Du und ich: Wir sind eins. Ich kann dir nicht wehtun, ohne mich zu verletzten.
-Mahatma Gandhi-
„Das kannst du mir nicht antun! Wieso sie? Wieso hast du das getan? Anna?! Sie!?“, schrie ich ihn an.
„Nun beruhige dich. Es war nicht von Bedeutung. Du weißt, dass du die Einzige für mich bist - immer. Du bist meine Sonne, die mir Licht bringt“, versuchte er mich zu beruhigen. Er wollte mich in den Arm nehmen, doch ich schüttelte ihn ab, denn ich konnte seine Berührung nicht ertragen. Denn dann würden Bilder vor meinem Auge vorbeiziehen, wie er sie mit eben diesen Händen berührt hatte.
Er wollte mich beruhigen, doch sein Verrat tat zu weh. Er hatte… So ohne Grund. Mich einfach…
„Wenn es ohne Bedeutung war, wieso lässt du mich sitzen?“
Ich verstand die Welt nicht mehr. Und wollte es auch nicht. Ich konnte mir einfach nicht erklären, wieso er mich verlassen wollte.
„Weil… ich muss… sie ist… nun ja… seit gestern meine Verlobte… Der Clan hat gesagt es sei so besser. Für alle.“
Seine Verlobte? Meinte er es ernst? Er hatte aber mir einen Antrag gemacht! Mir! Und nicht dieser Schlampe! Ich sollte seine Frau werden! Die Mutter seiner Kinder! Ich! Nicht sie! Diese blöde Schlampe!
Und der Clan. Wieso tat der Clan mir so etwas an?
Wieso?
„Und ich? War alles nur eine Lüge? Habe ich dir je etwas bedeutet?“
Er wollte gerade etwas sagen, hatte den Mund, den ich so oft geküsst hatte, schon geöffnet, doch ich schüttelte den Kopf und fiel ihm ins Wort.
Wir waren, seit wir kleine Kinder waren, die besten Freunde gewesen und als wir älter wurden, merkten wir, wie sich unsere Gefühle zueinander änderten. Es stand mehr oder minder fest, dass wir heiraten würden und wollten. Der erste Kuss passierte nur durch einen Zufall. Er war mein erster Freund und mit ihm hatte ich mein erstes Mal. Es war wunderschön.
Für mich stand fest, dass er der einzige Mann für mich war und den ich haben wollte. Aber wie überall im Leben gab es böse Stimmen und es gab den Clan.
Der Clan wollte diese Beziehung nicht, denn ich war nicht von „reiner“ Geburt. Gestört hatte uns dieser „Makel“ aber nie. Wir hatten uns allen wieder setzt und eine Beziehung geführt. Wir hatten uns geliebt und wir wollten für immer zusammen bleiben und gemeinsam eine Familie gründen.
Aber anscheinend hatte ich mich zu sehr auf ihn verlassen und somit wurde ich bitter enttäuscht.
Sein Verrat tat mehr weh, als all die Stimmen, die uns das Leben schwer machen wollten.
„ Nein, ich will´s gar nicht mehr wissen. Du kannst sie heiraten und was weiß ich. Schenk ihn ihr und nicht mir.“
Mit diesen Worten zog ich meinen Verlobungsring, auf den ich so stolz war, ab, schmiss ihn ihm vor die Füße, drehte mich um und ging ohne ein weiteres Wort weg. Weg von meinen Zukunftsplänen. Weg von meiner Liebe.
„Nein, warte…! Marlen, warte! Marlen…!“
In der Schule war ich und die Trennung natürlich das Gesprächsthema schlecht hin. Leider gehörte dem Clan die Schule und so wusste natürlich jeder was passiert war. Oder, sie bildeten sich es zumindest ein, es zu wissen. Denn anscheinend hatte ich ihn verlassen, weil ich mit anderen Männern schlafen will und geschlafen hatte und mir dieses Leben als Schlampe zu gut gefallen würde um mich an nur einen Mann zu binden.
So war er aus dem Schneider und ich wurde als Schlampe beschimpft. Der Clan wusste eben, wie man mit einer Klappe zwei Fliegen erschlug. Somit war ich die Böse und er der Gute und der Hintergangene.
Und eine mir sehr verhasste Person lief mit einem Grinsen, welches vom Nordpol zum Südpol reichte, herum und fuchtelte mit „ihrem neuen“ Verlobungsring vor aller Augen herum.
Oups, jetzt ist mir der Stift hinunter gefallen, jetzt muss ich ihn mit meiner beringten Hand in aufheben. Und wie es der Zufall wollte, wurde das Sonnenlicht im Diamanten des Ringes reflektiert. Alles nur der pure Zufall. Natürlich bestätigte jeder, wie schön dieser Ring doch sei und dass dies der perfekte für sie war.
Ist er nicht schön? Er hat ihn extra für mich anfertigen lassen.
Hysterisches Geschrei!
Für mich!
Ich hatte mir die Steine, das Material und die Anordnung der Steine ausgesucht. Ich!
Die Widmung hatte er machen lassen. Er hatte den Text und die Schrift ausgesucht. Es war eine Überraschung für mich.
In ewiger Liebe
Tja, und nun trug ihn eine andere Frau.
Und ja, er ist von Tiffany!
Kreisch!
Was mir aber am meisten weh tat, war sein Verhalten. Er hatte ein Lächeln im Gesicht und küsste sie immer wieder. Auf den Mund und auf den Ring, um zu zeigen, dass die beiden soooooo glücklich waren. Wie ich doch Frischverliebte hasste.
Dieses Verhalten schmerzte einem Teil von mir, der noch nicht wirklich begriffen hatte, dass es aus zwischen uns war, doch einem anderen Teil, einem größeren Teil war es schlicht weg egal. Sollte er doch mit seiner Anna zusammen sein. Sie schwängern und was weiß der Teufel noch alles machen.
Und gestern wollte er mir noch eifrig erklären, dass ich ihm mehr bedeutete als sie. Ha, dass ich nicht lache! Ob sie eigentlich wusste, dass sie meinen Ring trug, den er mir geschenkt hatte?! Welchen er eigens für mich hatte machen lassen?! Und dessen Widmung er sich für mich ausgedacht hatte?! Doch wenn man ehrlich war, war diese Widmung nicht wirklich einfallsreich. Sie war so, wie jede andere.
Ich hasste sie so sehr. Musste das sein? In der Schule? Wo ich zufällig auch war? Konnten sie nicht warten, bis sie in ihrem Haus waren und da zu turteln anfangen.
Wenn ich an das Haus dachte, kam mir auch bittere Galle hoch. Wir beide hatten ein kleines Haus, mit 3 Schlafzimmern, wovon 2 einmal Kinderzimmer sein sollten, ausgesucht und der Clan hatte die Einrichtung bezahlt, die zufällig ich in meiner ehemaligen Funktion als Braut ausgesucht hatte. Mir war es komisch vorgekommen, dass der Clan diese zahlte, doch Tom, mein Ex-Verlobter hatte meine Ängste weggeküsst und gemeint, ich hätte mir zu viele Sorgen gemacht.
Der Clan hatte sogar die teure Verlobungsfeier bezahlt, wo Groß und Klein kam, uns gratulierten und uns, vor allem mir immer wieder versicherten, dass wir beide das perfekte Paar wären und dass unsere zukünftigen Kinder dem Clan alle Ehre machen würden.
Ha, dass ich nicht lachte.
Es war so ein schlechter Witz. Alles. Das Leben. Der Clan. Die Schule. Am liebsten würde ich schreien, doch dann hätte ich das Image einer Verrückten. Das konnte ich nicht gebrachen, denn ich war ja schon die Schlampe.
Endlich war die Schule aus.
Ich hatte acht beschissene Stunden Spott und gefaktes Mitleid über mich ergehen lassen müssen. Immer wieder musste ich mich zum Lächeln zwingen.
Ich lief zu meinem Auto um ihm nicht eine Chance zu geben mit mir zu reden. Tom hatte den ganzen Tag schon versucht mit mir zu reden, doch jedes Mal fand ich etwas Interessanteres oder Wichtigeres oder ich ging einfach auf die Mädchentoilette. Erfolgreich konnte ich ihm aus dem Weg gehen. Doch so leicht wollte er es mir nicht machen, denn er versuchte mich nach dem Unterricht einzuholen und mit mir zu reden, doch ich lief zu meinem Wagen und brauste vom Schulgelände.
Meine High Heels und ich waren eben ein eingespieltes Team.
Wie eine Wahnsinnige fuhr ich nach Hause und in meine kleine Wohnung.
Sollte ich es wagen, oder für immer hier bleiben und mich verspotten lassen?
Ok, diese Entscheidung war einfach. Ich setzte mich wieder in das Auto und fuhr zum nächsten Kiosk. Dort kaufte ich mir verschiedene Zeitungen und ein Päckchen Airwaves Kirsch, mein Lieblingskaugummi. Wieder Zuhause setzte ich mich auf den Boden und breitete die Zeitungen vor mir aus. Die Stellenangebote waren mein Ziel.
Ich wollte von hier weg! Weg von diesem Haufen, verlogener Menschen. Weg von Tom und seiner Anna. Mit einem Leuchtstift bewaffnet, stürzte ich mich über die Job-Anzeigen. Einige gefielen mir, aber andere strich ich mit einem schwarzen Edding durch. Andere, die mir gefielen oder meiner Vorstellung entsprachen, wurden mit dem Leuchtstift eingekreist. Nachdem ich mich im Internet über die verschiedenen Stellen informiert hatte, hatte ich meine Favoriten auserkoren. Sofort klemmte ich mich wieder hinter den Laptop und schrieb Bewerbungen. Ich würde in einer Woche meinen Abschluss machen und dann konnte ich tun, was ich wollte. Am selben Tag schickte ich noch 5 Bewerbungen ab. In einer bewarb ich mich als Privatsekretärin, in anderen als Bürokraft und in einer anderen als Reiseleiterin.
Während der restlichen Woche machte ich mir nicht mehr viele Gedanken über mein weiteres Leben, denn ich konzentrierte mich auf die wesentlichen Dinge. Wie Tom und Anna aus dem Weg gehen oder für diverse Prüfungen lernen.
Endlich hatte ich meinen Abschluss in der Tasche. Nach harter Arbeit und einigen Rückschlägen hielt ich nun meinen Abschluss in den Händen. All meine Mitabsolventen wurden von ihren Familien und Bekannten und wurden herzlich beglückwünscht. Doch bei mir war keiner, denn meine Mutter war irgendwo in der Weltgeschichte mit einem Enrico unterwegs und mein Vater war schon lange tot.
Lächelnd blickte ich in meine Hände und war froh über mein Ticket hinaus aus dieser Stadt.
Derweil hatte ich schon einige Antworten auf meine Bewerbungen bekommen. Leider waren die meisten Absagen, doch meine Bewerbung als Privatsekretärin wurde positiv aufgenommen und ich könnte jeder Zeit anfangen.
Zufrieden mit mir und der Welt, naja, fast zufrieden, wenn man bedachte, dass ich viele dieser Leute für verlogene Bastarde hielt.
Ich wühlte mich durch das Gedränge um zum Ausgang zu gelangen. Ich wollte noch jetzt bei meinem vielleicht neuen Arbeitsgeber anrufen und mich erkundigen, ob das Jobangebot noch aktuell war.
Ich suchte mir eine ruhige Ecke und fischte mein Handy aus der Hosentasche. Schnell war die Nummer getippt, die ich schon seit Tagen auswendig gelernt hatte. Nach dem 2 Klingeln wurde schon abgehoben.
„Guten Tag. Hier ist Marlen Sight, Ich habe mich als Privatsekretärin beworben… Ja, genau…Ich wollte fragen, ob das Angebot noch steht. Wann kann ich anfangen oder besser gesagt soll ich anfangen? … Natürlich… Oh, wirklich? Ja, bis Montag. Widerhören.“
Mit zittrigen Händen legte ich auf. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Ich konnte endlich aus dieser Stadt verschwinden. Ich stieß einen Jubelschrei aus, hüpfte im Kreis herum und jubelte innerlich.
„Was hast du denn?“, holte mich die Stimme meines Ex aus meiner kleinen Traumwelt. Abrupt blieb ich stehen und sah ihn an. Er hatte wie alle anderen Jungs einen Anzug an. Leider musste ich gestehen, dass er scharf aussah in seinem Anzug, doch ich konnte auf seinem Hemdkragen einen Lippenstiftabdruck. Dieser Abdruck holte mich aus meiner Schwärmerei. Was dachte ich denn?
„Wüsste nicht, was es dich anginge“; meinte ich kühl und strich mir meine Haare aus dem Gesicht, welche sich durch meinen Tanz aus der Frisur gelöst hatten.
„Sei nicht so zickig“, fuhr er mich an.
„Bitte?! Wie hast du mich gerade genannt? Zickig?!“ Ich war geschockt, denn er hatte mich so noch nie benannt.
„Ja. Siehst du doch, wie du dich aufführst. Anna hatte Rech, du bist zickig.“
„Anna hatte Recht, ich glaub ich hör nicht recht. Ihr habt über mich geredet?“ Mir platzte fast der Kragen. Nicht nur dass er mich mit Anna betrogen hatte, nein, er hatte auch noch mit ihr über uns geredet bzw. über mich. Hatte er schon jemals etwas von Loyalität gehört?!
„Natürlich, dass gemeinsame Reden gehört einfach zu einer funktionierenden Beziehung dazu. Also, wieso bist du wie eine Verrückte im Kreis gesprungen?“, fragte er mit seiner „autoritären“ Stimme. Diese Stimme benutzte er nur, wenn er unbedingt etwas wissen wollte und stark wirken wollte. Anderen machte manchmal diese Stimme Angst, doch mir war dies egal.
„Wie schon eben gesagt, ich wüsste nicht, was es dich angehen würde. Aber da ich nicht so zickig bin, ich werde von diesem Ort verschwinden“, während ich dies sagte bewegte ich mich in Richtung Auto. Ich wollte mir diese hässliche Versage nicht länger ansehen als nötig war.
Stöckelnd ging ich über den Asphalt zu meinem kleinen aber feinen Auto. Als ich die Fahrertür schließen wollte, hinderte mich der Arm von Tom daran.
„Was?!“, motzte ich ihn an.
„Wie hast du das gemeint, du willst weg?!“, fragte er mich gefährlich leise.
„Ich gehe weg von hier, so hab ich es gemeint!“, schrie ich, trat ihm mit meinem Stöckelschuh gegen das Schienbein und zog die Tür zu, da Tom Gott sei Dank losgelassen hatte. Sobald sich die Tür schloss, trat ich auf das Gaspedal und ich brauste vom Parkplatz.
Bei meiner eigenen Wohnung angekommen, suchte ich wieder einmal meinen Laptop, denn laut meines neuen Arbeitsgebers würde dieser mir das Ticket per Mail schicken damit ich mit den nächsten Flieger nehmen konnte. Als mein altersschwacher Drucker endlich den Ausdruck des Tickets herausgespuckt hatte, wurde meine Wohnungstür fast aus den Angeln gehoben. Irgendein Trottel hämmerte wie besessen gegen meine Tür.
Sobald ich den Idioten sah, der an meine Tür geklopft hatte, wünschte ich mit, ich hätte einen Türspion.
Tom stand davor, wie er leibt und lebte. Ohne ein weiteres Wort stürmte er an mir vorbei in die Wohnung gerade Wegs in das Chaos. Überall in meinem Wohnzimmer standen Umzugskartons. Da ich erst vor Kurzem in diese Wohnung gezogen war, erst vor ein paar Wochen, also nach der Entlobung, hatte ich mir nicht wirklich die Mühe gemacht die Kartons auszupacken, denn ich hatte schon gewusst, dass ich nicht hier bleiben würde. Die wichtigsten Dinge, die ich schon ausgepackt hatte, hatte ich auch schon wieder eingepackt.
„Du meinst es tatsächlich ernst“, sagte er verblüfft. Er blieb neben meinem Koffer stehen.
„Natürlich, ich stehe im Gegensatz zu anderen Leuten zu meinem Wort. Also, was willst du?“
„Du läufst tatsächlich weg“, beschuldigte er mich.
„Nein, tu ich nicht. Nur ist die Luft hier verpestet.“
„Das kann jeder sagen, du bist einfach zu feig um hier zu bleiben!“
„Und wenn schon, es kümmert ja keinen“, meinte ich achselzuckend, während ich mich zu meinem Koffer hinunterbeugte und ihn schloss.
Unauffällig starrte ich auf meine Uhr, denn jeden Moment sollten mein Taxi und meine Umzugshelfer kommen, die mein Arbeitsgeber organisiert hatte. Derweil ignorierte ich Tom, der sich aufplusterte wie ein Hahn und eine wütende Rede hielt, die sich jedoch wenig brachte, denn ich hatte mich auf das Packen konzentriert. Ich wollte ja nicht, dass ich irgendetwas vergaß.
„Hörst du mir zu?“, fuhr mich Tom plötzlich an, während er nach meinem Arm fasste und mich unsanft schüttelte.
„Fass mich nicht an!“, sagte ich leise und sah ihm fest in die Augen, denn ich hasste es, wenn man mich wie ein kleines Kind behandelte. Als er das wütende Glitzern in meinen Augen sah, ließ er mich sofort los.
Genau in diesem Moment läutete es an der Tür. Ohne auf Tom weiter zu achten, öffnete ich die Tür uns ließ meine starken Männer eintreten. Die Möbelpacker folgten brav meinen Anweisungen und brachten die Kisten hinunter zu einem LKW. Tom zeterte und fluchte herum wie Rumpelstilzchen, doch das war mir herzlich egal. Sollte er sich aufspielen wie er wollte. Er konnte mir nichts mehr tun. Sollte er sich bei seiner Anna so aufspielen, bei mir brauchte er sich nicht einmal blicken lassen.
Nach zwei Stunden herumschleppen läutete es ein zweites Mal. Tom war noch immer nicht gegangen im Gegensatz zu den Möbelpackern. Wieder öffnete ich die Tür. Dieses Mal stand ein kleiner Mann mit einer Mütze da.
„Oh, guten Tag, sind Sie der Taxi-Fahrer? Ja?! Warten Sie einen Moment, ich hole mein Gepäck.“ Ich flitzte wieder ins Wohnzimmer, wo mein Reisegepäck stand. Doch bevor ich es erreichte, stellte sich Tom mir in den Weg.
„Wenn du jetzt gehst, bist du für mich gestorben!“, drohte er mir.
„Du bist schon für mich gestorben, als du mich Anna betrogen hast!“, schrie ich ihn vor lauter Empörung über seine Dreistigkeit an. Was bildete er sich ein? Wer war er?
Ich packte meine Koffer, hob sie hoch und schritt an ihm vorbei. Kurz vor der Tür blieb ich noch einmal stehen, drehte mich um und schmiss ihm den Schlüssel zu. Automatisch fing Tom ihn auf, der wie ein begossener Pudel im Wohnzimmer stand.
„Gib ihn für mich ab, danke!“ Ich winkte ihm noch einmal zu, schickte ihm ein Luftküsschen und schloss die Tür hinter mir. Der freundliche Taxifahrer nahm mir einen Koffer und eine Tasche ab und trug sie zum Taxi.
Sobald ich mich setzte, fuhren wir schon los in Richtung Flughafen. Dank Tom und seinem Auftauchen würde ich knapp vor dem Start am Flughafen ankommen.
Als wir am Flughafen ankamen, gab ich dem Fahrer ein großzügiges Trinkgeld und hastete daraufhin zum Check-in.
Doch dort erwartete mich eine erneute Überraschung. Ich musste zu einem privaten Schalter gehen, denn anscheinend war mein Ticket ein Privatticket, was auch immer dies hieß. Eine Stewardess lächelte mich an und führte mich durch den Flughafen. Ich musste nicht einmal durch eine Sicherheitskontrolle. Bei einem Gate traten wir hinaus, wo uns schon ein schwarzes Auto erwartete. Ich wurde auf die Rückbank verfrachtet, während die Stewardess neben dem Fahrer Platz nahm. Der Fahrer blieb direkt neben einer Gulfstream G550 stehen.
Die Flugbegleiterin lotste mich in die Maschine. Erstaunt blieb ich mitten im Gang stehen. Alles bestand aus schwarzem Leder. Selbst der Boden war damit bezogen. Der einzige Farbtupfer waren die roten Nähte und das Wappen, welches auf jedem Sitz und auf der Wand eingearbeitet war.
Ich dachte mir nichts weiter dabei und setzte mich auf einen Sitz, schnallte mich an und wartete auf den Start. Erst als ich in den Sitz gepresst wurde und wir in die Luft abhoben, fiel eine Last von mir ab. Endlich war ich aus einem Albtraum entflohen. Ich würde ein neues Leben anfangen.
Doch während ich so überlegte, fiel mir ein, dass ich nicht einmal wusste für wen genau ich eigentlich arbeiten werde. Angestrengt überlegte ich, wie mein Arbeitgeber hieß, doch es wollte mir einfach nicht einfallen. Egal, ich kuschelte mich in den Sitz, brachte ihn in eine angenehmere Lage indem ich ihn etwas nach hinten kippen ließ und machte es mir gemütlich. Irgendwann musste ich eingeschlafen sein, denn als ich aufwachte befand sich das Flugzeug im Landeanflug, wie mir die Stewardess mitteilte. Ebenfalls sagte sie, dass ich mir über das Gepäck keine Sorgen machen müsste, denn es sei schon alles organisiert worden. Nickend nahm ich dies zur Kenntnis, während ich aus dem Fenster sah. Wir hatten schon lange die Wolkendecke hinter uns gelassen, denn der Boden kam immer näher.
Sanft setzte der Pilot die Maschine auf dem Asphalt auf. Bevor ich die Maschine verließ, bedankte ich mich bei dem Piloten, dass er mich lebend hier abgesetzt hatte, er lächelte mich verschmitzt an.Als ich ausstieg wehte mir ein kalter Wind ins Gesicht. Die Flugbegleiterin, deren Namen ich nicht wusste, begleitete mich zum Eingang und verabschiedete sich förmlich. Es fehlte nicht viel und sie hätte sich verbeugt. Mit meiner Handtasche stand ich in einer fast leeren Halle. Alle Kofferförderbänder standen still.
Mit langsamen Schritten durchquerte ich die Halle, bis ich vor der Ausgangstür stand, die mit einem leisen Surren aufschwang.
Fast keine Menschen waren am Ausgang. Nur ein Mann im Anzug stand da mit einem Schild. Auf diesem Schild stand mein Name in roten Buchstaben. Ich ging auf ihn zu und begrüßte ihn.
„Guten Tag! Sie müssen Ms Sight sein. Ich habe sie schon erwartet. Ich bin Roger Tay, bitte nennen Sie mich Roger. Der gnädige Herr erwartet Sie schon.“
Mit diesen Worten bugsierte er mich aus dem Flughafen und dann hinein eine Limo. Eine schwarze Strechlimo. Ich war mir fast sicher, dass diese Limo über 12 Meter lang war. Alle Scheiben waren schwarz getönt. Man konnte nicht in den Innenraum sehen. Roger öffnete mir die Tür.
Der Innenraum war wie das Flugzeug mit schwarzem Leder verkleidet. Das Wappen befand sich auf der Rückbank. Auf der rechten Seite befand sich eine kleine Bar mit allem was man trinken konnte und wollte, wie ich nach einer Inspizierung bemerkte. Die Scheiben waren zwar verdunkelt, aber ich konnte nach außen sehen. Da mir langweilig war und mich keiner sehen konnte, schnitt ich Grimassen, wie ein kleines Kind, das sich zum ersten Mal im Spiegel sah. Ich wusste nicht, wie lange wir fuhren, denn plötzlich blieb die Limo stehen. Roger öffnete mir die Tür.
„Mein Herr erwartet Sie. Er möchte Sie unbedingt sehen. Ich bringe Sie hin, wenn Sie mir folgen würden.“
Ich krabbelte aus der Limo, streckte meine steifen Glieder und musste gähnen, sofort hielt ich mir die Hand vor dem Mund, doch Roger hatte es bemerkt und betrachtete mich amüsiert.
Doch als ich das Haus sah, das sich vor mir erstreckte, blieb mir erst mal der Mund offen stehen und meine Hand hing nutzlos an meiner Seite. Das Haus war wie aus der Werbung. Weiß. Riesig. Große Fenster. Garten. Bäume. Alles, was man sich wünschen konnte und was man haben wollte.
Roger schritt schnell die Treppen hinauf. Ich musste ihm nach laufen, denn das Haus hatte mich derart fasziniert, dass ich einfach nur da gestanden und gestarrt hatte. Er öffnete die Tür und wir betraten den Eingangsbereich, der die Größe eines kleinen Ballsaals hatte.
Eine große Marmortreppe dominierte den Saal, jedes anderes Wort wäre der Größe nicht gerecht geworden. Weiß und creme. Dunkelrote Teppiche. Marmorstatuen. Kunstwerke. Edles schwarzes Holz.
Mir stand der Mund offen, schon wieder. Doch dieses Mal nicht, weil ich müde war sondern vor Erstaunen!
„Mein Herr hat einen exklusiven Geschmack, wie Sie sehen können“, meinte Roger, der mich wieder beobachtet hatte.
Oh ja, einen sehr exklusiven Geschmack. Die Statuen, die ganze Einrichtung und das Haus stanken gerade zu nach Geld. Eigentlich stank alles, selbst die schön arrangierten Blumen nach massenhaftem Geld. Denn es war geradezu unglaublich, dass eine Orchidee in 5 verschiedenen Ästen mindestens 10 Blüten hatte.
„Kommen Sie, kommen Sie, mein Herr erwartet Sie schon.“
Er war schon die halbe Treppe hinauf gestiegen und ich eilte ihm nach. Selbst die Treppe sah teuer und exklusiv aus. Ich hatte Angst sie zu betreten. Ehrlich gesagt, erwartete ich jemanden, der mir eins dieser komischen grünen Teile für die Schuhe zum anziehen gab oder, der gleich hinter mir her wischte, damit kein Staubkörnchen den Boden verunzierte. Roger hatte sich nach links gewendet und ging mit schnellem Schritt voran.
Die Gänge durch die ich ihm halb laufend folgte, waren alle teuer eingerichtet. Selbst die Farbe an den Wänden sah exklusiv und teuer aus.
Hier konnte man wirklich leben und das in Saus und Braus.
Roger blieb bei einer riesigen Tür stehen. Es war vielmehr ein Tor. Wer baute ein 2 Meter Tor in sein Haus?! Aber mir sollte das egal sein, was es war. Glaube ich.
„Sie müssen eintreten. Dann durch die schwarze Tür. Er wartete auf Sie in dem schwarzen Salon.“
Mit einem knappen Nicken verschwand er und ließ mich alleine vor dem Tor stehen.
Tief durch atmen.
Ich war bei einem Mann eingeladen den ich nicht kannte und der bald mein Chef sein würde. Er erwartete mich. Alleine. Was man da alles machen könnte...
Jetzt bloß keine perversen Gedanken, Marlen!
Bitte, der Mann, mein baldiger Chef, sollte potthässlich sein, damit ich mich auf meine Aufgaben konzentrieren konnte. Obwohl ein bisschen Ablenkung hatte doch noch keinem geschadet.
Nein, an so etwas durfte ich nicht denken. Ich hatte mich erst von meinem Verlobten getrennt. Ich konnte noch keine neue Beziehung anfangen, dafür war der Schmerz der letzten „Beziehung“ zu groß. Mit einer Bohnenstange betrogen zu werden, war bitter, vor allem, wenn der Betrüger immer wieder von den eigenen Kurven schwärmte.
Aber eine Affäre wäre doch etwas anderes. Nur Sex. Keine Gefühle. Keine Verpflichtungen.
Nein, ich musste nur meine Arbeit machen, das Geld sparen und dann konnte ich von diesem gottverdammten Kontinent verschwinden.
Irgendwo im nirgendwo ein neues Leben anfangen.
Ich klopfte zaghaft an der Tür, nach dem ich mich durch gerungen hatte zu der Tür zu gehen und meinen neuen Boss kennen zu lernen.
Ein mürrisches Herein war die Antwort.
Ich betrat den Salon und war überrascht. Der Salon war tatsächlich in schwarz und anthrazit gehalten mit einigen grünen Farbflecken, die den ganzen Salon auflockerten. Eine schwarze barocke Sitzgruppe. Die meisten Möbel waren aus schwarzem Ebenholz, ein grauer Stoff mit -grünem Muster überzog die Sitzflächen der Möbel. Auf der Sitzgruppe lagen Kissen in den verschiedensten Grüntönen. Grüne Vasen, grüne Kerzen und sogar ein grüner Kerzenständer. Ich fragte mich, woher man einen großen grünen Kerzenständer bekam. Es war komischerweise gemütlich, für mich zumindest.
Vor dem Kamin, der aus schwarzem Stein bestand, ich schätzte, es war teurer Marmor oder sonst ein teurer Stein, stand ein Mann. Breite Schultern, die in ein schmales Becken mit einem Knackarsch übergingen. Gelocktes braunes kurzes Haar. Schwarzer Anzug. Braun gebrannte Haut, auf der ein leichter milchiger Schleier lag.
Ein Vampir.
Verdammte Scheiße.
Das Schicksal musste mich hassen, denn es bestrafte mich.
Der Vampir drehte sich leicht um und musterte mich aus kalten Augen.
Die Augen hatten ein stechendes blau. Sie glitten über meinen Körper als wäre ich irgendeine Ware. Ich wusste nicht, ob ich ihm gefiel. Sein Gesicht zeigte keinerlei Regung. Es war wie aus Stein gemeißelt. Keine Lachfalten zierten seine Augen oder seine Mundwinkel. Das markante Kinn zeigte Unnachgiebigkeit. Man konnte nichts aus diesem Gesicht lesen. Seine Augen würde am ehesten etwas verraten, doch sie waren genauso verschlossen, wie sein Gesicht. Wie Raubtieraugen, die eine Beute musterten, glitt sein Blick über mich. Auf die Art war sie „fett“ genug, damit es sich überhaupt lohnen würde sie zu jagen.
Ich fühlte mich unwohl, innerlich wand ich mich unter seinem Blick. Lange glitt sein Blick über mich.
„Sie sind also Marlen Sight.“ Irgendwie lag in seiner rauen basstiefen Stimme Verwunderung und Abscheu.
„Ja, Sir. Ich bin Marlen Sight.“ Leicht neigte ich meinen Kopf, einerseits aus Respekt, auf der anderen Seite als Begrüßung.
„Nun ja, ich habe etwas anderes erwartet als … Das sollte aber kein Problem sein. Also Sie fangen nächsten Montag an. Sie werden von mir in ihre Tätigkeit eingeführt. Ich hoffe Sie lernen schnell, denn ich habe nicht Zeit Ihnen alles drei – viermal zu zeigen.“
Toll. Ich hatte einen Kotzbrocken als Chef. Was wollte man mehr?
„Sie bekommen ein neues Handy, 2 Terminplaner, einen, wo Sie meine Termine einschreiben und einen wo Sie Ihre Termine mit den meinigen koordinieren können. Einen Laptop und ein eigenes Auto, damit Sie immer mobil sind und zu mir kommen können, wenn ich es sage. Eine neue Garderobe ist natürlich selbstverständig. Sie werden zunächst hier wohnen, doch ich und Roger suchen schon eine neue Bleibe für Sie. Natürlich dürfen Sie mitbestimmen, ob Ihnen die Häuser gefallen oder nicht.“
Wow. Ich war im Paradies gelandet.
Starker Sarkasmus.
Obwohl ein eigenes Haus und ein eigenes Auto wirklich ein dicker fetter Bonus waren. Hätte ich gewusst, dass ich so „verwöhnt“ wurde, hätte ich schneller meinen Abschluss gemacht.
„Derweilen werden Sie hier in diesem Haus leben. Um 7 Uhr gibt es Frühstück, um 8 fahren wir beide in das Büro, dort haben Sie ein eigenes Büro. Es ist das Vorzimmer von meinem Büro. Wenn Sie Fragen haben, dann wenden Sie an Roger. Er hat bis jetzt Ihre Tätigkeiten übernommen.
Und wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden, ich habe noch zu tun.“
Er ging an mir vorbei zur Tür. Vor der Tür blieb er stehen und drehte seinen Kopf leicht in meine Richtung.
„Bevor ich es vergesse, waschen Sie sich. Sie stinken nach ihnen!“
Die Tür fiel zu und ich war wütend und überrascht im Saloon allein gelassen worden. Toll, jetzt durfte ich mir sagen lassen, dass ich noch nach ihnen roch. Irgendwie aber war ich ihm auch dankbar, dass er es mir gesagt hatte, dass ich noch nach meiner sogenannten „Familie“ stank.
Roger trat ein und brachte mich in eins der Gästezimmer im ersten Stock.
„Es gibt einen Durchgang zu einem Bad. Ich war so frei und habe ihnen ein paar Kleidungsstücke besorgt und sie auf den Hocker im Bad gelegt, falls Sie duschen oder baden gehen wollen. Ich werde Sie morgen zum Frühstück holen. Wenn Sie wünschen, würde ich Sie auch per Telefon aufwecken.“
Ich nickte und sagte ihm er sollte mich aufwecken und auch zum Frühstücken ebenfalls holen, denn ich kannte mich in diesem Gebäude nicht aus.
Er nickte, ging aus dem Zimmer und ließ mich alleine. Dieses Zimmer war größer als meine ehemalige Wohnung. Ich fühlte mich regelrecht klein, wie eine Ameise in einem Dschungel.
Ich war fasziniert. Der Stil von der Vorhalle und dem Saloon setzte sich hier fort. Rote Satin Laken und schwere ebenfalls weinrote Vorhänge. Irgendwie elegant und steif, aber doch wohnlich.
Einfach wunderschön.
Eine weiße Tür trennte mich vom Bad, zumindest schätzte ich es. Zaghaft öffnete ich die Tür und befand mich in einem Traum von Bad. Langsam wollte ich mich an das Ambiente gewöhnen, denn ich wollte nicht unabsichtlich in Ohnmacht fallen. Der Luxus, der in diesem Haus herrschte, stieg mir langsam, aber sicher in den Kopf und vernebelte meine.
Ein Schritt durch die Tür und ich stand in einem weißen Traum. Das Zimmer war fast so groß wie das Gästeschlafzimmer. Und überall weiß.
Selbst der Boden war weiß. Es konnte eindeutig nicht weißer Marmor sein, hoffte ich, denn, was ich gehört hatte, war weißer Marmor sehr teuer.
Langsam ging ich in die Knie und strich mit einem Finger über den Boden. Es quietschte. Wow, der Boden war ja richtig poliert worden. Ich konnte sogar auf dem Boden mein Spiegelbild erkennen. Diese Putzfrau hätte auch einmal mein Bad putzen müssen, denn meine Fliesen wollten nie so strahlend sauber und weiß werden, egal, mit welchen Mitteln ich ihnen an den Kragen ging. Ich musste einfach ihr Putzgeheimnis wissen! Koste es, was es wolle. Ich werde ihr auflauern und dann ihr Geheimnis herausfinden.
Der Vampir hatte eindeutig Geschmack. Zumindest dessen Innenarchitekt.
Ohne mir noch weitere Gedanken zu machen, dass das Bad wahrscheinlich so viel wie ein eingerichtetes Haus kostete, duschte ich mich schnell mit den 8 verschieden hoch angebrachten Duschköpfen. Ein feiner Wassernebel hüllte mich von oben ein, wie der Geruch des Duschgels. Pfirsich mit einer mir unbekannten Note. Doch es war der perfekte Geruch für mich. Den Namen des Duschgels musste ich mir unbedingt merken.
Nach gefühlten Stunden drehte ich die Dusche ab, denn ich wollte nicht komplett verschrumpeln. Schnell schlüpfte in ein Negligé, welches Roger schon auf den Hocker gelegt hatte. Irgendwie fand ich den Gedanken daran, dass Roger das Negligé ausgesucht und ind er Hand hatte, komisch. Doch schnell schüttelte ich diesen Gedanken ab, denn das Bett war nun der Hauptakteur in meinen Gedanken.
Ich hüpfte ins Bett und stöhnte laut vor Wonne auf. Das Bett war mit Gel gefüllt. Ein weiterer Traum. Ich kuschelte mich in das Kissen und schlief ein.
Meine letzten Gedanken galten meinem überaus attraktiven Chef und dem Bett.
Das Telefon klingelte.
Wer um Himmels willen rief mich so früh an! Hatte der noch nie etwas von Nicht-Früh-Aufstehern gehört. Zufälligerweise war ich überzeugtes Mitglied und dass schon seit Jahren.
„Was?“, schnauzte ich überaus freundlich ins Telefon.
„Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen guten Morgen. Das Frühstück steht schon bereit. Ich würde Sie in einer dreiviertel Stunde vor Ihrer Tür abholen. “
Aufgelegt.
Toll, ich hatte Roger angeschnauzt. Einen überaus freundlichen Mann.
Einfach nicht darüber nachdenken, redete ich mir ein während ich mich für das Frühstück fertig machte, denn sonst würde sich mein schlechtes Gewissen sehr laut und heftig melden.
Ein schwarzes einfaches Kostüm, eine grüne Bluse und natürlich schwarze Pumps, waren für heute meine erste Wahl. Diese Sachen hingen schon im Schrank und waren eindeutig nicht von mir, denn ich konnte mir weder Chanel noch Dior leisten.
Ich nahm keinen Schmuck, das wäre zu viel des Guten. Bisschen Mascara und fertig war mein Outfit. Meine Haare ließ ich offen über meinen Rücken fallen, nur die Stirnfransen steckte ich mir mit ein paar Haarnadeln fest. Ich hasste es, wenn sie mir ins Gesicht hingen, aber trotzdem hatte ich „coole“ Stirnfransen haben müssen, wie jede andere auch. Vielleicht sollte ich mir die Haare wieder einmal schneiden lassen?! Natürlich kannte ich das Klischee, dass Frauen sich nach einer Trennung die Haare schnitten, aber es war wirklich wieder einmal notwendig. Denn meine Spitzen sahen aus, als wären sie durch einen Fleischwolf gedreht worden.
Scheiß auf Klischees. Ich wollte neue Haare und damit den symbolisierten Neuanfang.
Also Notiz an mich: Termin bei Frisör!
Da ich nicht auf die Uhr gesehen hatte, wie Roger mich anrief, spähte ich bei der Tür hinaus, ob er schon da war. Just in diesem Moment, als ich meinen Kopf aus der Tür streckte, knallte ich gegen eine Brust und zwar die von Roger, wie ich beim Aufsehen erkannte. Knallrot im Gesicht richtete ich mich auf und strich den Blazer glatt.
„Wenn Sie mich in den Speisesaal begleiten würden?“
Ohne auf ein Nicken von mir zu warten, drehte er mir den Rücken zu um mit schnellen Schritten voran zu gehen. Ich musste regelrecht ihm regelrecht hinterher laufen. Fluchend blieb ich stehen und zog die Pumps aus, nahm sie in die Hand und lief Roger barfüssig nach. Meine bloßen Füße machten auf dem Marmorboden komische tapsige Geräusche. Roger drehte sich nicht einmal um, um zu sehen, wer bzw. was solche Geräusche verursachte, wahrscheinlich hörte er des Öfteren solche Geräusche von Damen, die sich aus dem Staub machten nach einer langen heißen und wilden Nacht mit meinem Chef.
Gott, wenn ich nur an die vielen Frauen dachte, die schon in seinem Bett waren und diesen Wahnsinnskörper gehabt hatten, wurde mir schlecht. Aber ein kleines bisschen war ich schon neidisch, immerhin wollte ich meinen Chef auch zwischen meinen Schenkel haben.
Nein, ich musste dringend aufhören so zu denken! Das wird nur die geschäftliche Beziehung belasten.
Roger führte mich durch die verschiedenen Gänge und über diverse Treppen. Er blieb schon wieder vor einer schwarzen Tür stehen und meinte, dass der Herr dahinter frühstücke und ich mich zu ihm einfinden sollte.
Dieses Mal klopfte ich nicht an sondern ging mit erhobenem Haupt in den Saal mit meinen Schuhen in der Hand und versuchte mir nicht anmerken zu lasse, dass dieser Saal mich von Hocker haute. Ich wäre beinah über meine eigenen Füße gestolpert als ich den Saal sah. Es war ein kleiner Ballsaal mit einer langen Tafel.
Am Kopf der Tafel saß mein Chef mit einer Zeitung in der Hand. Mir wurde bewusst, dass ich den Namen meines Chefs noch immer nicht wusste. Peinlich. Peinlich. Peinlich.
Zu seiner Rechten war noch ein Gedeck bereit gelegt worden, welches für mich reserviert war, nahm ich an.
Als ich mich setzte, sah er kurz von seiner Zeitung auf um mich wieder einmal zu mustern. Doch dieses Mal nickte er und wies mit dem Kopf auf den Sessel. Als er die Schuhe in meiner Hand sah, zog er seine Augenbraue hoch, was wirklich scharf aussah und betrachtete mich mit einem unergründlichen Blick.
Ich widmete mich dem Frühstückstisch, oder viel mehr dem Frühstücks-Buffet. Auf dem Tisch gab es alles, was das Herz begehrte. Lachs, Exotische Früchte, Brot und sogar Kaviar. Brr, wer aß in der Früh Kaviar?!
Ich fand in einer der vielen Kannen einen wunderbar duftenden Tee, den ich mir sofort in eine Tasse goss und einen kleinen Schluck kostete.
Gott, war der lecker! Ich glaubte, es waren Orangen, Ingwer?, Rosen und noch vieles mehr. Jedenfalls beschloss ich in dem Moment, als der Tee zum ersten Mal meine Geschmacksknospen erfreute, dass dieser Tee zu jedem meiner künftigen Frühstücke gehören würde und musste. Ich musste Roger unbedingt das Rezept für diese Mischung herauslocken. Koste es, was es wollte!
Jetzt hatte ich auf meiner „to do“-Liste zwei weitere Sachen. Einmal der Putzfrau ihr Putzgeheimnis zu entlocken und Roger die Teemischung.
Ich nahm mir ein Stück Mango, einen Toast und ein Müsli und aß alles binnen Sekunden auf. Ich versuchte so wenig wie möglich zu kleckern und zu bröseln. Trotz allem bröselte ich herum. Doch die meisten Brösel landeten sicher auf meinem Teller. Selbst die Bröseln wurden von mir gegessen.
Tja, das war eindeutig ein Werwolf-Gen in mir. Ich konnte essen, was ich wollte, aber ich nahm nicht wirklich zu. Was gut für mich war, aber traurig für jedes andere weibliche Geschöpf draußen in der rauen Welt, wenn es mich beim Essen beobachtete. Tja, zeitweise war selbst ich eingebildet. Man gönnte sich ja sonst nichts im Leben.
Plötzlich fing das Handy, welches auf dem Tisch lag, zu läuten an und zerstörte somit mein Rendezvous mit dem Tee, welchen ich innig schlürfte.
„Gehen Sie ran“, meinte mein Boss und schob mir lässig aus dem Handgelenk ein schwarzes iPhone über den blank polierten Tisch zu. Mit hochgezogener Augenbraue sah ich ihn an, denn eigentlich hatte meine Arbeitswoche ja noch nicht begonnen. Mein Boss zuckte nur mit der Schulter und sah das Handy an und dann mich.
Doch ich wusste noch immer nicht den Namen meines Gegenübers.
„Eine Frage, wie heißen Sie eigentlich?“, fragte ich ihn bevor ich überhaupt nach gedacht hatte. Tja, leider war meine Zunge schneller als mein Verstand. Doch ich konnte mich immerhin rechtfertigen, denn ich musste doch wissen, wie ich mich am Telefon zu melden hatte. Ich konnte doch nicht einfach: „Jo, Alter, wie geht’s, Alter?“ sagen, denn das käme nicht wirklich gut an, meiner Meinung nach. Wenn sich einer bei mir so melden würde, würde
Überrascht zog er eine Augenbraue hoch. Sehr überrascht und sehr hoch.
„Sie wissen gar nicht wie ich heiße?“, fragte er mich regelrecht fassungslos. Sein staunender Kiefer machte mit seiner Brust Bekanntschaft.
Ein Schulterzucken war meine hoch intelligente Antwort.
„Das gibt’s nicht. Sie wissen wirklich nicht, wer ich bin und trotzdem wollen Sie für mich arbeiten?“ Ich nickte.
„Haben Sie überhaupt eine Ahnung, dass ich der mächtigste Vampir der Welt bin? Ich bin der Anführer der Vampire und auch einer der gefürchtetsten Geschäftsmänner in der Welt der Sterblichen.
Ich könnte Sie aus Respektlosigkeit einfach hinrichten lassen.“
Wollte er mir Angst einjagen?
Tzzz, schwacher Versuch. Sehr schwacher Versuch.
„Und?! Dann sind Sie eben ein „ganz böser“ Vampir. Mir egal. Ich sollte dieses Telefonat führen, aber ich weiß noch immer nicht Ihren Namen.
Wenn Sie nun so gütig wären und mir Ihren Namen zu verraten?“
Fassungslos starrte er mir ins Gesicht. Er sah aus als wäre er geschlagen worden.
Sekunden verstrichen. Man konnte das Ticken der Standuhr hören. Tick-tack-tick… Derweil hatte das Handy zu läuten aufgehört.
Doch es meldete sich noch einmal, dann erstarben seine Versuche Aufmerksamkeit zu erlangen. Mir ging dieser verflixte Klingelton ziemlich auf den Wecker, so schnell wie möglich gehört dieser geändert. Dies wäre eine meiner ersten Handlungen als seine Privatsekretärin.
„Noch nie hat mir jemand widersprochen und das auf diese Weise. In meinem fast 1000 jährigem Leben! Ich muss gestehen, es gefällt mir. Ich mag „böse“ aufmüpfige Mädchen.
Vielleicht haben Sie ja doch Charakter, wenn sich dieser auch nicht jeder Zeit zeigt.
Mein Name ist Vladimir Demetrus.“
Ging doch. Wieso sagte er mir das nicht gleich?! War doch nicht so schwer.
„Aha, danke“, meinte ich kurz angebunden und nahm mir noch ein Stück Mango, welches mich regelrecht verlockte. Es hatte genau die richtige Reife. Sie zerging einem auf der Zunge. Der Saft schmeckte süßlich.
„Das ist alles was Sie dazu sagen? „Aha, danke?“ Sie wirken nicht einmal in irgendeiner Weise beeindruckt. Lässt der Name nichts bei Ihnen klingeln?“
„Nö, sollte er?“, fragte ich etwas erstaunt. Ich glaubte schon einmal seinen Namen gehört zu haben in einer Geschichtsstunde, doch in dieser war ich zu beschäftigt, denn ich hatte mit meinem Ex-Verlobten heiße Briefchen ausgetauscht und ich wusste, dass er der Anführer der Vampire war, aber ich hatte mich nie sonderlich dafür interessiert. Wieso auch?! Ich wusste zu jener Zeit, was ich in meinem Leben werden wollte. Ehefrau und Mutter.
Wer brauchte bei so einem Berufswunsch schon Politik?!
„Einfach unglaublich. Sie kennen meinen Namen nicht“, murmelte er zu sich selbst während er fassungslos und erstaunt den Kopf schüttelte.
Wieder meldete sich das Handy mit voller Lautstärke. Dieser Klingelton strapazierte meine Nerven.
Dieses Mal ging ich mit einem Seufzer ran. Gerade als ich mich vorstellen wollte, ging es los.
„Vlllaaaadyyyyyyyyyyy!“
Ich sah meinen Boss komisch an und er zuckte bloß mit seiner Schulter.
Tja, diesen unschuldigen Blick konnte sich mein Boss sonst wo hin stecken. Er wusste sehr genau, was mich erwartete.
„Nein, Sie sprechen gerade nicht mit…“, weiter kam ich gar nicht, denn dann ging erst das ganze Drama los.
