Cover

Auftakt:
 
Intro (Band/ Orchester)
 
Der Narr: (Vor geschlossenem Vorhang)
 
Was soll ich sagen? Was wollt ihr hören?
Was will ich sagen? Was sollt ihr hören?
Was muss ich sagen? Was könnt ihr hören?
Was kann ich sagen? Was dürft ihr hören?
Ich bin ein Mund. Du bist ein Ohr
Schließe den Bund. Ich bin ein Tor.
Verzage nicht, Du stehst davor.
Nur noch ein Schritt, Du gehst hinein.
Wenn Du nicht magst, dann lass es sein!
Bist Du bereit, ja dann tritt ein.
Beschreit den Weg in Deinem Herz.
(Wisse!) Ich kenn wie Du das Glück, den Schmerz!
Ich halts nicht fest, ich lass es sein.
Es ist ein Spiel, komm lass Dich ein!
Der Tanz des Narren kann befrein!
Doch sei gewarnt, der Held bist Du!
Ich bin der Narr, lass mich in Ruh!
Wenn Du nicht willst, dann hör nicht zu!
Was auch geschieht, Du hasts getan.
(Narr schlüpft in Bühnenmitte durch den Vorhang, steckt nur noch den Kopf hindurch)
Mit DIR fängt die Geschichte an!
 
(Narr verschwindet ganz)
 
Erste Szene: Die Vision
 
 
Im Vordergrund ein Pavillon aus grünen Zweigen.
Bühnenbild: Die graue Stadt
Der Narr sitzt am Rand der Bühne.
In der Mitte der Hütte sitzt der Held auf dem Boden.
Der Narr spricht zum Publikum, mit der Hand auf den Helden weisend, der sich noch im Halbdunkel befindet. Spot auf Narr/schwaches Licht auf den Helden
 

So… Du bliebst da, hast IHN erschaffen
Jetzt sollst Du auch den Rest begaffen!
Für den, der schreitet durch sein Tor,
Gibt’s kein zurück, doch gibt’s ein vor!
 
Narr tritt ab.
Spot auf den Helden, der in der Hütte zusammengekauert sitzt, die Arme auf den angezogenen Knien verschränkt, darauf den Kopf gelegt.
Musik: Panflöte, die Melodie des Helden.
 
Der Held hebt langsam den Kopf, sieht sich um, streckt sich, steht auf, umtanzt liebevoll seine Hütte von innen, tritt dann nach draußen.
Sein Blick wendet sich vom Publikum ab, der Stadt zu die nun im Hintergrund erleuchtet wird.
 
Bei ihrem Anblick erstarrt er, bleibt kurz in der erstarrten Pose stehen.
Dann wendet er sich langsam um, dem Publikum zu.
Dabei zeigt er mit ausgestrecktem Arm anklagend auf die Stadt.
 
(Spot auf das Gesicht des Helden.)
 
Vorspiel zum Lied
 
Er singt sein Lied:
 
Ich bin aus dieser Stadt geflohn,
Jetzt bin ich hier, das ist mein Thron,
Mein kleines Haus, mein Blumenhain.
Hier bin ich Mensch, hier kann ich sein.
 
Sie war so grau, sie war so hart,
Hat lang genug meinen Sinn genarrt,
Mit ihrem Tand, mit ihrem Trug.
Jetzt hab ich von dem Lärm genug!
 
…der sich auf meine Sinne legt,
Bis in mir drin sich nichts mehr regt.
 
Er tanzt in die Hütte.
Er singt weiter:
 
Hier ist mein Reich, die kleine Welt,
In der es mir ganz gut gefällt.
Hier ist kein Schmerz und auch kein Leid.
Hier ists nicht eng, hier ist es weit.
 
Hier ist es nett und auch bequem,
Von hier will ich nie wieder gehen!
 
 
Er setzt sich wieder in der Hütte auf den Boden,
Wie vorher, legt den Kopf auf die Knie.
 
Es wird Nacht, Sterne leuchten auf.
 
Die Musik wird leise, schwebend, zart.
Auf einmal ein Klingeln (Glockenspiel)
Im Hintergrund ein Rauschen, das sich zu einem Brausen, einem Dröhnen steigert.
Ein heller Stern glimmt am Himmel auf, erstrahlt hell, wirft seinen feurigen Schein auf die Hütte.
 
Der Held erwacht, hebt den Kopf, steht auf, taumelt schlaftrunken und geblendet aus der Hütte.
Mit beiden Händen fasst er an sein Herz, als hätte er starke Schmerzen. Er krümmt sich unter ihnen zusammen, starrt dabei gebannt auf das immer  größer werdende Licht.
Musik: Blume des Lebens
 
Er schreit:
 
Was ist das?
Eine Sehnsucht, ein Ziehen, ein Brennen!
Was störst Du mich, Du heller Stern, in meiner schönen Hütte?
 
Der Stern am Himmel fällt  herab und an seiner Stelle tritt der STERN aus der Dunkelheit vor die Hütte, in glitzerndem Gewand mit einem leuchtenden Strahlenkranz um den Kopf.
Er streckt eine Hand nach dem Helden aus, weist mit der Anderen auf das Bild eines wunderschönen Landes, welches nun im Hintergrund erleuchtet wird.
In der Mitte des Landes befindet sich  ein Palast, in dessen glänzendem Kuppelsaal eine wunderschöne Frau sitzt, die in den Händen eine leuchtende Blume hält.
 
 
Der Held fällt auf die Knie, verbirgt sein Gesicht in einem Arm, wehrt mit dem Anderen das blendende Licht ab.
 
Eine Weile unterstützt die Musik die Spannung dieses Augenblicks, dann beginnt der Stern zu singen:
 
 
 
Lied des Sterns:
 
Du kamst dorther, Du gehst dorthin.
Hier ist Dein Weg, Hier ist der Sinn,
Der jeden Tag von Dir umfing.
Drum tue jetzt was ich Dir sing:
 
Im Land der Tiefe, Land der Zeit
Ist alles schon für Dich bereit,
Wartet seit einer Ewigkeit,
Jetzt mach Dich auf, jetzt sei bereit!
 
…den Weg zu gehen, tief hinab,
Und sei es in das eigne Grab,
Und sei es in den eignen Tod,
Dein Gehen befreit, wendet die Not!
 
Wo immer Du auch hin wirst gehen,
Am Ende wirst Du auferstehn!
Am Ende wartet dieses Land!
Komm geh jetzt los, reich mir die Hand!
 
Die Bewegung des Sterns endet in der Ausgangsstellung.
 
Zögernd nimmt der Held die Hand von den Augen, richtet den Oberkörper auf, die abwehrende Handbewegung wandelt sich: Er streckt den Arm nach dem Stern aus, lässt sich emporziehen.
 
Der Stern singt weiter:
 
Hab keine Angst, Hab frohen Mut!
Ich bin bei Dir, Alles wird gut!
Und brauchst Du mich, Ruf in den Wind,
Den Namen mein, Adieu, mein Kind…
 
Die Sternenmusik schwillt plötzlich an und mit einem Mal wird es ganz dunkel, das Licht der Sternennacht geht wieder an, doch Stern und Palast sind verschwunden.
Der Held befindet sich noch in der selben Haltung wie vorher, den Arm leicht nach vorn ausgestreckt, einen Fuß leicht vor den Anderen gesetzt. Nun lässt er den Arm langsam sinken, richtet sich auf und geht langsam, zunächst wie in Zeitlupe, los. Schritt für Schritt verschwindet er in der Dunkelheit hinter der Bühne.
 
Vorhang fällt.
 


Zweite Szene: Das Gebirge des Wissens

Narr, links auf der Bühne vor dem Vorhang sitzend (Spot auf ihn):
 
Nun ists geschehn,
Er ist bereit.
Nun wird er gehen,
Der Weg ist weit.
Wir werden sehn,
Wie weit er geht,
Welche Gefahren er besteht.
Wo er verliert,
Wo er gewinnt,
Das Ziel erreicht -
 
Das weiß der Wind.
 
 
 
Durch sieben Länder muss er schreiten,
Wir werden ihn dabei begleiten.
Durch sieben Tore tritt er ein.
Das achte könnt das letzte sein.
 
Auch damit ist es nicht zu Ende -
Dort nimmt die Reise eine Wende.
 
Doch still nun! (zu sich selbst/sich die Hand auf den Mund legend)
Mehr wird nicht verraten.
Die Rose blüht im Wundergarten.
Das erste Land, es ist schon da:
Der Berg des Wissens, er ist nah!
Die Flüstermusik wird stärker.
 
Er wirft sich auf die Erde, scharrt wahllos Bücher zusammen, geifert, stöhnt: Wissen, wissen, ich muss es wissen.
Wissen befreit, macht den Weg frei. Mehr, mehr…!
 
Die Musik wird lauter, er greift sich an den Kopf:
 
Mein Kopf, mein Kopf
Oh Gott
Es ist zu viel, zu viel
Zu hoch
Zu hoch für mich
 
Dieses Wissen ist zu hoch für mich.
Ich komme nicht darüber weg.
 
---------------------------
 
Schluss!
 
Aus der Dunkelheit einer Höhle im Berg tritt ein alter Mann mit langem Bart, bis auf den Boden reichendem grauen Mantel. Mit der einen Hand stützt er sich auf einen langen Stab, in der anderen hält er eine Laterne.
Er hält die Laterne in die Höhe.
 
Die Flüstermusik verstummt, man hört dumpfes Donnergrollen im Hintergrund.
 
Alter Mann: Ich werde Licht in diese Sache bringen!
 
Er hält die Laterne dicht vor die Brust des Helden, der sich auf dem Boden halb aufgerichtet hat, noch Bücher in beiden Händen.
 
A.M.: Lass die Gedanken los!
 
Der Held lässt die Bücher fallen, steht auf, nimmt die Laterne aus der Hand des Alten entgegen und drückt sie sich fest an die Brust. Er wendet sich dem Publikum zu.
 
Das Donnergrollen schwillt an, explodiert in einem Paukenschlag. Ein leise schwebender Flötenton bricht daraus hervor, eine Melodie entsteht aus zuerst spielend flirrenden Tönen.
 
Der Held steht mit gespreizten Beinen und nach den Seiten ausgebreiteten Armen in der Mitte der Bühne vorn am Bühnenrand. Die Augen hat er geschlossen. Die Laterne hat er sich vor die Brust, in Höhe des Herzens gehängt.
Hinter ihm erscheint eine zarte, leuchtende, schwebende Gestalt, die nun zu tanzen beginnt.
 
Dabei singt sie :
 
Lied der Inneren Stimme:
 
Ich bin das Wissen das aus Dir spricht,
Bin hinter Deinem Sein das Licht,
Das alles weiß, das alles sieht,
Das alles kennt was auch geschieht.
 
Mal bin ich laut, mal bin ich leis.
Auch wenn ich alles, alles weiß,
Hörst Du nicht zu, berührts Dich nicht.
Ich bin tief in Dir das Licht.
 
Die Flötenmelodie bricht auf, verstärkt sich, wird von einer Geige unterstützt, beide improvisieren zu der Grundmelodie, die vom Orchester, Band im Hintergrund gespielt wird.
Betonung dann noch einmal auf dem Schlussakkord:
 
Innere Stimme singt noch einmal:
 
Ja, ich bin tief in Dir DAS LICHT
 
Innere Stimme tanzt hinten von der Bühne
Der alte Mann streckt nun den Arm zum Gebirge hin aus, mit der Linken winkt er dem Helden zu, nun loszugehen.
Dieser nimmt nun wieder die Laterne in die Hand. Er streckt den Arm nach vorn aus um sich den Weg zu leuchten.
 
A.M.: Geh mitten hindurch, durch Deine Gedanken.
 
Die Flüsterstimmen werden wieder hörbar.
 
A.M.: Sie sind da, doch Du darfst sie liegen lassen, darfst über sie hinweg sehen.
 
Der Held reckt den Kopf nach oben.
 
A.M.: Du darfst sie wahrnehmen und darüber gehen, sie übergehen.
 
Flüsterstimmen werden stärker.
 
A.M.: DER STIMME DEINES INNEREN LICHTES FOLGEND
 
Die Flöte erklingt wieder, kräftig auf dem Hintergrund des Flüsterns
 
Der Held geht los, erklimmt den steilen Weg über das Gebirge.
 
Immer stärker verdrängt die Flöte die Flüsterstimmen, bis sie im Schlussakkord nach der Melodie des Liedes "Ich bin tief in Dir das Licht" allein erklingt.
 
Vorhang fällt.


Narr, zwischen den Szenen links auf der Bühne sitzend (vor dem Vorhang):
 
Nun sieht er wieder klar
Mal sehn ob er es behält
Denn nun naht die Gefahr,
Allein ist unser Held
Erfährt nun das Leid
Seiner Einsamkeit.


Dritte Szene: Die Wüste der Einsamkeit

Musik als Einleitung
 
Der Held kniet in der Mitte der Bühne auf dem Boden, zusammengekauert.
 
Rechts neben ihm der Aasgeier, ein schwarz gekleideter Mensch mit großer Schnabelmaske und riesigen rot aufgemalten Augen. Den Kopf  und die Schultern nach vorne gebeugt, schlenkert und wippt er mit Kopf und Schnabel hin und her.
 
Der Held hat eine große Flasche mit Wasser neben sich stehen, langsam, mühsam richtet er sich auf und blickt mit leerem Blick ins Publikum. Er wimmert:
 
Held:
Ich bin allein,
So allein
Niemand hört mich
Die Wüste ist so groß
Niemand hier
Ganz allein
 
Der Geier (krächzt): Gib Dein Wasser her!
 
Held greift panisch nach seiner Flasche, umklammert sie fest.
 
Held: Nein, niemals, darauf wartest Du ja, dass ich in der Einsamkeit verdurste, damit Du mir mein verwesendes Fleisch von den Knochen reißen kannst!
 
Er richtet sich weiter auf, wirft sich künstlich in die Brust.
 
Held: Aber ich lebe, noch lebe ich ja, und ich habe mein Wasser, (trinkt einen großen Schluck) ja mein Wasser, ich hab genug. (Lacht hysterisch) Hahaha, genug, ja.
 
Er setzt die Flasche wieder ab und senkt den Kopf:
 
Held: Aber ich bin so einsam, niemand mit dem ich reden kann, außer diesem Geier hier, niemand der mich liebt. Und die Wüst ist sooo groß. (Macht eine weit ausholende Gebärde)
Diese Einsamkeit, sie macht meine Kehle trocken, (fasst sich an die Kehle, würgt) Keine Luft!
Wasser!
Wasser!
 
Er greift nach der Flasche, trinkt, gierig und zittrig, unbeholfen. Er verschüttet Wasser, trinkt einen langen Zug. Die Flasche ist nun fast leer.
 
Dann setzt er ab, wendet sich zum Geier.
Dieser richtet sich zu voller Größe auf, streckt den Schnabel in die Luft, breitet die zerfledderten Flügel aus und stößt ein langes spöttisches Gelächter aus.
 
Geier: Hahahahahahaha!
 
Andere gemein, zynisch lachende Stimmen fallen im Hintergrund in das Gelächter mit ein.
Dann ist es mit einem Schlag still.
 
Der Geier beginnt einen Tanz über und um den Helden.
 
