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Prolog



...Ohne zu fragen setzte er sich auf den Fahrersitz, dann zog er mich neben sich und hielt mich fest im Arm. Ich legte den Kopf an seine Brust.
„Wie kommst Du nach Hause?“
„Ich gehe nicht nach Hause. Wir haben die Rothaarige immer noch nicht gefangen, erinnerst Du Dich?“
Als ich schauderte, hatte es nichts mit Kälte zu tun. Danach sprachen wir während der ganzen Fahrt nicht mehr. Die Kälte hatte mich aufgeweckt. Ich hatte jetzt einen klaren Kopf, konnte wieder denken.
Was wäre wenn? Was sollte ich tun?
Ich konnte mir ein Leben ohne Jacob nicht mehr vorstellen – schon von dem bloßem Gedanken schrak ich zurück. Er war für mich lebenswichtig geworden. Aber alles so zu belassen, wie es war ... war das grausam, wie Mike mir vorgeworfen hatte?
Ich dachte daran, dass ich mir einmal gewünscht hatte, Jacob wäre mein Bruder. Jetzt wurde mir klar, dass ich ihn einfach für mich haben wollte. Es fühlte sich nicht brüderlich an, wenn er mich so hielt wie jetzt. Es fühlte sich nur schön an – warm und tröstlich und vertraut. Sicher. Jacob war ein sicherer Hafen.
Ich konnte ihn für mich haben. Es stand in meiner Macht.
Ich müsste ihm alles erzählen, das wusste ich. Sonst wäre es unfair. Ich müsste alles richtig erklären, damit er begriff, dass ich nicht zur Ruhe kommen würde, dass er viel zu gut für mich war. Dass ich kaputt war, wusste er ja schon, das würde ihn nicht überraschen, aber er musste wissen, wie kaputt. Ich müsste sogar eingestehen, dass ich verrückt war – ihm von Edwards Stimme erzählen. Er müsste alles erfahren, bevor er seine Entscheidung traf.
...
Jacob hielt vor unserem dunklem Haus und schaltete den Motor ab. Ganz plötzlich war es still.
Er nahm mich in die Arme, drückte mich an seine Brust, umschlang mich. Es fühlte sich schön an. Fast so, als wäre ich wieder ein ganzer Mensch.
Ich hatte geglaubt, er würde an Harry denken, aber dann sagte er: „Entschuldige. Ich weiß, dass du nicht so empfindest wie ich, Bella. Ich schwöre Dir, es ist mir egal. Ich bin einfach nur so froh, dass dir nichts passiert ist – ich könnte singen, aber das will keiner hören.“
...
Er legte seine warme Wange an mein Haar. Wenn ich das Gesicht jetzt zur Seite drehen und wenn ich die Lippen an seine nackte Schulter drücken würde ... ich wusste ganz genau, wie es dann weitergehen würde. Heute Abend würde ich nichts mehr erklären müssen. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch, als ich daran dachte den Kopf zu drehen.
Und dann hörte ich Edwards Stimme: „Sei glücklich“

Kapitel 1 - Gefahr




Meine Gedankenstimme löste sich auf. Ich hielt einen kleinen Moment inne, bis ich begriffen hatte, was gerade passiert war. Hatte er mich wirklich losgelassen? Hatte er mir die Erlaubnis gegeben, mich auf Jacob einzulassen?
Jacob lockerte leicht unsere Umarmung, so dass er zu mir herunter sehen konnte. Ich blickte ihm in die Augen und versank darin. Vorsichtig hob er wieder seinen Kopf und legte ihn auf meinen.
Ich war noch ziemlich verwirrt über die Stimme und wusste nicht recht, was ich davon halten sollte. Ich starrte in die dunkle Nacht. Konnte - und vor allem wollte - ich mich auf Jacob einlassen? War es nicht Verrat an Edward? An unserer Liebe? Wenn ich das jetzt zuließ, würde ich dann nicht etwas, von dem ich dachte, dass dies die Liebe meines Lebens war, beschmutzen?
Ich konnte und wollte heute nicht diesen letzten Schritt gehen, dafür war alles noch zu frisch, die Wunden gerade erst geschlossen. Ich brauchte Jacob so sehr, weil ich mich bei ihm geborgen fühlte, doch zu mehr war ich momentan noch nicht bereit. Obwohl es mir jetzt, nachdem meine Gedankenstimme mich aufgefordert hatte, glücklich zu sein, einfacher fallen sollte.

Ich wollte Jacob aber nicht weh tun, ihm Hoffnungen machen, die ich nicht erfüllen konnte. Ich wusste, wie er für mich empfand, also löste ich mich vorsichtig aus seiner Umarmung, öffnete die Wagentür und sah ihn an. Er hatte die Augen geschlossen. Nach einem Moment stieg auch er aus, hielt plötzlich in der Bewegung inne und keuchte: „Oh nein! Steig wieder ein Bella, wir müssen hier weg!“

Im Bruchteil einer Sekunde saß er wieder auf dem Fahrersitz. Er drehte den Schlüssel in der Zündung und der Motor heulte so laut auf, dass die Stille des Abends durchbrochen wurde.
„Was ist? – Jacob sag doch was!“ Ich sprang ebenfalls wieder in den Wagen und noch bevor ich die Tür richtig schließen konnte, war er schon losgefahren. Ich merkte, wie er am ganzen Körper zitterte, während er den Truck in unserer Einfahrt drehte. Über den Geräuschen des Motors sprach er mit sich selber.

„Soll ich mich verwandeln oder Bella hier weg bringen? Was mache ich nur? ..... Erst mal hier weg!“
Die Scheinwerfer ließen die ganze Einfahrt kurz aufleuchten, doch dort war nichts, was Jacob augenscheinlich so aus der Fassung gebracht haben könnte. Er schaute mich kurz an und sah meinen entgeisterten Gesichtsausdruck.
„Vampir“, keuchte er.
Nun drängten sich mir zwei Bilder auf. Eines von Victoria, mit den flammend roten Haaren und eines an das ich mir so lange verboten hatte zu denken: Ein Engel, mit bronzefarbenen Haaren, goldenen Augen und einem schiefem Lächeln.
„Jacob, was wenn ...“, ich traute mich nicht weiter zu sprechen, als ich ihn ansah. Er hatte in meinem Gesicht gelesen, was ich meinte.
„Bella, wären es die ...“, er machte eine kleine Pause bevor er weiter sprach, „Cullens, hätte ich anders reagiert...“

„Woher willst du denn wissen wer es ist?“, fragte ich aufgeregt. Er atmete tief ein.
„Diesen Geruch habe ich die gesamten Ferien schon verfolgt, ja bis zur kanadischen Grenze. Es ist eindeutig die rothaarige Blutsaugerin! Ich habe „die Anderen“ zwar noch nicht direkt als Wolf wahrgenommen,...“ - an der Betonung hörte ich, wen er meinte –
„...kenne aber den Unterschied aus Sams Gedanken.“ Das Bild mit meinem Engel wurde von dem mit dem flammend roten Haar, verschlungen.

Mit viel zu hoher Geschwindigkeit fuhr er Richtung Reservat und der Motor ächzte unter der ungewohnten Belastung. Er hatte wieder seinen Arm über meine Schulter gelegt und hielt mich ganz fest. Er murmelte leise vor sich hin, mittlerweile hatte wenigstens er sich wieder im Griff. Ich hatte Angst und überlegte, was ich dagegen tun konnte. Immer wieder tauchte der rote Feuerschein - von heute Nachmittag - im Wasser vor mir auf. Nach und nach wurde mir klar, dass es Victoria gewesen sein musste. Sie hatte also die Lücke, unter der Deckung der Wölfe, die durch Harrys Tod entstanden war, genutzt und war zu unserem Haus vorgedrungen.
„Was ist mit meinem Vater?“, sprudelte es aus mir heraus, als ich meine Stimme wieder gefunden hatte.
„Wir werden das schon regeln und bei Euch erst mal nach dem Rechten sehen.“ Er drückte mich mit seinem warmen Arm an sich, als er meine erschrockene Miene sah.
„Keine Angst, uns wird schon nichts passieren.“

Wir erreichten La Push und ich sah einen schokoladenbraunen Wolf am Straßenrand. Es sah so aus, als hätte er auf uns gewartet. Er passte seinen Schritt unserer Geschwindigkeit an und sah fragend zu Jacob herüber. Jacob verlangsamte endlich die Geschwindigkeit, bis wir stehen blieben, kurbelte das Fenster runter und rief dem Wolf zu: “Die Rothaarige war bei den Swans, lauf zu den Anderen, Charlie darf heute nicht eher zurück, bevor wir uns nicht darum gekümmert haben. Ich komme gleich nach“.
Er lockerte seine Umarmung, um das Fenster, das gelegentlich klemmte, mit beiden Händen zu schließen. Jetzt merkte er, wie auch ich, dass ich zitterte, ließ die Fensterkurbel los, legte beide Händen um meine Schultern und hielt mich richtig fest.
„Es wird alles gut Bella, keine Angst.“
„Jake – Ich – Du ...du kannst nicht gehen, ich halte das nicht aus, dass ich nicht weiß, ob du je wieder kommst.“ Mir stiegen bei dem Gedanken daran die Tränen in die Augen.
„Und was ist mit Charlie – wie ...“, meine Stimme brach ab, ich schluchzte leise. Er blickte mich an.

