Cover

Eins.




Es klopfte. Es kam nicht von der Tür, das merkte ich gleich, denn es hörte sich irgendwie hohl an. Es musste das Fenster sein. 02:19 Uhr zeigte die Uhr, mitten in der Nacht. Ich schaute zum Fenster und merkte, dass es schneite. Es klopfte wieder. Irgendetwas oder irgendjemand musste Steinchen an mein Fenster schmeißen, dachte ich mir. Ich stand auf und begab mich zum Fenster. Es war ein wenig angeschlagen, wegen der Kälte. Ich putzte es ein wenig mit meinen Ärmeln, schaute raus und entdeckte Shane. Mein Herz machte einen Sprung. Auch wenn es kalt war machte ich das Fenster ohne Weiteres auf. ,,Shane, was machst du denn hier?", versuchte ich zu flüstern. ,,Ich muss mit dir reden, es ist dringend Alex.'', gab er zurück. Ich fing an zu lächeln, doch innerlich war ich enttäuscht. Nicht enttäuscht von Shane, nur enttäuscht von mir selber, von meinen Erwartungen. Wie dumm musste ich schon sein und denken das er sowas wie "Ich wollte dich sehen." antworten würde. Ich kannte Shane von klein auf an und wir waren schon immer die dicksten Freunde gewesen, die aller besten Freunde. Und das war jetzt auch noch so, jetzt wo wir 17 waren. Doch leider war mir vor einem Jahr klar geworden, dass ich mehr für Shane empfand, als nur Freundschaft. Und das war eben das Problem. Es schien mir außerdem so, als könnte ich es irgendwie nicht abstellen. Außerdem war er in Joana verliebt, Joana, diese eingebildete dämliche Zicke, Joana, die Shane nur benutzten wollte. Das hatte ich gleich bemerkt, aber um meine heimliche Zuneigung zu ihm nicht auffliegen zu lassen, wollte ich erst mal nichts dazu sagen, da sie ja sowieso noch kein Paar waren.,,Okay, komm hoch.", antwortete ich ihm gelassen und ließ unsere selbst gebaute Strickleiter runter, die bis jetzt immer erfolgreich funktioniert hatte und wir eins für Notfälle gebastelt hatten. Natürlich hätte Shane auch zur Tür rein kommen können. Meine Eltern liebten ihn, eher gesagt tat das meine Mom hier und jetzt und mein Dad, er tat das auch, nur war er seit genau einem Jahr und 9 Tagen tot. Er hatte einen tragischen Verkehrsunfall gehabt. Es war ein ziemlicher Verlust, nicht nur für meine Familie und mich. Er war nämlich Polizeikomissar gewesen. Mein Dad war der Beste, nein er war es nicht, er ist es und wird es immer bleiben. Es machte mir schwer zu schaffen, immer noch. Das schlimmste daran war, dass ich mich nicht einmal erinnern konnte, was an diesem Tag geschah. Es war ein Black-Out. Ich weiß nur, dass ich 2 Tage darauf, in einer Klinik aufgewacht bin. Außerdem will mir niemand die Wahrheit sagen, was mit mir passiert war. Ich merke doch, dass sie mich anlügen, dass sie alle miteinander unter einer Decke stecken. Außerdem war Shane nach dem Tod meines Vaters, 3 Tage spurlos verschwunden. Er sagte, er hätte seine Oma besucht, da ihm durch den Tod meines Vaters klar geworden war, dass sie jeden Moment sterben könnte, immer hin war sie ja schon 85 Jahre alt. Ich glaubte ihm das bedingungslos. Aber seit dem Tod meines Vaters hatte sich Shane auch um Längen verändert. Er war wie ausgewechselt, auch wenn er immer noch der liebste Junge war, den ich kannte. Und angeblich soll ich vom Fahrrad gefallen sein, doch als ich versuchte die Wahrheit herauszufinden, stand mein Fahrrad, wie gewöhnlich und UNVERSEHRT im Keller. Es schien mir alles ein Rätsel.
Jedenfalls ist die Strickleiter-Methode praktischer, denn durch die Tür zu kommen, würde einfach zu viel krach machen. Shane kletterte hoch und stieg durchs Fenster. ,,Danke Alex, ich weiß das ich immer auf dich zählen kann.", bedankte er sich. Ich war neugierig und wollte wissen was er denn so Wichtiges mit mir zu bereden hatte:,,Nun, schieß los. Was gibt's denn so Dringendes?" Shane wurde rot, das bemerkte ich trotz der Dunkelheit in meinem Zimmer. ,,Joana will mit mir ausgehen und da sie ja ein Mädchen ist und du auch, ich meine du als meine beste Freundin.. ich dachte, du könntest mir vielleicht ein paar Tipps geben?", erzählte er schüchtern. Es fühlte sich wie ein Stich an, der gerade in mein Herzen auftauchte. Mein Herz verlangsammte sich und ich versuchte mir möglichst gut nichts anmerken zu lassen. Ich wollte ihm diesen Gefallen trotzdem tun, immerhin war er ja mein bester Freund. Ich antwortete ihm also:,,Nun ja, du solltest bei eurem Date nicht nur von dir reden. Du könntest sie auch mal fragenm was sie so für Sachen mag. Schenk ihr eben deine volle Aufmerksamkeit.",,Du bist die beste Alex und die Beste, Alex." Wir fingen beide an zu lachen, als er unseren Insider los ließ. Innerlich war ich trotzdem verletzt. Ich ärgerte mich einfach nur, wieso ich mich ausgerechnet in ihn verlieben musste? Unsere Freundschaft war mir trotzdem um Weites wichtiger. Außerdem könnte ich mir nie vorstellen, jemals mit Shane eine Beziehung zu führen. Trotz unserer engen Freundschaft waren wir viel zu verschieden. "Gegensätze ziehen sich an.", kam in mir der Gedanke auf, doch ich ließ ihn verschwinden, indem ich zu Shane sagte:,,Gut, dann wäre das jetzt geklärt. Nimms' mir nicht übel, aber ich würde gerne wieder schlafen gehen. Du hast auch nichts Besseres zu tun als Mitten in der Nacht hier vorbei zu schneien, huh?", wir lachten wieder. "Vorbei zu schneien", das hatte gepasst. Ich liebte es mit Shane zu lachen. Dieses Lachen, unser gemeinsames Lachen würde jede verwelckte Blume wieder aufstrahlen lassen, sie würde jedes Gewitter verscheuschen und jeden traurigen Menschen wieder ein Stück Hoffnung empfinden lassen. Ich begleitete Shane zur Strickleiter und schon war er verschwunden. Ich versuchte dieses Gefühlschaos zu unterdrücken, das Ganze mit Dad und jetzt das mit Shane, indem ich wieder in mein Bett stieg und versuchte einzuschlafen. Dies geling mir, jedoch gelang es mir nicht, dass Gefühlschaos abzuschalten, denn diese Nacht träumte ich zum ersten mal wieder von meinem Dad, von Shane von dem Tag vor einem Jahr und 9 Tagen.