„Oh mein Gott, wer bist du? Oh mein Gott, du dumme verfickte Schlampe!
Wie kannst du es wagen, mir meinen Vlady auszuspannen?! Du fettes Etwas! Du…
Du Schlampe, du hast mir meinen Mann ausgespannt. Das wirst du noch bereuen, du Schlampe!“
Aufgelegt.
Ich legte das Handy teilnahmslos vor mich auf den Tisch und sah meinen Boss mit hochgezogener Augenbraue an. Hoffentlich konnte er das dicke fette Fragezeichen in meinem Gesicht sehen.
„Wer war das?“, fragte ich ganz normal. Ich war wirklich ein bisschen neugierig, wer diese Frau sein könnte, die mich wüst beschimpft und bedroht hatte.
„Ahm, eine alte Bekannte“, meinte er etwas verlegen. Er zupfte etwas am Hemdkragen herum. So hatte ich immer Männer gesehen, wenn sie Scheiße gebaut hatten. So wie mein Ex-Verlobter.
Meine Fresse. Eine alte Bekannte, was sonst. Und ich hieß Hugo.
„Also, wann haben Sie mit ihr Schluss gemacht? Haben Sie überhaupt Schluss gemacht?“
„Ja, natürlich. So ein Arschloch bin ich nicht“, entrüstet er sich.
„Aha, um eines gleich fest zu stellen. Ich werde nicht Ihre Schlussmacherin oder sonst was spielen. Verstanden?“
Er nickte.
„Was werden wir heute machen?“, fragte ich während ich genüsslich meinen Tee schlürfte. Dabei fiel mir auf, dass die Tasse aus fast durchscheinendem Porzellan gefertigt war. Oh Gott, ich trank tatsächlich Tee aus schätzungsweise echtem chinesischem Porzellan.
„Auto kaufen“, meinte er während er sich wieder in seine Zeitung vergrub und mich nun mehr oder minder ignorierte.
Ohne ihn weiter zu beachten, aß ich mein Frühstück. Obwohl mir das Thema „Auto kaufen“ einen Klumpen aus purer Freude und Erregung in den Magen zauberte. Mein Boss würde mir ein Auto kaufen. Ich würde ein Auto bekommen! Juhu!
Mein altes hatte ich beim Clan gelassen und an meine Nachbarin verkauft. Ich hatte sie einfach gefragt, ob sie noch ein Auto brauchen könnte, denn ihr ältester Sohn war alt genug für ein eigenes gewesen. Sie stimmte nach einigem Überlegen zu und überwies eine gerechte Summe für meinen Golf 4 auf mein Konto Am selben Tag als ich endlich meinen Abschluss hatte, hatte ich den Schlüssel in den Briefkasten gegeben, als ich zu meinem Taxi lief, welches mich mehr oder minder hier her gebracht hatte, im übertragenen Sinne.
Doch jetzt waren meine Gedanken bei meinem neuen Auto. Hoffentlich ein schnelles und „schnittiges“. Mit einem dröhnenden Sound. So wie es sich eben gehörte.
Als ich mit meinem Frühstück fertig war und die Mango komplett aufgegessen hatte, stand ich auf. Mein Boss erhob sich ebenfalls und gab mir mit einer Kopfbewegung zu verstehen, dass ich ihm folgen sollte. Schnell zog ich mir meine Pumps wieder an und stöckelte meinem Adonis von Chef hinterher, wie ein kleines Hündchen, das seinem Besitzer folgt. Dieser Vergleich brachte mich zum Lächeln.
Oh mein Gott! Mein Boss hatte den geilsten Arsch, den ich seit langer Zeit gesehen hatte. Knackig, einfach perfekt. Einfach zum niederknien.
Eins musste man ihm lassen, er wusste, wie man sich anzuziehen hatte. In seinem dunkelgrauen Anzug sah er wie ein Topmodel aus, was er schon vielleicht einmal in einem seiner vielen früheren Leben war.
Ich konnte mich nicht auf den Weg konzentrieren und ihn mir auf gar keinen Fall merken, denn dieses Prachtexemplar von Mann machte mich ganz wuschig im Kopf und lenkte mich somit stark ab.
Selbst sein locker lässiger Gang war anbetungswürdig.
Wir gingen in die Garage und ich war wieder verblüfft und baff. Ich hatte gemeint, mich könnte nichts mehr wirklich überraschen nachdem ich dieses Haus gesehen hatte, doch diese Garage haute mich um. Gerade noch so konnte ich verhindern, dass mein Kinn den Boden berühren würde.
Gott, so viele Autos! Überall blank polierte Motorhauben! Und Chrom, wohin das Auge blickte!
Audi, BMW, Mercedes, Bentley und so weiter. Hier ein Maserati, dort ein Ferrari. Teuer, teurer und noch teurer.
Am liebsten würde ich jedes Auto mit meinen Händen betatschen und es abschlecken. Den Boden unter den Reifen küssen und in den Autos schlafen. Wie konnte ein Mann so viele Autos haben? Und noch dazu Autos, die selten, teuer oder sonst was waren.
Jaguar, Corvette und sogar ein oder zwei Cadillacs standen hier herum. Träume von Autos!
Vladimir ging zielstrebig zu einem dunkelroten Audi R8 GT. Auf Knopfdruck antwortete es mit einem Blinken. Ich fing fast zu sabbern an.
Wunderschön und sehr schnell. Ein geiles Auto!
Wir steigen in das Auto und ich wurde in den siebten Himmel katapultiert.
Schwarzes weiches Leder. So weich, dass man glaubte, man würde auf Wolken schweben.
Und der Sound des Motors erst. Tief und röhrend. Er brachte mein Innerstes zum Vibrieren. Adrenalin strömte durch meine Adern. Mein Herz fing an wie ein Kolben zu arbeiten an.
Ich liebte dieses Auto!
Langsam fuhren wir die Allee hinunter, da ich geschlafen hatte, als ich zum ersten Mal in der Limo hierher kam, schaute ich mir die Umgebung umso genauer an. Grüne Wiesen. Statuen. Rosen in allen Farben, rot, rosa, gelb und noch viele mehr. Auf der linken Seite fing ein Wald an mit tiefgrünen Bäumen.
Immer wieder standen im Garten Bäume. Vereinzelt standen Bänke unter darunter und auf Vladimirs Seite stand ein weißer Pavillon, der von verschieden farbigen Rosen umschlungen wurde. Ob sie wohl gut rochen? Ich konnte mir regelrecht vorstellen, dass der ganze Pavillon von dem Geruch der Rosen geschwängert war.
Langsam erreichten wir ein schmiedeeisernes Tor. Es öffnete sich automatisch. Bevor ich Amen sagen konnte, drehten die Räder am Kies durch und wir schossen regelrecht über die Straße in Richtung Stadt. Alle Autos, die wir überholten, waren wie Schnecken in meinen Augen. Es sah aus, als würden sie rückwärts fahren.
Jede Kurve nahm er mit der höchstmöglichen Geschwindigkeit. Zeitweise hatte ich Angst, dass wir in der nächsten Kurve im Graben landen könnten. Aber es passierte nicht, ich wurde nur in den Sitz gedrückt und trotz der Gurte hin und her geschleudert. Adrenalin wurde durch meinen Körper gepumpt! Immer mehr und mehr. Die Räder drehten durch. Wir drifteten durch Kurven.
Es war die geilste Fahrt meines Lebens! Meine Frisur war zwar komplett zerstört, aber die Fahrt alleine machte alles wett. Man kam sich vor wie in einem richtigen Rennauto.
Nach ein paar Minuten fuhren wir langsam und bogen in eine Straße ab.
Wir fuhren durch eine Ahorn-Allee über Kies. Vor einer Villa machten wir eine Vollbremsung.
Wackelig stieg ich aus, sah meinen Chef an und konnte mir ein zittriges und aufgedrehtes Grinsen nicht verkneifen. Am liebsten würde ich wild herum springen und schreien. Gott, diese Fahrt war das Ereignis des Jahres für mich. Nicht einmal der Heiratsantrag hatte mich so sehr aufgewühlt. Am liebsten würde ich auf die „Replay“-Taste drücken und die ganze Strecke immer wieder erleben und bei jeder Kurve in lautem Jubel ausbrechen.
Er sah mich verwirrt an.
„Geht es Ihnen gut?“, fragte er mich vorsichtig während er zu mir um das Auto herum kam.
„Gott, das war die geilste Fahrt meines ganzen Lebens! Wie Sie die Kurven nahmen und dann die Überholmanöver! Und das Driften! Einfach nur geil! Aber so ein Auto muss einfach genauso gefahren werden“, schloss ich meine Rede ab, die ich unbewusst mit großen Gesten unterstützt hatte.
Fassungslos und überrascht sah er mich an. Doch plötzlich breitete sich ein unwiderstehliches Grinsen auf seinen Lippen aus. Es zeigten sich kleine Grübchen an den Seiten.
„Sie sind die erste, die so denken. Alle anderen waren froh, wenn sie die Autofahrt heil überstanden haben. Nur Sie nicht, Sie freuen sich sogar auf den Rückweg!“, stellte er leicht irritiert fest.
Begeistert nickte ich mit dem Kopf. Noch einmal dieselbe Strecke mit dem demselben Tempo! Juhu! „Schleudertrauma ich komme!“
Als eine Windböe mir ins Gesicht fuhr, realisierte ich, dass wir vor einer Villa standen und ich einen kleinen Freudentanz aufführte. Peinlich berührt hörte ich auf und scharte verlegen mit den Füßen am Kies. Um meine Haltung zu bewahren, sah ich mir das Gebäude an.
Es sah wie ein kleines Schloss aus. Das Gebäude war Steinen erbaut worden, also aus größeren Kieseln. Es fehlten nur mehr die Türme und man würde glauben, dass man vor einer Burg oder einem Schloss steht.
Schnell lief ich hinter meinem Boss die Stufen hinauf, ich hatte gar nicht bemerkt, dass er schon anfing die Treppen nach oben zu steigen. So viele Stufen und alle noch dazu etwas uneben. Ich musste höllisch aufpassen, dass es mich mit den „Stöckelschuhen des Teufels“ nicht auf legte oder ich mir die Stöckel kaputt machte.
Vor der Tür, die kleiner war als alle Türen in der Villa in welcher ich gerade wohnte, klopfte er einmal fest an und einige Sekunden darauf öffnete eine kleine, ältere weißhaarige Frau ohne Falten im Gesicht die Tür.
Sie hatte etwas von meiner Tante meines Vaters, nur würde diese nicht eine solch mutige Farbkombination tragen. Grünes Kostüm. Pinke Schuhe. Pinkes Halstuch und eine ganz normale weiße Bluse mit gelben Sonnenblumen darauf. Das nannte ich mutige Farbkombination.
„Paula, meine Liebe. Wie geht es dir?“, fragte mein Boss regelrecht liebenswürdig. Ich staunte nicht schlecht, denn wenn er immer so war, war er anbetungswürdig. Zu mir war er bis jetzt noch nie so nett.
Er nahm sie leicht an den Schultern und hauchte ihr Küsschen auf ihre gepuderten Wangen. In ihren weißblonden-grauen Haaren waren hie und da färbige Strähnen zu sehen. Über ihre Stirn verlief eine neonblaue Strähne.
Diese Frau überraschte mich, doch irgendwie war sie mir sympathisch.
„Vladimir, schön dich wieder zu sehen. Lass dich anschauen. Schaust immer noch aus, wie früher, sollte mich ja nicht wundern“, meinte sie und zwinkerte ihm zu.
„Siehst du gar nicht, dass ich mir meine Haare hab wachsen lassen“, fragte er.
Sofort fuhr Paula ihm durch die Haare. Zupfte hier und da. Diese Bild erstaunte mich doch sehr. Der Anführer der Vampire wurde von einer älteren Dame hergerichtet.
„Vladimir, nimm die Finger weg. Lass meine Frau in Ruhe!“, rief eine dröhnende Bassstimme aus den Tiefen der Villa. Erst jetzt bemerkte ich, dass Vladimir die Frau umarmt hatte während sie ihm durch die Haare fuhr.
„Sei nicht so empfindlich. Sie mag mich halt mehr, als sie dich!“
„Fass sie noch einmal an und du hast keine Hand mehr!“
Der Mann, der jetzt aus dem dunklen Flur kam, war anders. Ihn beschrieb nur ein Wort. Anders.
Weißblonde Haare und eine fast schon weiße Haut waren schon gewöhnungsbedürftig, doch seine Augen waren sehr anders. Zumindest für mich, denn ich hatte bis jetzt noch nie solch gefährlichen Augen gesehen.
Je näher der Mann uns kam, desto nervöser wurde ich. Denn diese Augen fingen meiner Meinung nach zu leuchten an. Sie waren ein blasses verwaschenes Blau. Eigentlich waren sie weiß mit einem leichten Blaustich.
Gruselig!!! Leichte Schauer rannen meinen Rücken und auf meinen Armen bildete sich eine Gänsehaut. Dieser Mann war mir nicht geheuer und dieses hinterlistige Grinsen mit dem er mich musterte, war nicht besonders vertrauenerweckend.
Sobald er bei Paula war, umarmte er sie von hinten und zog sie leicht von Vladimir weg, gab ihr einen Kuss auf den Scheitel und knurrte in Richtung Vladimir drohend.
Die beiden sahen wie Großmutter und Enkel aus, aber diesen Gedanken verwarf ich sofort, denn der Mann küsste die Frau leidenschaftlich und strich ihr dann zart über die leicht faltige Wange und flüsterte ihr etwas zu, was sie wie ein junges Mädchen kichern ließ und ihren Wangen einen zarten Rot-Ton verlieh. Scherzhaft gab sie ihm einen Klaps auf den Arm.
Man konnte regelrecht die Liebe zwischen den beiden spüren und auch sehen. Der Mann lächelte leicht und man sah seine Fänge, die auf seine Unterlippe drückten.
Nun wusste ich, warum die Frau älter aussah als der Mann.
Vampir + Mensch. Eine Beziehung vor der viele Vampire zurück schreckten, denn keiner wollte einen geliebten Partner nach eine Zeit verlieren. Denn die wenigsten wollten dem Partner die Schmerzen einer Verwandlung aussetzten. Aber in den wenigsten Fällen wurde eine Verwandlung des Partners nicht genehmigt, denn eine zu Hohe Vampirzahl würde das „Gleichgewicht der Kräfte“ stören, wie viele Wissenschaftler sagten und meinten.
Aus diesem Grund gab es meist nur Beziehungen zwischen Mythenweltwesen, denn diese Beziehungen würden einfach länger dauern als die mit Menschen. Deshalb gab es auch sehr viele Mischlinge, die aus einer Mythenweltbeziehung entstanden.
„He, wer ist denn diese Frau, die einen Stecken im süßen Arsch hat?“, fragte der Mann ganz cool und wies mit seinem Kinn lässig auf mich.
Ich und einen Stock im Arsch?! Ich stand nur aufrecht da, weil die blöden Schuhe mich drückten und wenn ich gerade stand, tat es nicht besonders weh. Wieso musste ich auch neue Schuhe anziehen, wenn ich doch wusste, dass neue Schuhe der Tod der Füße waren?! Und wieso meldete er blöd? Sollte er doch einfach mit mir Schuhe tauschen, dann könnten wir weiter reden.
„Einen wunderschönen guten Morgen. Mein Name ist Marlen Sight und ich bin die neue Assistentin mit dem süßen Arsch. Wer sind Sie, wenn ich fragen darf?“, erkundigte ich mich lächelte zuckersüß. Ich befand mich jetzt im „Ich-bin-sooo-süß“ - Modus.
Gott, wie ich solche Typen nicht mochte. Nur weil sie gut aussahen und reich waren und sonst noch was, meinten sie, sie könnten sich alles erlauben.
Mein Chef schmunzelte leicht.
„Ich heiße Kasper Loudern und das ist meine Frau Paula. Endlich hat Vlad eine Frau gefunden, die auch mal Paroli bieten kann.
Ich mag Sie!“, meinte er lässig, drehte sich um und ging Hand in Hand mit Paula ins Haus. Ich konnte noch erkennen, dass Kasper Paula auf den Po griff und die Hand liegen ließ. Lachend schlug sie ihm abermals auf den Oberarm. Doch die Hand blieb wo sie war.
„Wow, Sie müssen etwas Besonderes sein, denn er mag normalerweise keine Leute von der Sekunde an als er sie zum ersten Mal gesehen hat“, meinte mein Boss fassungsloser als mir lieb war. Irgendwie klang es beleidigend.
„Nur fürs Protokoll, ich bin Ihre Assistentin, mehr nicht!“, meinte ich kalt und ging ins Haus ohne auf ihn zu warten. Doch ich bemerkte, wie seine Augen meinem Hüftschwung folgten. Meine Schuhe drückten, aber ich biss die Zähne zusammen und schwang meine Hüften noch ein bisschen mehr, damit mein Boss auch was zu sehen bekam.
Sollte ich eine Andeutung machen, dass ich einen sehr knappen und fast durchsichtigen Tanga trug?!
Nein, so böse war ich nicht. Heute zumindest nicht. Ohne auf meine schmerzenden Füße zu achten ging ich schnellen Schrittes durch die Tür und den Flur entlang. Ich hörte die Schritte meines Chefs nicht, doch ich konnte seine Blicke auf meinem Po spüren.
Ich folgte den Stimmen, die aus einem Raum auf der rechten Seite kamen. Sobald ich den Raum betrat, blieb ich stehen und sah mich um. Eine Wand war in grau-lila gestrichen.
Als ich den Raum betrat, musste ich mich zusammen reißen, dass ich mich nicht um die eigene Achse drehte. Der Raum war ein Meisterwerk.
Die richtige Mischung aus Verrücktheit und Gediegenheit.
Die Wände waren weiß, wie auch das Sofa, doch das war das einzig normale an diesem Raum. Die Tapete auf einer Wand bestand aus grellen Farben und geometrischen Mustern. Der Raum hatte immer wieder einmal schräge und grelle Farbtupfen, welche diesen Raum zu etwas Besonderem machte.
Kasper und Paula saßen auf einem Sofa, auf einem roten Sofa. Sie saß schräg auf ihm. Seine Hand streichelte ihren Oberschenkel und verschwand immer wieder unter dem Rocksaum. Sie blieb längere Zeit unter dem Rock liegen. Ich wollte nicht wissen, was diese Hand unter dem Rock tat. Eindeutig nicht.
„Kommt, setzt euch hin“, meinte Paula etwas atemlos und mit sehr stark geröteten Wangen. Plötzlich vergrub Kasper seinen Kopf in ihrer Halsbeuge, sie quiekte überrascht auf und gab ihm einen etwas festeren Klaps auf den Hinterkopf, aber sie lächelte trotzdem.
Ich hatte nicht bemerkt, dass mein Boss hinter mir stand, bis er meinte, wie sollten uns hinsetzten und dass Gaffen unhöflich sei.
Gott, am liebsten hätte ich ihm das amüsierte Grinsen aus dem Gesicht weg gewischt und wäre danach im Boden versunken
Doch da man seinen Chef nicht schlug, weil es sich nicht gehörte so etwas zu tun, setzte ich mich ganz brav hin und lächelte während sich in meinem Kopf unzählige Versionen abspielten, wie ich ihn am besten schlagen konnte. Mit dem Handrücken. Mit der offenen Handfläche. Einen schönen Kinnhaken. Es gab so viele verschiedene Möglichkeiten!
„Lass mich runter, wir haben Gäste… Nachher! Wir haben ein Geschäft zu machen“, flüsterte Paula und setzte sich neben ihrem Mann. Schnell strich sie sich den Rock glatt, richtete die Kostümjacke und setzte sich eine neongelbe Brille auf.
„Ich liebe es, wenn du so schulmeisterlich bist, da kommen mir so viele Ideen“, schnurrte Kasper ihr ins Ohr und fing an daran zu knabbern. Sie schubste ihn weg und er hörte auf mit seinen Knabbereien, aber mit einem sehr enttäuschten Gesicht. Doch er legte demonstrativ seinen Arm um ihre Schultern.
„So, was willst du beziehungsweise was brauchst du?“, fragte sie meinen Boss Vladimir. Während sie einen kleinen Block aufschlug und einen Kulli suchte.
„Ich brauche ein Auto für Marlen, damit sie mobil und flexibel ist. Ich stelle mir etwas kleines Schickes vor.“
Erwartungsvoll sahen sie mich an. Anscheinend war in dieser Sache ausnahmsweise meine Meinung gefragt und erwünscht.
„Also… Farbe ist mir komplett egal, außer pink, da würde ich das Auto mit Absicht zu Schrott fahren, nur damit ich einen anderen Lack bekomme.
Also, was will ich… Der Sound des Motors muss dröhnen oder so schön tuckern, aber am besten beides… Schwarzes Leder Innen… Viele PS… Gute Stereoanlage, mit geilem Bass und USB-Anschluss…
Hm…. Mehr fällt mir im Moment nicht ein…“, erst nachdem ich geendet hatte, fiel mir auf, dass mich alle komisch ansahen.
„Was kleines Schickes, das ich nicht lache. Sie will ein richtiges Auto, das gefällt mir!“, meinte Kasper lachend und schlug sich auf die Oberschenkel.
„Wie wär’s mit einem Ford Mustang? Der würde auf ihre Beschreibung passen“, fragte mich Paula, als sie eine Weile nachgedacht hatte.
Ich konnte nicht widerstehen, sprang auf, drehte mich hüpfend im Kreis und fing an wie ein kleines Mädchen in die Hände zu klatschen.
Ein Mustang!
Gott, dieses Auto war ein Klassiker schlecht hin und mein absolutes Traumauto. Bei diesem Auto stimmte einfach alles zusammen. Das Design, der Motor und der ganze Rest passte zusammen.
„Kann ich den Ford Mustang Eleanore haben? In Grau mit schwarzen Streifen?“
„Neu oder alt?!“, Paula war eindeutig im Geschäftsmodus. Sie schrieb sich alles auf, was ich mir vorstellte und ich hoffte es war ihr möglich, all meine Vorstellungen irgendwie
„Das neuere Modell, das find ich besser. Nein, ich will doch das alte! Mein Gott, ich kann mich nicht entscheiden!“
Dies würde eine schwer wiegende Entscheidung sein. Denn ich wusste nicht, was ich nehmen sollte. Ich fand den Ford Mustang 67 genial, aber auch das neuere Model war nicht zu verachten.
„Am besten wäre, ich ließe mich überraschen. Ginge dies auch?“
Sie nickte wieder und schrieb in ihren Block und nickte immer wieder. Irgendwie wirkte ihr Nicken sehr streng, was mich wunderte, denn wie konnte ein Nicken so streng wirken?!
„Gott, ich liebe dich, wenn du so auf strenge Lehrerin machst, da kommen mir ganz viele unanständige Ideen in den Sinn“, meinte Kasper dreckig grinsend. Dieses Grinsen wurde breiter als er bemerkte, dass Paula im Gesicht rot wurde.
Mir fiel ein, dass mein Boss das Auto zahlen würde, also musste ich ihn wohl oder übel fragen.
Etwas zerknirscht wandte ich mich in seine Richtung und merkte, dass er mich die ganze Zeit angestarrt und beobachtet hatte.
„Ahm, würden Sie mir dieses Auto kaufen? Ich zahle auch jede Reparatur selbst und auch den Sprit!“, fing ich an zu betteln.
Ich bettelte! Wie tief war ich gesunken! Ich liebte diese Auto, aber warum bettelte ich?! Ich verstand mich selbst nicht. Sicher, das Auto war ein Traumwagen und jedes Betteln wert, doch irgendwie fühlte ich mich nicht wohl dabei. Ich hatte noch nie allzu oft gebettelt, doch wenn ich es tat, war es meist ein Reinfall. Zeitweise hatte ich so lange und oft gebettelt, dass meine Knie wund waren, doch geholfen hatte es nie. Deshalb hasste ich es zu betteln, doch für solch einen Traumwagen musste ich einfach meine Prinzipien über Board werfen und bettelt.