„Charlie wird nichts passieren. Wir werden ihn durch Billy überzeugen, dass Sue und die Kinder noch nicht alleine bleiben sollen, hier können wir ihn solange beschützen.
Außerdem: Wir sind zu acht und sie nur allein, was soll dabei schon passieren? Das wird ein Spaß!“
Er nahm den linken Arm wieder von meiner Schulter um weiterzufahren, schaute aber weiterhin zwischen meinem Gesicht und der Straße hin und her, während er den Wagen sicher manövrierte.
„Du bleibst solange bei uns. Die Anderen kümmern sich um die Rothaarige. Ich muss nur kurz zu ihnen, um die notwendigen Informationen an die richtige Stelle zu bringen.“
„Aber....aber... Du kommst danach gleich wieder zurück? Du ... du ...“, fing ich an zu stammeln. Ich bekam das Bild von meinem Jacob – im Kampf gegen Victoria – nicht aus dem Kopf. Ich könnte es nicht ertragen, wenn ich ihn auch noch verlieren würde.“ Ich zitterte immer noch, konnte mich aber nicht beruhigen. Schon kamen wir am Haus an. Billy schaute etwas verwirrt drein, als er durch das Fenster blickte, machte dann aber sofort die Haustür auf. Jakob löste die Umarmung und stieg aus. Ich öffnete die Tür und klettere aus dem Wagen, aber sowie meine Beine den Boden berührten, versagten sie mir ihren Dienst. Doch das hatte er gesehen und stützte mich. Auf immer noch wackeligen, aber etwas besser gehorchenden Beinen, gingen wir ins Haus. Dort setzte er mich wieder auf die Couch, auf der ich den Nachmittag verbracht hatte.
„Was ist passiert Jacob? Noch mehr Schreckensmeldungen kann ich momentan nicht verkraften! Warum hat Quil gerade den Sammelruf abgesetzt?“
„Das erzähle ich dir, wenn ich zurück bin“, sagte Jacob ungeduldig.
“Kümmere dich um Bella, ich komme gleich zurück.“ Die letzten vier Worte galten mir, er beugte sich zu mir herunter und nahm meinen Kopf zwischen seine riesigen Hände.
“Mach einmal was ich dir sage, bleib im Haus und mach keine Dummheiten mehr, hörst du?“ Dann drehte er sich um und rannte aus dem Haus auf den Waldrand zu, wo gerade wieder ein Heulen ertönte. Billy war immer noch ziemlich verwirrt und sah ihm nach.
„Was ist denn passiert?“ Er schloss die Haustür, drehte sich in meine Richtung und fuhr mit seinem Rollstuhl auf mich zu.

Ich versuchte Ordnung in meine wirren Gedanken zu bekommen und fing an zu erzählen. „Jacob und ich waren im Auto vor unserem Haus. Als wir aussteigen wollten, hat Jacob Victoria gerochen.“ Wieder blitzte der rote Feuerschein vor meinen Augen auf. Ich merkte, dass meine Stimme brach, ich wusste allerdings nicht, ob das immer noch die Nachwirkungen meiner Dummheit waren oder die aufkommende Angst vor Victoria. Jetzt, als ich ihren Namen ausgesprochen hatte, war es für mich erst Wirklichkeit geworden und ich zitterte wieder.
„Brauchst du ein Glas Wasser?“, fragte Billy.
„Ja, bitte“, krächzte ich. Im Fragen fuhr er schon rüber in die Küche. Als Billy zurückkam und ich das Glas in einem Zug ausgetrunken hatte, blickte er mich lange an.
„Du hast uns allen einen großen Schrecken eingejagt, mit deiner dummen Aktion. Hast du eigentlich eine Ahnung davon, was Charlie denken würde, wenn er davon wüsste?“ Ich senkte meinen Blick.
„Bitte sag ihm nichts, er hat wegen Harry momentan sowieso schon so große Sorgen. Wie geht es Sue und den Kindern? Was ist eigentlich passiert?“
Billy seufzte und begann zu erzählen.

„Harry und dein Vater waren, mit einigen aus dem Reservat, auf der Jagd nach den ...“ - er machte eine kurze Pause - „...Wölfen. Harry und die anderen haben nur so getan, als ob sie Spuren suchten und gingen ein wenig vor deinem Vater, um eventuelle Fährten des Rudels zu verwischen. Aber aus irgendeinem, bis dahin unersichtlichem Grund, blieb Harry plötzlich stehen und schaute unentwegt in die Bäume um sie herum. Charlie hatte nichts bemerkt und ging weiter. Dann ging alles sehr schnell. Quils Vater hat erzählt, dass plötzlich ein roter Blitz vom Baum herunter gesaust kam, sich zwischen Harry und Charlie stellte und sich sofort auf Harry gestürzt hat. Gott sei Dank hat Charlie von alledem nichts mitbekommen. Als die Wölfe sich auf sie stürzen wollten, ist sie mal wieder entwischt, wie schon so oft in letzter Zeit. Das war alles zu viel für sein schwaches Herz, er brach mit einem Herzinfarkt zusammen.“ Billy schloss die Augen, seine Stimme brach bei den letzten Worten
Ich sah die Szene vor meinem inneren Auge ablaufen - Charlie, Harry, die Wölfe darunter, mein Jacob und .... Victoria.

„Also hat Victoria Harry auf dem Gewissen?“, murmelte ich eigentlich mehr zu mir selber. „Ja“, sagte Billy und ihm liefen die Tränen über das Gesicht.
In diesem Moment ging die Tür auf und meine Sonne stand in der Tür. Er zog sich gerade ein T-Shirt an und ich bemerkte die andere Hose, die er trug. Wieder einmal hatte er meine Mimik erraten und grinste mich an.
„Wir haben uns angewöhnt immer Ersatzklamotten und Schuhe am Waldrand unter einem Baum zu deponieren, wär sonst blöd ständig ohne alles herum laufen zu müssen.“
Jacob war bei Billy angekommen, legte seine Hand auf dessen Schulter, verweilte einen kurzen Moment bei ihm und setzte sich dann zu mir auf die Couch.
„Sam, Jared und Quil sind unterwegs nach Forks und schauen dort nach dem Rechten. Embry und Paul bewachen uns hier. Wenn sie mich brauchen, heulen sie, dann komme ich zusammen mit Seth und Leah zu ihnen.“ Nach kurzem Zögern sagte er: „Eigentlich sollte ich mit nach Forks, Sam hätte dort meine Hilfe brauchen können. Aber ich wollte dich nicht alleine lassen, nicht heute Abend.“
Dankbar sah ich ihm in die Augen.
„Etwas enttäuscht bin ich ja schon, dass ich den Spaß verpasse, aber...“ Jacob redete fröhlich weiter, doch als er meinen Gesichtsausdruck sah, verstummte er. Erst dann fuhr er im normalen Ton weiter:
„Aber wahrscheinlich ist diese Blutsaugerin schon wieder über alle Berge.“
Billy blickte Jacob an.
„Wie kam es eigentlich zu der Begegnung? Ihr habt doch ihre Spur in einer ganz anderen Richtung verfolgt?“
„Sam glaubt, dass das Zusammentreffen Zufall war, es hätten auch andere Wanderer sein können. Unsere Leute waren einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Wir haben die Rothaarige ja vor uns her getrieben, weg aus dem Reservat und plötzlich hat sie die Richtung geändert. Sam vermutet, dass sie Charlies Geruch wiedererkannt und neue Pläne geschmiedet hat. Das ging alles so schnell. Wir haben es gerade so geschafft, dass uns Charlie nicht gesehen hat, während wir versucht haben sie von dort weg zu bekommen.“
Panik stieg in mir auf, als ich begriff, wie gefährlich das alles gewesen sein musste. Ich fing wieder an zu zittern, als mir klar wurde, dass das Ganze nicht unweit der Klippe geschah, auf der ich zu diesem Zeitpunkt gestanden haben musste und mich innerlich auf meinen Sprung vorbereitet hatte.

Jake drückte mich fest und erzählte weiter. „Nachdem sie gehört hatte, dass Harrys Herz aufgehört hatte zu schlagen, konkretisierte sie ihre Pläne wohl, um zu dir zu gelangen. Sie muss gewusst haben, dass wir jetzt unsere Wache nicht mehr aufrecht erhalten konnten, weil wir mit Harry zu tun hatten. Dann nahm Jared deine Fährte auf, die ganz urplötzlich auf der Klippe endete.“
Ich senkte meinen Blick und fühlte mich schlecht. Als hätten wir nicht alle - ohne meine Dummheit - schon genug Sorgen um die Ohren. Billy sah müde aus und ich merkte, dass es mir nicht anders erging.
„Ich glaube, wir brauchen jetzt alle Schlaf...“, sagte Billy.

In diesem Moment klingelte Jacobs Telefon.
„Sam? Was ist? Habt ihr was gefunden? Hmm. Ja . Dachte ich mir ja. Schade! Gut bis gleich!“ Jacob legte auf und sah uns enttäuscht an,
„Sie war schon über alle Berge, ihre Spur war schon fast verschwunden.“
Ich atmete hörbar auf.
„Du und dein Vater, ihr fahrt nach Hause, damit Charlie keinen Verdacht schöpft, dass hier etwas vorgeht. Jared bleibt vorerst in Forks und sobald Sam und Quil wieder hier sind, kommen Paul und ich nach, bzw. bilden den unsichtbaren Geleitschutz bis zu eurem Haus.“ Er sah mich an und kam auf mich zu.
„Ich bin bei dir, ich lasse dich nicht allein“, sagte er, als er meine Angst sah. „Du musst nur dein Fenster aufmachen, wenn die Luft rein ist und Charlie schläft.“

Er blickte auf und sah Billy fragend an. Dieser nickte und sagte:
„Geht ruhig, Jake. Du hast Recht, Charlie darf keinen Verdacht schöpfen, dass hier irgendetwas vor sich geht, bei dem Wolfslärm im Wald. Und sobald er unterwegs ist, können auch Seth und Leah wieder Patrouille laufen. Wenn Sue schläft und die Beiden möchten“, fügte er nach einer kurzen Pause hinzu. Ich dachte an die beiden, es war nicht gerecht. Jacob hatte mir erzählt, dass Seth und Leah die Jüngsten waren, die sich verwandelt hatten und jetzt mussten sie auch noch den Verlust ihres Vaters verkraften.
Also fuhren wir zu den Clearwaters. Charlie stand schon vor der Tür, er hatte meinen Wagen gehört. Er war kaum wieder zu erkennen. Er war bleich, sah mitgenommen aus und ließ den Kopf hängen.