Zwei.




Es war ein warmer Sommertag und wir waren mit Shane's Familie am Strand verabredet, das hieß, Mom, Dad, mein kleiner Bruder Joey und ich. Als wir dort an kamen waren Shane's Eltern schon da, nur von Shane fehlte jede Spur. Bevor ich überhaupt fragen konnte, wo Shane denn steckte, klingelte mein Handy und ich sah seine Nummer aufleuchten. ,,Hey Shane! Wo steckst du?",ging ich ran. ,,Alex, du musst mir jetzt genau zu hören und stell ja keine Fragen, sag deinem Vater einfach nur, dass ich in Schwierigkeiten stecke und...", die Leitung brach ab. Was war nur los? Wieso mein Vater, was hatte er bloß mit Shanes Schwierigkeiten zu tun? Ich fing an mir Sorgen zu machen, doch erzählte den Anderen besser nichts davon, auch nicht meinem Vater, denn ich wollte vorher noch herausfinden was er damit zu tun hatte, bevor die Situation peinlich werden könnte. Als mich Shanes Eltern fragten, ob ich vielleicht wisse wo Shane steckte, erfand ich, dass er noch einem Freund in seiner Werkstatt aushelfen war. Er kannte sich gut mit Autos aus, also war das eigentlich eine gute Ausrede. Meine Eltern waren mit Shanes Eltern beschäftigt, Joey badete mit Emily im Meer, Emily war Shanes jüngere Schwester und ich sonnte mich und versuchte andauernd Shane zu erreichen, doch immer nur schaltete sich die Mailbox an. Als ich genug von der Stimme der "Mailbox-Frau" hatte, sagte ich meinen Eltern, dass ich mich an der Fritten-Bude gerne bedienen würde und bat meinen Dad mich zu begleiten. Gesagt, getan. Als wir auf die Pommes warteten fing ich langsam an:,,Du Dad, sag mal, weißt du vielleicht von welchen Schwierigkeiten Shane reden könnte? Er rief nämlich vorhin an und bat mich dir auszurichten das er in Schwierigkeiten steckte." Der gefolgte Gesichtsausdrucks meines Vaters gefiel mir ganz und gar nicht. ,,Waasss?! Alex, wann war das? Wieso hast du mir nicht schon vorher Bescheid gesagt?!", schrie er mich an. Ich antwortete in einem leisen Ton:,,Ich wusste ja nicht...das war ungefähr vor einer halben Stunde." Und ich sah nur noch, wie sich mein Vater aus dem Staub machte. Was war hier los? Was für ein Geheimniss hatten die beiden, von dem ich nichts wusste?
Dann wachte ich auf.




Drei.