Schräge, disharmonische Musik und dumpfe Trommelschläge begleiten ihn, sie formieren sich zu einer Art Militärmarsch, zu dem der Geier brüllt:
 
Geier: Gib Dein Wasser her! Gib Dein Wasser her!
 
Held: Nein! Nein!
 
Geier: Gib….
 
Und so weiter, immer die selben Wiederholungen.
 
Der Tanz steigert sich. Der Held in der Mitte bricht auf der Bühne zusammen, die Flasche mit dem Rest des Wassers immer noch fest umklammert.
Der Geier beendet seinen wilden Tanz breitbeinig über dem auf dem Bauch liegenden Helden stehend, breitet seine Flügel weit aus.
 
Die Musik bricht ab.
 
Wasserrauschen wird hörbar, schwillt an.
 
Der Geier spricht nun mit veränderter, tiefer, ruhiger Stimme:
 
Geier:
Gib Dein Wasser her!
Gib es der Wüste!
Es ist Dein letzter Schluck,
Und selbst wenn Du ihn trinkst,
Wird er Dir nicht helfen,
Deinen Tod auch nur um Minuten
Hinauszuzögern.
Warum es also nicht wagen?
 
Der Held dreht sich mühsam unter dem Geier auf den Rücken, sieht ihm ins Gesicht.
Er flüstert heiser:
 
Held:
Zuerst, zuerst sag mir Deinen Namen.
Wer bist Du, dass Du mich in den Tod treibst,
Mir die letzte Minute meines Lebens nicht vergönnst.
Wie ist Dein Name?
 
Geier: Ich heiße Einsamkeit
 
Held (spricht vor sich hin):
Einsamkeit
Ein - sam - keit
Ein - same - keit
Ein - Same - keimt
 
Ja, ein Same keimt, wie nur keimt ein Same?
 
Er sieht auf seine Flasche
 
Held: Wasser!
 
Er blickt rund um sich in die Wüste
 
Held:
Same, Same keimen - ich will dass diese Wüste lebt.
Ja, die Wüste lebt.
 
Leise beginnt die Musik zum Tanz
Er schleudert, spritzt sein Wasser um sich. (Flötenklänge dazu, Musik beginnt leise)
Blumenwesen treten mit langsamen Bewegungen von den Seiten her auf die Bühne.
Sie rollen, als Samen zusammengekauert herein, tanzen dann ihr Wachstum.
Sie tragen Wasserschalen mit hellblauen Seidentüchern, als Wasser darin.
Sie tanzen zum reglos in der Mitte liegenden Helden und schütten ihre Schalen über ihm aus.
Dann ziehen  sie ihn empor und umtanzen ihn, singen ihr Lied:
 
Lied der Blumenelfen: (Im Chor)
 
Wo etwas wächst, wo etwas gedeiht,
Beendet die Liebe die Einsamkeit.
Wo Du etwas gibst,
Ohne zu erwarten,
Erblüht Dein innerer Herzensgarten
Und trägt Früchte mit der Zeit
Und trägt Dich aus der Einsamkeit.
 
Und trägt Dich aus der Einsamkeit.
 
Die Blumenelfen heben nun den Helden auf ihre Arme und tragen ihn von der Bühne.
 
Vorhang fällt.


Der Narr:
 
Nun geht’s ihm wieder gut,
Die Gefahr ist überstanden.
Doch wo wird er wohl als Nächstes landen?
Es kommt wovor Stärkere Angst schon hatten:
Das gefürchtete, dunkle
LAND DER SCHATTEN


Vierte Szene: Das Land der Schatten

Aus schwarzem Tuch eine Art Vulkan. Auf schwarzen Stoffbahnen liegen, völlig schwarz angezogene Gestalten. Eine Gestalt verbirgt sich im Vulkan.
 
Während der Held sein Lied singt, erstehen die reglos da liegenden Gestalten und kommen langsam, schleppend näher.
Sie tragen keine Gesichter (schwarze Strumpfmasken) Die Vulkangestalt trägt eine gruselige Maske, steht im Vulkan auf und breitet die Arme mit einem Umhang und Krallenfingern aus.
 
Lied des Helden:
 
Toddunkle Schatten
Nachtschwarzes Licht
In bleischwerer Dämmrung verborgen
Was hinter den Felsen ist seh ich noch nicht
Lauernde Stille macht Sorgen
 
Im Wind weht ein Schleier von Grabesluft her
Ein Moder von zehntausend Jahren.
Er legt sich auf meine Seele so schwer
Ich spüre, wie sie sich scharen.
 
Die Wesen der Finsternis, Totengebein,
Die Schatten dem Leben entzogen.
Ich spüre die Schmerzen, ich höre ihr Schreien,
Ein Wabern von schwarzen Wogen.
 
Im Wind liegt ein Säuseln, ein fast stummes Flehn,
Ein Flüstern aus heiseren Kehlen.
Ich mach einen Schritt, da kann ich sie sehn,
Und höre, was sie Erzählen:
 
Der Chor der Wesen: (Stehen nun links und rechts des Helden, Trommelsolo!)
 
Getreten, geschlagen, verleugnet, beraubt,
Verdammt, versteckt und vergessen.
Du kennst uns nicht mehr, doch nun ists erlaubt,
Uns endlich mit Dir zu messen!
 
 
 
An Dein hehres Ziel gelangst Du nicht,
Wir werden Dich vorher zerstören!
Wir werden Dich töten, Du kleiner Wicht,
Doch vorher sollst Du uns hören:
 
Dich zu vernichten ein leichtes uns ist:
Du selbst gabst uns die Waffen.
Dein Schicksal ists, dass die Kreatur dich frisst,
Die du vordem selbst erschaffen!
 
Held: (brüllt aus Leibeskräften) Nein! Zeigt mir euer wahres Gesicht!
 
Wesen: Hohngelächter
 
Sie heben ein schwarz verhülltes Bild, stellen es vor ihm ab.
 
Wesen: Sieh her!
 
Sie reißen das Tuch vom Bild. Es ist ein Spiegel.
Der Held erschrickt, fährt zurück, fällt auf die Knie.
Er birgt sein Gesicht in den Händen, heult.
 
Held: Nein! Nein! Nein! Geht weg, verschwindet!
 
Die Wesen kommen näher, greifen schon mit einer Hand nach dem Körper des Helden.
Sie kichern und murmeln.
 
Wesen: Er gehört uns. Hihi, uns gehört er jetzt. Für Immer.
 
Plötzlich richtet sich der Held auf.
 
Held: Wenn es stimmt, dass ich euch verraten und abgelehnt habe, so will ich euch nun um Verzeihung bitten. Ich will Euch willkommen heißen, auch wenn das meine letzte Tat ist.
 
Er geht auf ein Wesen zu, es weicht zurück, da packt er es am Handgelenk und zieht es heran. Komm in meine Arme, du sollst geliebt sein, egal wie Du aussiehst.
Nun fällt das Wesen vor ihm auf die Knie, reihum auch die Anderen.
Sie nehmen ihre Masken ab, öffnen ihre Umhänge. Lichtgestalten, ganz in weiß und Gold treten daraus hervor.
 
Sie erheben sich und bilden hinter dem Helden einen Halbkreis.
 
 
Auf goldnen Flügeln schweben,
Dem Himmel nah.
Unserm Ziel entgegen,
Seele rein und klar.
 
Aus der tiefen Erden
Ins helle Licht,
Dass wir Engel werden,
Die wir schon immer sind
 
Hast uns lang vergessen
In Deiner Furcht versteckt
Mit uns wirst Du erlösen
Die Kraft, die in dir steckt.
 
So wandelt sich das Dunkel
Wenn das Herz Dir bricht
Die Angst ist überwunden,
Die Liebe bringt das Licht.
 
Nachspiel
 
Vorhang fällt
 

Der Narr:
 
Nun hat ers geschafft.
Er strotzt voller Kraft.
Kann er sie gebrauchen,
Oder wird sie verrauchen.
Er steht vor der Schlucht,
Der Gewohnheitssucht.
Wie sie überwinden?
Wird er den Weg finden?


Fünfte Szene: Die Schlucht der Gewohnheiten
 
 
 
Zwei Podeste oder Tische mit Tuch verdeckt bilden die Ränder der Schlucht.
Die Schauspieler, die die Gewohnheiten, bzw. Brückenpfeiler darstellen, tragen jeweils einen mit Stoff überzogenen Karton als Mütze auf dem Kopf.
Der Held steht links am Rand der Schlucht und späht zum anderen Ufer und in die Tiefe.
 
Held: Wie soll ich mein Ziel nur erreichen?
Hinunter kann ich nicht, es ist zu steil, für einen Sprung ist es zu tief und zu weit. Ich sehe auch nirgends eine Brücke. Nun fühle ich mich endlich so stark und weiß nicht, wie mir das helfen soll.
Eine Gewohnheit kommt aus der linken Seite und tippt ihm von hinten auf die Schulter.
Er erschrickt, wendet sich um.
 
Held: Was willst Du?
Gewohnheit: Wie ich sehe, brauchst Du Hilfe?
H: Und Du kannst sie bieten? (mit einem schrägen Seitenblick auf den Hut)
    Du scheinst mir ein seltsamer Geselle zu sein, bist Du vielleicht nur ein Angeber?
 
G: Oh nein, das wirst Du gleich sehen. Du erkennst mich vielleicht nicht. Aber ich bin eine alte, liebe Gewohnheit aus Deinem Leben, die dir früher viel geholfen hat. Da waren die Schluchten zwar noch kleiner, aber das macht doch nichts. Du kannst so viel du willst von uns rufen, immer hübsch nacheinander.
Wir reihen uns Glied an Glied als Brückenpfeiler in die Schlucht und wenn Du es lange genug so machst ist die Brücke fertig und du gelangst an dein Ziel. Ist das nicht ein Angebot?
 
H: Ich weiß nicht recht.
 
G: Du gehst kein Risiko ein. Weißt Du doch aus Erfahrung, dass ich dich früher tragen konnte, also geht es auch heute. Wozu etwas Neues probieren, das dann doch nicht hilft? Du könntest stürzen und Dich verletzen. Du  könntest dem Falschen trauen und enttäuscht werden. Du könntest Deine wertvolle Kraft vorzeitig verschwenden. Wer weiß, wozu Du sie noch brauchst?
Ich verlange nicht viel von Dir. Nur Ausdauer und Beharrlichkeit. Ist das zu viel verlangt?
 
H: Nein, eigentlich nicht.
 
G: Dann lass uns beginnen.
 
H: Wie geht das?
 
G: Du streckst den linken Arm zum anderen Ufer aus, und ich werde hinabklettern und den ersten Pfeiler bilden. Dann streckst Du den rechten Arm aus und winkst. Sofort kommt Dir die nächste Gewohnheit hilfreich entgegen. Du streckst wieder den linken Arm aus und sie wird in den Abgrund klettern und sich an den ersten Pfeiler anschließen. So wächst nach und nach die Brücke.
H: Aha, und das ist alles?
 
G: Natürlich nicht. Es gibt eine kleine Schwierigkeit. Du darfst Deine Arbeit nämlich nicht unterbrechen indem Du zum Beispiel nach ihrem Fortschreiten siehst. Dieser Zweifel könnte Deine Brücke zum Einsturz bringen.
Sieh einfach stur geradeaus (packt den Helden am Kinn und dreht es nach vorn zum Publikum) sehe nicht nach links und nicht nach rechts, konzentriere dich und unterbrich Deine Arbeit nicht mit unnützem Nachdenken. (Der sanfte einfühlsame Ton ändert sich immer mehr zu einem militärischen Befehlston)
Der Held lässt alles mit sich machen. Er ist leicht verwirrt, macht aber trotzdem weiter.
 
H: Eine letzte Frage noch (eingeschüchtert, verlegen)
 
G: (Hat sich schon in Startposition begeben, genervt:) Was ist denn jetzt schon wieder?
Verschwende doch nicht Deine Zeit mit blöden Fragen! Fang lieber an!
 
H: (Noch verlegener) Entschuldigung, aber wie weiß ich, dass die Brücke fertig ist und ich darüber gehen kann? Ich darf doch nicht hinsehen.
 
G: (ärgerlich, ungeduldig) Du Dummkopf! Wir sagen einfach: Brücke fertig! Und dann gehst Du hinüber. Jetzt fang endlich an. Wir haben nicht ewig Zeit!
 
Der Held stellt sich in Position. Er streckt langsam, zögerlich den linken Arm aus. Die Gewohnheit springt in die Schlucht und bildet den ersten Pfeiler. Nun winkt er. Sofort erscheint eine zweite Gewohnheit. Er streckt wieder den Arm aus, sie reiht sich an die Erste.
Als die vierte Gewohnheit unten steht, verschwindet heimlich die Erste, die anderen rücken auf. So geht es immer weiter. Die Bewegungen des Helden werden immer roboterhafter, sein Blick immer starrer.
 
Es wird immer die selbe Marschmusik gespielt, in derem Rhythmus die Abfolge endlos wiederholt wird. Der Held merkt nicht, dass er auf einen Betrug hereingefallen ist.
 
Der Narr erscheint rechts am Bühnenrand.
 
Die Musik wird leiser, schattenhaft wiederholt sich immer das selbe Geschehen.
 
Narr:
Wie lang will er das so weitermachen?
Zum Weinen ist das, nicht zum Lachen!
Sich selber auf den Leim gegangen.
In seiner Sehnsucht eingefangen.
Hängt wie die Fliege am Papier!
Noch zappelt er, doch sehen wir,
Wie seine Kraft zu Ende geht,
(Bewegungen des Helden werden immer müder, angestrengter, ausgelaugter, Narr zeig zu ihm hin) oh, weh, jetzt ist es bald zu spät!
(verbirgt sein Gesicht in den Händen)
Von selbst beendet der das nie!
Ich schicke ihm die Phantasie!
 
Die Marschmusik entet, Melodie der Phantasie.
 
Das Wort "Phantasie" hat er laut gerufen, wie eine magische Zauberformel. Eine bunt gekleidete und geschmückte Frau mit Flügeln auf einem ausladenden Hut erscheint hinter ihm auf der Bühne. Sie tänzelt, trällert, sieht sich um.
 
Phantasie: ( Singsang)
Wer hat mich nur gerufen?
Wie öde es hier ist.
Ein Abgrund ohne Stufen,
Und ein Illusionist.
Narr: Ich war es, spotte nicht. Bist Du nicht selber Illusion?
 
Phantasie kniet sich zu ihm nieder, streicht ihm zärtlich über die Narrenkappe.
 
P: Nein, mein Süßer, das ist nur mein buntes Gewand, das ich tragen muss, damit die Menschen vor meiner wahren Gestalt nicht erschrecken.
 
N: Und was ist Deine wahre Gestalt, mein Zuckerpüppchen?
 
P: (Wendet sich leicht verächtlich ab)
So kann nur ein Narr fragen.
 
N: Ich bin ein Narr, so antworte mir!
 
Phantasie kniet sich zu ihm nieder, fasst ihn am Kinn.
 
P: Ich habe keine Gestalt. Ich bin die Weite der Gestaltlosigkeit, aus der alle Formen geschöpft werden. Ich bin das Meer der unendlichen Möglichkeiten. Die Weite des Weltalls, ohne Begrenzungen. Ich bin die Magie des Lebens, der nichts unmöglich ist.
 
