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Zur Person Fritzi Oberhammers und der Herkunft ihrer genialen Schulaufsätze:

Fritzi heißt eigentlich Friderike Obermaier und wohnt in einem Dorf im tiefen Dschungel Niederbayerns mit einem für gewöhnliche Menschen unaussprechlichen Namen. Auf Grund ihrer besonderen, im Folgenden durch ihre Hinterbliebenschaft - einen Packen vergilbter, zerfledderter Schulaufsätze - zu Tage tretenden Eigenschaften, von ihren Schulkameraden als 'Fritzi Oberhammer' tituliert. Leider ist sie des Hochdeutschen nur 'a wengerl' (teilweise) mächtig, weswegen ihre Benotungen auch trotz erheblicher Kreativitätsanstrengungen ihrerseits es nicht wesentlich über die Hürde von der 'sechs' zur 'fünf bis sechs' geschafft haben.

Meiner Meinung nach jedoch ist sie ein verkanntes Genie, gibt sie doch den Geist einer ganzen Epoche und eines außergewöhnlichen Volkes wieder, ja in ihren mühsam dahingekritzelten und von einem unwissenden Lehrer verworfenen Ergüssen spiegelt sich der Geist einer Kultur, einer Zivilisation.

Ich habe ihre mit krakeliger Schrift feinschmutzelig dahin geschmierten Arbeiten beim Ausräumen des alten Schulhauses, kurz vor seinem Abriss entdeckt. Der Lehrer musste sie wohl wider Willen aufheben (da dies seine Pflicht war), verbarg sie jedoch gesondert in einem Loch in der Mauer auf der Lehrertoilette, welches durch ein Bild von Kaiser Franz Josef verdeckt war.
Auf dem mit Wäscheleine zusammengebundenen Packen von Fritzis Aufsatzheften war hinter der Schnur ein Zettel eingeklemmt, auf dem ich die verblasste Tinte mühsam entzifferte:

„Möge ich niemals gezwungen sein, diese Schmierereien wieder ans Tageslicht zu bringen. Das Mädel hat es ja gut gemeint, aber ich halte es für besser die Nachwelt von ihr zu verschonen. Genug, dass sie mich meine Nerven und Gesundheit gekostet hat!“

gez. Oberlehrer Meisinger.


Als erstes möchte ich ihren Aufsatz über die 'Adoomgrafft' vorstellen, in dem sie Aussagen getroffen hat, die weit über ihre Zeit hinaus in die Zukunft reichen – ja ich nenne sie manchmal deswegen: 'meine kleine Prophetin aus dem Dschungel eines verkannten Königreiches'.

Aufsatzthema: Nutzen und Gefahren der Atomkraft. Machen Sie eine Grundsatzanalyse und stellen Sie das Thema in einer Diskussion dar!

Fritzi Oberhammer: „WARUM I FIA D ADOOMGRAFFT BI !“

(Anmerkung der Herausgeberin: Ich sah mich leider gezwungen, Fritzis Aufätze ein wenig nachzukorrigieren und ihre sprachlichen Ausrutscher ins Urwäldlerische nachträglich so weit zu glätten, dass auch ein dem Bayerwald-Slang nicht Mächtiger dem Faden ihrer Gedanken zu folgen imstande ist.)

Z'erscht amoi brauchen wir d Adoomgrafft damit mai Lehrer a gschaids Dema fir den Schulaufsatz hot. Weil iwa nix kann ma so herrlich disputiera, wie wos wo sich gor neamd auskennt.
Des fongt scho moi damit o, dass no koa Mensch die vamaledeite Radioagdiwidät nia ned gseng hot.
(Sorry, ich sehe ich muss noch mehr Eindeutschen, sonst liest mir das niemand mehr - auch wenn der unverwechselbare Schreibstil Fritzis auf grausamste Weise darunter leiden wird - Anm. d. Herausg.)

Meine Oma hat zur Radioagdiwidäd gesagt: „Wos i ned seng ko, des is a ned do!“(Was ich nicht sehen kann, das ist auch nicht da!) Ich gebe ihr da nur teilweise recht, denn als ich ein Experiment machte, um die Richtigkeit ihrer Aussage zu überprüfen, lag ich danach mit einem Gips am Bein vier Wochen im Krankenhaus. Ich halte das aber für einen nicht relevanten Ausnahmefall. Um eine Statistik darüber zu bekommen, müsste man nicht nur einmal (wie in meinem Fall) mit geschlossenen Augen über die Straße gehen. Man sollte hunderte von Menschen anweisen, (die alle sehr verschiedene Berufe haben müssen) zu verschiedenen Zeiten mit verbundenen Augen über die Straße zu gehen.
Ein Wissenschaftler kontrolliert dann, wie viele davon hinterher einen Arm oder ein Bein gebrochen haben, unversehrt sind, oder auch von einem Auto bis zur Unkenntlichkeit zermatscht worden sind.
So kann man die These beweisen, dass Autos, welche man nicht sieht auch nicht vorhanden sind.
Hat man zum Beispiel hundert Probanden, und zehn davon überleben nicht, so entspricht das der normalen Unfallstatistik und man kann davon ausgehen, dass das bei geöffneten Augen auch passiert wäre. Das wiederum würde beweisen, dass etwas was man mit geschlossenen Augen betrachtet nicht gefährlicher sein kann, als etwas was man sehen tut, was wiederum beweist, dass die nicht sichtbare Gefahr auch nicht vorhanden ist.

So ist es auch mit der Radioagdiwidäd. Weil wir sie nicht sehen können, macht sie uns auch nichts.
Das beweist schon, dass wir so viele Adoomgrafftwärge haben, und immer noch leben. Wenn wir allerdings deswegen nicht mehr leben würden, könnten wir auch nicht mehr beweisen, dass es anders ist. Aber das wäre dann auch egal.
Es ist auch bewiesen, dass Menschen die neben Adoomgrafftwärge wohnen nicht öfter sterben, als Andere. Nämlich genau einmal. Öfters kann man nämlich nicht sterben. Man kann zwar öfter zum Leben erwachen – so wie Jesus – der ist wiederauferstanden. Aber gestorben ist er auch nur einmal.

Und Menschen, die noch nie was von de Adoomgrafftwärge gehört haben, sterben auch nicht weniger oft, nämlich genau einmal am Ende ihres Lebens. Was beweist, dass Adoomgrafft nicht gefährlich sein kann, selbst wenn einmal ein Unfall passiert.

Es wird aber auch sehr viel getan, damit die Adoomgrafftwärge trotzdem sicher sind. Wenn nämlich doch mal was passiert, und man sich verrechnet hat, soll das uns Bayern nur zum Guten gereichen.
Deswegen verkaufen wir auch die meisten Adoomgrafftwärge nach China und Japan, damit unser schöner Marienplatz in München im Ernstfall wieder schlitzaugenfrei ist und uns hier nichts passiert.

Manche sagen, dass die AGWs (Adoomgrafftwärge) nicht sicher gegen Erdbeben oder menschliches Versagen sind. Glücklicherweise gibt es das Beides bei uns in Bayern nicht.

Selbst wenn wir alle an so einem Supergau einmal eingehen würden, macht das nichts, denn wir könnten es auch nicht verhindern. Das liegt daran, dass wir von dem Strom den die AGWs uns liefern völlig abhängig sind.
Ohne diesen Strom würden wir sowieso sterben. Darum ist es besser gaaaanz vielleicht irgendwann später an einem Adoombumms zu sterben, als jetzt schon an akutem Strommangel.

Ich will dazu ein paar Beispiele anführen:

Zum Beispiel würde ein AGW ohne Strom nicht wirklich funktionieren. Die Kühlwassersysteme würden ausfallen, weil die Pumpen mit Strom betrieben sind. Dann käme es zur Kernschmelze und das ganze Ding könnte explodieren. Auch wenn das mit dem bisschen Radioagdiwidäd nix macht, wir hätten dann alle keinen Strom mehr, weil das AGW ja keinen mehr liefern kann. Und wie ich schon vorher sagte: Ohne Strom würden wir alle sterben.

