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1. Kapitel


Mariellas Sicht


Und hier stand ich nun, bei meiner besten Freundin vor der Haustür, um mich zu entschuldigen. Seit geschlagenen 10 Minuten klingelte ich an , friere mir die Hände ab, denn es war eiskalt, weil es Winter war, aber sie schmorrte weiterhin auf ihren Zimmer herum, und das nur, weil mir beim Streit ein falsches Wort herausgerutscht ist. Dabei meinte ich das gar nicht so. Das machte mir echt Schuldgefühle. Naja, aber irgendetwas anderes musste noch dahinterstecken. Seit heute Morgen, als wir mit dem Fahrrad zur Schule gefahren sind, war sie schon so...komisch, irgendwie genervt. Und darum machte ich mir echt Sorgen, denn sonst war sie immer so gut drauf. Vielleicht hatte sie...Liebeskummer...? Aber genug damit! Jetzt musste ich erst einmal mit Juliana reden. 
„Julia, komm schon. Ich weiß, dass du da bist. Wenn du nicht sofort die Tür aufmachst, dann...trete ich sie ein", schrie ich schon genervt. Denn ich wusste, dass sie mich hören konnte.



Julianas Sicht


Mit langsamen Schritten näherte ich mich der Haustür. Nachdem ich erfuhr wer meine Eltern, eher gesagt WAS meine Eltern, tötete war ich schon so...traurig und wütend, weil SIE einfach meine Eltern töteten.
Ich fasste den Entschluss, dass ich meine Eltern rächen musste. Was sie durchgemacht haben, war einfach unvorstellbar! Ich werde die Mörder genauso leiden lassen wie sie meine Eltern haben leiden lassen!
Das durfte ich Mariella nicht sagen, sonst wäre sie in Gefahr. Denn SIE bekamen alles mit.
Ich erwachte aus meinen Gedanken von Mariellas Geschrei und machte die Tür auf. Bevor ich sie fragen konnte, was sie hier wollte, zog Mariella mich schon ins Haus.
Als ich mich dann neben ihr aufs rote Sofa im Wohnzimmer fallen ließ, fragte sie total sauer und genervt, wobei sie Arme demonstrativ vor der Brust verschränkte:

„Sag mal wieso hast du nicht aufgemacht?! Bist du etwa immer noch sauer oder was? Irgendetwas ist doch    komisch. Was ist denn los?!“


Etwas sanfter fügte sie hinzu:

„Du weißt ja, du kannst mit mir über alles reden. Du bist ja meine beste Freundin."


Vorerst wollte ich ihr nichts sagen, DURFTE ich ihr nichts sagen. Denn sonst müsste sie höchstwahrscheinlich mit ihrem Leben bezahlen.
Und das wollte ich auf gar keinen Fall.
Deshalb setzte ich meine ausdruckslose Miene auf, denn ich wollte nicht dass sie bemerkte dass ich Geheimnisse vor ihr habe.


„Nein, ich bin nicht mehr sauer, ich brauche nur Ruhe und möchte allein sein, denn ich bin schlechtgelaunt und...müde, ich habe gestern nicht wirklich viel Schlaf bekommen. Heute ist einfach nicht mein Tag"


„ Ok, das verstehe ich, ich habe auch manchmal schlechte Tage. Dann werde ich jetzt gehen, bringt ja eh nichts, wenn du mir nicht zuhörst. Ich wollte mich noch entschuldigen… für das was ich gesagt habe, du weißt schon… Aber wir reden noch, dass das klar ist! So leicht kommst du mir nicht davon!"


Mit nachdenklicher Miene beobachtete sie mich und ich schenkte ihr ein gezwungenes lächeln, was sie aber nur mit einer hochgezogenen Augenbraue kommentierte.


,,Ja, das weiß ich."


„Okay, dann gehe ich jetzt mal. Wir sehen uns morgen, " verabschiedete sich Mariella.


Erleichtert atmete ich aus, als sie die Tür hinter sich schloss und ließ mich erleichtert aufs Sofa fallen, nachdem ich Mariella noch am Fenster hinterher sah, wie sie mit dem Fahrrad wegfuhr.

>>Puh, das wäre geschafft, vorerst wird sie mir nicht mehr im Weg stehen, zum Glück hat sie mir das abgekauft, denn wenn sie gemerkt hätte, dass etwas nicht stimmt, hätte sie keine Ruhe gegeben, und somit die Aufmerksamkeit von IHNEN auf sich gelenkt, was tödlich für sie enden könnte.<<


Wenn sie es doch nur wüsste...

2. Kapitel

Mariellas Sicht

Ich wusste dass etwas nicht mit ihr stimmte. Wie sie mich anschaute, so...geheimnistuerisch. Aber ich werde sie ja morgen sehen. Bestimmt machte ich mir unnötig Sorgen. Jetzt musste ich erst mal nach Hause.…Wir hatten sehr viele Hausaufgaben aufbekommen.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich so ein komisches Gefühl. Mit bedachten Schritten ging ich in die Küche. Dort wartete meine Mutter immer auf mich, aber da war sie nicht. Deshalb fragte ich mich ob sie vielleicht verschlafen hatte. Ich ging in ihr Schlafzimmer, das direkt neben der Küche war.

Mit schon fast zitternden Händen öffnete ich die Tür, doch zu meinem Schock war das Bett leer. Die Decke lag gefaltet auf dem Bett, was komisch war, denn sie machte ihr Bett immer, wenn ich in der Schule bin. Die Panik ergriff mich. Sofort dachte ich an die schlimmsten Dinge. Unfall, entführt…TOT. Danach redete ich mir ein, dass nichts passiert ist. Bestimmt hatte sie unverhofft einen Platten und hat bei einer Freundin übernachtet. Trotzdem nagte das schlechte Gewissen an mir, was war, wenn sie wirklich tot war?

>>Aber wo ist sie gestern hingefahren? Als ich gestern nach Hause gekommen bin, war sie noch da. Wenn sie noch wegfahren müsste, hätte sie mir das gesagt. Also, wo war sie? << 

Als ich auf die Uhr schaute, wurde mir erst bewusst wie spät es war. Erschrocken stellte ich fest, dass es schon 7:45Uhr war und um 8:00 fing die Schule an. Dabei brauchte ich mindestens 20 Minuten mit dem Fahrrad. In Rekordzeit machte ich mich fertig und düste ohne vorher gefrühstückt zu haben, zur Schule. Zum Glück wohnte ich in der Nähe und musste nicht mit dem Bus fahren, sonst wüsste ich nicht, wie ich zur Schule kommen sollte.

