Cover

Einleitung

Es ist eine tiefe Sehnsucht nach der in uns verankerten Mutterliebe. Es ist die Suche nach einer bestimmten Art von Liebe. Diese besondere Art der Liebe ist das, was wir im Allgemeinen den Müttern zuschreiben, sie besteht aus einerseits nährendem Schutz und andererseits ist es eine Art Führung und Rückhalt in allen Lebensfragen und Lebenslagen. Es geht also um eine bedingungslose Liebe, einen verlässlichen Schutz und Rückhalt.

Das sind die drei Hauptkategorien. Aus meiner Erfahrung in meiner Praxis und auch aus meiner Erfahrung als Mensch, sage ich, dass wir als Säuglinge und Kleinkinder und als heranwachsende Menschen weiterhin Führung und vor allem Rückhalt brauchen. Das wäre also die Kurzdefinition von auf der Suche nach Mutterliebe.

Es sind diese drei Hauptbedürfnisse nach denen wir ein Leben lang (oft an vollkommen falschen Stellen) suchen, ihnen hinterherlaufen, uns viel zu billig in Situationen bringen, die deinem Leben nicht guttun, wir oftmals eine innere Leere spüren, die wir mehr oder weniger verzweifelt durch neue Kleidung, neue Lover, neue Herausforderungen zu füllen versuchen, und keine Ahnung haben, warum diese Leere, dieses schale Gefühl immer wieder auftaucht. Dabei gibt es viele Startsituationen und Konstellationen.

Wenn du mit deiner Mutter aufgewachsen bist und von deiner Mutter ernährt wurdest, aber nicht wirklich beschützt wurdest, dann kann es sehr gut sein, dass du zum Beispiel in unguten Beziehungen landest, die dir nicht das bieten, was du eigentlich suchst. Du gibst dir jede erdenkliche Mühe deinem Partner zu genügen, damit du endlich den so ersehnten Rückhalt erhältst. Zum Teil opferst du dich auf, du legst das Verhalten des Beschützens an den Tag um zu zeigen, welches Verhalten du von deinem Partner erwartest, jedoch scheint sich dieser immer weiter zurückzuziehen und dich immer mehr auf dich selbst gestellt zu lassen. Du gibst dir noch mehr Mühe, endlich perfekt zu sein und zu genügen, aber anscheinend ist es immer noch nicht genug oder du bist nicht wertvoll genug, um den Schutz und den Rückhalt zu erfahren, der dir so lange schon fehlt.

Das ist eine andere Art von Suche nach Mutterliebe. wenn du keine Fürsorge und keinen Schutz hattest, und wenn du auch keine Führung und keinen Rückhalt hattest, dann ist das eine noch intensivere Sehnsucht nach Mutterliebe.

 

Es gibt natürlich mehrere Nuancen an Mutterliebe und die Richtlinien dazu.

Jedoch hält der Anspruch allein alles perfekt zu machen viele Mütter im Stress – besonders in den letzten 20 Jahren. Sprechen wir hingegen von 40 und 50 Jahren, dann ergibt sich ein weitaus anderes Bild. Da waren die Richtlinien anders gelegt, aber die Kinder von damals hatten sicherlich mehr Freiheiten und weniger Kontrolle als heute.

Wer in den 60ern oder auch 70ern geboren ist, kann sich sicher an andere lockerere Umstände erinnern, als sie heute gelten. Einiges wurde überhaupt nicht in der letzten Konsequenz durchdacht:

  • so fuhren wir früher ohne Kindersitze bei rauchenden Eltern im Auto,
  • konnten auf der Straße spielen bis 23 Uhr im Sommer
  • wir hatten natürlich keine Fahrradhelme,
  • zum Teil noch nicht mal Helme für das Mofa
  • wir kamen mit Schlüsseln an einer Paketschnur als Kette um den Hals nach der Schule heim
  • unsere Eltern haben nicht gewusst, ob wir den Nachmittag lernend oder spielend verbrachten,
  • ABER mein älterer Grundschul-Klassenlehrer verteilte noch bei den Jungs in meiner Klasse Ohrfeigen!