Beispiel zwei:
Meine Oma könnte nicht mehr fernsehen. Und wenn meine Oma nicht mehr fernsehen kann, müssen wir alle sterben. Das war schon schlimm genug, als ihr Fernseher einmal für zwei Stunden ausfiel. Sie wird dann so grantig und unausstehlich, dass in ihrer näheren Umgebung kein biologisches Leben mehr möglich ist. Deshalb kriegte sie auch sofort UNSEREN großen teuren Fernseher, und wir haben uns in der Zeit bis sie einen neuen hatte (zwei Stunden durch einen Anruf beim Fernsehnotdienst) so gestritten, dass Papa die Möbel klein haute und Mama in die Nervenheilanstalt musste. Nur mir hat es nichts gemacht, weil ich ja immer bei meiner Freundin fernsehen kann.

Es gibt aber auch Gegenbeispiele die ich der Diskussion wegen anführen möchte: Ein in Amerika zum Tod durch den elektrischen Stuhl Verurteilter, könnte sogar länger leben, wenn es keinen Strom mehr gäbe.

Insgesamt möchte ich meine Ausführungen damit abschließen, dass ich vor allem der Meinung bin, dass Adoomgrafft sehr wichtig ist, weil meine Oma auch dieser Meinung ist. Und man soll ja die Weisheit der Älteren achten. Vor allem, wenn sie so gefährlich sind wie meine Oma. Deshalb möchte ich als nächstes Aufsatzthema vorschlagen: „Nutzen und Gefahren von Großmüttern - machen Sie eine Grundsatzanalyse und stellen sie das Thema in einer Diskussion dar!“

Ich möchte schon einmal voraus schicken, dass ich im Gegensatz zur Adoomgrafft für die allmähliche, sichere Abschaltung von Großmüttern und die Entsorgung ihres Restmülls auf einem fernen Planeten bin. Nur so hat die Menschheit eine Chance zu überleben.

Friderike Obermaier 5a

Benotung: 6
Grund: Keine Angabe. Ich bin verzweifelt. Wie kann man gegen so viele Grundsätze eines gesunden deutschen Aufsatzes auf einmal verstoßen?
gez. A. Meisinger, Oberlehrer


Die nächsten literarischen Bemühungen des ungezwungenen Mädels gelten der Eroberung des Journalismus, durch das Verfassen eines Zeitungsartikels...

Aufsatzthema: Schreiben sie zu einem der drei vorgeschlagenen Themen einen Zeitungsartikel. Achten sie dabei auf eine knappe sachliche Sprache und die Übermittlung wichtiger Informationen.
Themen zur Auswahl: Brand gelöscht in einem Wohnhaus, Verkehrsunfall,Gelungene Rettung eines Ertrinkenden.


Fritzi Oberhammer, Überschrift: FEUER, WASSER UND FEUERWASSER

Themenwahl: Ich habe mich für alle drei Themen entschieden, so wie sie bei uns im Dorfalltag öfter miteinander vorkommen.

Wenn die Feuerwehrleute hier bei uns ihren 'Brand löschen', so geschieht das meistens mit Bier auf dem Sommerfest der freiwilligen Feuerwehr. Weil es heuer an diesem Tage aber geregnet hat, verließen sie, so schnell wie die Feuerwehr, ihre Biertische und flohen in ein Wohnhaus, nämlich dasjenige des Kommandanten. (=Erstes Thema: Brand gelöscht in einem Wohnhaus)
Auf dem Heimweg von dort, nämlich mit dem schmucken neuen Feuerwehrauto, welches bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal ausgeführt wurde, kam ihnen unerwartet ein Baum entgegen, welcher sich als deutlich haltbarer erwies, als selbst ein stabiler Feuerwehrwagen. (=Zweites Thema: Verkehrsunfall)
Einer der Insassen (der betrunkene Kommandant, welcher vorne am Steuer saß und unsanft durch die Frontscheibe hinauskatapultiert wurde) konnte glücklicherweise vom zufällig dort bereit stehenden Löschteich aufgefangen werden. Andererseits drohte die sonst bei Bränden hilfreiche Flüssigkeit, welche zu Hundert Prozent aus H2O besteht und zu weiteren Hundert Prozent aus Schlick und Fröschen, dem armen Mann zum Verhängnis zu werden.
Glücklicherweise war die örtliche Feuerwehr an diesem Tag sofort an Ort und Stelle und die tapferen Männer konnten ihren Hauptmann unter Einsatz ihres eigenen Lebens lebend bergen. (=Drittes Thema: Gelungene Rettung eines Ertrinkenden) Ums Leben kamen bei dem Einsatz lediglich acht der acht anderen Feuerwehrmänner, welche in volltrunkenem Zustand und leider ohne Einsatzplan und in voller Montur ihrem Kollegen zur Hilfe eilten. Der gegen den Baum geprallte Einsatzwagen brannte leider völlig aus, da dem zwar anwesenden Feuerwehrhauptmann kein Löschfahrzeug und keine Mannschaft mehr zur Verfügung stand. (=Kombination aller drei Themen: Brand beim Löschen des Brandes von Opfern eines Verkehrsunfalls, welche im Löschteich, welcher zum Löschen des Brandes des Fahrzeugs, welches zur Rettung eines Ertrinkenden, mit dann später bei dieser Rettung ertrunkenen Brandrettern bereit stand, benutzt werden hätte können, wenn das dazu geeignete verunfallte Fahrzeug nicht vor seiner Verwendung zum Löschen des selbigen, selber infolge des Verkehrsunfalls abgebrannt gewesen wäre, und der Großteil seiner Insassen aufgrund ihres Versuches ihren Brand mit Bier zu löschen nicht so alkoholisiert gewesen wäre, dass sie beim geglückten Rettungsversuch selber ertranken, ertrunken sind.)
Der gerettete Brandführer erlag später leider den Folgen seines Brandlöschungsversuchs in Form einer Alkoholvergiftung.
Wir alle trauern tief um unsere Feuerwehrleute und den schönen Wagen, die uns bei so vielen Feiern mit ihrer Blaskapelle so viel Freude bereitet haben. Wir hoffen alle inständig, dass es vor dem nächsten Sommerfest der freiwilligen Feuerwehr nicht mehr zu solch einer Katastrophe kommt.

Friederike Obermaier 5a

Benotung: 6
Grund: Du hast es leider dieses Mal zu Gut gemeint. Ein Thema hätte für ein Mädchen deines Kalibers durchaus ausgereicht um sich hoffnungslos darin zu verwickeln. Alle drei Themen zu nehmen hält Dich auch nicht davon ab Thema und gewünschte Ausarbeitung komplett zu verfehlen.
Gott sei Dank werden deine mangelhaften Deutschkenntnisse unser Land davor bewahren, dass du jemals bei einer Zeitung arbeitest.

Gez. A. Meisinger, Oberlehrer


Nach diesem Desaster wendet sie sich einem Thema zu, welches ihrer Erzählkunst freie Bahn lässt. Leider vergisst sie dabei ganz WER ihre Offenbarungen zu lesen bekommt...