„Ich werde dir jedes Auto kaufen und schenken. Ich werde auch den Rest bezahlen, denn du bist meine Angestellte und ich will, dass du „standesgemäß“ gekleidet bist und auch das Auto sollte darin beinhaltet sein. Denn in gewisser Weise repräsentierst du mich.“
Irgendwie verletzte es mich, dass er mich als seine Angestellte bezeichnete. Irgendwie wollte ich für ihn mehr sein. Ich wusste nicht woher dieser Gedanke kam, doch ich verdrängte ihn wieder schnell. Ich wollte mir nichts mit meinem Chef anfangen.
„Danke!“, ich strahlte ihn an. Ich konnte einfach nicht anders, denn ich würde endlich mein Traumauto bekommen. Welches ich mir unter „normalen“ Umständen nie hätte leisten können. Doch jetzt sah es anders aus, dank meines Bosses Vladimir.
Als ich sah, dass er mich auch anlächelte, pochte mein Herz schneller. Es reagierte auf sein Lächeln.
Verdammtes Herz, wieso musste es dies tun?! Wieso konnte es nicht einfach normal weiter schlagen?
Ich wusste sofort, dass mein Chef es bemerkte, denn er zog kurz die Augenbrauen zusammen, doch augenblicklich glätteten sich die Falten und er lächelte noch strahlender. Verdammter gutaussehender und gut hörender Vampir. Verflucht sein ihre Ohren!
Doch dieses Lächeln verschwand schnell als sich Kasper laut zulachen anfing und fast von Sofa flog. Vladimir sah fragend zu ihm.
„Haha, ich lach mich schlapp. Sie ist perfekt. Du weißt genau, was ich meine“, meinte Kaper lächelnd und wies noch einmal sehr deutlich mit dem Kopf auf mich und gleich darauf auf Vladimir.
Man konnte direkt den Rauch sehen, der aus den Ohren meines Bosses kam, denn dessen Rädchen im Kopf drehten sich mit rasendem Tempo.
Um es nochmals zu verdeutlichen nickte Kasper abermals in meine Richtung. Mit sehr ernster Miene. Ich wusste, dass bedeutete nichts Gutes. Eindeutig.
„Stimmt, sie könnte passen, jetzt wo du es sagst. Vielleicht könnte sie uns wirklich helfen. Soll sie es hören?“, fragte Paula. Sie hatte den Block und den Stift weg gelegt und kuschelte sich an Kasper, der sie sofort in die Arme schloss. Doch ihr Blick schien mich zu durchdringen und bis in meine Seele vorzudringen.
„Ja, sie kann uns helfen!“, meinte Kasper laut und unterband damit den Protest von meinem Boss, der schon den Mund geöffnet hatte.
„Komm schon Vlad, erzähl’s ihr!“, sagte Paula streng.
Nervös rutschte ich hin und her und krallte mich in den Polster. Unbehaglich zog ich meine Augenbrauen hoch, denn mir schwante Böses.
„Ja ja, ich werde es ihr erzählen!“, gab sich Vladimir geschlagen und hob die Hände, als Zeichen der Kapitulation.
„Gut“, kommentierte Kasper diesen Schritt und fing wieder großspurig zu grinsen an.
„Ich brauche eine Begleitung für eine große Veranstaltung. Denn gewisse Frauen auf diesen Veranstaltungen sind… Hmm, wie könnte ich das sagen ohne allzu beleidigend zu werden. Was ist das richtige Wort, sagen wir so, sie belästigen mich einfach. Zeitweise ist es so schlimm, dass ich mir mehrere Bodyguards besorgen muss, damit ich während so einer Veranstaltung mit Freunden reden oder einfach an die Bar gehen kann. Dieses „Herumgetue“ interessiert mich einfach nicht mehr.
Ich habe herausgefunden, dass solche Frauen mich eher in Ruhe lassen und mir keine Höschen oder sonstige Sachen schicken oder zuschmeißen, wenn ich mit einer Begleitung auf solchen Pflichtterminen auftauche. Stellen Sie sich das einmal vor. Sie sind auf einem Ball und plötzlich kommt von irgendwo ein Höschen geflogen. Es ist grauenhaft und zeitweise ekelerregend.
Deshalb würde ich Sie gerne fragen, ob sie mit mir auf den Ball nächsten Freitag gehen würden? Damit Sie als nun ja, als mein Schutzschild fungieren. “
„Ahm… Das kommt überraschend“, stammelte ich überrumpelt. Mit diesem Angebot oder Einladung hatte er mich am falschen Fuß erwischt. Ich konnte es nicht glauben, dass er mich als Begleitung für einen Ball brauchte und wollte, denn immerhin war ich nur seine Sekretärin. Aber dadurch dass mich noch keiner kannte, würde jeder mich als seine „Begleiterin“ akzeptieren.
„Wieso sollte ich das machen?“, wollte ich von ihm wissen. Ich meinte, er konnte mir alles Mögliche anschaffen, doch ihn auf einen Ball zu begleiten, war doch eine Spur zu groß. Es war ja keine normale Aufgabe, wie einen Brief zu schreiben oder Kaffee zu kochen.
„Nun, einerseits bin ich Ihr Chef und andererseits möchte ich, dass Sie mich auf diesen Ball begleiten, weil es ja irgendwie zu Ihren Aufgaben mich „glücklich“ zu machen gehört.
Außerdem glaube ich, dass Sie sich zu wehren wissen, oder?“, fragte er mich und sah überaus interessiert aus.
Geschmeichelt sah ich mir meine Nägel an, ich wollte vermeiden, dass ich wie eine Wahnsinnige zu grinsen anfing. Gott, ich wurde fast rot, als er mir dieses weniger schmeichelhafte Kompliment machte.
„Nun, ich würde sehr gerne mitgehen.“
„Danke. Ich freue mich darauf!“, meinte er und lächelte mich strahlend an.
Das Rot kroch meine Wangen hoch. Wow, er freute sich darauf, dass ich ihn auf einen Ball begleiten würde. Aber auf der anderen Seite war es nur eine dahin gesagte Floskel. Also hatte das ja nichts wirklich zu bedeuten, trotzdem schlug mein Herz etwas unregelmäßiger. Wir blieben noch einige Zeit bei Kasper und Paula. Wir redeten viel, aber auf das Thema Ball kamen wir nie. Es wurde noch richtig nett, als Paula ihre Brille weglegte. Bei jedem Scherz kicherte sie wie ein junges Mädchen und küsste Kasper so leidenschaftlich, dass wir, also mein Boss und ich, betreten wegsahen.
Den ganzen Tag blieben wir dort. Aßen belegte Brötchen und tranken eiskalten Eistee mit Eiswürfeln.
Als es dämmerte, fuhren wir zurück zu der Villa meines Bosses. Ich konnte nicht einmal die Rückfahrt mit dem Audi genießen, denn ich schlief ein, als wir die Allee hinunter fuhren. Ich konnte mich nicht einmal erinnern, wie ich in mein Bett kam.
Das einzige was ich noch mitbekam, war ein würziger Geruch, der mir das Gefühl von Zuhause gab und mich in das Reich der Träume begleitete.
Da ich mich vorbereiten und mich einleben musste, gab mir mein Boss eine Woche netterweise frei, denn ich ging ja mit ihm auf den Ball. Irgendwie hatte er sich verändert als ich zustimmte, dass ich ihn begleiten würde. Er wurde irgendwie umgänglicher und er machte viele Scherze bei den gemeinsamen Essen. Manchmal kam ich gar nicht zum Essen, denn ich konnte nicht mehr aufhören zu lachen. Mein ganzer Körper schüttelte sich. Wenn ich mich endlich unter Kontrolle hatte und tief durchgeatmet hatte, richtete ich mich auf und versuchte weiter zu essen. Doch als sich mein Blick wieder mit dem meines Bosses traf, prusteten wir beide wieder los. Bei solchen witzigen Mahlzeiten wurde an Speisen nicht viel weiter gebracht, doch Jack, der Koch, war uns nicht böse, wie er mir einmal versicherte als ich ihn besorgt danach fragte. Es schien sogar stolz zu sein, dass man bei seinen Speisen lachen konnte.
Zeitweise verbrachten wir sogar den Abend gemeinsam, wo wir beide uns gemeinsam einen Film ansahen oder uns einfach nur über irgendwelche Dinge unterhielten. Ich musste mir eingestehen, dass ich mich schön langsam in diesem Haus und in der Nähe von Vladimir wohl fühlte. Ich genoss sogar die zweisamen Stunden mit ihm.
Während dieser Woche hatte er mir ein 2. Auto gekauft, aber er wollte mich mit diesem Auto überraschen. Ich wusste nicht recht, wieso ich ein zweites Auto verdient hatte, wo ich noch nicht einmal mein „Gewünschtes“ bekommen hatte.
Das Zweite stand schon in der Garage. Er hatte es rot „verpacken“ lassen also eine Hülle darüber gegeben und eine blaue Schleife vollendete das Bild. Am liebsten würde ich unter die Plane lugen, doch jedes Mal, wenn ich mich auch nur dem Auto näherte, kam mein Boss und schimpfte mich gutmütig. Ich fühlte mich jedes Mal wie ein kleines Mädchen, das heimlich etwas Süßes aß und dann erwischt wurde.
Es ärgerte mich immer, wenn er mich erwischte, denn dieses verpackte Auto bescherte mir schlaflose Nächte.
Am Dienstagvormittag kam ein Schneider in das Haus. Es nahm meine Maße für das Ballkleid, sowie für weitere Aufträge, wie es mein Boss meinte. Die Prozedur des Maßnehmens dauerte länger als geplant und war schmerzvoller für mich als ich dachte, aber auch lustig.
Der Schneider war ein kleiner Franzose. Er wuselte um mich herum, brabbelte immer wieder französische Wörter vor sich hin. Er war eindeutig schwul. Nicht versteckt schwul, wie andere, sondern er zeigte es richtig. Erst einmal trug er einen lachsfarbenen Anzug und eine pinke Brille. Des Weiteren waren seine Gesten eine Klasse für sich. Übertrieben und theatralisch. Ich musste mich beherrschen, dass ich mich nicht vor Lachen auf dem Boden hin und her rollte.
Sein Assistent sah ihn immer wieder pikiert an, doch ich glaubte zu wissen, dass die beiden ein Paar waren, denn wenn sie glaubten ich sah nicht hin, schickten sie sich heiße Blicke und Küsschen. Einmal konnte ich mich vor Lachen nicht beherrschen. Ich bespuckte unbeabsichtigt die Brille des Schneiders.
Empört drein blickend, putzte er seine Brille. Doch nach einigen Sekunden des Schmollens brachen wir alle in wieherndes Gelächter aus.
Ich wusste nicht, wie mein Kleid aussehen würde, denn ich hatte mein Boss beauftragt, dass er über den Schnitt und die Farbe des Kleides zu entscheiden hatte. Denn ich kannte mich mit solchen Sachen nicht aus, deshalb ließ ich meinen Boss entscheiden, denn ich wollte mir für mein Nichtwissen nicht die Blöße geben. Den Schmuck und die Schuhe würde er mit dem Schneider gemeinsam aussuchen, damit alles ja zusammen passte.
Am Anfang dieser Woche hatte ich mein Traumauto bekommen. Am Dienstag stand es so wie ich es wollte vor der Haustüre. Ein Mustang in grau mit zwei über das Auto verlaufenden schwarzen Streifen. Der Innenraum war mit schwarzem Leder ausgestattet. Die Soundanlage war vom feinsten. Jedes Mal wenn ich sie einschaltete, vibrierte mein ganzer Körper im Rhythmus der Musik. Aber leider konnte ich an diesem Tag nicht allzu lange mit meinem Traumauto und der Straße flirten, denn der Schneider kam.
Den Rest der Woche war ich mit Häuser besichtigen beschäftigt. Ich besichtigte Häuser, die nicht allzu weit entfernt waren zu der Villa von Vladimir. Er hatte mir ja versprochen, dass ich ein Haus bekommen würde und so hatte ich mich hinter meinen neuen Laptop geschmissen und diverse Häuser gesucht und mit Maklern telefoniert Ich fuhr hin und her, wobei ich meinen Mustang auslotete, wie schnell er werden konnte, wenn ich ein paar Sekunden auf dem Gas blieb. Ich fuhr von einem Termin zum nächsten, doch irgendwie war nie das richtige Haus dabei. Immer wieder gab es etwas zum Aussetzten. Das eine war einfach zu groß für mich alleine. Das andere hatte keinen Garten und so weiter und so fort.
Mein Chef hörte sich jeden meiner Einwände an, fuhr sogar mit und sah sich die Häuser an. Zeitweise stimmte er sogar meinen Einwänden zu oder fand neue, die ihm auffielen.
Wenn ich ehrlich war, wollte ich so lange wie möglich in dem Haus von meinem Chef bleiben. Ich wollte nicht dessen Nähe missen. Peinlich aber wahr. Roger engagierte sich bei der Häusersuche. Roger brachte mir immer wieder neue Anzeigen von Häusern, die ich pflichtbewusst las und Häuser, die mir nicht gefielen, aussortierte. Die ich besichtigen wollte, markierte ich mit Leuchtstift und Roger rief für mich an.
Doch eine dieser Anzeigen sprang mir ins Auge. Hektisch suchte ich mein Handy, rief den Makler an und vereinbarte einen Termin noch am selben Tag.
Ich tauschte meinen Jogginganzug gegen eine schlichte Jeans-T-Shirt-Kombination, immerhin war es 8 Uhr morgens. Da durfte man noch im Schlabberlook herum laufen. Doch ich konnte nicht wieder stehen und zog mir schwarze High Heels an. Diese peppten meinen Look etwas auf. Eine Glitzerkette vollendete mein Outfit.
Da ich meinen Mustang vor ein paar Tagen geliefert bekommen hatte, fuhr ich mit diesem Auto vor. Mit quietschenden Reifen hielt ich vor dem Haus. Langsam stieg ich aus. Ich sonnte mich in dem ungläubigen Blick des Maklers. Was hatte er denn bitte erwartet, wer aussteigen sollte?! Ein Mann, immerhin hatte er mit einer Frau telefoniert. Dieses Musclecar konnten, man stellte sich mal das vor, Frauen fahren, sogar mit High Heels!
Mit Absicht stöckelte ich hüftschwingend zu ihm hin, ich konnte einfach nicht anders und schenkte ihm mein süßestes Verführer-Lächeln.
Um meine Show auf den Gipfel zu treiben, streckte ich meine Wirbelsäule ein bisschen durch, damit mein Ausschnitt ein bisschen mehr zur Geltung kam und es funktionierte perfekt. Er fummelte an seiner blau-pink gestreiften Krawatte nervös herum. Ui, war ihm etwas zu heiß geworden?!
Ha, ich war einfach zu gut! Sofort fühlte ich mich noch besser als ohnehin. Nichts konnte mehr das Selbstvertrauen einer Frau stärken als die Bewunderung eines Mannes. Auch wenn es ein wildfremder Mann war.
„Guten Tag, ich würde gerne dieses Haus besichtigen, wie wir telefonisch vereinbart hatten.“
„Ahm, ja, wenn Sie mir folgen würden?!“, meinte er und ging mit schnellem Schritt in das Haus. Das Haus hatte 4 Schlafzimmer mit je einem dazugehörigen Bad. Die Bäder hatten alle eine Badewanne und eine extra Dusche. In ein Schlafzimmer verliebte ich mich sofort. Es hatte einen Balkon, von welchem man in den weitläufigen Garten sehen konnte, und war genau in der Mitte des Hauses. Das Bett stand in der Mitte des Raumes. Man konnte vom Bett aus direkt in den Garten sehen und somit auf den türkisfarbenen Pool. Der Garten sah alleine von oben durch ein Fenster spektakulär aus.
Gott, dieses Haus musste meins werden! Sofort als ich es betreten hatte, wusste ich, dass es meins werden musste.
Der Makler kam gar nicht mehr zum reden, denn ich lief von einem Raum in den anderen und stieß regelmäßig ganz verzückt Ah’s und Oh’s aus. Der offene Kamin im Wohnzimmer wurde mit vielen Ah’s bestaunt wie auch die große Küche.
Als der Makler vorschlug den Keller zu besichtigen, dachte ich eigentlich, dass mich nichts mehr wirklich umhauen würde. Wie falsch ich lag! Der Keller war das High Light schlecht hin in diesem Haus. Eine eigene Sauna für mehrere Personen, eine Dusche mit verschieden färbigen LED-Lichtern, einen Swimmingpool, der ebenerdig anfing und am Ende 2 Meter tief wurde. In einer Ecke des Pools war eine kleine Grotte, die durch einen Wasserfall versteckt und wieder durch LED-Lichter in verschiedene Farben getaucht wurde. In einem anderen Kellerraum befand sich ein Jacuzzi. Ich war baff. Nicht einmal noch fähig Begeisterungslaute auszustoßen.
Dieses Haus musste einfach mein sein! Sogar für dieses Haus würde ich alles geben und sogar betteln.
„Wenn Sie mich schnell entschuldigen?!“, fragte ich den Makler während ich mich schon wegdrehte und in einen anderen Raum ging.
Flink tippte ich die Nummer meines Bosses, die ich komischerweise schon auswendig konnte in Handy und wartete, dass er endlich abheben würde.
„Ja?!“, eine tiefe Bassstimme antwortete mir.
Verdammt, sobald ich diese Stimme hörte, liefen mir angenehme Schauer über den Rücken, wie genau in diesem Moment.
„Dieses Haus ist perfekt für mich und es ist nur eine viertel Stunde von Ihrem Haus entfernt! Kann ich es haben?!“, fragte ich. Ich hoffte, dass er mir diesen Wunsch erfüllen würde. Denn dieses Haus passte perfekt zu mir, wie die Faust auf das Auge.
„Tja, einverstanden, aber du wirst erst ab nächster Woche darin wohnen. Der Makler soll den Kaufvertrag herrichten und an mich schicken, denn den Rest erledige ich. Die Möbel musst du dir selber aussuchen, denn was ich weiß, gibt es noch fast keine Möbel in diesem Haus.
Ach ja, komm so schnell wie möglich, denn wir müssen noch viel besprechen wegen morgen.
Bye!“
Und so schnell wie er abgehoben hatte, hatte er auch schon aufgelegt. Euphorisch lief ich zum Makler und sagte ihm, dass dieses Haus bald eine neue Eigentümerin hatte. Die Augen dieses Mannes blitzen sofort auf, als er die Wörter Kaufvertrag und Geld hörte. Sofort sicherte er mir zu, dass der Kaufvertrag innerhalb von 24 Stunden fertig sei und auf meinem Schreibtisch liegen würde, bereit unterschieben zu werden. Naja, mein Boss würde diesen unterschreiben, doch das Haus würde auf meinem Namen laufen. So hatten wir es ausgemacht. Fröhlich fuhr ich wieder zu meinem Boss. Nur noch ein Tag und dann wäre dieser blöde Ball.
Heute war der Tag der Tage, ich sollte mit meinem Boss auf diesen komischen Ball gehen und mich als seine neue Freundin oder was weiß ich ausgeben. Lächeln und immer schön aussehen, würden meine Aufgaben sein.
Als ich aufwachte, leider noch nicht in meinem neuen Haus, welches ich nun sicher bekommen werde, spürte ich Vorfreude. Vorfreude auf den Ball und ganz große Vorfreude auf meinen Boss, den ich ganz vertraulich beim Vornamen nennen sollte, natürlich wären wir per du und ihn hin und wieder gaaanz zufällig berühren, damit es so aussah, als wären wir ein Pärchen. Er hörte sich meine Einwände, in Bezug auf Körpernähe und Vertraulichkeiten, nicht einmal ein, denn, was sollte denn schon schief gehen?!
Tja, aber irgendwie hatte er nicht bedacht, dass mich seine Geschäftspartner immer wieder sehen würden, wenn ich mit ihm zu den Terminen erschien und ich als Geschäftspartner würde mich fragen, wieso die Freundin des Partners diesen bediente mehr oder weniger und auch noch per Sie waren! Aber auf eine kleine Sekretärin wollte ein großer gescheiter Mann natürlich nicht hören.
Ich war sehr gespannt auf seine Lösung.
Nun würde ein straff geplanter Wellness-Tag anstehen. Zuerst einmal ein Bad. Da ich gerade erst aufgestanden und ich noch hundemüde war, schlief ich sofort wieder ein, als mich das warme dampfende Wasser umspülte. Sehr zum Ärger eines Hausmädchens, denn somit musste sie wieder eine Gesichtsmaske auftragen, welche sehr gut schmeckte. Die erste schmeckte nach Erdbeer-Vanille und die frisch aufgetragene nach Schokolade. Ich liebe Schokolade!
Meine Haare wurden von irgendeinem namhaften Frisör gestylt, Matteo irgendwie. Doch ich musste gestehen, dass ich ihn nicht kannte. Regelrecht geschockt sah er mich an und fing dann an auf Italienisch zu jammern. Gott, dieser Frisör war noch anstrengender als so manches Kleinkind, welches sich die Knie aufgeschlagen hatte. Obwohl ich ihn nicht kannte, machte er mir großzügiger Weise doch die Haare und ich musste es gestehen, er verstand etwas von seinem Handwerk. Meine Haare hatten jetzt eine andere Farbe. Statt diesem blassen brünett erstrahlten sie jetzt in einem schönen Schokoladen-Braun. Sie waren nur leicht aufgesteckt, aber einige Strähnen hatten sich gelöst und hingen in sanften Wellen hinunter. Da ich schon immer lange Haare hatte, schnitt mir nur die Spitzen. Ich war so von dem Ergebnis überwältigt, dass ich Matteo auf beide Wangen küsste und ihn in den Himmel lobte. Matteo wurde leicht rot im Gesicht und versuchte meine Lobeshymnen zu stoppen. Doch ich dachte nicht einmal daran. Vladimir musste mich regelrecht von Matteo wegzerren, doch als er meinte, es wäre nun Zeit für das Kleid, hörte ich sofort auf und ließ mich in sein Ankleidezimmer führen.
Das Kleid war ein einziger roter Traum aus Satin. Es umfloss meine schlanke Gestalt. An der Taille befand sich ein schwarzer Gürtel mit Perlen bestickt. Schwarze hohe Riemchen Pumps und schwarze Handschuhe, welche über die Ellbogen gingen.
Tja, und als ich endlich komplett fertig war, also auch geschminkt und ein parfümiert war, war es schon 19 Uhr.
Gerade als ich mich hinsetzten und ausruhen wollte, klopfte es schnell und tatata, mein Boss stand im Anzug vor mir. Bam, fast hätte es mich auf den Boden geschleudert als ich ihn erblickte.
Er sah aus wie ein junger Gott. Nur eben im Smoking. Vladimir sah in seinem Smoking einfach zum Anbeten aus. Er sah generell anderes aus.
Die Haare waren verwuschelt. Sie sahen aus, als wäre er erst aufgestanden, sich einmal mit den Fingern durch die Haare gefahren, angezogen und zu mir gekommen um mich, seine Prinzessin abzuholen. Hach, wie gerne würde ich mich mit ihm im Bett wälzen, aber, dass durfte ich nicht und werde ich auch nie in meinem Leben machen.
Tja, blöd nur, wenn man sich selbst nicht wirklich glaubte.
Er betrachtete mich und als er mir wieder in die Augen sah, fing er zu lächeln an und pfiff leise. Wie auf Kommando wurde ich rot. Nun passte mein Gesicht auch zu dem roten Kleid. Er hatte meinen Körper regelrecht unter Kontrolle und irgendwie passte mir dies nicht, doch auf der anderen Seite mochte ich es und es machte mich gleichzeitig unheimlich an.
„Komm, meine Schönheit, lass uns gehen“, meinte er und nahm meinen Arm, führte ihn unter seinem Arm durch und ließ ihn auf seinem Unterarm liegen. Ein Kompliment im herkömmlichen Sinne hatte er mir nicht gemacht, doch das kleine Wort „Schönheit“
Heute stand eine schwarze Limo vor der Tür. Ganz Gentelman-like öffnete er mir die Tür und half mir beim Einsteigen. Das Kleid bauschte sich um meine Beine und erschwerte mir somit das Einsteigen. Doch mit Vladimirs Hilfe meisterte ich diese Hürde.