N: Ha!  (reißt sich los) Du bist wohl eher eine Dampfbläserin! (Er äfft sie nach) Bla, bla, bla, ich bin die Magie!
(er tänzelt wie sie und schwingt die Hüften, dann bleibt er stehen und weist mit der Hand auf den Helden, der vor Kraftlosigkeit sich kaum noch bewegen kann)
Wenn Du  so toll bist, dann zeig, was Du kannst und hilf dem armen Buben dort!
 
Sie sieht zu ihm hinüber, nickt.
 
P: Der braucht eindeutig Hilfe. Aber er muss an mich glauben.
 
N: Ach verflixt, jetzt zicke nicht so rum. Tu endlich was!
 
Sie rafft ihre weiten Röcke zusammen und steht auf.
 
P: Nun gut, ich will es versuchen.
 
Sie schreitet gravitätisch an den Brückenpfeilern vorbei, schneidet ihnen Grimassen und streckt die Zunge heraus.
Dann tritt sie zum Helden. Sie zieht einen großen Fächer aus ihrem Gewand und fächelt ihm Luft zu. Darauf ist ein großen STOP- Schild gemalt.
 
H: Was soll das, hör auf mich zu stören, ich muss mich konzentrieren!
 
P: Unfreundlicher Geselle! Begrüßt man so seine Helfer? Ich fächele Dir nur frische Luft zu.
Du scheinst etwas abgespannt zu sein.
 
H: Ja, danke. Aber lass das jetzt, ich muss meine Brücke bauen.
 
P: (spöttisch, sieht zu den drei Pfeilern hin, die sich inzwischen hingesetzt haben und Karten spielen) Du scheinst mir aber noch nicht sehr weit gekommen zu sein, großer Held. Ich sehe gerade mal drei schlappe Brückenpfeiler.
 
H: Du lügst, es müssen schon hunderte sein, die Brücke ist gleich fertig. Jetzt lass mich meine letzten Stützen bauen, meine Kraft ist schon fast am Ende.
 
P: (Dreht gelassen den Fächer um und hält ihn vor sein Gesicht.) Hier ist mein Hinweis.
 
H: Und hier ist meine Antwort: Nein!
 
Beleidigt zieht die Phantasie ihren Fächer weg und klappt ihn mit einem Knall zusammen.
 
P: Sturer Bock. Dann muss es eben anders gehen.
 
Sie zieht ihm den Schnürbändel des Schuhes auf.
 
P: Dein Schuh ist offen, wie willst Du so über die Brücke? Du wirst stürzen, armer Kleiner!
 
H: Blöde Ziege, das warst Du. Mach ihn wieder zu.
 
Phantasie kichert und zieht ihm den anderen auch auf.
 
P: Vielleicht solltest Du besser fliegen als gehen (Sie stiehlt ihm die Schnürbändel und hält sie ihm vor die Nase)
Deine Brückenpfeiler amüsieren sich beim Kartenspiel und du bist doch schon viel zu schwach zum Gehen!
 
H: Jetzt geh endlich. Und gib mir meine Schuhbänder zurück!
 
P: Erst wenn Du mich ansiehst!
 
H: Dann stürzt meine Brücke ein!
 
P: Welche Brücke?
 
H: Wie? Ach, ich kann nicht mehr!
 
Der Held sieht sie an. Sie tanzt mit seinen Schuhbändeln im Abgrund.
Die Brückenpfeiler werden unruhig. Schnell scharren sie die Karten zusammen, verstecken sie und versuchen sich ordentlich hinzustellen.
Der Blick des Helden fällt auf sie. Er erschrickt, dann wird er wütend
 
H: (stampft mit dem Fuß) Betrüger, Lügner, Heuchler, aaah…, (er ballt die Fäuste) schert euch zur… (die Gewohnheiten ducken sich ängstlich, er winkt gebieterisch) weg, weg, verschwindet und kommt mir nicht mehr unter die Augen!
 
Zerknirscht, wie getretene Hunde schleichen die Gewohnheiten davon. Die Phantasie tänzelt und trällert fröhlich in der Mitte der Schlucht.
 
H: Hallo, Sie, wollten sie mir nicht helfen?
 
P: (sieht zum Publikum) Aha, er wird freundlicher.
 
H: Jetzt schau ich doch hin, bitte, hallo!
 
P: Trallali und trallala (Sie zieht ihren Fächer hervor und versteckt sich dahinter, sich selber Luft zufächelnd)
 
H: (kniet nieder, streckt die Hände aus)
Entschuldigung, es tut mir leid, sie hatten recht. Die Brücke war mies. Und ich war ein Trottel.
 
P: (nimmt den Fächer weg und sieht ihn an, tänzelt näher heran und stupst ihn mit dem Zeigefinger an die Nase)
Du BIST ein Trottel. Aber dem können wir abhelfen. Nimm meine Hand und komm herunter.
 
H: (erschrickt) Das ist viel zu tief für mich, ich werde mir alle Knochen brechen.
 
P: Süßer Idiot. Und warum konnten dann Deine Gewohnheiten hier stehen? Warum kann ich hier tanzen und Dir die Hand reichen? Dieser Abgrund ist ein Traum. Eine Einbildung. Schau, ich halte Deine Hand. Und ich lebe, wie Du siehst. Also kannst Du an meiner Hand nicht fallen, außer Du lässt sie los. Alles klar soweit?
 
 
Sie reicht ihm wieder die Hand.
Zögernd nimmt er sie, steigt aus den Schuhen und lässt sich herunter helfen.
Vorspiel der Musik zum Tanz
Die andere Hand legt sie nun auf seine Schulter und sieht ihn herausfordernd an. Er legt die andere Hand auf ihre Hüfte, und sie tanzen über die Schlucht. Dazu Musik der Phantasie.
 
Lied: (von Sängern aus dem Hintergrund)
Tanz der Phantasie weckt Deine Träume auf und
Lässt Dich wieder hoffen
Nimm ihre Hand und lass Dich fallen, denn
Mit ihr ist alles offen (wir sind frei))
 
Wie ein Kind an der Hand der Mutter führt
Sie Dich durch dein Leben.
Fällst Du hin, stehst Du gleich wieder auf, du weißt:
Schmerzen vergehen! (Liebe bleibt)
 
Keine Schlucht ist so tief wie sie uns erscheint,
Keine Mauer kann uns halten
Jeder Berg ist nur der Horizont den wir
Fliegend überschreiten. (wie der Wind)
 
Der Augenblick in dem Du alles aufgibst ist
Der Moment in dem du reich wirst denn
Was Du hältst bist nur Du selbst (du hältst Dich fest)
Was Du gibst, ist Deine Liebe (ist Dein Traum, er wird wahr.)
 
C G /F C/G/C G/ F C  Zwischenspiel: G  Schluss: C
 
Die Beiden tanzen zum rechten Ufer der Schlucht. Der Held hilft der Phantasie hinauf, sie verlassen nach rechts die Bühne
 
Vorhang fällt.


Der Narr:
 
Nun, hab ich das nicht gut gemacht?
Ich werde so oft ausgelacht.
Weil ich nichts schaffe sondern spiel.
Doch spielend kommt man auch zum Ziel.
In diesem Fall so will mir scheinen
Hat keiner über mich zu weinen.
Nicht ernst bin ich, nein, lieber heiter
Doch wie geht die Geschichte weiter?
Lebendigkeit hat er gefunden,
Doch was befreit, das schlägt auch Wunden.
Die brennen und sie schmerzen sehr.
Nun steht er am Gefühle-Meer.


Sechste Szene: Das Meer der Gefühle
 
 
Ein großes Tuch, durch das die Schauspieler von unten durch Einschnitte ihre Köpfe stecken.  Das Tuch wird blau mit bewegten Wellen angestrahlt. Der Held schreitet langsam von hinten über das Tuch bis zur Mitte.
 
H: Wie ruhig es hier ist. Wie still. Endlich kann ich mich ein wenig von den Strapazen erholen.
 
Wut: Arschloch!
 
H: Was? Wer hat das gesagt?
 
W: Ich war das. Du bist ein Arschloch, ein Hampelmann, ein Vollidiot. Ein Versager, ein Warmduscher, ein Hanswurst. Muss ich noch deutlicher werden?
 
H: Du… du…ich werde Dir gleich…
 
W: Das Maul stopfen ja? Ha, ha das schaffst Du ja doch nicht. Du Wichtel, wenn Dir nicht alle geholfen hätten, wärst du nicht einmal bis hierher gekommen. Aber zu Deiner Blume, haha, das schaffst Du niemals, du hirnverbrannter Trottel. Trottel ja, das hat Deine schöne Tänzerin auch gesagt, Trottel, Trottel!
 
H: Jetzt reichts!
 
Er macht einen Schritt auf die Wut zu. Diese erhebt sich zu einer Riesenwelle.
 
W: Ah, schön, du kommst, das gibt mir Kraft, komm nur näher Freundchen, los schlag mich.
Raaaaaaaah!
 
Selbstmitleid (Von der anderen Seite):
Ach Gott Du Ärmster. Wirst Du wieder so angegriffen. Das hast Du doch gar nicht verdient. Wo Du Dich doch sooo bemüht hast. Du kannst es halt nicht besser. Ist doch nicht Deine Schuld, wenn Du die doofe Blume nicht findest. Hör einfach nicht hin, verkriech dich,  die Welt ist so schlecht. So schlecht…
 
H: (wendet sich ihr zu)
Was soll denn das nun wieder, wer sagt denn, dass es nicht weiter geht?
 
W: (macht sich noch größer, brüllt) Ich sage das. Du Weichei, hier unten liegen die Knochen von tausend Helden, die hundertmal stärker waren als Du. Los messe Dich mit mir, wenn Du widersprechen willst, Hundescheiße!
 
H: (hebt die Hand, will ihn schlagen, Selbstmitleid packt ihn von hinten und zieht ihn zurück)
Dir zeig ichs…!
 
Selbstmitleid: Komm, lass Dich beweinen, armer Kerl. Vertue deine letzte Zeit nicht mit diesem   Raufbold. Der will Dir doch nur wehtun. Lass es Dir doch gut gehen, lang hast Du ja nicht mehr. Klagen wir zusammen, dann wird dir Dein Schicksal leichter.
 
Der Held versucht sich ihrem Griff zu entziehen, doch sie umschlängelt und umschlingt ihn immer wieder. Die Wut kommt näher, streckt geballte Fäuste unter der Plane hervor und schüttelt sie.
 
Von links meldet sich nun der Schmerz:
 
Schmerz: Kehr lieber um, bevor es zu spät ist. Die beiden wollen nichts Gutes. Und ach, die Schmerzen, die Du erleiden wirst, wenn dein Schicksal dich schlägt! So viele Schmerzen warten auf Dich, so sinnlos, so furchtbar. Denn am Ende wirst Du doch sterben.
Ach, diese Schmerzen, wenn die Bitterkeit dich wie Säure verätzt. Wenn die Mühsal dir die Knochen einzeln im Leib zerbricht. Wenn die Liebe Dir das Herz bei lebendigem Leib heraus reißt! Ich will Dir das nicht wünschen, fühl nur wie es tut!
 
Sie greift nach seiner Kehle. Er gurgelt, stöhnt, ringt nach Luft, sinkt auf die Knie.
Der schmerz lässt wieder los. Vor Schmerz ächzend windet der Held sich auf dem Boden.
 
Schmerz: (eiskalt) Das…könntest Du vermeiden. Also geh, so lange Du noch kannst!
 
Held: (wimmert) Nein, nein…!
 
Selbstmitleid: Ach komm in meine Arme!
 
Wut: Lächerliche Pappfigur, los zeig mir, was Du drauf hast!
 
Schmerz: Fliehe, fliehe!
 
Die drei Gefühle sind nun hoch aufgerichtet, um ringen den Helden und drohen wie Wogen über ihm zusammenzuschlagen.
 
Auf einmal bemerkt er das vierte Gesicht in den Wellen. Es sitzt nur ganz ruhig, lächelnd mit geschlossenen Augen da.
 
ER wischt sich mit dem Arm den Schweiß von der Stirn, reißt sich aus dem Griff des Schmerzes los, drängt sich zwischen den Wogen durch und geht auf das Gesicht zu. Er kniet vor ihm nieder.
 
H: Sag, wer bist Du? Warum sagst Du nichts?
 
Stille: Ich bin die Stille, ich rede in dem ich schweige.
 
H: Ich verstehe nicht.
 
Stille: Hör mir genau zu, dann wirst Du verstehen.
 
Der Held setzt sich vor ihr hin und sieht sie an. Man sieht, dass er lauscht.
Im Hintergrund wettern die anderen Gefühle, doch immer leiser und schwächer. Ihre Körper sinken immer mehr in sich zusammen, bis sie wieder liegen und schweigen.
 
Die Stille hat ihre Augen wieder geschlossen. Nun öffnet sie sie wieder.
 
Stille: Siehst du nun? (Sie steht auf und legt segnend die Hand auf den Kopf des Helden)
 
Die Stille erhebt sich, legt segnend die Hand auf den Kopf des Helden
 
Der Held nickt. Flötenmusik ertönt, erst zart und schwebend, dann immer lauter. Andere Instrumente fallen ein. Lied der Stille:
 
Am Grunde des Herzens gibt es niemand der dich stört
Alle Stimmen schweigen andächtig still
Wer den Brunnen der Seele in der tiefsten Tiefe hört
Erinnert sich was er in Wahrheit will.
 
Darum gehe nicht fort
Und vergesse Dich nicht
Suche den Ort
Erkenne das Licht
 
Das Licht, so heilig, dass ein jeder sich ihm beugt
Und anbetend sich vor ihm verneigt.
Die Quelle so rein, dass ein jeder an ihr schweigt,
Wenn ihr heilendes Wasser sich uns zeigt.
 
Darum gehe nicht Fort
Und vergesse dich nicht
Suche den Ort
Erkenne das Licht
 
Am Grunde...
 
 
Die Musik verklingt in einem immer zarter werdenden Nachspiel.
Der Held erhebt sich, verbeugt sich vor der Stille und schreitet auf seinem Weg weiter, verlässt am rechten Rand die Bühne.
 
Vorhang fällt.

 
Narr:
 
Das ging gerade noch mal gut.
Doch nun schöpfen wir neuen Mut.
Nach so viel Härten und Gefahren,
Sehnt man sich auch nach guten Jahren.
Wo alles leicht und fröhlich ist,
Doch Trägheit ist auch eine List,
Die manchen Helden macht zum Schwachen.
Drum weiß ich nicht was soll ich machen:
Das Land der Sinne wartet hier,
Öffne oder verschließe ich die Tür?
Ich bin ein Narr, wie soll ichs ahnen?
Das Schicksal lenkt doch unsre Bahnen.
Wie wird dem Helden es ergehen?
Wir wissens nur, wenn wir es sehen!


Siebte und Achte Szene: Das Land er Sinne
 
 
 
Der Held schlurft schleppend, müde bis in die Bühnenmitte. Erschöpft lässt er sich auf den Boden sinken. Sofort kommt ein Butler und bring ihm einen Stuhl.
 
H: OH, danke, das wäre nicht nötig gewesen. Kostet das was?
 
Der Butler schüttelt den Kopf.
 
Butler: Hier ist alles umsonst. Entspannen sie sich einfach und sagen sie uns ihre Wünsche.
Wir werden sie umgehend erfüllen.
 
