückzieher zu machen. Also lief ich zu dem Laufband, auf dem auch gleich meine Taschen erschienen.
Mit vier Taschen im Gepäck ging ich durch die riesige Halle, deren Boden mit etwas schwarzem bedeckt zu sein schien, und machte mich auf den Weg auf die gegenüber liegende Straßenseite. Es war nicht weit, aber mit vier Taschen im Schlepptau kam es einem 1000m Lauf ziemlich nahe.
Drüben völlig erschöpft angekommen, stellte ich erst mal meine Taschen ab und legte mich flach auf den Boden, um mich zu erholen. Ich brauchte ein paar Minuten, damit ich meine Atmung wieder in den Griff bekam, dann sah ich auf die Uhr. 12.45Uhr. Mist! Ich hatte nur noch fünf Minuten, um zum Zug zu kommen. Das würde eng werden. Ich rannte fast um mein Leben und kam am Ende sogar noch rechtzeitig zum Zug. Eine Minute vor Abfahrt saß ich dann endlich in meinem Abteil. Etwa zwei Stunden waren für die Zugfahrt eingeplant worden.
Doch natürlich war mir schon nach den ersten paar Minuten sehr langweilig und ich konnte wieder an nichts anderes denken, als an meine Probleme und Fehler. An Jake und Naomi. An meine Familie. Als ich gerade beschloss, den Fernseher in meinem Abteil anzuschalten, da es ja immerhin noch
1 ½ Stunden Fahrt waren, hörte ich von draußen ein schallendes Geräusch. Wie eine Kugel aus einer Pistole oder so. Aber natürlich dachte ich mir nichts dabei. Das konnte schließlich auch etwas anderes gewesen sein.
Doch ich hatte mich getäuscht. Es wahr nichts harmloses, denn auf einmal kam eine Durchsage des Fahrers: „Bitte bewahren Sie alle die Ruhe. Wir nehmen nur einen Gast mit.“ Ich meinte im Hintergrund etwas wie ein Lachen, und dann: „Ruhe!!! Bleiben Sie sitzen, Sir. Ich könnte sonst auf den Abdrücker kommen.“
Hier ging nicht alles mit rechten Dingen zu, wie es schien.
Ich beschloss, mal vorne nach zu sehen und stellte mich in den Gang, um mich irgendwie nach vorne zu bewegen. Was gar nicht so einfach war, denn der Zug wackelte ziemlich fest hin und her.
Doch nach einigen Minuten und nachdem ich mir einmal fast den Kopf angeschlagen hätte, weil der Zug um eine Kurve gefahren war, hatte ich es schließlich doch geschafft, bis zur Fahrerkabine zu kommen.
Zum Glück bestand die Tür größtenteils aus Glas, denn andernfalls hätte ich die Tür einschlagen müssen. So konnte ich unbemerkt in die Kabine schauen. Ich kniete mich unter das Glas vor die Tür und streckte meinen Kopf nach oben.
Mitten im Raum stand ein Mann, aber es war wohl nur der Zugführer, der alles bediente. Ich atmete erleichtert auf. Es war weit und breit kein Mann mit Pistole zu sehen. Ich wollte gerade aufstehen, als ich hinter der Tür Schritte hörte, und jemand am Türknopf drehte.
Mein Herz setzte einen Schlag aus. Der wollte doch nicht wirklich gerade jetzt durch die Tür gehen, oder? Aber ich kannte die Antwort: Doch, er wollte.
Ich rollte mich ein Stück zur Seite, wo sich, wie ich erst jetzt bemerkte, die Toilette befand. Mir kam eine Idee. Ich robbte weg von der Tür, direkt zur Toilette. Hier würde er mich hoffentlich nicht suchen. Durch das Schlüsselloch konnte ich beobachten, wie ein bewaffneter Mann aus der Fahrerkabine kam und zielstrebig auf den nächsten Wagon zu steuerte. „Hände hoch! Und bleiben Sie, wo Sie sind!“ hallte es durch den Zug. Das war wohl in jedem der 5 Wagons zu hören gewesen.
Sobald ich den Mann nicht mehr sehen konnte, kletterte ich aus meinem Versteck hinaus auf den Gang. Vorsichtig schlich ich durch die Tür in die Fahrerkabine und drückte mich dort, so flach es ging, an die Wand.
„Hallo?“ flüsterte ich unsicher. Da entdeckte ich den Mann, den ich vorher durch das Glas gesehen hatte, auf dem Stuhl. Nervös drehte ich den Stuhl, bis ich das Gesicht des Mannes sehen konnte.
Ich sah Blut aus einer Wunde auf seiner Stirn tropfen, sein Gesicht hing leblos nach unten. Diesem Mann war offenbar nicht mehr zu helfen.
Ich sah mich etwas genauer in dem Raum um. Außer einer Menge Elektronik zum Steuern des Zuges und dem Stuhl, auf dem der Tote saß, war hier nicht viel. Aus dem großen Fenster sah ich, dass wir in weniger als drei Minuten gegen ein sehr groß wirkendes Bauwerk fahren würden. Hektisch dachte ich an mögliche Fluchtwege, bevor alle hier drin starben. Erst mein dritter Gedanke schien funktionieren zu können. Denn wenn ich genau zu dem Hindernis sah, entblößte es sich nur als ein harmloser Tunnel, durch den Züge fahren konnten. Doch unser Zug war eindeutig zu hoch für diesen Tunnel, sodass das Dach höchstwahrscheinlich nicht heil bleiben würde.
Um sicher zu gehen, dass ich auch auf keinen Fall getroffen wurde, legte ich mich flach auf den Boden und versuchte, mein Atemrythmus unter Kontrolle zu bringen. Doch dafür war ich einfach noch zu aufgeregt.
Ich sah auf meine Uhr. Noch ein paar Sekunden, dann müssten wir am Hindernis sein.
Plötzlich wurde es so laut, dass ich, auch wenn ich mir meine Ohren zu hielt, noch dieses Geräusch hören konnte. Es zischte, quitschte, donnerte, und das alles gleichzeitig. So entstand ein ohrenbetäubendes Geräusch.
Teile vom Dach flogen auf mich und bedeckten mich. Ich sah von oben ein großes Teil, ein Fenster oder so, auf mich zufliegen. Der Schmerz, den ich empfand, als es mich am Kopf traf, war so groß, dass ich das Bewusstsein verlor.