Ich verbrachte den weiteren Morgen damit, mir Gedanken über den Traum der letzten Nacht zu machen. Es hatte sich so echt angefühlt, als wäre das alles wirklich passiert, doch ich konnte mich keinesweges erinnern. Die Gedanken verflogen, als ich mich erinnerte, dass heute Montag war, das hieß: Schule. Ich schien gestern so unmotiviert gewesen zu sein, mich mal wieder auf den morgigen Tag, Montag, vorzubereiten, dass ich doch glatt vergaß, den Wecker zu stellen. So verschlief ich. Es war 09.20 Uhr. Die Pause fing an. Ich hetzte ins Bad, lass das Frühstück aus und rannte zur Schule. Mein Glück, das sie nur 3 Blocks entfernt war. Als ich dem Schulhof näher kam, sah ich auch schon Shane. Doch wer war das neben ihm? Und schon erkannte ich die roten Lippen, das blonde Haar, den kurzen Minirock: Joana. Joana, die sich in Shane's Arm einhackte. Welch eine Wut sich in mir ausbreitete. Trotzdem ließ ich mir nichts anmerken, als ich dann schon vor den beiden stand.
,,Hey ihr beiden.", begrüßte ich sie.
Shane antwortete:,,Wo hast du gesteckt? Die Medellson hat schon nach dir gefragt."
,,Ich hab' verschlafen.", gab ich zurück. Joana hörte nicht auf mich dumm anzustarren. Zu meiner Rettung lief dann Cassie an mir vorbei, die Cassie, mit der ich stets durch dick und dünn gegangen war und immer noch gehen würde. ,,Casssieeee, da bist du ja!",strahlte ich sie an und versuchte mich rauszureden, damit ich mich bloß von ihnen entfernen konnte und verabschiedete mich von Shane mit einer kurzen Handbewegegung. Natürlich wusste Cassie von meinen Gefühlen, die ich für ihn empfand.
,,Na, hast du mich wieder als Ausrede gebraucht?",fragte sie mich sarkastisch, denn natürlich kannte sie die Antwort.
,,Ich ertrag es einfach nicht! Wieso Joana, diese falsche Schlange? Ich wäre mit jeder Anderen zufrieden, aber wieso sie? Sie hasst mich, das sieht man ihr an."
,,Sie hasst dich nicht, sie ist nur eifversüchtig auf dich, dass du Shane's beste Freundin bist.", versuchte sie mir schön zu reden. Wir fingen an zu kichern weil wir beide die wirkliche Wahrheit kannten. Die Typen, auf die sie bisher stand, standen bis jetzt komischer weise zu 90% immer auf mich. Die Pausenklingel läutete und wir liefen zusammen in den Korridor. Cassie und ich gingen in eine Klasse. Als wir vor dem Klassenraum auf unseren Mathe Lehrer, Herr Vandercat, warteten (Miau!Miau!,das musste raus) erzählte ich ihr von meinem Traum. Sie reagierte komisch, irgendwie so, als würde sie wissen, was dahinter steckte. Doch ich ging nicht näher darauf ein, das konnte ich auch gar nicht weil die Katze im Anmarsch war. Der Schultag verlief nicht gerade so, wie jeder andere ab. Ich träumte ab und zu im Unterricht und wurde dummerweise gerade dann dabei ertappt. Ich hatte jedoch einen guten Grund, denn ich dachte über meinen Traum nach. Eigentlich war ich eine Musterschülerin, doch heute setzte ich aus. Als dann die letzte Stunde vorbei war, packte ich schnell meine Sachen zusammen und schickte Cassie ein "ich-ruf-dich-nachher-an"-Zeichen. Ich hatte es eilig nach Hause zu kommen, denn heute war mein Vorstellungsgespräch für ein Praktikum bei der Polizei. Ja, mein Traumberuf war Komissarin. Nicht nur, dass ich in die Fußstapfen von meinem Vater treten wollte, ich bewunderte sie schon immer, wie stark und mächtig sie im Fernsehen in den Kripo-Serien aussahen. Und so wollte ich auch aussehen, stark und mächtig... und dazu strahlten sie auch noch ein wenig Sexappeal aus. Außerdem waren sie für Gerechtigkeit und taten Gutes. Was war besser? Da kam mir ein schulisches Praktikum gerade recht. Gerade als ich los rennen wollte, packte mich eine Hand an der Schulter. ,,Wo willst du denn so schnell hin?", hörte ich Shanes Stimme fragen. ,,Ich habe doch heute das Vorstellungsgespräch für das Praktikum bei der Polizei, schon vergessen?",gab ich auf eine Art und Weise zurück, die irgendwie zickig klang. Ich wusste nicht wieso ich Shane so anzzickte, war es vielleicht wegen dem Traum? Oder schien in mir einfach ein Funken Eifversucht aufzuglühen? ,,Viel Glück!",antwortete er nur. Vielleicht hatte er es gar nicht bemerkt. Darüber wollte ich mir später Gedanken machen und ich verschwand auch schon. Zu Hause angekommen warf ich mich in Schalle und fuhr auch gleich los. Ich parkte vor dem Revier und ging in das Gebäude. Es war mir vertraut, noch von früher, als mein Vater hier arbeitete. Telefonate,Gespräche und das Klingeln des Telefons kamen mir entgegen. Außerdem war der Kaffé nicht zu überriechen. Da vorne war auch schon die Tür des Polizeioberkommissars. Ich klopfte vorsichtig und hörte ein schwaches ,,Herein.". Als ich eintrat hatte der Oberkommissar Taylor Johnson noch jemanden an der anderen Leitung und ich hörte den Wort-Fetzen zu. Er ließ mich aber nicht aus den Augen und lächelte mich an. Sein Blick verriet mir seine Gedanken, "das arme Mädchen". Er war ein guter Freund meines Vaters gewesen und deshalb, war er mir bekannt. Als ich noch ein kleines Mädchen war, durfte ich manchmal ausnahmsweise mit auf das Revier. Ich erinnere mich noch genau an das eine Mal, an dem ich Johnsons Donut klaute, ihn aber dann auf seinen Schoß plumsen ließ. Man, war das peinlich gewesen. Nun legte er auf. Ich stand immer noch in der Tür, bis er mich dann schließlich bat, mich zu setzen. Ich streckte ihm die Hand aus und lächelte. ,,Guten Tag Herr Johnson, ich bin wegen des Vorstellungsgesprächs hier." Er erwiderte meinen Handdruck. ,,Ach ja, die kleine Donut-Diebin",lachte er.", ,,Erinnerst du dich denn noch an mich? Dein Vater und ich waren früher gute Freunde gewesen.",er räusperte sich, ,,Ich würde dir gerne nochmals mein Beileid aussprechen. Er war ein toller Mann." - ,,Danke.", gab ich zurück. Weil die Situation für uns beide eher unangenehm war und wir besser nicht in alten Erinnerungen schweben wollten, kam er zum hauptsächlichen Thema zurück. Er erklärte kurz seine Aufgaben und fragte mich dann warum ich ausgerechnet hier ein Praktikum machen wolle und wie ich mir das vorstellen würde, wenn ich genommen werden würde, da die Zahl der möglichen Praktikanten hoch sei. Das Gespräch verlief schnell und war im Großen und Ganzen ganz gut gelungen. Wir verabschiedeten uns und er versprach noch, mich zu kontaktieren und sagte mir anschließend noch, dass ich meiner Familie Grüße ausrichten sollte. Ich verließ das Gebäude, mit einem Glücks-Gefühl, dass ich schon bald etwas Neues lernen könnte.



Vier.




Ich sah ihm nach, wie er sich beeilte, aus einem Grund, der mir nichtt bekannt war, ich aber unbedingt herraus finden wollte. Somit stand ich nicht länger an der Frittenbude und folgte ihm heimlich. Ich folgte ihm bis zu den Fahrradständern, an denen unsere Fahrräder lagen. Die Fahrräder, mit dennen wir hergekommen sind, weil es ja so ein schöner heißer Sommertag war. Der Strand war außerdem nicht weit von unserem zu Hause entfernt. Ich versteckte mich hinter einem Busch. Man, ich fühlte mich wie in einem Krimi. Als er los radelte, schnappte auch ich mir mein Fahrrad und folgte ihm, mit nötigen größeren Abständen, obwohl er ziemlich schnell fuhr. 15 Minuten vergingen bis er schließlich stoppte. Wir waren an einer abgelegenen Fabrik angelangt, die so aussah als würde sie leer stehen. Zu meiner Überraschung tat sie auch genau das. Mein Vater betrat das Gebäude und ich folgte ihm, blieb aber in der Tür stehen. Es war ein großes Gebäude, in der mein Vater zu sehen war. Etwas weiter hinten standen 3 dunkelgekleidete Typen, ziemlich breit. Sie sahen so aus als würden sie jemanden bedrohen, den sie bildeten einen Kreis. Ich hörte meinen Vater wie er "Hey!" schrie und sah dann nur noch Schwärze.



Fünf.




Ich war Schweiß gebadet, als ich Mitten in der Nacht aufwachte. 03:39 zeigte meine Uhr an. Von was träumte ich da bloß immer zu? Plötzlich klingelte mein Handy. Eine Unbekannte Nummer leuchtete auf. Ich nahm das Gespräch mit verschlafener Stimme an. ,,Hallo?", meldete mich. Nichts. Ich hörte nichts, außer einem Rauschen. Ich wiederholte mich. Dann legte der Unbekannte auf. Komisch. Wer war das bloß gewesen? Noch bevor ich länger darüber grübeln konnte, schlief ich wieder ein.



Sechs.