„Dad!“, sagte ich, stieg aus und nahm ihn in den Arm, „Es tut mir so leid.“
Mehr konnte ich nicht sagen, denn uns beiden liefen die Tränen die Wangen hinab. Charlie befreite sich aus meiner Umarmung und stieg ein.
Während der Fahrt sprachen wir nicht. Ab und zu vermutete ich einen rostbraunen Schatten im dunklen Wald, konnte es aber nicht genau erkennen.
Zuhause angekommen, zog Charlie seine Jacke aus und setzte sich auf die Couch. Er starrte auf den Tisch und mit zitternder Stimme wisperte er: „Ich habe ihn über 30 Jahre gekannt, ich .... heute Morgen war noch alles in Ordnung, es ging ihm gut ...“

Ich setzte mich zu ihm, legte meinen Arm um ihn und schwieg. So saßen wir da, es kam mir vor wie eine Ewigkeit, dann hörte ich seinen Magen knurren,
„Möchtest du etwas essen?“ Er blickte kurz auf.
„Nein danke Bella, ich glaube, ich bekomme nichts herunter. Das wird ein anstrengender Tag morgen, ich glaube wir sollten beide ins Bett gehen.“
Ich nickte, wir erhoben uns und gingen nacheinander wie ferngesteuert die Treppe hoch. Oben an seinem Zimmer blieb Charlie kurz stehen und öffnete den Mund, als wollte er noch etwas sagen. Doch dann schloss er den Mund wieder, öffnete die Tür und schlich mit schweren Schritten in sein Zimmer. Leise zog ich die Tür zu und verschwand noch kurz im Badezimmer, bevor auch ich mich in mein Zimmer beg ab.

Es dauerte sehr lange, bis ich endlich das vertraute Schnarchen meines Vaters von nebenan hörte. Ich stand auf und öffnete das Fenster. Dort stand Jacob im Schatten der Tanne und schaute nach oben.
„Na endlich, ich war schon kurz davor, mich so herein zu schleichen“, flüsterte er.
„Die Haustür ist auf ....“ Doch bevor ich ausgesprochen hatte, war er schon lautlos durch die Tür geschlüpft. Ich hörte nur das leise Klicken des Schlüssels im Schloss. Dann war Stille. Im nächsten Augenblick ging meine Zimmertür auf und Jacob stand im Zimmer.
„Die Luft ist rein. Paul und Jared laufen draußen Patrouille und wenn etwas ist, dann „rufen“ sie mich. Aber wir glauben nicht, dass sie heute Nacht nochmal hier auftaucht. Unsere Deckung ist wieder komplett.“

Bei dem Gedanken an Jared und Paul, dort draußen in der kalten Nacht waren und auf mich aufpassten, erschauderte ich. Er bemerkte es und kam näher.
„Du brauchst keine Angst zu haben Bella. Wenn sie zu dir oder Charlie will muss sie erst an den beiden - und dann an mir vorbei.“ Seine Augen leuchteten bei dieser Vorstellung.
„Aber das werden wir nicht zulassen, dass sie noch einmal in deine Nähe kommt.“ Nun war er bei mir und schloss das Fenster.
„Wenn dir kalt ist, solltest du nicht bei offenem Fenster schlafen, Bella!“ Jacob blickte mich erst tadelnd an, dann grinste er.
Das kam mir alles so unheimlich vertraut vor, als hätte ich ein Déjà-vu. Dann fiel es mir wieder ein.
Nächtliche Besuche hatte ich schon öfters gehabt.
Von IHM.

Kapitel 2 - Flamme, Engel und Sonne



Musikalische Untermalung:

Rosenstolz - ich geh in Flammen auf
http://www.youtube.com/watch?v=TAOkmKdVX1Q


Jacob konnte den Rest der Nacht der noch übrig war, bei mir bleiben. Es näherte sich niemand, der mir nach dem Leben trachtete. Jacob saß in meinem Sessel und versuchte mich etwas aufzumuntern. Es blieb bei dem Versuch. Während er ein paar Geschichten zu erzählen, wurde er immer leiser, bis er dann schließlich leise anfing zu schnarchen.
Jedes Mal, wenn ich die Augen schloss, oder wenn ich dann doch etwas eingeschlafen war, hatte ich abwechselnd die gleichen Bilder vor Augen:
Eine rote Flamme mit höhnischem Lachen und bleichem Gesicht, die hinter Charlie und mir her war.
Das andere Bild war ein Engel mit goldenen Augen und ebenso bleichem Gesicht.
Das dritte Bild strahlte eine Helligkeit und Wärme aus, die mir unglaublich vertraut vorkam, die ich aber nicht beschreiben konnte. Jedes Mal, wenn ich blinzelte, um durch das helle Licht sehen zu können, änderte es sich. Erst war es ein rostbrauner Wolf, dann tauchte Jacobs Gesicht auf. Aber irgendetwas machte mir Angst.

Immer wenn ich dachte, die Reihenfolge der Bilder zu kennen, fing eines der Bilder an, aus der Reihe zu tanzen, oder ein anderes zu zerstören. Erst der Engel und die Flamme, dann der Wolf und die Flamme. Als die Flamme den Wolf gerade zerstören wollte, griff der Engel ein, und half dem Wolf. Doch als der Wolf dann über den Engel herfiel, und beide in der Mitte auseinander gerissen wurden, wachte ich jedes Mal schreiend auf.
Beim ersten Mal sprang Jacob auf, „ Bella? Alles in Ordnung?“ Er setzte sich auf mein Bett und nahm mich in den Arm.
„Ich habe nur schlecht geträumt“ brummte ich kopfschüttelnd. Was hatte ich mir da wieder zusammengeträumt? Die warme Umarmung und sein sonniges Gemüt, ließen den Traum verschwimmen. Ich schloss die Augen, und genoss die Wärme, die mich durchströmte. So fiel es mir leichter wieder einzuschlafen. Das ging den Rest der Nacht so. Irgendwann nach dem zweiten oder dritten Mal aufwachen, blieb Jacob dort sitzen, wo er war. In seinen Armen schlief ich wieder ein. Und wieder fingen die Bilder an zu tanzen. Nur waren jetzt alle drei Bilder in helles Licht getaucht. Das höhnische Lachen der Flamme wurde fast komplett überdeckt. Der Engel war so schön wie vorher, genauso hatte sich das Bild des wandelnden Wolfes mit Jacob nicht verändert.

Meine Angst von vorher war gedämpft. Doch auch jetzt fingen die Bilder an sich nach und nach zu zerreißen. Erst der Wolf und die Flamme, dann der Engel und die Flamme. Jetzt ging die Flamme auf den Wolf los und der Engel rettete den Wolf. Gemeinsam zerrissen sie das Bild der Flamme. Wieder tanzten Wolf und Engel umeinander herum.
Ich schrie: „Hört auf!“, aber sie ließen sich nicht davon beeindrucken. Und wieder gingen meine Bilder aufeinander los und attackierten sich gegenseitig. Mit einem Schrei wachte ich auf.
Ich sah mich in meinem Zimmer um, als plötzlich die Tür aufging und Charlie hereinkam. Er legte mir eine Hand auf die Schulter, wie er es schon so oft getan hatte.

„Alles in Ordnung bei dir?“
Ich nickte.
Er sah müde aus und fertig, ja irgendwie ausgelaugt, als hätte er kein Auge zugetan.
„Wenn ich dir doch nur irgendwie helfen könnte...“, sagte er mehr zu sich als zu mir, „Ich dachte eigentlich, dass es besser geworden wäre, seitdem du viel mit Jacob unternimmst...“ Er schaute mich an.
„Harry meinte...“ Charlie senkte den Kopf. Ein großer Kloß formte sich in meinem Hals, ich setzte mich auf und legte meinen Arm um Charlie.
„Dad...“, ich sah, wie er versuchte Haltung zu bewahren.
„Ich glaube durch die Ereignisse heute ... habe ich wieder schlecht geträumt,“ Nur gut, dass er nicht alles wusste, was ich heute erlebt hatte. Er nickte, drehte seinen Kopf zu mir und sah mich abwesend an.
„Hmm ... Stimmt, jetzt wo du das sagst.“ Dann stand er auf, schloss das geöffnete Fenster und ging aus dem Zimmer. In der Tür blieb er stehen.
„Weißt du eigentlich wie kalt es hier drin ist? Warum hast du das Fenster sperrangelweit auf?“ Er zog die Stirn in Falten.

Ich sagte schnell, dass ich frische Luft bräuchte, und das schien ihm als Erklärung zu reichen. Er ging aus meinem Zimmer und schloss die Tür.
Ich wartete, bis ich Charlies Zimmertür klicken hörte, dann sprang ich auf und öffnete wieder das Fenster. Eine kalte Brise kam mir entgegen.
„Jacob?“ hauchte ich und sah hinunter auf den Rasen. Erschrocken fuhr ich zusammen, als sich eine warme Hand auf meinem Rücken legte.
„Jacob!“ japste ich. „Ich muss mich erst noch daran gewöhnen, dass du so leise gehen kannst.“

Jacob grinste mich an und antwortete ernst:
„Wenn wir jemanden jagen, dann dürfen wir auch keine Geräusche machen.“ Er schüttelte dabei den Kopf, als hätte ich irgendetwas Dummes gefragt.
Nun merkte ich die Kälte, schloss das Fenster und krabbelte unter meine Decke Er wollte sich erst in den Sessel setzen, so wie gestern Abend, bevor ich eingeschlafen war, aber ich hielt ihn am Arm zurück. ´
„Nein, bitte bleib hier“, dabei klopfte ich mit meiner Hand auf die freie Stelle neben mir.
Er musterte mich, überlegte kurz und setzte sich zu mir.
„Es ist schön, wenn du mich wärmst. Wie mein eigener kleiner Heizlüfter“, erklärte ich ihm.