Wir fuhren über eine Stunde zu dem Ball. Um uns die Zeit zu vertreiben, sprachen wir über alles Mögliche, doch als ich ihn fragte, wie es ihm so ginge, fiel sein Strahle-Lächeln zusammen. Er sah müde und gestresst aus.
Seufzend fuhr er sich mit den Händen über das Gesicht. Seine Schultern sanken herab und mit einmal sah er wie ein „normaler“ gestresster Mann aus.
Ich wusste nicht genau, was ich tun sollte, aber ich dachte mir er bräuchte seine Zeit, um wieder das arrogante Arschloch zu sein. Also klopfte ich auf das Glas, welches den hinteren Teil vom Fahrerbereich abtrennte. Leise summend glitt das Fenster hinab.
„Was kann ich für Sie tun?“, fragte mich der Chauffeur und versuchte bei mir vorbeizusehen, doch ich hatte mich so hin gesetzt, dass er unmöglich vorbei sehen konnte und würde.
„Fahren Sie noch ein bisschen sinnlos herum. Ich klopfe wieder, wenn Sie uns zum Ball fahren sollen!“ Ein kurzes Nicken war die Antwort und das Fenster surrte wieder und verschloss sich wieder.
Sofort begab ich mich wieder zu meinem Boss und legte ihm zögernd eine Hand um die Schultern. Ich wusste nicht, ob er mir erlauben würde ihn zu berühren, doch zu meinem Erstaunen entzog er sich nicht meiner Berührung.
„Was haben Sie?“
„Gott, ich kann einfach nicht mehr!“
„Erzählen Sie es mir!“, forderte ich ihn sanft auf, während ich langsam über seinen Rücken fuhr.
„Gut.
Jeden Tag muss ich mich mit Gewalt, Drohungen und Morde herumschlagen. Ich kann einfach nicht mehr. Zeitweise will ich auch nicht mehr der Anführer sein. Richter und Henker in einer Person. Jeder will etwas von mir, braucht etwas oder fordert irgendetwas.
Immer muss ich freundlich sein, ein offenes Ohr haben für die Probleme und Beschwerden haben.
Um jede Kleinigkeit muss ich mich kümmern, manchmal macht es ja auch Spaß, wie eine Hochzeit ausrichten. Doch keiner fragt mich, wie es mir geht, wie ich mich fühle. Ich weiß, dass klingt jetzt irgendwie schwul, aber ich bin auch nur ein Lebewesen mit Gefühlen.
Urlaub, oder freie Tage kenne ich nur mehr vom Hören oder wenn ich sie einem Angestellten bewillige.
Die ganzen Verhandlungen mit den Werwölfen, die zerren an meinen Nerven. Du hast sicher von diesem Pakt, beziehungsweise diesem Waffenstillstand gehört.
Und jetzt als ich endlich den Vertrag mit den Werwölfen unter Dach und Fach und unterzeichnet hatte, bekomme ich immer mehr Morddrohungen, diese machen mir nichts aus, aber ich werde es langsam leid.
Ich kann keine Leute kennen lernen, ohne dass ich mich fragen muss, ob sie mich kennen lernen wollen, also mich persönlich, oder nur die Figur des Anführers. Aber viele wollen mit mir befreundet sein, damit sie sagen können, ja, ich kenne den Anführer und er ist ein guter Freund von mir.
Bei Frauen ist es genauso. Mit der Frau, mit der du telefoniert hast, war eine von diesen. Ich war auch so blöd. Ich hatte gedacht, dass sie mich, nicht den Anführer, mochte. Richtig mochte. Doch plötzlich wollte sie dieses und jenes haben. Am Anfang waren es nur kleine Geschenke, doch diese waren ihr nicht mehr gut genug. Plötzlich wollte sie, dass ich ihren Bruder in meinen Rat aufnehme.
Das öffnete mir die Augen“, seufzend schloss er seine Augen und lehnte sich gegen mich. Ich konnte mich nicht beherrschen und fuhr ihm durch die Haare. Wie eine Katze streckte er sich meiner Berührung entgegen.
„Jetzt gibt es auch noch eine Stimme in meinem eignen Volk, welche meint, ich sei kein guter Anführer sein, denn ich habe keine Familie und es sähe ja auch nicht aus als würde ich eine gründen wollen.
Was hat eine Familie mit einem guten und gerechten Anführer zu tun? Sicher, eine Familie und ein Volk anzuführen ist fast dasselbe, es weist zumindest Parallelen auf. Aber wieso muss ich genau jetzt heiraten?! In den letzten Jahrhunderten hatte es auch nie einen gestört. Nie!
Und jetzt wollen mich alle regelrecht zu einer Ehe zwingen. Sie drängen mir ihre Töchter, Schwestern, Nichten und Cousinen auf. Ich kann auf keine Veranstaltung gehen, ohne, dass ich von irgendwelchen Mädchen belagert werde. Ihr schrilles Gekicher schmerzt in meinen Ohren. Ihr affektiertes Benehmen nervt mich nur noch. Am Anfang fand ich es noch ganz amüsant, wie sie sich um meine Gunst stritten, doch jetzt zerrt es nur mehr an meinen Nerven.
Dauernd rufen mich irgendwelche Frauen an, die meine Nummer von irgendeinem männlichen Mitgliedern ihrer Familie haben. Ich bekomme regelrecht Fanpost jeden einzelnen verdammten Tag! Höschen, die mit der Post geschickt werden. Nacktfotos! Teddybären und was weiß der Kuckuck. Ich ekle mich regelrecht vor meiner Post, denn ich weiß nie, was darin ist.
Und wegen der ganzen Anrufe, mitten in der Nacht! Am liebsten würde ich eine andere Nummer annehmen, doch das geht leider nicht so leicht, denn ich müsste diese wieder an alle männlichen Vampire und an deren Familien schicken und diese wiederum geben sie an ihre weiblichen Mitglieder weiter. Es ist ein verdammter Teufelskreis.
In der Nacht kann ich nicht schlafen, denn immer wieder rufen mich Leute an, die auf einem anderen Kontinent leben und die Zeitverschiebung vergessen. Aber leider kann ich das Handy nicht ausschalten, denn es kann ja jeder Zeit einen Notfall geben. Doch zeitweise verfluche ich mich selbst, dass ich das Amt des Anführers angenommen habe.
Ich würde eine Ehefrau brauchen, denn dann würden zumindest die Anrufe und die Post schrumpfen. Wenn ich doch eine…“
Plötzlich merkte er auf. Er musterte mich regelrecht, wie wir uns das erste Mal gesehen hatten.
Fragend zog ich meine beiden perfekt gezupften Augenbrauen nach oben. Ich konnte leider nicht eine Braue einzeln heben.
„Was?!“, fragte ich ihn misstrauisch. Mir gefiel es nicht wie er mich ansah. Man konnte regelrecht sehen, wie es in seinem Kopf ratterte. Es fehlte nur mehr der Rauch, der aus seinen Ohren qualmte.
„Du bist eine Frau!“
„Ahm, ja?!“ Demonstrativ sah ich zu meinen Brüsten.
„Eine hübsche auch noch dazu“, dieses Mal klang es feststellend und überrascht, als sähe er mich zum ersten Mal richtig an.
„Ich denke schon?!“, ich konnte mir nicht helfen, doch irgendwie wurde mir mulmig im Magen. Es fühlte sich an, als würde jemand meinen Magen zusammen drücken. Unruhig rutschte ich hin und her.
„Werde meine Frau!“
Als hätte ich mich verbrannt, zuckte ich zusammen. Riss regelrecht meinen Arm von seinen Schultern und setzte mich ihm gegenüber. Fassungslos starrte ich ihn an. Er hatte mir gerade einen Antrag gemacht! Mir, seiner Sekretärin! Obwohl Antrag konnte man diese Forderung nicht nennen. Es war mehr ein Befehl.
Dementsprechend war ich etwas geschockt. Etwas war noch milde ausgedrückt. Ich war sprachlos. Mein Herz raste. Ich wusste nicht genau ob es vor Aufregung, Unglaubwürdigkeit oder aus irgendeinem anderen Gefühl verrückt spielte. Mein Magen fühlte sich an als hätte er einen etwas größeren und heftigeren Schwinger eingefangen.
„Ahm, tja, … ich weiß nicht, was ich sagen soll…“
Ich wusste wirklich nicht, was ich in diesem Augenblick sagen sollte. Ich mein, hallo?! Ich wurde gerade gefragt ob ich heiraten wollte. Ich und ein Mann bis in alle Ewigkeit verheiratet. Verheiratet!
Ich hatte doch erst gerade eine Entlobung hinter mir und ich war noch nicht wirklich bereit für eine neue Verlobung, geschweige denn eine Heirat. Was heißt hier nicht wirklich bereit? Ich wollte einfach nicht!!!
Ich sollte meinen Boss auf Pflichtgefühl heiraten. Er wollte einfach nur seine Ruhe haben, darum wollte er mich heiraten. Eine Scheinehe.
Es versetzte mir einen schmerzhaften Stich im Herzen, was mich irgendwie erstaunte. Mit tat es weh, dass er mich nur wollte, dass ihn die Frauen in Ruhe lassen.
Eigentlich wollte ich ja aus Liebe heiraten. Tja, wie ein paar Wochen zuvor.
„Ich weiß, das kommt alles sehr überraschend, doch ich möchte, dass du dir dieses Angebot durch den Kopf gehen lässt.
Und bevor du noch etwas sagst, würde ich dir gerne deine Vorteile aufzählen. Also, du würdest von meinem Vermögen leben, das würde bedeuten, hast du auch nur einen Wunsch, kannst du ihn dir mit einem Augenzwinkern erfüllen. Ich würde bei größeren Summen schon gerne wissen, was mit meinem Geld passiert ist oder wird.
Du würdest auf die verschiedenen Veranstaltungen gehen, also mich begleiten. Das beinhaltet Geschäftsessen, Empfänge und Wohltätigkeitsfeste. Natürlich kann es auch sein, dass zu uns nach Hause einige Personen, Präsidenten, Freunde, Geschäftspartner zu einem Dinner eingeladen werden. Da würde von dir verlangen, dass du die „Hausfrau“ beziehungsweise die Gastgeberin spielst.
Aber im Ausgleich dazu, würden wir beide immer wieder Urlaub machen. Karibik, Sri Lanka, oder auch Städtereisen. Du musst nur sagen, wo du unbedingt hin willst und dann werde ich das irgendwie schon regeln. Aber wenn du mal nach Paris einkaufen willst, also einen Tagestrip, kannst du mein bzw. dann unser Flugzeug nehmen. Der Pilot steht immer auf unseren Abruf bereit.
Natürlich werde ich dir hin und wieder von Geschäftsreisen kleine aber auch größere Geschenke mitbringen. Schmuck, Gewand, Gemälde oder Spezialitäten, die das jeweilige Land zu bieten hat.
Du siehst, du hättest ein wunderbares Leben.“
Ja, ein schönes Jetset-Leben. Ich könnte tatsächlich alles haben, was ich je haben wollte. Doch irgendwie machte mir diese Angebot Angst. Ich wusste nicht genau wieso.
„Also, wie… nun, ich weiß nicht genau, wie ich das sagen soll, also… naja, wie wäre das mit den körperlichen Aspekten unserer möglichen Ehe?“
Gott, wie peinlich war den bitte meine Frage?! Aber auf der anderen Seite musste ich es wissen, ich wollte nicht im Ehebett auf ihn warten, nackt, versteht sich und dann kommt er nicht nach Hause weil er eine andere Frau vögelt. Nein, besser war es, wenn die Fronten von Anfang an klar abgesteckt waren.
Ich beobachtete ihn genau. Er wurde doch tatsächlich rot. Mein Gott, wie süß!!!
„Ahm, soweit habe ich noch nicht nachgedacht. Ich weiß es nicht“, meinte er etwas ratlos während er sich die Krawatte etwas lockerte und räusperte. Fahrig fuhr er mit seinen Händen seine Oberschenkel entlang, als ob er sich Schweiß weg wischen würde.
Man, ich ließ ihn doch nicht so kalt, wie ich gedacht hatte. Es gefiel mir. Ich konnte mir nicht helfen, aber ich musste grinsen.
Nun hatte ich so etwas wie „Macht“ in meinen Händen. Gott, ich fühlte mich gut.
„Gut, nun ja, wir werden uns etwas einfallen lassen, FALLS ich Sie heiraten würde. Ich glaube, wir können jetzt zu dem Ball fahren, oder? Wir haben schon eine halbe Stunde Verspätung“, meinte ich und sah ihn fragend an.
Stumm nickte er und ich klopfte an die Scheibe des Fahrers.
Jeder hing auf der Fahrt seinen eigenen Gedanken nach. Er bot mir das Du an, denn es wäre komisch, wenn nicht.
Still warteten wir bis der Chauffeur die Tür auf der rechten Seite öffnete. Mein Boss stieg als erstes aus um mir ganz Gentelmen-like aus dem Wagen zu helfen. Schwer stützte ich mich auf seine helfende Hand, denn fast wäre ich aus der Limo gefallen, da sich der Stoff zwischen meinen Beinen verheddert hatte. Blödes bodenlanges, aber überaus sexy Kleid!
Sofort begann ein Blitzlichtgewitter. Schreie, Rufe, Befehle und Gegröle traf mich wie ein Faustschlag. Mit so etwas hatte ich nicht gerechnet.
An den Seiten des roten, nein, des schwarzen Teppichs standen Menschen, Reporter und Fans. Sie jubelten, schrien und kreischten sich gegenseitig nieder. Die Abgrenzungen bogen sich meiner Meinung nach sehr gefährlich. Immer mehr Menschen drängten sich in unsere Richtung zusammen, nur um einen Blick auf uns zu erhaschen.
„Was ist denn hier los?“, flüsterte ich tonlos und zwang mich zum lächeln. Eine Hand schlang sich um meine Hüften und zog mich an seine Seite. Ich sah ihn fragend an. Langsam senkte er seinen Kopf zu mir und flüsterte mir zu, dass dies normal war und dass ich die ganze Zeit lächeln sollte.
Lächelnd sah ich zu ihm auf, was zur Folge hatte, dass das Blitzlichtgewitter mich regelrecht blendete. Ich kam mir vor als wäre ich auf einer Preisverleihung.
„Komm, lass uns gehen“, meinte er und zog mich sanft über den Teppich.
Ich konnte gar nicht anders und schmiegte mich an seine Seite, denn durch das Blitzlichtgewitter sah ich fast nichts. Ich stützte mich auf ihn um nicht zu stolpern. Doch irgendwie verstand er das falsch, denn er lächelte mich warm an. Er führte mich drei Treppen hoch auf ein Podest. Langsam drehte er uns und wir blickten genau in die Richtung der Fotografen und der kreischenden Menge.
„Nun, müssen wir posieren“, meinte er und warf sich in Pose. Als er winkte, wurde das Kreischen noch lauter. Wie konnte mein Boss dieses Geschrei aushalten, wo er doch ein Vampir war und er somit bessere Sinne hatte als ein normaler Mensch. Selbst mich schmerzte das Gekreische in den Ohren.
Gott, in was für ein Affentheater war ich den hier gelandet! Tief atmete ich durch und versuchte meine innere Mitte zu finden.
Scheiße, ich stand hier mehr oder minder auf dem Präsentierteller. Jedes Lächeln und jede Berührung wurde mit Argusaugen beobachtet. Alles konnte nun eine mögliche Bedeutung haben. Würde ich mir auf den Bauch greifen, würde es sicher heißen, dass ich schwanger war.
Wirklich toll, wo ich mich da hinein geritten hatte.
„Umschling meine Taille!“, flüsterte er mir ins Ohr. Als sein warmer Atem mein Ohr streifte fing ich zu zittern an und auf meinen Armen breitete sich Gänsehaut aus. Etwas atemlos umgriff ich seine Taille mit meiner linken Hand, während ich meine rechte auf seiner Brust liegen ließ.
„Gut“, grummelte er und zog mich noch fester an sich.
Was hatte er mit dem Gut gemeint?! Gut, dass ich tat, was er wollte oder gut, weil ich eine Wirkung auf ihn ausübte?!
Woah, da verstehe einer einmal diese Männer. Immer von Frauen reden, als wären wir das Komplizierteste auf der Welt, aber selber nicht wirklich besser sein!
Langsam aber sicher taten mir meine Gesichtsmuskeln vom vielen Lächeln weh, aber Gott sei Dank drehten wir uns endlich um und gingen in Richtung Ballsaal. Zuvor nahm mir ein junger Mann meine kleine Jacke von den Schultern. Ich verspannte mich bei der überraschenden Berührung die ich auf meinen Schultern fühlte. Sofort hörte ich ein wütendes Knurren.
Der Mann, welcher mir meine Jacke abnehmen wollte, fuhr erschrocken zurück und erhob beschwichtigend die Hände.
„Es tut mir sehr leid, dass ich Sie erschrocken habe. Ich wollte Ihnen die Jacke abnehmen“, murmelte er entschuldigend.
Mit zusammengekniffenen Augen nickte Vladimir, doch sein Blick war auf die Hände des Mannes fixiert und wehe, die Hände berührten unabsichtlich meine Haut, sofort ertönte ein tiefes grollendes Knurren aus Vladimirs Brust.
Der Mann beeilte sich nun mehr und versuchte meine Haut nicht zu berühren. Ich machte mir keine Gedanken über diesen Mann, sondern über das Verhalten meines Bosses. Was wollte er mit diesem Knurren und besitzergreifenden Gehabe andeuten oder beweisen?
Ich meinte, es waren keine anderen Gäste in der Nähe und doch war sein Verhalten wie von einem „Männchen“ das sein „Weibchen“ beschützen wollte. Was ich wusste, war, dass Männer der Mythenwelt ihre Frauen beschützten und es nicht wirklich erdulden konnten, wenn ein anderer Mann die Frau berührte, sei es auch deren Bruder.
Sobald der „Mantel-Mann“ seine Arbeit gemacht hatte und mit dem Mantel verschwunden war, drückte mich überraschend mein Boss gegen die nächste Wand. Er schloss mich zwischen sich, seinen Armen und der Wand ein. Er atmete hektisch, was bewirkte, dass seine überaus muskulöse Brust meine Brust immer wieder streifte, was wiederum bei mir bewirkte, dass auch ich immer schneller zu atmen begann.
Langsam senkte er seinen Kopf und fuhr mit seiner Nase meine Halsbeuge entlang. Ganz langsam. Sofort breitete sich Gänsehaut auf meinem ganzen Körper aus und ich konnte mir ein wohliges Seufzen nicht verkneifen. Gleich darauf spannten sich seine Arme an, man konnte den Stoff des Anzugs knirschen hören. Sein ganzer Körper stand unter einer enormen Spannung, was man an seinen herausstehenden Sehnen am Hals bemerken konnte.
Doch als ich in seine Augen sah, verschlug es mir endgültig den ohnehin knappen Atem.
Seine Augen wiesen eine besondere Färbung auf. Nicht nachtschwarz, sondern sie hatten einen färbigen Streifen um die Pupille. Diese Augen mit den goldenen Streifen hypnotisierten mich regelrecht, dass ich mich in diesen Augen verlor. Mich verlor. Meine Seele verlor. Alles an ihn verlor.
Diese Färbung bedeutete irgendetwas schrie mir mein Unterbewusstsein zu, doch ich wusste nicht was! Es war als würde sich ein Nebel um meinen Verstand legen.
Mein Gehirn bekam immer weniger Sauerstoff, obwohl ich immer heftiger atmete.
Immer enger schloss mich sein muskulöser Körper ein. Sein Kopf bewegte sich wie in Zeitlupe zur Seite. Noch langsamer senkte er ihn zu meinen Lippen herab. Immer näher kamen seine vollen unwiderstehlichen Lippen den meinigen näher.
Plötzlich wurden wir von einem lautstarkem Räuspern gestört. Langsam, wie ein Tier vor einem Sprung, drehte sich mein Boss in die Richtung des Räusperns und deckte mich somit mit seinem Rücken vor neugierigen Blicken ab. Dankbar schmiegte ich mich zwischen seine Schulterblätter. Am liebsten wäre mir gewesen, wenn ich Haut spüren würde.
Oh mein Gott, was dachte ich da für eine gequirlte Scheiße! Aber wenn ich ehrlich war, gefiel es mir hier mit ihm zu stehen. Heimlich und doch in der Öffentlichkeit. Jede Sekunde könnte wer kommen und uns erwischen, was auch leider passiert war. Gott, seit wann dachte ich so?!
„Was?“, schnauzte er die Person an, die in einem Abstand von ca. 10 Metern neben uns stand.
„Vladimir, altes Haus! Du bist mir vielleicht ein Schlingel! Stehst hier mit deiner neuen Flamme und amüsierst dich, während alle Damen im Saal sehnsüchtig auf dich warten!“ erwiderte eine männliche Stimme humorvoll. Man konnte regelrecht das Lächeln heraushören, dass diese Gesicht sicherlich zierte.
„Gustav“, meinte mein Chef nur und machte einen Schritt auf ihn zu um ihm die Hand zu schütteln. Widerwillig ließ ich ihn gehen, auch wenn es nur drei Schritte waren, doch ohne seine Nähe fühlte ich mich nicht wirklich wohl.
Am liebsten würde ich ihm unter die Haut kriechen und nie wieder herauskommen. Sobald er die Hand geschüttelt hatte, kam er sofort wieder zu mir zurück und nahm mich in den Arm.
„Na, wer ist denn diese kleine Schnecke?“, fragte Gustav zwinkernd. Erst jetzt sah ich ihn mir genau an. Raspel kurze Haare braune Haare. Drei Augenbrauen Piercings. Braune Augen und ein wunderschönes aufreizendes Lächeln. Das war Gustav. Purer Sex auf zwei Beinen.
Doch wenn ich ehrlich war, konnte er nicht an meinen Boss heranreichen. Gustav möchte zwar scharf sein, doch irgendwie wirkte es gekünstelt, also so gar nicht echt, aber mein Boss hatte einfach einen natürlichen Sexappeal. Also ich würde meinen Boss Gustav eindeutig vorziehen. Was ich ja in irgendeiner Weise tat.
Alleine ein Blick meines Chefs konnte mich richtig heiß machen, im Gegensatz dazu ließ mich das Lächeln von Gustav regelrecht kalt.
„Diese „kleine Schnecke“, wie du sie nennst, geht dich einen feuchten Dreck an“, knurrte er warnend.
Anscheinend hatte das Geknurrte wütender und gefährlicher geklungen, als es mir vorgekommen war, denn Gustav riss sofort die Hände in die Luft, mit den Handflächen zu uns und beteuerte, dass er nichts mit mir anfangen würde und dass er nicht in fremden Gewässern fischen würde. Ich merkte, dass mein Boss beim letzten Satz die Augen verdrehte, worauf ich hin schließen konnte, dass der Satz nicht wirklich stimmen konnte.
„Komm, lass uns diesen Vollidioten nicht weiter beachten und gehen wir in den Saal hinein“, flüstere er mir zärtlich zu, was ich mit einem Lächeln positiv beantwortete. Sofort führte er mich aus der Reichweite von Gustav und hinein in den Saal.
Als wir auch nur einen Schritt in den Saal machten, verstummte sofort alles und jeder. Alle Köpfe, behütet oder nicht, hoch gesteckt oder nicht, drehten sich in unsere Richtung. Ich zwang mich zu lächeln. Obwohl mir dies vergangen war, als ich die Menschenmenge gesehen hatte. Wo kamen so viele Leute her?!
Sofort spürte ich die Hand meines Bosses auf meiner Taille und er zog mich an seine Seite.
Ich konnte ungläubige Gesichter sehen. Vor allem in den der weiblichen Gästen. Einige zogen scharf und fassungslos den Atem ein. Zischend wurde er ausgestoßen.
„Meister Vladimir Demetrus mit ähm…“, wollte der Ansager uns ankündigen, doch mein fehlender Name brachte ihn etwas durcheinander.
„Mit seiner Verlobten Marlen Sight“, endete mein Boss den Satz des Ansagers. Sofortige Stille folgte.