Es gab viele Dinge, die aus heutiger Sicht sich nach dem vorletzten Jahrhundert anhören:

  • die Männer konnten den Arbeitsplatz ihrer Frauen kündigen, wenn sie nicht damit einverstanden waren -ohne Rücksprache mit der betroffenen Frau
  • Mütter waren gut damit beschäftigt den Kindern Manieren beizubringen, im Notfall mit Gewalt.

Diese Gewalt und Strafe, die es wie wir wissen, es auch heute noch in vielen Haushalten gibt, hatte Folgen, die Traumata hinterlassen haben. Viele meiner Patienten können davon berichten, fühlen sich schnell bedroht oder eingeschüchtert und können in sehr vielen Situationen im Leben sich nicht so zeigen, wie sie sind, weil sie nicht wissen, ob es Strafe, Schimpfen oder Schläge geben könnte. Sie haben fest in sich verankert, dass sie nicht erträglich sind und sogar in manchen Fällen, eine Schande für die Familie und ihr Umfeld. All das ist die Folge von überforderten Müttern und falschen Vorstellungen eines Vaterdaseins.

Dass Mütter überfordert sein können steht außer Frage. Ebenso können auch Väter überfordert sein. Leider begegnet mir in meinem Praxis-Alltag eher der Fall, dass die Väter vielleicht ihre Überforderung oder ihre Macht oder ihre Ohnmacht so ausspielen, dass die Mütter oftmals unter einer Daueranstrengung stehen und eine Stressanspannung ihren Alltag ausmacht, die sich natürlich auch auf die Kinder auswirkt. Denn nach den Kindern wird sehr selten gefragt. Kinder sollen anpassungsfähig sein, gut erzogen (wegen der Nachbarn und Eltern der Freunde), bestimmte Normen und Werte erfüllen und keinesfalls zu viel einfordern, denn ein verzogenes Kind kommt nicht in Frage. Dass das Kind nicht nachts alleine im Dunkeln liegen will, weil es wirklich Angst hat, wird nicht immer ernsthaft betrachtet. Die Eltern liegen fein im Doppelbett und wenn sie gut miteinander auskommen, dann umarmen sie sich auch, während das Kind alleine im eigenen Zimmer verharren muss und einfach warten bis der Schlaf die Angst überwältigt. (Welche Säugetier-Kinder schlafen alleine fernab der Herde, fragt man sich. Selbst kleine Vögel sitzen gemeinsam im Nest. Nicht jedoch kleine Kinder in deutschen Haushalten). Alleine diese eine Situation kann schwere Sehnsucht nach Mutterliebe nach sich ziehen.

Muss also eine Mutter perfekt sein, oder wenn sie es nicht ist, haben wir dann eine Muttersehnsucht hervorgebracht? Nein, Mütter müssen nicht perfekt sein. Babys sind nicht darauf ausgelegt, eine perfekte Mutter zu brauchen. Was Babys und Kleinkinder brauchen, ist eine Mutter, die sich dessen bewusst ist, dass sie da ist, wenn etwas ihrem Kind Angst macht oder ein anderes Bedürfnis nach Liebe, Nähe, Schutz von ihrem Kind an sie herangetragen wird. Sie ist so aufmerksam, dass sie merkt, wenn ihr Kind in Not ist und sie reagiert als Mutter.

Wenn eine Mutter so gefährdet ist, dass sie die Signale und Aussagen ihres Kindes nicht wahrnimmt, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß. dass sie selbst keine Vorstellung von Muttersein hat, komplett überfordert mit dem eigenen Leben ist, oder den Umgang mit dem Kind fehleinschätzt.

Wenn sie also in einem Zustand ist, der gerade im Moment oder immer nicht einer Mutterrolle entspricht, kann sie diese Signale nicht sehen. Sie übersieht diese Signale und so können Säuglinge zu lange und zu oft in einem Zustand der Angst sein, von dem

Impressum

Verlag: BookRix GmbH & Co. KG

Tag der Veröffentlichung: 15.12.2023
ISBN: 978-3-7554-6389-4

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /