„Und das hier ist unser Tresor“, die adrett gekleidete Dame von der Marketingabteilung der Zentralbank machte eine ausladende Geste. „Eigentlich ist es ja mehr ein Tresorraum, wie sie sehen können, ist hier sehr viel Platz. Wenn sie mir jetzt bitte hinein folgen wollen.“ „Ehy ich geh nich in den schwulen Tresor, die verkackte Tür geht zu und ich verreck, so Spastie mäßig, mit Zuckungen und Kotze aus dem Maul.“, hallten die Worte eines der Heranwachsende durch die hohen, mit Marmorsäulen ausstaffierten Hallen der Bank.
Abseits des Trubels, den die Schulklasse verbreitete, stand ein Mann an einer der Marmorsäulen gelehnt. Den Blick hielt er in Richtung des offen stehenden Tresors gerichtet. Vollkommen ruhig und unbeteiligt, beobachtete er die lauten Kinder. Die Empfangshalle in der er stand, besaß eine mit Stuck und Ornamenten reich verzierte Decken, die hoch über dem Boden aus edlem italienischen Marmor thronte. Der ganze Raum war so entworfen wurden, dass jeder der ihn betrat sofort ehrfürchtig Begriff – hier residierten Macht und Geld. Die Kinder faszinierten ihn. Die meisten verhielten sich desinteressiert, redeten miteinander oder beschäftigten sich mit ihren Handys. Unruhe stiftete lediglich ein Schüler der Klasse. Er schätzte ihn auf circa 17 Jahre. Mit weitem Basketball Shirt, aufgepumpten Oberarmen und einer dicken, deutlich zu langen Goldkette um den Hals, war er nicht zu übersehen. Mit seinen Homies als Rückendeckung näherte er sich gerade einem der Wachmänner, die neben der Tresortür postiert wahren. „Ehy Opa, geile Knarre hast du da.“, seine aggressive Stimme erfüllte die ehrwürdige Halle und die meisten der anwesenden richteten ihre verwunderten Blicke auf den rüpelhaften Teenager. Dieser genoss sichtlich die Aufmerksamkeit. Wie ein Künstler, der nach einer grandiosen Vorstellung im frenetischen Jubel seines Publikums badet, drehte er sich einmal um seine eigene Achse. Mit traumwandlerischer Sicherheit passte er den perfekten Moment für das Finale seiner Vorstellung ab. Langsam hob er seine Hand und streckte sie in die Richtung des Waffengürtels des Sicherheitsbeamten aus. Der Beamte schien von der Choreografie dieser Darbietung so gefangen genommen worden zu sein, dass er einen Liedschlag lang zögerte, ehe seine an trainierten Reflexe die Kontrolle übernahmen. Die Hand des Wachmannes schnellte nach vorne um den Angriff des übermütigen Teenagers abzuwehren. Im letzten Augenblick zog dieser jedoch seine Hand zurück. „Ich hab ne größere Knarre als du in meiner Hose, du Opfer.“ Mit einem verächtlichen Blick wendete sich der Teenager ab.
Immer noch an die Säule gelehnt, musterte der Mann den sichtlich um seine Fassung ringenden Sicherheitsbeamten. „Daraus lässt sich etwas machen“, dachte er.
„Manu, du schwuler Opfer-Fisch. Hast heut Nacht wieder an dir rumgespielt und dabei an Dieter Bohlen gedacht.“ Mehmet, war 16 und nicht 17 Jahre alt. Die aufgepumpten Oberarme hatte er aus einer bekannten Fitnesskette, die so ähnlich hieß wie eine noch bekanntere Fastfood Kette. Nur um sicher zu gehen hatte er sich zusätzlich zum Training, selbst eine Kur aus anabolen Steroiden verordnet, die er jeden Freitag Abend auf dem Mc-Klo, direkt durch eine Nadel in seinen Bizeps jagte. Momentan kurte er jedoch mit einer Lösung die hauptsächlich aus Zucker und Olivenöl bestand, zum super, Sonderpreis von 15 Euro pro Schuss. Das fiel aber nicht weiter auf, den Mehmet ging immer so durchs leben als währe er außerstande, seine muskelbepackten Arme soweit anzuwinkeln, dass er mit seinen Fingern die Nasenspitze berühren konnte. Manuel war sein Lieblingsopfer, einen Kopf kleiner als er und zwei Klassen unter ihm. Manuel fiel auch sonst durch seine zurückhaltende, schüchterne Art in Mehmets Schema von Jäger und Beute. „Ehy Manu, du checkst das net, wenn schon ne Krücke für deine second-hand Klotzer, dann Kontaktlinsen, so coole mit ner Knarre direkt auf der Iris.“ Ach ja, Mehmet war Schüler in der Oberstufe eines Gymnasiums, er kannte die Bedeutung von vielen Fremdwörtern und war nicht versetzungsgefährdet. Andererseits achtete er auch peinlich genau darauf, dass seine schulischen Leistungen nicht seinem liebevoll gepflegten Gangsta-Image in die Quere kommen konnten. Iris war jetzt vielleicht kein Wort, das einem Gangster über die Lippen kam, das war auch Mehmet klar. Genauso war ihm klar, dass er als Anführer seiner Homies, auf keinen Fall aus der Rolle fallen durfte. Um dieses für einem echten Gangsta unangemessene Fremdwort wieder wett zu machen, hatte Mehmet natürlich sofort die perfekte Lösung in der Hinterhand. Dafür musste er nur kurz mit der selbigen ausholen und Manuel verbuchte ein Kopfnuss mehr auf seinem Opferkonto. Zum Glück, für Manuel, fing jetzt die nächste Stunde an und er entwischte seinen natürlichen Feinden, indem er gekonnt in geduckter Haltung an Mehmet vorbei, durch die offen stehenden Tür seines Klassenzimmers schlüpfte. „Wie ne Ratte die vor nem Tiger abhaut“, kommentierte Mehmet Manuels Fluchtverhalten grinsend. „Ja, man! Das hier ist der Dschungel!“, stimmten ihm seine Bros voller Anerkennung zu.
Das Leben lief wunderbar für Mehmet, er stand ganz oben in der Nahrungskette und bald, da war er sich ganz sicher, würde das auch Tina zu Kenntnis nehmen. Tina, das war sein blonder Traum, sein heiß/kalter Engel. Oder in seine Sprache übersetzt: „Die geile Schlampe Tina ist voll scharf auf mich, habt ihr gescheckt, wie ihre Nippel steif warn, als ich gestern in der Bank die Knarre von dem Bullen abgezogen hab?“ Natürlich hatte es sich in der Bank nicht ganz so zugetragen, aber übertreiben gehörte nun mal zu einem Ober-Gangsta dazu. Außerdem war jetzt keine Zeit für Details , Bio bei der Schmid stand auf dem Plan und das bedeutete Krieg.
Frau Schmid war als engagierte Vertreterin für die Gleichberechtigung der Frauen gar nicht begeistert von Mehmets machohaften Auftreten. Für Frau Doktor Schmid war es mittlerweile persönlich, es ging um nichts geringeres als das epische Ringen des Feminismus mit der archaischen, männlicher Ignoranz, die in Mehmet eines ihrer potentesten Destillate gefunden hatte. Frau Dr. Schmid verwendete tatsächlich eine solch verkopfte, deplatzierte Sprache, wenn sie unterrichtete. Mehmet seinerseits tat alles um den harten Kerl raushängen zu lassen, so eine vertrocknete Emanze konnte ihm gar nichts. Das Thema gerade war Zellkernteilung oder wie es die Schmid ausdrückte, Mitose. Mehmet übersetzte es mit, schwules Fortpflanzen ohne Ficken. Frau Schmid war wegen dieser grotesken Reduzierung des von ihr vermittelten Wissens so außer sich gewesen, das sie Mehmet zu einem Strafreferat über die Zellkernteilung verdonnerte. Er hatte sich tatsächlich etwas vorbereitet, dass mit R anfing. „Der Schmid geb ich heut den Rest , mit meinem Rap über ihre schwulen Zellen werd ich sie in die Klapse bomben“, gab er sich siegesgewiss vor seinen Homies. Der Unterricht hatte natürlich schon vor 5 Minuten begonnen, aber ein Playa - das ist der Hecht im Karpfenteich – kam immer zu spät zu seiner Show. Mehmet drehte sich noch einmal zu seiner Crew um. „Jetzt geht’s ab Bros“, er öffnete siegesgewiss die Tür zum Bioraum. Was er da sah, ließ ihn jedoch im Türrahmen erstarren. Sein Kopf war von einem Moment auf den anderen völlig leer. Hätte es ihm nicht vollkommen die Sprache verschlagen, dann hätte er wahrscheinlich so etwas wie - Ehy Alta, was is n das für n verschärfter Pornofilm - von sich gegeben. So aber stand er nur mit offenem Mund in der Tür und starrte ungläubig die ausgesprochen attraktive Vertretungslehrerin an. „Hallo“, flötete ihm eine samt weiche Stimme entgegen. „Wenn ihr zur 11b gehört und Lust auf etwas Biologie habt, dann nur hereinspaziert. Frau Schmid hat sich leider eine unschöne Magenverstimmung eingehandelt. Setzt euch doch, dann können wir weiter machen.“ Wie in einem Traum schwebte Mehmet zu seinem Platz. Alles Gangsta sein war völlig vergessen, alles was zählte war diese Frau, dieser Körper, diese Oberweite, ihre glänzend roten Lippen... „Geiles Teil, die Alte“, zeigte sich Markus, einer von Mehmets treuesten Homies, beeindruckt. „Muckst du oder was? Die Schlampe gehört mir!“ Innerlich atmete Mehmet erleichtert auf. Der ewige Kampf um den Thron des ober Checkers, hatte ihn hart genug gemacht um diesen vorübergehenden Absturz zum hilflosen Gehirn-Spasten schnell weg zustecken. Er brauchte jetzt etwas Ablenkung von der Hammerbraut, also kramte er in seiner Tasche nach dem Handy. „Für die neu hinzugekommenen, meine Name ist Larisa Wagner. Frau Schmid hat am Telefon erwähnt, dass ihr bei der Zellkernteilung stehen geblieben seid. Sie hat mich besonders darauf hingewiesen, dass sie beabsichtigt, das Referat von Mehmet nächste Woche persönlich zu benoten. Ist ein Mehmet jetzt hier?“ „Fuck, ich hab Pornofilme gesehen die so anfangen“, dachte er. Laut sagte Mehmet: „Yo, Mann.“ Das Lächeln mit dem ihm die Aushilfslehrerin bedachte lies seinen Körper in Flammen aufgehen. Der Druck der sich in seiner Hose aufbaute war dabei noch nicht einmal das Schlimmste, was ihn wirklich fertig machte war sein Bauch, der sich gerade so anfühlte, als würde er aus einem mit Mach 3 fliegenden Jagdbomber katapultiert werden. „Ich bin eine Frau, Mehmet, Frau Wagner.“ „Treffer, versenkt“, das kam von Tina, die in der Reihe vor Mehmet saß und sich grinsend zu ihm umdrehte. „Ehy Chicas macht euch locker“, Mehmet hoffte inständig, dass das lässig rüber kam. Um auf Nummer sicherzugehen verschränkte er die Arme hinter seinem Kopf und ließ sich entspannt in den Stuhl sinken, die aufkeimende Furcht, dass seine Hose aufplatzen könnte, versuchte er dabei so gut wie möglich zu ignorieren. „Ich hab für euch beide was ...“, ein Gedanke, der plötzlich in seinem Kopf aufflammte, sagte ihm das es keine besonders gute Idee währe den Satz zu beenden. „Verdammt“, dachte er. „Bin ich n' Gehirnspast, oder was?“ Er wollte gerade aufstehen und der Aushilfstussi klar machen, dass er keinen Bock mehr auf ihr Gelaber hatte. Doch bevor er sich in betont lässiger Manier in Bewegung setzen konnte, stand Larisa Wagner schon direkt vor seinem Tisch. Jetzt war an aufstehen nicht mehr zu denken. Er roch ihr Parfüm, so intensiv war der Duft ihrer Haut, dass sich alles in ihm drehte. „Ich denke“, sagte sie, während sie ihren tief blauen Augen langsam über seinem Körper wandern lies: „Es ist eine ganz gute Idee, wenn du das Referat heute in der Stunde trotzdem vorträgst. Ich werde es natürlich nicht benoten, aber du könntest durchaus davon profitieren.“ Tina, die immer noch in seine Richtung gedreht dasaß, grinste hämisch und sagte in einem zuckersüßen Tonfall: „Get rich or die trying, Gangsta!“ Das wars, alles oder nichts Opfer oder Jäger, das war das Gesetz des Dschungels. Ganz Langsam, ohne Eile, lässig die Arme weit von sich gestreckt, baute er sich vor der Aushilfspuppe auf.
Yo Whiggers ich bin ein Hustler
Die Bio-scheiße geht mir am Arsch vorbei
Ich brauch nur meine Nutten, ohne die ganze Zellteilerei
Wenn ne Pussy nach nem harten Ritt zu mir an gekrochen kommt
Dann erzähl ich ihr die Story woher ihr fetter Bauch kommt
Yo Whiggers ich bin ein Hustler
Yo Bitch, wenn ich dich sehe, dann werd ich hart
Da kommt die Zellteilung tief in dir an den Start
Du findest das Geil
Die Prophase ist der erste Teil
Da kondensieren Chromosome
Und du bist oben ohne
Yo Bitch, wenn ich dich sehe, dann werd ich hart
Da ist die verfickte Mitose in dir am Start
Yo mother fucker, das ist keine beschissene Klausur
Das ist old school, Bitch, Mutter Natur
Die Prometaphase ist der nächste Schritt
Und dieser fette Flow wird ein mega Hit
Die Bitches brechen vor meinem killa Hook zusammen
Wie die Zellmembran, wie die mother fucking Zellmembran
Yo mother fucker, das ist keine beschissene Klausur
Das ist old school, Bitch, Mutter Natur
Yo bastard …
„Sehr schön“, Frau Wagner faltete die Hände vor ihrer Brust und erlangte mit dieser Geste sofort Mehmets uneingeschränkte Aufmerksamkeit. „Ich bin überzeugt, dass du die nächsten Schritte mit genauso viel Leidenschaft vortragen kannst wie die ersten beiden. Auch wenn ich jetzt nicht alles von deiner, ähm - Performance, verstanden habe, das du mit Leidenschaft dahinter stehst kam ganz klar bei mir an.“ Sie drehte sich um und Mehmet konnte zum ersten mal Frau Wagners Qualitäten mit Blick auf ihre Rückseite beurteilen. „Yo, Princess, ich geb dir gern Nachhilfe im Freestyle.“ Ohne sich um zu drehen, fragte sie ihn im Gehen provozierend „Egal wann, egal wo?“ Ein unglaublich breites, zufriedenes Grinsen legte sich auf Mehmets Gesicht. „Strike“, dachte er. Die Hammerbraut war seine Eintrittskarte in die Big League.
„So nach dieser kleinen Showeinlage, wer kann mir die Schritte der Zellkernteilung aufzählen, möglichst in Deutsch oder wenn es unbedingt sein muss in verständlichem Qxford Englisch? - Ja, du mit dem ironischen - get rich or die trying“, sie lächelte Tina aufmunternd zu. „Ich heiße Tina, Frau Wagner. Die Mitose gliedert sich in 5 Teilphasen...“ Mehmet schaltete für den Rest der Biostunde ab, nach dieser Show würde er das ganze Schuljahr über der unangefochtene Held für seinen Homies sein. Er kramte sein Handy hervor und begann seine Story per Sms in die weite Gangsta-Welt zu senden.
„Eine Millionen sind eindeutig nicht genug, für das was ich heute auszuhalten hatte“, sie verzog ihr Gesicht um den seelischen Qualen, die sie hatte erdulden müssen, den passenden Ausdruck zu verleihen. „Ich dachte -“, sagte er ohne von den Schaltpläne, die er vor sich ausgebreitet hatte, auf zu sehen: „als Schauspielerin sind sie bestens gewappnet für den Umgang mit selbstverliebten Kollegen.“ „Komm schon Karl. Ich hab kein Problem damit einer Lehrerin kurz vor ihrer Pensionierung ein paar Bauchschmerzen zu verpassen und in die Rolle ihrer Vertretung zu schlüpfen. Aber bei der Aussicht, dass dieses einfältige Kind eine Rolle beim Beschaffen von meinem Geld spielen soll, fange ich doch lieber wieder mit dem Lotto spielen an.“ „Nun, Frau Wagner -“, erwiderte Karl. „Ich muss sie doch bestimmt nicht daran erinnern, das in meiner Branche Vertragstreue eine unverzichtbare Voraussetzungen für eine produktive Zusammenarbeit darstellt. Ich gebe zu, dass wir noch nicht im einzelnen über die - gewissermaßen endgültigen Sanktionen gesprochen haben, die sie beim vorzeitigen lösen unserer Übereinkunft auf sich laden.“ Während er diesen Satz ruhig formulierte, griff er nach der Handfeuerwaffe, die unter seinem Tisch verborgen war und legte sie demonstrativ auf der Tischplatte ab. „Ich vermute wir verstehen uns.“ „Absolut“, erwiderte Larisa. Sein kalter, gefühlloser Blick lies sie erschaudern. „Kein Zweifel“, dachte sie, wenn man diesem Mann in die Quere kam, musste man mit allem rechnen. „Ausgezeichnet -“, erwiderte Karl. „Lassen sie mich ihnen nochmals in groben Zügen meinen Plan erläutern. Sie und wie war der Name von dem Jungen doch gleich?“ „Mehmet, Karl - der Junge ist 16 und hält sich für einen super Gangster.“ „Ah ja, gut, also sie und Mehmet, spielen eine Nebenrolle, in diesem recht komplexen Plan. Ihre Aufgabe beschränkt sich darauf Mehmet unter Einsatz ihrer weiblichen Reize dazu zu bewegen, sich zur Bank zu begeben und dort den Tresorraum aufzusprengen.“ Larisa musterte Karl eingehend und schenkte ihm schließlich einen Blick, den sie eigens für die armen weltfremden Würstchen reserviert hatte, die meinten sie hätten Chancen bei ihr zu landen. „Wenn sie tatsächlich glauben, dass der Junge zu so etwas im Stande ist, dann muss ich ihnen leider mitteilen, dass sie, mit Verlaub, schwachsinnig sind. Das erste was Mehmet tun wird, wenn er vor der Bank steht, ist seine Freunde anrufen und ihnen Erzählen, dass er gleich mit einem arschvoll Plastiksprengstoff die Zentralbank auseinander nimmt.“ Karl, schloss die Augen und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Larisa war immer noch verwundert darüber wieso ein südländischer Typ wie er ausgerechnet den Namen Karl annahm. „Ermuntern sie Mehmet das zu tun, je mehr seiner Freunde vor der Bank zu seiner Unterstützung bereit stehen, desto besser. Darüber hinaus versichere ich ihnen, ist es lediglich notwendig, dass der Junge mit seinem über alle Massen gesteigerten Selbstwertgefühl heute Nacht pünktlich um 23:50 Uhr vor dem Haupteingang der Bank bereit steht.“ Larisa war sichtlich überrascht. „Heute Nacht schon?“, fragte sie. „Ja -“, erwiderte Karl. „Gibt es damit irgendwelche Probleme?“ „Nein -“, erwiderte Larisa. „Der Junge frisst mir aus der Hand.“ Der Mann der sich Karl nannet, jagte ihr inzwischen regelrecht Angst ein. Sie war schon an der Tür angelangt, als sie sich noch einmal umdrehte. „In der Anleitung, die sie mir für den Sprengstoff und den Zünder ausgehändigt haben, steht nichts über einen Mindestabstand während der Sprengung.“ Karl war wieder in das Studium seine Schaltpläne versunken, beiläufig sah er in ihre Richtung. „Es ist völlig unerheblich, ob sich die Eingeweide dieses Jungen nach der Detonation des Sprengstoffes über die Wänden verteilen oder nicht. Das einzige was zählt, ist das der Zugang zum Tresorraum ermöglicht wird. Ich schlage vor, dass sie zu diesem Zeitpunkt nicht in der Bank anwesend sind, das sollte einen ausreichenden Sicherheitsabstand für sie garantieren - Guten Abend Frau Wagner.“ Larisa brauchte einen Moment um ihren zitternden Körper wieder unter Kontrolle zu bringen. „Ich warte dann auf den Eingang des Geldes auf mein Konto, Karl.“ Ein eiskalter Schauer lief über ihren Rücken, als sie durch die Tür hinaus in den warmen Sommernachmittag trat.