2. Kapitel Mark Morgan


Endlich war ich am richtigen Flughafen angekommen. Obwohl ich mehr als todmüde war, ging ich, holte meine Koffer und stand dann anungslos, was ich jetzt tun sollte vor dem Eingang des Flughafens. Eine Weile schaute ich mich um, aber ich war mir nicht sicher, was ich tun sollte. Wie kam ich denn jetzt zu dem Camp? Ich wusste doch nicht einmal wo es lag. Und erst recht nicht wie ich dorthin kommen sollte. Mein Blick fiel unbewusst zu den Sternen. Wenn es Gott gab, dann konnte ich seine Hilfe jetzt wirklich gebrauchen. Ich musste einen Weg in das Camp finden und erst recht musste ich meine Familie wieder vergessen. Ich fing unüberlegt zum laufen an und merkte gar nicht wie aus den erst zögerlichen Schritten ein richtiger Marsch- Lauf wurde. Meine Schritte lenkten mich über eine viel befahrene Straße und ich merkte gar nicht wie ich mitten drinnen aufhörte zu laufen und stehn blieb. Jemand hupte, aber ich bekam es kaum mit. Ich stand einfach dort, sah mir den Himmel an und weinte. Was war nur aus mir geworden? Vielleicht sollte ich mich einfach hier auf der Stelle überfahren lassen. Es war die einfachste Lösung, aber dann erinnterte ich daran, was meine Mutter mir früher immer gesagt hatte: Das Leben, Mark, ist nie leicht und es wird nie einen leichtesten Weg geben, der auch der richtige für dich ist! Manchmal muss man schwere Dinge in kauf nehmen, um an sein Ziel zu gelangen!
" Pass doch mal auf, du Idiot! Du kannst doch nicht einfach auf der Straße stehen bleiben!"
Obwohl ich ihn anschaute, hatte ich seine Worte nicht wahrgenommen. Es war leer in meinem Kopf und ich schien an einfach gar nichts mehr zu denken.
" Hallo? Du Idiot! Beweg dich, Junge!", schrie er mich aggressiv an.
" Nehmen sie mich mit?", fragte ich unbewusst. Warum ich ihn das gefragt hatte wusste ich nicht. Vielleicht lag es daran, dass er in einem Taxi saß.
" Ja, aber beweg dich von der Straße!"
Ich setzte mich also zu dem Fremden und nannte ihm schnell den Ort an den ich wollte. Er stutze erst mal ganz schön.
" Junge, Junge. So viel Geld hast du doch nie im Leben!", mekerte er.
Ich zeigte ihm das Bündel, das in dem Brief mit drin war und das ich mitlerweile gegen amerkianisches Geld gewechselt hatte. Er starrte mich erschrocken an.
" Steck das weg! Das kannst du doch nicht so in der Öffentlichkeit rum zeigen! Am Ende wirst du noch ausgeraubt!"
Ich steckte das Geld weg und schaute aus dem Fenster. Die Gegend hier war, trotz das es Nacht war, sicher interessatnt. Eine Weile saß ich also noch da uns starrte aus dem Auto, doch dann übermannte mich der Schlaf.

" Hey, du! Wach endlich auf! Ich kann hier nicht ewig warten!"
Ich öffnete müde meine Augen und schaute den Fahrer an.
" Na endlich! Steh auf, Junge! Ich will mein Geld!"
" Wie viel?", fragte ich nur müde.
" Ehm... 1700$!"
Ich stutzt. So viel Geld für eine einfach fahr in ein Camp. Das konnte doch nicht sein ernst sein.
" Ich muss auch das abrechnen, was du hier schlafend gelegen bist."
" Ahh... und das war wie lange?", fragte ich und mein Blick glitt aus dem Wagen. Die Sonne stand hoch am Himmel und ich wunderte mich, wie diese Fahrt solange dauern konnte.
" Zugegeben, ich bin auch mal eingeschlafen, aber es war eine lange Fahrt!", erklärte er.
Ich starrte den Mann an, gab ihm dann aber das Geld. Es war ja nicht mein Geld, also konnte ich es ohne Bedenken ausgeben. Ich stieg mürrisch und müde aus und machte mich auf den Weg. Wohin wusste ich immer noch nicht, aber es war mir auch egal. Ich lief einfach. Als ich dann an einem goldenen Tor ankam, wunderte ich mich nicht wieter, sonder lief durch und kam dann auf einen steinigen Weg. Keine Sekunde dachte ich nach, sonder lief einfach an dem grünen Haus, mit der Terasse vorbei. Es war auf der linken Seite des Weges. Auf der rechten dagegen, war ein gigantischer Gebäudekopmplex. Ein Schild hing über den Eingang und ich las nur schnell:SchuleIch dachte auch nicht lange darüber nach, denn eine Stimme rief:
" Du, du da! Nicht weiter gehen! Hallo? Bleib stehen!"
Ich drehte mich um.
" Du bis Mark Morgan, oder?", fragte der etwas ältere Mann und schaute mich prüfend an.
" Ja, und sie sind?", anwortete ich selbstbewusst. Obwohl ich mich zu so viel Selbstsicherheit zwingen musste. Es war mir nie schwer gefallen Menschen anzusprechen, aber ich brauchte viel Mut um nicht gleich die Schulter hängen zu lassen.
" Ich bin Johannes! Ich bin dazu zuständig die Neuen in ihre Häuser und Gebiete zuverweisen.", stellte er sich vor.
" Verweisen?", fragte ich irritiert.
" Ja, ich zeige dir die Hütte. Komm!", erklärte er nochmal und ich folgte ihm einfach, weiter die Straße runter. Wir kamen auf einer großen Wiese an, an der vier große Gebite mit jeweils vier Häusern angrenzte. Ich schaute mich erstaunt um.
" Du bist Gebiet zwei, Haus eins. Komm mit!"
Und auch jetzt wieder folgte ich ihm.
Johannes lief mit mir in eine der Hütten. Es gab dort ein kleines Eingangszimmer, von dem sechs Türen abgingen. Zwei davon waren Schlafzimmer. Dann gab es noch ein Bad, eine Küche, ein Wohnzimmer und ein Zimmer, das ich jetzt mal als Trainingsraum abstempelte.
" Such dir ein Schlafzimmer aus. Dein Mitbewohner müsste bald kommen!" Damit ging er. Es war eignetlich nicht schwer sich ein Zimmer auszusuchen, denn sie sahen beide gleich aus. Es gab ein kleines Bett, das gerade groß genug war, dass ich mir darauf legen konnte. Einen kleinen Schrank, ein Schreibstisch, eine Kommode neben dem kleinen Bett und das war es auch schon. Ich ließ mich auf das Bett plumsen und legte mich hin. Ich war einfach nur müde.

" Hallo!", rief irgendjemand.
" Lass mich!", murmmelte ich genervt.
" Ich bin Nathan! Und du?", fragte er mich und schaute mich total fröhlich an.
" Mark.", stöhnte ich. Dann drehte ich mich gleich wieder weg. Einfach nur noch ein bisschen schlafen, nahm ich mir vor, aber es klappte nicht, denn Nathan liess mich nicht schlafen.
" Und... wo kommst du her?"
Ich wollte nicht antworte, weil ich dann wieder an meine Familie denken musste. Schnell sprang ich auf und lief aus der Hütte. Als ich druch das Fenster einer andern Hütte sah, erkannte ich das Mädchen vom Flughafen wieder. Ich konnte nicht anders, sondern starrte sie an. Eine Weile nur ihren Rücken, doch dann drehte sie sich um und starrte zurück.

2. Kapitel Nicole Anderson


Vorsichtig zog ich an den Sachen, die auf mir lagen.
Seit dem Zusammenstoß war es hier unheimlich still geworden, der Mörder ließ sich hier nicht mehr blicken und ich war mir nicht einmal sicher, ob außer mir noch jemand hier war.
Ich schmiss das letzte Teil weg, das auf mir gelegen hatte, und quälte mich auf die Beine.
Der Zug bestand nur noch aus einem einzigen Trümmerhaufen.
Ich stieg über Stein- und Trümmerhaufen hinweg und gelangte endlich auf den warmen Sand der Wüste. Dann ging ich ein paar Meter rückwärts und suchte nach meinem Wagon, da in ihm noch meine Taschen und Rucksäcke verstaut waren. Ich fand meinen hellgrünen Koffer sehr schnell, denn es war das einzige in dieser Gegend, das Grün war.
Daneben lagen auch meine anderen Sachen verstreut, sodass ich sie erst einmal aus den Trümmern befreien musste. Das wäre auch nicht weiter schwer gewesen, wäre diese stechende Hitze nicht da.
Doch so war mir innerhalb von ein paar Minuten total heiß und leider hatte ich außer einer Flasche Wasser nicht zu Trinken eingepackt. Wer konnte auch damit rechnen, in der Wüste zu landen, noch dazu alleine? Ich hatte jedenfalls nicht daran gedacht. Ich trank einen Schluck aus meiner Wasserflasche, in der nur noch höchstens 3-4 Schlücke waren. Da erst wurde mir klar, dass ich jetzt zu dem Camp laufen musste, es sei denn, ich hatte hier Empfang, dann könnte ich jemanden anrufen.
Doch, wie ich befürchtet hatte, konnte ich niemanden anrufen und musste nun zu Plan B übergehen: Laufen.
Ich nahm meine Taschen und band sie mir geschickt um den Bauch, sodass ich beide Hände frei hatte, um die Flasche zu tragen. Zwar durfte ich jetzt nicht mehr so viel trinken, da ich ja nicht wusste, wie weit es noch bis zum Camp war, doch anschauen half mir meistens auch schon ein bisschen.
Ich dachte an die Schule, vor allem aber an den Sportunterricht, mein Lieblingsfach. In den letzten Wochen hatte unsere Lehrerin Mrs Candy uns immer wieder gepredigt, dass wir, wenn es heiß ist und wir nichts zu Trinken haben, joggen sollen. Sie meinte, es wäre besser, am Ziel bewusstlos zusammen zu brechen, als gar nicht erst anzukommen.
Ich fing an zu joggen, und schon nach kurzer Zeit trieften meine Sachen, so heiß war es.
Nach einer Weile bekam ich Kopfschmerzen und musste mich geradezu zwingen, weiter zu laufen. Doch ich hatte eine starke Willenskraft, das hatte ich schon öfters bewiesen. Ich lief weiter und weiter und weiter. Die Landschaft änderte sich fast nicht, außer das hier und da mal ein paar Häuser standen. Langsam fragte ich mich, ob ich hier überhaupt richtig war, oder ob der Zug schon in eine falsche Richtung gefahren war.
Doch wenn ich jetzt umdrehen würde, verlief ich mich womöglich noch hoffnungslos und würde nie dort ankommen. Ich folgte meinem bisherigen Weg und trank zwischendurch immer wieder ein bisschen, um nicht auszutrocknen.
Gerade als ich stehen bleiben wollte und mich nach einem Haus umsehen wollte, tauchte aus dem Schatten einiger seltener Bäume ein großes Tor auf. Es war golden und strahlte Glück und Fröhlichkeit aus.
Ich marschierte vor lauter Ehrfurcht unter dem Tor durch und begab mich zu einem sehr auffälligen großen Haus. Es war grün, wie die Bäume, sodass man, wenn man nicht durch das Tor ging, es nicht sehen konnte. Es hatte soweit ich sehen konnte, nicht ein einziges Fenster, doch dafür hatte es eine Terrasse, auf der zwei Liegestühle standen. Vorsichtig bahnte ich mir einen Weg durch Blätter und Gestrüpp bis ich auf der Terrasse stand und ins Haus schauen konnte. Ich konnte niemanden sehen, doch auf einmal fing etwas hinter mir zu rascheln an. Reflexartig rannte ich wieder zurück und setzte mich ganz ruhig unter einen Busch. Anscheinend hatten mich die Männer, die gerade von einer Art Trampelpfad auf die Terrasse liefen, nicht bemerkt, denn sie redeten unbeirrt weiter.
„Ja, die neuen müssten bald eintreffen. Der Zug hatte noch nie Verspätung. Sie brauchen sich also keine Sorgen zu machen.“ Ein Mann mit einen sehr langen Bart nickte und wandte sich dann zum Haus, in dem er gleich darauf verschwand.
„Soo. Du kannst jetzt aus deinem Busch herauskommen.“ Mist! Er hatte mich doch gesehen. Wahrscheinlich würde es jetzt wieder eine Menge Ärger geben. Und das schon am ersten Tag.
„Wie heißt du?“ fragte er mich weiter.
„Nicole, Sir. Nicole Anderson. Und der Zug, von dem Sie gerade geredet haben, wurde überfallen. Als ich aufwachte, war ich alleine.“ Dabei wurde er hellhörig. Offenbar wusste er, dass viele Schüler damit fuhren, und dass das Camp Schuld an dem Unglück hatte.
„Na gut. Das mit dem Zug kläre ich später, Nicole. Du solltest erst mal dein Gepäck in dein Zimmer bringen. Dabei hilft dir Orky, unser netter Hausmeister, du musst ihn nur finden.“ Mit einem kleinen Lächeln im Gesicht verschwand er wieder in den Wald und ich stand alleine da. Ich sollte jetzt Orky, den Hausmeister, suchen und auch finden. Mit einem Schulterzucken und dem Gedanken, dass es ja nicht so schwer sein könnte, ihn zu finden, lief ich in Richtung Wald, bis ich auf einer großen kahlen Stelle ankam, die nach meinem Orientierungssinn die Mitte des Camps darstellen sollte. An die Wiese reihten sich vier große Bereiche, die durch Zäune getrennt wurden. In jedem dieser Bereiche waren einige kleinere Hütten, die durch Zahlen gekennzeichnet waren.
Ich ging auf die Mitte, und dadurch auf das Haupthaus, zu und schielte vorsichtig hinein. Leider konnte ich außer einer roten Gardine nichts sehen.
„Suchst du mich?“ kam da eine junge Stimme von hinten. Erschrocken drehte ich mich um und sah meinem Gegenüber tief in die Augen. Er war etwas älter als ich und hatte braune lockige Haare.
„Kommt drauf an. Bist du Orky?“ erwiderte ich neugierig.
„Ja. Der bin ich. Ich soll dich also zu deinem Zimmer bringen. Wie lautet denn dein Name?“ Er holte ein braunes Blatt Papier aus seinem Rucksack.
„Nicole Anderson, Sir.“ Er nickte und suchte. „Hier steht es. Gebiet 2, Haus 2, Zimmer 2. Ich bringe dich hin.“ Ich nickte unbeholfen und folgte ihm mit meinen Koffern zu einem aus Stein gemachtem Haus. Er zog die Tür auf und wartete, bis ich eingetreten war.
„Es sind immer zwei Personen, die ein Team bilden, in einem Haus. Jeder hat sein eigenes Zimmer, doch ihr solltet zusammenhalten.
Soo, was es mit den Gebieten aufhat, klingt kompliziert, ist aber eigentlich ganz simpel. Innerhalb eines Gebietes seid ihr füreinander zuständig. Es wurde extra darauf geachtet, dass ihr, bevor ihr hier her gekommen seid, in der gleichen Jahrgangsstufe ward. Mehr kann ich auch nicht sagen. Der Rest wird euch morgen bei der Willkommenszeremonie mitgeteilt.“ Er lief ein Stück weiter und zeigte auf ein Zimmer. „Dein Zimmer.“ meinte er und verließ das Haus.
Ich sah mich um. Es war groß und geräumig, hatte aber nur ein Bett, einen Schreibtisch, einen Schrank, und eine Kommode. Ich zuckte die Schultern und ließ mich auf mein neues Bett fallen. Es war weich und man konnte sich wunderbar da drin einkuscheln. Dann machte ich mich an meine Koffer, die ausgeräumt werden wollten, doch hielt ich nicht sehr lange durch. Es war mir viel zu langweilig.
Plötzlich hörte ich eine Tür hinter mir aufgehen und rannte sogleich nach hinten. Es war ein blondes Mädchen, mit noch mehr Koffern als ich. Doch sie sah genauso sportlich aus wie ich und schien mir schon jetzt sympathisch zu sein.
„Hey!“ sagte sie schüchtern.
„Hi. Ich bin Nicole. Und du?“ fragte ich sie neugierig.
„Rebecca. Aber du kannst mich auch Bec nennen.“ erwiderte sie.
„Cool. Dann sind wir jetzt ein Team. Soll ich dir mit den Koffern helfen?“
„Nee. Brauchst du nicht. Ähm … da draußen steht ein Junge. Der starrt die ganze Zeit hier rein. Kennst du den?“ Ich schüttelte den Kopf. Hier kannte ich niemanden! Ich schielte aus dem Fenster und sah einen braun-haarigen Jungen dort stehen. Und er starrte wirklich ununterbrochen zu unserem Haus.
„Schaffst du das alleine mit deinen Sachen? Dann geh ich mal raus.“ Sie nickte und nahm ihre Sachen mit in ihr Zimmer. Ich öffnete die Tür und schaute mich um. Wo hatte er doch gleich gestanden? Hier jedenfalls nicht. Ich lief um die Ecke und entdeckte ihn mich anstarrend.
Ich konnte nicht anders, ich musste einfach zurückstarren.