Aufsatzthema: Schreibe über eine schwierige, oder schmerzhafte Erfahrung in Deinem Leben

Fritzi Oberhammer: MEINE BLINDDARMENTZÜNDUNG

Einleitung:

Eine Blinddarmentzündung ist ein mitunter äußerst schmerzhafter Prozess, welcher sich latent über mehrere Jahre hinweg hinziehen kann, besonders wenn man diverse Entschuldigungen für den Sportunterricht und unangenehme Klassenarbeiten benötigt. Mit dem Eintreten der weiblichen Menstruation schwindet somit seine Wichtigkeit und man lässt sich in der Regel den schmerzenden kleinen Wurmfortsatz heraus schneiden. Wichtig ist für ein Kind, immer dem Doktor genau die Stelle zeigen zu können WO es weh tut, was in jedem guten Anatomie-lexikon verzeichnet ist.
Alle anders wo befindlichen Bauchschmerzen sind nämlich psychischer Ursache, und man bekommt nicht schulfrei sondern höchstens eine eklige Medizin zu trinken.
Da ein anständiges Mädchen nicht lügen soll ist es wichtig von der eigenen Blinddarmentzündung mindestens genauso überzeugt zu sein, wie der Onkel Doktor.
Ich WAR absolut überzeugt davon bis.... (das kommt im Schlussteil)

Hauptteil:

Ich jedenfalls habe so fest und unverrückbar an meine Blinddarmentzündung geglaubt, dass ich bereits bei dem von mir geflüsterten Wort „der Blinddarm!“ Schmerzen im Unterbauch bekam.
Mein guter alter Hausarzt schreckte zu meiner Erleichterung vor einer diesbezüglichen Operation ebenso zurück, wie ich selber. Ich bekam also Bettruhe verordnet, die ich zum Lesen aller liegen gebliebenen Bücher, Spielen aller Spiele meiner Freundinnen auf meinem Gameboy (wieso heißt das blöde Ding so: Ich bin ein Mädchen!) und zum Ausprobieren aller möglichen Kombinationen meiner Kleidungsstücke und Accessoires nutzte. Nur auf diese Art und Weise konnte ich mich von den schrecklichen Bauchschmerzen ablenken. Selbstverständlich bekam ich auch Besuch von meinen Freundinnen und sie brachten mir Geschenke und die bereits gemachten Hausaufgaben und den verpassten Schulstoff mit.
Mit den Jahren nahm trotz der tapfer eingehaltenen Bettruhe die Blinddarmentzündung an Intensität zu. Am Sportunterricht (den ich hasste, weil ich so schlecht in Völkerball war, und noch schlechter auf dem Schwebebalken. Oder bist DU schon mal derart auf dem Schwebebalken ausgerutscht, dass Du mit gegrätschten Beinen senkrecht mit der Körpermitte direkt auf ihm aufgeprallt bist? DAS war meine bisher schmerzhafteste Erfahrung, der ich eine Blinddarmentzündung eindeutig vorziehe) nahm ich sowieso nicht mehr teil.
Das war jedenfalls bevor ich das bekam, was meine Oma die 'rote Tante' nennt. Ich darf deswegen zwar allmonatlich auf den Sportunterricht verzichten, aber inzwischen überlege ich, ob mir der Schwebebalken nicht doch lieber ist. Der Schmerz lässt wenigstens nach einer Stunde nach.

Das erste Mal wie ich es bekam, dachte ich sofort es wäre meine Blinddarmentzündung. Aber dieses Mal so richtig! Nichts konnte mich davon ablenken. Mit keinem Gedanken kam mir, es könne sich um meine erste 'Regel' handeln. Dabei würde nämlich eine Menge Blut fließen, das wusste ich inzwischen von meiner besten Freundin und wartete schon darauf wann das einmal der Fall sein würde. Ich wollte nämlich auf keinen Fall eine von den verblödeten Mädchen sein, die Blut zwischen ihren Beinen entdeckten und meinten sie wären todkrank und müssten sterben. Ich war ja aufgeklärt und wusste was mich erwartete.
Nur von den vermaledeiten Schmerzen hatte meine Freundin mir nichts gesagt. Diesmal würden wir um eine Operation nicht herum kommen. Das meinte auch mein Onkel Doktor. Gesagt, getan ich wurde mit der Diagnose: 'Blinddarmdurchbruch' ins nächstgelegene Krankenhaus gefahren.
Dort bekam ich sofort eine Narkose und dann ab in den OP.

Als ich wieder aufwachte, oder vielmehr aus dem absoluten Abschaltungszustand in eine Art volltrunkenes Halbdämmer hinüber glitt, saß neben mir eine wunderschöne Gestalt in einem weiß leuchtenden Gewand. Ich vermutete, dass ich tot sei und dies mein Engel wäre, der mich hinüber ins Jenseits geleitete. ER oder vielmehr: SIE nahm zärtlich meine Hand - und fühlte meinen Puls.
Es war die Krankenschwester, wie ich missmutig feststellen musste, als der angenehme Zustand meines scheinbaren Todes, durch den eines sicheren, und immer noch sehr schmerzhaften Lebens eingetauscht wurde. Schwester Erna tätschelte mir liebevoll die Wange und bemerkte: „Wenn Du das nächste Mal deine Tage bekommst, lässt Du dich aber nicht gleich operieren, Schätzchen. Eine einfache Packung Monatsbinden reicht durchaus aus um das Problem in den Griff zu kriegen!“


Schlussteil:

Offensichtlich kommt bei 0,00003 Prozent der Bevölkerung so etwas wie ein genetischer Blinddarmdefekt vor. Nämlich, dass sie von Geburt an überhaupt keinen Wurmfortsatz haben.
Dies stellte die Ärzteschaft beim Aufschneiden meines schmerzenden Bauches fest. Und auch die Ursache meiner plötzlich auftretenden starken Unterleibsschmerzen: Inzwischen lief mir das Blut nämlich nicht nur aus dem aufgeschnittenen Bauch, sondern auch weiter unterhalb raus.
Man kann nämlich bei der blöden Menstruation schon viel vorher Schmerzen kriegen, bis man auch nur ein Tröpfchen Blut zu sehen bekommt. Und so habe ich mich tatsächlich noch viel dümmer angestellt als alle meine unaufgeklärten Altersgenossinnen, und mich wegen dieser roten Tante gleich operieren lassen.
Na ja egal, meine Blinddarmentzündung bin ich jetzt jedenfalls ein für alle Mal los. Aber dafür habe ich Gott sei Dank einen anderen Entschuldigungsgrund: Auch bei meiner Regel gibt es einen genetischen Defekt: Sie kommt viel öfter und ist viel anhaltender als bei Anderen.
Deswegen fehle ich oft in der Schule, besonders im Deutschunterricht.

Friederike Obermaier 6b


Benotung: 6
Grund: Freche Göre! Ich werde all Deine gut getarnten Schulschwänz-Versuche in Noten verwandeln! Lies das: 6666666666666666666666666666666666666666666666666666
Das ist deine Zukunft!

Gez. A. Meisinger, Oberlehrer


Friderikes nächster Aufsatz den ich veröffentlichen möchte fällt noch mehr in die Zeit ihrer Pubertät. Leider nimmt sie keine Hand vor den Mund, als es darum geht ihren Lehrer sexuell aufzuklären...


