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Pinkes Grauen

Es war besonders. Atemberaubend schön. Nein, das war es nicht. Ironie Ende.

 

Ich hatte mein hart erspartes Geld für einen pinken Mini hingeblättert. Pink, die Farbe, die mein Alptraum und meiner Aggressivität zu Grunde lag. Doch in pink und gebraucht war das Auto billiger gewesen, als eines in schwarz und gebraucht. Und wer sparte denn nicht gerne an jeder Ecke? Oder wohl eher im Geschmack? Hätte ein Mann sich so ein Auto zugelegt, dann wäre er als schwul verrufen gewesen. Kaufe ich mir so ein Auto, werde ich zur Tussi/Zicke erklärt. Also für wen würde es wohl in diesem Fall schlechter stehen? Eindeutig nicht für mich, versuchte ich mir einzureden. Nicht nur, dass man sich ein völlig falsches Bild von mir machen würde, wenn ich mit meinem Traumauto durch die Straßen kurvte, nein, dem noch nicht genug, man würde mich für jemanden anderen halten, jemanden, der ich gar nicht war.

 

Und schlussfolgernd daraus würde ich Fremden, die mir abschätzige Blicke zu werfen würden, immer und immer wieder erklären und beweisen müssen, dass ich nicht Tussi/Zicke war. Also wo hatte ich am Ende gespart: Am Geld oder an Worten der Aufklärung?

 

 

Tag 2 mit dem pinken Wunder

 

Ich habe versucht, es zu ignorieren. Mit all den Mitteln, die mir zur Verfügung standen. Mit einer Sonnenbrille, die alles grau erscheinen ließ. Grau, wie Regenwolken an einem trüben, feuchtfröhlichen Tag. Aber doch strahlte mein neues Etwas wie die Sonne, die es nicht einmal schaffen würde, an solch einem grauen, trüben Regentag auch nur einen Funken Licht von sich sehen zu lassen. Was erlaubte dieses Pink sich eigentlich?

 

Zu meiner leicht gesteigerten Aggressivität gesellten sich schwache Nerven, die zum Zerreißen gespannt waren, und die leise Note von schlechter Laune. Mitte des Tages verschwand die so nützliche Sonnenbrille wieder in meiner Handtasche neben den anderen, nutzlosen Gegenständen, die mir bei diesem Problem nicht helfen konnten. Letzten Endes verbannte ich das pinke Ding in der dunklen Garage in der leisen Hoffnung, dem Pink würde bald tiefe Schwärze weichen. Mein rostiges Fahrrad musste für meinen Frustabbau-Shoppingtrip herhalten. Das Geld wurde ausgegeben, welches ich gestern während dieser wertvollen, empfehlenswerten Investition ausgegeben hatte. Und am Ende des Tages bei einem Herzschmerzfilm, wo ich schon von Anfang wusste, wie es enden würde, und einer Tafel Frustschokolade fiel mir überraschenderweise ein: Für das übrige Geld hätte ich mein pinkes Wunder neu lackieren lassen können. So gerecht war dann wohl das Leben.

 

 

Tag 3,4,5...Pinker Horror

 

Ich war nirgends vor der Farbe sicher. Pink. Sie verfolgte mich bis in schönste Träume und machte sie aus einer sadistischen Laune heraus zu Alpträumen. Ich hatte mich meiner Garage bis auf zehn Schritte nicht mehr genähert. Dem Bereuen war inzwischen eine tiefe Verzweiflung gewichen. Ich und pinkes Grauen hatten es nicht geschafft, eine ernsthafte Beziehung zum jeweils anderen aufzubauen. Der Gang zum Paartherapeuten wäre sicherlich keine langfristig gut angelegte Lösung gewesen, denn erstens hatte ich dafür kein Geld und zweitens war ich nicht der Typ, der außerhalb seines Tagebuchs tiefe Gefühle zeigte. Es war zum Haare raufen.

 

Ich habe mich seit Tagen nicht mehr auf die Waage gestellt. Mein Empfinden war sowieso leicht reizbar geworden und ich wollte mich doch nicht überstrapazieren. Denn neben der Frustschokolade waren Frustchipstüten und Frusteis auf meinem abendlichen Speiseplan dazu gekommen, während ich mich nebenbei an hoffnungslose romantischen Schnulzenfilmen versuchte. Nun folgte die Phase der Schuldzuweisung. Wie gewöhnlich suchte ich nicht zuerst bei mir die Schuld, sondern bei den anderen. In meinem Fall bei dem kulanten Verkäufer. Ich war auf seine freundliche Maskerade hereingefallen. Aber auch dem Angebot hatte ich nicht wieder stehen können. Schöne Männer waren schon immer Segen und Fluch zugleich gewesen, wenn ich das mal so anmerken darf. Welches Pferd hatte mich geritten, als ich mit einer schwungvollen, eleganten Handbewegung auf dem Blatt Papier dem Kauf des pinken Grauens zustimmte? War das Angebot verheißend gewesen oder einfach der Mann mit seinem falschen Getue? Wohl beides, aber zuletzt war ich die Betrogene. Ich hatte entgegen meinen unguten Bauchgefühl gehandelt. Eine Fehlentscheidung, die ich zutiefst bereute. Nächstes Mal würde ich es besser wissen.

 

Doch ich hatte ein Auto gebraucht. Aber was sollte ich mit einem Auto, welches in freudiger Erwartung auf das Umdrehen des Schlüssels und das darauffolgende Brummen des Motors wartete? Zurückbringen konnte ich es nicht, denn noch einmal wollte ich diesem scheinheiligen Verkäufer nicht begegnen. Am Ende würde ich wohl noch mit einem kanariengelben Auto heim kommen und mich erneut fragen: Wie hast du das jetzt schon wieder geschafft?

 

 

 

Impressum

Bildmaterialien: http://www.mydailyglamour.de/2011/08/nagellackwoche-jeden-tag-ein-anderer-lack2/
Tag der Veröffentlichung: 06.05.2013

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