3. Kapitel Mark Morgan


Ich seufzte leise. Sie war so wunderschön. Hätte ich den ganzen Tag Zeit, würde ich sie den ganzen Tag anstarren. Ihre wunderschöne Haut, die im Licht der Sonne bronzen glizerte. Immer wenn ich sie ansah musste ich mich dazu zwingen, nicht gleich zu ihr herüber zu rennen und sie anzufassen. Eine plötzliche Idee brachte mich zum Lächeln. Ich würde sie anfassen. Es war so einfach, aber trotzdem irgendwie genial. Mit einem tiefen Seufzer schaute ich mich kurz um, als ich sicher war, dass mich keiner beobachtet, lies ich mich unsichtbar werden und setze mich langsam in ihre Richtung in Bewegung. So leise wie möglich schlich ich an ihr Fenster, als ich ihren verwunderten Blick bemerkte, blieb ich stehen. Sie starrte die Stelle an, bei der ich eben noch gestanden hatte und wandte sich dann mit einem Stirnrunzeln ab. Ich schlich weiter. Ich würde sie berühren. Bei dem Gedanken an ihre Haut wurde mir ganz heiß und mein Herz schien aus meiner Brust springen zu wollen. Verdammt, reiß dich zusammen Mark! mahnte ich micht und setzte weiter einen Fuß vor den anderen. Wie sie sich anfühlen würde? Sicher ganz weich und so schön warm. Mein Blut raste mir einer unbeschreiblichen und sicher nicht mehr normalen Geschwindigkeit durch meinen Körper. Ich hatte das Gefühl, dass sich das alles in meinem Kopf staute und dafür sorgte, dass ich knall rot wurde. Mich konnte eh keiner sehen, also ignorierte ich es, zumindest so gut wie es mir möglich war. Ein kurzer Blick in die Hütte neben der unseren zeigte mir, dass sie nicht mehr im selben Raum waren, sodass es ein leichtes sein würde unbemerkt rein zukommen. Zu mal das Fenster offen stand. Obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass niemand mich hören, geschweige den sehen würde, schaute ich mich noch einmal um. Erst als ich mir ganz sicher war und keine Zweifel bestanden, dass es jemand bemerken würde, hob ich einen Fuß über den Fensterrahmen und setzte ihn so leise es ging auf dem Boden innen ab. Aufgerregt in dem Raum zu sein, in dem sie selbst auch ein Mal gestanden hatte, verscuhte ich wieder ruhig zu atmen, dann hielt ich die Luft an und fing an die gleich geschnittene Hütte nach den Mädchen zu durchsuchen. Irgendwo hier mussten sie ja sein. Plötzlich, ohne jeglich Vorwarnung wurde die Türe des Zimmer aufgeschlagen und flog mir dirket an den Kopf. Einen Moment lang sah ich ernsthaft Sternchen, dann schien alles heller als vorher zu sein und ich musste meine Augen zusammen kneifen. Kurz stand ich tatsächlich noch aufrecht da, aber als sie dann aus dem Zimmer stürmte brach ich auf dem Boden zusammen und blieb dort auch liegen. Kurz sah ich noch verschwommen die Umrisse des Zimmers, dann wurde alles schwarz um mich.

Stöhnend richtet ich mich auf und überlgte, was passiert war. Es war stockdunkel. Nur langsam kamen die Erinnerungen wieder und ich schaute mich verwundert um. Bis ich sie entdeckte. Schlafend lag sie in dem schmalem Bett und schien mich nicht bemerkt zu haben. Eine Weile beobachtete ich sie, doch dann kam der Drang nach mehr in mir auf und ich konnte mich nicht einmal ermahnen still stehen zu bleiben und mich mit dem zufrieden zugeben, da hatte ich mich schon zu ihr gelegt. Kurz lag ich nur neben ihr, doch dann konnte ich nicht anders und zog sie fest an mich. Mein Mund verselbständigte sich und ich drückte ihn sanft in ihren Nacken. Sie roch so unglaublich gut. Immer und immer wieder sog ich die Luft tief ein und verscuhte mir ihren Duft so gut es ging einzuprägen. Es dauerte nicht lange, da war ich mir hundert Prozentig sicher, dass ich mich zu jeder Zeit wieder an ihn erinnern würde. Dann stand ich auf, ehe sie es merkte und verzog mich wieder in meine und Nathans Hütte.
Als ich eintrat, starte er mich komisch an und ich musste automatsich grinsen.
" WO WARST DU VERDAMMT NOCHMAL?", schrie er mich dann an. Glcüklich und total verträumt lief ich an ihm vorbei, schmiss mich in mein Bett und schlief mit dem letzten Gedanken an sie ein.

" STEH AUF, MAN! STEH AUF! WEGEN DIR KOMM ICH ZU SPÄT!!!"
Nur langsam ließen sich meine noch immer müden Augen öffnen und ich schaute in ein putter rotes Gesicht, das ganz eindeutig Nathans war.
" Was? Wohin denn?", fragte ich und konnte mir ein Lachen einfach nicht verkneifen.
" Zu der Willkommenszeremonie, MAN! DU BIST ECHT GAR NICHT INFORMIERT!", murmelte und schrie er zugleich. Es war einfach zu lustig, wenn er sich aufregte.
" Komm mal wieder runter. Wann ist denn dieses Zeremonie- Dings- Da?", fragte ich ihn.
" Um sieben!", erklärte er und wartete auf eine Reaktion meinerseits. Ich schaute kurz auf meinen Wecker und riss dann die Augen auf.
6:56 Uhr.
" OH MEIN GOTT!", schrie ich gespielt aufgebracht und sprang aus meinem Bett. Als ich aus meinem Zimmer ins Bad lief, lachte ich. So ein Freak. War doch nicht schlimm, wenn wir etwas zu spät waren. Was sollte denn schon passieren? Wollte er uns einsperren? Ich lachte leise in mich hinein und fragte mich warum er nur so aufgebracht war.
" Wir kommen dran. Beeil dich! Er hat unserre Namen gerade gesagt! Oh Gott! Beweg deinen Arsch, verdammt nochmal!"
Er lief voraus und ich rannte ohne nachzudenken hinterher. Ich wusste sonst nicht wohin. Also war er der einzige, der mich "retten" konnte. Er lief auf eine Bühne zu und ich folgte ihm leise. Nervös betrat ich die Bühne und schaute mich in der Menge um. War sie auch da? Ich konnte sie in der Menge nicht finden, aber als mich Nathan mit nach hinten zog, hörte ich noch wie der Mann sagte:
" Rebecca und Nicole"
Ich drehte mich sofort um und sah sie auf die Bühne zu laufen. Sie wirkte so selbstbewusst. Im Gegensatz zu ihrer Freundin, falls man das so nennen konnte. Diese rang ihre Hände und schluckte schwer. Ich lächelte leicht. Plötzlich ganz froh, dass ich mich in sie und keine andere verliebt hatte. Ich beobachtete sie die ganze Zeit und bekam die folgenden Stunden kaum was mit.