Ich rannte zum Klassenzimmer und klopfte, schon ganz aus der Puste, an. ,,Herein" rief Frau Henkelsman und ich öffnete die Tür. 

,,Entschul..."

„Ich kenne diese Leier schon, du kannst dich hinsetzen. In der 7 Stunde musst du nachsitzen!" 

unterbrach mich die Lehrerin mit finsterer Miene und durchbohrte mich mit einem wütenden Blick. 

>>Gerade Heute. Na super<<

, dachte ich sarkastisch. Zum Glück war ja noch meine beste Freundin Juliana da, ohne sie wäre ich echt aufgeschmissen.  Seufzend setzte ich mich neben Juliana und flüsterte:

„Kann ich die Hausaufgaben heute von dir abschreiben?"

„Nein"

antwortete sie kalt und blickte dabei stur geradeaus, mit dieser Antwort hätte ich nicht gerechnet.

,,Wie...wieso nicht?"

stotterte ich.

,,Darum nicht und jetzt nerv nicht!" zischte sie.

Den ganzen Tag ignorierte sie mich. Immer wenn ich mit ihr reden wollte, sagte sie nur ,,Keine Zeit" oder ,,Lass mich in Ruhe!" und rauschte danach immer zu ihren anderen ab, wobei ich immer verletzt stehen blieb. Das machte mich am Anfang echt traurig und ich enttäuscht, aber nachher wütend. Ich meine, erst spielte sie die beste Freundin und wollte alles von mir haben und jetzt ignorierte sie mich einfach!Das ist doch keine Beste Freundin!Andererseits… hatte ich keine anderen Freunde außer ihr. Klar ich hatte Bekannte mit denen ich mich einigermaßen gut verstand, aber bei denen konnte ich nicht ich selbst sein! Naja, vielleicht ist das auch nur eine Phase von ihr...hoffte ich zu mindestens, denn sie war meine beste und einzige Freundin. Die Stunden zogen sich dahin wie ein altes Kaugummi. Und da mich Juliana ignorierte, war es echt langweilig.

Die letzte Stunde, nachsitzen, gab mir den Rest! Ich starrte die ganze Zeit auf einen unsichtbaren Fleck, während die Lehrerin irgendetwas vor sich her brabbelte, von wegen schlechte Erziehung und so. Nachdem die Lehrerin ENDLICH mit ihrem Gebrabbel endete, konnte ich nach Hause fahren. Ich rannte schnell aus dem Schulgebäude, um möglichst schnell von hier wegzukommen und schwang mich auf mein Fahrrad. 

Als ich zu Hause ankam, ging ich wie jeden Tag in die Küche, aber zu meiner Verzweiflung war meine Mutter nicht dort. Nicht das es schon reichte das mich meine allerbeste Freundin ignorierte, nein, jetzt war auch noch meine Mutter spurlos verschwunden! Wobei ich mir das hätte denken können, schließlich war sie heute Morgen auch nicht da. Doch ein winziger Funken Hoffnung wollte, dass es alles nicht so schlimm war und meine Mutter jeden Moment durch die Tür kam, wie immer mit einem breiten Grinsen im Gesicht und mich fragte, wie mein Tag so war, was mich eigentlich immer nervte, doch heute ersehnte ich es mir. Ich setzte mich nicht hin, sondern durchsuchte das ganze Haus. Letzten Endes war ich bei meinem Zimmer angekommen. Auch wenn ich dachte dort sei nichts, erblickte ich auf meinem Schreibtisch einen Zettel.

Dort stand:

 

 

              Du wirst deine Mutter vielleicht nie wieder sehen,

 

              wenn du nicht tust was ich dir befehle!

 

              Vom unbekannten J.

 

 

 

Geschockt ließ ich den Zettel fallen. Kraftlos lies ich mich auf mein Bett sinken. Vielleicht war das nur ein Scherz…. Ja, bestimmt waren es nur jugendliche, die es lustig fanden, wie man darauf reagierte. Wahrscheinlich haben sie irgendwo eine Kamera versteckt und lachten sich jetzt einen ab und meine Mutter hatte nichts damit zu tun.

Suchend schaute ich mich um. In jede noch so kleine Ecke. Doch… ich fand nichts. Und somit…Starb meine Hoffnung, dass alles nur ein Scherz…Starb meine Hoffnung, dass meine Mutter zurückkommt!Oh nein! Das ist doch alles nicht wahr.Wieso haben sie meine Mutter entführt, wieso gerade sie? Wir waren doch immer glücklich, obwohl eher sie immer glücklich war. 

Mit einem Mal hatte ich Schuldgefühle. Sie hatte mir immer geholfen, war immer nett zu mir, obwohl ich manchmal echt unausstehlich war. Ich bereute es zutiefst, dass ich nicht anders gehandelt habe. Hätte ich ihr einmal gesagt, wie lieb ich sie doch habe.Doch jetzt war alles Zu spät! Lautlos weinte ich und versank in Selbstmitleid, aber dann erinnerte ich mich wieder daran was meine Mutter mir mal gesagt hat: 

„Gib niemals auf, mein Schatz, auch wenn es noch so ausweglos scheint, denn wenn du kämpfst und glaubst, dass du gewinnst, dann, mein Schatz, gewinnst du!“ 

Mit neuem Mut, dass meine Mutter wieder kommt, schlief ich ein. Schließlich habe ich es die letzten Jahre auch geschafft, als mich alle niedergemacht. Einzig meine Mutter und Juliana haben mich daran gehindert, die Hoffnung zu verlieren. Das schuldete ich ihr. Und ich würde nicht eher aufgeben, bis dass ich sie befreit habe- dass schwöre ich mir.

 

3. Kapitel

Julianas Sicht

Ich war doch etwas hart zu Mariella, aber ich musste sie ignorieren. Als ich sie immer abgewimmelt habe, sah ich den Schmerz in ihren Augen. Ich wusste, dass ich ihre einzige Freundin bin.

Fast hätte ich mich umgedreht, um sie einmal in den Arm zu nehmen, doch das konnte ich nicht, sonst wäre ihr Leben in Gefahr, wenn es das nicht schon war. Sie hatten ihre Augen überall, auch in der Schule und warteten nur darauf, es mir heimzuzahlen, sie würden Mariella sofort töten, wenn sie sahen, dass ich etwas mit ihr zu tun habe.

Deshalb musste ich kalt bleiben. Und darum hatte ich Angst und Schuldgefühle, wegen Mariella. Seit Stunden schon zerbrach ich mir den Kopf darüber, ob ich es ihr erzählen sollte, oder nicht. Ich ging die ganze Zeit auf und ab. Bis ich mich entschied es ihr noch nicht zu erzählen. Schon müde, legte ich mich auf das weiche Bett.

Vielleicht erzähle ich es Mariella in 2-3 Wochen, bis dahin muss ich versuchen sie weiterhin zu ignorieren. Ich hoffte, dass sie noch nicht in Gefahr schwebte. Ich bin schon zu gefährlich! Mariella wird bald herausfinden, dass ich nicht die bin, die ich zu scheinen mag, denn ich bin viel schlimmer.

4. Kapitel

Mariellas Sicht

Am Morgen als der Wecker klingelte, wollte ich erst gar nicht aufstehen. Was brachte es denn zur Schule zu fahren, wenn mich Juliana doch eh ignorierte und meine Mutter nicht da war. Aber dann sagte ich mir, dass ich Juliana nicht mit ihren Ausreden davonkommen ließ! Heute werde ich sie zur Rede stellen und dann hoffe ich, dass ein weiterer Zettel in meinem Zimmer liegt. Schnell machte ich mich fertig und fuhr zur Schule.

Passend zum Schellen, betrat ich mein Klassenzimmer, wo mich alle entgeistert anschauten. Ich selber guckte in den Spiegel, der neben der Tür an der Wand über dem Waschbecken hing. Da ich fast die halbe Nacht lang wach war, hatte ich jetzt dicke fette Augenringe und sah aus wie ein Zombie! Schnell setzte ich mich auf meinem Platz und ignorierte das Getuschel und dass ich beobachtet wurde, als der Lehrer die Klasse betrat.

Als ich in der Pause mit Juliana reden wollte, ging sie immer weg. Ich rannte ihr hinterher, aber sie war schneller, sodass ich sie aus den Augen verlor. Sogar im Unterricht! Sie hatte sich neben ein anderes Mädchen gesetzt, neben der vorher ein Junge, der jetzt neben mir sitzen musste. Er hieß Peter, mit Spitznamen: Pickel Peter. Ich rückte soweit wie möglich von ihm ab und konzentrierte mich angestrengt auf den Unterricht.

Auch heute schaffte ich es nicht mit ihr zu sprechen. Ich versuchte Juliana Zettel zuzuwerfen, doch sie reagierte nicht, las ihn noch nicht einmal durch. Auch in der letzten Stunde schaffte ich es nicht und gab frustriert und erschöpft auf. Als ich zu Hause ankam, ging ich sofort auf mein Zimmer und wie erhofft, lag dort ein Zettel:

 

        In der Werterstraße gibt es einen Juwelen Laden.

        Besorg mir 10 von den kostbarsten und deine Mutter bleibt

        unversehrt.

        Wie du sie bekommst ist mir egal.

        Du hast nur diesen einen Tag Zeit!

        Genaueres erfährst du morgen.

        Keine Polizei, sonst sehen wir schwarz

        für deine Mutter!

        Vom unbekannten J.

 

Nach dem ich mir diesen Drohbrief 2-mal gründlich durchgelesen habe, wühlte ich hektisch in allen Schubladen nach einem Stadtplan. Doch ich fand keinen. Schnell holte ich etwas Kleingeld, rief ein Taxi und rannte aus dem Haus.

Meine Devise war: was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf Morgen. Und ich machte es jetzt, damit ich keine kalten Füße bekam. Nach kurzem warten brachte mich das Taxi in die Werterstraße. Dort angekommen schaute ich mir erstmals alle Gebäude an. Doch dann erblickte ich den Juwelenladen. Es stach richtig heraus, dass es ein modernes Gebäude war, denn ringsherum standen abgestanden Häuser, die ihre besten Tage schon hinter sich haben. Zielstrebig ging ich darauf zu. Im Schaufenster erblickte ich verschiedene Arten, wie Juwelen benutzt werden können. Ich sah Juwelen-ringe, Armbänder, Ketten...

>>Aber welche Juwelen Art sollte ich besorgen? Was waren denn die „kostbarsten“? Ich sollte mich vielleicht erst einmal unauffällig im Laden umschauen. <<

Unbemerkt ging ich durch die Eingangstür. Ich lief zu den verglasten Vitrinen. Dort waren die kostbarsten Juwelen, wie ich bemerkte. Doch wie sollte ich sie bekommen? Die einzige Möglichkeit war klauen, denn soviel Geld hatte ich nicht und ich hatte auch keine reichen Verwandten oder Freunde, die mir was leihen konnte, und wenn ich welche hätte könnte ich das niemals bezahlen- Mit einem kurzen Blick auf das Preisschild sah ich 6 Nullen, so viel Geld würde ich niemals besitzen, außer ich heiratete einen reichen Mann, was aber niemals geschehen würde. Warum, muss ich ja nicht mehr erläutern- Aber nicht mal 6 Meter von mir entfernt war die Kasse und die Verkäuferin beobachtete alles haargenau, da konnte ich nicht mal so unbemerkt was klauen!

Ich erschrak, als mich plötzlich jemand an der Schulter antippte. Langsam drehte ich mich um.

,,Kann ich irgendetwas für sie tun?" fragte ein junger Mann, der höchstens 17 oder 18 war. Bestimmt ein Auszubildender.

Einen Moment lang überlegte ich, ob ich es ihm sagen sollte, wenn ich es tat ging es viel schneller und so bestand die Chance darauf nicht erwischt zu werden. ABER er könnte mich auch anzeigen oder verpetzten und so könnte ich die Juwelen nicht mehr bekommen, geschweige denn meine Mutter wiedersehen und das musste ich, um ihr endlich zu sagen, dass ich dankbar für sie war und sie lieb hatte, um ihr zu zeigen, dass ich etwas kann und um sie nicht zu enttäuschen. Andererseits hatte ich sonst keine Chance an die Juwelen zu kommen, denn Miss – ich- lasse- keinen- aus- den- Augen saß immer noch an der Kasse und beobachte mich argwöhnisch, deshalb wollte ich es ihm erzählen. 

,,Ja, aber es ist strengstens Geheim!" murmelte ich.

,,Was denn? Ich erzähle es keinen weiter versprochen."

Ich schaute in seine ozeanblauen Augen und musterte ihn erst mal, vorher war ich viel zu in Gedanken.