WAS?! Wann bitte hatte ich ihm seine Zustimmung gegeben? Vielleicht während des Kusses?! Denn dann hätte ich ihm wirklich alles versprochen.
Ich wollte mich schon losreißen, doch sein Arm hielt mich fest an sich gepresst und als ich mich beschweren wollte, kam etwas mit dem ich nicht rechnete. Gerade wollte ich noch Luft holen, da presste er seine Lippen auf meinen geöffneten Mund.
Er hat mich überlistet!, war mein letzter zusammenhängender Gedanke, den ich noch erfassen konnte, bevor seine Lippen mein Gehirn auf „Stand-by“ schalteten.
Einige der Besucher fingen zu klatschen an, andere zu Jubeln. Es waren hauptsächlich Männer oder verheiratete Frauen. Der Lautstärkenpegel stieg immer weiter an. Doch wirklich bemerkte ich dies nicht, denn ich hatte ja andere Gedanken. Wie Haut, Schweiß, Bett..
Als Vladimirs Hand meinen Po erreichte, wurde die Lautstärke fast unerträglich. Ich hatte nicht einmal gemerkt, wie er mich an seine Brust zog und ich seinen Nacken mit meinen Armen umschlungen hatte.
Ich verlor mich wieder in diesem Kuss. Ich konnte nicht mehr denken, ich konnte nur mehr spüren. Fühlte seine warmen Lippen. Seine Zunge. Seine Hand auf meinem Po, welche mich immer enger an ihn heran zog.
Langsam beendete er den Kuss. Fast widerwillig. Schwer atmend sahen wir uns in die Augen. Seine Augen hatten wieder dieselbe Färbung, wie an unserm ersten Kuss an diesem Abend. Sobald wieder der Nebel in meinem Gehirn verschwand, stieg meine Wut weiter an. Ich war erstaunt, wie ich auf ihn reagierte und das machte mich irgendwie wütend.
Eins musste ich mir unbedingt merken, dass seine Lippen und mein Gehirn eine gefährliche Kombination waren. Wenn er wüsste, was seine Küsse in mir auslösen, würde ich keinen Tag mehr in Frieden verbringen können. Er würde mich sogar mit seinen verflixten Küssen manipulieren können, ohne dass ich es merken würde.
Verdammt, er hatte eine Waffe gegen mich! Was mir ganz und gar nicht gefiel. Nein, es war ganz schlecht.
Sanft löste er sich von mir und ging vor mir in die Knie. Aus seiner rechten Sakkotasche zog er ein kleines schwarzes Samtkästchen hervor, hielt es für alle gut sichtbar in den Händen und lächelte mich etwas überheblich an.
Wortlos öffnete er es und der im roten Samt gebettete Ring funkelte mit dem Schmuck aller Damen in diesem Raum um die Wette.
Man konnte einige Seufzer hören, aber auch einige empörte Laute.
Zärtlich nahm mein Boss meine Hand, zog sie zu sich und küsste meinen Ringfinger. Meinen Ringfinger, der schon einmal in seinem Leben einen solchen Ring trug. Doch dies brachte nur Unglück über mich. Doch irgendwie hatte ich Hoffnung. Hoffnung auf ein besseres Leben. Sanft schob er den Verlobungsring darauf. Sobald dieser sich an seinem Platz befand küsste er wieder diese Stelle samt Ring.
Plötzlich tropfte eine Träne auf meine beringte Hand. Mit der anderen fuhr ich mir erschrocken ins Gesicht, denn ich hatte wieder einmal nicht bemerkt, dass mir die Tränen über das Gesicht liefen.
Ich wusste nicht aus Rührung oder aus Wut, denn sobald dieser Ring meinen Ringfinger zierte, konnte und wollte ich ihn nicht abziehen.
Es war, als würde er schon immer hier hin auf meinen Finger gehören.
Vladimir, ich konnte ihn nicht mehr wirklich meinen Boss nennen, denn wo wir jetzt verlobt waren, war es nicht mehr von Nöten, lächelte mich an und strich mir sanft die Tränen aus dem Gesicht. Zärtlich küsste er meine Backen und zog mich dann in seine Arme. Meinen Kopf verbarg ich an seiner Schulter.
Sanft streichelte er meine nackten Schultern und flüsterte mir, zu dass alles wieder gut werden würde.
Was um Himmels Willen sollte wieder gut werden?! Ich war mit Vladimir verlobt, obwohl ich eigentlich nicht wollte! Er hatte mich einfach überrumpelt. Hatte mir einfach einen Verlobungsring angesteckt vor einem großen Publikum. Einem Publikum, das aus lauter wichtigen Mythischen-Oberhäuptern bestand. Verdammt, wo blieb da meine eigene Entscheidung?
„Komm lass uns etwas trinken gehen“, meinte Vladimir und führte mich an der Hand langsam die Treppen hinab mitten in das Getümmel. Alle, die im Weg waren, gingen uns sofort aus dem Weg und bildeten eine Gasse. Wenn wir bei Vampir-Damen vorbeigingen, wurde sofort getuschelt, nachdem man mich überaus feindselig gemustert hatte. Man kritisierte alles an mir. Mein Gang war nicht so, wie es sein sollte, also zu normal. Meine Frisur war eine einzige Katastrophe. Wenn all die Damen wissen würden, wer mir meine Frisur und mein Make-up gemacht hatte, würden sie mich indirekter Weise für meinen Geschmack loben. Bei meinem Kleid und bei dem Schmuck gab es geteilte Meinung. Die einen fanden meinen Schmuck wunderschön, aber das Kleid ließe mich blass aussehen. Die anderen lobten mein Kleid, aber mein Schmuck war zu übertrieben.
Wenn die alle wissen würden, dass das Kleid und der Schmuck von Vladimir ausgesucht worden waren, weil ich in diesen „allen anderen die Show stehlen“ würde, hätte jede Frau der Mythenwelt ein gleiches oder ähnliches Teil innerhalb 24 Stunden zu Hause.
Eine der Frauen, ich schätzte einer der vielen abgewiesenen, ging sogar so weit und stieg mir auf das Kleid, doch Vladimir hatte dies bemerkt und sah die Frau mit einem sehr bösen Blick an, was diese Frau fast nahe der Ohnmacht brachte.
Zügiger gingen wir durch den Rest der Menge und Vladimir verteilte noch mehr böse Blicke, welche alle Frauen und auch Männer Angst lehrten und machten. Keiner wagte es mehr uns anzusehen oder uns in irgendeiner Weise zu behindern.
Ohne weitere Zwischenfälle kamen wir an die Bar, wo uns ein Pärchen sofort Platz machte. Die Bar war ein Wahnsinn. Swarowski Steine, wohin man schaute. Alles in schwarz-violett gehalten. Es gab dem ganzen Ambiente etwas Mystisches.
„Was möchtest du trinken?“, fragte er mich und sah mir sehr tief in die Augen, dadurch vergaß ich wieder einmal die ganze Welt um mich herum.
„Einen doppelten Whiskey“, konnte ich irgendwie herausquetschen, ich wusste nicht, wie ich das schaffte, doch ich schaffte es.
Überrascht zog Vladimir eine Augenbraue hoch, doch er machte dem Kellner das Zeichen für zwei Doppelte. Dieser kam sofort der Bestellung nach, ließ dafür sogar einen angefangenen Cocktail links liegen, nur um uns den Doppelten zu bringen.
Sobald der Doppelte vor mir stand, trank ich ihn auf ex aus. Das Brennen in meiner Kehle ignorierte ich und genoss stattdessen die Wärme in meinem Magen, die sich langsam in meinem ganzen Körper verbreitete. Ich vertrug relativ viel Alkohol, dank meiner Werwolf-Genen, die sich nicht richtig bei mir entfalteten und mir nur wirklich in dieser Sache halfen, somit konnte ich die meisten „trinkfesten“ Jungs unter den Tisch trinken, doch trotzdem genoss ich die wärmende Wirkung. Ich hätte fast zu schnurren angefangen, als ich die Wärme in meinem ganzen Körper zu spüren begann.
„Interessant“, murmelte Vladimir neben mir während er das Glas mit dem Doppelten sanft hin und her schwenkte, was anscheinend half, dass sich das Aroma mehr entfalten konnte. Als ich ihn ansah, hob er das Glas an seine Lippen und trank einen Schluck mit geschlossenen Augen.
Man, sah er gut dabei aus. Man konnte regelrecht den Weg des Doppelten verfolgen. Durch die Lippen in den Mund, wo er auf die Geschmacksknospen traf, diese wiederum entfalteten den Geschmack, welcher an das Gehirn weiter geleitet wurde. Der sich im Mund befindende Alkohol wurde langsam geschluckt, wobei er ein angenehmes Brennen in der Kehle verursachte und dann schlussendlich im Magen landete, wo sich die Wärme auf den ganzen Körper verteilte.
Jeder Schluck ließ Vladimir’s Adamsapfel hüpfen. Es sah zum Sterben verboten sexy aus. Am liebsten würde ich über seinen Hals schlecken. Mit meiner Zunge die Bewegung nach empfinden. Gott, am liebsten würde ich ihn auf der Stelle in eine dunkle Kammer bringen, wo ich ihn in aller Ruhe vernaschen konnte.
Verdammte Scheiße, was war bloß los mit mir?!
Schnell schüttelte ich den Kopf um die nicht jugendfreien Bilder von mir und Vladimir auf der Theke, auf einem Barhocker, in einer dunklen Ecke und sonst wo, aus meinen Gedanken zu bekommen.
Doch irgendwie wollte sich dieser Mann nicht aus meinen Gedanken vertreiben lassen. Es war als würden mich diese Bilder von heißem wildem und schmutzigem Sex regelrecht verfolgen und auch verhöhnen.
Vladimir, der mich die ganze Zeit beobachtet hatte, schüttelte amüsiert den Kopf, da er anscheinend dachte der Alkohol würde mir schon zu Kopf steigen.
Wenn er wüsste, was mir in den Kopf stieg, würde bei ihm etwas ganz anderes zu steigen anfangen. Davon war ich sehr überzeugt. Sehr sogar.
„Will die Dame mit mir tanzen?“, flüsterte er mir fragend zu während er sich sehr tief vor mir verbeugte und da ich eine Blamage vermeiden wollte, willigte ich etwas widerstrebend ein. Langsam streckte ich ihm meine Hand hin, die mit dem Verlobungsring wohl gemerkt, er nahm sie sofort in seine Hand, küsste wieder einmal meinen ringbestückten Finger und zog mich sanft auf die Tanzfläche, die sich in der Mitte des Saals befand. Wieder einmal machten alle Menschen uns beflissen Platz. Diese Mal kamen wir ohne Schwierigkeiten zu unserem Ziel.
Gerade fing das Orchester einen langsamen Walzer zu spielen an. Man musste sich das einmal vorstellen, in diesem Saal war ein Orchester von weiß nicht wie vielen Musikern, nur für ca. 500 Personen, wo die meisten nur herum standen und in die Luft sahen und sich mit Champagner voll laufen ließen.
Vladimir blieb in der Mitte stehen, streckte den Arm vor und ließ mich einen halben Kreis schreiten, damit wir Angesicht zu Angesicht standen. Langsam machte ich einen Knicks und senkte demütig, wer glaubt, wird selig, meinen Kopf. Die Ohrringe klimperten leicht. Vladimir verbeugte sich wundervoll männlich vor mir. Er hielt meine Augen mit den seinen gefangen, sie ließen mich einfach nicht los. Wieder änderten sich seine Augen, was mich innerlich leicht aufstöhnen ließ. Sobald ich diese Augen sah, wurde mir heiß und am liebsten würde ich mich ausziehen.
Sanft führte er mich über das Parket, kein einziges Mal entließen mich seine Augen aus dem Bann. Jeder Schritt, jede Drehung und jede Bewegung war als wären sie einstudiert worden. Es fühlte sich an als hätte ich schon immer mit ihm getanzt. Als würde ich schon Jahrhunderte lang in seinen Armen liegen und mit ihm tanzen. Seine Arme hielten mich fest umschlungen und pressten mich an seinen Körper.
Die Musik wechselte zu einem aufregenden Tango. Die Musik war pure Leidenschaft. Schaudernd barg ich meinen Kopf an seiner Brust. Auf meinem Körper breitete sich Gänsehaut aus.
Sofort verfielen unsere Körper dem Rhythmus des Tangos. Immer schneller wirbelte mich Vladimir über die Fläche. Rechts. Links. Mitte. Meine Hüften und mein Oberkörper waren bei jeder Bewegung an den Körper von Vladimir gepresst. Ich rieb mich regelrecht an ihm. Am liebsten würde ich zu schnurren anfingen. Immer wenn er mich etwas weiter von seinem Körper „schubste“, empfingen mich seine Arme immer auf ein Neues. Bei den letzten Takten presste er mich an sich und beugte sich langsam mit mir in Richtung Boden. Mein rechtes Bein rutschte fast schon automatisch sein linkes Bein hoch und umschlang seine Hüfte.
Gott, dieser Tanz mit Vladimir hatte mich eindeutig zu wuschig gemacht. Meine Knie zitterten leicht und mein ganzer Körper war heiß. Richtig heiß! Am liebsten würde ich in ein Schlafzimmer verschwinden und mir die Lust mit Vladimir von der Seele schreien.
Schwer atmend sah ich ihm in die Augen. Er atmete genauso schwer wie ich. Mit jedem Atemzug konnte man seine Spitzen der Fänge sehen. Langsam senkte er den Kopf und legte seine Lippen behutsam auf meine Kehle. Ich wusste nicht, dass ich so schnell atmen konnte, doch ich hechelte schon fast.
Nur sehr langsam ließ uns der Zauber des Tanzes los. Die Wirklichkeit drang nur langsam wieder zu uns vor. Plötzlich drang das Klatschen der Menschen um uns herum zu meinen Ohren. Erstaunt riss ich die Augen auf und sah mich um. Wir waren die einzigen, die auf der Tanzfläche waren.
Behutsam stellte er mich wieder auf dem Boden und wieder verbarg ich meinen Kopf an seiner Brust.
Doch er schob mich etwas von sich und verbeugte sich und meinte: „Ich danke Euch für diese beiden Tänze. Es war mir eine Freude.“
Lächelnd knickste ich. Ich konnte nicht anders und lächelte ihn breit an. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich getanzt ohne dass ich über irgendwelche Füße gestolpert war. Und es hatte mir Spaß gemacht. Ich hatte mich zum ersten Mal beim Tanzen fallen lassen können.
Nicht so verkrampft wie bei den Tanzkursen meines Clans. Ich war so verkrampft gewesen, dass ich immer wieder gestolpert war und mir keine Schritte merken konnte. Es kam eindeutig auf den Tanzpartner an, wie man tanzte, das war jetzt eindeutig.
Doch heute war alles anders gewesen. Ohne eine einstudierte Choreografie war ich über das Tanzparkett geschwebt. Ich war frei wie ein Vogel gewesen und so hatte ich mich zumindest gefühlt. Einfach nur frei.
Sanft führte mich Vladimir von der Tanzfläche. Ich konnte nicht anders und sah ihn immer wieder an. Jedes Mal, wenn er mich „erwischte“ wie ich ihn ansah, lächelte er mich an und brachte mich damit zum Erröten und zum Kichern.
Man stellte sich das einmal vor! Ich fing zu kichern an! Ich! Vor Wochen hatte ich noch nicht einmal gewusst, wie dies ging.
Plötzlich blieb Vladimir stehen und drehte sich mit mir um. Jetzt hörte ich es auch. Jemand schrie meinen Namen.
Als ich sah, wer es war, war ich geschockt.
„Marlen!“
„Marlen!“
Langsam drehte ich mich um. Und bam!
Mein Mund stand sperrangelweit offen und meine Augen konnte man mit Scheinwerfern vergleichen. Oh mein Gott! Das konnte doch nicht wahr sein! Ich wollte es nicht glauben. Wieso auch?! Ich hatte mit diesem unerfreulichen Kapitel meines Lebens schon abgeschlossen. Glaubte ich zumindest.
Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, die vergangen waren. Doch mich holte nun meine Vergangenheit wieder ein. Eine Vergangenheit, die ich am liebsten für immer auslöschen würde oder einfach nur vergessen, dass es sie je gab.
Ich wollte meine Vergangenheit nicht sehen. Nicht heute. Heute, wo ich schon mit der ganzen Situation überfordert war. Ich wollte nicht, dass die Vergangenheit, mir meine Zukunft zerstörte. Eine Zukunft, die mit dem Tango anfing.
Ich zwang mich zu lächeln. Doch ich verkrampfte mich innerlich. Was sollte ich tun? Wie sollte ich mich verhalten?
Ich spürte, wie Vladimir seine Hand in meine schob und drückte sie kurz, was mich innerlich beruhigte und mir Kraft gab. Kraft, die ich in diesem Moment sehr dringend brauchen konnte. Ich musste mich beherrschen. Immer wieder sagte ich mir dieses Mantra vor: „Sei ruhig. Schrei nicht. Sei einfach ganz normal, als sei nie etwas passiert.“
„Marlen.“ Die Stimme kam immer näher. Am liebsten würde ich verschwinden. Flüchten. Wieso öffnete sich der Boden nicht und verschlang mich?! Ich zwang mich stehen zu bleiben und gelassen zu wirken. Unmerklich streckte ich mich und versuchte etwas arrogant zu wirken.
Vladimir stellte sich leicht vor mich, sodass ich etwas geschützt wurde. Sofort fühlte ich mich sicher und beschützt. Langsam legte ich ihm die Hand auf den Rücken. Ich wollte ihm damit zeigen, wie dankbar ich ihm war. Obwohl er nicht einmal genau wusste, wer langsam auf uns zukam. Aber er würde es bald wissen.
Davor hatte ich Angst. Dass er es wusste und er sich dann von mir abwenden würde. Es würde mir das Herz brechen.
Stopp, was dachte ich denn hier?! Wieso Herz brechen?! Ich war doch nicht verliebt! Ein Tanz konnte doch das nicht ändern!
Doch irgendwie wurde mir warm ums Herz, wenn ich an Vladimir und seine Küsse dachte. Seine Küsse, die mir den Verstand raubten. Berührungen, die mein Herz berührten. Ein Tanz, der mein Herz gestohlen hatte.
Nein! Ich wollte das alles nicht! Nein! Ich wollte mich noch einmal verletzten lassen, indem ich ihm mein Herz schenkte. Er würde irgendwann einmal eine Frau finden, die er lieben könnte und dann würde er mich für sie verlassen.
Nein, dass durfte mir nicht wieder passieren, es würde mir mein Herz zerbrechen und pulverisieren.
Nein, das durfte mir nicht passieren. Nie wieder wollte ich den Schmerz spüren.
Nein, ich musste mich schützen, sonst würde ich daran zerbrechen. Ich würde an der Scheidung und an der Ignoranz sterben.
Ich musste mich schützen. Denn ein zweites Mal würde ich nicht wie ein Phönix aus der Asche auferstehen können. Ich zwang mich mein Herz zu verschließen. Ich zäunte es ein mit einem Stacheldraht ein und schützte es mit einer Barriere.
Schnell zog ich meine Hand weg und stellte mich neben ihm hin. Ich wollte, dass er wusste, dass ich eine gleichberechtigte Ehe führte, wenn ich schon unfreiwillig heiraten musste.
Er versteifte sich, denn jetzt konnte er mich nicht mehr beschützen und rechtzeitig aus der möglichen Gefahrenzone ziehen und retten. Um ihn zu beruhigen strich ich mit meinem Daumen über seinen Handrücken. Sofort drückte er meine Hand und zog mich näher zu sich. Ich hoffte, er hatte verstanden, dass ich mich meiner Vergangenheit stellen musste. Ob ich wollte oder nicht.
Ich wollte eindeutig nicht!
„Marlen!“, lächelnd blieb er vor mir stehen. Als er mich in die Arme nehmen wollte, zuckte ich unmerklich zurück. Wie konnte er glauben, dass ich mich von ihm, einer falschen Schlange umarmen lassen wollte und würde. Vladimir bemerkte es und knurrte grollend als Tom sich mir immer weiter näherte.
Gott, konnte er nicht einfach wieder verschwinden und zurückgehen aus dem Loch, woher er gekommen war? Sobald er das Knurren hörte, fiel sein Lächeln in sich zusammen und er trat mehrere Schritte zurück. Er straffte seine Schultern und drückte seine Wirbelsäule durch. Er versuchte eindrucksvoll zu wirken.
Gott, was sollte dieses Verhalten bringen?! Es sah aus, als würde sich ein Hahn aufplustern um den Hennen zu gefallen. Früher fand ich dieses „Gecken“-Verhalten anziehend, doch jetzt fand ich es einfach nur lächerlich und peinlich.
Gott, wie sehr hatte ich mich durch seine Versprechen lenken und manipulieren lassen. Doch er hatte einfach das Talent alles, was er sagte, richtig und aufrichtig klingen zu lassen.
„Tom“, begrüßte ich meinen Ex-Verlobten kühl. Er sah genauso aus, wie damals, als er mir gestand, dass er mich betrogen hatte.
Blondes längeres Haar, das ihm locker lässig ins Gesicht fiel. Blaue strahlende Augen, die einem die Liebe vorspielen konnte und ein sündiger Mund, der einem grandiose Versprechen in die Ohren säuselte. Leicht gebräunte Haut, die seine Augen noch mehr strahlen ließen. Irgendwie war er mir früher anziehender vorgekommen, doch jetzt fand ich, dass er nur ein billiger Abklatsch von Vladimir war. Vladimir wirkte auf seine Weise natürlich, Tom dagegen musste sich die Haare färben und die Zähne bleichen, damit er sein weißes Strahle-Lächeln nicht verlor.
Wie peinlich war denn das bitte?!
Von Vladimir wusste ich, dass er fast genauso aussah wie jetzt, wenn er aufstand oder fast noch schlief. Ich hatte es persönlich herausgefunden. Feldforschung konnte sehr interessant sein, wenn man ein gutes Objekt hatte.
In dieser Woche hatte ich mich in der Nacht im Haus verlaufen, denn es war wirklich riesig und plötzlich stand ich vor einer Tür, die mich irgendwie und auf unheimliche Weise angezogen hatte. Natürlich war mir dies irgendwie unheimlich, aber ich dachte mir „No risk, no fun“. Als öffnete ich sie und tatata, was erblickten meine Augen?!
Vladimir.
In verboten tief sitzenden schwarzen Boxershorts. Und wenn ich sage tief sitzenden Boxers, dann meinte ich es auch so. Das Sixpack von Vladimir war eindeutig ein Frauentraum, der einem lange Nächte versüßen konnte.
Die beiden Muskeln, die ein ausgeprägtes V bildeten, konnte man zu Gänze sehen. Seine Boxershorts fing knapp, vor seinem besten Stück an. Sehr knapp. Ein kleines Ziepen auf einer Seite und schwups, weg wäre sie.
Ich ärgerte mich bis heute, dass ich den kleinen Vladimir nicht sehen konnte. Blöder Schockzustand!
Tja, jedenfalls packte mich Vladimir nach Neandertaler-Art und trug mich zu seinem Bett. Unsanft ließ er mich darauf fallen und legte sich auf mich. Ja, auf mich! Zitternd vor Spannung und Erwartung lag ich unter ihm, doch es passierte genau nichts.
Nichts! Nothing! Nada!
Vladimir hatte ein wenig auf mir herum gezuckelt und dann war er einfach eingeschlafen. Eingeschlafen! Man stelle sich das einmal vor! Ich lag mehr oder weniger halb nackt, nur mit einem Negligé bekleidet, vor ihm und er schlief einfach ein. Vorher hatte er mich noch in den Arm genommen und seinen Kopf in meine Halsbeuge vergraben. In dieser Nacht konnte ich keine einzige Minute schlafen, denn sein Atem, der immer wieder meine Haut streifte, bescherte mir eine dauerhafte Gänsehaut. Als er nach 7 Stunden Schlaf langsam erwachte, blinzelte er mich verschlafen an und fragte mich dann ganz cool, was ich in seinem Bett mache. Ich stammelte nur herum, was ihm einen Lacher kostete. Er erwiderte, dass ich es ihm nur zu sagen bräuchte, wenn ich Sehnsucht nach Nähe hätte.