Wie immer war ein Schultag vergangen. Ich war zu Hause und wartete auf meine Mutter, die Essen mitbringen wollte. Mein Bruder Joe war noch in der Schule, bei seinem Nachmittagsunterricht. Während dem Warten hatte ich Cassie in der Schleife, die mir dem Neuen in ihrer Schwimmmanschaft berichtete. "...ein gut-aussehender Typ, mitte 19 und durchtrainiert, Latein-Amerikaner..", erzählte sie. Dann klingelte es. Das musste meine Mutter sein. Ich legte mit Cassie auf und bewegte mich zur Tür. Ich machte auf, doch niemand stand da. Ich schaute nach links, dann nach rechts, doch niemand weit und breit. Dann bemerkte ich unten auf unserem Ablege-Teppich einen Umschlag. "Alexandra Henning" stand in großen Druckbuchstaben darauf. Ich hob ihn auf und nahm ihn mit rein. Dann setzte ich mich auf die Couch und öffnete ihn. Es began sich ein Zettel darin, auf dem Stand:"Schon bald wirst du der Wahrheit ins Auge blicken, doch hoffentlich wirst du nicht daran erticken" Was sollte denn das bedeuten? In letzer Zeit häuften sich die seltsamsten Ereignisse. Ich rief Cassie an und erzählte ihr davon. ,,Das war bestimmt so ein Spinner, der nur Spaß machen wollte.",versuchte sie mich zu beruhigen. Dann klingelte es wieder an der Tür und meine Mom stand mit dem Essen bereit.
Am Abend saß ich auf meiner Fensterbank und schaute der Dämmerung zu, wie sie sich langsam in Dunkelheit verwandelte. Ich hatte nichts mehr von Shane gehört, seitdem er jetzt anscheinend ein Paar mit Joana war. Das nannte man wohl "besten Freund". Ich beschloß ihn morgen in der Schule darauf anzusprechen und legte mich hin.



Sieben.




In dieser Nacht hatte ich nicht geträumt, nicht geträumt, von dem Traum der mich die letzten Tage verfolgte und der Realität glich. Und das Komische war, dass mich das noch mehr verwirrte, als hätte ich diese Nacht wieder von ihm geträumt.
Als die Schulglocke die erste Pause ansagte, fing ich Shane ab, bevor er noch mit Joana rausgehen konnte und bat ihn, mit mir unter vier Augen sprechen zu können. Joanas Reaktion darauf spiegelte sich in ihrem Blick wieder, doch das war mir ziemlich egal. ,,Was ist denn los mit dir? Du bist so anders und melden tust du dich auch nicht? Ich glaube seitdem das mit Joanna...", ich konnte meinen Satz nicht beenden, denn schlagartig fing Shane an sich von der Seele zu reden. ,,Alex, es ist einfach so, dass es besser wäre, wenn wir unseren Kontakt abbrechen würden. Das wäre besser für uns beide. Und frag nicht wieso, denn eine Antwort würdest du nicht kriegen. Vertrau mir einfach, dieses letzte mal. Du weißt das ich noch nie dein Vertrauen missbraucht habe...", er schaute dabei auf den Boden, nicht in mein Gesicht. Ich stand reglos da. Spielte denn jetzt etwa die ganze Welt verrückt!? Ohne zu Antworten, ließ ich ihn da stehen. Mir fielen einfach nicht die schlagfertigsten Worte ein, um ihn fertig zu machen. Ja, das wollte ich im Ernst tun. Wie konnte er diese innige Kindergarten-Freundschaften einfach von Heute auf Morgen wegschmeißen? Das traf mich so sehr, dass ich einfach nur nach Hause wollte und die restlichen Schulstunden blau machte. Den Rest des Tages blieb ich nur im Bett und starrte meine Zimmerwand an, meine grüne Zimmerwand. Grün, wie Shane's Augen. Grün, wie das Shirt, dass er heute trug. Grün, wie das Gift der Schlange, die den Namen Joanna trug.



Acht.



Diese Nacht träumte ich wieder nicht von dem Traum, der mich kalt werden ließ, da ich meinen Vater wieder sah, das erste mal wieder nach seinem Tod, abgesehen auf Bildern. Nein, diese Nacht konnte ich kaum schlafen und wenn ich schlief, dann träumte ich von Shane. Weil er mich so geprägt hatte, meldete ich mich bis zum Ende der Woche krank. Das war eine Seite, die ich an meiner Mutter einfach liebte. Sie konnte mich verstehen und wenn mir mal nicht gut war, sei es wirklich krank oder "krank", stand sie stets hinter mir und unterstütze das meistens. Ich schlief bis 14 Uhr und wurde von einer schwachen Sonne, die versuchte, sich durch die Wolken zu drängeln. Ich schaute auf mein Handy und sah 5 Anrufe in Abwesendheit. 4 waren von meiner besten Freundin Cassie, auf sie war Verlass, sie machte sich gleich Sorgen, wenn ich mal nicht da war. Und einer war vom Polizeirevier. Da wollte ich doch mal gleich zurück rufen. Gesagt, getan. Herr Johnson ging auch gleich ran und brachte mir die freudige Nachhricht entgegen, dass ich als Praktikantin ausgewählt wurde. Endlich mal etwas Gutes. Ich machte Freundensprünge, bedankte mich etliche male und legte dann auf. Zu gut, dass das die letzte Woche vor dem Praktikum war. Und mein Glück, dass ich trotz später Bewerbung, genommen wurde. Da hatte mir wohl Vater einen Gefallen getan und mir einen Praktikumsplatz verschafft. Ich rief sofort Cassie zurück und teilte ihr die erfreudigen Nachhrichten mit. Ich war überglücklich, bis sie mir dann erzählte, was heute in der Schule gelaufen sei. Shane hatte eine Schlägerei angefangen. Was ist nur aus Shane geworden? So war er mir überhaupt nicht bekannt. Shane war eigentlich schon immer der netteste und liebste Junge, den ich je kannte. Ich hörte die Tür in sich fallen. ,,Aaaaallleexxxx, hast du Essen gemacht?", hörte ich die nervige Stimme meines kleinen Bruders schreien fragen. Ich legte mit Cassie auf und weil ich ja ach nichts Besseres zu tun hatte, bekochte ich meinen Bruder.
Spät am Abend klingelte mein Handy. Erneut war mir die Nummer unbekannt und als ich dann ran ging, hörte ich wieder nur dieses Rauschen, dieses dämliche endlose Rauschen, das mich dauernd anruft.


