Mit einem lautem Knall landete der Umschlag vor Bea auf dem Schreibtisch.
"Was ist das?", verdutzt schaute sie auf den Umschlag und sah dann zu mir hoch.
"Meine Kündigung und der Schlüssel für das Tanzstudio!", emotionslos drangen die Worte aus meinem Mund. Ich musste meine Gefühle verschließe, sonst wäre ich wahrscheinlich in Tränen zusammengebrochen.
"Deine ... was? Aber ein gebrochener Fuß ist doch noch lange kein Grund für eine Kündigung! Und das du nicht mit auf die Tour konntest ist auch nicht wirklich schlimm!", sie schob den Umschlag langsam wieder in meine Richtung, doch ich knallte meine Faust darauf.
"Bea! Meine Entscheidung steht fest!", meine Stimme fing leicht an zu zittern. Oh Gott, ich muss so schnell wie möglich hier raus! Ich kann das hier einfach alles nicht mehr! Ich warf noch ein letzen Blick auf meine ehemalige Vorgesetze und drehte mich dann zu Tür um.
"Aber ... Svea du kannst doch nicht einfach so gehen!", ihre Stimme war zu hoch und ich hörte wie hektisch von ihrem Stuhl aufsprang. Ich drehte mich nicht mehr zu ihr um.
"Doch Bea! Und ich bitte dich das zu akzeptieren.", meine Hand umfasste krampfhaft den Türgriff. Mein Herz pochte laut und schmerzhaft. Du musst das jetzt durchstehen Svea! Ich atmete nochmal tief ein und aus, bevor ich den Türgriff ganz runter drückte.
"Ach und noch was ... bitte richte den Jungs aus das sie sich nicht mehr bei mir melden sollen!", ich ging aus dem Raum und ließ Bea dort mit meiner Kündigung zurück.
Während ich zu meinem Wagen rannte, konnte ich die Tränen einfach nicht mehr zurück halten und sie liefen mir heiß übers Gesicht.
Tja, dass war es dann wohl mit meiner Karriere als Tänzerin. Hat ja echt lang gehalten. Ein schmerzhaftes Lächeln machte sich in meinem Gesicht breit. Emily wird mich dafür töten, soviel steht schon einmal fest!
Schnell schrieb ich mir die neue Bestellung auf meinen Block und ging wieder hinter den Tresen. Mit einem lauten Zischen floss der heiße Kaffe in den Becher. Während der Kaffe weiter munter vor sich hinfloss bereitete ich das bestellte Gebäck auf einen Teller zurecht und brachte dann alles zu dem Pärchen das sich in die hinterste Ecke des kleinen Cafés gekrümelt hatte. Seufzend räumte ich den Nachbartisch auf und musste, wie so oft in den letzten zwei Monaten, mal wieder an Nick denken. Warum hatte er mir das nur angetan? Was hat sie verdammt nochmal was ich nicht habe?
Vor gut zwei Monaten hatte ich endlich den Entschluss gefasst meinen Beruf als Tänzerin an den Nagel zu hängen, einfach damit ich mal wieder glücklich werden konnte. Ich musste mir eine neue Handynummer zulegen, da die Jungs nicht auf meine Bitte eingegangen sind und mich täglich mehrfach angerufen und mir jeden Tag ungefähr hundert Nachrichten geschickt haben. Nun gut, eigentlich wollte ich nur meine Sim-Karte austauschen lassen, allerdings habe ich das Handy, nach drei Wochen, vor Wut an die nächstbeste Wand geschmissen. Danach war das arme Teil nicht mehr wirklich zu gebrauchen.
Desweiteren musste ich leider aus meiner wundervollen Wohnung ausziehen, da erstens die Jungs dort auch täglich aufkreuzten und zweitens wurde die Wohnung ja zum Teil von Nick finanziert, womit ich wirklich nicht leben konnte. Schließlich versuchte ich ihn so gut wie möglich zu vergessen. Tja und die neue Wohnung ist, hmm wie kann man es am besten ausdrücken, nicht gerade der Knüller. Wie soll ich mir schließlich auch was anderes leisten können! Ich froh das ich vor einen Monat den Job hier als Kellnerin gefunden und bekommen zu haben. Gekellnert habe ich davor noch nie und außer dem Tanzen habe ich vorher auch nichts anderes gemacht. Also kann ich mich echt glücklich schätzen. Wirklich viel verdiene ich zwar nicht, aber es reicht.