Ein Grinsen bildete sich auf seinem Gesicht.
„Also, sollten wir mal Zelten gehen, dann brauchen wir uns keine Sorgen zu machen, ob es Winter oder Sommer ist! Ich übernehme das mit dem Wärmen dann. Und das Tolle ist, es geht auch ohne Strom!“ Ich lachte.
„Auja, Camping!“ Übertrieben verdrehte ich die Augen. Ich konnte Freiluftfanatiker nicht ausstehen.
Wir lachten beide kurz und dann schmiegte ich mich an ihn, schloss die Augen, und schlief wieder ein.

Am nächsten Morgen wachte ich auf und musste mich erst mal orientieren, wo ich mich befand. Ich sah auf meinen Wecker: 6.oo Uhr.
Viel geschlafen hatte ich nicht mehr, seitdem Charlie mein Zimmer verlasen hatte. Der Traum war zwar nicht mehr zurückgekehrt, aber entspannend war der Schlaf auch nicht gewesen. „Guten Morgen, Bella“, flüsterte eine raue Stimme neben mir und ich schaute auf.
„Guten Morgen, Jacob!“ Er nahm mich in den Arm. Oh, wie ich diese Wärme mochte. Und dann dieser vertraute Duft nach Wald und Waldboden. Ich schloss meine Augen und atmete tief ein, genoss einfach den Moment. Ich hätte den ganzen Tag so liegen bleiben und die Wärme genießen können, aber das ging leider nicht. Ich würde in ein paar Stunden die erste Beerdigung meines Lebens erleben. Mein Vater würde mich an seiner Seite brauchen.

Vorsichtig löste ich mich aus Jacobs Umarmung, schnappte mir meine Sachen und ging ins Bad. Ich brauchte jetzt eine Dusche, denn ich hatte immer noch das Salz auf meiner Haut von meinem Sprung. Ich drehte das Wasser ganz heiß, und blieb einfach regungslos unter dem Wasserstrahl stehen. Es tat gut. Es war fast so warm, als wenn Jacob mich umarmte. Nach einer gefühlten Ewigkeit stellte ich das Wasser aus, trocknete mich ab und machte mich fertig. Als ich aus dem Bad wiederkam, stellte ich fest, dass Jacob nicht mehr in meinem Zimmer war.

Traurig legte ich meine Badtasche auf mein Bett, schloss das Fenster, und starrte durch das Glas hinaus. War jemand gekommen? Hatten die Anderen etwas gewittert? Waren sie jetzt da draußen, um sie zu fangen? Mir fiel mein Traum wieder ein. Ich sah die leuchtend rote Flamme, wie sie auf den Wolf zuschoss. Um das Bild aus meinen Gedanken zu bekommen, schüttelte ich meinen Kopf. Mein Blick wanderte durchs Zimmer und blieb auf einem Zettel hängen, der auf meinem Schreibtisch lag.


Bella,
ich musste kurz zu Jared und Paul, um nach dem Rechten zu sehen. Ich bin bald wieder da.
Lass mir bitte etwas vom Frühstück über, ich habe „tierischen“ Hunger.

Ach und lass das Fenster auf.

Jacob

Ich ging wieder zum Fenster, öffnete es, lehnte es aber an, damit die kalte Luft das Zimmer nicht noch weiter auskühlte.
Ich machte mich auf den Weg nach unten, als ich an Charlies Tür vorbei kam, blieb ich kurz stehen und horchte. Er schien noch zu schlafen, denn ich hörte nur sein gleichmäßiges Atmen, und sein gelegentliches Schnarchen. Ich ging nach unten, um das Frühstück vorzubereiten. Schnell briet ich ein paar Eier, legte sie auf einen Teller, goss den fertigen Kaffee in eine Tasse, und lief so leise wie möglich damit in mein Zimmer, Und stellte den Teller auf dem Schreibtisch ab.

Eilig ging ich wieder runter, um für mich und Charlie Frühstück zu machen. Ich hoffte inständig, dass mein Vater nicht in meinem Zimmer nach mir schauen wollte und den Teller dort entdeckte. Ich klapperte lieber ein bisschen lauter als zuvor. Es half.
Kurze Zeit später stand mein Vater in der Tür. Ich legte ihm gerade ein Ei auf den Teller. Mit einem gemurmelten Morgen ging er zum Tisch
„Danke, Bella.“ Er nickte mir dankbar zu, und setzte sich mit hängenden Schultern.
„Ein Kaffee hätte mir gereicht, ich habe gar keinen Hunger.“ Kommentierte er mit einem Blick den reich gedeckten Tisch
„Du musst aber was essen Dad, ich bestehe darauf.“ Ich stellte ihm den Teller neben meinem Müsli auf den Tisch.
Er nahm eine Gabel mit Ei in den Mund und biss gedankenverloren in seinen Toast.
„Schmeckt!“, antwortete Charlie auf meine Kochkünste.
Ich nickte nur.

Ich konnte es kaum erwarten, hoch in mein Zimmer zu laufen, um nach zu sehen, ob Jacob schon wieder da war. Als wir endlich fertig gefrühstückt hatten - also eigentlich hatte ich gefrühstückt und Charlie nur den einen Bissen gegessen - stand er auf, stellte den Teller in die Spüle, und ging Richtung Treppenhaus.
Schnell spülte ich das Geschirr, trank den letzten Schluck Milch aus und lief hoch. Charlies Zimmertür stand auf, er nahm gerade seinen schwarzen Anzug aus dem Schrank, und sah ihn mit einem traurigen Blick an. Ich ging weiter und öffnete meine Zimmertür, sodass ich gerade so durchschlüpfen konnte.

„Schmeckt klasse“, schmatzte Jake mir entgegen.
„Psst, Charlies Zimmertür ist auf!“, versuchte ich ihn zu bremsen. Er ließ den Mund mitten in der Bewegung offen stehen, lauschte, und kaute dann völlig entspannt weiter.
„Wie geht es den Jungs?“ Ich bewegte den Kopf in Richtung Fenster.
„Alles klar dort draußen,“ antwortete er immer noch kauend, aber diesmal leiser.
„Die Luft ist rein, keine Blutsauger mehr in der Gegend. Paul und Jared haben Forks weiträumig umrundet, nicht ein kleinster Hinweis mehr auf die Rothaarige. Wir werden jetzt nach La Push laufen, aber wir glauben nicht das heute noch etwas passiert. Schaffst du es, ohne Dummheiten zu machen, nach La Push?“

Er zwinkerte mir schelmisch zu.
„Hm, ja.“ Unsicher blickte ich in seine braunen Augen. Ich wollte eigentlich nicht, dass er ging und mich alleine zurück ließ, auch wenn es nur für so kurze Zeit war. Außerdem war Charlie noch da, also war ich nicht alleine. Jacob unterbrach meine Gedanken,
„Ich rufe an, wenn ich zu Hause bin, dann könnt ihr losfahren. Wenn unterwegs irgendetwas ist, oder dir etwas komisch vorkommt, ruf mich bitte an.“ Er ging mit zwei Schritten durch mein Zimmer, stellte den Teller auf meinen Schreibtisch zurück und kam wieder zu mir.
„Keine Angst“. Er nahm mich in den Arm und tätschelte meinen Rücken, nur dass das bei ihm sich eher wie leichte Schläge anfühlte. Er hatte seine Kraft noch immer nicht unter Kontrolle. Dann löste er sich von mir, sah mir in die Augen und gab mir einen flüchtigen Kuss auf meine Haare.

„Bis später“, sagte er und sprang mit einem Satz aus dem Fenster. Ich blickte ihm hinterher, und sah, wie er zusammen mit zwei Schatten im Wald verschwand. Ich starrte ihm noch eine Weile nach, ging zu meinem Schrank und suchte in Gedanken meine Sachen heraus, die ich heute anziehen wollte. Ich war gerade dabei, meinen Schlabber Pullover auszuziehen, als die Tür von meinem Zimmer auf ging und ein völlig veränderter Charlie trat ein. Mein Vater sah ungewohnt aus in dem schwarzen Anzug. Er breitete seine Arme rechts und links am Körper aus und drehte sich langsam um seine eigene Achse. Man sah, dass der Anzug nicht mehr ganz neu war und über seinem Rücken spannte. Als er mit seiner Drehung fertig war, schaute er mich fragend an.
„Ja, ist in Ordnung“, antwortete ich auf seine ungestellte Frage.

Er blieb noch in meinem Zimmer stehen, und schien auf etwas zu warten.
„Kann ich mich jetzt auch umziehen?“, fragte ich ihn, denn ich hatte beide Arme vor dem Körper gekreuzt und so in der Bewegung inne gehalten, als meine Zimmertür aufgegangen war.
„Ja, .... natürlich....“. Gedankenverloren dreht er sich in der Tür, als das Telefon klingelte. Er ging am Apparat im Flur dran, „Ja? ... Hm... Ja, ist gut, bis gleich“, er legte wieder auf.
„Bist du fertig?“, rief Charlie mir zu.
„Das war gerade Billy, er wollte wissen, ob wir schon früher kommen können, wir sollen ihm noch ein bisschen bei den Vorbereitungen helfen... Ich warte unten auf dich!“
Seine Stimme klang teilnahmslos, und er sah zehn Jahre älter aus. Er tat mir leid. Ich hatte Harry nicht mal annähernd so gut gekannt, aber Charlie ging das alles ziemlich nahe, auch wenn er es nie zugeben würde.