Neun.



Wieder hörte ich sie, seine Stimme. Die Stimme meines Vaters wie sie "Hey!" rief. Die Typen drehten sich um und ich erkannte Shane, der von ihnen umzingelt war. Ich verstand nicht, was mein Vater mit diesen komischen Typen beredete, doch ich sah wie er ihnen eine Menge an Geld gab. Wer war das? Und wieso gab er ihnen so viel Geld? Was war hier eigentlich los. Nun kamen die Typen in meine Richtung, sie wollten wahrscheinlich abhauen. So schnell ich reagieren konnte versteckte ich mich wieder. Die Typen kamen aus der Tür und ich hoffte, sie würde mich nicht entdecken, in meinem winzigen Versteck. Etwas weiter standen drei Motorräder. Als sie alle drei kurz davor waren los zu fahren, schaute einer der drei, ein ziemlich dünner aber großer Typ, der sich bestimmt darüber freute, dass ihm bereits 3 Barthaare auf der Brust wachsten- so sah er jedenfalls aus -, in meine Richtung. Ich kniff mir die Augen zu, als wäre ich nicht da, als gäbe es mich nicht, als würde ich nicht existieren, nicht an dieser Stelle im Busch, da wo ich lauerte und hoffte sie würden mich nicht bemerken. Dann, als ich meine Augen nach 10-Sekunden-Zählen wieder öffnete, waren sie zum Glück verschwunden. Und das Fahrrad meines Vaters stand auch nicht mehr da.



Zehn.



Tage vergingen, an dennen ich darüber nachdachte was mit Shane los war, was diese Träume zu bedeuten hatten, was es mit dem Anruf auf sich hatte und mit dem komischen Brief. Ich schien wie in Trance. Das war alles, was meine Gedanken streiften. Es war Sonntag. Ich verbrachte den Tag damit, mich auf morgen vor zu bereiten, auf den Anfang meines 2-Wöchigen Praktikums. Ich konnte es kaum erwarten und es konnte kein besserer Augenblick sein als jetzt, denn es war die ideal Ablenkung, Ablenkung von Shane, von Dad, von der ganzen verrückten Welt, die sich um mich drehte.



Elf.



Es war so weit. Heute begann das Praktikum auf dem Polizeirevier. Ich war so aufgeregt, dass ich Kannen von Koffein in mich reinschüttete. Unten wartete schon das Frühstück auf, samt meiner Mutter und Joe. Wir aßen zusammen und ich verließ das Haus pünktlich. Kurze Zeit später, als ich gerade einen Parkplatz gefunden hatte und ausstieg begegnete mir Jeff Thomson, einer Schüler aus meiner Klasse. ,,Alexandra, welch eine Freude dich hier zu treffen.",sagte er ausführlich. Er war zwar ein schräger Vogel, trotzdem sehr nett. ,,Ja, Jeffrey, die Freude liegt ganz auf meiner Seite.",antwortete ich ihm und machte mich insgeheim darüber lustig.
,,Hast du schon von der Schlägerei gehört, in der Shane verwickelt war?", fragte er mich.
,,Ja, ein bisschen, aber so ganz Genau weiß ich nciht, was eigentlich los war.",antwortete ich ihm,"Du, ich muss jetzt auch los, man sieht sich und ein schönes Praktikum",fügte ich hinzu und verschwand. Ich wollte momentan alles andere als von Shane wissen. Um genau zu sein, gerade das Gegenteil. Als ich im Revier ankam, begrüßten mich alle ganz freundlich. Einer der Komissare, ein Mitte 50-Jähriger, kleiner, braunhaariger Bierbäuchler, weiste mich in die grundlegenen Aufgaben ein, die ich zu erfüllen hatte. Diese bestanden aus Kaffé zubereiten und Donuts holen. Nein, das war ein Scherz, klar war das auch dabei, aber ich durfte auch die Aktien einordnen oder eine neue anlegen, so wie sie bearbeiten, aber das nur unter Aufsicht. Außerdem durfte ich, wenn möglich, mal mit auf die Streife.
Mein erster Tag verging schnell und verlief erfolgreich. Ich war hungrig und rief Cassie an, ob sie vielleicht Lust hätte, mit mir was Essen zu gehen und sie stimmte zu.
Als wir im Restaurant saßen erzählten wir uns von unseren jeweiligen Praktikas. Es war schön, mit seiner besten Freundin etwas Essen zu gehen, bis sie dann mit dem berüchtigten Thema Shane

anfing.
,,Sag mal, hast du eigentlich was von ihm gehört?",fragte sie mich.
,,Nein.",gab ich schlicht zurück, so als würde mich das nicht wirklich viel interessieren.
,,Alex, du musst mir nichts vormachen, ich weiß wie sehr es dich verletzt. Aber Menschen ändern sich eben, aus welchen Gründen auch immer. Außerdem hast du noch mich.",antwortete sie.
,,Ja ich weiß das ich dich habe und das freut mich auch, deswegen tu mir den Gefallen und lass uns das Thema Shane

bitte beenden,ja?",versuchte ich ohne einen verzweifelnden Unterton zu antworten.
Sie willigte ein, wir bezahlten und verabschiedeten uns. Es war schon 9 Uhr abends und ich fuhr nach Hause. Es war ziemlich dunkel, immerhin war es ja die Winterzeit und die Uhr war schon einige Monate zurück gestellt worden. Als ich an der Ampel der Wayne-Bridge-Avenue stand, überquerte ein Junge, der Shane ähnelte die Straße. Ich merkte, dass er ihm nicht nur ähnelte, sondern Shane war. Ich schaute ihm nach und ich sah das er ziemlich traurig aussah. Die Ampel schaltete auf grün. Obwohl ich jetzt rechts abbiegen musste erfüllte ich das Verlangen meines Herzens und biegte links ab, so dass ich Shane folgte. Ich kurbelte das Fenster runter und rief ,,Shane, was ist los mit dir?" Er war erschrocken mich zu sehen, dass sah ich ihm an. ,,Alex, mach es nicht schwerer als es ist.",antwortete er und rannte weg. Er rannte fort. So wie mein Vater er getan hatte, als ich ihm mitgeteilt hatte das Shane in Schwierigkeiten steckte. Irgendwas stimmte da doch nicht und egal was es war, ich war fest enstchlossen es heraus zu finden.


Zwölf.