Aufsatzthema:Mein schönstes Urlaubserlebnis


Fritzi Oberhammer: FERIEN IN OSTDEUTSCHLAND

Heuer (dieses Jahr) war ich bei meiner Tante in Leipzig zu Besuch. Meine Oma sagt, die Mauer hätten sie besser stehen gelassen, dann wären die ganzen Preußen nicht zu uns gekommen und wir hätten nicht so viele Arbeitslose. Und dass sie nicht verstehen kann, dass ihre Tochter so einen 'Saupreissn' (Schweine-Preußen) geheiratet hat. Das ist nämlich mein Onkel, und der ist ein waschechter 'Ossi'.
Ich finde Ossis toll, denn die Ärmsten hatten viele Jahre lang nicht die technischen Errungenschaften, welche wir haben. Deshalb sind sie jetzt genauso scharf darauf wie auf Bananen.
Mein Onkel hat die neueste Playstation und einen Riesenbildschirm. Bei ihm darf ich auch Starwars spielen, obwohl ich ein Mädchen bin, und er hat mir ein tolles Handy geschenkt.
Überhaupt dürfen hier im Osten Mädchen viel mehr. Die meisten haben mit 14 Jahren schon kleine Babys, müssen nicht mehr auf die Schule und sind arbeitslos. Sie dürfen auch so viel essen und Bier trinken und rauchen wie sie wollen, weswegen sie nicht so schrecklich knochendürr sind (wie ich es leider bin, wie meine Oma immer behauptet). Dafür kann man in den Klamottengeschäften aber auch viel Sachen für Mädchen in XXXXL kriegen, was es bei uns nicht gibt.
Ich möchte auch so ein kleines niedliches Baby haben. Hier gibt es viele schöne Parks, wo man mit seinen Freundinnen und den Babys herumliegen und grillen und spielen kann (natürlich spielt man mit den Babys und grillt Würstchen und nicht umgekehrt), während andere auf die Schule müssen.
Wenn es einmal regnet, geht man einfach in eines der vielen leerstehenden Häuser und feiert da weiter, das ist ziemlich affengeil (ich bin mir nicht sicher ob das Wort anständig ist, weil wir daheim es nicht sagen, aber hier sagen es alle). Die meisten Häuser sind hier leer, weil alle in den Westen abgehauen sind. Ich verstehe das noch nicht so ganz warum, denn alle hiergebliebenen Ossis sagen, dass früher alles besser war und billiger. Warum sie dann nicht ihre Mauer einfach zugelassen haben und unter sich geblieben sind.
Na ja mir ist es egal, ich kann ja jetzt dafür Starwars spielen, Bier trinken und Zigaretten rauchen und ein Baby kriegen. Arbeitslos werden und von der Schule abhauen kann ich leider nicht, weil ich ja in Bayern auf die Schule gehe, und deshalb diesen dummen Aufsatz schreiben muss.
Aber das Bier trinken und Zigaretten rauchen habe ich schon ausprobiert. Meine Tante und mein Onkel tun das auch den ganzen Tag, und außerdem bin ich ja meistens mit meinen Kusinen und ihren Freunden und Freundinnen zusammen. Von dem allem darfst Du, lieber Herr Lehrer aber meiner Oma nix verraten, weil ich sonst ganz tot werde und Dir keine schönen Schulaufsätze mehr schreiben kann. Zu dem mit dem Baby komme ich später noch, das ist nämlich schwieriger als man glaubt. Zuerst mal das mit dem Bier: Das Trinken von Bier ist ja auch in Bayern sehr üblich, nur schmeckt es nicht so grottenschlecht und man fängt als Mädchen erst später damit an.(wenn man von seiner strengkatholischen Großmutter überwacht wird)
Bei meinen Experimenten am eigenen Körper musste ich feststellen, dass es zwei unangenehme Begleiterscheinungen gibt: Das Bier schmeckt übel wenn man es oral einnimmt und nur wenig besser wenn man es auf selbigem Wege wieder in die Büsche ausscheidet. Der Zustand dazwischen ist dafür um so angnehmer. Ich, die ich von Haus aus relativ unmusikalisch bin (alle außer dem Kanarienvogel Hansi fliehen aus meiner Nähe, wenn ich zu singen anfange – Hansi sitzt aber auch in einem Käfig und ist inzwischen gestorben) also ich jedenfalls, kann nach so vier fünf Bier ganz wunderbar singen, alle anderen singen auch laut mit. (Nur die Vögel fliegen davon, aber die sitzen hier im Park auch nicht im Käfig) Praktisch ist, dass man die leeren Flaschen nicht umständlich im Laden wieder abgeben muss. Man wirft sie einfach irgendwo hin wo sie ordentlich kaputt gehen.

Das Rauchen finde ich schon schwieriger. Ich muss immer schrecklich husten und mir wird kotzübel. Aber wenn man so früh damit anfängt sind die Babys wenigstens gleich daran gewöhnt und müssen später nicht so viel husten wie ich.

Apropos Babys. Ich glaube inzwischen, dass ich in Deinem Unterricht doch ein paar Dinge falsch verstanden habe. Meine Freundin hier hat mir erklärt (sie HAT ein Baby), dass das Ganze mit Bienen und Blumen nicht so viel zu tun hat, wie ich ursprünglich angenommen hatte.
Darum möchte ich an dieser Stelle näher darauf eingehen und Dich fragen, was Du als Biologielehrer dazu meinst. Es GIBT hier in den Parks zwar jede Menge Bienen und Blumen, aber Bier, Zigaretten und tolle Klamotten haben dann doch mehr mit dem Entstehen von Babys zu tun, als die vorher erwähnten.
Ich will mal ganz von vorne anfangen, da ich aufgrund meines Biologieunterrichtes annehme, dass Du vielleicht noch nie von diesen Dingen gehört hast.
Um als Mädchen ein Baby zu bekommen, muss man NICHT heiraten (wie ich aufgrund der Aussagen meiner Mama und Oma angenommen hatte) man braucht allerdings einen gutaussehenden Jungen. Gut aussehen muss er deshalb, weil man ihn sonst nicht schön findet und dann auch keine Lust hat ihn an sich rum fummeln zu lassen. Wenn man keinen derart gutaussehenden Jungen trifft, in den man sich sofort verlieben kann, hilft es mächtig eine Menge Bier zu trinken. Das macht die Jungen automatisch gutaussehender und Dir gegenüber auch mutiger. Um zeugungsfähige (so nennt man das biologisch gesehen) Jungs anzulocken muss das Weibchen (also ich) ein heißes Outfit haben und billiges Parfüm und Schminke tragen. Zigaretten rauchen hilft auch, weil es Dich cool erscheinen lässt und dem Jungen einen Anlass gibt, mit dir anzubändeln. („Haste mal ne Kippe?“)
Da wir schon mal bei biologischen Begriffen sind: Die Bezeichnungen 'Vagina' und 'Penis' kennt hier kein Mensch, und es weiß auch niemand etwas damit anzufangen. Vielleicht hast Du damit was anderes gemeint, bei den Bienen und Blumen möglicherweise – ich habe im Unterricht an der Stelle nicht so genau aufgepasst, weil es so langweilig war.
Hier jedenfalls sagt man zu dem was meine Oma die „Stelle zwischen Deinen Beinen“ nennt („Wasch Dich da immer ordentlich, damit du nicht dreckig wirst!“) also, da wo so bei mir der Piesel raus kommt – du weißt schon, das ist mir jetzt echt ein bisschen peinlich – also die sagen alle dazu: 'Muschi', 'Fotze' oder 'Möse'. Hast Du davon schon einmal gehört?
Ich will es Dir erklären: Diese Muschi ist unheimlich wichtig zum Babys kriegen, ob du es glaubst oder nicht. Ich dachte immer das Ding da wäre nur zum Pissen gut, und wenn man sich da (außer durch einen rauhen, eingeseiften Waschlappen geschützt) anfasst, wird man sofort krank.
An dieser Stelle muss ich meine geschätzte Großmutter ausnahmsweise einmal korrigieren. Ich weiß ja nicht, wie sie meine Mama gekriegt hat, aber damals war ja auch alles noch ganz anders.
Heute jedenfalls MUSS man sich da mal anfassen, sonst wird das nämlich auch mit den Babys nichts. Das ist wichtig, weil man sonst niemals auf die Idee kommen wird, einen Jungen da ran zu lassen und genau DAS ist der springende Punkt: Die Jungen sind ganz wild darauf die Muschis der Mädchen anzufassen und zu streicheln, und das ist dann noch viel schöner, wie wenn Du es selber tust, und manchmal bekommst Du sogar einen ORGASMUS, und neun Monate später ein BABY. Weißt Du, was das ist, ein Orgasmus?
Ich jedenfalls weiß es jetzt und kann es Dir erzählen, und ich würde ohne zu übertreiben behaupten, dass es MEIN SCHÖNSTES URLAUBSERLEBNIS war.
Meine Freundin hat mir nämlich gezeigt, wie man sich an seiner MUSCHI streichelt, damit es sehr sehr schön wird. Zuerst hat sie mich gestreichelt, und dann ich sie. Ich bin nur ganz ruhig dagelegen und habe gedacht: Das ist wie Mamas Erdbeerkuchen mit Sahne essen, nur noch viel schöner. Das war aber nur am Anfang. Denn dann kam ganz unvorbereitet der ORGASMUS. Ich werde meiner Oma nichts davon erzählen. Denn so viel Spaß auf einmal haben – das kann einfach nicht erlaubt sein.
Jetzt will ich doch erst Mal kein Baby mehr. Denn ich bin mir auf einmal nicht mehr so sicher ob ich das alles mit den Jungs (was ich eigentlich erklären wollte) so will. Ich denke, ich finde es mit Mädchen sogar schöner. Deshalb will ich eine LESBE sein, so wie meine Freundin aus Leipzig.
Was das ist, kann ich Dir aber jetzt wirklich nicht mehr erklären, weil die Zeit gleich um ist, und ich außerdem auf Toilette muss. Man kann sich nämlich auch mal auf der Toilette streicheln, wenn es ganz dringend ist, hat meine Freudin gesagt.
Deshalb will ich jetzt abschließend noch sagen, dass auch die Preußen gar nicht so übel sind, wie es hier in Bayern immer behauptet wird. Zumindest haben sie uns den Orgasmus gebracht, worauf ich nicht mehr verzichten möchte.