Ich bemerkte mein Umgebung erst wieder richtig, als wir schon längst in irgendeinem großen Saal saßen. Ich saß Nicole- ich war mir sicher, dass das ihr Name war, denn Rebecca passte irgendwie nicht zu ihrem Charakter- gegenüber und schaute sie eine weile an. Bis mir jemand in die Rippen stieß.
" Luxemburg!", sagte ich intuitiv und fragte mich wie ich auf diese Antwort kam, doch die anderen schienen zufrieden, sodass ich weiter starren konnte. Doch dann sprang sie plötzlich auf und lief weg. Ich drehte mich um, wollte wissen was sie verscheucht hatte und erstarrte.

3. Kapitel Nicole Anderson


„Hey, Nicole! Ist alles okay?“ Ich wurde einmal kräftig durch geschüttelt, ehe ich mich umdrehen konnte, um nachzusehen, wer mich gerade aufregen wollte. Es war nur Bec. Wen ich erwartet hatte, wusste ich selbst nicht so richtig. Vielleicht diesen seltsamen Jungen. Vielleicht aber auch nicht.
Apropos Junge - „Wo ist der Junge hin?“ fragte ich Bec.
„Welcher? Meinst du den, der dich so angestarrt hat?“ Ich nickte unbeholfen. „Als ich vor einer Stunde aus dem Fenster geschaut habe, war er nicht da. Nur du hast so komisch ausgesehen. Ein bisschen verträumt oder so.“
„Bring Nicole doch erst einmal rein, bevor sie noch zusammen klappt. Dann könnt ihr ja weiter reden. Okay?“ fragte der Direktor und Bec und ich nickten, obwohl ich doch lieber diesen seltsamen Jungen gesucht hätte.
Trotzdem ließ ich mich von Bec in unser Haus führen. Sie zwang mich dazu, mich auf das Sofa zu setzen und den Tee zu trinken, den der Direktor des Camps mitgebracht hatte. Er schmeckte bitter, ein bisschen nach Spinat. Ich musste mich wirklich zusammenreißen, um nicht den ganzen Tee wieder auszuspucken.
Nach einiger Zeit setze Bec sich neben mich und fragte: „Woher kommst du eigentlich?“
„Aus Kairo. Und du?“ erwiderte ich.
„Von hier. Meine Eltern sind tot und seitdem wohne ich bei meiner Oma. Sie lebt ganz in der Nähe.“ Ich nickte und sah auf die Uhr. Schon 11 Uhr.
„Hey, hast du auch so einen Zettel auf deinem Bett liegen?“ Sie zuckte mit den Schultern und ging zu ihrem Bett. Währenddessen lief ich in mein Zimmer und holte den grünen Zettel von meinem Bett.
„Ja, ich hab auch einen. Was steht bei dir drauf?“ fragte Bec. Ich setzte mich wieder auf das gemütliche Sofa und las den Brief laut vor: „Herzlich Willkommen, Nicole. Wir freuen uns, dich hier begrüßen zu dürfen und wünschen dir einen wunderschönen Aufenthalt im Camp Jaida. Morgen wird nur für euch eine Willkommenszeremonie veranstaltet. Deswegen solltet ihr euch um spätestens 7 Uhr auf der Großen Wiese einfinden. Dort werdet ihr allen anderen, älteren Schülern des Camps vorgestellt und in Teams eingeteilt. Nicht zu vergessen ist auch euer Stundenplan, den ihr später von euren Mentoren bekommt.
Wer nicht erscheint, wird automatisch und mit sofortiger Wirkung des Camps verwiesen.“ Wow! Nach diesem Brief können wir uns schon mal auf die harten Regeln einstellen. Hier herrschten wohl andere, strengere Regeln als auf ganz normalen Schulen.
„Ookay. Das hätte ich nicht erwartet. Wirklich nicht.“ meinte Bec.
„Ohh ja. Ich auch nicht. Aber wenn wir morgen dahin sollen, müssen wir langsam mal ins Bett, glaube ich.“ Bec nickte und gähnte zur Bestätigung einmal. Wir beide fingen an zu lachen.
Als wir endlich wieder aufgehört hatten, wünschten wir uns gegenseitig noch eine gute Nacht und gingen dann in unsere Zimmer.
Da erst fiel mir auf, dass ich meine Koffer noch gar nicht ausgeräumt hatte und somit alles rauskramen musste, um an meinen Schlafanzug zu kommen. Doch da ich dazu jetzt keine Lust hatte, legte ich mich gleich ins Bett und träumte noch ein paar Minuten vor mich hin. Irgendwann wurden meine Augen schwer, kurz darauf schlief ich ein.
„Hey, Nicole!“ rief Bec aus dem Bad. „Du musst aufstehen, es ist schon kurz vor sieben. Um 7 müssen wir doch auf der Großen Wiese sein, oder nicht?“
„Hmm …“ machte ich und schlug meine Augen auf.
„Aufstehen!“ kam es aus der Küche zurück. „Hast du Hunger?“ fragte mich Bec. Ich verneinte und schlenderte ins Bad. Im Spiegel merkte ich, wie furchtbar ich aussah. Das war bestimmt noch von gestern, dachte ich und spritzte mir vorsichtshalber Wasser ins Gesicht. Die Kälte des Wassers tat wirklich gut, da es hier ja nicht einmal eine Klimaanlage oder etwas ähnliches gab. Als ich fertig geschminkt aus dem Bad kam, wartete Bec schon ungeduldig an der Tür auf mich. Ich nahm mir noch einen Apfel aus dem Kühlschrank und lief Bec hinterher.
Da wir rennen mussten, um noch pünktlich zu sein, kamen wir außer Atem und durch geschwitzt an der Großen Wiese an. Hunderte von Menschen in unserem Alter waren gekommen, nur um uns, die Neulinge, zu begrüßen. Vorne war eine hell beleuchtete Bühne aufgebaut, auf der
sich – wahrscheinlich – alle Lehrer und Trainer aufhielten, um uns auch gut im Auge zu behalten.
Als ich mich umschauen wollte, stupste Bec mich in die Seite und zeigte mit dem anderen Arm in Richtung Bühne. Ein Mann, mitte 40 vielleicht, stand am Mikrofon und versuchte es vergeblich an zu machen, bis eine Frau ihm zeigte, wie er es machen sollte.
Dann räusperte er sich und fing an zu reden. „Willkommen Neulinge. Ich bin Mr. Bonvic, der, sagen wir, Direktor. Wie ihr wahrscheinlich bereits wisst, ist dieses Camp, was keinesfalls nur ein Camp ist, sondern auch eine andere Art Schule, sehr streng. Wir Lehrer legen besonderen Wert auf Disziplin, Teamgeist, Zusammenhalt und dass ihr gute Leistungen erbringt, was ja wohl selbstverständlich ist. Das war's dann, was ich sagen wollte.“
Dann hob er seine Stimme und wurde lauter: „Kommen wir nun zu den einzelnen Teams. Team 1, und damit in Gebiet 2, Haus 1, sind Mark und Nathan. Kommt doch bitte nach vorne, okay?“
Zwei Gestalten näherten sich nervös der Bühne und schienen, genau wie ich, nicht wirklich zu wissen, was sie da oben sollten. Sie stellten sich neben Mr. Bonvic und sahen sich um.
„Gut. Das sind die beiden.“ Dann zeigte er hinter sich und die beiden gingen schnell dahin.
„Hey, das war er. Der Junge von gestern.“ flüsterte ich Bec zu.
„Wirklich? Wir sind jetzt dran.“ meinte sie ein wenig ängstlich.
„Kommen wir zu unserem nächsten Team. Nicole und Rebecca. Bitte kommt zu mir vor.“
Wir nahmen uns am die Hand und marschierten selbstbewusst durch die neugierigen Blicke der anderen. Auch wir blieben neben ihm stehen, wie es unsere Vorgänger getan hatten.
„Wollt ihr selbst sagen, welches Gebiet?“ fragte er und ich nickte schnell. Meine Freundin Bec sah mich erschrocken an. Offenbar waren wir uns doch nicht so einig, wie ich es gedacht hatte.
„Bitte!“ flüsterte ich zu ihr, laut sagte ich: „Gebiet 2“
Sie atmete kurz durch und sagte dann auch: „Haus 2“ Erleichtert traten wir zurück zu den beiden anderen und musterten die Menge neugierig.
„Hey. Der da vorne, der mit der gelben Jacke, ist der Sohn des Direktors. Auch in unserem Jahrgang.“ meinte Bec zu mir gewandt und zeigte auf einen ziemlich stark aussehenden Jungen in der ersten Reihe. Oh mein Gott, dachte ich noch, bevor meine Gedanken von dem Direktor unterbrochen wurden. Ich sah mich auf der Bühne um. Wir waren schon zu acht! Wo waren bloß wieder die letzten paar Minuten hin?
„Komm mit! Wir müssen zu unseren Mentoren.“ Ich folgte ihr ein wenig irritiert hinter die Bühne, wo die anderen sechs Leute schon um einen Tisch herum versammelt waren. Wir stellten uns wie die anderen um den Tisch und sahen unseren Mentor an. Er sah kräftig aus, als trainiere er seit Jahren für etwas ganz Bestimmtes.
„Sooo, ich glaube, jetzt sind wir vollzählig. Also ich bin Pascal, euer Mentor. Ich werde euch die nächsten paar Jahre hier im Camp begleiten und wenn ihr Fragen oder Probleme haben solltet, könnt ihr gerne zu mir kommen.
DANN, hab ich noch etwas für euch.“ Er teilte eine komische Art von einer Uhr aus und erklärte uns erst einmal, wie wir sie tragen sollten. Zuerst dachte ich, es wäre ganz einfach wie eine Uhr. Doch so einfach ließ sie sich dann doch nicht zu machen und öffnen. Wir brauchten alle fast zehn Minuten, bis wir unsere <<Uhren>> richtig am Arm trugen.
Allerdings sahen sie nach näherem Betrachten nicht mehr wirklich nach Uhren aus, sondern viel mehr nach Plänen.
„Wie ihr wahrscheinlich bemerkt habt, ist das keinesfalls nur eine Uhr, sondern auch noch zusätzlich euer Stundenplan. Auf diesem kleinen Gerät sind alle Stundenpläne, also von allen Jahrgängen, anzusehen und auch den Campplan könnt ihr, wenn ihr fortgeschrittener seid, abrufen. Doch vorerst werde ich euch überall hin führen.
Euer Unterricht beginnt schon heute, um exakt 14.00Uhr mit Arabisch. Danach habt ihr Pause, dann kommen noch Spanisch, Deutsch, Deutsch, Hindernis-/ Waldlauf, Essen und um 21 Uhr ist Nachtruhe. Da wollen wir niemanden mehr hören. Verstanden?“ 5 Köpfe nickten, nur ich nicht. Natürlich war ich nicht einverstanden. Ich hatte ja gewusst, dass dieses Camp hart werden würde, aber so wenig Freizeit kann doch wohl nicht ihr Ernst sein.
„Ist das dein Ernst? Wir sollen morgens um 7Uhr aufstehen, dann 3 Stunden Pause am Tag und sonst nur Unterricht? Da wird man doch verrückt bei, oder nicht?“ Die anderen bissen sich auf die Lippen. Ich wusste, dass sie nicht schon am ersten Tag Ärger bekommen wollten, aber es lag eben in meiner Natur, vorlaut zu sein. So brachte ich mich zwar meistens in Schwierigkeiten, doch gelernt hatte ich daraus noch nie.
„Ja, es ist mein Ernst. Du hast mittlerweile bestimmt mitbekommen, dass wir sehr strenge Regeln haben. Wir wollen euch doch Disziplin beibringen. Okay?“ Ich nickte. Ich wollte nicht noch dümmer da stehen als jetzt. Dann würde ich hier garantiert keine Freunde finden.
„Gut, wenn das geklärt ist, können wir ja gehen, oder?“ Wir nickten alle einverstanden. „Ihr werdet jetzt Unterricht haben, eine Stunde, und dann hättet ihr eigentlich ja Pause, doch die wird es heute wohl nicht geben. Nach Arabisch bleibt ihr einfach da sitzen, wo ihr seid, und wartet auf den Direktor. Er wird euch einweisen und euch die Regeln erklären. Okay?“ Wieder nickten wir. Irgendwie hatte ich das Gefühl, sie wollten uns zu Robotern umfunktionieren. So viel, wie wir nicken mussten, konnte es ja nicht anders sein.
Pascal drehte sich um und ging in Richtung Eingang, so viel ich wusste. Dort mussten die Schule und der Speisesaal versteckt im Wald liegen.
Dann blieb er plötzlich stehen und ich wunderte mich, wieso er das tat. Vielleicht wollte er sicher gehen, dass wir auch wirklich alle hinter her kamen und er keinen verlor. Aber so groß war das Camp meiner Meinung nach nicht, dass man sich hier verlaufen konnte.
Haus 1 stellte sich hinter ihn und sogar Bec stellte sich gehorsam dahinter. Dann wollte er gar nicht auf Nummer sicher gehen, dass wir alle ihm folgten, sondern wollte, dass wir ihm im Entenmarsch hinterher liefen.
Obwohl ich dazu echt keine Lust hatte, gesellte ich mich zu meiner Freundin Bec, da ich nicht wirklich auf einen Streit aus war. Als wir alle standen, wie wir sollten, und er uns noch in die perfekte Position gerückt hatte, marschierten wir wirklich so durch das gesamte Camp. Doch niemand starrte uns blöd an oder schien sich darüber lustig zu machen, wie es normale Leute in diesem Alter getan hätten. Ob sie wohl das Gleiche machen mussten, wie wir? Immer und immer wieder? Vielleicht war das ja sogar eine der Regeln hier im Camp?
Vor der Schule erlöste Pascal uns endlich und wir konnten in den Unterricht gehen. Unterricht! Na ja, froh waren wir bestimmt alle nicht darüber.
Raum 13 mussten wir. Zum Glück brauchten wir keine 5 Minuten, um den Raum zu finden. Obwohl, vielleicht hätten wir ja lieber länger brauchen sollen, dann wären wir Ihr, unserer Lehrerin noch für ein paar Momente entkommen.