Nach all diesen "Maßnahmen" hatte ich dann auch gewissermaßen Ruhe vor den Jungs. Ganz aus meinem Leben werde ich sie nie verbannen können, außer ich würde alle Fernseher und Radios auf der Welt zerstören. Hmm ... nein ich glaube nicht das ich das hinbekommen würde. Vielleicht sollte ich mal bei der Auskunft nach der Telefonnummer von Kim Possible fragen. Die kann mir da bestimmt weiterhelfen. Belustigt über meinen eigenen Gedankengang trottete ich wieder zu meinem Platz hinter den Tresen. Ein Blick auf meine Uhr verriet mir das mich Amalie schon vor einer halben Stunde hätte ablösen müssen. Ich wischte den Tresen ab und hing wieder meinen Gedanken hinterher.
Amalie Svenson ist nicht nur meine Kollegin, ihr gehört auch das Café und ist mittlerweile meine beste Freundin geworden. Jetzt mal abgesehen davon das sie überhaupt meine einzige Freundin hier ist. Sie weiß alles über mich, selbst die Sache mit Nick habe ich ihr erzählt, jedoch nur weil sie kein Fan von ihm ist, und sie bestätigte mir, dass ich genau das richtige getan habe. Sie ist gerade mal ein Jahr älter als ich und hat schon ihr eigenes Café! Ich find das echt beeindruckend, da ich ja schließlich noch so gut wie gar nichts auf die Beine gestellt bekommen haben.
Ein Räuspern schreckte mich aus meinen Gedanken und ich blickte zu der Person hoch. Ich wurde sofort von diesen unfassbar blauen Augen in den Bann genommen.
„Könnten sie mir bitte einen Kaffe machen?”, er hatte strubbliges, dunkelblondes Haar und unter seinem T-Shirt zeichneten sich die Bauchmuskeln ab. Schnell hörte ich mit meiner Musterung auf und schaute ihm wieder in die Augen.
„Natürlich.”, brachte ich noch mit einer halbwegs festen Stimme heraus und drehte mich dann schnell zu der Kaffemaschine um. Jetzt bloß nicht Rot werden Svea, einfach nicht rot werden! Doch schon merkte ich wie meine Wangen heiß wurden. Fluchend kaute ich auf meine Unterlippe rum. Als der Kaffe dann leider auch schon nach ein paar Sekunden fertig war, drehte ich mich wieder um und stellte den Becher vor dem jungen Mann auf den Tresen.
„Stimmt so!”, lächelte dieser mich an und drückte mir einen zehn Euro Schein in die Hand. Verblüfft schaute ich auf den roten Schein und wollte gerade etwas erwidern, aber da war er schon aus der Tür verschwunden.
„Ist mit meiner Tür was nicht in Ordnung oder warum starrst du sie nun schon seit zehn Minuten an?”, erschrocken taumelte ich ein paar Schritte zurück, als auf einmal das Gesicht von Amalie in meinem Blickfeld auftauchte.
„Mensch Amalie, erschreck mich doch nicht so!”
„Ist alles in Ordnung mit dir?”, lächelnd schaute sie mich an.
„Ja sicher. Ich hab mich nur gefragt warum meine Chefin eigentlich immer zu spät kommt!”, gab ich nun ebenfalls grinsend von mir. Amalie verschwand währenddessen in dem kleinen Raum neben dem Tresen der für das Personal als großer Spint diente.
„Das kauf ich dir aber nicht ab!”, rief sie durch die angelehnte Tür. Grinsend bereitete ich die nächste Bestellung vor, da das Mädchen, mit den fast gelblich-blonden Haaren, schon ungeduldig mit ihren künstlichen Fingernägeln auf der Holzplatte rumtrommelte. Wenn die nicht aufpasst sind die Nägel gleich ab. Gerade als ich ihr den Becher gab und das Geld entgegen nahm, riss Am die Tür auf und schaute mich ganz entsetzt an.
„Er ist doch nicht hier aufgekreuzt, oder? ”, ihre grünen Augen waren weit aufgerissen und ich konnte die Sorge darin erkennen. Meine gute Laune war nun vollkommen weg.
„Nein Am. Wenn hättest du wohl schon meine Kündigung in der Hand.”, sie merkte schnell das sie was falsches gesagt hatte, denn sie nahm mich sofort in eine feste Umarmung.
„Es tut mir so leid! Ich wollte dich nicht an ihn erinnern.”, flüsterte Am mir ins Ohr.
„Ach, das ist doch nicht deine schuld! Ich werde jeden Tag an ihn erinnert. Aber irgendwann wird er mir egal sein.”, sagte ich, mit einem gequälten Lächeln zu ihr. Fragt sich nur wann das sein soll. Seufzend schob ich sie an ihren Schultern nach hinten.
„Ich werd mich dann mal in meinen verdienten Feierabend stürzen!”, ich umarmte sie noch einmal kurz und verschwand aus dem Café.
Tag der Veröffentlichung: 21.07.2013
Alle Rechte vorbehalten