Schnell zog ich mich um. Ich entschied mich für meinen schwarzen Rock, dazu mein schwarzes Top und die Bluse dazu, die ich mir in Phoenix als Abschiedsgeschenk gekauft hatte. Ich hätte nie im Leben daran gedacht, dass ich sie ausgerechnet für diesen Anlass tragen würde.
Ich beeilte mich, rannte noch mal ins Bad, um nach meinen Haaren zu schauen, die jetzt trocken waren, kämmte sie noch mal über und ein paar Minuten später war ich fertig. Ich schnappte noch schnell meine Tasche, vergewisserte mich, dass mein Handy darin war und hetzte die Treppe hinunter. Auf halben Weg drehte ich mich noch mal herum, da mir einfiel, dass mein Fenster immer noch auf war. Doch eine Minute später war ich unten bei Charlie im Wohnzimmer. Wir gingen gemeinsam schweigend aus dem Haus, ich schloss ab und er stieg in seinen Streifenwagen.

Zum ersten Mal war ich froh, damit fahren zu können, denn er war um einiges schneller, als mein Wagen. Wenn uns jemand verfolgen würde, kämen wir etwas schneller voran. Was aber wahrscheinlich sowieso nichts daran ändern würde, wenn wir von Victoria verfolgt würden, wir so oder so keine Chance hätten. Auf der Fahrt passierte nichts Außergewöhnliches, außer, dass ich ab der Reservatsgrenze ab und zu einen braunen oder grauen Schatten vorbeifliegen sah, was mich wieder etwas beruhigte. Ich hatte bis jetzt völlig verspannt auf meinem Sitz gesessen.

Vor Billys Haus hielten Charlie an. Die Tür stand auf und ich folgte meinem Vater wie selbstverständlich herein. Gerade als wir vor Jacobs Zimmertür waren, ging diese auf und Jacob kam umgezogen aus seinem Zimmer. Ich staunte nicht schlecht, ihn in einem schwarzen, eng anliegendem Oberteil zu sehen. Es stand ihm ausgezeichnet, aber irgendwie sah er aus, als wäre er in den Sachen ziemlich fehl am Platz. Er versuchte sein Grinsen über meinen Gesichtsausdruck zu unterdrücken, was aber nicht so ganz gelang.

„Guten Morgen, ihr zwei, wie geht’s?“, fragte er, sein angedeutetes Grinsen verbergend.
„Gut,“ sagte ich, Charlie nickte nur.
„Wo ist Billy?“, wollte mein Vater wissen.
„Er ist schon zu den Clearwaters rüber, Sue geht es sehr schlecht, Seth und Leah sind bei ihr. Du sollst bitte auch hin kommen, hat Billy gesagt, damit die letzten Vorbereitungen noch fertig werden. Das schafft Sue nicht alleine“, antwortete Jacob ihm.
„Ja, mach ich ...“ murmelte Charlie vor sich hin und ging rüber zu den Clearwaters.

Kapitel 3 - Die Beerdigung


Harrys Lieblingslied
Rufus Wainwright - Hallelujah http://www.youtube.com/watch?v=T2NEU6Xf7lM&feature=related


3. Die Beerdigung

Während der Beerdigung stand ich, als wäre es schon immer so gewesen, an Jacobs Seite, unsere Hände miteinander verschränkt, denn wir brauchten uns gegenseitig. Wie ich so mit Jacob dastand, fühlte ich mich wieder komplett, er hatte das Loch in meiner Brust aufgefüllt und ich hoffte, dass wenn er mich alleine lassen musste, es nicht wieder aufbrechen würde. Ich steckte Edward mental in eine Schublade und verwarf den Schlüssel.
Es tat gut mit Jacob zusammenzusein. Charlie hatte mir mal gesagt, manchmal müsste man lernen, dass zu lieben, was einem gut tat. Ich glaubte so langsam, dass er Recht behielt, denn immer wenn ich mit Jacob zusammen war, ging es mir einigermaßen gut.

Während der Sarg mit dem besten Freund meines Vaters in das vorbereitete Grab hinab gelassen wurde, lief Harrys Lieblingslied im Hintergrund. Als ich meinen Vater ansah, wie er mit gesenktem Kopf dort stand, glitzerte es auf seinem Gesicht. Verstohlen wischte er drüber weg. Ich schaute schnell wieder auf meine Füße, da ich nicht wollte, dass er mich sah. Das wäre ihm garantiert peinlich. Nun kam mein altbekannter Kloß im Hals hoch. Nachdem die letzten Töne des Liedes verklungen waren, war es Zeit, Abschied zu nehmen. Zuerst gingen Sue, Leah und Seth, sich gegenseitig stützend, ans Grab. Leah und Seth hatten Sue in ihre Mitte genommen, am offenen Grab schluchzten alle drei. Sue war kaum dazu in der Lage den wunderschönen Strauß fallen zu lassen. Gleichzeitig ließen ihn alle drei los und man konnte nur das hohle „plump“ hören. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken, ich zitterte. Sie flüsterten irgendetwas, was ich nicht verstand. Die Drei blieben noch kurz stehen und zogen sich dann langsam in den Schatten des großen Baumes, neben Harrys letzter Ruhestätte zurück.

Nacheinander verfuhren auch die anderen Gäste, einige warfen mitgebrachte Sträuße, andere eine Hand voll der vorbereiteten Rosenblätter und ein paar wenige eine Hand voll Erde auf den Sarg. Immer, wenn ein Strauß oder Erde auf dem Sarg aufkam, gab es wieder dieses dumpfe Geräusch. Jedes Mal lief mir ein kalter Schauer über den Rücken und ich zuckte zusammen. Und jedes Mal fühlte ich eine warme Hand auf meiner Schulter. Ohne, dass ich mich umschauen musste, wer es ist, wusste ich, dass es Jacob war.
Mit Charlie zusammen ging ich an das offene Grab und ließ ein Paar Rosenblüten hineinfallen.
„Machs gut Harry“, flüsterte Charlie mit brechender Stimme.

Mir liefen die Tränen über die Wangen, ich konnte keinen Ton heraus bekommen. Einen Moment blieben wir stehen, dann legte ich meine Hand Charlie auf den Rücken. Er konnte kaum gehen. Ich drückte ihn vorsichtig in die Richtung von Sue, Seth und Leah und nacheinander nahmen wir die Drei in die Arme. Ich bekam nur ein leises „herzliches Beileid“ heraus, als ich ihnen nach und nach die Hand gab. Sue sah mir in die Augen und nickte fast unmerklich.
Bei Seth und Leah sah ich immer noch eine leicht ablehnende Miene auf meine Umarmung in ihrem Gesicht, aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein. Nach mir gingen Jacob mit Billy, Sam mit Emily, Paul und Jared sowie Embry und Quil nacheinander zum Grab. Als sie wieder neben uns standen, nahm Jacob meine Hand und jetzt merkte ich, dass es mir gefehlt hatte, auch, wenn es nur der kurze Moment war. Charlie stand neben mir und schaute auf unsere Hände. Ich sah auf seinem Gesicht seine Tränen glitzern.

Nachdem alle bei Sue, Seth und Leah kondoliert hatten, ging Charlie zu ihr, legte ihr eine Hand auf die Schulter und stützte sie, als sie in Richtung Friedhofsausgang ging. Die Rudelmitglieder liefen paarweise rechts und links neben Seth und Leah, Billy wurde von Emily vorsichtig geschoben - keiner war jetzt alleine.
Nachdem alle beim Essen saßen, verschwanden Quil und Embry, um eine Stunde später wiederzukommen. Sie setzten sich auf den Platz, der eben noch von Jared und Paul besetzt gewesen war. Ich konnte mir gut vorstellen, wo sie waren. Die Gefahr, die von Victoria ausging, war noch nicht gebannt.
Ich blickte in Jacobs Gesicht, bewegte die Augen zu Quil und Embry herüber, kräuselte meine Stirn und nickte Richtung Tür.
„Wache!“, raunte er leise zu mir herüber.

Nachdem wir alle zusammen noch einmal auf dem Friedhof waren und das schön hergerichtete Grab anschauten, trennten sich unsere Wege. Jared und Paul waren noch nicht wieder da, ebenfalls waren jetzt Sam und Embry verschwunden. Ich saß mit Jacob, Emily, Charlie, Billy. Da aber der Rest der Gesellschaft sich auch aufgelöst hatte, fiel das Fehlen der Vier nicht auf.
Nach einem mir endlos erscheinenden Nachmittag erhob sich Jacob:
„Bella, hilfst du mir?“, fragte er mit kurzem Blick zwischen mir und Charlie hin und her, „wir müssen das Lagerfeuer vorbereiten.“
Er sah meinen Blick und erklärte: „Wenn bei uns im Stamm jemand gestorben ist, wird drei Tage nach der Beerdigung zur Ehre des Verstorbenen ein Erinnerungslagerfeuer im Kreise der Stammesältesten abgehalten. Dieses wird am Tag der Beerdigung vorbereitet, dann muss es drei Tage ruhen, damit der Geist des Verstorbenen auch die Möglichkeit hat, es sich anzusehen. Der Rat hat jetzt mit Sue ein neues Mitglied. Sie übernimmt Harrys Platz und wird während der Ratssitzung am Feuer in den Rat eingeführt. Wir erzählen Geschichten und alte Legenden.“ Jacob wandte sich wieder an mich, nachdem er mehr in Charlies als in meine Richtung erzählt hatte.