„Die Bitch ist so was von rattenscharf auf mich.“ Mehmet drehte den Basketball in seiner Hand und warf ihn ein paar mal in die Luft. „Würden die Herren, wenn sie schon nicht mitspielen, wenigstens den Ball zurück ins Spielfeld werfen.“ Herr Müller bedachte die am Rand des Basketballfeldes sitzende Gruppe mit bösen Blicken. „Boah ehy Müller, mach uns nicht von der Seite an. Mit den Spakos die auf dem Feld rum eiern blamieren wir uns nur.“ Mehmet warf den Ball zurück in Richtung des nervenden Sportlehrers. „Hast du ihre Handynummer“, wollte Markus wissen. Mehmet grinste. „Ich hab ihr am Ende der Stunde meine Nummer zugesteckt.“ Er genoss die Bewunderung die ihm entgegen brandete, nach einer dramatischen Pause fügte er hinzu: „Yo Homies, ich hab meine Nummer direkt in ihre Hammer Oberweite geschoben.“ In dem Moment schepperte aus Mehmets Handy ein Stück von 50 cent, das er als Klingelton verwendete. „Unbekannte Nummer Homies. Die geile Bitch hats nötig.“ Er drückte erst auf den Annahmeknopf, als er aus der Sporthalle draußen war. Die Chica sollte nicht denken, dass er auf sie gewartet hätte.
„Yo, was geht Mother fucker.“ Wer auch immer dran war, er oder sie musste erst einmal deutlich hörbar Schlucken. „Mehmet - ? Hier ist Larisa, ich brauche dringend deine Hilfe, bist du da?“ „Yo Princess, egal wann, egal wo, wenn soll ich killn?“ „Komm Bitte in meine Wohnung in der Eulengasse 3, das ist in Bornheim, weist du wie du da hinkommst?“, fragte sie mit zitternder Stimme. „Relax mal Princess, in ner halben Stunde bin ich bei dir“, sagte er und beendete das Gespräch. Mehmet fühlte sich selbst etwas zittrig, wenn er es genau nahm, dann wurde er gerade mit einer Menge an Gefühlen konfrontiert und die meisten davon waren völlig neu für ihn. „Yo cheka, thats Big League“, er warf das Handy übermütig in die Luft und fing es spielerisch wieder auf.
25 Minuten später stand er vor Larisas Wohnungstür in der Euelengasse. „Oh Mehmet“, viel sie ihm in die Arme als er in ihre Wohnung trat. „Ich bin ja so froh, dass du da bist“, Tränen perlten über ihre geröteten Wangen. Ihr Make Up war völlig verlaufen, sie musste schon stundenlang geweint haben. „Ehy Princess, komm mal klar“, sagte Mehmet so sanft wie er nur irgend konnte. Er mochte es gar nicht, wenn die Chicas heulten, dabei fühlte er sich immer so – hilflos. „Egal was is, ich helf dir!“ Larisa schmiegte sich mit ihrem Gesicht an seine Brust. „Danke Mehmet“, brachte sie schluchzend hervor. „Sie wollen uns töten. Ich hab ihnen gesagt, das ich mich in dich verliebt habe und das ich nicht mehr für sie arbeiten kann.“ Mehmet war vollkommen überrumpelt. „Langsam Princess, für wen kannst du nicht mehr arbeiten?“ Sanft strich er ihr eine Träne von der makellosen, leicht gebräunten Haut. „Meine osteuropäischen Zuhälter.“ Jetzt musste Mehmet schlucken. „Ehy Chica, ich bin Moslem, ich darf nur mit Jungfrauen.“ Sie sah ihn aus Tränen getränkten Augen an. „Aber ich liebe dich doch, Mehmet.“ Er drückte ihren Kopf wieder sanft an seine Brust und strich ihr beruhigend über die Wange. „Wir finden n' Lösung Princess, wir schaffen das. Du musst mir nur alles genau erzählen, dann mach ich das klar für uns.“ Nachdem sich Larisa beruhigt hatte, erzählte sie ihm ihre ganze Geschichte. „Meine Eltern sind gestorben als ich mein Lehramtsstudium fast fertig hatte. Ich konnte nicht mehr weiter studieren, ich musste mich doch um meine kleine Schwester kümmern. Aber ich habs nicht geschafft Mehmet. Das Geld hat einfach nicht gereicht und meine kleine Schwester braucht so viel Pflege, sie hat Trisomi 21. Ich musste doch für sie da sein.“ Wieder floss ein Strom aus Tränen über ihre Wangen, Mehmet konnte die Feuchtigkeit inzwischen sogar durch sein Shirt spüren. Alles was er in diesem Moment für sie tun konnte war, ihr zu zu hören, sie zu halten und so ihre Angst lindern. „Du bist nicht allein Princess“, flüstert er. „Dann bin ich auf den Strich gegangen, ganz allein“, ihre Stimme war nur noch ein leises Wispern. „Ich hab mich so geekelt, vor mir und vor den ganzen schmierigen Kerlen. Am schlimmsten war es, wenn sie mehr wollten und mich geschlagen haben.“ Alles in Mehmet verkrampfte sich, seine Brustmuskeln spannten sich an und Larisas Kopf hob sich ein wenig. Sie drückte sich noch fester an seinen festen Oberkörper. „Bei dir fühle ich mich sicher, Mehmet.“ Er hielt sie ganz fest, streichelte sie zärtlich, während er sie mit seinem Oberkörper hin und her wiegte. „Vor einem Monat ist meine Schwester krank geworden und sie haben sie mir weggenommen. Eine Nachbarin hat der Polizei erzählt, dass ich sie Abends ganz alleine lasse. Aber ich konnte doch nicht anders.“ Wieder bahnten sich warmen Tränen einen Weg über ihre weiche Haut und benetzten schließlich Mehmets Finger, mit denen er sanft und stetig über ihr Gesicht streichelte. „Ich wollte nur noch aufhören, aber sie haben mich gezwungen weiter zu machen, ich kann erst aufhören, wenn ich ihnen 50.000 Euro gebe.“ Ihr Atem wurde wieder schneller und sie richtete sich auf. „Karl, ein Freier von mir, hat mir 1 Millionen Euro geboten, wenn ich ihm Helfe in die Zentralbank einzubrechen. Ich habe ihm erzählt, dass ich eine erfolglose Schauspielerin bin, die Geld für ihren ersten Film braucht. Ich weiß nicht wieso gerade du, Mehmet, aber er will, dass ich dich dazu bringe, in die Bank einzubrechen.“ Mehmets Kopf war völlig leer, er öffnete einfach nur den Mund und war selber überrascht, dass er auch nur ein Wort über seine Lippen bringen konnte. „Ich mach das für dich.“ Larisa sah ihn aus schreckens geweitete Augen an. „Nein! -“, schrie sie. „ Ihm ist es völlig egal, wenn du dabei drauf gehst! Er hat mir Sprengstoff gegeben, mit dem du die Tresortür in die Luft jagen sollst.“ Panisch, zitternd klammerte sie sich an ihn. „Hey Princess, du musst jetzt stark sein, vertrau mir! Ich Regel das. Mein G-Style ist für Mission Impossible gemacht.“ Sie sah ihn mit verständnislosen, geröteten Augen an. In ihrem Blick lag Verzweiflung. „Wo ist das Dynamit“, seine Stimme war fest und sein Entschluss gefasst. Er würde für seine Princess kämpfen. „Es, Es... ist kein Dynamit“, schluchzte sie. „Es ist nicht rot und auch nicht in Rollen, es ist alles in dem Rucksack da drüben.“ Sanft aber bestimmt hob er ihren Körper an, sie war federleicht und wirkte so unendlich zerbrechlich. „Geh nicht“, flehte sie ihn an. „Vertrau mir Princess“, lässig warf er sich den Rucksack über die Schultern, ein letztes mal beugte er sich zu ihr herunter, hauchte einen Abschiedskuss auf ihre zarte Haut, dann trat er durch die Tür, bereit seinen rechtmäßigen Platz in der Gangsta-Oberliga einzunehmen.
Larisa streckte ihre Beine aus und sammelte sich. Dann führte sie ihre Hand hinter ihr Ohr und aktivierte einen versteckten Mikrosender. Es dauerte nicht lange, dann hörte sie worauf sie gewartet hatte. „Hier ist Alpha 4, das Küken ist auf dem Weg und wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf Frau Major, das war eine Spur zu dick aufgetragen.“ Natalie Neuman alias Larisa Wagner, Dienstgrad Major beim militärischen Abschirmdienst der Bundesrepublik Deutschland rollte mit den Augen. „Das war Freestyle du Fisch“, dachte sie. „Und wenn es auch nur eine Spur von Gerechtigkeit im Leben und danach gibt, dann habe ich mir damit einen Platz im 9. Kreis der Hölle verdient.“
„Ehy Manu, ich steh vor deinem Haus, lass mich rein!“ Manuel wurde kreidebleich, beinahe währe ihm vor Schreck sein Handy aus der Hand gerutscht. „Ich, ich hab dir doch gestern schon was geschrieben... ich kann das nicht so auf Kommando.“ „Manu du Schwulette“, drang Mehmets Stimme drohend aus dem Handy. „Du lässt mich jetzt sofort rein oder ich bomb nen Stein durch dein Fenster, dann kann jeder sehen das du mit Puppen spielst.“ Manuel, lies das Handy fallen und stürmte die Treppe hinunter ins Erdgeschoss. „Na endlich“, begrüßte ihn Mehmet. „Du hilfst mir jetzt – Bitte!“ Manuel verstand die Welt nicht mehr, normalerweise kam das Wort Bitte in Mehmets Wortschatz nicht vor. „Bist du krank?“, war das erste und einzige was Manuel darauf als Antwort einfiel. Mehmet drückte sich an Manuel vorbei und steuerte in die Richtung seines Kinderzimmer. „Manu...“, begann Mehmet als die Zimmertür hinter ihnen in ihr Schloss fiel. „Mann deine Puppen sind echt so was von schwul.“ Das sagte Mehmet jedes mal, wenn er Manuels Zimmer betrat. Normalerweise traute sich Manuel nie auch nur ein Wort zu seiner Verteidigung hervorzubringen, doch heute war es irgendwie anders. „Die Harlekin Puppen beruhigen mich, ich mag ihre traurigen Gesichter“, sagte er etwas unsicher und in einer Tonlage, als müsste er sich für etwas entschuldigen. „Du bist echt Psycho, deswegen nehm ich dich auch in meine Crew auf.“ Manuels Gesicht wurde rot und ein großer Knoten eiskalter Wut stieg aus seinem Bauch langsam in ihm empor. „Seit einem Jahr tyrannisierst du mich nicht nur in der Schule, sondern kommst zu mir nach Hause, in mein Zimmer, lässt mich für dich deine gehirnamputierten Raptexte schreiben und als Dank dafür bedrohst du mich mit dem Tod, sollte ich jemals auch nur ein sterbenswörtchen zu jemanden darüber verlieren.“ Manuel war überrascht, wie ruhig sich seine Worte anhörten. Sie passten überhaupt nicht zu dem wütenden Sturm, der gerade in ihm anfing fahrt auf zu nehmen. „Ehy, harte Zeiten erfordern harte Opfer.“ Dieses Wort – Opfer, lies alle Dämme in Manuel brechen, er stürzte sich auf Mehmet. Kein wütender Schrei leitete seine Attacke ein, der Wunsch seine Faust direkt in Mehmets grinsendes Gesicht zu rammen übernahm einfach die Kontrolle über ihn.