Seit dieser Nacht vermied ich es in Vladimirs Schlafzimmernähe zu kommen, was mir auch ganz gut geglückt war.
Ein sanftes Ziehen an meiner Hand katapultierte mich wieder zurück in die Gegenwart. Ich stand wieder vor Tom, der mich mit einem unverschämten Grinsen ansah, welches leider wieder auf seinem Gesicht erschienen war.
Was machte dieser Idiot hier?! Hier in der „High-Society der Mythenwelt“? Es ärgerte mich maßlos, dass er mir mehr oder minder selbst bis hier her gefolgt war. Hier, dachte ich, würde ich ihn nie mehr wieder sehen müssen. In meinem ganzen Leben. Doch wieder einmal hatte ich mich geirrt.
Plötzlich verstand ich, als ich neben ihm diese Schlampe Anna sah. Sie war so etwas wie adelig bei dem Clan, deshalb gehörte sie anscheinend auch zur High Society, denn da musste man mindestens einen berühmten und wichtigen Adeligen in seiner Ahnengalerie aufweisen können. Annas Ur-ur-ur-ur-ur-ur-Großvater war ein Werwolf, der in den Adelsstand erhoben worden war. Tja, und hatte man einen Adeligen in der Familie, konnte man auf seine „Upper-Class“-Rechte bestehen. Man konnte blöd wie Stroh sein und keinem würde es auffallen. Doch als ich sie genauer ansah, bemerkte ich, dass sie fett war. Ich meinte, so richtig kugelrund!
Oh! Du! Heilige! Scheiße! Sie war schwanger! Woah, sie war schwanger! So richtig schwanger mit einem Kind.
Wie konnte sie so schnell schwanger werden?
Ich rechnete schnell nach, wann ich mich von Tom getrennt hatte. Doch das Datum konnte unmöglich mit dem Tag zusammenpassen, wo er mir gestanden hatte, dass sie miteinander geschlafen hatten. Das würde bedeuten, dass sie schon länger zusammen waren. Ich meine, wie konnte sie sonst, so schnell so schwanger werden?
Naja, bei Werwölfen war es ja so, dass man die Schwangerschaft ab dem 3 Monat sah, denn mit dem 6. Monat wurde der „Wurf“ geboren. Innerhalb von diesen 3 Monaten wurde die Mutter eine Kugel. Je fetter sie wurden umso besser. Deren Männer waren zu dieser Zeit sehr stolz, denn sie haben es ja geschafft, einen Wurf zu zeugen. Wenn es mal gelang, dann wurde ein riesen großes Fest veranstaltet zu Ehren der Werdenden Eltern.
Ach, verdammt, dass würde aber bedeuten, dass mich Tom schon Monate vor der Trennung mit Anna betrogen hatte. Und es war sicher nicht EIN Ausrutscher. Denn es war bewiesen, dass Werwolfpaare, die Kinder haben wollten, mehrere Male miteinander schlafen mussten, damit überhaupt eine Chance bestand, dass die Werwolffrau schwanger werden konnte.
Gott, dieser Verrat, von dem ich noch nichts gewusst hatte, tat weh. Wieso musste immer mir so eine Scheiße passieren. Als wäre für mich die Trennung nicht schlimm genug gewesen, musste ich auch noch erfahren, dass Anna schwanger war. Wobei Tom eigentlich noch keine Kinder wollte, hatte er mir des Öfteren erklärt. Doch anscheinend war dies wieder eine Lüge gewesen, wie man nun sehen konnte. Ich klammerte mich noch stärker an Vladimir, denn am liebsten würde ich zu weinen und zu schreien anfangen, als ich sah, wie Tom Annas Taille umarmte und ihre Kugel zu streicheln anfing.
Mir entkam fast ein Wimmern, doch Vladimir küsste mich. Ein Feuerwerk entstand in meinem Körper. Ein Prickeln zog sich durch meinen ganzen Körper.
Langsam beendete er den Kuss erst dann sah ich Tom wieder an, der mich fassungslos ansah und irgendwie auch befremdet.
Tja, jetzt war er nicht mehr der einzige, den ich je geküsst hatte. Am liebsten würde ich ihm sagen, dass er im Gegensatz zu Vladimir gar nicht küssen konnte. Bei Tom war es als würde man einen Boxer einen Kuss auf die Schnauze geben. Man wäre über und über mit Hundesabber bekleckert. Einfach ekelhaft. Sogar die Vorstellung. Aber auch erst, als ich von Vladimir geküsst worden war und somit wusste, was ich alles verpasst hatte.
„Ich bin Vladimir“, stellte sich mein „neuer“ Verlobter vor. Er streckte die Hand hin, doch als Anna freudestrahlend ihm die Wange hinhielt um sich küssen zu lassen, „übersah“ Vladimir dies. Er schüttelte ihr die Hand, so fest, dass sie regelrecht durchgeschüttelt wurde.
Gott, ich war noch nie so glücklich. Ich freute mich regelrecht über das Gesicht von Anna. Es sah aus als könne sie es nicht glauben, dass einmal in ihrem Leben ein Mann nicht darauf lechzte ihre überaus zu viel gepuderte Wange mit seinen Lippen zu berühren.
Ihre Unterlippe fing sogar vor Enttäuschung zu zittern an. Man musste sich das einmal vorstellen. Eine Frau von 20 Jahren würde auf einem öffentlichen und sehr wichtigen Event zu weinen anfangen, weil ein Mann sie nicht auf ihre gepuderten Wangen küssen wollte.
Wie verrückt war diese Welt denn bitte?!
„Und ich bin Anna“, fügte die Schlampe noch hinzu während sie versuchte Vladimir schöne Augen zu machen. Sie klimperte die ganze Zeit mit ihren pechschwarzen Wimpern herum. Immer wieder und wenn es nichts half, versuchte sie es in einem anderen Winkel, wo es vielleicht dann besser wirken sollte. Ich fand es nicht wirklich, aber jedem das seine.
Sie legte vertraulich ihre Hand auf den Oberarm. Gott, ich konnte diese dumme Frau nicht ausstehen! Sie sollte am besten ihre Hände bei sich lassen, wenn sie nicht wollte, dass ich ihr die Augen ausriss oder sonst irgendein Körperteil verletzte. Denn dieser Mann gehörte zu mir! Fast hätte ich zu knurren angefangen. MEINS!!!
Gott sei Dank, schüttelte Vladimir ihre Hand von seinem Arm, als wäre es eine lästige Fliege. Ohne zu wissen, hatte er ihr gerade erspart, dass sie ihr ganzes Leben ohne irgendeinen Körperteil zu leben oder überhaupt weiter zu leben.
Sie sah ihn mit großen unschuldigen Augen an. Ihre Pupillen wurden sogar noch größer, was mir ein bisschen Respekt ab zollte, denn ich wollte nicht mit ihr tauschen und diese Kopfschmerzen ertragen müssen, die das Licht verursachte.
Doch sofort fing sie wieder an mit ihren Wimpern herum zu klimpern, als wäre diese Zurückweisung nie passiert. Es sah aus, als hätten ihre Wimpern ein eigenes Leben. Die ganze Zeit ging es auf und ab. Auf und zu. Ich weiß nicht wie oft, aber ich konnte diesem Verhalten nichts abgewinnen. Aber es hieß ja, Männer standen auf einen verführerischen Augenaufschlag. Doch ich verstand nicht wirklich, was an diesen sekündlichen Augenaufschlägen anziehend wirken sollte.
„Haben Sie etwas in den Augen?“, fragte Vladimir sie ernsthaft. Ich musste mir fest auf die Lippen beißen, damit ich nicht lauthals zu lachen anfing. Gott, Vladimir war eindeutig mein Held.
Annas Gesicht nach dieser Frage war einfach zu göttlich. Ihr Grinsen fiel in sich zusammen. Ihre mit falschen Wimpern umrahmten Augen wurden vor Schock riesengroß und ihr perfekt angemalter Schmollmund bildete ein großes O. Man konnte ihr anmerken, dass sie fassungslos und schockiert bis auf die Knochen war. Tom auch, denn er versuchte noch etwas zu sagen, doch er hatte keine Chance.
„Tut mir leid, aber wir wollen diesen Tanz tanzen. Wenn Sie uns entschuldigen“, meinte Vladimir, drehte sich um, fasste mich am Arm und zog mich demonstrativ von den beiden weg.
Ich stolperte hinter ihm her. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste nicht, wie ich ihm danken sollte. Danken, dass er mich mehr oder weniger von dieser Situation gerettet hatte.
Sofort zog mich Vladimir wieder in die Arme als wir die Tanzfläche erreicht hatten und wirbelte mich gekonnt herum. Erst jetzt merkte ich, dass er seinen Kiefer fest zusammen presste und seine Lippen waren kalkweiß. Sein ganzer Körper war angespannt. Zum Zerreißen gespannt.
„Vladimir, ich…“, doch sofort wurde ich von ihm unterbrochen.
„Nicht jetzt“, brachte er mit einem Knurren heraus und zog mich noch fester an sich.
Ich hatte schon wieder meinen Mund geöffnet, doch ich schloss wieder den Mund, denn ich merkte, dass seine Beherrschung an einem seidenen Faden hing. Ich riss mich zusammen und schluckte meine Erwiderung. Versuchte mich in seinen angespannten Armen zu entspannen, was mir auch zum Teil gelang. Doch die Angespanntheit von ihm machte mich nervös.
„Komm, lass uns gehen, man hat uns nun genug anglotzen können“, knurrte Vladimir nach drei Tänzen. Er zog mich mehr oder minder von der Tanzfläche. Hin und wieder wurden wir von wichtigen Persönlichkeiten aufgehalten und ich musste immer schön daneben stehen und lächeln. Artig dankte ich für die Glückwünsche.
Sobald keine Personen uns mehr aufhielten, gingen wir schnell zum Ausgang und ließen uns die Mäntel geben. Unruhig verlagerte ich mein Gewicht von einem Fuß auf den anderen.
Ich hatte meinen Mantel noch nicht einmal angezogen, da führte er mich zu der Limo, ohne auf die Fans zu achten, die immer noch schreiend hinter der Absperrung standen. Als sie uns sahen, fingen sie wieder zu kreischen an, schrien uns Foto- und Autogrammwünsche zu, doch Vladimir ignorierte sie also machte ich das auch. Doch hin und wieder konnte ich nicht wiederstehen und winkte den Leuten scheu zu. Sofort brandete Applaus und Schreie auf.
Fauchend half Vladimir in die Limo und fing zu fluchen als er fast über mein Kleid stolperte.
„Vladimir, ich… .“
„Nein“, fauchte er mich an und sah mir wütend in die Augen. Überrascht sog ich Luft zwischen meinen Zähne ein. Seine Augen waren nachtschwarz. Nachtschwarz. Keine Farbe und auch keine Spiegelung. Es war, als würde kein Licht an ihnen vorbeikommen. Sie verschlangen regelrecht Licht und Farben.
Ich erstarrte, denn dieser Blick erinnerte mich an ein Raubtier, welches sofort zuschlägt, wenn es irgendetwas als Provokation ansieht. Ich hob meine Hände und versuchte unterwürfig zu sein, oder mindestens so auszusehen.
Doch anscheinend war diese Geste zu viel des Guten, denn Vladimir schoss auf mich zu und nagelte mich mit seinem Körper auf der Bank fest. Bewegungsunfähig lag ich unter ihm und sah ihn erschrocken an. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass so etwas geschehen könnte. Doch eine kleine Stimme in meinem Innern fragte mich sarkastisch, wie ich mir je sicher hätte sein können.
Langsam näherte sich sein Gesicht dem meinen, als er plötzlich die Lippen verzog und mir sein Gebiss präsentierte. Zwei scharfe lange Eckzähne lugten hervor. Gott, sie waren richtig lang.
Sie stachen in seine Unterlippe, wo zwei Blutstropfen hervor perlten. Ohne noch weiter zu überlegen, hob ich meinen Kopf und schleckte diese beiden Tropfen mit meiner Zunge ab. Sein Blut war würzig und doch so süß, dass ich vor Entzücken die Augen schloss und ein wohliges Stöhnen von mir gab. Erst jetzt spürte ich wie sich Vladimirs ganzer Körper noch mehr anspannte. Nervös wie ich nun war, befeuchtete ich mir die Lippen mit meiner Zungenspitze und sah dabei in seine Augen, welche meiner Zunge genau folgten. Als sie wieder zwischen meinen Lippen verschwand, stürzten sich seine Lippen auf meine, als würden sie meine Zunge jagen und fangen wollen.
Es war kein zärtliches Aufeinandertreffen. Es war purer Hunger. Hunger, den ich plötzlich auch verspürte und wie eine Wilde Vladimir an mich zog um ihm näher zu sein und ihn noch mehr zu spüren. Meine Beine schlangen sich um seine Hüften und zogen seinen Unterleib an meinen. Der plötzliche Kontakt ließ uns beide heiser aufstöhnen. Langsam fing sein Becken sich von selbst zu bewegen an. Immer wieder entwich mir ein Stöhnen. Gierig zog ich ihn an mich, zog an seinen Haaren und drückte mich an ihn. Am liebsten würde ich in ihn hinein krabbeln und mit ihm verschmelzen.
Vladimirs Hände lagen auf meinen blanken Waden, wo seine Hände lagen, wirbelte mein Blut herum und schrie sehnsüchtig nach Vladimir. Es wurde immer dicker und heißer und setzte meinen Körper in Brand. Ein Flächenbrand, den nur Vladimir löschen konnte. Ich wollte auch nur, dass Vladimir ihn löschte.
Langsam fuhr seine Hand mein Bein entlang. Das Feuer auf meiner Haut breitete sich immer weiter aus. So etwas hatte ich noch nie in meinem Leben gefühlt, nicht einmal bei Tom, obwohl ich dachte er wäre der Richtige für mich.
Leise bettelnd verlangte ich nach mehr. Ich wollte mehr. Ich wollte Vladimir. Ganz und gar. Plötzlich kam mir in den Sinn, dass ich seine Frau werden wollte. Unbedingt, um jeden Preis der Welt. Denn dann würde mir dieser wunderbare, attraktive und hoch erotische Mann mir alleine gehören und keine andere Frau der Welt durfte ihn so haben, wie ich ihn dann hätte. Nämlich mit Haut und Haar. Und in meinem Schlafzimmer.
Doch seine warme, leicht raue Hand brachte mich sofort auf andere Gedanken, denn sie lag plötzlich auf meinem Po und knetete diesen leicht, aber immer intensiver. Das Gefühl seiner rauen Hände auf meiner bloßen Haut war unbeschreiblich.
Ein Wimmern entfloh meinen Lippen, denn ich wollte ihn so sehr, wie ich noch nie etwas in meinem Leben gewollte hatte.
Rasend schnell baute sich in mir eine Spannung auf, die mich unkontrolliert zucken ließ, trotz Vladimirs Prachtkörper auf mir. Und dass obwohl er mich noch nicht einmal berührt hatte, dort wo es mich am meisten verlangte nach ihm.
Plötzlich spürte ich ein Schaben auf meinem Hals, was mich erschrocken zusammen zucken ließ, aber im nächsten Moment setzte Erregung ein. Um ihm einen besseren Zugang zu ermöglichen, überstreckte ich meinen Hals und bot ihm meine ungeschützte linke Halsseite an.
Sofort nutzte Vladimir dies weidlich aus. Seine Lippen klebten an meiner Haut und küssten sich einen Weg von meinem Ohr zu meiner Halsbeuge. Seine Zungenspitze leckte meinen Schweiß von meiner überhitzten Haut, was mich immer wieder aufstöhnen ließ. Ich wollte Vladimir hier und jetzt. Hier in der Limo und jetzt genau in diesem Augenblick. Mir war egal, dass der Fahrer unser heißes Intermezzo sehr wahrscheinlich hören konnte. Aber in diesem Augenblick war mir alles egal, denn ich konnte nur Vladimir und dessen Körper wahrnehmen. Alles andere war in diesem Moment unwichtig und unwirklich geworden. Es rückte in weite Ferne.
Ein plötzlicher Schmerz durchzuckte mich, doch dieser wurde in pure Wollust umgewandelt. Ich konnte gar nicht anders, ich schrie einfach laut auf. Schrie vor purer Lust.
Lust, die mir anscheinend nur ein einziger Mann bescheren konnte und hatte. Sanftes Ziehen machte mich darauf aufmerksam, dass Vladimir diesen süßen Schmerz verursacht hatte und sich nun an meinem Blut labte. Dieser Gedanke, dass mein Blut ihn versorgte und in seinem Körper pulsierte, hatte etwas höchst Abschreckendes, doch auf der anderen Seite machte mich dieser Gedanke richtig an.
Langsam aber stetig nahm meine Wahrnehmung ab. Meine Hände wurden immer schwerer, glitten aus Vladimirs Haaren. Mein Sichtfeld wurde an den Rändern immer schwärzer und unschärfer. Jetzt wusste ich, was mit mir los war, Vladimir trank zu viel. Er trank zu viel von meinem Blut.
Er konnte nicht mehr aufhören, denn anscheinend war es für ihn so etwas wie eine Droge, denn immer wieder stöhnte er auf oder grunzte wohlwollend.
Ich hatte jetzt auch nicht mehr meine Beine unter Kontrolle. Sie rutschten über den Arsch von Vladimir, über dessen Oberschenkel und blieben in seinen Kniekehlen hängen. Mein ganzer Körper entzog sich meiner Kontrolle. Immer schwächer wurde ich. Meine Kräfte schwanden mit jedem Schluck, doch irgendwie wollte ich nicht, dass Vladimir aufhörte zu trinken, denn ich wollte dieses Glücksgefühl nicht missen. Ein Glücksgefühl, das ich bis jetzt noch nie in meinem Leben kannte.
„Vladimir!“, hauchte ich schwach und heiser und schon brach schwarze wohltuende Finsternis über mich.
Träge schwamm ich im Licht umher. Drehte mich einmal auf die eine Seite und dann wieder auf die andere. Es war als würde man schwimmen. Nur in meinem Fall ohne dass man nass wurde. Mein Oma-Nachthemd, welches ich noch nie in meinem Leben gesehen und auch nie an hatte, umspielte bei jeder Umdrehung sanft meine schuhlosen Beine.
Immer wieder durchzuckten mich Erinnerungsbruchstücke, welche sich vor meinem inneren Auge abspielte.
„Marlen, willst du meine Frau werden?“, fragte mich Tom. Er kniete vor mir nieder. Mit seiner rechten Hand hielt er meine Hand. In einem dunkelblauen Samtkästchen lag in roter Seide gebetet ein Ring mit einem funkelenden Stein. Der Kerzenschein ließ den Stein in tausend Farben strahlen.
Zitternd nickte ich. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass er mir einen Antrag machen würde. Wir hatten zwar des Öfteren über das Heiraten geredet, doch das er es wirklich durchziehen würde, damit hatte er mich überrascht, wenn nicht auch überrumpelt. Weshalb ich auch nicht wirklich ein Wort aus meiner vor Rührung und Aufregung verschnürten Kehle herausbrachte. Dafür aber wie eine Besessene nickte.
Er steckte mir den Ring an meinen Finger und strahlte mich an und wie könnte es anders sein, ich strahlte auch zurück. Er sprang auf und nahm mich in den Arm. Anstatt mich wie zu erwarten zu küssen, umarmte er mich nur und hielt mich schweigend einige Zeit.
Irgendwie war ich enttäuscht. Früher hatte er mich bei jeder Gelegenheit geküsst, aber jetzt wurde ich nur ab und zu geküsst, aber auch nur halbherzig. Es kam mir vor, als würde er sich von mir distanzieren. Als wollte er mich eigentlich gar nicht.
Sex hatten wir schon seit einigen Wochen nicht mehr. Genauer gesagt seit meinem 20. Geburtstag. Da hatte er mich überrascht. An diesem Tag hatte ich Nachhilfestunden. Ich war sauer, dass es so gekommen war, aber mein Lehrer hatte leider nur mehr an diesem Tag Zeit. Wohl oder übel nahm ich diesen Termin, denn ich brauchte jemanden, der mir meine Fragen erklären konnte, damit ich überhaupt eine Chance hatte meinen Abschluss zu machen.
Nach 4 Stunden Power-Lernen war man einfach fix und fertig. Müde und abgespannt kam ich bei Tom an. Wir hatten uns für heute verabredet um meinen Geburtstag gemeinsam zu feiern. Als ich die Wohnungstür öffnete, empfing mich ein Rosenblätterweg. Neugierig wie ich war, folgte ich diesem und der führte mich in das Schlafzimmer, wo er auf mich wartete in einem Meer aus Rosenblättern.
Er hatte sich eine rote Schleife um den Hals gebunden und nackt auf mich in seinem Bett gewartet. Zuvor hatte er sich mit einem wohlriechenden Öl eingerieben. Die vielen Kerzen, die er in seinem Schlafzimmer angezündet hatte, warfen Schatten auf seinen Körper und ließen ihn im Gegenzug glänzen. Er sah richtig appetitlich aus. Ohne viel Aufsehen zog ich mich aus und gesellte mich zu ihm.
Nun, um es zusammenzufassen, es war das letzte Mal, dass wir miteinander geschlafen hatten. Entweder waren wir zu müde oder wir hatten einfach keine Zeit mehr. Die Planung der Hochzeit und des Festes davor waren purer Stress. Auch das Haus und Möbel aussuchen war nicht ohne. Vor allem da wir uns nicht einig werden konnten. Einmal gefiel mir dies nicht, das andere Mal gefiel ihm meine Auswahl nicht.
Doch nach vielem diskutieren, setzte ich mich eindeutig durch. Ich war eben der größere Sturkopf von uns beiden.
Und wieder befand ich mich in meinem weißen Nichts.
Ich war ganz alleine hier. Wohin ich auch schaute, war nur weißes Licht. Nichts anderes. Langsam drehte ich mich um meine eigene Achse und schaute ins Nichts.
Selbst wenn ich meine Augen schloss, sah ich nur weißes Licht.
Still war es hier. Kein Lärm – keine Autos, Vögel oder Stimmen. Einfach eine Ruhe, wie ich sie nicht kannte.
Ich drehte mich auf den Rücken und schloss die Augen. Denn es gab ja nichts zu tun und zu sehen.
Vladimir’s Sicht
Heiß ergoss sich das Blut in meinen Rachen. Verzückt stöhnte ich auf. Noch nie in meinem ganzen Leben hatte ich so etwas Exquisites gekostet. Um mehr von diesem Geschmack zu bekommen, sog ich stärker.
Ich war erregt bis aufs Äußerste, wie es mir noch nie in meinem langen Dasein passiert war und mich gewissermaßen am falschen Fuß erfasste. Deshalb verlor ich die Kontrolle über mich selbst, was mir noch nie passiert war. Denn auf meine Selbstdisziplin war ich sehr stolz. Ohne diese hätte ich mein Volk nicht so lange regieren können. Wenn ich bei jeder Beleidigung ausgerastet wäre, würde ich mein Volk jede Woche in einen neuen Krieg führen.
Doch sobald ich diesen Duft dieser Frau das erste Mal im Saloon vernahm, wusste ich, dass mir Ärger bevorstand, denn es war um meine Selbstdisziplin geschehen. Sie hatte sich regelrecht in Luft aufgelöst und dies wurde von einer einzigen Frau ausgelöst, die nicht einmal wusste, dass sie sich mit dem größten Raubtier der Geschichte anlegte. Bewusst oder unbewusst, dass wusste ich nicht und konnte ich auch nicht einschätzen.
Stöhnend verschlang ich mehr warmes Blut von dieser Frau, die sich wild und voller Leidenschaft unter mir wandte und mir einen mordsmäßigen Ständer bescherte. Zwischen ihre Beine gezwängt, trank ich immer wieder einige Schlucke dieser Frau und rieb mich an ihr voller Lust. Ihre behandschuhten Hände wanderten rastlos über meinen ganzen Körper. Entzückt knurrte ich. Noch nie hatte ich eine Berührung so genossen. Sie schlang ihre Beine um mich und drückte sich näher an mich heran. Überall berührten sich unsere Körper. Es passte nicht einmal ein Haar zwischen unsere Körper.