„Charlie, hast du etwas dagegen, wenn ich Bella zum Feuer entführe?“ Charlie sah erst Jacob an und dann mich.
„Nein, macht ihr mal, ich brauche glaube ich ein paar Momente für mich, um dass alles zu verarbeiten und dann brauche ich mir keine Gedanken machen, dass du wieder alleine bist, Bella.“
Während er das sagte nickte er traurig.
„Gut prima, ich fahre Bella dann nach Hause, wenn wir fertig sind.“ Charlie und er nickten einvernehmlich. Ich freute mich.
„Na dann auf, wir müssen noch einiges vorbereiten“. Er nahm meine Hand und zog mich aus dem Haus.

Gott sei Dank hatte der Rest des Rudels, der nicht auf Wache war, schon mit dem Aufschichten des Lagerfeuers begonnen und sie waren fast fertig, sodass wir uns nach kurzer Zeit helfen (Jacob gab Anweisungen und ich sah zu) entfernen konnten, um an den Strand zu gehen. Dort zog es uns, wie so oft, auf den Treibholzbaum, der so etwas wie unser Rückzugsort geworden war. Wir konnten am anderen Ende des Strandes das Lagerfeuer thronen sehen und wie die Jungs es fertig stellten, hörten aber kein Geräusch von dort. Wie wir dort so saßen, schaute ich über die Wellen und dachte nach.

„Ich muss andauernd an Harry denken, an seine Familie. Leah ist in meinem Alter und Seth ist...? ....14?“ Ich blickte Jake fragend an.
„Ja, 14 ist er...“, Jacob sah traurig auf die Wellen.
„Eines musst du verstehen, Bella, Harry ist bei der <Jagd> gestorben, um deinen Vater und seine Leute zu beschützen, das ist doch was? Oder?“ Während er das sagte, schweifte sein Blick zurück und blieb an meinem Gesicht hängen.
„Ja, und gerade deshalb mache ich mir solche Gedanken. Wenn ich nicht gewesen wäre, als ihr Laurent erledigt habt, dann hätte ich Charlie und Harry nichts vom Rudel erzählen können und...“ Jacob legte seine Hand auf meinen Mund.
„Bella, ich will so etwas nicht hören, denn Harry hatte ein schwaches Herz, und er hat es nicht ernst genommen.
Sue hat schon die letzten Monate geredet, dass er zum Arzt muss, er wollte nicht. Es ist nicht deine Schuld. Er hätte genauso gut auf der Toilette einen Herzinfarkt bekommen können, oder zu Hause im Bett. Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände, dass wir beim Jagen die Rothaarige gerade in diese Richtung getrieben haben.“ Er sah mich an und ließ die Hand von meinem Mund sinken.
„Aber wenn Victoria nicht hinter mir her wäre,...“ Er nahm seine Hand vor meinen Mund und fiel mir ins Wort.
„Dann würden wir vielleicht jetzt nicht nach seiner Beerdigung hier sitzen und aufs Meer blicken, aber dafür in ein oder zwei Wochen. Der Arzt hat gesagt, dass es ihn gewundert hat, warum es nicht schon eher passiert war.
Nach Seths Aussage hatte er sich täglich über Kleinigkeiten aufgeregt und hätte den Infarkt bekommen können. Bella, bitte. Glaube mir, es war wirklich nur eine Frage der Zeit, dass es jetzt passiert ist war reiner Zufall, auch wenn das jetzt vielleicht nicht richtig ist in deinen Augen.“ Er nahm mich ganz fest in den Arm.
„Und jetzt versuch mal ein anderes Gesicht zu machen, was sollen denn die Anderen denken, wenn sie dich so sehen?“

Ich versuchte etwas zu lächeln, aber es fühlte sich nur wie ein falsches Grinsen an. Jacob allerdings grinste von einem Ohr zum Anderen.
„So ist’s brav Bella, so gefällst du mir schon besser. Du bist viel hübscher, wenn du lachst, als wenn du eine Schnute macht ... Hahaha, herrlich dein Gesichtsausruck!“ Während er lachte, vergaß ich für einen Moment meine düsteren Gedanken und lachte mit ihm, denn sein Lachen war wie immer ansteckend. Mittlerweile war die Sonne fast untergegangen und alles in rotes Licht getaucht.

„Komm, wir gehen wieder rüber zu den Anderen, nicht, dass sie noch eine Vermisstenmeldung aufgeben und dein Vater uns suchen muss.“ Im Reden stand er auf und zog mich an meiner Hand, die er immer noch festhielt, hoch. Die Gedanken an Harry hatte ich zwar so schnell nicht vergessen, ich versuchte mich allerdings abzulenken. Nur wenn ich daran dachte, wie nah Victoria meinem Vater gekommen war, dann wurde mir ganz anders. Aber heute Abend wollte ich nicht mehr daran denken.
Ich freute mich auf das Lagerfeuer und die Stimmung, sowie auf das gemütliche Zusammensein. Und natürlich darauf, dass ich dabei sein durfte, dass ich neben Jacob sitzen und seine Nähe spüren durfte.

Nachdem wir vom Strand kamen, wollte Charlie heim fahren. Ich verabschiedete mich von Billy und Jacob und schaute ihn fragend an. Er flüsterte mir „bis später, wenn er schläft“ ins Ohr und ich freute mich. Während der Heimfahrt sah ich Schatten im Wald vorbeifliegen, diesmal schwarz, braun und schokoladenbraun.
Auf eine Art war ich beruhigt, dass ich beschützt wurde, aber gleichzeitig machte ich mir auch Gedanken, weil meinetwegen solche Umstände gemacht wurden. Wieder mussten zwei von ihnen in der kalten Nacht herumlaufen und wach bleiben.

Nachdem wir zu Hause angekommen und noch kurz miteinander gesprochen hatten, ging ich hoch in mein Zimmer, Charlie setzte sich vor den Fernseher, „noch kurz den aktuellen Spielstand hören“ murmelnd. Na das konnte ja noch dauern. Wenn Charlie erst einmal vor der Kiste hing, vergaß er alles um sich herum. Er schaltete einfach komplett ab.

Ich blieb kurz vor meiner Tür stehen, ließ die Schultern hängen und war traurig. Traurig, weil Jacob sagte, er käme erst, wenn Charlie schlief. Traurig, weil ich fühlte, dass mir etwas fehlte, wenn er nicht bei mir war und traurig, weil ich an Harry denken musste. Naja, würde ich endlich mal wieder dazu kommen, meine Emails zu checken, denn meine Mutter war bestimmt schon wieder ziemlich angesäuert, dass ich mich so lange nicht gemeldet hatte.
Also öffnete ich niedergeschlagen meine Tür und machte mich darauf gefasst, die lange Zeit bis Charlie schlafen ging, irgendwie Tod zu schlagen.
Ich ging zu meinem Schreibtisch und schaltete den PC ein und dann rüber ins Bad, um mich bettfertig zu machen. Dann brauchte ich nachher, wenn Jacob da war, nicht mehr zu gehen.
Als ich fertig war lauschte ich noch kurz die Treppe runter zu Charlie, aber der Fernseher lief noch, also ging ich wieder traurig zurück, und setzte mich fingertrommelnd auf meinen Stuhl und sah dem Computer beim Laden zu. Er brauchte wie immer sehr lange. Als mein Blick zum Fenster schweifte, zuckte ich zusammen. Dort am Fenster stand Jacob auf dem dünnen Fensterbrett und wartete, dass ich es öffnete. Schnell sprintete ich dorthin, öffnete es und er sprang herein.
„Ich dachte schon, du magst mich nicht mehr, hab eben schon mal geklopft, bevor du aus dem Zimmer bist, aber du warst so in Gedanken“, flüsterte er leise.

Schuldbewusst blickte ich ihn an.
„Ich habe einfach noch nicht mit dir gerechnet, du sagtest doch, bis später, wenn er schläft.“
„Ich konnte nicht mehr warten und außerdem schläft Charlie schon. Zwar auf der Couch, und nicht im Bett, aber ich höre ja, wenn er kommt.“
Ich grinste breit und machte mich nun beschwingt an die Beantwortung meiner Emails. Ich hatte Recht gehabt, meine Mutter war sauer, also versuchte ich sie, so weit es ging, zu beruhigen. Nachdem ich den Rechner ausgeschaltet hatte, legte ich mich erschöpft in mein Bett. Jacob beobachtete mich dabei. Er setzte sich neben mich, legte seinen Arm um mich und ich versuchte zu schlafen.
Auch in dieser Nacht hatte ich wieder diesen seltsamen Traum, nur dass mit jedem Aufwachen der Engel immer mehr verblasste, die Sonne mehr schien und die Flamme nun immer öfter von der Sonne erledigt wurde. Auch wurde die Sonne immer seltener vom Engel zerrissen und dadurch schreckte ich immer weniger auf.

Die nächsten Tage verbrachte ich in einem gleichen Rhythmus. Morgens wachte ich in Jacobs Armen auf, Charlie war zum Angeln und ich machte Frühstück für Jacob und mich. Dann ging Jacob kurz zu den wachhabenden Wölfen und danach fuhren wir nach La Push.
Dort verbrachten wir bzw. ich die Tage oft allein. Oder war bei Billy oder Sue. Sie hatte ich lieb gewonnen.
Trotz allem, was sie erlebt hatte, trotz des Verlustes, bekam sie es hin, Hoffnung auszustrahlen. Das übertrug sich auch auf mich. Es tat gut, nicht ganz allein zu sein und jemanden zu haben, wenn Jacob nicht bei mir sein konnte. Und es tat gut, jemanden zu haben, der auch etwas verloren hatte und besser damit umging als ich selbst.
Abends fuhren Jacob und ich wieder nach Hause zu mir. Er kletterte in mein Zimmer, wenn Charlie schlief und die darauf folgenden Nächte verblasste mein Traum zusehends. Der Engel tauchte fast schon gar nicht mehr auf. Ich schlief in der Nacht vor dem Lagerfeuer wieder durch.