Sie waren weg. Alle miteinander. Jeder einzelne der 3 Typen, als auch mein Dad und Shane. Ich wollte gerade aus dem Busch heraus springen, als mich jemand von hinten packte.
,,Ich hab euch doch gesagt, dass uns jemand beobachtet, Jungs!",rief eine fiese verdreckte Stimme. Er hielt mir den Mund zu. Es war der dünne lange Typ, der in meine Richtung geschaut hatte. Ich saß in der Patsche. Die 2 anderen Typen kamen sofort angerannt und packten mich an Beinen und Armen. Einer war ziemlich dick, hatte sich wohl zu viel für die Winter-Saison angefressen. Der Andere war klein und hatte eine Glatze trug aber einen Vollbart, was ziemlich witzig aussah, weil sich das irgendwie widersprach. Sie schleppten mich in die Lagerhalle der Firma und ließen mich auf den Boden plumsen.
,,Sag schon, wer hat dich geschickt?",wollte mich einer der drei ausquetschen.
,,Geschickt?Wieso geschickt?...Niemand hat mich geschickt.",antwortete ich ängstlich.
Dann drohte mir einer:,,Lügen haben kurze Beine und deine werden noch kürzer, wenn du nicht sofort mit der Wahrheit rausrückst!!"
,,Ich schwöre es, niemand hat mich geschickt. Ich habe nur einen Ohrring im Busch verloren und ihn gesucht",versuchte ich mich raus zureden. Dann lächelte mich einer der drei an und fing an mich zu betatschen. Ich fing an um Hilfe zu schrien, bis mir einer ein labbriges Taschentuch vor den Mund drückte ,,Maul halten, Kleine!",sagte der dickste der Drei in einem fiesen Ton.
,,Was machen wir bloß mit ihr?!",grübelte der dünne Lulatsch. Der Winzling und der Dicke grübelten mit, bis sich alle mit einem Strahlen in den Augen an sahen, dass nix Gutes zu bedeuten hatte.
Dann sah ich mich, verwundet, reglos und wie tot, in der Ecke des Lagerhauses liegen.





Dreizehn.



Ich war am verzweifeln! Was zum Teufel hatte ich da geträumt? Es schienen wie Filmrisse. Das war doch nicht mehr normal, das sich ein Traum fortsetzt, so wie, wenn man wärend eines Films Play und Pause drückt. Ich fühlte mich einfach nur schrecklich. Es war 5 Uhr morgens und es war mir egal, ob meine Mutter schlief. Ich war fest entschlossen ihr davon zu erzählen, von den Träumen, die mich Nacht für Nacht heimsuchten und prägten. Ich klopfte. Nichts kam zurück. Wie auch zu erwarten, meine Mutter schlief natürlich. Trotzdem ging ich rein und kroch in ihr Bett.
,,Mom!'',flüsterte ich leise.
,,ZzZzZzZz..",hörte ich sie dösen.
,,Moomm!", sagte ich nochmal, in verstärkter Lautstärke.
,,Liebes, was ist denn?",antwortete sie erschrocken und in definitiv verschlafener Stimme, als hätte sie 5 Flaschen Alkohol zu sich genommen.
,,Ich muss mit dir reden.",erklärte ich ihr. Und ich fing an zu erzählen, von dem Traum, von den Anrufen, dem Brief, von dem Treffen mit Shane neulich. Ich hörte nicht auf zu reden, ich redete mir,wie ein Wasserfall, alles von der Seele. Eigentlich dachte ich, dass meine Mutter mir nicht richtig zuhören würde, immerhin hatte ich sie ja aus ihrem Tiefschlaf geweckt, doch ganz im Gegenteil. Mein ununterbrochenes Reden schien sie zu Wecken und sie fing an zu reden, zu erzählen, was damals, an dem Tag, an dem mein Vater gestorben war, mit mir geschehen ist.
,,,,Shane fand dich.. du lagst in einer Lagerhalle am anderen Ende der Stadt. Er sah dich dort liegen halb am verbluten. Er versuchte dich wach zu bekommen, doch nichts nützte. Er rief die Polizei und einen Krankenwagen und uns an. Wir kamen sofort zu der Stelle, wo er dich gefunden hatte und fuhren dann mit dem Krankenwagen ins Krankenhaus.",ich sah wie meiner Mutter eine Träne runterkullerte,"Die Ärzte sagten du würdest eine Gehirnerschitterung haben und du dich, wenn du aufwachen würdest, an einige Dinge nicht mehr erinnern könntest. Keine Stunde verging, an der wir nicht an deinem Bett saßen und hofften das du aufwachst, Shane, dein Vater und ich. Ich ließ Joey bei Shane's Eltern, ich wollte ihn nicht beunruhigen. Jedenfalls sah ich in den Gesichtern von Shane und deinem Vater einen ungewöhnlichen Blick, ein Blick der förmlich vor Wut und Trauer schrie. Shane verschwand dann ganz plötzlich, als ich von der Toilette zurück kam. Mein Engel... du sahst so friedlich aus, auf dem Bett.. ich..ich wollte dir nie was davon erzählen um dich nicht nochmal denselben Schmerzen auszusetzten...",meine Mutter weinte los und auf's Wort tat ich das auch. So wie ich mir, wie ein Wasserfall, alles von der Seele geredet hatte, weinte ich jetzt der gleichen. Ich weinte die Tränen, die ich Wochenlang, Monatelang unterdrückte. Alles kam raus. Meine Mutter und ich umarmten uns und ich weinte weiter.


Vierzehn.