Er hatte ein markantes Kinn und ein ovales Gesicht. Dazu hatte er braune wuschelige kurze Haare, die er zu einer Igelfrisur gegeelt hatte. Sein blaues Hemd betonte seinen schlanken muskulösen Oberkörper. Und er trug eine ausgewaschene Bluejeans mit schwarzen Sneakers.  Ich hatte lediglich lange langweilige braune Haare, die sich vorne lockten, einen schlanken Oberkörper, doch ich trug nur alte Klamotten, wohingegen seine bestimmt von einem Markendesigner stammten, denn das Logo von Hollister prangte auf seinem Hemd, was auch nicht verwunderlich war, wenn er in einem Juweliergeschäft arbeitete.

Einen Moment überlegte ich ob ich es ihm sagen soll, aber was hab ich zu verlieren? Höchsten falls kam ich vor Gericht wenn er es falsch auffassen würde. Und wenn er mir helfen würde, war die Chance nicht erwischt zu werden viel höher. Außerdem würde ich es ohne seine Hilfe eh nicht schaffen. 

„Also ich brauche zehn Juwelen. Die Kostbarsten. Aber ich habe kein Geld um sie zu kaufen. Wenn du mir hilfst sie zu klauen, dann kriegst du im Gegenzug etwas von mir."

flüsterte ich, voller Hoffnung. Erst schaute er mich skeptisch und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf, wahrscheinlich fragte er sich ob er mich gleich anzeigte oder es erst der Frau hinter dem Tresen zu erzählen, doch zu meiner Überraschung nickte er nach gefühlten 2 Stunden zu. Was ihn dazu bewegte, wusste ich auch nicht.

„Okay, ich helfe dir, was krieg ich denn dann von dir?“

Abwartend zog er eine Augenbraue hoch. 

„ Alles was du willst," meinte ich. Denn ohne seine Hilfe würde ich es nicht schaffen und ich wollte meine Mutter unbedingt wiedersehen, auch wenn ich dafür klauen musste.

„ Also ich weiß nicht...“ Stirnrunzelnd sah er mir in die Augen. 

„Tu es für mich." Ich sah ihn bittend an. 

„ Okay ich werde dir helfen, aber wenn wir erwischt werden trägst du allein die Schuld“

„Ja, ich weiß. Ich trage die volle Verantwortung, aber wir werden nicht erwischt!"

Davon war ich überzeugt, zu mindestens redete ich es mir ein.

„Na gut. Am besten lenke ich die Kassiererin ab und wenn keiner mehr da ist dann klau...nimmst du dir die Juwelen.“ „Abgemacht. Aber ich brauche den Schlüssel für die Vitrine“, erwartungsvoll sah ich ihn an.

Er gab ihn mir in die Hand und ich steckte ihn schnell in meine Hosentasche. Dann ging er wieder zurück zur Kassiererin.  Mittlerweile stand ich hier nun schon seit 20 Minuten mit wild klopfenden Herzen- schließlich machte ich das hier zum ersten Mal- und schaute mir nervös die Juwelen an. Ich schaute mir schon zum 7-mal alles wieder ganz genau an, um nicht aufzufallen, aber die Kassiererin hatte mich in den 20 Minuten genau beobachtet. Wahrscheinlich hatte sie gemerkt, dass an der Sache was faul war. Aber ich ließ mir nichts anmerken und tat weiter so als würde mich das ganze brennend interessieren.

Nach 40 Minuten wurde mir das Warten aber Leid. Mein Helfer, dessen Name ich noch nicht wusste, redete schon die ganze Zeit auf sie ein, aber sie beobachtete mich aus dem Augenwinkel. Außerdem waren noch fünf andere Personen. Deswegen schlich ich mich unbemerkt zur Tür, die eigentlich nur fürs Personal war. Ich machte die Tür auf und ging langsam in den Raum. Die Tür machte ich leise hinter mir zu. Ich suchte bestimmt einige Minuten, da sah ich was ich suchte. Den Feuermelder Knopf.

Gerade wollte ich draufdrücken, da hörte ich plötzlich Stimmen, die aber weiter weg waren.

,,...und wir räumen das Regal." Zitternd vor Angst suchte ich schnell nach einem Versteck. Ich machte einen Schrank auf, aber der war viel zu klein. Oh Mist, dachte ich, wenn ich nicht bald ein Versteck finde, sehen sie mich und dann rufen sie die Polizei. Da fiel mir eine Ecke auf. Schnell huschte ich dort hin. Es war hinter einem sehr breiten Schrank wo man mich von der Tür aus nicht sehen konnte.

Mein Herz rutschte mir beinahe in die Hose, als ich plötzlich Schritte hörte, die genau auf die Tür zukamen.

,,Frau Barkers können wir vielleicht jetzt gleich Tauschen?" sagte eine Stimme, das musste der Verkäufer sein.

,,Wieso wollen sie denn jetzt tauschen?" erwiderte sie. Nach einem kurzen zögern antworte er:

,,Ich erwarte noch einen wichtigen Kunden und weil ich ihn kenne ist es vielleicht besser wenn ich mit ihm rede, meinen sie nicht?"

,,Da kann ich ihnen nur zustimmen und eine Pause tut mir sicher auch mal ganz gut. Also wenn irgendetwas ist, sie finden mich in meinem Büro."

Und mit diesen Worten, öffnete sie die Tür. ,,Okay" antwortete er und verschwand. Ich hörte, wie die Frau sich auf einen Stuhl setzte und wenn sie sich jetzt umdrehen würde, dann würde sie mich entdecken. Bitte, betete ich zu Gott, bitte lass sie mich nicht entdecken. Nach ein paar Minuten hörte und sah ich wie der Stuhl sich zurück schob und sie aufstand. Puh, zum Glück hat sie mich nicht gesehen. Frau Baker ging aus dem Raum.

Schnell ging ich zur Tür als plötzlich die Klinke heruntergedrückt wurde.... Die Tür wurde aufgemacht, aber da ich die Augen zukniff, konnte ich nicht sehen wer da war. Langsam öffnete ich sie, und sah,... den Verkäufer. Puh, dachte ich. Ein Stein fiel mir vom Herzen.

„ Du bist es“, meinte ich erleichtert.

„Was machst du denn hier?! Du musst jetzt aber schnell hier raus, Frau Bakers kommt gleich wieder! Und wenn die dich hier sieht, dann kannst du was erleben!" 

Schnell lief ich zurück in den vorderen Teil, und wie ich sah, waren keine Kunden da.

„ Ich kann sie jetzt klauen, „ flüsterte ich.

„Ja, aber mach schnell, bevor sie was bemerkt, “ murmelte er. Ich lief zu der Vitrine mit den Juwelen und wollte es schnell aufschließen, doch durch meine Panik zitterten meine Hände und so dauerte es ein bisschen länger, bis ich den richtigen Schlüssel gefunden habe. Panisch schaute ich mich um, ob mich jemand beobachtete, denn man konnte durch das Fenster direkt in den Laden schauen, doch zu meinem Glück war dort niemand. Ich verstaute die Juwelen in meiner Tasche und wollte so schnell wie möglich von hier weg. Gerade, als ich zur Tür laufen wollte, packte mich jemand am Arm.

,,Was ist mit dem Schlüssel?" fragte der Verkäufer.

,,Oh, natürlich. Hier ist der Schlüssel" Ich drückte ihm die Schlüssel in die Hand.

,,Und deine Handynummer, wegen dem Deal."

Ich kramte schnell ein Stift und ein Stück Papier aus meiner Tasche und schrieb meine Handynummer darauf. Lächelnd drückte ich sie ihm in die Hand und verschwand, bevor er noch ein Wort hätte sagen können. Zum Glück hatte ich vorhin schon ein Taxi bestellt. Es kam gerade um die Ecke gedüst, und ich dachte daran, dass wenn das Taxi zu früh gekommen wäre, es schief gelaufen wäre, mit den klauen.

Es war mittlerweile schon 6 Uhr abends. Erschöpft und fertig mit den Nerven, ließ ich mich auf das Sofa fallen, das im Wohnzimmer stand. Eigentlich war ich immer ein vernünftiges Mädchen, das sich immer an die Regeln hielt. Auch in der Schule war ich immer sehr ernst, deswegen fanden meine Mitschüler mich langweilig, weil ich bei deren Quatsch, von wegen rauchen, protestieren und randalieren, nicht mitmachte. Was aber auch kein Wunder war. Sie benahmen sich nämlich wie Kindergartenkinder. Und das war ich nicht. Garantiert nicht.  Aber ich wollte meine Mutter nicht verlieren, sie war die einzige, außer Juliana, die mich aber sowieso schon ignorierte, die einzige Person, der ich noch vertraute und die mir wichtig war, deshalb brach ich die Regeln. Auch wenn ich Angst hatte, dabei erwischt zu werden. Aber das würde ich eingehen und nicht bereuen. Soviel stand fest!

5. Kapitel

Unbekannte Sicht 

Dieser Job war echt blöd, aber ich musste damit mein Geld verdienen. Nachdem das mysteriöse Mädchen verschwunden war, konnte ich an nichts anderes mehr denken, als an sie. Sie ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. 

„ Wo sind die Juwelen? Die besten, kostbarsten Juwelen sind weg. James wo. Sind. Die. JUWELEN?"

schrie Frau Handelsmog und hob energisch beide Hände in die Luft. Sie war so sauer, dass schon bald Rauch aus ihren Kopf kam.

,,Hörst du mir überhaupt zu?!" 

„ Tut mir leid ich war in Gedanken, “ entschuldigte ich mich bei meiner Chefin.

„ Weißt du was?! Du bist gefeuert! Deine Aufgabe war es auf die Sachen aufzupassen, nicht zu träumen! Das wird noch ein Nachspiel haben, Morgen wartet zu Hause die Polizei auf dich"

Schimpfte sie aufgebracht. 

„Jaja“ murmelte ich augenverdrehend.

Ich wollte schon lange kündigen. Leider bin ich dazu nicht gekommen. Hätte ich den Job nicht gemocht, hätte ich mich nie auf den Deal eingelassen. Ich packte meine Sachen zusammen und lief zu meinem Auto. Ich hatte jetzt zwar keinen Job mehr, aber zum Glück hatte ich die Handynummer von dem Mädchen.

 

Mariellas Sicht

Immer noch halb schlafend vernahm ich einen Ton. Als ich auf mein Handy sah, erschien eine Nachricht. Langsam griff ich nach meinem Handy um die Nachricht zu öffnen. Aber ich war zu müde und deshalb dachte ich mir kann ich sie auch noch morgen lesen.

Als ich aufwachte guckte ich erst mal auf die Uhr. 10:50 Uhr. Da meine Mutter weg war, war ich die einzige im Haus. Aber das schien zum Glück niemanden aufzufallen. Man hat zwar 2-3 nach ihr gefragt, aber bis jetzt habe ich immer eine Ausrede gefunden.  Ich hoffe sie kommt da bald wieder raus. Auf einmal fiel mir wieder ein, dass ich gestern eine Nachricht bekommen habe. Schnell griff ich mir mein Handy und öffnete sie:

 

Hey :)

Ich weiß immer noch nicht  deinen Namen,

aber wir  könnten das ja ändern,

wenn wir uns morgen treffen.

James

 

Jetzt weiß ich wenigstens seinen Namen, dachte ich und schrieb lächelnd zurück.

 

Hey James,

klar können wir uns treffen

Am besten Heute.

Mariella :P

 

Sofort erhielt ich eine Nachricht.

 

Treffen wir uns am alten Brunnen

in der Baumstraße um 13 Uhr?

James

 

Ich schrieb ,,Ok“.

Ich überlegte was ich in der Zeit bis dahin machen könnte. Mittlerweile war es schon 11 Uhr, also noch zwei Stunden bis dahin. Ich nahm mir vor noch einkaufen zu gehen, denn mein Kühlschrank war leer. Als ich nach 30 Minuten fertig war ging ich wieder auf mein Zimmer.

Dort, auf meinem Schreibtisch, lag ein Zettel. Mit einer Vorahnung las ich ihn.

 

Um 12 Uhr bei der Schwerterstraße.

Und wenn du deine Mutter lebend 

wiedersehen willst sei pünktlich und bring die  Juwelen mit! 

Keine Polizei!

Sonst weißt du ja was passiert.

Vom unbekannten J.

 

Um 12 Uhr dachte ich entsetzt. Wie soll ich das schaffen? Es war schon 11:45 Uhr. Schnell machte ich mir noch Müsli. Bei dem ganzen Trubel hatte ich doch glatt vergessen zu frühstücken. Ich zog mir rasch die Jacke an und sauste mit dem Fahrrad zum nächsten Zug. 10 Minuten später -es war 12 Uhr - kam ich an der Schwerterstraße an.

Ungeduldig sah ich mich um und von links kam gerade ein Mann im schwarzen Mantel, braunen Hut und mit einer schwarzen Sonnenbrille auf mich zu. 

,,Du bist bestimmt Mariella" sagte er kalt und ernst.