Kapitel 4- Verrat und rote Augen



Alice: Houaida -I Love The Mountains
http://www.youtube.com/watch?v=MEc5Mu-ZptQ

Chan: Rammstein - Engel
http://www.youtube.com/watch?v=Pied2yYsbhg

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4. Verrat und rote Augen

Alice POV

Nachdem wir Forks verlassen hatten, wohnten wir einige Zeit bei den Denalis. Wir mussten uns alle an die neue Situation gewöhnen. Mein Bruder wollte nur alleine sein, weil er am meisten unter seiner Entscheidung litt Bella verlassen zu haben.
Mein Jazz konnte sich in seiner Gegenwart momentan nicht aufhalten. Zu all unserer bedrückten Stimmung, wegen des überstürzten Umzug von Forks, kam noch dazu, dass wir alle unter dem traurigen Anblick Edwards litten. Ich konnte meinen Jasper immer schlechter ertragen, weil er keine Lust mehr auf nichts hatte und nur versuchte Edwards Stimmung auszugleichen. Nach einer schier unendlichen Woche machte sich Edward auf, um alleine zu sein. Eigentlich wollten wir ihn nicht gehen lassen, aber wir konnten nicht mehr mit ansehen, wie er litt. Er versprach sich regelmäßig zu melden.

Einige Zeit nachdem Edward gegangen war, tauchte bei den Denalis Besuch auf. Ich war etwas erstaunt darüber, weil ich ihn nicht hatte kommen sehen. Er stellte sich uns als Chan vor, war im Alter von ca. 19 Jahre verwandelt worden und lebte seitdem als Nomade. Die Verwandlung selber war noch kein Jahr her, seine Augen waren aber schon, durch die „vegetarische“ Nahrung, leicht goldstichig.
Er wusste angeblich nichts über seine Verwandlung, und hatte sich angeblich selber die vegetarische Lebensweise angeeignet. Er freute sich Gleichgesinnte zu treffen, schloss sich uns an und fühlte sich sehr wohl. Jasper fühlte zwar manchmal, dass er etwas verheimlichte, aber wir vermuteten, dass dies von seiner Vergangenheit herrührte, als er noch Menschen tötete.

Es wurmte mich ungemein, dass ich jetzt noch jemanden gar nicht sehen konnte, denn zu all unserer bedrücktem Stimmung kam auch noch, dass ich Bella nur noch sporadisch sehen konnte, aus irgendeinem mir unbekanntem Grund, sah ich immer nur Fetzen ihres jetzigen bzw. zukünftigen Lebens. Manchmal verschwand sie für die Hälfte des Tages, manchmal war sie ganze Tage verschwunden und ich konnte mich noch so anstrengen, ich sah dann nichts. Es war dann so, als würde es sie nicht geben.
Beim ersten Mal hatte es mir einen Mordsschrecken eingejagt und ich war kurz davor gewesen, die „Anweisungen“ meines Bruders über den Haufen zu werfen und nach Forks zu fahren, weil ich dachte, sie sei gestorben. Doch nur einen kleinen Moment später war sie wieder aufgetaucht. Da wir alle nicht genau wussten, warum und weshalb das so war, versuchten wir es so hinzunehmen. Der Einzigen, der das nicht gelang, war ich. Ständig versuchte ich den blinden Fleck zu durchdringen, bekam dann aber jedes Mal nur Kopfschmerzen.

Sehr frustrierend. Also gab es jetzt schon zwei Personen, die ich nicht sehen konnte. Nur bei Chan bekam ich keine Kopfschmerzen. Er schien gegen meine Visionen so immun zu sein, wie Bella gegen Edwards Gedankenlesen. Hmm, also gefallen tat mir das nicht, aber na ja. Also beobachtete ich weiterhin die Fetzen, die ich von Bella sah, ich hatte aber zusätzlich noch die Forks Times abonniert. Wenn mir mal wieder nur der Teil eines Erlebnisses von Bella in den Blick kam, musste ich halt warten, bis die Zeitung heraus kam. Da Bella die Tochter des örtlichen Polizeichefs war, würde es dort stehen, wenn ihr etwas zustoßen würde. Allerdings hoffte ich, dass es nie passieren würde. Mein Bruder würde damit dann noch weniger umgehen können, wenn sie Tod wäre, als wenn er wusste, dass sie lebt und hoffentlich glücklich war.

Da wir nun doch wieder ziemlich viele waren und wir Edwards Zimmer nicht vergeben wollten, beschlossen wir, uns in der Nähe ein neues Haus zu kaufen. Wir hatten es bis jetzt nicht in Erwägung gezogen, weil wir alle irgendwie an unserem Haus in Forks hingen und hofften, doch irgendwann zurückgehen zu können.
Esme war in Ihrem Element und ich half ihr dabei. Deshalb dauerte es nur eine knappe Woche und nicht weit von Tanya, Kate und Eleazar entfernt, fanden wir ein passendes Haus. Es hatte Zimmer in ausreichender Anzahl und wir machten uns an die Einrichtung. Wir hatten soviel zu tun, es mussten noch alle möglichen Einrichtungsgegenstände, Teppiche, Geschirr und (mein Spezialgebiet) unbedingt neue Klamotten gekauft werden. Das Meiste hatten wir bestellt und es wurde geliefert, aber ein paar neue Sachen mussten wir im örtlichen Zentrum kaufen. Also nahm ich Esme und Rosalie mit. Wir fuhren mit Emmetts neuem Jeep Pick Up, damit wir mehr kaufen konnten. Jede von uns wollte erst für sich und dann für den dazu gehörigen Mann etwas besorgen. Aber nachdem wir unsere Sachen hatten, mussten wir erst einmal abbrechen, weil das Auto bis unter das Dach voll war.
Wortwörtlich.

Da die paar Kleinigkeiten aber auch nicht alle auf die Ladefläche des PickUps passten, mussten wir ZU ZWEIT, (damit niemand sah, dass wir die Teile ganz einfach auf das Auto hoben) die größten der Teppiche auf das Dach legen. So vollbeladen fuhren wir die erste Ladung in unser neues Haus. Dort warteten unsere Männer schon auf uns.
Die Handwerker waren gerade fertig geworden und gefahren. Emmett, Carlisle, Jasper und Chan halfen uns beim Ausladen, was ohne Zuschauer in Vampirgeschwindigkeit wesentlich schneller vonstatten ging. Sobald alles ausgeräumt war, konnten wir wieder los. So, nun hatten wir alles für Esme, Rose und mich, nun fehlten nur noch Carlisle, Jasper und Emmett, ging ich in Gedanken durch. Chan bestand darauf, selber mit zu kommen, ich zog einen Flunsch, da er mir nicht vertraute. Und weil wir dadurch noch weniger Platz im Auto hatten.
Dann würden wir halt noch einmal fahren müssen. Ich musste ja auch für Edward noch einkaufen, wenn er sein neues Zimmer besuchen würde, da brauchte er unbedingt neue Sachen. Insgesamt fuhren wir noch zweimal in die Stadt, wobei ich mich beim letzten Mal etwas zurückhielt und nur die Ladefläche brauchte. Denn jetzt wollten wir alle noch neue Unterwäsche als Einstand für unsere Männer kaufen. Ich hatte auch schon eine Vision von meinen neuen Sachen gesehen.
Diesmal kamen keine Männer mit. Wo kamen wir denn da hin. Männer mitnehmen zum Unterwäsche kaufen? Nein! Definitiv nicht.

Nach einer weiteren, erfolgreichen Einkaufstour und nachdem wir gefühlt alle namhaften Unterwäscheläden leergekauft hatten, kamen wir wieder nach Hause.
Chan wollte gerade jagen gehen. Die Jungs und wir wollten im Haus weiter einräumen und außerdem hatten sich Tanya und Kate für heute Abend angemeldet. Sie wollten das Haus sehen.
Und da Chan unbedingt mal Carlisles Wagen ausprobieren wollte, fuhr er los. Er hatte vor, zum Mount Mc. Kinley zu fahren, um dort die von Emmett gepriesenen Grizzlybären zu probieren. Wir wünschten ihm viel Spaß und Emmett war nun doch etwas traurig, dass er sich den Spaß entgehen ließ. Ich sagte ihm, dass er beim nächsten Mal noch welche finden würde, dass Chan ihm bestimmt einige übrig lassen würde.

Irgendwie hatte ich ein schlechtes Gefühl, schob es aber darauf, dass ich meinen Jazz schon den ganzen Nachmittag nicht gesehen hatte und ich mich nach ihm sehnte. So lange waren wir selten getrennt! Das Einkaufen in Menschengeschwindigkeit auch immer so lang dauerte. Also winkte ich Chan in Carlisle Wagen noch mal zu und rannte ins Haus.

Chan POV

Wieder mal hatte ich sie alle täuschen können. Wie so oft, seitdem ich bei Ihnen war. Mein Plan hatte wunderbar funktioniert und ich konnte sie alle an der Nase herumführen und um den Finger wickeln. Wie ich diese vegetarische Lebensweise hasste! Aber es musste sein, denn es gab nur einen Weg, wie wir unseren Plan in die Tat umsetzen konnten. Und dafür brauchten wir diesen Wagen. Dass Alice mich nun nicht sehen konnte, was ich nach und nach mitbekommen hatte, und mir auch nicht erklären konnte, half uns natürlich ungemein. Nachdem ich außer Sicht- und Hörweite des Hauses war, fuhr ich die Interstate A4 nach Süden, um von hier weg zu kommen. Zu Ihr. Diejenige, für die mein totes Herz schlug, diejenige, die mich verwandelt hatte, und ohne die ich nicht mehr existieren wollte.
Sie hatte mich verwandelt und jede Sekunde bei mir gesessen, während ich innerlich gebrannt hatte. Sie war mir schon vor meiner Verwandlung aufgefallen, denn sie war wunderschön. Nie war es mir möglich gewesen, sie anzusprechen und das eine Mal, als es mir gelungen war, hatte sie m ich verwandelt.