Butler verschwindet.
 
H: Das klingt nicht schlecht. Mal was anderes zur Abwechslung. Keine Monster, Betrüger, Angreifer, sondern ich werde bedient. Für eine kleine Erholungspause auf meiner Reise ist das gerade recht.
 
Denkt nach, reibt sich das Kinn.
 
H: Ein Bier!
 
Butler kommt sofort mit einem Bier.
 
Held trinkt.
 
H: Nicht übel, mal sehen ob noch mehr geht in diesem Schlaraffenland.
Was zu essen!
 
Butler kommt mit Essen.
 
H: Okay, das war jetzt einfach.
Eine Million in  bar!
 
Der Ober kommt mit einem Geldkoffer.
 
Der Held öffnet ihn, staunt, lässt ein paar Scheine auf den Boden flattern.
 
H: Boh! Genial. Wozu eigentlich noch reisen, wenn es alles vor Ort gibt?
Eine schöne Frau!
 
Butler kommt, schiebt ein Wandschirm in die Mitte der Bühne. Er wird von hinten beleuchtet, und man sieht den Schattenriss einer schönen Frau, die ihm winkt.
 
Orientalische Musik.
Der Held steht auf, sieht hinter den Wandschirm. Die Frau streckt die Hand hervor, zieht ihn zu sich. Man sieht sie sich küssen und umarmen, dann sinken die Schatten um und das Licht hinter dem Schirm geht aus. Nur noch ein rötlicher Lichtschein dringt dahinter hervor. Man hört Flüstern, Küssen, Kichern u. a.
 
Spot auf den Narren, der nun wieder rechts am Bühnenrand hockt.
 
Narr:  Das kann ja lustig werden.
Wenn der so weiter macht, wird das nichts mit der Lebensblume.
 
H: (brüllt) Noch ein Bier, nein gleich zwei. Aber Dalli!
 
Narr: (deutet nach hinten) Was hab ich gesagt, das war keine gute Idee hier her zu kommen.
 
H: Mehr essen, und besser! Hummer, Kaviar.
 
Narr: Der scheint seine Grenzen nicht zu kennen.
 
H: Noch eine Frau. Und jünger als die Erste. Äh, und schlanker.
 
Narr: Der wird ja richtig frech. Das wird noch ein schlimmes Ende nehmen, wenn wir nichts unternehmen.
 
H: Schnaps! Für Alle. (Lautes Gekicher hinter dem Wandschirm)
Und einen für den langweiligen Narren vorn an der Bühne! (Noch lauteres Gelächter)
 
Narr steht auf.
 
Narr: Nun ists genug. Auch ein Narr muss sich nicht alles gefallen lassen. Ich lass mich doch nicht zum Narren halten. So vernarrt bin ich nicht in ihn, dass ich dieses närrische Treiben weiter mit mache. Ich kündige. Ich gehe. Ich quittiere den Dienst. Soll er sehen wo er bleibt.
Arrividerci, Asta la vista, a dieu. Und tschüss.
 
Er steht auf, reißt sich die Narrenkappe vom Kopf, wirft sie auf die Bühne und verschwindet. Spot aus. Plötzlich Lichtblitze im Dunkel, ein Donnerschlag, Gewittergrollen.
Das Licht hinter dem Wandschirm geht an, der Held torkelt nur mit einer Unterhose bekleidet hervor. Zieht sich im Gehen sein Hemd an.
 
H: Was ist das für ein Lärm?
 
Er sieht die Narrenkappe liegen und hebt sie auf. Ratlos sieht er sie an und zuckt die Schultern. Von links und rechts kommen zwei Polizisten mit gezogenen Waffen. Sie zielen auf den Helden.
 
Polizist: Halt, stehen bleiben, keine Bewegung, Hände über den Kopf!
 
Held hebt verdattert die Hände hoch.
 
H: Was soll denn das? Was geht hier vor?
 
P: Halten sie den Mund. Sie reden nur, wenn sie gefragt werden.
 
Er winkt den Butler herein.
 
P: Ist das der Mann? (der Butler nickt)
Dann sind sie verhaftet im Namen des Gesetzes.
 
Der andere Polizist tritt vor und legt dem Helden Handschellen an.
 
Polizist: Bringt ihn vor Gericht!
 
Der andere Polizist zerrt ihn nach vorn. Der Wandschirm wird weggetragen, dahinter wird ein Pult sichtbar mit einem Hammer und einem Gesetzbuch.
 
Der Richter in Robe betritt die Bühne und nimmt Platz.
Er schlägt das Buch auf und verliest die Anklageschrift:
 
Richter: Sie werden beschuldigt:
 
Erstens, Der Zechprellerei
Zweitens, Des Diebstahls von einer Million
Drittens, Der Nötigung von zwei Frauen zu Liebesdiensten ohne ihre Einwilligung
 
H: Aber…
 
Richter: Halten sie den Mund, oder wollen sie noch wegen Amtsbeleidigung verklagt werden?
 
Viertens, Entführung und wahrscheinlich Ermordung eines unschuldigen Narren
 
 
Nun zu den Punkten im Einzelnen:
Herr Ober, hat dieser Mensch bezahlt, was er bestellt hat?
 
Butler: Nein, keineswegs.
 
Richter: Angeklagter, haben sie dazu etwas zu sagen?
 
H: (protestiert) Er hat mir nicht gesagt, dass ich etwas zahlen soll!
 
Richter: Unsinn! Man zahlt, wenn man bestellt hat, sobald man die Mahlzeit genossen hat und das Lokal verlassen möchte. Dazu braucht man keine Aufforderung. Antrag abgelehnt!
 
Nächster Punkt: Diebstahl von einer Million Euro aus der Staatsbank. Der Beweis: Ein Geldkoffer, der bei Ihnen gefunden wurde. Was haben sie dazu zu sagen?
 
H: Aber er wurde mir gebracht.
 
Richter: Auf ihren ausdrücklichen Wunsch hin, habe ich Recht Herr Ober?
 
Der Butler nickt. Der Held blickt verzweifelt zwischen ihnen hin und her, versteht die Welt nicht mehr.
 
Richter: Nachdem keine Gegenleistung von Ihnen erfolgte, können wir das getrost als Anstiftung zum Diebstahl mit Einbehaltung der Beute betrachten. Oder haben sie gefragt, woher das Geld stammte und womit sie die Leistung gut machen könnten?
 
H: Äh, nein, aber…
 
Richter: Was aber?
 
H: Aber ich dachte, alles wäre umsonst.
 
Richter: Hahaha! Umsonst! Guter Witz! Haha! Ihre Strafe ist auch umsonst. Antrag abgelehnt.
Nächster Punkt: Nötigung der zwei jungen Frauen. Die Zeuginnen bitte!
 
Die Frauen kommen herein.
 
Richter: Hat sie dieser Betrunkene zu Liebesdiensten gezwungen?
 
Sie nicken.
 
Richter: Haben sie dazu etwas zu sagen?
 
H: Aber sie wollten es doch…
 
Richter: Haben sie sie gefragt?
 
 
H: Äh, nein, aber ich deutete ihre Zeichen…
 
Richter: Aha, typisch Mann, das höre ich täglich. Sie haben sie bestellt mit ihrer Wunschkraft und nicht nach ihrem Willen gefragt. Ihrer Wunschkraft unterlegen mussten sie ihnen folgen.
Ich sehe sie als rücksichtslosen, egoistischen Wunschkrafttäter. Da kommt ganz schön was zusammen, lieber Mann. Aber nun zum vierten und letzten Punkt der Anklage: Entführung, möglicherweise Mord. Beweisstück, diese Narrenkappe, die bei der Verhaftung in ihrer Hand gefunden wurde.
 
Er legt die Kappe vor sich aufs Pult.
 
Richter: Nun?
 
H: Damit habe ich wirklich nichts zu tun. Als ich aus dem Bett stieg, lag die Kappe auf dem Boden und der Narr war verschwunden. Wieso um alles in der Welt hätte ich ihm etwas antun sollen?
 
Richter: Gut, typisch für sie, sie leugnen also. Das macht die Sache für sie nicht besser. Fragen wir die Zeugen: Herr Ober, hat dieser Herr, der sich in der Obhut des Narren auf einer wichtigen Reise befand, sich ohne seinen Wohltäter zu beachten und dessen Ruf zu folgen einfach persönlichen Vergnügungen hingegeben?
 
Butler nickt
 
Richter: Und hat der Narr, dessen einziger Sinn und Ziel darin besteht, unseren Helden zu begleiten eine Chance, außerhalb dieses Stückes zu existieren?
 
Butler schüttelt den Kopf.
 
Richter: Und hat er ihn wissentlich geschmäht und beleidigt, nachdem er ihn vollkommen ignoriert hatte?
 
Die Frauen nicken: ER hat "langweiliger Narr!" gesagt, und ihm von dem gestohlenen Schnaps bringen lassen um ihn zu erniedrigen.
 
Richter: So hat er ihn, seinen Wohltäter durch grausame seelische Qual vernichtet.
 
Ich verkünde nun das Urteil: Siebenfach lebenslängliche Verwahrung in den Labyrinthen des Geistes. Schafft ihn aus meinen Augen.
 
Er klopft mit dem Hammer auf das Pult.
Der Held wird nach rechts von der Bühne gezerrt.
 
Vorhang fällt.
 
 
Narr, schleicht sich von links auf die Bühne und setzt sich diesmal in der Bühnenmitte hin.
Er feixt, schneidet Grimassen. Seine Kappe hat er wieder auf.
(Publikum lacht)
Narr:
Was gibt’s da zu lachen?
Das sind schlimme Sachen.
Nun sitzt er für immer.
Doch noch viel schlimmer
War dieses Land
Es brachte ihm Schand'.
Vergnügung ist flüchtig,
Doch macht sie uns süchtig.
 
Ich gebrauchte die List,
Denn wer eingesperrt ist,
Kann eher bereuen,
Das wird ihn befreien.
 
Ihr dachtet wohl, ich sei nun verschwunden?
Bedaure, ich quäle euch noch ein paar Runden.


Neunte und zehnte Szene: Das Labyrinth des Geistes
Held sitzt im Sträflingsanzug auf einem Stuhl in der Bühnenmitte. Die Zelle ist durch drei in U-Form aufgestellte Wandschirme dargestellt. Hinten links ist Platz offen gelassen um eine offene Tür darzustellen. Er hat den Kopf in den Händen vergraben. Immer wieder schüttelt er den Kopf. Schließlich nimmt er die Hände weg und sieht auf.
 
H: Ich habe alles falsch gemacht. Anstatt dem Ziel meines Herzens zu folgen, habe ich ohne Nachzudenken nur an meine momentanen Wünsche gedacht. Und ich habe aus Unachtsamkeit rücksichtslos gegen Andere gehandelt. Nun habe ich die Quittung: Jetzt, wo ich es wieder will, kann ich mein Ziel nimmermehr erreichen. Da, wo es leicht ging, und keine Gefahr es verhinderte, habe ich es verraten.
 
Birgt wieder das Gesicht in den Händen.
 
Ein Mitgefangener liegt auf einer Pritsche, rechts am Wandschirm. Er räuspert sich um Aufmerksamkeit zu erregen.
Der Held sieht auf. Der unter einer Decke (Tuch) verborgene Mann setzt sich auf, fährt sich durch die verstrubbelten Haare.
 
Mitgefangener: Also, da gäbe es schon eine Möglichkeit…
 
H: Eine Möglichkeit zu entkommen?
 
M: Nun ja, entkommen ist nicht der richtige Ausdruck. Du hast etwas getan, und dafür musst Du bezahlen. Daran lässt sich nichts ändern. Aber die Art der Bezahlung ist sozusagen freigestellt. Wie du siehst, ist dies keine geschlossene Zelle, sondern sie führt in ein Labyrinth. Es heißt "Das Labyrinth des Geistes" Findest Du den Ausgang, so bist Du frei.
Wenn nicht dann… (Macht die Gebärde des Halsabschneidens)
 
Und noch etwas: Hier in der Zelle haben wir zu essen und zu trinken. Den Weg draußen musst Du bestehen, so lange du noch bei Kräften bist. Ich persönlich würde es nicht versuchen. Zu viele Knochen liegen da draußen herum.
 
 
H: Egal, was soll ich verlieren? Ohne mein Ziel ist mein Leben nichts wert. Ich werde die Möglichkeit ergreifen.
 
Er wendet sich um zum Ausgang hinten. Noch zögert er, bleibt dicht davor stehen, wendet sich noch einmal um zum Mitgefangenen.
 
H: A Dieu, mein Freund, Danke für die Hilfe, wir sehen uns wahrscheinlich niemals wieder.
 
Mitgefangener winkt ab, brummelt: Schon gut, schon gut, vergiss nicht, auch Bauern haben ihre Stärken!
 
H: Wie bitte? (versteht nicht)
 
Doch der Mitgefangene hat sich bereits umgedreht und schnarcht laut auf der Pritsche. Der Held zuckt mit den Schultern und verlässt die Zelle nach hinten.
 
Es gibt einen Donner (Pauken)schlag. Das Licht geht aus. Die Bühne ist in Dunkel getaucht.
 
Vorne links, heller Spot auf den Narren. Schwarz gekleidete Männer tragen die Wandschirme weg, Der Mitgefangene geht mit seiner Pritsche.
Ein kleines Tischchen wird in die Bühnenmitte gestellt. Darauf steht ein Schachspiel. Darauf stehen rote und schwarze Figuren. Eine dunkel gekleidete Frau setzt sich an das eine Stühlchen. Im Hintergrund ist durch die zwei Wandschirme die Tür der Zelle dargestellt.
 
Der Narr: (Tritt nun vom Bühnenrand in die Mitte vorn, stellt sich breitbeinig hin, und hebt die Hand mit ausgestrecktem Zeigefinger)
 
Was meint der Mann wohl mit dem Bauer?
Die Bauern sind doch öfter schlauer,
Als mancher Mann von Fürstlichkeit.
Das liegt wohl an der Eitelkeit,
Wer hoch aufsteigt, der fällt auch weit.
Doch wer die Welt von unten kennt,
Vielleicht den richtigen Namen nennt.
 
Spot aus, Narr geht nach rechts ab. Spot auf das Tischchen in der Mitte, an dem die schwarze, verschleierte Frau sitzt. Sie trägt ein langes, schwarzes Kleid, dazu lange, schwarze Fingerhandschuhe. Auf dem Kopf trägt sie eine bauschige, schwarze Kappe mit einem Kreuz in der Mitte. Sie trägt schwarze Stiefel und ihr Gesicht ist unter einem schwarzen Schleier fast verborgen. Man sieht nur ihren grellrot geschminkten Mund.  Vor ihr auf dem Tisch liegt ein blankes Krummschwert.
Neben dem Spiel liegt eine weitere, rote, ebensolche Kappe, nur ist sie nach oben spitz, und trägt eine Bommel anstatt eines Kreuzes.
 
Von hinten tritt nun der Held aus der Zellentür und sieht sich verwundert um. Die Dame sitzt reglos in eleganter, lässiger Haltung auf dem thronähnlichen Stuhl.
 
H: (Mehr zu sich selbst, verwundert) Hier soll sich ein Labyrinth befinden, aber ich sehe Keines.
 
Schwarze Dame: (Ohne sich zu bewegen, mit dunkler Stimme)
Das Labyrinth befindet sich in Deinem Kopf. Setze Dich zu mir.
 
Unsicher, zögernd nimmt der Held gegenüber von ihr auf dem Thronstuhl Platz. Fragend sieht er die Gesichtslose an. Er ist von der Haltung noch ganz der Schuldige, Verurteilte, reuige Täter und Gefangene.
 
 
 
D: Nimm Deine Krone und setze sie auf Dein Haupt.
 
H: (verwirrt) Krone? (sieht sich um, entdeckt die rote Kappe, zeigt mit dem Finger darauf, sieht auf die schwarze Kappe der Dame, zeigt darauf, hebt den Finger zu Zeichen des Verstehens, nimmt die Kappe und setzt sie sich auf, wobei er die Sträflingsmütze in die Ecke wirft. Dann setzt er sich auf dem Stuhl zurecht, zupft Falten aus dem Sträflingsanzug, streicht in glatt, hebt den Kopf und sieht die Dame an.)
Bin soweit Frau….äh…
 
Sie geht auf seine unausgesprochene Frage nicht ein.
 
D: Nun gut, die Partie kann beginnen. Zuerst die Regeln: Ich spiele schwarz, denn ich spiele um die Macht. Du spielst rot, denn Du spielst um Dein Blut. Bei jedem Zug, den ich mache, vergisst Du einen Deiner Träume. Bei jedem Zug den Du machst, machst Du mir ein Versprechen. Besiege ich Dich, wirst Du mit mir Hochzeit halten und auf ewig mir gehören.
Erfüllst Du dann auch nur eines Deiner Versprechungen nicht, werde ich Dir mit meinem Schwert den Kopf abschlagen.
 
Sie hebt das blitzende Schwert auf und setzt seine Spitze unter sein Kinn.
 
D: Hast Du verstanden?
 
H: (würgt) Ja, euer Excellenz, jawohl, aber…
 
D: (lacht kalt und legt das Schwert wieder hin) Was gibt es noch?
 
H: Entschuldigung, aber was ist, wenn ich gewinne?
 
D: (lächelt) Du erwägst also wirklich, zu gewinnen? Törichter!
Nun denn, es ist Dein gutes Recht. Warum solltest Du nicht hoffen? Warum nicht träumen?
Warum nicht sehnen? Macht es mir doch so am meisten Spaß. Sind die Träume, die du mir schenken wirst dadurch doch um so wertvoller. Ja, Du willst kämpfen, das versüßt mir meine Macht. Selbst jetzt hast Du noch etwas zu verlieren. Das macht Dich so verletzlich.
Und mich so stark.
 
Sie lehnt sich zurück, schweigt einen Moment. Der Held rührt sich ebenfalls nicht, sieht sie erwartungsvoll an.
 
D: (langsam, betont und überdeutlich) Wenn Du gewinnst, Verlorener, dann hast Du das Recht, mich bei meinem wahren Namen zu nennen. Errätst Du ihn, bist Du frei. Errätst Du ihn nicht so…
 
Sie hält inne.
 
 
H: Was ist dann? Was passiert mit mir?
 
D: (winkt ab) Das willst Du nicht wirklich wissen. Nein, (sie schüttelt den Kopf) es ist besser es bleibt vor Dir verborgen. (Pause) Du solltest danach trachten das Spiel zu verlieren, um dieser Möglichkeit willen. Ach was, was sage ich, du hast ja sowieso keine andere Wahl.
Dafür darfst Du beginnen. Eröffne das Spiel.
 
Der Held streckt die Hand vor um eine Figur zu nehmen und beugt sich über das Spiel. Dann fährt er zurück.
 
H: Betrügerin, In meinem Spiel fehlt die Dame, und in Deinem der König. Das ist gegen die Regeln. So ist es unmöglich für mich zu gewinnen. Es ist ja kein König da, den ich mattsetzen könnte, und mir fehlt die Dame, als stärkste Figur des Spieles.
 
D: (gelangweilt) Dass Du es endlich bemerkst…Wie du gewiss in Erinnerung bringen kannst, handelt es sich hierbei nicht um ein gewöhnliches Schachspiel, sondern um ein Labyrinth des Geistes. Du selber bist Deine Dame, und ich bin mein König. Es ist also alles da, nur nicht auf dem Brett. Das ist aber Dein Problem, nicht meines. Nun ziehe endlich, mir wird langweilig.
( lehnt sich zurück, räkelt sich) Übrigens, habe ich erwähnt, dass jede geschlagene Figur, ob auf meiner oder Deiner Seite einen Peitschenhieb auf Deinen Rücken bedeutet, falls Du verlierst? Nun mach schon!
 
 
Der Held zieht.
 
D: Gut, hier Dein Versprechen: Du bist bereit jederzeit für mich zu sterben um meine Person zu verteidigen.
 
Sie zieht. Der Held zuckt zusammen, fasst sich ans Herz. Die Dame lächelt.
 
D: Na, tut es weh, wenn Deine Träume Dich verlassen? Dafür ists um so süsser sie zu empfangen. Muss ich doch davon zehren, in der langen Zeit, bis wieder ein Gefangener mein Labyrinth betritt.
 
Held zieht schweigend, verbissen.
 
D: Mutig, mutig, Du versprichst mir ewig treu zu sein, in guten wie in schlechten Zeiten. Wie schade, dass die Zeiten für Dich so schlecht sind.
 
Sie zieht. Er presst die Hand aufs Herz, als wolle er etwas festhalten.
 
D: Sei doch nicht so störrisch, wenn Du Dich wehrst, tut es nur noch mehr weh. Du hast schon eingewilligt in das Spiel, also sei auch tapfer.
 
Held zieht, Dame lacht laut.
 
D: Welch hehres Versprechen: Du wirst mein Diener sein, mir meine Wünsche von den Augen ablesen und sie sofort erfüllen. Ich habe viele Wünsche, musst Du wissen.
 
Sie zieht, nimmt eine Figur des Helden vom Brett.
 
D: Das Pferd ist wohl überflüssig.
 
Held zieht immer verbissener.
 
D: Ah, Dein Körper ist mein Eigentum und dient meiner unermesslichen Lust.
 
Sie schlägt einen Turm.
 
D: Und der zweite Hieb.
 
Held zieht.
 
D: Du wirst ununterbrochen für mich arbeiten, um mir alles kaufen zu können, was ich brauche. (Legt den Kopf schräg, und die Hand ans Kinn) Wie schön, ich habe da so viele Ideen…
 
Sie zieht. Der Held zieht.
 
 
D: Unsere Kinder werde ich nach meinen Vorstellungen erziehen. Du hast Verantwortung, aber keine Rechte.
 
Dame zieht, schlägt einen Läufer.
 
D: Der läuft nicht mehr weit, genau wie Du. Willst Du nicht bald verlieren, bevor Du zu viel versprochen hast. Mein Schwert ist hungrig.
 
Held zieht, sinkt immer mehr in sich zusammen.
 
D: Das nächste Versprechen: Ich selber darf mir neben Dir so viele Männer nehmen wie ich will. Wie günstig, wo ich dieses schöne Spiel doch nicht lassen kann!
 
 
 
Held rauft sich die Haare. Dame amüsiert.
 
Held: Scheiße, Scheiße, Scheiße, Scheiße.
 
D: (genüsslich) Na, gibst Du auf?
 
Held schüttelt energisch den Kopf, zieht.
 
Dame gähnt ausgiebig hinter vorgehaltener Hand. Ohne hinzusehen bewegt sie eine Figur.
 
D: Noch ein Zug, und ich habe Dich in der Falle. Übrigens hast Du mir als Erbe bei Deinem Tod all Deine restlichen Träume vermacht. Falls dann noch welche übrig sind natürlich.
 
Held hämmert sich mit geballten Fäusten an den Kopf.
 
H: Verflucht, da war doch noch was drin. Ein Gedanke, ein Rat. Nun komm doch schon heraus bevor es zu spät ist!
Nun komm doch raus, raus…
 
Der Held dreht total durch, steht auf, rennt herum, wirft sich auf den Boden, krümmt sich wälzt sich. Die Dame sieht sich alles gelassen und unbeteiligt an. In einer Pause erinnert sie ihn:
 
D: Du bist dran, dein letzter Zug, Schätzchen!
 
Der Held steht mittlerweile vorn, in der Mitte der Bühne. Inzwischen sitzt der Narr wieder links auf seinem angestammten Platz am Bühnenrand. Er räuspert sich.
 
Held ist in seinen Gedanken gefangen. Narr räuspert sich lauter. Held sieht verwirrt um sich, entdeckt den Narren. Sein Gesicht leuchtet auf.
 
H: (stammelt) Du! Hier? Du lebst? Wie schön Dich zu sehen! Wie geht es Dir?
 
Narr: (Zum Publikum) Dass er sich über seinen langweiligen, überflüssigen Narren einmal so freuen würde, wer hätte das gedacht?
(zum Helden) Mir geht’s so so lala, mein Held hat mich vertrieben, er braucht mich scheints nicht mehr. Und selber? Du siehst etwas mitgenommen aus, als wir uns das letzte Mal sahen gings Dir wohl besser.
 
Held sinkt vor ihm auf die Knie, zittert, hebt die Hände bittend.
 
H: Vergib mir, und lass mich nicht länger allein, nun hab ich nur noch einen Zug, dann ist es aus mit mir.
 
 
Narr: (zum Publikum) Das klingt ganz nach einer Neuanstellung. Ich sollte ein höheres Gehalt einfordern. Der Moment scheint mir günstig.
(zum Helden) Hast Du nicht schon einen Rat erhalten, von dem Mitgefangenen in deiner Zelle?
 
H: Was war es nur, er sprach von einem Bauern, von der Stärke eines Bauern. Ah er meinte dieses Spiel. Nur was ist es…
 
D: (ruft ungeduldig von hinten) Was ist nun, ich schlafe gleich ein. Können die Nebengespräche jetzt beendet werden?
 
 Held winkt ab.
 
H: Gleich, gleich (zum Narren) Nun sag mir, was ist mit dem Bauern, weißt Du es?
 
Narr:
Den Bauern setz aufs letzte Feld
Verwandelt er sich und die Welt.
Die Dame rückt mit Freuden ein.
Der König wird bezwungen sein.
Das Schwert des Geistes hat gesiegt,
Wenn es in Deinen Händen liegt.
Und wer zuvor gejubelt hat,
Ist schwuppdiwupp schachmässig matt!
 
 
Der Held überlegt, dann hat er einen Geistesblitz. Er lacht laut auf, springt in die Höhe, hüpft umher.
H: Ja. Das ists. Ja genau, das geht, das muss gehen.
 
Narr erhebt die Hand
 
Narr: Sachte, sachte hast Du schon vergessen, dass Dein Sieg mit einer Bedingung verknüpft ist? Du musst die Identität dieser Person erraten, die dich so genüsslich zu Tode quälen will.
 
H: Dann sags mir schnell!
 
Narr: Haha, haha, (wendet sich zum Publikum) Der ist vielleicht gut, soll ich denn alles selber machen? Ich bin doch ein Narr und nicht die Auskunft! Wofür schlepp ich ihn durch all die Länder, wenn er nichts lernt dabei? Nun ich hoffe ihr habt aufgepasst und wisst Bescheid.
Damit ihr es einmal besser macht als er.
(Hinter vorgehaltener Hand) Ich sags euch die Arbeit eines Kindermädchens ist nichts im Vergleich zu dem, was ich hier mitmache.
(wendet sich wieder dem Helden zu, der angespannt wartet und lauscht, die Hand am Ohr)
 
Narr: Nichts ist wie es scheint
Was uns alle eint,
Ist auch, was uns heilt.
Geh hin, die Zeit eilt!
 
H: Danke, mein Narr
 
Er verbeugt sich und kehrt zurück zu seinem Thron, setzt sich nieder und sieht die Dame herausfordernd an.
 
D: Und, bist Du jetzt bereit zu sterben?
 
H: Ja, ich bin.
 
D: Wurde auch Zeit. Dann zieh!
 
Held erhebt sich halb, beugt sich über das Brett. Mit seinem Bauern fegt er einen Springer herunter.
 
H: Das Pferd gehört mir!
 
Die Dame springt auf, erbost über den Angriff. Sie kreischt:
 
D: Das wirst Du bereuen, Du …
 
H: (schüttelt den Kopf, er richtet sich weiter auf. In der Hand hält er noch seinen Bauern.)
Nein, das tue ich nicht. Der Bauer betritt das letzte Feld und ich tausche ihn gegen die Dame ein. Und die Dame bin ich.
 
  
Er lässt den Bauern aufs Brett fallen, bückt sich blitzschnell und hebt das Schwert auf. Dann tritt er mit dem Fuß das Tischchen mit dem Spiel auf die Seite und legt das Schwert an den Hals der schwarzen Dame.
 
H: Schachmatt!
 
Die Dame rührt sich nicht, schließlich senkt sie den Kopf. In dieser Stellung verharren Beide.
Dann hebt sie den Blick wieder.
 
D: Gut, Du hast mich besiegt. Warum hast Du nicht auf mich gehört? Du hättest mir nahe sein können, wenigstens für eine Zeit. Und auch in der Gefangenschaft Deines Geistes hätte ich…
Doch nun ist es zu spät. Sag mir wer ich bin, und empfange die  Strafe für Deine Torheit, Unwissender!
 
H: Nicht, ehe Du mir gesagt hast, worin die Strafe besteht!
 
Noch immer hält er das Schwert auf sie gerichtet. Sie hebt langsam eine Hand und streicht damit an der scharfen Schneide der Waffe entlang, sanft fast zärtlich. Dann strafft sich ihr Körper und sie beginnt leise zu reden. Die Überheblichkeit ist einer Traurigkeit gewichen.
 
D: Es ist ganz einfach. Errätst Du nicht, wer ich bin, werde ich meine Identität preisgeben und meinen Schleier lüften. Dann musst Du mir an Ort und Stelle den Kopf abschlagen.
Das ist alles.
 
Der Held zieht überrascht das Schwert ein Stück zurück.
 
H: Das ist alles? Keine weiteren Strafen? Keine Bedingungen? Keine Versprechen mehr?
 
D: (schüttelt traurig den Kopf) Nein, nichts mehr, dann bist Du frei!
 
H: (zieht das Schwert ganz weg und wendet sich zum Publikum)
Das sich das so leicht auflöst, was so schwierig war! Da scheint es mir ja sowieso besser, die Antwort nicht zu wissen, dann bin ich das Weib auch gleich mit los! Da brauche ich mich ja gar nicht mehr anzustrengen. (kurze Pause des Nachdenkens)
Aber halt, da stimmt was nicht, wieso soll das eine Strafe sein, zu furchtbar um sie auszusprechen?
 
Er springt auf und rennt erregt nach vorn an den Bühnenrand.
 
H: Ein Rätsel, der Narr hat mir ein Rätsel gegeben, nur ich kann es nicht lösen.
Ich will es noch einmal sagen:
Nichts ist wie es scheint,
Was uns alle eint,
Ist auch was uns heilt,
Geh hin die Zeit eilt!
 
Was kann das nur sein, was eint uns, was heilt uns, was will mir das sagen?
(zum Publikum) Wisst ihr es? Könnt ihr mir helfen?
 
Publikum: die Liebe
 
(Improvisation des Schauspielers erforderlich)
 
H: Ja, die Liebe eint und heilt uns. So wie die Liebe zu der Frau, welche die Lebensblume in Händen hält meine Sehnsucht geweckt hat, und meinen Weg bestimmt.
 
Er hält inne.
 
H: Moment, das ist, das soll doch nicht etwa bedeuten, das kann nicht sein, und doch,
Es ist die einzige Möglichkeit, ich muss es versuchen.
 
Er eilt zurück zur schwarzen Dame.
 

 
Diese hält den Kopf gesenkt.
 
D: (leise) ich höre!
 
H: (ebenso leise, heiser) Du bist die Königin des Palastes der Morgensonne, die Geliebte meines Herzens, die Hüterin der Blume des Lebens!
 
Die Dame schweigt, hebt langsam den Kopf.
Mit der Hand streicht sie den Schleier zurück.
 
D: Ja, ich bin es mein Geliebter. Eile nun, mich zu finden, ehe die letzten Strahlen der Sonne verlöschen und die Nacht uns umfängt. Damit wir erlöst werden für immer von dem Fluch, der auf uns lastet.
 
Sie streckt die Hand nach ihm aus, er lässt das Schwert fallen und hält ihr beide Hände entgegen. Doch bevor ihre Hände sich berühren können, erscheinen schwarze Gestalten von hinten und zerren die Dame links von der Bühne.
 
H: Nein!
 
Doch zwei Gestalten mit gekreuzten Lanzen versperren ihm den Weg.
 
H: Lasst mich durch. (wirft sich dagegen, wird zu Boden geworfen, kriecht wieder vor, umfasst den Knöchel des einen Wächters) Bitte habt Erbarmen!
 
Der Wächter schüttelt ihn ab. Er antwortet dumpf:
 
W: Es ist zu spät. Sie ist fort.
 
Dann drehen sie sich gemeinsam um und verlassen nach links die Bühne.
Es wird dunkel.
 
Vorhang fällt
 

Narr:
(schweigt lange)
Nur eine Stunde hat unser Held
Langsam dreht sich die Welt
Und die Sonne fällt
In das Meer der Nacht.
Dann ist es vollbracht.
Löst er den Bann?
Ob er es kann?
Findet er was er sucht,
Oder bleibt es verflucht?
Nur noch ein Schritt.
Ihr kommt doch mit?
Werdet mit ihm hoffen
Und mit ihm bangen?
Noch ist er gefangen,
Doch ists nicht mehr weit,
Dann habt ihr ihn befreit.
 
Es ist an der Zeit…
 
Seht her!
 
Er deutet zum Vorhang, der sich nun für die letzten Szenen öffnet.


Elfte und Zwölfte Szene: Die Blume des Lebens
 
 
Der Held sitzt zusammengekauert, wie in der 2. Szene in der Mitte der Bühne. Langsam richtet er seinen Oberkörper auf und sieht sich um. Mühsam steht er auf und geht auf der leeren Bühne umher. 
 
H: Nichts, nichts ist mehr da. Keine Mauern, keine Schluchten, keine Ängste, keine Schuld, keine Täuschung und keine Belehrung. Kein Traum trieb mich, der nicht verloren ging, kein Freund blieb, keine Hoffnung erfüllte sich. Keine Illusion, die nicht zerplatzt ist, wie eine schöne Seifenblase.
Niemand der mich hält, niemand der mich antreibt, nichts zu erreichen und nichts zu verlieren.
Nur der blasse schein einer zerfließenden Erinnerung!
Und ich, ja ich bin immer noch da (fasst sich an die Brust) Mein Herz schlägt noch, (hält den Kopf mit den Händen) mein Kopf denkt noch.
Und alles strömt noch einmal durch mich durch, wie ein Fluss, der die spitzen Kiesel meiner Erfahrungen rund schleift und mit sich trägt, dem Meere zu.
Ist es erst Minuten her, dass ich ihre Hand fast erreichte, Stunden, Wochen, Jahre, Jahrhunderte?
In der Leere dehnt sich die Zeit ins Unermessliche, da wir sie nicht mehr an den Takt unseres Lebens ketten können. Der Taktgeber fehlt…
 
Er stößt mit dem Fuß an etwas.
 
H: Hoppla, da ist ja noch was.
 
Er hebt den Gegenstand auf und betrachtet ihn. Es ist der schwarze Springer aus dem Schachspiel. Er hält ihn hoch, dem Publikum zu.
 
H: Das kleine Pferd der Königin, welches ich gewann, was macht es hier im Niemandsland, wem soll es hier noch nutzen?
 
Er wirft den Springer nach links von der Bühne. Sofort erscheint ein schwarz gekleideter Schauspieler mit Pferdemaske, galoppiert einmal rund um ihn herum und bleibt dann vor ihm stehen. Der Held sieht ihn ratlos an. Das  Pferd schnaubt und scharrt mit dem Fuß.
 
H: Bist Du das Pferd der Königin?
 
Pferd stampft mit dem Fuß auf.
 
H: (listig) Dann weißt Du vielleicht auch wo sie ist?
 
Pferd stampft erneut.
 
H: Ah, gut, kannst Du mir den Weg zeigen?
 
Pferd bleibt still, senkt den Kopf.
 
H: Hallo, kannst Du mich hinführen?
 
Pferd rührt sich nicht.

 

H: Also nein, das war ja klar, irgendwo musste ja der Haken sein

Warum falle ich nur immer wieder darauf herein?

 

Pferd stupst ihn an, dreht sich herum, zeigt ihm den ücken

 

H: Was soll denn das jetzt? (Pferd wippt mit dem Rücken hin und her)

Ah, ich soll aufsteigen, kannst Du mich denn hin bringen, wenn ich auf Dir reite?

 

Pferd trampelt mit beiden Füssen, rennt wild um ihn herum und wiehert.

 

H: Okay, reicht schon, jetzt hab selbst ich es kapiert. Bleib endlich stehen, damit ich aufsteigen kann.

 

Pferd bleibt stehen, Held wird auf den Rücken genommen. Pferd und Reiter verschwinden rechts von der Bühne.

 

 

Aus zwei Wandschirmen und einem Bogen darüber wird nun ein Tor in der Mitte der Bühne aufgebaut, mit der SEITE zum Publikum. Links davon stehen zwei schwarze Wächter mit gekreuzten Lanzen. Von links taucht nun das Pferd mit dem Helden auf. Das Pferd geht nur noch langsam. Der Held versucht es zur Eile anzutreiben.

 

H: Los, los, mach doch schneller, wenn die Nacht herien bricht ist es zu spät, und ich weiß nicht wie viel Zeit mir im Niemandsland verloren ging.

 

H: Ah! Da ist ja die Pforte zum Schloß!

 

Er springt ab und geht darauf zu. Hinter ihm geht das Pferd langsam in die Knie und bricht dann erschöpft zusammen. Der Held erschrickt, eilt zurück, versucht es aufzuheben, nimmt seinen Kopf auf seinen Schoß. 

 

H: Mein Pferd nun steh doch auf, nur noch ein letztes Stück und Du sollst die Belohnung erhalten, dass Du mich so tapfer getragen hast. Hafer und Brotkrumen und frisches Wasser sollst Du haben und an unserer Seite im Palast stehen, nicht in einem finsteren Stall!


Pferd lässt den Kopf sinken.
 
H: Nun sag doch was, das wird wieder gut ja? Ohne Dich hätte ich doch nimmermehr hierher gefunden, du darfst mir nicht sterben, (immer verzweifelter) du wirst wieder gesund, ganz bestimmt (Pferd rührt sich nicht mehr)
 
Er hebt einen Arm des Pferdes hoch, er fällt schlaff auf den Boden. Dann fasst er ihm an die Brust, legt sein Ohr darauf. Schluchzend bleibt er liegen.
 
H: Nein, nein, nein. (Er hebt den Kopf wieder. Leise spricht er:) Für mich bist Du gestorben, nur für mich, der ich es nicht wert bin. Nun will ich auch meinen Auftrag erfüllen und die Lebensblume holen, damit es nicht umsonst war.
 
Schwer steht er auf, lässt das Pferd auf den Boden sinken. Einen Augenblick sieht er es noch an, dann wendet er sich dem  Tor zu.
 
H: Bitte lasst mich hindurch. Ich muss zur Königin.
 
Wächter: Du siehst einsam aus. Ich hätte da etwas für dich. Eine Flasche mit Lebenswasser, die deine Einsamkeit vertreibt. Willst Du nicht mit den Blumenelfen tanzen für immer?
 
H: Nein, nein, lasst mich durch, ich habe keine Zeit!
 
Unwillig machen die Wächter den Weg frei.(1)
 
Der Held geht durch das Tor. Sofort gehen die Wächter nach ihm durch und stellen sich wieder davor.
Der Held sieht sich um.
 
H: Wo geht es nur weiter zum Palast?
 
W: Hier durch!
 
H: Unsinn, da kam ich doch her!
 
W: Der Weg nach vorne führt zurück! Es sind die sieben Tore der inneren Stärke, die alle in einem Tor vereint sind, welches allein sichtbar ist.
 
H: Wenn das so ist, dann lasst mich einfach durch!
 
W: Wir haben ein besseres Angebot. Wir rufen für dich die Tänzerin Phantasie. Sie kann für Dich im Handumdrehen alle Welten erschaffen, die man sich denken kann. Wozu da noch eine anstrengenden Weg auf Dich nehmen, wenn Du bereits Herr über Alles bist?
 
H: Ihr Scharlatane, was lügt ihr? Ohne die Liebe ist die Phantasie ein Nichts, ein welkes Blatt im Wind, ein Kartenhaus, das schneller zusammenbricht, als man es aufbauen kann. Jetzt macht mir den Weg frei!
 
Die Wächter lassen ihn durch. (2)
 
Wieder folgen sie ihm und treten vor das Tor.
Er dreht sich herum und sieht ihre Lanzen.
 
H: Ha, ich kenne euch, was wollt ihr mir diesmal feilbieten? Den Himmel oder die Hölle?
Eine rosa Brille, oder den blauen Dunst?
 
W: (druckst ein wenig herum) Nur beste Ware, mein Herr.
Die heilige Stille. Der Weg in Dein Herz. Du hattest die Ehre in ihren kurzen Genuss zu kommen. Wir bieten die Ewigkeit.
 
H: (zögert, denkt nach) Bei euch Gesellen ist doch was faul. Aber das Angebot ist gut.
Doch was werde ich finden, wenn ich meine Liebe verrate? Ein leeres Herz auf ewig, das ist ein wahrhaft schlechtes Angebot. Macht, dass ihr auf die Seite kommt ihr Aufschneider!
Die Wachen treten schnell zur Seite. Der Held geht durch, und will gleich wieder zurück, bevor sie sich wieder davor stellen. Doch die Wachen halten ihn fest und schieben ihn mit ihren Lanzen nach hinten.(3)
 
W: So nicht, mein Freundchen. Du musst uns schon noch ein wenig zuhören. Ich habe das Gefühl, du wirst langsam weich.
 
H: Dass ich nicht lache. Also raus mit der Sprache, ich hab nicht viel Zeit!
 
W: Die Phantasie war eine Sache, ja, aber das sind ja nur Bilder, Du hattest recht. Aber die Wunschkraft ist eine andere Sache. Du erhältst von uns die freie ewige Wunschkraft, die dir Wünsche in der Wirklichkeit erfüllt, diesmal wirklich umsonst und ohne Bestrafung hinterher.
 
Held dreht sich herum. Die Wachen tuscheln.
 
W: Er machts, wir haben ihn soweit.
 
Held wendet sich ihnen abrupt wieder zu.
 
H: Ihr dusseligen Quatschköpfe, meint ihr ich hätte nichts gelernt? Die Bestrafung lag für mich ja allein darin, dass ich meine Vision verriet für mein Vergnügen. Und das soll ich wiederholen? Macht dass ihr da wegkommt und denkt euch das Nächste Mal etwas Besseres aus, ihr langweilt allmählich!
 
Er drückt sie beiseite und schreitet durch das Tor.(4)
Nun bleibt er geduldig stehen und lässt die Wachen durch. Die lassen sich diesmal Zeit.
 
H: (ärgerlich) Könnt ihr euch nicht ein wenig beeilen, die Sonne neigt sich schon dem Horizont zu!
 
W: Was geht uns das an? Wir haben keine Eile.
 
H: Schnell, euer Angebot.
 
W: Es interessiert Dich ja doch nicht. Vielleicht sollten wir es für uns behalten.
 
H: Ich werde es erwägen, jetzt macht endlich in Gottes Namen.
 
W: (beleidigt zum Anderen) Ich habe das Gefühl, dass er lügt. (Der Andere nickt einstimmig,
Dann zum Helden:) Die Königin der Morgensonne, ja, ja, erinnerst Du Dich welche Macht sie über Dich hatte, wie sie Dich mit einem Fingerschnippen zerstören und mit einem Lächeln zu Tode martern konnte? Sie hätte Dich auf dem Boden kriechen und Dreck essen lassen können, und Du hättest ihr die Füße geküsst. Ja, ja, keine angenehme Erinnerung, ich weiß.
Aber wenn Du nur so hineingehst in den Palast, wird nichts von ihrer unglaublichen Macht auf dich abfärben. Du bleibst der arme Wicht, der Du bist. Hältst Du aber vor diesem Tor an, so bekommst Du die gleiche Macht über sie, dann muss sie vor Dir niederknien. Und nicht nur das, über die ganze Welt bist Du König für immer. Du bist der mächtigste Herrscher aller Zeiten. Ist das nicht ein herrliches Gefühl, erinnere wie sie es genoss!
 
H: Henkersknechte! Sie hat es nie genossen, sondern der Fluch dem sie unterliegt hat mir eine Prüfung auferlegt. Ihr Genuss war Illusion. Ihre Macht war Verzweiflung. Ihr Lächeln sollte mich über die Tränen täuschen die hinter dem Schleier verborgen waren…Sie...
 
Die Wächter hören schon nicht mehr zu. Sie machen den Weg von alleine frei und winken dem Helden hindurch zu gehen.
Der Held, wird dadurch jäh in seinem Redeschwall unterbrochen.
 
H: Äh, ja, danke
 
Held geht durch, wendet, wartet.(5)
 
H: Ich bin furchtbar gespannt, nichts will ich lieber als Eure attraktiven Angebote hören.
Also schießt los, ich bin ganz Ohr.
 
W: Du verarschst uns doch.
 
H: Wie du mir, so ich Dir.
 
W: Du kannst uns was husten. Wir haben das Tor und gleich wird es Nacht. Schönen Tag auch.
H: Wer wird denn gleich beleidigt sein? Gebt mir doch noch eine Chance!
 
W: Du bist uns zu kleinlich. An allem hast Du etwas auszusetzen. Ich kenne Millionen von Menschen, die unsere Angebote mit Handkuss angenommen hätten. Ja, so weit ich mich erinnere, tun die meisten Menschen gar nichts anderes als zu versuchen auch nur einen Hauch von dem zu erreichen, was wir Dir gratis hinterherwerfen. Das stimmt einen schon ein wenig traurig.
 
H: Ein Versuch noch, bitte. So lasst euch doch nicht alles wie Würmer aus der Nase ziehen.
 
