Es ist dunkle Nacht, ein altes Zelt ist auf einer Lichtung aufgebaut.
Vor dem Zelt knistert ein Feuer. Die kleinen Äste sind schnell verbrannt. Vor dem Feuer hockt eine Gestalt, es ist Rudolf, er schaut in die Flammen. Gedanken drängen sich ihm auf und er stützt seinen Kopf in die Hände. Die rechte Hand wischt kurz über die Stirn, als könne sie die Gedanken verscheuchen. Rudolf denkt an die Pferde, die einmal seine waren, an den Wagen mit dem hohen Kutschbock. Auf ihm würde er nie wieder sitzen. Er hatte alles verloren. Der verdammte Schnaps und die Karten.
Nicht nur, dass seine Frau vor Gram gestorben war, auch seine beiden Söhne hatten sich von ihm abgewandt. Hinter Rudolf raschelt das Laub. Kräftige Schritte wirbeln es herum. Im Schein des Feuers sieht Rudolf eine kleine Gestalt, die sich seinem Lagerplatz nähert. Als die Flammen kurz auflodern, erkennt er das Gesicht eines alten Mannes. Bereits beim ersten Geräusch war Rudolf aufgesprungen und hat mit einem Stock die Flammen belebt.
“Ich sah den Feuerschein,“ sagte der Alte und lässt sich ohne Aufforderung auf dem Baumstumpf nahe der Feuerstelle nieder. Rudolf sagt gar nichts . Er betrachtet den alten Mann eine Weile und hockt sich dann wieder ans Feuer. Eine Zeitlang sprechen beide Männer kein Wort. Rudolf ist irgendwie froh über den späten Besucher. Das er keine Angst vor dem Alten haben muss, dass weiß er sofort.
„Die Flammen sind wie unser Leben“, hob der Alte wieder seine Stimme. „Ohne Nahrung – kein Feuer, keine Wärme, keine Kraft!“
Rudolf nickt vor sich hin. <Ja, ja> denkt er, Doch er sagt kein Wort.
“Und wenn dir das Holz ausgeht, dann gehst du bestimmt rechtzeitig los, um neues zu organisieren!“
Der Alte formuliert seine Worte nicht als Frage. „...und nun wirst du Holz für dein Leben sammeln, bevor das Feuer erlischt!“Die Stimme des alten Mannes ist sanft und klar. Sie besitzt eindeutig einen Klang der Rudolf gefällt.
“Holz, Kraft…..,“murmelt er nun. „Das ist alles zu spät, ich bin seit Langem auf Sparflamme.“
Doch noch während er das sagt, ärgert er sich über seine Worte. Warum eigentlich war er auf Sparflamme. Er war so alt noch nicht, dass seine Flamme ausgehen sollte. Trotzig melden sich diese neuen Gedanken.
Kurz darauf erzählt Rudolf dem alten Mann von seinem Leben.
Stunden später, der Alte war lange schon im Dunkel des Waldes verschwunden, kriecht Rudolf in sein Zelt, um es kurz darauf wieder zu verlassen. Bis zum Morgen liegt er auf dem Rücken und blickt in den Sternenhimmel. Tausend Gedanken und Ideen bemächtigen sich seiner. Als die Morgenröte durch die Bäume schimmert, ist das Zelt bereits verpackt.
Rudolf verlässt langsam die Lichtung. Er ist sich sicher, dass er seine Flamme neu entfachen wird. Er hat ein Ziel gefunden. Eine Herausforderung und diesmal will er sich ihr stellen. Als er aus dem Wald tritt, ist der kleine Weg, der geradewegs hinauf durch die Felder führt, in Sonnenlicht getaucht. Ohne seinen Blick zurück zu wenden, schreitet er kräftig aus und ist bald hinter einem Hügel verwunden.
Tag der Veröffentlichung: 13.01.2011
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Widmung:
Es gibt immer einen neuen Weg und einen Neubeginn. Es ist möglich, auch für dich!