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Der Kunde ist König
Die folgende Geschichte hat sich tatsächlich ereignet, doch obwohl ich sie nur Euch –ganz im Vertrauen erzähle, habe ich Namen und Orte aus Gründen des Datenschutzes verändert:
Es war an einem Samstagvormittag im Dezember, als ein Mann den renommiertesten Friseursalon des kleinen Ortes Sandhausen betrat. Auf den ersten Blick wirkte er ein wenig wie eine noch ältere Ausgabe eines bekannten, mit stets hochgezogenen Kragen, Modeschöpfers. Er war allerdings etwas dicker und seine Brille ähnelte dem einen bekannten Zauberlehrling aus Hogwarts.
Bedächtig schritt er zur Anmeldung- eine Auszubildende tuschelte im Hintergrund einer anderen zu:“Auf welchem Trip ist der Alte denn?“…. Die Dame an der Anmeldung schaute böse zu den Mädchen und widmete sich dann dem Alten, nein, dem Herren zu. Diensteifrig fragte sie den Herren was er denn wünsche und wurde von seiner Gegenfrage “welches Datum haben wir heute?“ überrascht. „ Den 23. Dezember“ antwortete sie verblüfft. „Dann ist es ja richtig“, dröhnte der Alte mit seinem tiefen Bass. „Bitte, möchten sie einen Haarschnitt?“ fragte sie verwundert mit etwas Nachdruck in der Stimme. „Schnick Schnack Haarschnitt“, brummte der Alte, „Dauerwellen und Färben - weiß natürlich, schließlich bin ich der Weihnachtsmann und muss Morgen so wie der hier aussehen“, sagte er und wies mit größter Selbstverständlichkeit auf einen Schokoladenweihnachtsmann, den er aus seiner Tasche gezogen hatte.
Das war zuviel – Die Dame murmelte „ Einen Moment bitte“, und rannte auf ihre Chefin zu. Diese hatte schon bemerkt dass da wohl etwas nicht stimmte und blickte ihr fragend entgegen. „ Der Mann ist nicht ganz dicht“, berichtete sie aufgebracht ihrer Chefin entgegen. „ Er behauptet er sei der Weihnachtsmann und will ne Dauerwelle und weiß gefärbte Haare haben“.
„Ach du liebe Zeit“ schmunzelte die Chefin, „ Weihnachtsmänner gibt es doch nicht… und außerdem“, fügte sie, den Widerspruch gar nicht bemerkend hinzu, „hat er weder Mantel noch Stiefel an und einen Renntierschlitten sehe ich auch nicht. Doch was soll´s, der Kunde ist König - Ich kümmere mich selbst darum.“
Während sie diesen merkwürdigen Kunden zum Waschbecken dirigierte, erklärte ihr dieser, als habe er alles gehört:“ Es ist wie verhext in diesem Jahr: Meine Stiefel mussten noch schnell zum Schuster, mein roter Mantel ist bei der Änderungsschneiderin weil ich schon wieder zugenommen habe und meinen Schlitten musste ich ganz da hinten in der Tiefgarage parken- bin mit einem dieser schrecklichen Busse hergefahren, scheußliche Erfindung.“
„Oh je“, dachte die Chefin, „ der glaubt das scheinbar wirklich Alles- hoffentlich will er später nicht mit Schokoladentalern bezahlen.“ „Übrigens“, sagte der Alte und schien ihre Gedanken zu erraten, „ machen sie sich keine Sorgen wegen der Bezahlung, so altmodisch sind wir gar nicht- ich habe eine American- Express-Karte.
Einen Azubi zu finden, der das Haare waschen übernahm, war nicht schwer, die jungen Mädchen drängelten sich förmlich darum, diesen Sonderling zu bedienen. „Endlich mal Action hier im Laden“, freute sich die Eine die schließlich den Auftrag bekam. Zwar glaubte sie dem „irren Opa“ wie sie ihn insgeheim nannte kein Wort, aber sie machte sich einen Spaß daraus und meinte zu den Alten:“ Wenn sie tatsächlich der Weihnachtsmann sind, könnten sie dann Morgen dafür Sorgen das ein Motorroller vor meiner Tür steht?“ „ Könnte ich“, nickte dieser- ihre Skepsis überhörend- „aber ich bin gehalten Gutes zu tun und in dem einen Jahr bis zum Führerschein sollst du wenigstens noch wissen, wozu deine Beine da sind.“
„ Idiot“, dachte sie sich, behielt es aber für sich, denn eines hatte sie in ihrer kurzen Ausbildungszeit schon gelernt: „ Der Kunde ist König!“
Ein Haufen Farbe, zahlreiche Lockenwickler und etliche Spülungen später saß der alte Mann zufrieden lächelnd vor seinem Spiegelbild.
Der Chef des Hauses, der inzwischen hinzugekommen und über den merkwürdigen Kunden informiert wurden war, betrachtete diesen und flüsterte seiner Frau zu:“ Also, wenn er jetzt noch einen roten Mantel anhätte und Stiefel, man könnte doch tatsächlich meinen….., Ach Blödsinn, ich glaub ich bin überarbeitet!“
Eher der Alte den Salon verließ, blickte er noch einmal lächelnd in die Runde:“ Ich weiß, ihr glaubt mir nicht“, sagte er, „ Ihr haltet mich für einen alten, tüdeligen Opa. Morgen ist Sonntag, der heilige Abend und ihr hättet eigentlich frei, seit dennoch so gegen 15.00 Uhr hier, dann werdet ihr sehen.- Dann plötzlich war er fort.
„Nicht zu glauben“ meckerte eine Friseurin in die mittlerweile stille Runde ein.“ Dennoch ist mir irgendwie ganz komisch jetzt.“
Man versuchte noch so einige flaue Witze, aber es kam keine rechte Stimmung mehr auf. Zum Glück war bald Feierabend. Natürlich war man sich einig am folgenden Tag zu Hause zu bleiben- das wäre ja wohl noch schöner!-