Tage vergingen und ich kannte die Wahrheit, ich wusste jetzt, warum ich mich all die Monate nicht daran erinnert konnte, was passiert war. Ich wusste es und ich konnte es nicht glauben. Ich konnte es nicht verarbeiten, noch nicht, weil ich außerdem wusste, dass ich nicht die ganze Wahrheit kannte. Wohin war Shane verschwunden und was hatten er und mein Vater vor mir und allen Anderen verheimlicht? Mir war klar, dass ich um mit diesem Kapitel abzuschließen, die ganze Wahrheit, jedes einzelne Detail, herrausfinden musste.
Trotz meiner übelst schlechten und depressiven Laune, wollte ich keinen Tag meines Praktikums versäumen. Heute war schon der 5 Tag und ich hatte mich gut eingelebt. Als ich gerade beim Aktien sortieren war, klingelte das Telefon von Mister Johnson. Er nahm ab und teilte mir dann mit, dass er sofort weg musste, "ein dringender Notfall", hieß es. Er sagte ich sollte einfach weiter machen und mich nicht von meiner Arbeit abbringen lassen. Ich wollte gerade die vorletzte Aktie einsortieren, als mir ein Stappel der Akten vom Tisch fiel. Mein Glück, dass Mister Johnson jetzt nicht hier war und meine Nervosität und Ungeschicklichkeit mit bekam, doch immerhin hatte ich einen Grund. Es war nicht leicht, jetzt die Wahrheit zu kennen und zu versuchen mit ihr umzugehen. Ich sammelte sie auf und entdeckte plötzlich eine Aktie, die meinen Nachnamen trug, "Henning", stand darauf. Ich grübelte, ob vielleicht ein Verwandter, wie z.B. ein Onkel, irgendetwas ausgefressen hatte. Aus reiner Neugier, wollte ich nur einen kurzen Blick reinwerfen, und da es kein besseren Zeitpunkt gab, tat ich das auch.
Was ich dann las, ließ mir das Blut in den Adern gefrieren. Es ging um meinen Vater. Um seinen Tod. Bei der Seite der Todesursache, stand alles andere, als die Geschichte von dem tragischen Verkehrsunfall. Mein Dad war nicht ausversehen von der Autobahn abgekommen, irgendjemand hatte sein Auto manipuliert. Mein Vater wurde ermordert. Die Polizei hatte uns das verschwiegen, um uns wahrscheinlich nicht zu beunruhigen oder sowas, obwohl sie das eigentlich strafbar machte. Jedenfalls liefen die Ermittlungen immer noch, aber komischerweise nicht gegen den Täter.Da stand nämlich das er tot aufgefunden worden war, er aber 2 Komplizten hatte. Moment! Könnte das vielleicht irgendetwas mit den Männern zu tun haben... diese Männer..von meinem Traum,der die Realität ist!? Vor Schreck ließ ich die Akte fallen. Mein Handy klingelte. Ich sah wieder diese unbekannte Nr darauf und ging ran, mit einer Stimme, die selbst ich nicht von mir kannte. Ich stand den Tränen Nahe und hörte wieder dieses Rauschen. "Wer bist du und was willst du von mir,verdammt!!?",ließ ich einen Schrei der Verzweiflung los. "Alex, bitte komm in 10 Minuten an die alte Eiche im Park." und die Verbindung brach ab. SHANE! Es war Shane gewesen. Ohne großartig über dieses komische Gespräch nachzudenken, räumte ich in Eile alle Aktien weg. Als ich die letzte Aktie in der Hand hatte, die Aktie, die was mit meinem Dad hatte, hielt ich noch einige Sekunden fest. Es kullerte eine Träne runter, direkt auf den Umschlag der Aktie. Ich steckte sie weg, bevor sie noch so aussehen würde, als hätte ich Wasser darauf geschüttet. Dann packte ich meine Sachen und ging.


Fünfzehn.