Friederike Obermaier 6b

Benotung: 6
Grund: vulgäre, obszöne Phantasien gehören nicht in einen Schulaufsatz
gez. A. Meisinger, Oberlehrer


Nun möchte Fritzis Deutschlehrer über den Schulaufsatz seine Klasse zum Nachdenken über das Leben und innere Werte anregen. Für Fritzi ist das leider das Erste Mal, dass sie sich mit solchen Thematiken beschäftigt...

Aufsatzthema: Schreiben sie über ihren Glauben und ihre Weltanschauungen und ethischen Werte.
Achten sie hierbei darauf, überzeugend ihre eigene Haltung einzunehmen, aber auch Gegenargumente zu bearbeiten.

Fritzi Oberhammer: DER SINN DES LEBENS

Eigentlich habe ich noch nie über den Glauben und das ganze Gedöns nachgedacht. Bis zu diesem Aufsatz hier. Da ich mir aber so sehr wünsche ein einziges Mal eine fünf anstatt einer sechs zu bekommen, will ich an dieser Stelle einmal ordentlich und tiefsinnig über das Leben nachsinnen.

Religiös bin ich sehr von meiner Großmutter geprägt. Obwohl ich eigentlich evangelisch getauft bin, möchte meine Oma aus mir lieber eine Katholikin machen. Früher schleppte sie mich regelmäßig in katholische Gottesdienste (natürlich durfte ich keine Oblaten essen) damit ich, wie sie zeterte 'überhaupt einmal eine Kirche von innen sah'. Ich habe also unsere Kirche von innen gesehen, was hauptsächlich meinen Glauben darin bestärkt hat, dass Kirchenbänke äußerst unbequem sind, Predigten unverständlich und langweilig, und die Kirchgänger durch die Bank schlecht angezogen. Ich musste mich selbst auch immer in Sack und Asche hüllen, damit kein unzüchtiger Blick eines Jungen auf mich fallen könne. (Ich habe meiner Oma immer noch nicht gebeichtet, dass ich LESBISCH bin – in ihrem Alter würde sie so etwas Kompliziertes eh nicht mehr verstehen)
Insgesamt halte ich es inzwischen nicht für den Sinn des Lebens mich in ausgebeulten Klamotten mit eine Haufen Klämmerchen in den Haaren in ein muffiges, altes, unterkühltes Gebäude auf eine steißquälende Bank, zwischen mottenkugelduftenden Damenpelzen einzuquetschen um einem fast haarlosen, und ebenso saft- und kraftlosen Mann zuzuhören, der Botschaften aus Büchern vermittelt, die ungefähr aus der Steinzeit stammen, während mich aus allen beliebigen Richtungen zu Tode Gefolterte mit Leidensmiene angrienen.

Soviel zu meinem Glaubenshintergrund. Nun zu meiner Weltanschauung:
Wenn ich mir die Welt so anschaue, dann finde ich sie im Großen und Ganzen ganz in Ordnung.
Bis auf die Schulaufsätze, den Schwebebalken, meine leibliche Großmutter und Sülze. Bei Sülze kriege ich schon das Kotzen wenn ich sie sehe.
Ich frage mich deshalb zuallererst einmal, warum Gott (wenn es denn einen gibt) die Sülze erschaffen hat. Gott soll doch ein liebender Gott sein. Warum also hat er mir das angetan? Wenn er mich doch so liebt? Jeden Donnerstag gibt es Sülze und ich muss mich dazu zwingen ein kleines Stückchen davon wenigstens hinunter zu würgen. Oder vielmehr bis nach der Mahlzeit in einem verborgenen Teil meines Mundes zu behalten, um sie anschließend in den Kompost zu speien.
Ich merke, ich schweife vom Thema ab – bei Sülze ist es aber sehr schwer an Gott und die Weltanschauung zu denken. Bitte Herr Lehrer, verzeihen sie mir das eine Mal und geben mir keine Sechs wegen Themaverfehlung.
Also wieder zurück zu Gott. Wenn Gott die Welt erschaffen hat, dann auch die Sülze. Wenn er das aber getan hat, muss er der Teufel sein. Gibt es aber keinen Gott, dann hat der Metzger bei uns im Dorf die Sülze gemacht, was ich für das Wahrscheinlichere halte.
Aber bleiben wir einmal bei Gott, wo wir gerade dabei sind. Vielleicht hat er die Sülze ja nur gemacht um meine Standhaftigkeit und Liebe zu meinen Eltern zu prüfen? Um mich schon im zarten Alter zu tugendhaftem Wesen zu geleiten?
Lieber Gott, da muss ich dir allerdings sagen, da hättest du ein bisschen früher ansetzen müssen. DU hast schließlich meine Gene und das ganze Gesums gemacht. Da hättest du ruhig ein paar mehr Tugend- und Anstand-Gene rein mischen können. Jetzt wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, willst Du mich über SÜLZE erziehen???
Das kannst Du dir gleich mal knicken. Meine Eltern konnten mich nicht erziehen, mein Lehrer nicht, der Pfarrer noch weniger, und meine Oma hat mir lediglich bei gebracht wie man alle Anderen beherrscht und selber dabei stets im besten Licht stehen bleibt. Wie also willst DU mich erziehen??? Sicher, du sollst ja allmächtig sein, aber da sind wir ja wieder bei der alten Leier: bitte - dann hättest du gleich an meinen Genen ein bisschen besser herum fummeln müssen, und ein tugendsames Mädchen aus mir machen.
Im Übrigen habe ich dich noch nie zu Gesicht gekriegt. Natürlich bin ich nicht so blöde (wie namhafte Astronauten) zu glauben, dass Du als riesiger alter Mann irgendwo da draußen im Weltraum schwebst. Einen Pups kann man ja auch nicht sehen, aber jeder weiß sofort, wenn du einen gelassen hast. Vielleicht ist das ganze Universum ja einfach ein Pups von Gott. Nein, das kann nicht sein – dann müsste man ja Gott sehen und das Universum wäre unsichtbar. Ich denke es müsste eher umgekehrt sein: Gott ist ein Pups des Universums, der sich sozusagen im ganzen Universum ausgebreitet hat, und deshalb um und in allem ist was es gibt. Unsichtbar natürlich.
Ich mag meine eigenen Pupse riechen, nur die Anderen mögen es nicht. So ist es bestimmt auch mit dem Universum: Wir mögen unseren Pups-Gott, weil er ja von uns selber kommt. Nicht von uns als Menschen, sondern von einfach allem. Alles Andere haben wir uns ausgedacht, oder von Anderen gelernt, die es sich eben ausgedacht haben: „Dies ist ein Apfel!“, beispielsweise. Irgendwann hat das mal einer bestimmt und dann war es eben ein Apfel. Und ich bin die Fritzi, weil ich denke dass ich die Fritzi bin, und die Sülze ist die Sülze weil...
Nur Gott – den haben wir uns nicht ausgedacht. Den Kirchengott natürlich schon und das ganze drumherum, Sünden und Beichten und Himmel und Hölle und der ganze Kram.
Aber den richtigen Gott, den Unsichtbaren, den haben wir uns nicht ausgedacht, und deshalb können wir ihn auch nicht denken oder sehen. Den hat bloß das Universum ausgepupst und das wars. Manchmal, wenn ich in einer Sternennacht draußen bin und mich auf das Dach vom Holzschuppen lege, gaanz gaaanz still, dann spüre ich was. So ein Ziehen in mir drin. Und als würde ich Musik hören, die es gar nicht gibt. Wenn ich so liegen bleibe spüre ich irgendwann meinen Körper nicht mehr und denke auch gar nicht mehr an Sülze und Kirchen und Aufsätze.
Ich denke an gar nichts mehr und alles ist auf einmal in mir drin. Einfach so. Dann bin ich selber nur noch ein Pups, der im All schwebt und den Arsch der ihn gepupst hat unendlich lieb hat. Und dann gibt es auf einmal das alles nicht mehr und ich bin einfach nur noch glücklich.

