Ein paar Worte zuvor:
An die, die zerstören: Ihr wisst nicht, was ihr tut.
An die, die das Land verbrennen: Ihr wisst nicht, was ihr tut.
An die, die verletzen: Ihr wisst nicht, was ihr tut.
An die, die töten: Ihr wisst nicht, wie viele wegen euch trauern.
An die, die für ihr Leben und das ihrer Lieben kämpfen: Ihr seid strahlende Helden in den schwarzen Tagen der Zerstörung.
An die, die dieses Gedicht lesen:
Die Zukunft sollte nicht der Grausamkeit einiger Menschen, die andere zu Monstern machen, zum Opfer fallen.
Unsere Zukunft sollte nicht so sein; und unser Schicksal nicht das von diesem Menschen sein, von dem ich euch erzählen möchte ...
Sternenhimmelszelt
Ich sitze auf dem Fensterbrett,
starre in die Nacht.
Bald gehe ich nicht ins Bett,
halt still und leise meine Wacht.
Schau nach draußen aus dem Dunkeln,
müde werd ich lange nicht.
Seh Sterne in der Ferne funkeln,
schau nach oben in das Licht.
Seh Schatten übers Felde huschen,
kleine Katzen sind‘s bestimmt.
Seh sie voreinander kuschen.
In den Blättern raschelt der Wind.
Ein Reh beobacht ich beim Grasen,
bis es zu mir rüber schaut.
Ich möcht es sehen auf dem Rasen
doch meine Sicht, die ist verbaut.
Ich seh es stehn am Waldesrand,
es hebt den Blick und sieht mich an.
Meine Augen sind gebannt.
Es dreht sich um, verschwindet dann.
Wie kleine Geister hör ichs rauschen
in den Blättern an den Bäumen,
die sich nun im Winde bauschen
und wehen fort mit meinen Träumen.
In der Ferne seh ich Wolken
sich schieben übers Himmelszelt,
höre Donner ihnen folgen
übers schwarze Dach der Welt.
Äste knicken ein im Winde,
fallen hinab ins wehend Gras,
und unter der Sommerlinde
meine Kindheit leise saß.
Saß dort, bis der Sturm aufzog,
bis kalter Nordwind stürmisch wehte,
bis die Hoffnung mich betrog,
nie mehr ich zu den Engeln bete.
Wieder braust der Sturm herein
in meine scheinbar heile Welt,
welche nun von ihm - Gemein! -
in hunderttausend Scherben fällt.
Gras und Blumen auf der Wiese
knicken ein unter der Kraft
der einst gewesen sanften Brise,
die das Unheil hat gebracht.
Ich höre Donner Blitzen folgen,
welche erhell‘n das Firmament,
die Seile, die längst brennen sollten,
flüchten vorm Folterinstrument.
Stämme entwurzelt von dem Diebe,
brechen kreischend, bersten laut,
erstickt werden die die jungen Triebe,
auf die ich einst hatte gebaut.
Sturm tobt über meiner Welt,
vernichtet das, was ich einst sah,
zerreißt mein Sternenhimmelszelt,
und meine Ängste werden wahr.
Die Pein, welche noch in mir hauste,
wurde wieder Wirklichkeit.
Und als ihre Wut aufbrauste,
verstummt der Sturm, steht still die Zeit.
In Trümmern liegt sie, meine Welt,
mit Tränen sehe ich mich um.
Zerrissen das Sternenhimmelszelt,
heimatlos, das bin ich nun.
Das Wenige, was mir noch blieb,
das packe ich mit Sorgfalt ein.
Ich folge meinem innern Trieb -
hier will ich nicht alleine sein.
Dunkelrot vom Wandern waren
meine Füße so bald schon
und zwischen schwarzen Rabenscharen
seh ich in ihren Augen Hohn.
Obgleich die Sonne scheint am Tage,
dringt ihr Licht nicht durch den Staub,
welcher nicht einmal lässt die Frage,
wohin mit meiner Seele Raub?
Hunger in dem leeren Magen,
bleischwer sind schon meine Beine,
an den Füßen Ratten nagen,
in den Lungen Luft, unreine.
Auf dem Wege dunkelrot,
den so viele Schatten säumen,
mir jetzt ganz still mein Ende droht,
Träume sich nicht dagegen bäumen.
So müde bin ich von dem Gehen.
Hier liege ich, gleich schlaf ich ein,
will still und leise Abschied nehmen,
ein dumpfer Schrei bricht alles ein.
Schatten kommen zu mir hin,
beugen sich schwarz über mich.
Sagt mir, worin liegt der Sinn,
dass meine Seele ganz zerbricht?
Raben fliegen auf zum Himmel,
Kraak! Kraak!, schreit es in die Welt,
leise wächst um mich bald Schimmel,
sie fressen mich, wies ihnen gefällt.
Ratten waren auch gekommen,
nagten von den Knochen ab,
was die Schatten mir genommen,
nicht mal hatte ich ein Grab.
Noch heute wandert meine Seele
heimatlos durch diese Welt,
auf dass sie doch wiederfinde
ihr glitzernd Sternenhimmelszelt.
Tag der Veröffentlichung: 22.09.2011
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