Ich war da, wo er mich hin bestellt hatte. Ich stand unter ihr, unter der alten Eiche. Doch von ihm war keine Spur. Ich setzte mich auf die Bank und fing an über alles,was geschehen war nachzudenken. Über den Tag, an dem mein Vater starb und ich zusammen geschlagen wurde, über die letzten Wochen, die Rätsel die mir eine höhere Macht scheinbar auf stellte, weil diese es anscheinend für richtig hielt, dass ich die Wahrheit kennen sollte. Mein Kopf war am platzen. Für einige Momente, schwankte ich sogar mit dem Gedanken, einfach alles hin zu schmeißen. Aber ich wusste, dass es keine Lösung war und außerdem nur zeigen würde, wie schwar ich tief im Inneren war. Mein Sternzeichen war Stier und ich benamm mich auch immer dementsprechend. Ich konnte auch diese Hürde einfach überspringen.
Ich hatte die ganze Zeit über auf den See geschaut, so dass ich gar nicht bemerkte, dass Shane angelaufen kam. Er setzte sich, ohne ein Wort zu sagen, neben mich. Wir saßen da und es fühlte sich an wie früher, als wir noch die besten Freunde waren, ich aber insgeheim meine Gefühle unterdrückte, früher, als wir unendlich schienen. Es war ein schönes Gefühl, ihn an meiner Seite zu haben. Ich traute mich nicht ihn an zu sehen, immerhin hatten meine Mutter und er, mir all die Monate was vorgespielt, auch wenn sie es nur gut gemeint hatten. Aber irgendetwas in mir drin, wollte Shane die Meinung sagen, wollte ihn anschreien und einfach alles raus lassen. Bevor ich das tuen konnte, fing er schon an.
,,Es ist nicht leicht Alex, du weißt gar nicht wie ich mich gerade quäle, aber früher oder später musst du die Wahrheit wissen, ich bin es Leid dich so zu sehen, so unwissend." Ich unterbracht ihn:,,Ach ja, das fällt dir aber früh ein. Du weißt gar nicht wie dumm ich mir vor komme Shane! Es tut mir leid für dich, aber ich kenne die Wahrheit schon." ,,Nein, du kennst sie nicht, du kannst sie nicht kennen, da sie niemand kennt. Außer ich... und dein Vater. Lass mich dir erzählen, was an dem Tag wirklich geschehen ist, als dein Vater gestorben ist." Ich antwortete nicht, gab ihm aber das Gefühl, dass ich aufmerksam zu hörte. Er fuhrt fort:,,Ich habe vor einem Jahr ziemlich krumme Dinge abgezogen..dealen und so. Ich bin in ne' schlimme Szene reingerutscht. Und dein Vater wusste davon, er hatte mich einmal erwischt und wollte mir reinen Kopf machen, aber ich war dumm und habe nicht auf ihn gehört. Ich hab einfach weiter gemacht und rutschte immer tiefer rein. Und dein Vater musste mir versprechen, dass er niemandem etwas davon erzählt, denn ich hatte auch etwas gegen ihn in meiner Hand. Ich will es dir am liebsten gar nicht sagen, denn du hälst ja so viel von deinem Vater. Das verstehe ich auch, er war ein toller Mann, nur konnte er nicht die Finger von anderen Frauen lassen. Ich habe ihn gesehen, wie er eine andere Frau geküsst hat." Dieser Satz ließ mein Herz stehen blieben. Ich saß mit offenem Mund da. Das konnte doch nicht sein! Nein, das war nicht wahr, wie konnte Shane so etwas sagen. Mein Vater hatte meine Mutter geliebt, da war ich mir hunderprozentig sicher. Shane legte mir eine Hand auf die Schulter, doch ich schüttelte sie ab. Er begann weiter zu erzählen. ,,..Nun ja, wir hatten also einen Pakt. Wir versprachen beide nichts zu erzählen. Doch im Gegenzug musste ich ihm außerdem versprechen, mit dem ganzen Scheiß aufzuhören. Das wollte ich auch wirklich, nach meinem letzten Deal. Und dann war dieser Tag da. Wir waren mit euch verabredet, am Strand, doch ich hatte vorher noch etwas zu erledigen. Ich schuldete 3 Typen Geld, doch ich hatte es nicht. Ich versuchte mit ihnen zu reden, doch sie ließen nicht locker. Dann rief ich dich ja an, und dein Vater traf darauf kurze Zeit später ein. Er gab ihnen das Geld und rettete mich. Ich war ihm so dankbar. Dann wollten wir zurück zu Strand fahren. Nur auf dem halben Weg, fiel mir ein dass ich meine Mütze vergessen hatte, die mir mein Onkel, der gestorben war geschenkt hatte. Du weißt, welche ich meine. Jedenfalls sah ich dich dann so liegen. Ich rannte zu dir, versuchte mit dir zu sprechen, doch du warst bewusstlos. Ich rannte aus der Lagerhalle raus, und sah in weiter Ferne die 3 Typen, wie sie weg fuhren. Ich schwor mir, Rache zu nehmen. Ich rief die Polizei und einen Krankenwagen. Deine Eltern natürlich auch und wir begleiteten dich ins Krankenhaus. Ich wollte nicht länger warten, hatte solch eine Wut in mir. Ich erzählte deinem Vater nichts davon, was ich wusste, wer dir das angetan hatte. Ich wollte nicht das er mich davon abhalten würde, immerhin war er bei dir Polizei und er würde es auf die harmloseste Art und Weise regeln. Also machte ich mich aus dem Staub und lauerte den Typen auf. Glücklicherweise, wusste ich genau, wo sie immer rumhingen. 3 gegen 1 würde ich ja hunderprozentig verlieren, deswegen wartete ich bis einer von ihnen zufällig alleine war und lauerte ihm auf. Das tat ich dann auch..doch...aber...ich...",er machte eine kurze Pause und ich sah wie sich Tränen in seinen Augen bildeten, ,,Ich war so wütend und voller Hass, dass ich ihn nicht nur zusammen geschlagen hatte. Es war keine Absicht, wirklich nicht, ich wollte ihm einfach nur das an tun was er dir angetan hatte aber dann prallte er blöderweise mit dem Kopf an eine Kante. Und er war tot. Ich haute ab, ich hatte so Schiss in den Knast zu kommen. Ich wollte einfach weg und entschloss mich den nächsten Zug nach irgendwo hin zu nehmen. Wie du weißt, hörte man 3 Tage nichts von mir. Ich war nicht bei meiner Oma, wie ich dir erzählt hatte. Ich wusste keinen Ausweg mehr, außer wegzulaufen. Aber der Gedanke an dich, trieb mich zurück. Hätte ich weiter so gemacht, hätte ich sowieso keine Zukunft mehr gehabt. Ich schlief unter Brücken und hatte nichts zu essen. Als ich dann wieder zurück kam, erfuhr ich von dem Tod. Die Typen müssten gedacht haben, dass nicht ich dahinter steckte, sondern dein Vater. Sie haben ihn meinet wegen umgebracht",wimmerte er. Er weinte, doch versuchte sich zusammen zu reißen.,,Alex, du musst wissen, ich.." Ich fing an zu schreien, fing an zu heulen und ich knallte ihm eine. Er saß reglos da, doch sagte dann ,,Ich hab es verdient, schlag mich so oft du willst, doch Alex, ich...ich liebe dich!!

Das habe ich schon immer getan und wenn du dich jetzt fragst, was das mit Joana sollte..ich wollte doch nur alles vergessen, das mit deinem Vater, das mit dem dealen, alles und da gehörtest du auch dazu. Aber da mir unsere Freundschaft um Längen wichtiger war, habe ich etwas gesucht, wie ich dich nicht ganz vergessen muss, sondern nur meine Gefühle zu dir aber die Freundschaft dennnoch erhalten bleibt. Und da war Joana die perfekte Gelegenheit." Als ich was sagen wollte, bekam ich nichts raus, ich weinte zu sehr, ich schrie förmlich und dann sah ich nur noch schwarz.


Sechszehn.



Weiß, ich sah überall nur weiß. War ich etwa im Himmel? War ich tot oder war alles, was Shane mir gerade erzählt hatte nur ein schrecklicher Alptraum? Nein. Ein weißes Zimmer. Es war ein weißes Zimmer, in dem ich mich liegen sah. Ich war im Krankenhaus. Ich konnte mich wirklich sehen, ich lag ohne zu Zucken da, meine Augen waren geschloßen. Bin ich in nem' schlechten Film? Wieso konnte ich mich sehen? Ich hatte schon davon gehört, dass wenn mann im Koma lag, die Seele aus dem Körper austritt und man trotzdem die Umgebung herum mit bekam. Ich sah meine Mutter am Bett. Sie weinte und hielt meine Hand ganz fest, was ich zwar nicht spüren konnte, aber ich sah es. Ich verließ das Zimmer und sah Shane davor. Er hielt seinen Kopf in beiden Händen und sah ziemlich traurig aus. Er weinte sogar. Ich hatte keine Ahnung was ich tun sollte. Er war aus einem unbeabsichtigten Grund, der Grund, wieso mein Vater jetzt tot war. Er übernahm die Verantwortung dafür. Aber er war mein bester Freund. Und ich liebte ihn. Außerdem hatte mein Vater meine Mutter betrogen. Was sollte ich denn jetzt bloß tun? Ich beschloss, erst einmal in Freiheit und Unabhängigkeit zu bleiben, weg von meiner Welt, weg von meinem Körper, meinem Leben und allen Dingen, die meinen Kopf quälten und ging den weißen Gang entlang. Weg laufen war nicht meine Art, aber irgendwann kommt man an dem Punkt angelangt, an dem man einfach ein Time-Out braucht, deshalb folgte ich dem Licht, das am Ende des Tunnels schien und mich an die Tage erinnerte, wo ich glücklich war, glücklich mit meiner Familie und glücklich mit Shane, da wo er und ich unendlich schienen

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Tag der Veröffentlichung: 30.12.2009

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