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Aufgeregt stand ich an der Hecke die mich von dem Rund trennte das ich so gern begehen würde.
Die kleinen, sorgfältig geschnittenen Ästchen drückten mir durch Jeans und T-Shirt. Aber das war egal.
Jetzt, jetzt ging es los!
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen um noch mehr zu sehen, die Digitalkamera war schon im Anschlag.
Mit dem Objektiv hatte ich das erste Pferd das den Führring betrat schnell im Kasten, Ganzkörperaufnahme.
Der schicke Rappe tänzelte aufgeregt neben der Frau her die ihn führte. Die arme, hatte alle Hände voll zu tun um das Pferd ruhig zu bekommen.
Der Rappe sprang gerade fast in die Hecke, die ihn von den Zuschauern trennte.
Noch waren nicht allzuviele Leute am Führring, die meisten waren in ihr Programmheftchen vertieft, grübelten über ihre Wetten nach die sie bald setzen würden.
Die Startnummer vier kam in den Führring, ein netter Brauner. Er war die Ruhe selbst, schaute mal nach hier, mal nach dort.
Die Digitalkamera klickerte nur so vor sich hin. Das würden super Bilder werden!
Die Lautsprecherdurchsage bekam ich nur vage mit, eigentlich war ich voll im Fotofieber. Jedes Pferd wurde pinibel abgelichtet, Ganzkörper, auf mich zukommend, Kopfportrait...
Nach einem Blick auf die Uhr stellte ich das fotografieren ein.
Es war an der Zeit zum Geläuf zu gehen, ich wollte einen guten Platz ergattern um schöne Fotos zu bekommen.
Fotos wofür? Zum Spaß natürlich! Es war immer wieder herrlich...zu Hause ankommen, PC anschalten und Fotos anschauen, die schlechten aussortieren und mit den guten den tollen Tag noch einmal durchleben.
„Sehr verehrte Damen und Herren, herzlich willkommen auf der Galopprennbahn! Die Pferde für das erste Rennen betreten soeben das Geläuf und laufen in Richtung der Startboxen. Nichtstarter in diesem Ausgleich III ist die Nummer 10.
Der Boden ist heute von der Rennleitung als weich eingestuft worden.“
Meine Augen klebten an dem großen Übertragungsbildschirm schräg gegenüber von mir. Dort konnte man genau sehen wie sich die Pferde vor den Startboxen in einem großen Kreis gesammelt hatten, es ging im Schritt herum bis die ersten Pferde in die Boxen einrücken durften. Währendher konnte man genau verfolgen wie sich die Quoten der Wetten veränderten. Der nette Braune aus dem Führring wurde als Favorit gewettet.

„Die Pferde rücken nun in die Startboxen ein.“
Der Kommentator tat das was er tun musste, also beachtete ich seine Worte nicht weiter, fieberte voll dem Rennen entgegen und nahm noch ein paar letzte Einstellungen an meiner Kamera vor.
Wenig später wurde gestartet.
Die Pferde schossen aus den Boxen, die Jockeys spornten ihre Pferde an oder hielten sie, je nach Taktik, sogar zurück.
„Die Nummer 7 geht mit einer halben Länge in Führung, danach die Nummer 4 und an dritter Stelle das Hauptfeld anführend geht die Nummer 8.“
Einige Leute blätterten eilig in ihren Rennprogrammen, suchten nach den Namen der Pferde.
Das war mir egal, ich war für den netten Braunen und für gute Fotos vom Finish.
Die Pferde hatten den Großteil des Bogens, der in die Zielgerade führte hinter sich.
Langsam wurde die Menge aufgeregt, einige reckten sich über die Rails, andere murmelten vor sich hin.
Ich hatte meine Kamera im Anschlag, das prickelnde Gefühl in der Magengegend wurde stärker. Wer würde gewinnen?
Gespannt blickte ich nach vorn, so gut es ging, die Pferde kamen jetzt auf die Zielgerade.
Aus den Augenwinkeln beobachtete ich wie eine Frau ihr Kind auf die Absperrung setzte, da das Kind so besser sehen konnte.
„Entschuldigen Sie.“, freundlich sprach ich die Frau an.
„Ja?“
Verwundert sah mich die Fremde Frau an.
„Sie wissen dass es nicht erlaubt ist die Kinder da rauf zu setzen, auch wenn hier zwei Zäune sind. Die sind aus Plastik, wenn da so ein Rennpferd mit vollem Tempo ankommt und in den Zaun kracht, dann hat ihr Kind da auch nichts mehr davon.“
Die Frau sah mich mit großen Augen an.
„Ach, das passiert doch nicht.“
„Kann man nie wissen, hat es alles schon gegeben.“
Die Frau winkte ab, zuckte mit den Schultern.
Ich konnte mich gerade noch den Pferden zuwenden um zu sehen wie der nette Braune gewann.
Toll!
Fotos hatte ich nun aber keine mehr machen können.
Naja, im nächsten Rennen.
Wenn da nicht wieder die nächste Frau ihr Kind auf die Absperrung setzen würde.
Jedes mal machte ich die Leute darauf aufmerksam, fast jedes mal bekam ich ein Schulterzucken oder „Da ist doch noch mal ein Zaun dazwischen“ als Antwort.
Immer wieder regte ich mich darüber auf, über die Verantwortungslosigkeit der Eltern.
Würden Sie Ihr Kind auf der Autobahn auf die Fahrbanbegrenzungen sitzen lassen?

Kopfschüttelnd ging ich, nach dem die Pferde zurückgekommen waren, noch einmal am Publikum vorbei, zurück zum Führring.
Immerhin hatte ich jetzt ein paar nette Fotos schießen können.

Zwei Rennen später stand ich wieder an den Rails.
Das Rennen war gestartet und der Boden auf der Innenbahn war mittlerweile sehr in Mitleidenschaft gezogen. Kein Wunder, wie die Pferde dadrüberdonnerten.
Deshalb wichen die Jockeys nun beim Finish auf die Außenbahn aus, kamen also direkt vor den Nasen der Zuschauer vorbei.
Fotos konnte ich mir so fast schenken.
Was mich aber noch viel mehr ärgerte war, dass wieder einige Mütter und Väter ihre Kinder auf die Absperrung sitzen ließen.
Super, wenn man bedachte dass die Pferde jetzt mit etwa einem Meter Abstand an einem vorbeikamen...

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Tag der Veröffentlichung: 22.10.2008

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