„ Ja " erwiderte ich.

,,Hast du die Juwelen?" 

,,Hier" somit übergab ich sie ihm.

,,Wann kann ich endlich meine Mutter sehen?" fragte ich hoffnungsvoll.

,,Noch nicht" erwiderte er wie zuvor kalt und schritt davon.

Langsam schlurfte ich zum Bahnhof. Doch der nächste Zug kam erst in 30 Minuten und für ein Taxi reichte mein Geld nicht aus. Deswegen setzte ich mich müde und geschafft, auf einer der Bänke die am Bahnhof standen. Krampfhaft versuchte ich die Tränen zu unterdrücken, die mir schon den ganzen Tag in den Augen gebrannt haben. Aber ich musste stark sein. Für meine Mutter. Für mich.

Punkt 13 Uhr stand ich am alten Brunnen. Erst jetzt wurde mir bewusst, dass er gar nicht geschrieben hat, was wir machen.

„ Hey, " begrüßte mich James, der gerade angelaufen kam.

Er trug wie gestern eine Bluejeans und dazu einen grünen Pullover. Die Haare hatte er heute nicht hochgegeelt. Sie sahen aus, als wäre er gerade erst aus dem Bett gekommen, trotzdem sah er gut aus.

„ Hi, " murmelte ich verlegen.

Ich hatte meine Hände in den Hosentaschen und musterte meine Schuhe, um ihn nicht anzusehen. Dabei fielen mir meine langen Haare, die mir bis zur Brust gingen, ins Gesicht, und deshalb konnte er auch nicht mein verlegenes Lächeln sehen, als ich fragte was er eigentlich mit mir machen will.

„Lass dich überraschen, " meinte er nur und ging mit mir zu seinem Auto. Gentlemanlike hielt er mir die Tür auf und ich stieg ein. Während der Fahrt sprach keiner, stumm sah ich aus dem Fenster und betrachtete die Landschaft, an der wir vorbeifuhren. Immer mal wieder, bemerkte ich, wie er mir Seitenblicke zuwarf.

„ Wir sind da, " sagte er.

Erst jetzt schaute ich auf, und erblickte ein großes Kino. , Cinema´ stand in Leuchtbuchstaben auf der Fassade. Ich staunte nicht schlecht. In meinem Dorf gab es kein so großes Kino. Und auch das Popcorn war besser, bemerkte ich, als wir uns Popcorn geholt haben, nachdem er uns Tickets besorgt hat. Wir gingen in einen Comedy Film. Er war ziemlich lustig.  Nach dem Film, lud er mich noch auf ein Eis ein. Als er mich wieder zum Brunnen fuhr, blieb ich noch kurz sitzen.

,,Sag mal, ich habe ja noch was gut bei dir" meinte er schelmisch grinsend.

„Ja, hast du“ murmelte ich mit einem unguten Gefühl. Was wollte er denn von mir. Also ich konnte nicht noch mal irgendwas klauen, hoffentlich ist es nichts Schlimmes. 

,,Mmhm ...mal überlegen ...wie wäre es damit?"

6. Kapitel

Mariellas Sicht

„ Okay, nein, das möchtest du eh nicht.....Aber du hast ja gesagt alles, dann ginge das ja auch, "bestätigte er sich selber. 

,,Wovon sprichst du überhaupt?" Fragte ich ihn verwirrt, aber auch neugierig.

,,Ich möchte mit dir in die Oper gehen." Abwarten schaute er mich an.

Gespannt darauf, was ich dazu sagte.

,,In die Oper?" Fragte ich verwundert, denn die Jugend heutzutage ging nicht mehr in die Oper. Und, mal ehrlich, wer wollte schon in die Oper?! Also bestimmt nur Senioren!

,,Ja."

,,Na wenn du es willst, dann ich gehe ich mit dir dorthin." Bestätigte ich ihm widerwillig.

„ Super, ich freue mich schon. Um 19 Uhr hole ich dich dann morgen ab, " meinte er lächelnd. 

,,Gut. Ich gehe dann jetzt nach Hause, bis dann, " verabschiedete ich mich von ihm.

Mit einem kurzen lächeln stieg ich aus. Er lächelt mich an und sagte noch, ´tschüss´.

Als ich zu meinem Haus lief, dachte ich nach. Noch nie hat mich irgendjemand eingeladen oder wollte mit mir etwas zu tun haben. Ich war richtig überrascht, als er mich gefragt hatte. Schon in der 1. Klasse wurde ich ausgegrenzt. Ich hatte nie eine beste Freundin, aber meine Mutter merkte nicht, wie schlecht es mir damals ging. Klar hat sie mich gefragt, was mit mir los war, als ich nach der Schule immer wortlos, nachdem ich gegessen und ihre Fragen, bezüglich Schule kurz und nicht ehrlich beantwortete, auf mein Zimmer ging. Aber ich ging nie darauf ein, weil ich nicht wollte, dass sie etwas unternahm. Ich wollte kein Mitleid. Und garantiert keine Hilfe. Sodass ich nachher nur noch das nötigste besprach, was sie nur mit einem traurigen lächeln kommentierte.

Irgendwann wurde ich sogar so depressiv, dass ich nicht mal mehr was aß- Mir tat es jetzt richtig leid, wie ich sie behandelt habe, und wollte alles wieder gut machen, besser machen. Aber wie heißt es so schön:

„Erst wenn eine Freundschaft vorbei ist, merkst du wie wichtig die Person für dich ist.“

-Doch in der 5. Klasse änderte es sich. Wir - meine Klasse- bekamen eine neue Schülerin. Juliana. Sie setzte sich sofort neben mich, obwohl viele ihr den Platz angeboten haben. Dabei verstand ich überhaupt nicht, warum meine Klasse mich ausgeschlossen hat. Ich hörte zwar andere Musik, interessierte mich nicht so, wie die Mädchen aus meiner Klasse für Mode, aber das war doch kein Grund mich auszuschließen.

Juliana wurde aber dann meine beste Freundin. Wir machten alles zusammen und sie verteidigte mich auch gegen andere, aber ich glaube sie oder ich wurde von der Realität eingeholt, denn Juliana ignorierte mich jetzt auch. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich den anderen anschloss, und mich schikanierte.

Plötzlich hörte ich Schritte hinter mir, die mich aus meinen Gedanken holten. Ich wurde automatisch schneller, lief schon fast, doch bevor ich zu meinem Haus kam, hielt mich jemand von hinten fest. Mein Herz pochte wild in meiner Brust und vor Angst zitterten meine Hände. Langsam drehte ich mich um, nur um von schwarzen kalten Augen angestarrt zu werden...