Ausgerechnet gegen 15 Uhr am nächsten Tag fiel der Chefin des Hauses ein, das sie vermutlich vergessen hatte die Heizung runter zudrehen. Sie schaute mit ihrem Mann nach. Die Dame vom Empfang hatte dummerweise ihre Geldbörse vergessen, was ihr auch ganz zufällig zu dieser Zeit eingefallen war, 2 Azubis vermissten angeblich ihre Monatstickets für die Bahn. So kam es, dass aus den verschiedensten Gründen am 24. Dezember um 15.00 Uhr die gesamte Belegschaft des Salons versammelt war.
Beim Eintreten schienen alle zu erstarren. Was war denn nur hier passiert?

Sämtliche Kämme und Bürsten waren aus Schokolade, die Stühle aus Lebkuchen, die Waschbecken aus Marzipan. Aus den Spraydosen kam Zuckerguss, der Schaumfestiger war zu Schlagsahne geworden und aus den Wasserhähnen kam heißer Glühwein. Das tollste aber: Aus jedem Föhn erklang „Stille Nacht, heilige Nacht“.
Nun sahen es auch alle, quer über die Spiegel war in Zuckerschrift zu lesen:
Na, glaubt ihrs jetzt? Keine Sorge, bedient euch nur,
oder stylt euch eine leckere Frisur –

Morgen ist Alles wieder so, wie es immer war und
Ihr werdet denken, es war alles nur ein Traum.
Niemand wird je davon erfahren!

Niemand? – Ich wohne gegenüber und habe alles mit verfolgt – aber ich bin ja keine Tratschtante und behalte das alles für mich. Außerdem …..Wer würde mir diese verrückte Geschichte schon glauben…. Nicht mal ihr, oder doch???

Frohe Weihnachten

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 16.12.2010

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