Ich betrat den Raum 13 als erstes und sobald ich die Frau gesehen hatte, die vor dem Lehrerpult stand, blieb ich erschrocken stehen. Sie hatte feuerrote Haare und eine runde Brille, mit der sie wie ein Streber aussah, dann hatte sie noch einen grünen Rock und eine blaue Bluse an. Ich wollte gerade meine Meinung zu ihrem Kleidungsstil rausschreien, als mir einfiel, dass sie ja eine Lehrerin war. Eine Respektperson durfte man nicht beleidigen, das wurde uns schon im Kindergarten eingeprägt. Obwohl ich mich ja eigentlich noch nie daran gehalten hatte.
Ich stand da wie angewurzelt und versuchte, das Losprusten zu vermeiden, während die anderen fünf alle in mich hinein rannten. Plötzlich drängelten sich noch andere an mir vorbei und schoben mich durch das Zimmer. Wo kamen die denn her? Und wer waren sie?
Ich setzte mich neben Mike, einem Jungen aus Hütte 3, und schaute mich um. Wir waren vielmehr als 8 Leute, bestimmt 20 oder sogar mehr. Ich suchte das Zimmer nach Bec ab, konnte sie aber nicht finden. Vielleicht war sie auf der Toilette? Ich zuckte die Schultern und musterte wieder unsere nette Lehrerin, von der ich einfach nicht glauben konnte, dass sie ein Studium oder so absolviert hatte bzw. dass sie überhaupt so viel Hirn besaß, dass sie wusste, wo sie arbeitete. Dann kam Bec endlich und ging zielstrebig auf den Platz neben mir zu.
„Soo. Ich denke, wir sind alle.“ sagte sie mit einer schrecklichen Quitschestimme. „Willkommen Schüler. Ich bin Mrs. Aziz, eure arabisch Lehrerin. Fangen wir an!“ sagte sie auf arabisch.
Da mein Opa mit mir immer arabisch redete, wusste ich natürlich, was sie sagte, doch als ich in die ratlosen Gesichter der anderen sah, musste ich lächeln. Endlich war ich mal besser wie die anderen, das war bis jetzt noch nie vorgekommen.
Ich übersetzte schnell alles ins Deutsche, denn hier gab es glaube ich, außer mir, keinen, der sie wirklich verstanden hatte. Alle waren ratlos, auch Bec, obwohl sie ja von hier kam und es folglich verstehen müsste.
„Gut. Du sprichst drei Sprachen, oder?“ erwiderte Mrs. Aziz.
„Hmm … Ja. Drei Sprachen. Deutsch, Arabisch und Ägyptisch.“ Ich zuckte gleichgültig die Schultern und zwang mich, weiterhin nett zu ihr zu sein, auch wenn mir das wahnsinnig schwer fiel, da sie mich mit ihrer blöden Art immer wieder provozierte, ohne dass sie es merkte.
Doch sie ließ mich nicht in Ruhe: „Was ist mit Spanisch? Oder Französisch und Englisch? Das lernt man doch eigentlich in der Schule.“
„Nein!“ brachte ich noch zwischen zusammengebissenen Zähnen heraus.
„Was nein?“ fragte sie weiter.
„Nein!“ schrie ich jetzt schon fast. „Ich kann weder Spanisch, noch Englisch oder Französisch. Könnten Sie mich jetzt freundlicherweise mal in Ruhe lassen und mich nicht über meine Vergangenheit ausquetschen. Die geht Sie nämlich gar nichts an.“ So, fertig! Ich wollte es ja eigentlich nicht, aber sie hatte mich ja dazu verleitet. Ihre Schuld.
„So, meine Dame, lasse ich nicht mit mir reden. Ich gehe auf der Stelle zum Campleiter.“ An die Klasse gewandt, sagte sie: „Und ihr bleibt hier bis ich wieder komme.“
Ich war wütend, sehr wütend, und ich würde jetzt alles schlagen, was mich nervte. Ich verschränkte meine Arme auf dem Tisch und legte meinen Kopf hinein. Diese Ruhe hatte irgendwie etwas beruhigendes an sich, obwohl ich mich sonst eher bei Action entspannen konnte. Als mir jemand die Hand auf meinen Kopf legte und mich versuchte zu trösten, setzte ich mich wieder auf. Es war Bec, die ihre Hand aber sofort wieder wegzog.
„Wieso bist du so wütend auf sie?“ fragte sie langsam.
„Ich … Ich … Ihre Gedanken … „ Dann kam sie plötzlich zurück, zusammen mit dem Campleiter.
Kurz redeten die beiden leise miteinander, dann zeigte sie auf mich und Mr. Bonvic winkte mich zu sich nach draußen.
„Sooo. Ich denke, die ist klar, dass dies dein erster Schultag ist und du dir so die Lehrer zu Feinden machst, oder?“ Ich nickte. „Gut, dann erzähl du mir mal, was du gemacht hast.“
Ich erzählte ihm alles, wie sie mich provoziert hatte und vor der ganzen Klasse bloßgestellt hatte. Er nickte nur und sagte beiläufig: „Ja, diese Frau ist ein wenig speziell. Aber du solltest dich trotzdem ein bisschen mehr anstrengen.“
„Werde ich. Versprochen!“ meinte ich glücklich darüber, dass ich keine Strafe bekam. Ich konnte es nicht fassen, dass es wirklich solche Lehrer gab, aber diesen Mr. Bonvic mochte ich jetzt schon. Er war nett, im Gegensatz zu richtigen Lehrern, die mich irgendwie alle zu hassen schienen. Schade, dass Mr. Bonvic nicht unterrichtet, dachte ich mir, als ich wieder zu meinem Platz wanderte.
Nach einer Ewigkeit läutete es und die nächste Stunde, Pause!, begann. Endlich konnten wir etwas Essen gehen.
„Hey, wir sollen doch sitzen bleiben, hat unser Mentor gesagt.“ Stimmt! Wie hatte ich das vergessen können? Mein Gehirn war eben immer noch auf Ferien programmiert. Da konnte ich ja nichts für.
Also blieben wir acht sitzen, während die anderen Schüler alle in ihre schöne Pause gehen durften.
Das war unfair!
Ich vermutete, dass Mr. Bonvic schon vor der Tür gewartet hatte, nach dem kleinen Zwischenfall, denn er war ja schon einmal da gewesen. Und das war noch gar nicht so lange her.
Die nächste Stunde, unsere eigentliche Pause, durften wir uns abwechslungsweise viele Vorträge über die Uhren, die Regeln, Disziplin, Sicherheit, und Teamgeist, also Zusammenhalt anhören. Ich, obwohl, nicht nur ich, langweilte mich in dieser Stunde zu Tode. Ehrlich, noch nie war eine Stunde so ermüdend gewesen wie diese.
Endlich klingelte es dann. „Jaaaa! Endlich!“ schrie ich und sah mich um. Alle starrten mich verwirrt an. „Was?“ fragte ich, als mir aufging warum mich alle anstarrten. „Neeeein! Das kann doch nicht sein.“ Allein schon beim Gedanken an zwei Stunden Deutsch wurde mir … mulmig. Deutsch war noch nie mein Lieblingsfach gewesen.
„Wieso hast du nein geschrien?“ fragte mich Bec kurz vor dem Zimmer, in dem wir die nach Spanisch die nächsten zwei Stunden verbringen sollten.