7. Kapitel

Mariellas Sicht

Ich glaubte kaum, wen ich da sah. 

„Ju- Jul- Juliana wa- was machst du- du denn hier?“

Stotterte ich ganz erschrocken und überrascht, dass sie sich hier blicken ließ. 

Spöttisch äffte sie mir nach:

„Ma- Mariella, was machst du- du denn hier? Das gleich wie du schätze ich. Ich habe den zweiten Brief da, den willst du doch bestimmt sehen, oder?“ 

Panisch weiteten sich meine Augen. Woher, bitte schön, wusste sie von den Briefen, war sie etwa in meinem Zimmer?! Aber das hätte ich gemerkt, oder nicht? Oder hatte sie etwa was mit den Entführern zu tun?

Doch trotz meiner Panik antwortete ich, ohne ein Miene zu verziehen, mit kalter Stimme, worauf ich sehr stolz war:

„Welche Briefe? Ich habe keine Briefe bekommen!“

„Ach nein? Und was sind dann das für Briefe?!“ meinte sie spöttisch grinsend, wobei sie mit den Briefen in der Hand wedelte.

Die garantiert nichts mit den Zetteln von den Entführern zu tun hatten, denn die waren schon gelblich, was wahrscheinlich an Zigaretten legen könnte. Angewidert schüttelte ich den Kopf. Die Briefe von Juliana waren in einem blauen und in einem schwarzen Kuvert, was mich stocken ließ. Denn solche waren sau teuer. Ich wusste gar nicht, dass ich ihr so viel wert bin, dachte ich ironisch.

„Das sind die Briefe, die bei dir im Briefkasten lagen. Ich wollte gerade den zweiten einwerfen,… “ sie deutete auf den schwarzen Brief.

„…Als ich bemerkte, dass du den Wichtigen (das betonte sie besonders) Brief noch gar nicht gelesen hat.“

„Ich bin leider noch nicht dazu gekommen, meinen Briefkasten zu entleeren, bei mir geht gerade alles drunter und drüber und…“ versuchte ich mich zu entschuldigen, doch sie sprach mir dazwischen.

„Spar dir deine Ausreden und les lieber die Briefe, denn sie sind sehr wichtig, wenn du an deinem Leben hängst und es so schnell nicht verlieren willst.“ 

„Wie…?“

Doch bevor ich meinen Satz beenden konnte, war sie auch schon weg. Ich fragte mich wo die Briefe waren, doch sie lagen im Briefkasten. Und ich fragte mich, ob ich ihr gerade wirklich begegnet bin, oder es nur ein Traum war, einzig allein die Briefe machten mir klar, dass es kein Traum war, sondern die Realität. Später im Haus dachte ich darüber nach, wie sie so schnell verschwinden konnte und die Briefe im Briefkasten liegen konnten, wo sie sie doch vorher in der Hand in der Hand hatte. 

Fragen über Fragen. Aber wie so oft, erhielt ich keine Antworten.

8. Kapitel

Julianas Sicht

Ich grinste in mich hinein, als ich mich an Mariellas Gesichtsausdruck erinnerte. Und doch verstand ich mich selber nicht.

Wieso half ich ihr eigentlich?!

Ich wusste, dass es eh zu spät war. Sie hatten sie schon gefunden, deshalb musste ich es ihr schreiben, auch wenn sie sich jetzt bestimmt fragte, wie ich so schnell verschwinden konnte. Doch ich war ihr das schuldig, immerhin war sie für mich immer noch meine beste Freundin.

Ich musste unbedingt von hier verschwinden. Wenn sie mich finden würden, und ich hoffte kaum, dass sie das haben, dann würden sie sich an mir rächen. Ich wusste ja, wie rachsüchtig meine Art war. Klar, ich hatte ihr „Geschäft“ versaut, aber hätte ich die Kinder sterben lassen sollen?! Ihr wisst, dass das eine rein rhetorische Frage war. Für meine Art hatte ich noch sehr viel Verstand- und sehr viel Mitgefühl. Deswegen half Mariella, auch wenn ich floh jetzt. Was Mariella von mir denken würde, wenn sie den Brief doch schon gelesen hat und sie wusste, dass ich abhauen würde und was ich war? Bestimmt würde sie mich feige nennen, weil ich abhaue. Und das war ich auch. Feige. Eigentlich müsste ich hier bleiben und sie beschützen. 

Doch noch am selben Abend buchte ich einen Flug nach Sydney, auch wenn ich wusste dass SIE mich finden würden, wenn sie wollten, doch die Hoffnung stirbt bekanntlich zu Letzt.

Mein letzter Gedanke an diesem Abend, bevor ich einschlief, war, dass Mariella jetzt auf sich allein gestellt war...

9. Kapitel

Mariellas Sicht

 >> Soll ich die Briefe öffnen? << ,

Das fragte ich mich, als ich in die Wohnung ging, um mich dort erst mal auf das Sofa zu schmeißen und den Fernseher anzumachen.

Aber vorerst, dachte ich mir, noch nicht.

„Wenn mir mein Leben am Herz liegt“, hatte sie gesagt. Aber was meinte sie damit? Soll das etwa bedeuten, dass ich bald sterbe, wenn ich die Briefe nicht lese?

Gedankenverloren rappelte ich mich auf. Im Fernsehen lief nichts gescheites, nur Mitten im Leben oder GZSZ. Aber da hatte ich keine Lust drauf. Ich habe selber Probleme, da brauch ich mir nicht auch noch die Probleme anderer anzuhören. Genervt ging ich die Treppe hoch, auf mein Zimmer und setzte mich dort auf mein Schreibtischstuhl. Die Briefe, die ich mit nach oben genommen habe, legte ich auf meinen aufgeräumten Schreibtisch.

Verwirrt starrte ich sie an.

>>Soll ich, oder soll ich nicht?

Aber warum nicht? Mir wird ja nicht gleich der Kopf abgerissen, dachte ich mit Sarkasmus, nach Julianas Meinung würde er eher gerettet werden. <<

Mit mulmigem Gefühl griff ich nach den Briefen.

Doch dann lief ich die Hand wieder sinken. Es gab jetzt wichtigeres als die Briefe, ich hatte jetzt ehrlich keinen Nerv dafür, erst die Juwelen heute und dann noch das Treffen mit Juliana... Nein.

Für heute hatte ich wirklich genug!