W: (zum Anderen) Sollen wir? (Dieser zuckt mit den Schultern)
 
Das Licht ist merklich dunkler und rötlicher geworden, der Held tritt ungeduldig von einem Fuß auf den Anderen.
 
W: Wo Du gerade nicht weiter weißt: Wir bieten Dir alles Wissen der Welt auf einmal an. Also nicht wie die innere Stimme: Ab und zu sag ich Dir was ganz leise, tut mir leid, wenn Du es überhörst. Nein, richtig fett viel, alles jederzeit zu Deiner Verfügung. Da ist es sicher auch kein Problem mehr eine andere liebenswerte Königin aufzuspüren, das Universum ist ja so groß. Du müsstest nur vor dieser unbedeutenden Türe anhalten. Und schon sorgen wir für umgehende Sättigung Deiner Wissbegier.
 
H: Es gäbe da allerdings eine Frage, die ich so dringend beantwortet haben möchte, dass ich über euer Geschwafel ernsthaft nachdenken muss.
 
W: Ja, okay, alles klar. Nimmst Du das Angebot an? Welche Frage übrigens?
 
H: (langsam, ziehend) Ich frage mich….wie zwei solche gehirnamputierten Holzköpfe wie ihr diesen bedeutenden Posten bekommen haben. Lasst mich vorbei.
 
Die Wächter treten beiseite, doch im Durchgehen stellen sie dem Helden ein Bein.
Er fällt hin, rappelt sich wieder auf. Er klopft sich den Staub von der Kleidung und wartet auf die Wachen. Die kommen aber nicht, sondern setzen sich hin und fangen an zu würfeln. (6)
 
W: Pasch!
H: Hallo, ich bin auch noch da, habt ihr nichts mehr im Ärmel?
 
W: (winkt) Geh einfach durch, es ist das letzte Tor.
 
W2: Mein Pasch ist höher, gib mir das Geld!
 
H: (zu sich selbst) Von allen verlogenen Gestalten traue ich den Beiden am wenigsten.
(ruft den Wachen zu) Ihr verschweigt mir doch was! Nun rückt schon raus damit, was habt ihr noch?
W: Nichts mehr von Belang. Tut uns leid, alles vergeben. Nur noch einen alten Geigenbogen.
 
H: (horcht auf) Einen Geigenbogen. Und wo ist die Geige dazu?
 
W: (schüttelt die Würfel und leert den Becher aus) Mist, verloren,
Was willst Du? So komm doch und spiel mit!
 
H: Wo ist die Geige?
 
W: Ach, die Geige, die ist futsch. Wurde schlecht behandelt, manche denken nur an sich, ja, ja.
 
H: (argwöhnisch) Die Geige kann doch was, nicht wahr? Das ist doch keine gewöhnliche Geige?
 
W: I Gott bewahre, es ist die beste Zaubergeige, die es je gab. Ihre Musik lässt Tote leben und Lebende sterben. Ich persönlich würde sie nicht in die Hand nehmen, da ich ja noch lebe.
(kichert in sich hinein)
 
H: Und wo ist die kaputte Geige?
 
W: Die liegt hier herum, komm doch einfach, dann siehst Du sie.
 
H: Zeigt mir doch mal den Geigenbogen.
 
Die Wache hält ihn dem Helden hin. Der schnappt ihn sich und tritt schnell durch das Tor, bevor die Wachen ihn daran hindern können. (6)
 
Diese springen auf und zur Seite, als hätten sie Angst vor dem Bogen in der Hand des Helden.
 
W: Mach Du keinen Fehler. Das ist kein Kinderspielzeug. Legs lieber wieder weg.
 
H: (Bohrt ihr den Geigenbogen in die Brust) Wo ist das Instrument, schnell?
 
Die wache zeigt eingeschüchtert auf das tote Pferd, das immer noch auf dem Boden liegt.
 
H: Mein Pferd ist die Geige? (Die Wachen nicken einstimmig)
 
Der Held tritt zum Pferd, nimmt zärtlich seinen Kopf auf seinen Schoss.
Er hebt den Arm mit dem Bogen.
Die Wachen rufen entsetzt:
 
W: Nein! Nicht! großer Fehler! Du wirst sterben und alles war umsonst!!!!!
 
H: (ruhig) Ich weiß, ich werde sterben, aber nicht umsonst. Denn mein Pferd, welches aus Liebe zu mir das Leben gegeben hat wird wieder leben. Er hebt den Bogen näher an das Pferd, als wolle er ihn gleich ansetzen.
 
Die Wachen raffen ihre Lanzen und Würfel zusammen.
 
W: Schön Dich kennen gelernt zu haben, wir werden ja nicht mehr gebraucht. Auf Wiedersehen!
Sie stürmen durchs Tor davon, rechts von der Bühne.
 
Der Held streicht nun dem Pferd in Höhe des Herzens mit dem Geigenbogen über die Brust.
Eine Geigenmelodie erklingt. Erst zögerlich, dann fest, immer lauter, auch als der Held den Bogen weglegt, ertönt sie weiter.
 
Der Held hält weiter den Kopf des toten Pferdes auf seinem Schoss. Auf einmal bewegt er sich. Die Hände fangen an zu tasten. Das Pferd fasst sich selbst an den Kopf. Mit einem Mal zieht es sich die Pferdemaske herunter. Die Königin der Morgensonne kommt darunter zum Vorschein. Sie richtet sich im Sitzen auf und streckt ihre Hand zum Helden, dieser nimmt sie zärtlich.
Gegenseitig helfen sie sich auf. Gemeinsam tanzen sie vor zur Mitte der Bühne. Zusammen singen sie abwechselnd das Schlusslied.
 
Die Königin der Morgensonne beginnt:
 
Die Liebe führte Dich bis ans Ende der Welt
Und die Liebe führt Dich wieder zurück.
Die Liebe ist was unser Leben erhält.
Die Liebe ist unser höchstes Glück
 
Zusammen:
 
Darum gehe nicht fort
Und vergesse Dich nicht
Suche den Ort
Erkenne das Licht
 
Der Held:
 
Alle Lügen machten meinen Blick für die Wahrheit frei
Sie zeigten mir, was Liebe wirklich ist
Alle Schmerzen heilten mich von meinem Traum vom Glück
Sie zeigten mir wo Liebe wirklich ist.
 
Zusammen:
 
Darum gehe nicht fort
Und vergesse dich nicht
Suche den Ort
Erkenne das Licht
 
Was ewig gewesen, wird auch ewig sein
Es wohnt Herz an Herz, Tür an Tür
Wer bittend anklopft, den lässt es auch herein
Und lässt uns vor Staunen dankbar sein.
 
Darum gehe nicht fort
Und vergesse Dich nicht
Suche den Ort
Erkenne das Licht…
 
(Chor)
Die Liebe führte uns bis ans Ende dieser Welt,
Und die Liebe führt uns wieder zurück.
Die Liebe ist was unser Leben erhält,
Die Liebe ist unser höchstes Glück.
 
Nachspiel, Orchester, Band, Crescendo, Ausklang.
 
Vorhang fällt.
 
Applaus
 
Held und Königin treten durch den Vorhang nach vorn auf den Bühnenrand. Sie halten sich an der Hand
 
Sie verbeugen sich, warten bis der Beifall abebbt.
 
H: Du sag mal, wo ist denn jetzt eigentlich die Blume des Lebens?
 
K: Hast Du das noch nicht gemerkt, wir sind in ihr und sie ist in uns drin. (Unterstreicht die Worte mit Bewegungen
 
 
Sie verschwinden nach rechts, winkend, die anderen Schauspieler kommen in Grüppchen vor, verbeugen sich, treten ab.
 
Zum Schluss geht der Vorhang auf und alle bilden eine Reihe.
 
Der Vorhang fällt. Spot bleibt in Vorhangmitte. Narr tritt noch einmal hervor und sagt den Abschluss.
 
Narr:
 
Mit Euch fing diese Reise an
Mit Euch ging sie zu Ende.
Der Heimweg nahet nun heran.
Wünsch Euch in Gottes Hände.
 
Wenn Euch das Stück gefallen hat
Und Euer Herz berührt
So sagt es weiter in der Stadt
Noch wird es aufgeführt.
 
Gefiel es nicht so schweiget schnell
Nehmt Stift Euch und Papier
Und schreibt ein Bessres auf der Stell
Dann spielen wir es hier.
 
Wir danken Euch für Euer Ohr
Herz, Augen und Verstand.
Ihr seid die Helden, ich der Tor,
Und wir in Gottes Hand
 
Verbeugt sich tief, nimmt dabei die Narrenkappe ab.
 
Narr: A dieu
 
Verschwindet hinter dem Vorhang, streckt nur noch einmal den Kopf hindurch. Bis Bald!
 
Abschlussmusik.


Hinweise zur dramaturgischen Umsetzung:

Das Theaterstück kann in einem Laienspieltheater mit 6 bis 20 Mitwirkenden aufgeführt werden.
Im Folgenden ein paar Hinweise zur Besetzung der einzelnen Rollen.


Besetzung der einzelnen Szenen:
 
Auftakt:
Der Narr
 
Die Vision:
Held, Königin, Stern, Narr
 
Gebirge:
Held, alter Mann, Innere Stimme
 
Wüste:
Held, Geier, 3 - … Blumenelfen
 
Schatten: 
Held, 4 - … Schattenwesen
 
Schlucht:
Held, 4 - … Gewohnheiten, Phantasie, Narr
 
Gefühle:
Held, Wut, Selbstmitleid, Schmerz, Stille
 
Sinne:
Held, Butler, 1 - 2 Frauen, 2 Polizisten, Richter, Narr
 
Labyrinth:
Held, Mitgefangener, Königin, Narr, 2 Wachen
 
Blume:
Held, Pferd=Königin, 2 Wachen
 
Ausklang:
Held + Königin, Alle, der Narr
 
 
Zwischen den Szenen tritt immer der Narr am Bühnenrand vor geschlossenem Vorhang auf.


Der Narr: (w o. m)
 
Der Narr dient  als Vermittlerperson zwischen der Innen- und der Außenwelt. Er steht mit einem Fuß auf der Bühne, mit einem im Zuschauerraum. Gleichzeitig verbindet er die losen Teile des Stücks (wie auch des inneren Entwicklungsprozesses in jedem Einzelnen) zu einem sinnvollen Ganzen.
 
Er kann die menschlichen Schwächen und Dramen, und auch seine eigene Person ins Licht der Realität rücken, indem er sie durch seine scharfsinnige, hintergründige Heiterkeit annimmt.
 
Ein gelassenes, selbstsicheres, heiteres Wesen, mit viel Wissen und Tiefgang.
 
Anforderungen: Ausdrucksstarke Mimik und Gestik (auch Pantomime)
Viel Text, der überzeugend und ausdrucksvoll vorgetragen werden muss. Nähe zum Publikum,
Blickkontakt, evtl. Improvisationen erforderlich.


Der Held: (m)

Obwohl er im Stück "Held" genannt wird, ist er eher das Gegenteil davon: Ein Antiheld, der sich an der Nase herumführen lässt, egoistisch handelt, bequem ist, sich einschüchtern  lässt.
Nicht mit Waffengewalt besiegt er seine Feinde, sondern in dem er schließlich doch ihr wahres Wesen enthüllt, und sie so zu seinen Freunden und Helfern macht.
Nicht allein bewältigt er sein Schicksal, sondern mit Hilfe von Anderen.
Seine wahre Stärke besteht darin, dass er trotz Ängsten und Schwächen nicht aufgibt, nach jedem Fall wieder aufsteht, letztendlich sein Ziel nicht aus den Augen verliert, sondern immer deutlicher erkennt.
Für einen Helden ist er erstaunlich menschlich. So ist es auch im Stück wichtig, dass er mit all seinen so menschlichen - aber dadurch liebenswerten - Facetten dargestellt wird, nicht abgehoben in einer Götterwelt.
Auch das Patriarchat und die Rolle des Mannes wird durch ihn in Frage gestellt. Die Phantasie zieht ihm die Schuhe aus, und die schwarze Dame macht ihn sich zum Sklaven.
Die angeblichen Geliebten klagen ihn der Misshandlung an, und seine Geliebte kann er nicht durch schöne Komplimente erreichen, sondern nur durch den harten, steinigen Weg der Selbsterkenntnis.
Am Ende ist er aber doch ein Held…
 
Anforderungen: Sehr viel Text, hohe schauspielerische Anforderungen (Hauptrolle)
Die ganze Palette menschlichen Fühlens muss gezeigt werden, hohe Authentizität erforderlich. Er muss sowohl in ernsten, wie in humorvollen Szenen überzeugend wirken.
 
Gute Singstimme (Vier Lieder, mit verschiedenem Ausdruck)
Tänzerische Fähigkeiten (Tanz der Phantasie, Tanz mit der Königin).
Kontakt mit Publikum, Improvisation (Rätsel des Narren)


Die Königin des Palastes der Morgensonne: (w)
  
Sie ist sowohl die innere Geliebte des Mannes, die "Anima", als auch die Frau an sich, in deren Wesen sich der Mann spiegelt, und so zu seiner Ganzheit zurückfindet.
 
Im Stück ist sie die große geheimnisvolle Verwandlerin, die in immer wieder verschiedenen Gestalten in Erscheinung tritt:
Zuerst als die strahlende jungfräuliche Schönheit, die ihm die Blume des Lebens anbietet (scheinbar umsonst). Damit lockt sie ihn durch das Versprechen der Erfüllung all seiner Träume, auf den unbequemen, aber notwendigen Weg, das wahre Wesen der Liebe zu entdecken.
 
In Gestalt der verführerischen Schönen, versucht sie - gegen ihre eigenen Bedürfnisse - alle seine Wünsche zu erfüllen. Später klagt sie ihn deswegen an.
 
Später als dunkler Herrscher verkleidet, kommandiert sie ihn herum, manipuliert ihn durch seine Schuldgefühle, macht aus dem Mann einen Hampelmann, der an ihren Fäden tanzt.
Obwohl sie ihn unterdrückt, hätte sie nichts lieber, als seine Freiheit und Stärke zurück.
 
Als er das perfide Spiel enttarnt, indem er seine eigene - weibliche - Macht entdeckt und ergreift -  und entdeckt, dass er gegen sich selbst gekämpft hat -
Wandelt sie sich wieder und wird zur schönen, aber im Fluch der patriarchalen Denkschubladen gefangenen Geliebten.
 
Sie zeigt sich nun im Springer, den der Held sich als einzige Figur erobert hat. In der Pferdekraft - der Sexualität - verborgen trägt die Königin den verzweifelten Helden bis vor die Türen ihres Palastes.
 
Der Mann versucht aus ihr (ihrer Sexualität) zwar noch das Letzte herauszuholen, aber
Zum Ziel - der Liebe - kann sie ihn nicht bringen, ohne Erkenntnis.
 
Nun verwandelt sie sich wieder, in ihrem Tod, der totalen Hingabe.
Als Symbol der inneren Metamorphose eingeschlossen in der Hülle der Schmetterlingspuppe, (das Pferdekostüm) bleibt sie während der  gesamten letzten Szene regungslos auf der Bühne liegen.
 
Erst nach dem Ablegen aller patriarchalen Wahnvorstellungen gelingt es dem Helden, den Wert selbstloser Liebe zu entdecken, und damit die Königin (die Liebe) aus dem Gewand des Pferdes (der Sexualität) zu befreien, und in ihrer Ganzheit wahrzunehmen.
 
Nun wird ihre wahre Gestalt, als Trägerin der Lebensblume offenbar.
 
 
Beim Ausdruck ihre Wesens ist entsprechende Wandlungsfähigkeit gefragt:
Süß und unschuldig,
verführerisch und devot,
Hart, kalt und mit Genuss am Quälen
Tierhaft,
In tiefer Liebe, und wahrer Stärke und Königlichkeit.
 
 
 
Anforderungen:
Starke Präsenz vor allem in der Rolle des schwarzen Königs. (Mimik, nur durch den Mund)
Gesangsstimme (Schlusslied)
Tänzerisches Talent (Tanz mit dem Helden)
Muss den Helden als Pferd auf dem Rücken tragen können. (Kurze Zeit)
Mäßig viel Text (Nur als schwarzer König)
 
Keine leichte Übung ist das Stillliegen während der letzten Szene auf der Bühne im Pferdekostüm!

 

Der Stern: (w o. m)
 
Der Stern ist der gestaltgewordene innere Helfer: Der Stern, der als Sternschnuppe vom Himmel fällt und den Helden aus der gemütlichen Lethargie reißt.
 
Er drückt etwas Heiliges, Strahlendes, Überirdisches aus, ist voller Liebe und Mitgefühl.
Seine Stimme ist sanft, gefühlsbetont und stark.
 
Er tritt nur kurz in der ersten Szene auf. Kein Text, aber Gesang.
 
Anforderungen: Wenig Liedtext, der Persönlichkeit entsprechender Ausdruck,
Gesangsstimme, sehr wenig Schauspiel.


Alter Mann: (m)
Er drückt in der symbolhaften Gestalt des "Alten" die Weisheit des Lebens aus, die sich im inneren Licht, und der inneren Stimme offenbart.
Er strahlt Alter und Würde, Kraft und innere Ruhe und Stärke aus. Er verströmt Sicherheit und  Gewissheit, ist über jedem Zweifel erhaben. Seiner tiefen, ruhigen, kräftigen, lauten Stimme kann  man nicht widersprechen.
Anforderungen: Sehr wenig Text. Sehr wenig Schauspiel. Ausdruck der starken würdevollen Persönlichkeit und entsprechender Körperbau. (Möglichst groß usw.)
 

 Innere Stimme: (w o. m)

 
Eine zart schwebende (Balett)-tänzerin, welche die feine, leise innere Stimme in uns allen verkörpert. Ihr Gesicht ist weiss geschminkt, Balettanzug und Schuhe ganz in weiss, mit Glitzer. Das Gesicht bleibt ausdruckslos, puppenhaft. Die Augen sind gross geschminkt, treten im Gesicht hervor. Sie umtänzelt und streichelt den Helden ganz hauchzart, während sie ihr Lied singt.
 
Anforderungen:
Gesangsstimme, hoch und fein, ansonsten ähnlich wie beim Stern, kann auch von der selben Schauspielerin gespielt werden.
Ansonsten kein Text, kein Schauspiel.


Der Geier: (w o. m)
Er symbolisiert all die gefräßigen Gefühle, die den Einsamen gern heimsuchen:
Selbstzweifel, Ungeliebtheit, Wertlosigkeit, Gefühl des Versagens, Ausgeschlossenheit bzw. Eingesperrtsein, Sinnlosigkeit usw.
Er hat etwas Lauerndes, Heimtückisches, Gieriges, Zynisches.
Anforderungen:
Talent zum Ausdruckstanz (auch mit Kostüm!) Heisere, krächzende, dennoch verständliche Stimmlage sollte möglich sein, sehr wenig Text. Möglichst großer, schlaksiger Körperbau.
 
 
 
Die drei Blumenelfen: (w o. m)
Sie stellen die Lebendigkeit von aus Liebe und Nähe gewachsenen Beziehungen zu anderen Menschen dar. Sie wirken fröhlich und lebendig, liebevoll und kreativ. Ihr Wachstum, und ihre Liebe zum Helden, der sie erweckt hat drücken sie im Tanz aus. Sie treten dabei auch untereinander in Beziehung, zeigen Zärtlichkeit und Freude und Ausgelassenheit, Verspieltheit.
Nach und nach wird auch der Held dabei mit einbezogen.
Anforderungen:
Talent zum Ausdruckstanz sehr wichtig. Gesangsstimme für das Lied. Wenig Schauspiel, kein Text, außer dem kurzen Lied.
 
 
 
Die vier Schattenwesen: (w o. m. , ein Mann sollte dabei sein)
 
Sie sind unheimlich, böse, furchteinflößend,  haben kräftige, geschmeidige, raubkatzenartige Bewegungen.
Als Lichtwesen sind sie freundlich, tiefgründig lächelnd, würdevoll.
 
 
Anforderungen:
Gesangsstimme (Chor), sehr wenig Text, nur zwei Lieder. Talent zum tänzerischen Ausdruck.
Ein Schauspieler sollte eine dunkle, gruselige Stimme machen können.


Die vier Gewohnheiten: (w o. m)
Als alte, eingeschliffene Verhaltensweisen sind sie lässig, überheblich, eingebildet, rechthaberisch und ungeduldig. Dabei ähneln sie sich alle, in ihrer laxen, aber ansonsten langweiligen und eingeschränkten Bewegungsweise und der gelangweilten, arroganten Mimik.
Es werden immer in etwa die gleichen Bewegungen ausgeführt.
 
Anforderungen:
Wenig Text, nur für die Hauptgewohnheit. Für Alle, Beherrschung der immer wiederkehrenden Bewegungen im Rhythmus der Musik.


Die Phantasie: (w)
Die Phantasie ist eine äußerst selbstbewusste, schillernde Persönlichkeit. Sie verstrahlt nach allen Seiten gute Laune und scheint grenzenlose Energie zu besitzen. Sie sprüht voller witziger, kreativer Einfälle und akzeptiert keine Grenzen. Sie ist ein wenig hochnäsig und in sich selbst verliebt, was ihr aber wegen ihrer ansonsten liebenswürdigen, humorvollen Art niemand wirklich übel nehmen kann.
Fühlt sie sich allerdings nicht gewürdigt, oder macht man ihr den Platz als Alleinunterhalterin streitig, ist sie gleich beleidigt, reagiert schnippisch und zickig.
Ebenso schnell ist der Zwist dann aber vergessen, wenn sie wieder ihren Willen bekommt, bzw. im Mittelpunkt steht.
 
 
Anforderungen:
Hohe Präsenz, starker Ausdruck im Schauspiel.  Tänzerische Begabung. Mäßig viel Text.
Die Gefühle:
Wut: (m)
Die Wut provoziert den Helden bis über die Schallgrenze. Sie reißt ihn derb aus der harmonischen Einheit mit der lebendigen, kreativen Phantasie.
Ihr Ziel: Den Helden so wütend zu machen, dass er fast den Verstand verliert, und sein eigentliches Ziel vergisst.
Das Problem dabei: Je mehr die Wut des Helden wächst, desto mehr wächst auch die ihn provozierende Gestalt. Er kann sie also durch Wut und Angriff nicht besiegen, was ihn natürlich noch wütender macht.
Die provozierende Gestalt der Wut genießt es förmlich mit allen Sinnen, stärker zu sein als der Held. Sie ist selbstsicher bis zur Überheblichkeit, hat in keinster Weise Hemmungen, ihre Agressionsbereitschaft an Anderen auszuleben. Dass sie dennoch im Vergleich zum Helden ein jämmerlicher Schwächling ist, zeigt sich dadurch, dass sie gar nicht fähig ist, wirklich anzugreifen, oder einen fairen Kampf auszutragen.
 
 
Anforderungen: Sehr wenig Text, viel Mimik, überzeugende Darstellung von Wut.
Man sollte richtig laut und fies brüllen können, Spaß daran haben, das Hausmeisterarschloch  in einem selbst, einmal so richtig ohne Grenzen raus zu lassen.


Selbstmitleid: (w)
 
Das Selbstmitleid ist wie der Krake, der aus dem Meer auftaucht und den Helden in die Tiefe ziehen will. (Im Gegensatz zur Wut, die mehr der Tsunami ist, der sich über ihm auftürmt).
Deshalb kommt es auch von unten, klammert sich an seine Beine, zieht an ihm, umschlingt und umgarnt ihn, schmiegt sich an ihn. Mit vor giftiger Süße triefender Stimme lockt sie ihn in die Tiefe und versucht ihm seinen Heldenmut auszusaugen. Gut versteckt in ihren honigträufelnden Versprechen, ist das lähmende Gift von Selbstzweifel und Flucht vor der Verantwortung.
 
Herauszustellen ist also besonders das Saugende, Klammernde, Bittersüße, Ziehende.  Immer wieder verrutscht aber sozusagen die Maske der Süßen, Mitleidigen, und die gefräßige Krake zeigt sich kurz, merkt dies selber und tarnt sich sofort wieder.
Dies wird sowohl durch Betonungen, Stimmlage beim Sprechen, wie Mimik, Gestik verdeutlicht.
 
 
Anforderungen:
Sehr wenig Text, überzeugende intensive Darstellung mit überzeichnetem Ausdruck.


Schmerz: (w)
Der Schmerz tarnt sich nun geschickt als Retter aus der Bedrängnis des Helden, wie zuvor das das Selbstmitleid auch. Nur setzt er nicht auf Gefühlsduselei, sondern appelliert mit Argumenten, harten, kalten Fakten und Beweismitteln, die sehr real erscheinen.
Am Anfang säuselt er noch im Tränendrüsenton, wie das Selbstmitleid. Das schlägt jedoch schnell und plötzlich um, es wird deutlich, dass das geheuchelt ist, denn der Schmerz genießt jede Einzelheit seiner Taten lustvoll schon in der Vorstellung, schwelgt immer mehr darin. Zum Schluss ist er völlig unbekümmert und gibt dem Helden - völlig gefühlsmäßig unbeteiligt - eine kleine Probe seiner Kraft. Verächtlich sieht er auf den in seiner Hand zappelnden, hilflosen Helden herab.
 
Der Schmerz wirkt wie ein harter, kalter Stachel. Er hat etwas Bohrendes, Eindringliches, Zischendes, Sadistisches, Quälendes, Unbarmherziges, Unerbittliches.
 
Anforderungen:
Wenig Text, überzeugende intensive Darstellung mit überzeichnetem Ausdruck.
 
 
Die Stille: (w o. m)
 
Die Stille ist völlig in sich gekehrt, von tiefer, reiner Glückseligkeit erfüllt, ganz in ihrer inneren Mitte, wie ein Neugeborenes oder ein Erleuchteter. Ihre Sprache ist Musik, ihr Lächeln ist Balsam auf allen Wunden, der Blick in ihre Augen ist der Geistesblitz des Erkennens.
Nichts kann sie erschüttern, sie wohnt dort, wohin keine Erschütterung je gelangt.
Deswegen scheint sie auch den ums Leben ringenden Helden und die bedrohlichen Gestalten nicht wahrzunehmen, und bleibt selber völlig unscheinbar, so dass der Held sie erst ganz zum Schluss überhaupt wahrnimmt.
 
Sie spricht langsam, volltönend, deutlich und aus tiefstem Herzen. Sie ist die einzige Stimme die ehrlich ist, darum ist die tiefe Wahrheit der Worte stimmlich auszudrücken. Kein Zögern, kein Zittern ist in der Stimme. Ihr strahlendes, göttliches Lächeln bescheint den Helden dabei unaufhörlich. Sie muss dabei nicht besonders laut, oder eindringlich sein, da sie der Wahrheit und Wirkung ihrer Worte völlig sicher ist.
Ihre Bewegungen sind ruhig, bestimmt, wie die eines Heiligen, oder Engels.
 
 
Anforderungen:
Sehr wenig Text, Überzeugende Gesangsstimme, die ruhige und gesammelte Ausstrahlung sollte überzeugend wirken.


Butler: (m)
 
Scheinbar die gute Fee des Helden. Er erfüllt unmittelbar und bedingungslos alle Wünsche des Helden, ohne nach dem Wert dieser Wünsche zu fragen.
Angeblich ist alles umsonst, doch die saftige Rechnung kommt ungebeten hinterher.
Er ist höflich, diskret, flink und emotional unbeteiligt, eben ein Dienstbote.
Später allerdings wird er zum Hauptankläger, der ebenso unbeeindruckt den Helden beschuldigt, dem er vorher gedient hat.
Er steht für den Konflikt zwischen unseren Wünschen und unserem Gewissen. Dieses überlisten wir manchmal, in dem wir rückhaltlos unsere Wünsche einfordern. Doch das Gewissen rächt sich, und beschuldigt uns hinterher um so mehr. Das nächste Mal wissen wir es dann hoffentlich besser, und entdecken in jedem Butler auch den Kläger, der den Preis oder die Strafe einfordert.
 
Anforderungen:
Sehr wenig Text,  keine hohen darstellerischen Anforderungen


Richter: (w o. m)
Eine strenge, ernste Person mit der Autorität der Amtsgewalt. Er spricht im Juristen-Ton:
Schnell, ohne Akzentuierung und Gefühlspathos. Von den Beteuerungen des Helden bleibt er völlig unbeeindruckt, ist eher ein wenig genervt.
Anforderungen: mäßig viel Text, geringe schauspielerische Anforderungen, einschüchternde Ausstrahlung wäre wichtig.

 
 Zwei Polizisten:

Barsch, zackig, roh. Sie sind quasi gesichtslos, da das Publikum sie nur von hinten sieht.
Die uniformierte Exekutive.
Anforderungen: sehr wenig Text, Auftritt nur kurz. Die vom Gesetz geschützte Gewalttätigkeit sollte überzeugend sein.

 
 Die verführerische Schöne:
 
 
Sinnlich, verführerisch, erotisch, wichtig auch die Geräusche: Gekicher, Flüstern hinter dem Wandschirm. Der Kuß wird als Schattenriß sichtbar, kann also gestellt werden.
 
Anforderungen: kein Text, sinnliche Stimme, nur kurzer Auftritt
 
 
 Mitgefangener: (m)

 Gammelig, verstrubbelt, von der Gefangenschaft vielleicht ein wenig degeneriert.
Er hat sich in sein Los ergeben, gibt aber dennoch dem Neuen hilfreiche Tipps.
Anforderungen: wenig Text, nur kurzer Auftritt, leichte Rolle.
 
 
Zwei schwarze Gestalten:


Fast reine Statisten. Sie zerren im richtigen Augenblick die Königin von der Bühne, und versperren dem Helden den Weg. Kein Text, Masken.

 
Zwei Wächter:
 
Obwohl sie nichts Anderes im Sinn haben, als den Helden vom rechten Weg abzubringen, haben sie ihren ganz eigenen Humor. Letztendlich führen sie nur berufsmäßig ihren Wachauftrag durch, tun ihre Pflicht, aber keinen Fingerstrich darüber hinaus. Eigentlich sind sie froh, daß der Held gewinnt, Hauptsache man kann es ihnen nicht anlasten.
Im Grunde sind sie also doch ganz nette, gemütliche Kerle, auch wenn sie es faustdick hinter den Ohren haben…
 
 
Anforderungen: viel Text, hintergründiger Humor, überzeugende Darstellung der Charaktere.
 
 
 
 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.04.2011

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