„Deutsch!“ stöhnte ich.
Sie lächelte: „Was gefällt dir nicht daran? Ich mag Deutsch.“
„Ja … ich hasse es eben … Und um ehrlich zu sein, ich bin noch nie länger als zwei Stunden in der Schule gewesen. Ich … ich hab oft die Schule einfach geschwänzt und meine Mum angelogen. Deswegen bin ich hier. Um Disziplin zu lernen.“ erzählte ich.
„Okay. Ich kann dich ja verstehen, aber Schule schwänzen ist doch auch keine Lösung.“
Ich nickte: „ Hmm … wem sagst du das. Meine Mum denkt, ich wäre krank. Sie meint, früher, wenn ich wieder mal geschwänzt hatte und sie mich fragte wieso, hätte ich geantwortet: Weil ich nicht kann.Und das stimmt.“ Ich schwieg und sah zu Boden. Mehr wollte ich nicht erzählen, es kam zu viel von meiner Vergangenheit wieder hoch. Und so stark war ich noch nicht wieder.
Die nächsten paar Stunden vergingen eigentlich recht schnell. Spanisch war nicht so schwer, wie ich befürchtet hatte und auch in Deutsch gab es nur einen Ausrutscher von mir, was echt gut für mich war. Herr Leiter, unser Lehrer, fragte mich, was abstrakt bedeutete und ich antwortete leicht genervt, dass es mir doch ziemlich egal war, was es bedeutete.
„Jetzt haben wir Waldlauf, draußen im Wald.“ sagte Bec nach dem Deutschunterricht.
„Jaaa! Erlösung.“ wagte ich zu sagen. Sie lachte nur, was mich aus einem nicht bekannten Grund auch mich zum Lachen brachte. Wir hatten schon Seitenstechen vom Lachen, als wir endlich am Wald ankamen. Eine Frau in Sportkleidung wartete schon ungeduldig auf uns, da wir mal wieder die letzten waren.
„Komisch, was? Wir sind immer die letzten.“
„Stimmt. Du hast Recht.“ meinte Bec und sah zu unserer Sportlehrerin. Sie zeigte gerade, wie man Liegestützen richtig machte. Zum ersten Mal im Camp erlaubte ich es mir, in ihre Gedanken zu sehen, denn es war, wie sich herausstellte, sehr interessant. Warum sagt man es den Kindern nicht einfach, was sie zu meiner ersten Stunde tragen müssen? Ich stehe jedesmal wie ein Depp da und immer ist es meine Schuld. Niemand will meine Meinung hören. Das regt mich soo auf. Nur weil die ihren Arsch nicht bewegen können. Wer mit dem letzten <die> gemeint war, konnte ich nicht genau sagen, aber vermutlich waren es die Lehrer.
Plötzlich endete die Stunde und irgendwie war ich irritiert. Die Stunde war doch gar nicht so lang gewesen. Wir mussten nichts machen. Das konnte doch nicht sein. Na ja, dachte ich, was soll's?
Als ich mich umdrehte, starrten mich meine Kameraden mal wieder komisch an. Oh! Sie wollten, dass ich mich wieder zum Gespött des Camps machte. Schön!
Ich stellte mich wie vorhin zu meiner Freundin und schon ging es los. Zurück zum Speisesaal. Wo wir doch vor einer Stunde erst gewesen waren.
Wir kamen an dem grünen Haus vorbei, auf das ich gestern beim Eintreffen gestoßen war. Doch diesmal gingen wir an einer anderen Seite vorbei und ich konnte lesen, was auf dem Schild an der Tür stand: Trainerhaus.
Ein paar Meter weiter stand ein gelbes Haus, das ungefähr so groß war wie der Wald. Das rote Licht des Sonnenuntergangs schien darauf und färbte es orange. Einige aus unserer Arabischklasse liefen draußen umher und unterhielten sich leise miteinander. Wie immer waren wir die letzten.
Plötzlich stoppte Pascal und drehte sich zu uns um: „Also, wir gehen jetzt da hinein. Drinnen stehen neun Tische, einer für Lehrer und die anderen jeweils für eine Jahrgangstufe. Euer Tisch ist der zweite von rechts, okay?“ Alle nickten und rannten nach drinnen, um sich den Speisesaal und unseren Tisch anzuschauen. Plötzlich läutete im Hintergrund eine Glocke und alle Leute, die eben noch draußen gewesen waren, rannten auf einmal zu ihren Tischen. Ich konnte mich gerade noch vor der Masse retten, indem ich mich in unsere Bank fallen ließ. Alle Leute aus der achten Klasse setzten sich zu mir, und das waren nicht nur wir 8, wie ich geglaubt hatte, sondern 16, also das doppelte.
„Hey Bec, weißt du, wieso wir so viele 8. Klässler sind? Eigentlich sind wir doch nur zu acht gewesen, oder?“
Sie nickte: „Ja, schon. Aber bei meiner Anreise hierher bin ich an noch drei anderen Camps vorbeigefahren. Sie sind keine hundert Meter weit von hier. Und sie sehen genau so aus. Ich finde das komisch, aber wir sollten uns nicht so viele Gedanken darüber machen. Ist glaube ich besser so.“ Aha! So dachte sie also.
Auf einmal wurde es still im Saal und ich konnte sehen, warum. Ein Mann mit einer Nachricht in Form einer Rolle kam hineingerannt, völlig außer Atem, und überreichte dem Campleiter die Schriftrolle. Dieser überflog sie nur ganz kurz, nickte dem Mann zu und verschwand durch eine Hintertür nach draußen, nachdem er ausgerechnet Mrs. Aziz berichtet hatte, was los war. Dann aßen alle weiter, als wäre nichts gewesen, und ich wusste, das war das Beste, was wir machen konnten, um zu erfahren, um was es sich da handelte.
Mein Gebiet, also wir acht, setzten uns ganz an den Rand des Tisches, um ja nicht in Berührung mit den anderen zu kommen, die wir nicht einmal kannten.
„Woher kommt ihr?“ fragte Mike, um die Stimmung ein wenig zu heben.
„Kairo, Ägypten.“ antwortete ich automatisch.
„Von hier!“ meinte Bec.
„Deutschland!“ schrie der schwarz haarige Junge neben Mike.
„Luxemburg!“ sagte ein anderer braun haariger Junge, dessen Name – glaube ich – Mark war. Es war der Junge, den ich gestern Abend angestarrt hatte. Plötzlich sah ich sie. Den Albtraum aller Männer.
Ich drängte mich zur Tür und rannte zurück zu meinem Zimmer. Ich brauchte jetzt erst mal meine Ruhe, um Nachzudenken. Ich schmiss mich auf mein Bett und heulte mich eine Stunde lang aus, bis meine Augen zu müde dazu waren und ich mich auf die Couch legte, da mein ganzes Bett nass war. Kurz darauf schlief ich ein.

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Bildmaterialien: summerspring.deviantart.com
Tag der Veröffentlichung: 25.07.2012

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