Soviel zu Gott. Der Sinn des Lebens heißt für mich deswegen: einfach glücklich zu sein.
Etwas Besseres kann man meiner Meinung nach mit seinem Leben nicht machen. Und ich glaube auch, je mehr man die wirklich richtigen Dinge tut, desto glücklicher wird man. Das sind meine ethischen Werte: Keine Sülze mehr essen, weil es mich nicht glücklich macht. Trotzdem Sülze essen, weil das meine Eltern glücklich macht was mich wieder glücklich macht. Trotzdem keine Sülze essen, weil es meine Eltern sicher nicht glücklich macht, wenn sie erfahren, dass ich Sülze nur esse damit ich sie glücklich mache und mich dabei selber glücklich mache.
Ich werde Veganerin! Veganerinnen DÜRFEN keine Sülze essen, das ist ja bekannt. Das MÜSSEN meine Eltern einfach verstehen. Ich werde ihnen erklären dass Veganerin sein nicht so schlimm ist wie wenn ich zu den Hare-Krishnas gehen würde (obwohl man Beides zusammen tun kann) Aber dann würde ich mir meine langen Haare abschneiden, und dann ist es wohl besser, wenn ich bloß keine Sülze mehr esse. Gott, danke! – das ist die Lösung!

Ach Du liebe Zeit, jetzt hätte ich die Gegenargumente fast vergessen. Aber da kannst Du, Herr Lehrer mal bei meiner Oma nachfragen, ich könnte Gift darauf nehmen, dass die eine ganze Latte Gegenargumente (gegen was auch immer) wie aus der Pistole geschossen aufsagen kann.

Aber zu Deiner Beruhigung sage ich Dir auch eines: Gegen die Qualität meines Aufsatzes und die Richtigkeit meiner Thesen spricht einfach die Erfahrung. Bis jetzt habe ich jedes Mal bei aller Mühe, die ich mir gegeben habe mit der roten Schnecke geendet, weil alles nur totaler Unsinn war. Das muss dich einfach überzeugen, da du mir ja selber die Noten gegeben hast.

Ich bleibe aber standhaft in meinem Glauben, dass meine Aufsätze gut sind und nehme überzeugend die Haltung ein, dass ich verdammt noch mal eine Eins verdient habe! Oder zumindest eine fünf bis sechs!

Friederike Obermaier 7b

Benotung: 5-6
Grund: Die stichhaltige Darlegung der Gegenargumente lässt eine gewisse Selbsterkenntnis erahnen, die den übrigen Mist etwas neutralisiert.

Gez. A. Meisinger, Oberlehrer


In das nächste Thema hängt sich Fritzi wirklich mit allen Kräften rein, um endlich mal eine bessere Note zu bekommen. Leider hat sie nur die Themenstellung ihres Lehrers falsch verstanden - um nicht zu sagen: so völlig falsch, wie es nur irgend geht...

Aufsatzthema: Tätigkeitsbeschreibung einer alltäglichen Verrichtung im Haushalt

Fritzi Oberhammer: MEINE ALLTÄGLICHE VERRICHTUNG

Lieber Herr Lehrer, normalerweise ziere ich mich ja ein wenig, über meine alltägliche Verrichtung zu reden. Vor allem die ganz Große. Aber wenn es nun schon im Aufsatz verlangt wird, möchte ich es auch ganz genau beschreiben, damit ich nicht wieder so eine beschissene Note bekomme wie sonst.
Womit wir mitten im Thema wären.
Bevor ich meiner alltäglichen Verrichtung nachgehe sehe ich immer nach, ob irgendeiner von den Anderen gerade auf der Toilette war. Besonders bei Oma ist es sehr schlimm und sie macht auch nie das Fenster auf, weil sie das mit den gichtigen Armen nicht mehr schafft. Unser Klofenster klemmt nämlich. Außerdem benutzt meine Großmutter leider lebensverlängernde Maßnahmen in Form von Unmengen an Knoblauch, die sie täglich zu sich nimmt. Für jeden anderen, normalen Menschen wären solche Mengen sofort letal. Das heißt: tödlich. Ich habe aber Angst, dass sie mit ihrer Hilfe alle anderen auf der Erde existierenden Lebewesen um Jahrtausende überlebt. Das würde bedeuten, dass ich mich nie aus ihren Klauen befreien kann.
Auf jeden Fall ist der häusliche Lokus zu meiden, wenn Oma dort eine ihrer Knoblauchbomben hinterlegt hat und vergessen hat runter zu spülen. Vampire gibt es mit absoluter Sicherheit in unserem Hause nicht.
Nun zurück zu der Tätigkeitsbeschreibung meiner alltäglichen Verrichtung: Wenn die Luft rein ist (im wörtlichen Sinne!!!) zische ich wie eine Rakete ins besagte Örtchen, bevor mir wieder jemand zuvor kommen kann. Den Riegel vorgeschoben zur Sicherheit (auch wenn man das in der Familie nicht macht, aber glaube nicht dass meine Oma noch zwischen frei und besetzt unterscheiden kann, auch wenn draußen so ein Schild hängt!) Puh! Geschafft! Ich lasse mich erst Mal auf den geschlossenen Klodeckel fallen um auszuschnaufen. Während meiner Verschnaufpause kontrolliere ich schon einmal den Bestand an Klopapier und Micky-Maus-Heften. Ist der Ausscheidungsprozess nämlich erst mal im vollen Gange, kann man sich von Beidem keinen Nachschub mehr holen. Im besten Fall ist alles in Ordnung und ich habe sogar meinen Walk-men dabei. Ich singe nämlich beim Scheißen sehr gerne meine Lieblingslieder nach, was dem Verdauungsendprozess sehr förderlich ist, da die Schwingungen auf allen Ebenen positiv wirken.
Gehen wir wieder davon aus, dass ich meine Musik zufällig dabei habe. Nun kann meine Tätigkeit beginnen. Als erstes reiße ich ein Blatt Klopapier ab und hebe damit den Deckel hoch. Man kann ja nie wissen... (bei drei Brüdern und einer knoblauchverseuchten, gichtigen Oma) Sicherheitshalber wische ich die Klobrille noch einmal mit einem weiteren zusammengelegten Streifen und WC-Reiniger ab. Bei der kleinen Verrichtung brauche ich so etwas nicht, weil ich mich dazu nicht hinsetze, mein Po pflegt sich über der Schüssel in respektvollem Abstand in der Schwebe zu halten.
Aber fürs große Geschäft brauche ich eben länger, da würde ich Wadenkrämpfe kriegen, wenn ich den Schwebetrick versuchte. Nun denn, wenn das gemeinsame Familienklo entseucht ist, bemühe ich mich, meine Jeans zu öffnen und herunter zu ziehen. Das Problem liegt am verklemmten Reißverschluss und dem fehlenden Hosenknopf, den ich durch eine Sicherheitsnadel ersetzt habe, die ebenfalls klemmt. Wenn ich es geschafft habe meine Hose zu öffnen und mich mit der Nadel in den Finger zu stechen, ist das Schwierigste geschafft. Meinen Slip herunterzuziehen macht wirklich kein Problem, so dass ich nun meinen Allerwertesten von allen hinderlichen Kleidungsstücken befreit habe, die der Kotablage im Wege stehen. Seufzend lasse ich mich auf die bereitstehende Kloschüssel fallen und greife mir im Fallen noch ein Micky-Maus-Heft. Nun gilt es die langweilige Zeit bis zur vollständigen Entleerung des Enddarms mit kurzweiligen Tätigkeiten zu überbrücken, und zugleich die dabei entstehenden unangenehmen Nebengeräusche durch euphorisch vorgetragene Gesänge zu überdecken, welche gleichzeitig mein Territorium gegen Feinde abgrenzen sollen. Die Singvögel machen es ganz ähnlich: Sie singen eigentlich um ihr Revier zu kennzeichnen. Meine Familie WEISS dann auch mit absoluter Sicherheit, dass ICH mich auf dem Klo befinde und mir daher niemand zu nahe kommen darf. Denn nichts hasse ich so sehr, wie wenn beispielsweise mein kleiner Bruder an der Klotür klopft und mich fragt ob ich mit ihm spiele, während mir gerade geräuschvoll eine volle Ladung abgeht. Und wenn er dann hinterher angstvoll fragt: „Fri (so nennt er mich) ist da ein böser Drache bei Dir drin?“
„NEIN!!!“, rufe ich dann mit meiner gruseligsten Stimme, „aber es kommt gleich einer hier raus wenn Du nicht auf der Stelle verschwindest!“ Dann rennt er zu Oma und petzt und bekommt Süßigkeiten, und ich kriege hinterher geschimpft. Darum singe ich lieber zur Vorbeugung.
Aber nun zurück zu meiner Tätigkeit: Natürlich muss ich mich auch mit einem meiner eher unbewussteren Selbste darauf konzentrieren den Verdauungsvorgang kontinuierlich positiv zu beeinflussen. Nicht zuu sehr, sonst wird es anstrengend und tut manchmal sogar ein bisschen weh. Aber so ein bisschen, das ist sogar sehr angenehm und ich muss dabei manchmal vor Wonne ein bisschen stöhnen. Auch deswegen ist die Lied-Abschreckung sehr sinnvoll. Neuerdings lauert mir nämlich meine Oma ständig auf, weil sie mich einmal beim Masturbieren erwischt hat. Jedenfalls fast. Ich wollte gerade anfangen und hatte es mir schon auf meinem Bettpfosten gemütlich gemacht, der dafür sehr geeignet ist. „Was in Gottes Namen tust Du da?“, fragte sie scharf, weil ich mich so auf dem Pfosten herrumrieb und dabei leise „hmmmm!“ sagte. Schlagfertig wie ich bin antwortete ich sofort: „Ich sagte 'hmm' weil ich gerade überlegte was ich Dir zum Geburtstag schenken könnte!“ Damit hoffte ich meine geburtstagsgeile Großmutter abzulenken. Aber das alte Schlachtschiff ist mit solchen Tricks nicht zu beeindrucken. Ich befürchtete im nächsten Moment, dass sie einen eisernen Jungfrauengürtel aus ihrem Schlafzimmerschrank ziehen und ihn mir anlegen würde, doch sie hob nur warnend den nadelspitzen Zeigefinger und durchbohrte mich mit ihren Jedi-schwert-Augen. „Du weißt wohin das führt!“ sprach sie noch warnend, dann drehte sie sich auf dem Absatz um und verließ das Schlachtfeld. Seitdem spioniert sie mir ständig hinterher und obwohl sie angeblich halb taub ist, merkt sie es sofort, wenn ich hinter verschlossenen Türen stöhne. Weswegen ich von nun an auch meine Zimmertüre abschließe UND die Anlage bis zum Anschlag aufdrehe, bevor ich meiner natürlichen Lust nachgehe.
Aber jetzt soll ich ja über meine alltägliche Verrichtung reden. Es gibt bei der Scheiße genauso wie in der Physik verschiedene Aggregat-Zustände. Die normale Kacke ist so halbfest und in einzelne ca. kirsch-große Köttel aufgeteilt, die mehr oder weniger lose aneinander kleben. Das ist für mich die Angenehmste von allen: Nicht so hart, dass es weh tut, und nicht so weich, dass mein ganzer Arsch beim Kacken voll geschmiert wird. (Tut mir leid, man sagt sonst diese Wörter nicht, aber wie um Himmels willen soll ich denn sonst meine Tätigkeit genau beschreiben?)
Also, der festere Aggregat-Zustand ist dann schon von der Farbe her dunkelbraun bis schwarz und hat spitze Ecken und Kanten, die dir sprichwörtlich beim heraus spazieren den Arsch aufreißen.
Entweder kommen diese kleinen Brocken, die von der großen Kackwurst ab gefallen sind, alle einzeln raus, wobei sie dich jedes Mal wund scheuern, oder sie backen alle ganz fest zusammen und beschließen für immer in deinen Eingeweiden zu verweilen. Dann dehnt sich Deine Sitzung ins Unendliche und während die gesamte Familie vor dem Klo schon SOS-Rufe funkt, bin ich immer noch keinen Millimeter weiter gekommen.
Nicht viel besser ist der weich-klebrige und der flüssige Aggregat-Zustand. Dabei bewahrheitet sich die trikloikalische Formel: Je weicher desto stink! Je stinker desto kleb! Und je kleber desto Brenn!
Weiter will ich auf dieses Thema nicht eingehen. Auch wenn es sich hier um einen Schulaufsatz handelt, welcher von der Art her eben dieser Materie sehr ähnelt.
Die vollverflüssigte Form hat wiederum den Vorteil dass sie als Beweis einer Erkrankung gilt, weswegen die Einnahme von entsprechenden Abführmitteln vor einschlägigen Klassenarbeiten zu spontaner Unterrichtsbefreiung führen kann, so man die Beweismittel ad hoc vorführen kann.

Nun wieder zurück zur Tätigkeitsbeschreibung: Ist der total verdaute Nahrungsbrei zu meiner Zufriedenheit aus meinem Hintern in die Kloschüssel gewandert, pflege ich diesen rückwärtigen Körperteil mittels bereitgestelltem Zelluloselappen von der Rolle endzureinigen.
Dabei verfahre ich folgender Maßen: Ich reiße zwei Blätter herunter und falte sie in der Mitte zusammen, um ein Sicherheitspolster gegen das Durchnässen zu erhalten. Damit streife ich die Falte in meinem Allerwertesten von unten nach oben ab. Ich besehe mir das Ergebnis und wiederhole im Bedarfsfalle die Handlung bis der gewünschte Reinheitsgrad erreicht ist. Dann wird die vordere Falte auf ebensolche Weise gereinigt. (Natürlich mit einem neuen Blatt!!!)
Nun kann man sich wieder ans Aufstehen machen, die Lektüre wird abgelegt, die Hosen in der richtigen Reihenfolge hochgezogen und verschlossen. Während des Spülvorgangs pflege ich die Klobürste zur Zerkleinerung übergroßer Brocken zu verwenden, um der sehr unangenehmen Verstopfung der Toilette vorzubeugen. Nach dem Spülen schließe ich sofort den Klodeckel, setze mich darauf, versprühe Deo-Spray und öffne das Fenster sperrangelweit. Ich bleibe so lange sitzen und lese weiter, bis ich mir sicher bin dass meine Sitzung mir keinen schlechten Nachruf mehr verschaffen kann. Dann verlasse ich meinen Arbeitsbereich so leise und schnell, wie ich gekommen bin.

Friederike Obermaier 7b

Benotung: 6, 6 und nochmal 6
Ich bedaure in deinem Falle, keine schlechteren Noten verteilen zu dürfen. Beispielsweise eine 27 würde mir passend erscheinen. Du scheinst die Verrichtung einer Notdurft und die einer alltäglichen Arbeit zu verwechseln! Natürlich habe ich NICHT verlangt, dass Du...dass Du...
Ich bete zu Gott pensioniert zu werden, bevor Du mich ins Grab bringst!

Gez. A. Meisinger, Oberlehrer


Leider können auch die relativ schlecht ausgefallenen Benotungen ihrer Deutschaufsätze Fritzis sehnlichsten Berufswunsch nicht ändern...