Was war eigentlich mit James los? Ich habe keine Lust in die Oper zu gehen. Mit ihm vielleicht, aber… das machen doch nur die älteren Leute.

Außerdem stehe ich nicht auf so eine Musik. Da leidet man als Jugendlicher echt an Geschmacksverirrung.

(Anm. des Autors: Das sollte jetzt keine Beleidigung an Opernliebhaber seinJ)

Zudem interessierte mich die Oper gar nicht!

Dennoch würde ich mitgehen - ihm zu liebe und weil er mich sonst bestimmt an die Polizei verpfeifen würde, obwohl ich ihn nicht so einschätzte und er an der Sache ja auch beteiligt war.

Wenn ich so über das ganze Geschehen nachdachte, erkannte ich mich selbst nicht wieder. Seit wann klaute ich denn und zog andere mit hinein? Seit wann scherte ich mich ein Dreck um Schule? Warum?

Nur weil meine Mutter entführt wurde? Konnte ich überhaupt glauben, dass die Männer sie haben, oder steckt sie irgendwo anders, lag im Krankenhaus oder hatte irgendwas Schlimmes durchgemacht, weshalb sie sich nicht melden konnte?

Wer war ich überhaupt?

Dieser Gedanke stellte meine ganze Weltanschauung um, ich meine, was konnte ich denn schon gut? Ich war eine Streberin, gehörte aber dennoch nicht zu den besten und hatte keine besonderen Talente. Wenn andere von ihren wundervollen Leben berichteten, dann wurde ich immer neidisch. Schließlich wollte ich auch Singen können oder gut malen, es wäre auch cool schauspielern zu können, aber diese Gaben wurden mir leider nicht mit in die Wiege gelegt. Kein Wunder, dass sich niemand für mich interessierte, mich machte ja auch nichts interessant.

Diese Erkenntnis machte mich so unglaublich deprimiert, dass ich anfing zu weinen. Heulend legte ich mich auf mein Bett und vergrub mein Gesicht in mein Kissen.

Was lohnt es denn noch zu leben?

>>Jetzt ist aber mal Schluss! In Selbstmitleid zu versinken bringt dich kein Stück weiter! Steh auf und mach irgendwas sinnvolles, aber verschanz dich nicht in dein Zimmer<< schalt ich mich und erhob mich sogleich um ins Badezimmer zu gehen. Zweifelnd schaute ich mich im Spiegel an. Ich erblickte ein fertiges Mädchen, mit zerzausten, leblosen braunen Haaren, tiefen Augenringen und ausdruckslose Augen, deren Lebensglanz schon erloschen ist. Mit zittrigen Händen klatschte ich mir kaltes Wasser im Gesicht, um meine Kopfschmerzen zu vertreiben und um ein bisschen wacher zu werden.

Dann nahm ich mir meine Bürste von dem Regal unter dem Spiegel und brachte wieder Ordnung in meine Haare. Zufrieden betrachte ich mich nochmal, bevor ich meine Tasche aus meinen Zimmer holte und mit dem Bus in die Stadt zu fahren, um mir mal wieder ein Eis zu gönnen. Dadurch verschwand zwar meine Depression und meine Selbstzweifel nicht, aber ich konnte mich damit ablenken.

 

James Sicht

In die Oper? Ehrlich?! Was Besseres ist mir nicht eingefallen? Was die jetzt wohl von mir denkt? Bestimmt nichts Gutes, wer mag schon einen Jungen der auf Opern steht? Ich bin so ein Vollidiot! Okay eigentlich stehe ich nicht auf Opern – nein ganz und gar nicht. Ich weiß auch nicht, wie mir das rausrutschen konnte, da ist wohl eine Sicherung mit mir durchgebrannt.

Aber rückgängig machen konnte ich das jetzt auch nicht. Da hieß es wohl „Augen zu und durch“

Obwohl ich konnte ihr auch sagen, dass die Oper ausverkauft war und sie stattdessen ins Kino einladen. Das war es! Sofort breitete sich ein Grinsen auf mein Gesicht aus.

Das ist die Idee! Genau, das werde ich ihr sagen.

Sie wird deswegen bestimmt nicht sauer sein, nein ich glaube eher, dass sie erleichtert sein wird, außer wenn sie Opern mag, was ich allerdings nicht hoffe.

Sofort schnappte ich mir mein Handy, um sie anzurufen, ihre Nummer hatte ich ja. Nach dem vierten Klingeln nahm sie ab, was mein Herz vor Aufregung höher schlagen ließ. Was sie wohl von meinen Vorschlag hielt?

„Hallo“ begrüßte mich Mariella mit freudiger Stimme. Was war denn mit der los? So gutgelaunt kannte ich sie ja gar nicht, ich zuckte mit den Schultern, was ging mich es an?

„Hey“

„Naa, was gibt’s?“

„Ich wollte nur fragen, ob es für dich okay ist, wenn wir ins Kino, anstatt der Oper gehen, weil die Oper ausfällt“ Unsicher und gespannt auf die Antwort, kratzte ich mich am Kopf.

„Na klar! Ist nicht schlimm. Wenn ich ehrlich bin, …dann ist mir Kino doch lieber als Oper.“ Sie antwortet ein bisschen stockend, wahrscheinlich hatte sie Angst, dass ich sauer bin.

„Da bin ich ja beruhigt.“

„Immer noch 19 Uhr?“ Fragte sie nach.

„Wie wäre es mit jetzt? Ich habe im Moment nichts vor.“ Schlug ich vor.

„Ja, das wär cool. Treffen wir uns dann vor dem Kino?“

„Ja, dann bis gleich“

„Ja, bis gleich“ murmelte sie und ich konnte ihr lächeln hören. Danach legte sie auf und ich starrte erst mal einige Zeit mein Handy an.

Schließlich rappelte ich mich auf -  ich saß die ganze Zeit in meinem Wohnzimmer auf der Ledercouch – und machte mich schnell Ausgehfertig. Am Ende konnte ich mich mit meiner schwarzen ausgebleichten Hose, einem weißem Hemd, meiner braunen Lederjacke und meinen schwarzen Sneakers sehen lassen. Dazu trug ich noch eine graue Cappy.

Zufrieden mit meinem Aussehen, schnappte ich mir mein Portmonee und meine Busfahrkarte und machte mich dann auf dem Weg zum Kino. 

Impressum

Texte: Alle Charaktere sind frei erfunden. Alle Rechte gehören mir.
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Tag der Veröffentlichung: 06.01.2011

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Widmung:
Dieses Buch widme ich allen meinen Lesern. Ich danke euch ;).

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