Mehmet war völlig überrascht von Manuels Angriff. Die Rollen zwischen beiden waren schon seit Jahren fest verteilt und niemals hätte er sich träumen lassen, dass ein Opfer, jemand den er schon tausendmal erniedrigt und ausgelacht hatte, plötzlich beim tausend und ersten Mal anfängt sich zu wehren. Blind vor Wut, schleuderte Manuel seine geballte Faust in die Richtung von Mehmets Gesicht. Mehmet konnte sich gerade noch im letzten Moment zur Seite weg ducken, so dass Manuels Faust mit voller Wucht gegen sein rechtes Ohr prallte. Beide nahmen nun nur noch das Geräusch ihrer wild rasenden Herzens und das Rauschen ihres mit Adrenalin voll gepumpten Blutes war. „Ich reiß dir deinen schwulen Arsch auf und stopf einen manisch depressiven Harlekin hinein“, Manuel lies eine Puppe mit dem spitzen Hut ihres Harlekinskostüms voran, drohend von eine Hand in die andere fallen.
„Manuel, Schatzi, ich bring dir und deinem Freund Kekse und Orangensaft.“ Manuels Mutter beherrschte die Kunst perfekt, zu Klopfen, dabei gleichzeitig mit einem Tablett in der Hand die Tür zu öffnen und dann auch noch mit dem absolut unpassendsten, peinlichsten Spruch auf den Lippen mitten in eine Situation zu platzen, die sie aber auch so was von überhaupt nicht richtig checkte. „Ich bin ja so froh, das mein kleiner Manu, endlich mal einen Freund mit nach Hause bringt. Ihr könnt auch so laut spielen wie ihr wollt.“ Ihr Blick viel auf die Puppe in Manuels Hand, deren spitze Kappe immer noch in Mehmets Richtung ragte. „Oh!“ Manuels wütender Aufschrei, den sie so nahe an der Tür auf jedenfall hatte hören müssen, schien erst jetzt den Weg von ihren Ohren zu ihrem Verstand gefunden zu haben. In ihrem Gesicht spiegelte sich Verwirrung, die gleich darauf von einem Ausdruck tiefer Sorge abgelöst wurde. Betreten senkte sie ihren Blick und stellte das Tablett mit den Keksen und dem Saft auf Manuels Schreibtisch ab. „Ich wollte euch wirklich nicht stören, Jungs.“ Genauso unvermittelt wie sie in das Zimmer geplatzt war, huschte sie wieder durch die Tür. Die beiden Teenager sahen sich mit leeren Blicken an. Das ganze war einfach zu viel für sie gewesen und sie spürten irgendwie auch, dass da noch etwas fehlte. „Manuel“, seine Mutter steckte ihren Kopf durch die Tür, die sie diesmal nur einen Spalt breit geöffnet hatte. „Auch wenn du dich mehr zu Männern hingezogen fühlst, du bist und bleibst immer mein Sohn. Mach dir keine Sorgen, dein Papa wird das auch so sehen.“ Es folgte eine kleine Pause, anscheinend musste Manuels Mutter erst nach den richtigen Worten suchen. „Manuel, die Puppen sind sehr alt und deine Oma hing sehr an ihnen. Denk bitte daran, Schatz.“ Während sie die Tür wieder schloss, war deutlich ein lautes Seufzten zu vernehmen. Mehmet fand als erstes aus seine Schockstarre „Deine Mutter glaubt wirklich, dass ich auf Schwänze stehe.“ Er war so fertig, dass er in reinstem, sauberen Hochdeutsch redete und völlig die aggressive Betonung des Wortes Schwänze vergaß. Manuel lies die Puppe fallen und griff zu dem Teller mit Keksen „Willst du nen Keks, Schwuchtel?“, fragte er. Mehmet grinste ihn an. „Ehy, das war mal die korrekte Ansage, Manu. Wenn du jetzt noch Haargel gegen deine Omafrisur einsetzt, kannste ne geile Bitch abgreifen.“ Von einem Moment auf den anderen lagen beide auf dem Boden und konnten sich vor Lachen nicht mehr halten.
„Wieso bist du eigentlich gekommen?“, fragte Manu, nachdem sie sich wieder beruhigt hatten. „Du bist voll der Physcho, Manu!“ Mehmet stopfte sich einen Keks in den Mund und kaute genüsslich, während er weiter sprach. „Wie du Textes und wie du grad auf mich losgegangen bist, dass ist Gangsta Style. Das brauch ich, jetzt.“ „Ich versteh kein Wort, wozu solltest du mich denn brauchen?“, fragte Manuel sichtlich verwirrt. „Meine Homies... begann Mehmet. „Ach scheiß auf das schwule, Verständnis geficke. Wenn du keinen Bock hast, dann nehm ich die Bank halt allein auseinander.“ Mehmet griff sich noch eine Handvoll von den Keksen und öffnete die Tür. „Warte doch mal“, rief Manuel hinterher. „Ich soll dir Helfen, in eine Bank einzubrechen?“ „Ja!“, grinste ihn Mehmet an. „Jetzt hast du´s gecheckt. Ich bomb den schwuchtel Tresor der Zentralbank in die Stratosphäre.“ „Und wie willst du das anstellen?“, fragte Manuel. Mehmet öffnete seinen Rucksack und zeigte Manu den Sprengstoff samt Zünder. „Wow...“, ein skeptischer Ausdruck machte sich auf Manuels Gesicht breit. „Du weißt doch gar nicht wie man damit umgeht, überhaupt wie viel hast du da im Rucksack, mehr als einen Kilo?“ „Ja Mann“, Mehmet lies sich nicht verunsichern „Das ist mein Sesam öffne dich zur Big League, damit mach ich für mich und meine Princess alles klar.“ Manu war immer noch skeptisch, aber die letzten Minuten hatte in ihm einen Hunger auf einem Ausbruch aus seinem bisherigen Leben als hilfloses Opfer aufkeimen lassen. „Ich bin dabei“, sagte er noch etwas unsicher. „Aber ich finde, wir sollten vor dem Sprengstoff noch was anderes versuchen. Mein Vater hat nen Schneidbrenner im Keller liegen.“ „Willst mich verarschen, Manu“, Mehmet spülte die leckeren Kekse mit etwas Orangensaft hinunter. „Der verfickte Tresor is aus nem Meter dicken Schlachtschiffsstahl, dein schwuler Schneidbrenner macht da nich mal nen Kratzer rein.“ Jetzt grinste Manuel Mehmet an. „Mein Vater bastelt gerne rum, auf seinen Schneidbrenner hat er ein Patent. Das Teil ist eine weiter Entwicklung von einem Plasmaschneidbrenner den seine Firma herstellt. Eigentlich...“ Maunel machte eine Pause und schien sich dabei tierisch zu freuen. „Ist es mehr Plasmakanone als Schneidbrenner.“
Völlig unbehelligt von Manuels Eltern gingen die beiden in den Keller. „Ein gewöhnlicher Plasmaschneidbrenner erreicht Temperaturen von 30.000 °C“, alle Unsicherheit war von Manuel abgefallen, er war jetzt voll in seinem Element. „Dieses Teil“, er hielt ein lanzenförmiges Gebilde, an dem eine Menge kompliziert aussehende elektronische Bauteile klebten in die Höhe. „Brennt genauso Heiß. Der Trick ist aber, dass das Plasma viel schneller ausströmt als bei konventionellen Geräten. Das Prinzip dahinter ist einfach genial...“ Mehmet verzog das Gesicht, „Manu du bist echt schwul, das Teil sieht aus wie ein Schwanz mit Noppenkondom drüber.“ Manuel ignorierte die Beleidigung einfach. „Selbst mein Vater hat keine Ahnung, was die Lanze mit Panzerstahl anstellt. Normaler Stahl wird spätestens bei 1500 °C flüssig.“ Ein irres Grinsen machte sich in seinem Gesicht breit. “Ich wette, durch einen Meter von deinem Schlachtschiffsstahl schneidet man damit wie durch heiße Butter.“ „Ok, Manu, das Teil is ganz Ok. Stecks dir in deine Hose und dann lass uns abhauen.“ Beim hinaus gehen viel Mehmets Blick auf einen halb geöffneten Schrank. Neugierig öffnete er die Tür. „Ehy Manu, was geht n´ mit deiner Family ab? Betreibt ihr hier n´ Folterkeller?“ Manuel schaute verwirrt zu Mehmet herüber. „Hääähh, wovon sprichst du?“ Mehmet deutete mit seinen Fingern auf den Inhalt des Schrankes. „Von den Peitschen, Ketten, Handschellen, Rohrstöcken und...“ Mehmet stutzte und legte den Kopf schief. „Was machen die ganzen Bürsten hier drin?“ „Der Schrank gehört meinen Eltern“, schrie Manuel mit hochrotem Kopf. „Mach ihn sofort wieder zu.“ „Ok, ok...“, beschwichtigte Mehmet. „So genau wollt ich eh nich wissen, was deine Eltern treiben.“ Er sah Manuel mitleidig an. „Oh Man, Manu, kein Wunder das du bei solchen Eltern n´ Opfer bist.“ Beim Schließen des Schrankes viel ihm ein weißer Kittel über dem ein Stethoskop hing auf. „Yo, das Stethoskop brauchen wir. Damit den Tresor zu Knacken hat viel mehr Style. So richtig old School Gentleman mäßig.“ Manu rollte mit den Augen „Jetzt mach endlich den verdammten Schrank zu. Mehmet schloss den perversen Schrank, griff sich aber vorher noch das Stethoskop und zwei Masken aus Latex. Beides stopfte er zu dem Plastiksprengstoff in seinem Rucksack.
„Alpha 6 hier, Frau Major“, die blecherne Stimme aus den Kopfhörern dröhnte in ihren Ohren und verstärkte ihre sowieso schon heftigen Kopfschmerzen noch weiter. „Das Küken hat jetzt das Haus in Begleitung eines etwa gleichaltrigen Jugendlichen verlassen. Die Person führt einen nicht näher identifizierbaren Gegenstand bei sich. Beide bewegen sich auf Fahrrädern in Richtung Innenstadt. Verfolgung läuft.“ Natalie rieb sich über ihre Schläfen. „Irgendwelche Informationen darüber, wer der andere Teenager an seiner Seite ist?“ Mehmet tat genau das was sie befürchtet hatte, er verhielt sich vollkommen unberechenbar. Anstatt zu seinen Freunden zu gehen und sie um Hilfe zu bitten war er schnurstracks zu einem unbekannten marschiert. „Ja Frau Major – das Haus gehört einem gewissen Herrn Krieger, 50 Jahre alt, hält einen Doktorgrad in Physik, promoviert hat er über...“, es folgte eine kurze Pause, in der in Natalie ein sehr unangenehmes Gefühl überkam. „-Theoretische Betrachtungen zur Emittanz eines hoch energetischen linear Beschleunigersystems auf Basis einer mehrkanaligen Soliton-Wellen Interferenz. Momentan ist er bei der Firma Euro-Schweißtechnik GmbH angestellt. Er leitet da ein Forschungsprojekt über portable Hochleistungsplasmaschneidsysteme, das Projekt wird von uns als potentiell militärisch verwendbar eingestuft und beobachtet.“ Natalie schloss die Augen. In ihrem Kopf wütenden die Kopfschmerzen inzwischen mit der Intensität von einer Millionen Eispickel, die mikroskopisch kleinen super Gangsta Mehmets in ihre Synapsen hämmerten. „An alle Feldeinheiten, wir haben zwei Küken, die möglicherweise mit einem Hightech Plasmaschneidwerkzeug, nähere Spezifikationen unbekannt, zur Zentralbank unterwegs sind. Äußerste Vorsicht, meine Damen und Herren. Langsam machte sich Frustration in ihr breit. Da draußen bereitet sich gerade eine islamistische Terrorzelle darauf vor die deutschen Zentralbank, mit dem erklärten Ziel zu stürmen, dass komplette globale Finanzsystem zusammenbrechen zu lassen. Und als währe das noch nicht genug, saß irgendwo in der obersten Etage eines Frankfurter Finanzturms noch ein Wahnsinniger, der bereit und dazu in der Lage war, diesen den Terroristen dabei zu helfen. Im Tresorraum der Bank lagerte ein Koffer der die Zugangscodes für die Software zur Steuerung der internationalen Finanzströme enthielt. Natalies Dienst hatte dafür gesorgt, dass die echten Codes in Sicherheit gebracht wurden, es bestand also keine unmittelbare Gefahr. Trotzdem, das Ziel dieser Operation den wahnsinnige Insider in der Hochfinanz zu identifizieren und unschädlich zu machen, durfte keinesfalls gefährdet werden. Bei einem Fehlschlag würde der Kollaborateur einen anderen Weg finden, dass gesamte globalen Finanzsystems zusammen brechen zu lassen. Die Krise von 2009 währe im Vergleich dazu ein schlechter Witz.
„Ok Leute.“ Natalie stand mit einer Tasse dampfenden Kaffee in der Hand vor ihrer versammelten Mannschaft. „Ihr wisst alle was heute Abend auf dem Spiel steht. Gehen wir es nochmal durch. Sollte irgendjemand in letzter Minute Einwände vorbringen wollen, ist jetzt die Zeit dafür.“ Sie stellte die Kaffeetasse auf einen Tisch ab und begann mit hinter dem Rücken verschränkten Armen auf und ab zu laufen. „ Folgender Ablauf wird erwartet. Die Terroristen stürmen die Bank über die zwei Hauptzugänge und neutralisieren das Sicherheitspersonal sowie die elektronischen Sicherheitseinrichtungen. Am wahrscheinlichsten ist es, dass sich die Terroristen danach passiv verhalten und auf die Ankunft der beiden Jugendlichen warten. Wir gehen davon aus, dass die Einbeziehung dieser beiden Teenager dem Zweck der Ablenkung oder alternativ zum Ermöglichen einer Geiselnahme dient. Irgendwelche Fragen bis hier hin?“, Natalie blickte in die Runde und hielt nach Meldungen Ausschau. „Warum geben wir den Terroristen die Möglichkeit zwei unbeteiligte Kinder als Schutzschilde zu missbrauchen?“, meldete sich Leutnant Bauer zu Wort. Natalie schaute ihm direkt in die Augen und antwortete: „Weil das ihre Planung so vorsieht. Der Gegner ist sich unserer Präsenz nicht bewusst, rechnet aber mit der Möglichkeit unserer Anwesenheit. Er ist sich ebenfalls im klaren darüber, das die Initiative bei ihm liegt. Sobald wir aktiv in die Planung der Angreifer eingreifen, wird die Zelle ihre Aktion abbrechen und Untertauchen. Wenn dies geschieht, verlieren wir unsere einzige Verbindung zum eigentlichen Ziel dieser Operation, den uns unbekannten Insider aus der Finanzwelt, der mit den Terroristen kollaboriert.“ Sie nahm sich die Zeit ihren Blick für einige Sekunden direkt auf jeden der anwesenden Soldaten zu richten. „Es geht einzig und allein um diese Person, sie ist willens und fähig der Bundesrepublik Deutschland immensen Schaden zu zufügen. Deswegen sind wir hier, wir werden nicht weniger als unserem geschworenen Eid folge leisten und Schaden von den Bürgern dieser Republik abwenden.“ Natalie sah die Zustimmung im Gesicht von jedem ihrer Soldaten. „Ok, im nächsten Schritt ist vorgesehen, dass die beiden Teenager den Tresorraum von außen öffnen. Die jugendlichen führen einen experimentellen Schneidbrenner auf Basis einer neuartigen Plasmatechnologie bei sich. Nach unseren neusten Informationen ist dieser jedoch nicht einsatzbereit. Der von den Terroristen ausgehändigte Sprengstoff wurde durch eine Attrappe ersetzt. Leutnant Bauer, ich gehe davon aus, dass die Vorbereitungen für das Aufsprengen der Tresortür getroffen wurden sind und sich eine Explosion ereignen wird, wenn die Kinder den ihnen anvertrauten Zünder betätigen.“ Der angesprochene Leutnant nickte bestätigend. „Gut“, fuhr Natalie fort. „Der Tresorraum ist stark abgeschirmt, Telekommunikationssignale können dort nicht versendet und auch nicht empfangen werden. Das durchgeben der Codes kann also nur außerhalb des Tresors erfolgen. Sobald die Terroristen beginnen die Zugangscodes zum administrativen Teil der Transaktionssoftware an den Kollaborateur zu übermitteln, fängt unsere Uhr an zu ticken. Simulationen zeigen, dass der Einloggvorgang in die Software von einem erfahren User in 30 Sekunden zu bewältigen ist. In Frankfurt gibt es insgesamt 453 Arbeitsplätze von denen aus ein Zugriff auf die Software erfolgen kann. Ein ferngesteuerter Zugriff auf das System mit Admistrationsrechten ist technisch ausgeschlossen, das heißt unsere Zielperson muss sich zwingend an einem dieser 453 Arbeitsplätze aufhalten. Alle Arbeitsplätze werden von uns überwacht. Heute ist Donnerstag und wir haben es jetzt 22:30 Uhr, an keinem der Arbeitsplätze können wir momentan Aktivitäten feststellen. Wenn sich dies jedoch nach 23:50 Uhr ändert, haben wir die Zielperson lokalisiert. Zur Neutralisierung der Zielperson stehen entsprechend bewaffnete Hubschrauber bereit, die nach Bekanntgabe der Zielkoordinaten in der Lage sind jeden möglichen Arbeitsplätze binnen 15 Sekunden zu zerstören. Noch irgendwelche Fragen?“ Wieder meldete sich Leutnant Bauer zu Wort. „Wie gehen wir vor, wenn die Terroristen die beiden Kinder als Geisel nehmen, die Codes nicht sofort übermitteln und die Bank verlassen. Morgen früh werden viel der möglichen Zugangspunkte aktiv sein, die Banker werden Ständig auf die Software zu greifen und sie werden genauso oft telefonieren.“ „Ein guter Punkt Leutnant“, Natalie nickte zustimmend in seine Richtung. „Sollte dieser Fall eintreten, sorgen wir dafür das die Terroristen die Bank nicht mehr Verlassen können. Alles wird bis zu diesem Zeitpunkt so aussehen als währe ein ganz normaler Bankraub fehlgeschlagen. Die Polizei wird mit den Geiselnehmern verhandeln und wir werden beobachten. Sobald eine Übermittlung der Codes festgestellt wird, sind wir in der Lage den Empfang und den darauf folgenden Zugriff auf die Administrationsebene der Transaktionssoftware einem bestimmten Arbeitsplatz zu zuordnen. So können wir das Ziel wie geplant ausschalten.“ Natalie machte eine kleine Pause, in der sie versuchte sich zu sammeln. „Wir gehen davon aus, das in solch einem Fall mit erheblichen Kollertaralschäden zu rechnen ist. Unsere Schätzungen belaufen sich auf bis zu 20 Tote und 50 bis 70 Verletzte. Weitere Fragen?“ Natalie sah in die Runde, auf allen Gesichtern konnte sie Bedauern aber auch feste Entschlossenheit erkennen. „Gut, dann begeben sie sich jetzt Bitte auf ihren Posten. Viel Glück meine Damen und Herren.“ Alle Soldaten erhoben sich von ihren Plätzen. Leutnant Bauer wartete jedoch bis er alleine mit Natalie im Raum war. „Ich denke sie unterschätzen die Rolle der beiden Teenager, Frau Major“, begann er. „Zu der Zeit als die Bewaffnung eines Kriegers noch aus einem Schwert bestand, scheuten erfahrene Kämpfer die Auseinandersetzung mit blutigen Anfängern. Im Gefecht neigen diese dazu völlig unberechenbar und planlos vorzugehen. Das führt in den meisten Fällen zu ihrem schnellen Tod, doch vorher richten sie noch eine Menge Chaos an.“ „Danke Leutnant, das währe dann alles. Auf ihren Posten“, bluffte sie ihn an. „Der Leutnant salutierte vor ihr und verließ mit schnellen Schritten den Raum. Natalie blieb allein zurück. Sie führte ihren inzwischen lauwarmen Kaffee an die Lippen und genoss den bitteren Geschmack der tief schwarzen Flüssigkeit. „Sei Bitte kein Opfer Mehmet“, dachte sie. „Und sei um Himmelswillen kein gehirnverbrannter Idiot.“
„Boah ehy, ich fühl mich so agro.“ Mehmet stieg vom Rad ab und schleuderte es auf den Bürgersteig. „Hey, das ist das Rad von meinem Vater“, beschwerte sich Manuel. „Wir gehen jetzt da rein, räumen den Tresor aus, dann checken wir n´ fette Karre ab und fahren direkt zu meiner Princess.“ Kaum hatte er das gesagt, steuerte Mehmet schon mit weit ausholende Schritten auf den Haupteingang der Bank zu. „Das ist dein Plan“, fragte Manu ungläubig, als er ihn endlich kurz vor der Eingangstür eingeholt hatte. „Yo Mann, wir gehen da rein nieten mit deiner Plasmawumme alles um was sich uns in den Weg stellt, knacken den Tresor und greifen das Geld ab. Bevor die Bullen merken, dass wir da waren halt ich meine Princess im Arm und du liegst in deinem Bettchen und machst mit deinen Puppen rum“, Mehmet grinste zufrieden. „Show Time“, er rüttelte ein paar mal an der Verschlossenen Eingangstür. „Aber wenn wir drin sind, wird man uns doch auf den Überwachungskameras erkennen“, gab Manuel besorgt zu bedenken. Mehmet drehte sich zu Manu um. „Ehy du bist so eine Gehirnpussy.“ Er kramte aus dem Rucksack die zwei Latexmasken hervor, die er aus dem schrägen Kellerschrank von Manus Eltern hatte mitgehen lassen. Manu musste schlucken und seine Wangen nahmen eine rötliche Farbe an, die im Licht der Strassenlaternen zum Glück verborgen blieb. „Du weißt schon was das ist, oder?“ „Klar Mann!“ Mehmet zog das nachgiebige Latexmaterial etwas auseinander. „Das ist ne Blacktrooper Sturmmaske.“ Er drehte die Maske ein paar mal um. „Wo isn bei dem Teil hinten und vorne?“, fragte er laut, mehr sich selbst. „Ähm... das ist nicht so eine Maske wie du denkst. Man setzt sie so rum auf, dass die Löcher zum Atmen unter der Nase sind“, man merkte deutlich, dass Manuel das ganze Thema sehr unangenehm war. „Und wie soll ich durch die schwule Maske dann was sehen? Da sind keine verfickten Löcher für die Augen drin!“ „Gib die Maske her, die gehört dir nicht“, Manu griff so energisch wie er nur irgendwie konnte nach der Latexmaske. Mehmet überließ sie ihm widerstandslos. Bei der zweiten Maske war Mehmet nun auf den ersten Blick klar, wo sich vorne und hinten befand. Dafür war er völlig Ratlos, warum sich der Öffnung für den Mund ein Plastikrohr mit Innengewinde befand. „Manu du und deine Eltern müssen echt dringend mal zum Psycho-Doc.“ Er zog sein T-Shirt aus und wickelte es sich um sein Gesicht. „Yo“, drang seine gedämpfte Stimme durch den Stoff. „Wie seh ich aus, so richtig G-Style, oder?“ Manu konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen und folgte ohne weiteren Kommentar Mehmets Beispiel. „Und wie kommen wir jetzt in die Bank rein?, wollte Manu wissen. „Ganz einfach“, gab sich Mehmet lässig. „Wir verdampfen die Tür mit der Plasma Wumme.“ Manu sah ihn ungläubig an. „Das ist ein Schneidbrenner, da kannst du nicht einfach auf den Knopf drücken und schon lösen sich irgendwelche Sachen in Luft auf.“ „Ehy Alter komm mal klar“, Mehmet nahm Manu die Plasmalanze aus der Hand und drückte eine Gaskurtasche in die dafür vorgesehene Halterung. Bevor Manu auch nur ein Wort des Widerspruchs herausbringen konnte, hatte Mehmet schon auf den Startknopf der Lanze gedrückt. Ein seltsames Piepsen wie von einer erkälteten Maus ging von dem Gerät in Mehmets Händen aus. Mehmet verzog angewidert das Gesicht. „Hört sich schwul an, n´ Sound of Destruction geht anders.“ Plötzlich war das nervende Geräusch weg, dafür fing die Lanze nun an deutlich zu vibrieren. Mehmet grinste. „Manu den Alter hat dich verarscht, dass ist n überdimensionaler Vibrator.“ Manuel sah überhaupt nicht glücklich aus. „Mein Vater hat erzählt, dass er in den letzten Tagen noch etwas entscheidend verändert hat, er war sich aber sich das alles funktioniert.“ An der Spitze der Lanze tauchte plötzlich ein kleines, bläulich, glimmendes Flämmchen auf. „Oh man, da kann mein Feuerzeug mehr“, Mehmet war drauf und dran die Lanze einfach auf den Boden zu schmeißen. „Halt warte!“, Manu strahlte. „Die blaue Flamme bedeutet, dass das Plasma gezündet hat. Es funktioniert! Wenn du jetzt auf den Abzug an der Unterseite drückst, dann wird der Strahl erzeugt.“ Mehmet drehte die Lanze skeptisch hin und her, schließlich richtete er sie auf die Tür. „Meinst du das Ding....“, alles wurde gleißend hell, für den Moment eines Herzschlages schienen die beiden direkt auf der Oberfläche der Sonne zu stehen. Gleißend helles Licht umhüllte sie. Der Moment war so friedvoll und voller erhabener Stille, das die folgende Druckwelle, die sie zurück auf den Bürgersteig schleuderte um so brutaler auf ihre überlasteten Sinne wirkte. Beide waren bewusstlos bevor sie dumpf auf dem Gehweg aufschlugen.
„Alpha 2 hier.“ Natalie sah von ihren Unterlagen auf und schob die Kopfhörern zu recht. „Bericht“, befahl sie. Ihr Blick fiel auf den Monitor der direkt mit der Helmkamera von Alpha 2 verbunden war. „Küken 1 und 2 stehen vor dem Haupteingang. Es hat den Anschein als versuchten sie sich Zugang zur Bank zu verschaffen.“ Natalie sah auf die Uhr, es war 23:15 Uhr, noch über eine halbe Stunde, bis die Roten, so lautete die Kennung für die Terroristen während der Operation, die Tür für sie öffnen würden. „Jetzt hantieren sie an dem Schneidbrenner. Küken 1 befestigt eine Art metallenen Zylinder am Gerät.“ Sie starrte gebannt auf den Monitor. Vor ihrem geistigen Auge sah Natalie, wie sich ein dünner Strahl aus heißem, ionisiertem Gas in das Sicherheitsglas der Tür fraß, mit dem Glas würde sich ihre gesamte Planung auflösen. Sie schüttelte den Gedanke daran ab und konzentrierte sich auf das unmittelbare. „Küken 1 richtet den Schneidbrenner jetzt auf die Tür“, setzte Alpha 2 seinen Bericht fort. „Arghhh...“, aus dem Kopfhörer drang ein schmerzerfüllter Schrei, gefolgt von statischem Rauschen. Natalie schoss aus ihrem Stuhl. „Alpha 7, Positionswechsel, Überprüfung Status von Alpha 2, sofort!“ Sie starrte gebannt auf den Monitor der das verwackelte Bild der Helmkamera von Alpha 7 übertrug. „Alpha 2 am Boden“, hörte sie die atemlose Stimme aus ihren Kopfhörern. „Starke Rauchentwicklung im Bereich der Eingangstür. Infrarot Bild gestört, möglicherweise wurde extreme Hitze freigesetzt. Küken 1 und 2 am Boden. Erbitte Anweisungen.“ Die Antwort des Soldaten dröhnte in ihrem Kopf. „Status der Roten“, wandte sie sich an den neben ihr stationierten Leutnant. „Vorhut aus Rot 2 und 4 im Gebäude, Sicherheitseinrichtung noch immer aktiv, Alarm wurde ausgelöst, mehrere Streifenwagen der Polizei auf dem Weg geschätzte Ankunft in 5 Minuten.“ Natalie wirbelte um ihre eigene Achse, so dass sie die Monitore, die ihr das Blickfeld ihrer Feldeinheiten zeigten, wieder sehen konnte. „Alpha 7, sichern sie Alpha 2, danach übernehmen sie seinen Posten.“ In einer fließenden Bewegung griff sie nach ihrer Waffe. „Leutnant, sie haben das Kommando. Sie halten die Füße still, solange bis die Übermittlung der Codes stattgefunden hat.“ Sie wartete die Bestätigung ihres erteilten Befehls gar nicht erst ab. So schnell sie konnte sprintete sie aus der Wohnung. Kurz überlegte Natalie ob Zeit genug währe, eine kugelsichere Weste über ihre Zivilkleidung zu streifen, doch sie kam zu dem Schluss, dass es dafür jetzt zu spät war. Mehrere Treppen auf einmal überspringend, stürmte sie in Richtung Bank.
Manuel öffnete seine Augen. Sein ganzer Körper fühlte sich an, als währe er unter eine Strassenbahn geraten. Versuchsweise bewegte er seinen kleinen Finger. Zufrieden mit dem Resultat richtete er sich auf. „Du bescheuerter, gerhirnverbrannter Idiot“, fuhr er Mehmet, der immer noch bewusstlos neben ihm lag, an. „Mehmet?“ Vorsichtig stupste er ihn in die Seite. „Ohhhaa, ehy... bist du lebensmüde, oder was?“ Mehmet rappelte sich auf. „Du kannst nen Türken, nicht einfach so anfassen. Als nächstes kommt noch Mund zu Mund Beatmung, oder was? Was isn überhaupt passiert?“ Manuel sah in Richtung der Eingangstür, der Qualm hatte sich inzwischen gelichtet und gab den Blick auf den vollkommen zerstörten Eingangsbereich frei. „Du warst zu nahe an der Tür als du den Schneidbrenner aktiviert hast. Das Plasma reagiert mit der Luft und wird dadurch abgebremst. Dafür hatte es aber nicht genug Zeit und ist viel zu schnell auf das Glas aufgetroffen, irgendwie ist dann alles Explosionsartig verdampft. Die Tür ist auf jedenfall weg“, bemerkte Manuel sachlich. „Und die halbe Wand in der sie Eingelassen war auch.“ Mehmet hob die Plasmalanze voller Bewunderung empor „Das Teil bringts. Jetzt blasen wir den verfickten Tresor auf.“ Noch etwas wackelig auf den Beinen betrat er durch den zerstörten Haupteingang die Zentralbank. „Bleib hinter mir Manu, ich kenn den Weg.“ Mehmet hielt die Lanze weit von sich gestreckt, wenn jemand so lebensmüde währe sich ihm jetzt in den Weg zu stellen, würde er sein Dasein als Dampfwolke fortführen.
Als sie schließlich vor dem Tresor ankamen, wurden sie von 2 Sicherheitsbeamten empfangen die mit ihren Waffen auf sie zielten. „Stehen bleiben oder wir machen von der Schusswaffe Gebrauch“, bellte ihnen einer der Wachmänner entgegen. Mehmet hob die Lanze Lässig in Richtung Decke und drückte den Abzug durch. Diesmal schoss ein bläulicher Strahl aus 30.000 °C heißem, ionisierten Gas in Richtung Decke. Dort wo der Strahl direkt auf die Holzvertäfelung traf, tat sich augenblicklich ein gähnendes Loch auf. Der Rest der holzverkleideten Decke fing über die ganze Breite des Raumes Feuer. „Yo, Peace Opas.“ Mehmet ließ den Abzug los und richtete die Lanze auf den Tresor, vor dem sich die Wachleute postiert hatte. „Meinem Plasma Homie hier“, er bewegte die Lanze grüßend auf und ab. „Ist es relativ breit ob ihr vorm Tresor stehen bleibt oder nicht. Ich werd jetzt den Abzug drücken und ihn erst wieder loslassen, wenn die Tresortür verdampft ist.“ „An eurer Stelle würde ich laufen“, fügte Manu mit etwas zu dünner Stimme hinzu. Die beiden Wachleute ließen ihre Waffen fallen und rannten mit eingezogenen Köpfen durch den Schauer aus brennenden Holzstücken, die ihnen wie verglühenden Sternschnuppen von der brennenden Decke entgegen regneten, in Richtung Ausgang. Mehmet betätigte im gleichen Moment den Abzug. Der Plasmastrahl schoss durch den Raum und Floss bei Berührung mit dem Stahl des Tresors, regelrecht über die runde Panzerschranktür. Mehmet hielt den Abzug einige Sekunden lang gedrückt, die Tür begann schon gelblich zu Glühen, als es plötzlich einen lauten Knall gab und die glühende Tür einfach aufsprang. Mehmet grinste „Yo, das ist deutsche Wertarbeit, das Teil hätt ich auch mit meinem Feuerzeug geknackt.“ „Normalerweise sollten Tresortüren nicht einfach so aufgehen, wenn man sie warm macht.“, wunderte sich Manuel laut. Die Lanze hätte die ganze Tür eingeschmolzen, dessen war er sich sicher. Mehmet benutzte die Lanze um die immer noch glühende Tür weiter zu öffnen. „Jackpot“, rief Mehmet in einem Anflug überschäumender Euphorie aus. „Wir greifen so viele Scheine ab wie wir Tragen können.“ Er öffnete seinen Rucksack und fing an bündelweise die Geldscheine hinein zu stopfen. Den Sprengstoff warf er dabei achtlos zur Seite. Manuel begab sich derweil auf die Suche nach irgendeinem Transportbehälter mit dem er die Geldscheine wegtragen konnte. Er fand schließlich einen schwarzen Aktenkoffer, der sehr gut zu Geldscheinen zu passen schien. Als er das Schloss des Aktenkoffer öffnete, war nur ein Zettel darin, auf dem in langen Kolonnen sehr viele Zahlen aneinandergereiht standen. Manu dachte sich nichts weiter dabei und fing an den Koffer mit Geldscheinen zu füllen.
„Ich Check net warum die in der Klotze so ein riesen Aufwand machen, wenn die ne Bank hoch nehmen.“ Mehmet stand in einer Last-Action-Hero Pose vor dem in Trümmern liegenden Haupteingang der Bank. “Das war alles ober easy, wir sind rein, haben das Cash abgegriffen und wieder raus, in unter 3 Minuten.“ Lässig stützte er die Plasmalanze, deren Spitze immer noch bläulich glühte auf seiner Schulter ab. Im Hintergrund bahnten sich die ersten Rauschwaden ihren Weg aus der Bank und der Geruch von verbrannten Plastik hing stechend in der Luft.“ „Ja Man“, pflichtete ihm Manuel bei. „Wir sind Tiere! Männer des Krieges im Garten der Unschuld, der Tod schickt uns um Verwüstung und Zerstörung zu sähen, wo auch immer wir wandeln.“ Mehmet, verzog das Gesicht. „Was n das für n schwuler Text, Manu?“ Manuel blinzelte verlegen, „Ähm, das hab ich aus dem Fernsehn.“ Mehmet quittierte Manus Aussage mit einem abschätzigen Blick. „Hört sich nach so ner schwulen Theaterscheiße an.“ „Mehmet!“ Larisa stürmte auf Mehmet zu und warf sich ihm aus vollem Lauf um den Hals. „Ich hatte ja solche Angst um dich!“, schluchzte sie, während sie sich fest an ihn klammerte. Mehmet war völlig überrumpelt, er brachte erst einmal überhaupt keinen Ton herraus. Manuel hingegen kommentierte die Szenerie mit einem ironischen: „Das Perfekte eine Ende, für einen Film mit ziemlich schwachen Drehbuch.“ Larisa drehte ihre Kopf zu Manu und flirtete ihm ein verlegenes „Hallo“ entgegen. Manuels Kopf fing so fort Feuer und plötzlich schoss ihm der Gedanke in den Kopf, das er mit seinem schmächtigen, nackten Oberkörper und seinem hochrotem Kopf wie ein Streichholz aussehen musste. Betreten blickte er zu Boden. Von einem Moment auf den anderen Peitschte ein Schuss durch die warme Sommernacht. „Herzzerreißend, diese Hingabe, dieser Einsatz.“ Karls eiskalte Blicke durchbohrten Larisa förmlich. Er richtete sein Sturmgewehr auf Mehmet und Larisa, die einander immer noch umarmten. „So Leid es mir auch tut Frau Wagner, ich muss ihre exzellente Darbietung leider unterbrechen. Mehmet würdest du Bitte die Freundlichkeit besitzen Frau Wagner los zulassen und diese überaus beeindruckende Waffe an mich auszuhändigen.“ Karl wusste natürlich, dass Mehmet höfliche Worte automatisch als Schwäche auslegen würde. Also schoss er Larisa ohne Vorwarnung in ihr Bein. Larisa spürte den heißen Stich der Kugel, die ihre Haut, Fleisch und Sehnen zerfetzte. Das verletzte Bein gab unter ihrem Gewicht nach und sie sank mit schmerzverzerrtem Gesicht auf ihre Knie. Alles in ihr Schrie danach sich selbst und die Kinder zu verteidigen. Aus den Augenwinkeln taxierte sie reflexartig ihre Umgebung. Es gab genug Deckung, überall lagen Trümmer und dichte Rauchschwaden behinderten die Sicht. Alles was sie tun musste war sich mit ihrem unverletzten Bein ab zustossen und ihre Waffe zu ziehen. Ein solches Manöver hatte sie während ihrer Ausbildung tausendmal durchexerziert. Doch damit würde sie die gesamte Operation gefährden. Karl musste so lange wie möglich im Glauben bleiben, dass sie nichts weiter als eine abgebrannte Schauspielerin war, die um ihr Geld kämpfte. Sie ließ zu, dass ein Schmerzensschrei durch ihre zusammengepressten Lippen entwich. „Du Wichser!“, hörte sie Mehmet über sich brüllen. „Runter mit der Waffe!“, befahl Karl ruhig. „Oder der nächste Schuss geht mitten durch das reizende Gesicht deiner kleinen Freundin.“ Mehmet legte die Waffe vorsichtig auf den Boden und kniete sich neben Larisa auf den Boden. Ihre Hand haltend, schrie er Karl an: „Dafür wirst du bezahlen.“ Einer von Karls Männern nahm die Plasmalanze an sich und händigte sie sogleich an Karl aus. „Ich fürchte in dieser Geschichte gibt es für keinen der hier anwesenden am Ende ein Happyend. Ich muss sie jetzt alle Bitten mir zurück in die Bank zu folgen.“ Karl dreht sich um und ein anderer Terrorist stieß Manu mit seinem Gewehrkolben in den Rücken. „Bewegung, Junge“, bellte er Manuel an. Mehmet half Larisa auf die Beine und gemeinsam humpelten die drei niedergeschlagen und besiegt in die Bank zurück. Von weitem hörten sie die Sirenen der sich nähernden Polizei.
Karl blickte nachdenklich auf Larisa, die mit ihrem Rücken an einer Wand gelehnt saß. Das aus ihrer Schusswunde unablässig sickernde Blut bildet unter ihrem Bein einen kleinen roten See. „Wissen sie Frau Wagner, ich war schon überzeugt davon, dass sie nicht die sind für die sie sich ausgeben. Aufgrund der jüngsten Ereignisse bin ich mir da aber nicht mehr so sicher.“ Er strich Gedanken verloren über die Plasmalanze die er mit seiner anderen Hand auf Larisa gerichtet hielt. „Ich denke aber, das es mir möglich ist, Klarheit in dieser Frage zu erlangen. Leben sie wohl Frau Wagner.“ Betont langsam legte er seinen Finger um den Abzug der Lanze. Manuel vergrub geschockt, seinen Kopf in seine Hände. Mehmet riss den Mund auf, so als wollte er Schreien, doch die unendliche Grausamkeit, mit ansehen zu müssen wie seine Liebe in einem Strahl aus heißem Gas verglüht, lähmte ihn vollständig. Larisa senkte den Blick, lies die Schultern hängen und fügte sich in ihr Schicksal. „Haltet die Linie!“, beschwor sie sich und ihre Kameraden in Gedanken. Wenn Karl restlos davon überzeugt war, dass seine Pläne vollkommen unentdeckt von jedem Geheimdienst waren, dann würde er nicht zögern den Anschlag sofort auszuführen. Ihr Tod würde unschuldige Leben schützen. Karls Finger, berührten den Abzug. Aus der Lanze drang wieder das Geräusch, welches entfernt an eine erkältete Maus erinnert, die schreiend vor einer Katze Reis Aus nimmt. Dann erlosch das bläuliche Glimmen – der Schneidbrenner verweigerte schlichtweg diesen amoralischen Dienst. Karl senkte enttäuscht die Waffe. „Ich vermute die Gasreserven sind erschöpft. Nun ja, ich bin jetzt zumindest überzeugt davon, dass sie, Frau Wagner nichts weiter als eine erfolglose bankrotte Schauspielerin sind. Unglücklicher Weiße wird uns ihre Verletzung nur Aufhalten, als Geisel kann ich sie nicht gebrauchen. Erschießt sie!“, befahl er kalt. Ohne zu zögern hob einer der Terroristen seine Waffe und schoss Natalie alias Larisa Wagner direkt in die Brust. Sie sackte auf der Stelle leblos zusammen. Mehmet bäumte sich einen Herzschlag später rasend vor Wut auf. Mit nach vorn gestreckten Händen und vor Hass und Schmerz überschäumenden Augen, stürzte er auf Karl zu. Er kam zwei Schritte weit, dann traf ihn ein Gewehrkolben direkt ins Genick. Er versuchte noch einfach weiter vorwärts in Richtung Karl zu stürmen, aber seine Beine gaben unter ihm nach und schließlich wurde die Welt um ihn herum völlig schwarz. „Heroisch, aber wie so oft vergebens“, kommentierte Karl, das sich um ihn abspielende Drama. Mit einem kurzen Blick auf Manuel, der zusammen gekauert und wimmert in einer Ecke saß, überzeugte er sich davon, dass keine weiteren Heldentaten dieser Art zu erwarten waren. „Sichert den Eingang und lasst unsere Freunde und Helfer von der Polizei wissen, dass wir bewaffnet sind und Geiseln haben.“, befahl er zwei von seinen Männern. Dann nahm er den Koffer, der neben dem am Boden kauernden Manuel lag, öffnete ihn und leerte seinen Inhalt auf dem Boden aus. Voller Verachtung wischte Karl die Euronoten beiseite, schließlich fand er unter dem Geld versteckt, das wonach er gesucht hatte. Aus seiner Jackentasche holte er ein eigens für diesen Zweck präpariertes, abhörsicheres, digitales Funkgerät heraus. „Es ist soweit“, sprach er in das Gerät, nachdem er einen Kanal geöffnet hatte. „Positiv, ich bin mir absolut sicher, dass wir unentdeckt geblieben sind. Wir können den Anschlag ausführen.“ Karl übermittelte eine lange Reihe von Zahlen und verstummte schließlich. Ein leichtes zucken durch fuhr seinen Körper, fast so als währe er von irgendetwas oder irgendjemanden an gerempelt worden. Ungläubiges Staunen spiegelte sich auf seinem Gesicht wieder, er hob seine Hand und fuhr mit dem Handrücken über seine Stirn. Als er seine Hand wieder senkte, bemerkte er das Blut, dass an seinen Fingern haftete. Er versuchte sich um zudrehen und nach seinen Männern zu sehen, doch noch ehe er die Drehung beginnen konnte brach sein Körper zusammen. Das letzte was er sah, waren seine Männer, die allesamt mit einem Loch im Kopf am Boden lagen.
Manuel hob den Kopf. Da war nur Stille. Zitternd richtete er sich auf. Überall fiel sein Blick auf Blut und am Boden lag ein lebloser Körper neben dem anderen. Manuels Mageninhalt drängte seine Speiseröhre empor. Würgend übergab er sich. Nachdem er wieder etwas zu Atem gekommen war, tastete er sich vorsichtig zu dem am Boden liegenden Mehmet vor. Behutsam presste er seine zitternden Finger gegen Mehmets Hals. Erleichterung erfasste ihn, als er einen schwachen aber stetigen Puls fühlte. Nun fiel sein Blick auf Larisa, ihr toter Körper lehnte an der Wand. Manuel spürte instinktiv, dass so der Tod aussah. Larisa würde nicht mehr aufwachen. Verzweiflung machte sich in ihm Breit. Gleichzeitig spürte er aber auch einen Hauch von Hoffnung, die wie eine schwache Flamme in der finstersten Nacht für ihn leuchtete. Daran klammerte er sich, ohne diesen kleinen Funken währe er von der über ihm zusammenschlagenden Hoffnungslosigkeit zermalmt worden. Wie in einem Traum griff er in Mehmets Rucksack und holte das Stethoskop hervor. Es dauerte ein gefühlte Ewigkeit bis er Larisa erreichte. Ängstlich presste er das kalte Metall des Stethoskops an den Blut durchtränkten Stoff, der sich über Larisas rechte Brust wölbte. Mit der anderen freien Hand schob er sich die Kopfhörer des Stethoskops in seine Ohren. Er schloss die Augen und wartete, mit wachsender Verzweiflung auf ein Geräusch, dass nicht kam. Irgendwann brach er weinend zusammen.
„Hey Manu“, Mehmet nickte Manuel zu. In der Woche die seit dem Vorfall in der Bank vergangen war, hatte sich viel verändert. Manuel hatte jetzt eine Frisur bei der Haargel eine entscheidende Rolle spielte. Kontaktlinsen trug er nun ebenfalls, aber von deren Vorzügen war er noch nicht restlos überzeugt. Die aller größte Veränderung war jedoch, dass er über seinen schüchternen Schatten gesprungen war und Kerstin angesprochen hatte. Die beiden verstanden sich super.
Jedes mal, wenn Mehmet und Manuel sich nun begegneten war eine seltsame Distanz zwischen ihnen. Beide waren durch etwas verbunden das über dem Leben stand. Beide waren dem Tod begegnet, beide hatten Wunden davon getragen, Wunden die tief in ihren Herzen weiter bluteten. Wenn sie einander in die Augen blickten, waren sie wieder in der Bank und fühlten die Verzweiflung und Hilflosigkeit aufs neue. Also gingen sie sich aus dem Weg. Vielleicht würde sich das ja mit der Zeit ändern. Manuel würde nicht zur Beerdigung heute Nachmittag gehen, dort war Mehmets Platz, er wollte es ihm nicht noch schwerer machen, als es ohne hin schon für ihn war. Mehmet hatte sich auch verändert. Er war nachdenklicher geworden, aber das Stand ihm gut, das fand zumindest Tina, die sich in der letzten Woche öfter an seiner Seite aufhielt. „Tina ich kann heute echt nicht“, sagte Mehmet. Tina lächelte ihn aufreizend an. „Du weißt doch noch nicht einmal was ich heute gerne mit dir machen würde.“ Mehmet lächelte zurück. „Jeder Zeit Chica... nur, nur nicht heute.“ Tina schien die tiefe Traurigkeit in seinen Augen zu bemerken. „Tut mir leid, flüsterte sie. Manchmal vergesse ich, dass das bei dir nur heiße Luft ist. Das finde ich aber irgendwie süß und anziehend“, grinste sie ihn an. „Yo, Baby, ich bin ein Gangsta-Heißluftballon und Morgen nehm ich dich mit auf ne Reiße zu den Sternen. Aber alles schön langsam, gefühlvoll und romantisch sweety.“ Tina war sprachlos. „Das war das dämlichste, süßeste, schwachsinnigste was je jemand an mich ran gelabert hat“, sie hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn und verschwand lächelnd in ihre Literatur AG. Mehmet spürte zum ersten mal seit einer Woche wieder dieses Kribbeln im Bauch, gefolgt von einer Wärme die ihn ganz tief, vollkommen ausfüllte. Es war, jetzt nachdem er dem Tod begegnet war, alles viel intensiver.
Es roch nach warmen Sommerregen. Leicht nieselte es noch, aber der eigentliche Schauer war schon weiter gezogen. Mehmet lief als einziger hinter der Urne her. In der Hand hielt er einen kleinen, gefalteten Zettel. Er hatte jede freie Minute in der vergangenen Wochen damit zu gebracht Larisas Schwester ausfindig zu machen. Aber weder der Vermieter von Larisas Wohnung, noch ihre Nachbarn konnten ihm weiterhelfen. Er hatte es sogar bei Larisas Arbeitgeber dem Schulamt versucht, überall Fehlanzeige. Jetzt stand er an ihrem offenen Grab, die Urne mit ihrer Asche vor Augen. Der Zettel in seiner Hand gab ihm Halt. Auf dem weißen Papier hatte er die Worte geschrieben, die er vor ihr, hier an ihrem Grab nicht Aussprechen wollte, sie erschienen ihm jetzt so unpassend und kindisch. Er lauschte der Rede des Pfarrers der Larisa nur als Tode kannte. „Sie war eine Heldin“, sagte er Laut, nachdem der Pfarrer seine Grabrede beendet hatte. Mehr gab es nicht zu sagen. Der Rest war Trauer. Mehmet lies zum ersten Mal in seinem Leben los. Keine Rolle mehr in die er sich flüchten konnte, er war stark genug für das Leben, er würde die Trauer überstehen. Tränen rollten über seine Wangen und er hieß jede einzelne von ihnen willkommen. Die Urne wurde in die Erde gelassen, der Pfarrer verbeugte sich vor Larisas Grab, ließ aus einer kleinen Schaufel ein wenig Erde auf ihre Urne fallen und sagte: „Erde zu Erde , Asche zu Asche, Staub zu Staub.“ Er gab Mehmet die Hand und ging. Mehmet stand noch lange allein an ihrem Grab, immer wieder liefen ihm Tränen über seine Wangen. Erst als er spürte, dass er alle seine Tränen für Larisa vergossen hatte, verbeugte er sich vor ihr und Legte den Zettel auf ihren Grabstein ab. „Danke Princess“, flüsterte er. Langsam Schritt er den von Grabsteinen gesäumten Friedhofsweg entlang.
Ein Aufkommender Windstoß wehte den Zettel vom Grabstein. Leicht und unbeschwert flatterte das kleine Stückchen Papier durch die Luft. Schließlich sank es vor dem Grabstein zu Boden.
„Danke! Princess, danke für die Big League.“ Stand darauf geschrieben.
Tag der Veröffentlichung: 22.04.2012
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