Aufsatzthema: Was ich einmal werden will, wenn ich groß bin

Fritzi Oberhammer: WARUM ICH SCHRIFTSTELLERIN WERDEN WILL

Erstens darf ich dann endlich schreiben was ich will und wonach mir der Sinn steht. Ich brauche keine hirnrissigen Aufsatzthemen mehr, keine bescheuerten Gliederungen und erst recht keine langweilige Grammatik. Ich dürfte einfach schreiben wie mir die Kralle gewachsen ist. Ohne eine Bewertung oder Benotung befürchten zu müssen, die mich in Grund und Boden stampft. Außer die von Buchkritikern. Aber die können niemals nicht schlimmer ausfallen als die meines Lehrers.
Auch gibt es ja genug Autoren, die Schund-Literatur schreiben, und damit ihr gutes Geld verdienen.
Wenn mein armes kleines Autorinnen-Selbstbewusstseinchen nicht Durch dich, Herr Lehrer, so vollkommen zermürbt worden wäre, dann wäre ich schon längst in den Bestseller-Listen aufzufinden. Kannst Du dir vorstellen wie es ist, wenn man jeden Tag von genialen Schreib-Ideen überfallen wird, die dann in wahrhaft epilipterarischen Anfällen münden, während derer man zu nichts anderem fähig ist, als einen Stift in gewundenen Linien über ein Blatt Papier zu führen?
Kannst Du dir vorstellen wie es ist, wenn du diese wundervollen, einzigartigen Kreationen das erste Mal in der Menschheitsgeschichte, auf einem leuchtenden Stück Papier mittels eines Pelikan-Schulfüllfederhalters, verewigt siehst???- entstanden aus den Verbindungen von Billionen von neuronalen Zellen meines Gehirns, umgesetzt in anmutige Muskelkontraktionen gezielt durch meine Schreibhand auf feste Materie übertragen, und in dieser Form Äonen überdauernd. Geheimnisvolle Schriftzeichen, die selbst ich kaum noch entziffern kann, zwischen noch geheimnisvolleren Tintenklecksen, deren Herkunft und Bestimmung noch heute allen Wissenschaftlern ein Rätsel aufgibt?
Kannst Du dir DAS vorstellen?
DAS ist der Grund, weswegen ich Schriftstellerin werden möchte: So kann ich neue Welten erschaffen, Räume durchschreiten, die nie zuvor jemand betreten hat. Ich kann Dinge beim Namen nennen, die vorher keinen hatten und Menschen begegnen, die es vorher nicht gegeben hat.
Ich bin FAST wie Gott. Jedenfalls dann wenn ich keinen Lehrer mehr habe, der alle meine Bemühungen ins Klo spült. Mein Herzblut zu Blutwurst verarbeitet. Meine höchsten Höhenflüge in die tiefsten Abgründe stürzen lässt. Meine Knochen zermalmt. Meine jubilierende Stimme erwürgt. Meine Hände an die Grammatik fesselt und die Füße an die Interpunktion. Mir die Augen mit Rechtschreibung blendet und mich auf die Guillotine der Benotung führt. Denn für mich armes Mädchen gibt es nur ein Urteil: Tod durch Sechs.

Nun, so lange ich auf der Schule bin kann ich dies nicht verhindern, so sehr ich mich auch anstrenge dagegen anzukämpfen.

Aber wenn ich einmal groß geworden bin, möchte ich FREIE Schriftstellerin werden, unabhängig, unbändig und ungebändigt, wild und zügellos. Ich will die Sprache reiten wie ein wildes, ungezähmtes Pferd, ohne den Sattel vertrockneten Schuldeutsches und das Zaumzeug einer eingeengten Lehrmeinung. Ich werde mich in Themenverfehlungen wälzen, Oden aus destillierten Rechtschreibfehlern dichten, die Fritzi'sche Grammatikverknotung einführen und einen Roman aus einem EINZIGEN ineinander verschlungenen Schachtelsatz veröffentlichen. Berühmt werde ich allerdings erst durch meine umgekehrte Interpunktion werden. Ein Standardwerk durch dessen Studium man in all meinen bisher als Fehler bewerteten, kreativ gesetzten, Kommata einen tieferen, verschlüsselten Sinn entdecken kann, der die gesamte bisher entdeckte Weltordnung erneuert.

Bis dahin jedoch werde ich mich still und ergeben meinem Los beugen, der Diktatur des Deutschunterrichtes gnadenlos ausgesetzt zu sein. Werde mich fesseln und knebeln lassen, die Wasser meiner sprudelnden Ideen in die vertrockneten Löcher von altbackenen Aufsatzthemen lenken, wo sie ungesehen versickern und mich verdurstend zurücklassen. Wie Sissi-Fuß (so hiess der doch, dieser griechische du weißt schon...) schleppe ich unter Aufwendung aller meiner mir zur Verfügung stehenden Kräfte den Stein des Klassenaufsatzes auf den Berg meiner Einfälle, von wo er mit hundertprozentiger Sicherheit sofort wieder zurück rollt und mir selber auf den Kopf fällt. Ist das ein Leben? Nein! Es ist ein Dahinvegetieren, ein lebendiges Begraben-Sein im Mausoleum einer Grund- und Hauptschule. Niemals hat ein Mensch mehr gelitten als ich - unter der Sehnsucht ausdrücken zu dürfen, was aus seinem Inneren strömt, ohne Grenzen, ohne Barrieren, ohne den verdammten, beschissenen Deutschunterricht.

Um Schriftstellerin zu werden muss ich keinen Beruf erlernen, kein Zertifikat vorweisen, kein Schulzeugnis mit lauter Einsen vorlegen. Nein, ich muss nur einfach schreiben und schreiben, und noch mal schreiben. Und dann mit dem ganzen Mist so lange die Verlage nerven, bis sich einer meiner erbarmt und mich druckt.

Und DANN bin ich Schriftstellerin. Einfach so. Dann sind nicht mehr die Lehrer meine Richter oder das Handbuch deutscher Grammatik. Sondern einfach die Leser. Und ich wette um ein halb gebratenes, rotkariertes, fünfohriges Pferd dass drei Viertel aller Leser selber nicht die geringste Ahnung von Interpunktion und Rechtschreibung haben!
Aber einen Sinn für ausgefallene Ideen den haben sie!

Mein erstes Buch wird ungefähr heißen:
„Der steinige Weg meiner Befreiung von Deutschlehrern, Großmüttern, Schwebebalken und Sülze.
Wie ich eine international anerkannte Buchautorin geworden bin.“ (Selbstbefreiungsbücher werden grundsätzlich Bestseller, vor allem wenn sie von emanzipierten Frauen handeln, die der Unterdrückung des Patriarchats entfliehen – wobei ich mir nicht ganz sicher bin ob Großmütter nicht doch zum Matriarchat gehören)

Ich hoffe in meinem Aufsatz ist einigermaßen ersichtlich geworden was meine vorherrschenden Berufsziele sind, warum ich sie erreichen möchte, und auf welche Art und Weise ich ihre Verwirklichung anstrebe.

Alle in meinem Aufsatz genannten Personen und Orte (Lehrer, Schule usw.) sind rein fiktiv und haben keinerlei Bezug zu real existierenden Menschen wie meinem geliebten Oberlehrer Meisinger. Daher sollte meine persönliche Meinung über derart fiktive, von mir frei erfundene Personen auch nicht die Benotung durch real existierende Personen (wie Dich Herr Lehrer) beeinflussen. Vor allem nicht negativ.

Friederike Obermaier, 8a

Benotung: 6

Grund: Zwecklos das aufzuführen, da Du offensichtlich unverbesserlich bist!

Ohne Deinen Hang zu überzogener Dramatik könntest Du vielleicht einen Hauch von Realitätssinn entwickeln. Vielleicht kannst Du ja tatsächlich einmal Pamphlete für radikale, esoterische, weltabgewandte Sekten verfassen, die ihre Produkte mit militanter Gewalt und endzeitlichen Drohungen ahnungslosen Passanten aufzwingen. Falls Du einen Lektor findest, der die Korrektur deiner geistlosen Ergüsse überlebt.

Ich glaube aber eher an eine wesentlich düstere berufliche Zukunft, wenn ich mir so die Ergebnisse Deiner Schreibkunst in acht Jahren ansehe, die mir eine Gastritis, Tinteallergie, einen Herzschrittmacher und einen Korrekturhand-Krebs eingebracht haben. (was eine äußerst seltene Krankheit ist, wie ich bemerken muss) – und nicht zu vergessen meine frühzeitige Pensionierung nach diesem Schuljahr.

gez. A. Meisinger, Oberlehrer


Von der Veröffentlichung weiterer Aufsätze aus dem aufgefundenen Stapel möchte ich vorläufig absehen,um den guten Geschmack der werten Leserschaft nicht allzusehr zu gefährden.

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 13.04.2011

Alle Rechte vorbehalten

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