Ringsum ist es hell!
Wiesen gibt es hier nicht so viele, dafür aber alle Blumen der Welt. Alle Bäume und alle Sträucher. Schmetterlinge und andere zarte Insekten schwirren durch die Luft. Alles ist hier sanft und leise. Nichts Lautes stört. Stille liegt über dem Garten.
Jede Seele kommt hierher, wenn sie müde ist, denn hier ist der Garten der Seelen.
In der Mitte des Gartens steht eine Waage und alle Wege führen zu ihr. Vor dieser Waage sitzen zwei Seelen und schauen auf die leeren Waagschalen. Im Leben auf der Erde waren sie ein Liebespaar. Das heißt, sie hatten sich verabredet, hatten sich versprochen einander zu erkennen. Sie würden es spüren, wenn sie einander begegneten und ihre Herzen schneller schlugen, denn jede Seele weiß sehr genau, wie sich die Liebe anfühlt. Doch auf der Erde ist es nicht so einfach die andere Seele zu finden und dann zu erkennen. Sie hatten das große Glück einander zu begegnen und tief in der Seele erkannten sie sich wieder. Als sie sich das erste Mal sahen, fühlten sich sofort voneinander angezogen. Spürten, dass mehr zwischen ihnen war. Die Zeit zusammen verflog im Nu. Sie hatten die gleichen Interessen, wussten instinktiv, was der andere brauchte. Beschenkten sich von Herzen mit kleinen Überraschungen und erfreuten sich an dem Glück des Anderen.
Als sie sich trafen, da waren sie beide schon nicht mehr jung zu nennen und sie hatten beide schon viel erlebt. Der Mann wie auch die Frau. Auch da waren ihre Erinnerungen ähnlich, viele schön und sehr viele schwer.
Dennoch! Die Liebe ist zeitlos und stark - aber auch leise…..
Und so kam es, dass er nicht an ihre Zuneigung glaubte. Ihr Gefühl aber war stark und tief, jedoch konnte sie es noch nicht benennen. Es verband sie tief mit ihm und fühlte sich an, wie ein Geheimnis. Ihre Seele wartete auf den Teil von ihm, den sie schon lange in ihrem Innersten sah. Ohne diesen wahren Teil seiner Seele wäre es so wie bei vielen anderen Menschen, und genau das wollte sie nicht, denn die meisten Paare die sie kannte, waren nicht in Liebe miteinander verbunden. Sie verband oft nur die Gewohnheit des Alten und Bequemlichkeit.
Sie vertraute ihm ganz und gar, denn sie fühlte, dass zwischen ihnen etwas war, das aus der Zeit kam. Manchmal in der Nacht träumte sie davon und schrieb es auf. Es vergingen viele Jahre...
Er wollte nicht warten, hatte nicht die Geduld, kein Vertrauen zu ihr und suchte ruhelos weiter. Ging zu anderen Frauen und kam zurück zu ihr, seiner Seelengefährtin.
Sie wartete, verlangte nichts, nahm ihn so wie er war. War treu, aufrichtig und nur ihm zugewandt, er schien es nicht einmal zu bemerken, denn er sah sie nur im Außen. Er konnte nicht fühlen, sie nicht, sich selbst nicht und keinem anderen Menschen. Und wer nicht fühlt, ist nur in seinen Gedanken - die Gedanken aber irren oft. Sie erzählen von all dem, was mal war, vergleichen die Situationen und kenne die Liebe nicht.
Er konnte nicht fühlen, suchte nur nach dem Rat seiner Gedanken sein Glück - so vergingen die Jahre.
Im Garten der Seelen aber gibt es keine Zeit. Dort ist nur Stille und Frieden.
"Was legst du in deine Waagschalen", fragt die weibliche Seele?
„Du hast mich enttäuscht. Ich hatte mir Mühe gegeben um dich. Vorwürfe, Zweifel, Ängste wiegen sicher schwer", sagte er. Er legte seine Vorwürfe in seine Waagschale und sie wogen schwer. Sofort sank die Schale nach unten. Dann fragte er sie: „Und du, du hast nichts mitgebracht für deine Schale?“
„Doch“, sagt sie leise, „ich trage es immer bei mir, es ist meine Liebe zu dir“.
Sie hebt ihre Hand und holt aus der Brust ein lichtvolles Herz. Es schimmert und scheint fast durchsichtig, leicht sieht es aus. Behutsam legt sie es in ihre Schale, dann schaut sie ihn liebevoll an.
„Ausgeglichen mit Liebe“!
Jetzt lächelt er sie an.
„Komm, lass es uns noch einmal versuchen. Dieses Mal werde ich geduldiger sein, dass verspreche ich dir, denn ich will nur dich. Du die Frau und ich der Mann. Diesmal werde ich solange bei dir bleiben, bis wir einander in Liebe erkennen."
Es wird sehr hell und für einen kurzen Moment scheint ein Komet über den Garten zu fliegen. Dann wird es wieder still und warmes Licht senkt sich auf Blumen und Schmetterlinge.
Texte: copyright Gabriele Ende
Alle Rechte zur Veröffentlichung liegen bei der Autorin und Malerin.
Tag der Veröffentlichung: 11.08.2009
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Allen Menschen