Also konnte ich jetzt für die Ewigkeit mit ihr zusammen bleiben. Wir mussten nur unseren Plan in die Tat umsetzen. Aber der größte Schritt dafür war schon geschehen.
Ich brauchte richtiges Essen. Also hielt ich an einem ruhigen Parkplatz an, um auf etwas Essbares zu warten. Mc. Drive in einer anderen Form.
Ich musste grinsen und auch nicht lange warten, bis ich wieder die gewohnte Augenfarbe hatte.
Gott sei Dank hielt diese goldene Farbe nur solange an, wie man abstinent lebte. Die Vorstellung noch lange auf meine wunderschönen, roten Augen verzichten zu müssen, ließ mich erschaudern. Ich mochte alles, was rot war. Deshalb liebte ich sie auch so ungemein.
Nachdem mein Durst erst einmal gestillt war, meine Augen wieder rot geworden waren, leuchtend rot, setzte ich meine Reise zu meiner Angebeteten weiter fort. Ich sehnte mich sehr nach ihr, denn wir hatten uns in der Zeit, in der ich bei den Cullens gewesen war, nicht gesehen.

Als hätte sie meine Gedanken gelesen, klingelte mein Handy. Meine Miene hellte sich auf. Es war mein richtiges Handy. Nicht das kleine, silberne Familientelefon, das mir Carlisle gegeben hatte. Das hatte ich mit meiner Hand zerquetscht und auf die Straße geworfen. Sollten sie sich doch die Finger wund wählen. Mich würden sie niemals wiedersehen.
„Hallo“, säuselte sie durch das Handy sobald ich abgenommen hatte.
„Hat alles nach Plan geklappt?“, wollte sie wissen.
„Ja, alles prima geklappt, ich habe sie alle an der Nase herumgeführt. Bin jetzt aus dem Nationalpark heraus und fahre Richtung Juneau. Wenn du nicht auf diese lahme Kiste bestehen würdest, wäre ich schneller bei dir.“ Ich konnte es kaum erwarten, sie wieder zu sehen.
„Ja, weiß ich, aber ohne das Auto funktioniert unser Plan nicht. Melde dich, wenn du die Grenze erreicht hast, dann laufe ich dir entgegen.“ Ein Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus.
„Ich kann es kaum erwarten, dich wiederzusehen“. Ich konnte die Freude auf ein Wiedersehen kaum in Worte fassen.
„Ich auch nicht. Freue mich auf dich“, sagte sie und dann klickte es in meinem Handy und ich zählte die noch verbleibenden Kilometer zwischen uns, die schnell weniger wurden.

Dann kam die Grenze in Sicht. Ich drückte auf die Wahlwiederholungstaste und keine zehn Minuten später war sie bei mir.
Wir küssten uns und bekamen gar nicht genug voneinander. Als wir wieder voneinander lassen konnten, schauten wir uns an.
„Fahr los, ich sag dir, wo wir lang fahren. Ich erzähle dir unterwegs was genau wir mit dem Wagen vorhaben.“, hauchte sie.
Mit meinen leuchtend roten Augen sah ich in ihre.

Alice POV

So langsam wurden wir alle ungeduldig, denn mein schlechtes, komisches Gefühl in Bezug auf Chan verstärkte sich und das merkte auch Jasper, was sich wiederum auf (fast) alle anderen hier im Haus übertrug. Es war jetzt schon eine kleine Ewigkeit her, dass er weggefahren war und hätte eigentlich schon lange zurück sein müssen. Er hatte das Handy ausgeschaltet. Carlisle lief die ganze Zeit im Wohnzimmer auf und ab, Esme war in ihr Zimmer gegangen, um sich mit Malen abzulenken.
Nur Rosalie und Emmett gingen ihrer Lieblingsbeschäftigung oben in ihrem Zimmer nach, sie nahmen wie immer nur sich selber wahr. Jasper und ich saßen sinnlos herum und verfolgten jeden von Carlisles Schritten. „Ich verstehe einfach nicht, wo er bleibt“, murmelte Carlisle.
„Wäre Emmett mit dem Auto dorthin gefahren, wäre er schon lange zurück, ob da was passiert ist? Es ist zum aus der Haut fahren, dass du ihn nicht siehst.“ Er schaute in meine Richtung.

„Wenn doch nur Edward hier gewesen wäre, dann hätte er vielleicht etwas hören können ...“
Jetzt hielt es mich auch nicht mehr auf der Couch, ich lief ebenfalls im Wohnzimmer hin und her, entgegengesetzt zu Carlisle. Ich zermarterte mir den Kopf, ob wir etwas tun konnten, als ich einen Lichtblitz und für eine Sekunde meinen Bruder sah.
„Alice, was ist?“ Jasper starrte mich an.
„Edward ist unterwegs. Er hat uns vermisst. Ich rufe Tanya und Kate an, die Zwei können ja auf ihn warten und ihn nachher mitbringen, er weiß ja noch nichts von unserem Umzug. Edward wird kurz bevor die Beiden losfahren wollen dort ankommen.“
Ich ging zum Telefon und rief Tanya an.

„Hallo Tanya, Alice hier, ähm, wartet ihr bitte, bis ihr zu uns kommt, bis Edward bei Euch angekommen ist,... er ist unterwegs.“
„Ja klar, machen wir“, Tanyas Stimme klang sehr erfreut. Seitdem wir in Alaska waren, hatte sich Tanya wieder Hoffnungen gemacht. Nur mein Bruder nahm nichts wahr. Zu ihrem Leidwesen.
„Sag mal, ich habe vorhin euren Wagen auf der Interstate gesehen, ist irgendwas passiert? Es sah so aus, als ob es jemand von euch eilig hatte.“ „Ja, Chan ist im Nationalpark jagen, wann war das denn? Wir warten schon auf ihn, er müsste eigentlich schon längst wieder zu Hause sein.“
Tanya überlegte kurz und antwortete langsam: „Du das war schon heute Nachmittag und er ist in Richtung Süden nach Juneau gefahren, der Nationalpark liegt doch in nördlicher Richtung.“ Ich biss die Zähne aufeinander.
„Tanya, wir besprechen das nachher, wenn ihr da seid, Tschüß bis später.“ Ohne ein weiteres Wort legte ich auf. Als ich mich herumdrehte waren die Augen aller Anwesenden auf mich gerichtet.

„Esme! Emmett! Rose! Ihr müsst mal bitte runter kommen, wir haben ein Problem.“ Die Anderen blickten mich fragend an.
„Was ist los?“, fragte Esme, die aus ihrem Zimmer herausgekommen war. Als alle um mich herum versammelt waren, begann ich zögernd, denn ich war immer noch ziemlich geschockt.
„Tanya hat heute Nachmittag Chan gesehen, er fuhr Richtung Juneau und sie sagte, es sah so aus, als ob er es sehr eilig gehabt hätte.“
„ER HAT UNS BEKLAUT!“, brüllte Emmett sofort los, der nur mit Hose bekleidet auf der Treppe stand. Rose hatte schnell ihren Pullover über die Jeans gezogen.

So langsam fand ich die Sache nicht mehr lustig. Er hatte uns anscheinend ausgetrickst und das Auto an sich gerissen. Was sollten wir jetzt machen?
Die Polizei einschalten? An unserem neuen Aufenthaltsort gleich Aufmerksamkeit erregen? Gleich jemandem die Möglichkeit geben unsere neuen Papiere zu prüfen? Oder einfach einen neuen Wagen kaufen, und den alten seinem Schicksal überlassen? Es fuchste mich immer mehr, dass ich Chan nicht sehen konnte.
Wir fingen alle auf einmal an zu sprechen, bis Carlisle ein Machtwort sprach.
„Nicht alle auf einmal!“, wetterte er, ich hatte ihn noch nie so wütend gesehen.
„Wir müssen jetzt erst mal überlegen, was wir machen und darüber entscheiden. ... Polizei?“ Er blickte uns alle nacheinander an.

„Wir wollen doch eigentlich kein Aufsehen erregen...“, begann ich langsam.
Carlisle nickte.
„Wir warten erst einmal ab, vielleicht hat er es sich ja nur anders überlegt und keine Lust auf Grizzly’s gehabt. Aber wenn er sich morgen immer noch nicht gemeldet hat, müssen wir...“, er ließ den Satz unvollendet.
Esme war wieder die Bodenständige, sie wollte nicht glauben, dass uns jemand bestohlen haben könnte.

„Ich schau mal in sein Zimmer.“ Sie drehte sich auf dem Absatz herum und stieß die Zimmertür auf. Sie blieb wie erstarrt stehen. „Weg, alle seine Sachen, die er mitbrachte, weg.“ Sie schüttelte ungläubig den Kopf. Nun ging Carlisle doch in Richtung Telefon und schweren Herzens rief er bei der Polizei an, um unseren Wagen als, nun ja, gestohlen zu melden.
Das war neu für uns. Wir sind eiskalt hintergangen worden.
Ausgetrickst.
Bestohlen.
Verraten.


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So, ich hoffe, dass Euch das Kapitel gefallen hat, und würde mich sehr über ein Paar Kommentare freuen.

Hier noch kurz das Bild, das der PickUp der Cullens zwischendurch abgab bei einer der Einkauftouren :-))

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Impressum

Texte: Layola
Bildmaterialien: Layola
Tag der Veröffentlichung: 10.03.2012

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