Mein Gehirn war regelrecht von dem Geschmack ihres Blutes benebelt. Ich konnte keine klaren Gedanken mehr erfassen, außer dass ich diese Frau besitzen musste. Auf jeden möglichen Weg. Ich wusste nur, dass diese Frau mein war und sie mir gehörte.
Vor Lust schrie sie plötzlich laut auf. Beifallend und vor Stolz knurrte ich an ihrem Hals. Ich hatte sie alleine durch mein Saugen an ihrem Hals und durch bisschen Reibung in ungeahnte Höhen geschickt.
Doch ich hörte nicht mehr auf zu trinken, denn ich befand mich in einem Rausch ohne sondergleichen. In meinem ganzen Dasein hatte ich noch nie so ein delikates Blut auf meinen Geschmacksknospen gehabt.
Ein gehauchtes „Vladimir“ riss mich aber dann doch noch irgendwie aus meinem Rausch. Verwirrt löste ich meine Zähne von dem Hals, strich mit der Zunge darüber um die Bisslöcher zu schließen.
Etwas benebelt, fand ich mich wieder in der Realität und in dieser lag ich zwischen den Beinen meiner neuen Sekretärin. Sie hatte den Kopf zu Seite gedreht und die Augen waren geschlossen. Das ehemals aufgesteckte Haar lag wüst um sie herum wie eine Wolke. Die ehemals pfirsichfarbene Haut hatte den Farbton einer weiß-grauen Wand angenommen. Regelrecht obszön fielen die geröteten Male meiner Zähen auf ihrer blassen Haut auf.
Fluchend sprang ich von ihr herunter. Unwirsch fuhr ich mir durch meine Haare.
Was hatte ich in drei Teufelsnamen hier gemacht?!
Ihre Knie fielen leblos auseinander. Ihre intimste Stelle war nur von einem kleinen Tanga bedeckt, denn das Kleid hatte ich anscheinend hinaufgeschoben. Aufgebauscht umschlag es wie ein rotes Band Marlens Taille.
„Marlen?“, fragte ich sie, doch sie rührte sich nicht.
Scheiße, erst jetzt fiel mir auf, dass ihr Herz schwach und langsam schlug. Ja, regelrecht um jeden Schlag kämpfte. Selbst das Atmen fiel ihr schwer.
Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Ich hatte viel zu viel von ihrem Blut genommen und jetzt war sie ohnmächtig und kämpfte wahrscheinlich um ihr Leben.
Scheiße, was war ich bloß ein Mistkerl! Welcher Kerl behandelte so seine Verlobte? Scheiße, sie war meine Verlobte!!! Die Frau, die mich auf meinem weiteren Leben begleiten sollte. Doch so wie es aussah, eher nicht.
Mit einem schweren Seufzer ließ ich mich auf eine Bank nieder. Ich wusste nicht, was genau ich machen sollte, denn ich war regelrecht unfähig irgendetwas zu machen. Gelähmt saß ich da und starrte Marlen an.
Fest fuhr ich mit beiden Händen durch meine Haare und versuchte einen klaren Kopf zu bekommen.
Was sollte ich jetzt bloß machen? Zum ersten Mal in meinem Leben spürte ich so etwas wie Panik in mir aufsteigen. Nicht einmal vor einem Kampf war ich so aufgewühlt.
Ich hatte mich noch nie in einer solchen Situation befunden. Denn ich hatte Menschen bzw. Mischlinge gemieden. Besser gesagt, ich hatte alle gemieden. Denn ein Verlust hätte mich nur zu sehr aus der Bahn geworfen.
Scheiße, was sollte ich tun? Jede Minute aber auch Sekunde, die ich hier mit Gedanken und fadenscheinigen Überlegungen verplemperte, kämpfte Marlen um ihr Leben und ich saß mehr oder minder tatenlos hier herum.
Wer könnte mir helfen?
Wenn ich in ein Menschen-Krankenhaus ging, würde innerhalb von Stunden die ganze Welt von dem Unfall hier wissen. Feinde würden dies ausnützen und dann würde vielleicht wieder Krieg ausbrechen. Doch das wollte ich nicht riskieren, denn dafür hatte ich schon zu lange für den jetzigen Frieden gekämpft. Doch wer konnte mir helfen? Besser gesagt wer würde mir helfen wollen!
Kasper! Er war mein bester Freund und war mit einer menschlichen Frau verheiratet. Er wusste sicher, was ich zu tun hatte. Ich fing zu schwitzen an und zog mir mein Sakko aus und legte es unter Marlens Kopf.
Zittrig fingerte ich mein Handy aus meiner Hose und tippt seine Nummer ein. Nach dem dritten Versuch schaffte ich es fehlerfrei zu tippen.
„Jo, Alter! Was geht? Wieso nervst mich du zu einer so unchristlichen Stunde?“, meldete sich mein bester Freund nach dem ersten Klingeln. Ich wusste nicht einmal wie spät es war, da aber bei Kasper jede Uhrzeit unchristlich war, wenn er von seiner Frau weggeholt wurde. Was der Fall schien.
„Kasper, ich.. Scheiße.. ich weiß nicht, was ich tun soll!“, knurrte ich und fühlte mich hilflos wie noch nie in meinem Leben.
„Worum geht es?“ Anscheinend merkte er, dass etwas nicht stimmte, denn normalerweise war ich durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Nicht einmal als ich für ein paar Stunden meinen Thron verloren hatte. Selbst da konnte ich noch klar denken und einen Plan machen, wie ich wieder an meinen Thron gelangen würde und auch gekonnt hatte.
Doch dieses Ereignis mit Marlen warf mich aus der Bahn. Ich war hilflos wie ein Neugeborenes.
„Marlen.. Scheiße, ich glaub, ich hab sie fast ausgesaugt … “, gab ich stammelnd zu. Diese Worte auszusprechen machten für mich die Situation auf einmal real. Als würden meine Synapsen erwachen und mit Eiltempo alle Informationen weitergeben und verarbeiten.
„Scheiße! Du kommst sofort her. Wir bereiten alles vor!“ Ohne weitere Worte verabschiedete er sich und legte auf.
Verwirrt starrte ich mein Telefon an, dass mich nun an tutete.
Schnell zog ich Marlen wieder richtig an. Das Kleid bedeckte nun wieder die Beine. Ich zupfte und zerrte noch etwas herum damit wieder das Kleid richtig saß. Ihre Schuhe zog ich ihr wieder an. Marlens Hände drapierte ich auf ihren Bauch. Die Hand mit dem Verlobungsring lag oben auf. Etwas verwirrt sah ich mir diese Hand an, denn ich wusste nicht, wieso ich ihr eigentlich einen Antrag gemacht hatte. Aus einem Impuls heraus war ich wenige Stunden vor dem Ball in ein Juweliergeschäft gefahren und hatte mich ein wenig umgesehen und dann diesen Ring gefunden. Ohne zu zögern hatte ich dann bezahlt und war mit einem Verlobungsring aus dem Juweliergeschäft gegangen. Ich hatte auch irgendeine Größe genommen, doch komischerweise die Richtige, wie ich unschwer erkennen konnte. Es war als wüsste ich, was zu tun war. Tatsächlich hatte ich ihr einen Heiratsantrag gemacht und sie hatte ihn auch angenommen. Und wie dankte ich ihr? Sie lag fast ausgesaugt auf einer Rückbank einer Limousine.
Ich schickte einen mentalen Befehl an den Fahrer uns so schnell wie irgendwie möglich zu Kasper zu bringen. Egal ob er irgendwelche Verkehrsregeln brechen musste. Ich würde die Strafen auf mich nehmen.
Sobald der Fahrer meine Anweisung erhalten hatte, stieg er in die Pedale. Vorher war er nur „herum gegurkt“, aber jetzt war sein Bleifuß zu Tage getreten.
Schon in der nächsten Kurve quietschten die Reifen auf und ich wurde gegen die Tür geschleudert mitsamt Marlens Körper. Hart krachten meine Kiefer aufeinander. Fast hätte ich mir in die Zunge gebissen. Marlens Körper wurde wie der einer Puppe herum gewirbelt. Sie krachte mit dem Rücken an meine Brust und ihr Kopf wurde in den Nacken geworfen. Ich hatte in diesem Augenblick Angst, dass sie sich selbst mehr oder weniger das Genick brach. Sobald der Wagen wieder gerade aus fuhr, schnallte ich mich mit Marlen Körper auf meinem Schoß an. Ich wollte nicht riskieren, dass sie noch mehr Verletzungen zugefügt bekam. Mit einer Hand hielt ich mich an der Halterung an der Tür fest mir der anderen drückte ich Marlens Kopf an meine Brust.
Ich weiß nicht mehr, wie lange die Fahrt dauerte, doch für mich eine gefühlte halbe Ewigkeit. Immer wieder zerrte der Gurt an unseren Körpern. Oder wir wurden nach hinten gedrückt, wenn die Limo wieder beschleunigte.
Nach jedem waghalsigen Manöver kontrollierte ich bei Marlen die Atmung sowie auch ihren Herzschlag. Er war noch immer sehr schwach und unregelmäßig. Aber dem Himmel sei Dank schlug es noch.
Endlich hörte ich das Knirschen der Reifen auf Kies. Das konnte nur bedeuten, dass wir die Auffahrt zu Kaspers Haus hinauf bretterten. Hart wurde ich in den Gurt gepresst als der Fahrer in die Bremsen stieg.
Bevor ich auch nur uns aus dem Gurt befreien konnte, wurde schon die Türe aufgerissen und Kasper hob Marlen von meinem Schoß. Schnell wie ein Wirbelwind sauste er die Treppen hinauf um in das Haus zu gelangen. Ich wollte ihm folgen, doch ich verhedderte mich in diesem blöden und unnötigen Gurt. Kurzerhand riss ich den Gurt aus seiner Verankerung. Der Gurt gab nach, sowie auch ein Teil der Verkleidung des Innenraumes des Autos. Doch es war mir egal.
Es zählte nur das Leben von Marlen.
Sofort folgte ich dem Geruch von Kasper und Marlen. Es ging in den Keller der Villa. Mehrere Treppen auf einmal nehmend, stürzte ich in den Keller. Aus der hintersten Türe drang Licht, sonst war es dunkel im Keller.
Das Piepsen mehrerer Geräte durchdrang die Stille. Zielstrebig bewegte ich mich auf das Licht unter einer Tür zu.
Ohne zu klopfen stürmte ich in das Zimmer. Was ich sah, schockierte mich stark. Ich hatte gewusst, dass Kasper Arzt und auch ein Heiler war, doch dass er ein Zimmer hatte, das mit einem Krankenhaus Konkurrenz aufnehmen konnte, war mir neu, obwohl ich mich dunkel zu erinnern glaubte, dass wir einmal darüber gesprochen hatte.
Marlen war an diversen Geräten angeschlossen. Ihr aufgeschnittenes Kleid hing in Fetzen um den blassen Körper herum und entblößte so, nur die in Unterwäsche gewandte Marlen.
Sobald ich sie so sah, entkam mir ein tödliches Knurren. Denn ein anderer Mann hatte meine Frau entblößt und auch noch berührt. Das konnte ich nicht dulden. Ich musste dem anderem wehtun! Ich war in einem Art Rausch. Ich musste diesem Mann Schmerzen zufügen! Sobald dieser Gedanke sich in meinem Verstand festgesetzt hatte, hörte ich mehr oder weniger zu denken auf und ließ dem Tier, das Marlen als Gefährtin beanspruchte mit einem lauten Fauchen heraus. Wie ein Tier kauerte er sich zusammen und wartete auf den nächsten Schritt des Herausfordere.
„Verdammte Scheiße! Vlad, komm zu dir!“, schrie ihn Kasper an während er so schnell wie möglich Abstand von Marlen nahm. Kasper wusste, was das bedeutete. Vladimir war der Gefährte von Marlen und das Gefährliche daran war, ihm schien es nicht einmal bewusst zu sein. Jetzt hatte er sein inneres Tier zum zweiten Mal aus dem Käfig gelassen. Das erste Mal war schon verheerend gewesen als er seine kleine Schwester verloren hatte, aber jetzt würde es ein Massaker sonders gleichen werden.
Denn ein Vampir verstand keinen Spaß, wenn es um seine Gefährtin und einen anderen Mann ging. Selbst die ruhigsten und die beherrschten Vampire verloren in solchen Situationen den Verstand. Starb die Gefährtin verlor der Vampir buchstäblich den Verstand, außer es war ein kleines Kind aus dieser Verbindung entsprungen, konnten sich die meisten Vampire bis zur Volljährigkeit der Kinder zusammenreißen und erst dann erlösten sie sich von dem Schmerz um ihre Gefährtin. In diesen Fällen gab es eine Garde, die für die Erlösung dieser Vampire zuständig war. Verlor die Gefährtin ihren Mann konnte es sein, dass sie sich selbst erlöste oder aber sich erlösen ließ, denn wahre Gefährten konnten ohne den anderen nicht leben. Einige wenige schafften es solange am Leben zu bleiben, bis die Kinder erwachsen genug waren um selbst für sich zu sorgen, erst dann ließen sie sich von ihrem Leid erlösen.
„Willst du sie sterben lassen?“, schrie Kasper ihn weiter an in der Hoffnung, dass Vlad wieder zu Verstand kommen würde, denn sonst würde ihnen Marlen unter den Armen wegsterben obwohl sie sie vielleicht retten hätten können. Doch es war zwecklos.
Sein Freund hatte schon die Angriffsposition eingenommen und war bereit gegen Kasper um Marlen zu kämpfen. Er hatte sich wie ein wildes Tier auf den Boden gekauert und lauerte darauf, dass Kasper sich rührte. Von den gebleckten Zähnen tropfte Speichel herab. Des Weitern waren seine Zähne noch viel länger als sonst – sie reichten ihm fast bis Mitte des Kinnes. Sie glichen den Fängen eines Säbelzahntigers. Seine Augen glühten in den Farben seiner Verbindung. Das Komische an dieser Situation war, dass die Augen in Regenbogenfarben glühten.
„Ich liebe dich, nur damit du es weißt, falls was schief gehen sollte. Sieh zu, dass du Marlen wieder hinbekommst, sonst ist er verloren. Das Volk braucht ihn. Falls ich es nicht überleben sollte, zürne ihm nicht und lebe dein Leben wie du es sonst tätest. >Jag älskar dig! < (swedisch: Ich liebe dich!)”
Mit Tränen in den Augen und gebrochener Stimme antwortete Paula:”>Jag dig också.
Irgendetwas geschah. Das Weiß, welches mich umhüllt hatte, verzog sich. Es sah aus als wurde es gedehnt, wie man einen Plastiksack dehnte. Man konnte regelrecht die Finger ausmachen, die an zwei Seiten zogen und versuchten es zu zerreißen.
Neugierig geworden bewegte ich mich mittels meiner ausgeklügelten Schwimmtechnik, zu der „Dehnung“ hin. Leicht legte ich den Kopf schräg und folgte fasziniert dem Schauspiel.
Plötzlich entstand ein Loch und ein Sog packte mich und zog mich aus dem Weiß heraus. Mich katapultierte es in einen schwarzen Tunnel, wo ich hin und her geschleudert wurde. Saltos. Drehungen. Ich hatte keine Kontrolle über mich. Meine Haare peitschten mir ins Gesicht. Die Striemen, die sie hinter ließen, brannten auf meiner Haut.
Gerade war ich noch im schwarzen Nichts und nun purzelte ich heraus und fand mich über den Wolken wieder. Ich kam mir vor als wäre ich in einem Flugzeug und würde aus einem Fenster heraus sehen. Still schwebte ich über den Wolken. Ich dachte, ich wäre jetzt dort, wo ich nach dem endlosen Weiß und dem schwarzen Tunnel, doch weit gefehlt.
Gerade hatte ich mich nach dem Herumgepurzel so weit erholt, dass ich es mir auf einer Wolke gemütlich machen wollte, als ich einen Druck in meiner Magengegend fühlte. Ein überraschtes „Oh“ kam mir über die Lippen, bevor ich durch die Wolken gezogen wurde in Richtung Erde. Auf dem Rücken liegend und schreiend versuchte ich mich umzudrehen.
Endlich hatte ich es geschafft, doch als ich die Augen öffnete, wünschte ich mir, ich hätte sie nie geöffnet. Ich sah, wie ich mich sehr schnell dem Boden näherte. Obwohl alles mehr oder weniger eine grüne Suppe vor meinen Augen war. Mit den Händen und Beinen rudernd versuchte ich den Fall zu verlangsamen. Doch wie so oft hatten meine Mühen keine Wirkung. Ungebremst raste ich auf den Boden zu.
Endlich konnte ich etwas erkennen. Ich würde auf einem Hausdach landen. Einem Dach, das sehr ungemütlich von meiner Perspektive aussah, wenn man mich fragte. Obwohl, was sollte mir schon Großartiges passieren? Ich war ja schon tot, meiner Meinung nach, denn ich war ja schon in einem großen weißen Nichts gefangen gewesen. Doch ich wollte mein „Glück“ nicht herausfordern.
Unaufhörlich näherte ich mich dem Dach. Schützend legte ich meine Hände um meinen Kopf und fing zu beten an. Wenigstens vor meinem Ende sollte ich beten, fand ich.
Ohne Schmerzen fiel ich durch das Dach. Dann durch den Boden und noch einmal. Zweimal passierte dieses Schauspiel ohne Schmerzen. Bis ich unter einer Decke zum Stillschweben anhielt und was ich sah, schockierte mich.
Da lag ja ich. Halbnackt und nur in Unterwäsche! Paula bearbeitete fluchend meine Brust. Sie schwitzte und weinte gleichzeitig. Weinte sie wegen mir? Nein, das konnte ich nicht glauben. Wieso sollte sie wegen mir weinen? Wir hatten nur einmal uns gesehen. Doch als ich den Blick in den Raum schweifen ließ, sah ich einen Kampf.
Zwei Personen kämpften wie wilde Tiere. Als ich genauer hinsah, erkannte ich, dass diese wilden Tiere Kasper und Vladimir waren. Aber wieso? Ich verstand es nicht.
Ich wollte es beenden und stellte mich mehr oder weniger zwischen die beiden und schrie sie an. Doch die beiden hörten und sahen mich nicht, sondern sprangen durch mich hindurch wieder auf einander und bekämpften sich weiter.
„Verdammt noch mal! Hört auf“, schrie ich laut und gestikulierte wild hin und her. Alles war zwecklos. Sie zerstörten sich mehr oder weniger selbst. Vladimir riss Kasper zwei Finger aus. Kasper kugelte Vladimir die Schulter aus und riss ihm gleichzeitig Fleisch heraus. Beide grunzten nur über den Schmerz und ließen sich von dem ganzen Blut nicht aus der „Ruhe“ bringen. Sie schüttelten sich beide und fingen wieder von vorne an.
Ich wusste nicht einmal warum sie kämpften.
Da ich in diesem Kampf nichts ausrichten konnte und ich auch nicht gerade darauf stand, dass Fäuste durch mich hindurch flogen, ging ich zu Paula hinüber und sah ihr neugierig zu. Sie war dabei mich wieder zu beleben. Das Bild, das wir boten, war für mich erschreckend.
Ich nur in Unterwäsche auf einem metallenen Tisch. Jetzt konnte jeder meinen kleinen Tanga entdecken, der mich unten rum, gerade so bedeckte. Mein ehemals wunderschönes Kleid in Fetzen um mich herum drapiert. Auf beiden Armbeugen jeweils eine Infusion, der rechte Beutel war rot gefüllt, schätzungsweise mit Blut und der andere war mit einer durchsichtigen Flüssigkeit gefüllt. Ein Plastikstück war in meine Nase eingeführt und versorgte mich schätzungsweise mit Sauerstoff.
Blass lag ich unter dem künstlichen Licht und sah wie eine misshandelte Puppe aus. Langsam ging ich um mich selbst herum zu Paula und stellte mich neben sie. Ich sah auf meinem Hals zwei rosa Punkte. Unwillkürlich fuhr ich auch auf dieselbe Stelle an meinem Hals. Leicht konnte ich die beiden rauen Stellen erfühlen. Mit zwei Fingern presste ich auf die Stelle und hoffte mich würde vielleicht ein Schmerz durchzucken, doch Fehlanzeige. Ich konnte mich zwar selbst befühlen, aber anscheinend konnte ich mir selbst keine Schmerzen zufügen oder ich empfand nichts.
Ob meine Theorie zu untermauern, zwickte ich mich selbst in den Arm. Ich bekam einen Abdruck, aber ich spürte keine Schmerzen.
Das war echt gruselig. Schnell rieb ich über die Abdrücke, damit sie verschwanden und wandte mich wieder Paula zu.
Ihr liefen die Augen vor lauter Tränen über. Sie perlten ihr über die Wangen, fielen zu Boden und sammelten sich in einer kleinen Pfütze wieder.
Gerade wollte ich sie berühren, als mich wieder ein Sog hinten am Nachthemd packte und mich wie in einem Strudel umher zu wirbeln. Meine Hände und Füße entwickelten ein eigenes Leben. Sie wurden hin und her geschleudert. Meine Haare peitschten schon wieder in mein Gesicht. Und wieder schrie ich mir die Seele aus dem Leib.
Plötzlich machte es einen Schnalzer und wieder wurde alles schwarz um mich.
„Leb endlich“, schluchzte Paula. Sie massierte schon seit gefühlten Stunden Marlens Herz, aber es kam keine Reaktion von ihr.
Nur einmal hatte sie einen Blick auf die Kämpfenden gewagt, doch was sie gesehen hatte, hatte ihr das Herz mehrfach zerrissen.
Ihr Mann blutete aus mehreren Wunden und schwankte gefährlich. Er konnte gerade noch stehen ohne das er sich abstützte. Schwer keuchend versuchte Kasper sich aufzurichten um Vladimir besser im Blick zu haben.
Dieser hockte in einigem Abstand da und ließ seine „Beute“ nicht aus den Augen. Er selbst sah auch ramponiert aus.
Paula war kurz davor zusammen zu brechen. Sie hatte fast keine Kraft mehr in ihren Armen.
Schniefend nahm sie ihre Hände von Marlens Brust. Es hatte keinen Sinn mehr – sie kam nicht mehr zurück. Zögernd machte sie einen Schritt von dem Tische zurück und sah sich diese Frau an, die Vladimir so aus dem Konzept gebracht hatte, dass er seinen besten Freund angriff und „bekämpfte“.
Fahrig suchte sie Tücher in ihren Taschen um sich die Tränen aus dem Gesicht zu wischen, doch als sie ihren Blick langsam über Marlen auf dem Boden schweifen ließ, sah sie bei Marlens Fingern ein Zucken.
Paula konnte ihren Augen nicht trauen, doch da war das verräterische Zucken wieder. Dieses Mal zuckte sie ganze Hand. Das Zucken breitete sich aus. Unterarm, dann der ganze Arm.
Es war wenn man es genau nahm, kein richtiges Zucken, sondern eine regelrechte Welle, die sich über den Körper ausbreitete. Einmal wurde der ganze Körper am Brustkorb hochgehoben, wie bei einer Marionette, wenn man den richtigen Faden zog. Einige Sekunden lang blieb sie in der Luft, bevor der Körper wieder hart auf den Metalltisch fiel, als hätte man den Faden der Marionette zerschnitten.
Plötzlich öffneten sich Augen und Mund. Der Mund bildete ein großes „O“ als würde sie einen Schrei ausstoßen. Die Augen traten ihr regelrecht aus den Höhlen hervor. Sie schnappte wie ein Fisch an Land nach Luft. Paula hatte mit so einer Reaktion nicht gerechnet und deshalb war sie auch nicht vorbereitet darauf und erschreckte sich dementsprechend auch.
Doch sobald sie sah, dass Marlens Brustkorb sich regelmäßig hob und senkte, eilte sie sofort zu ihr und überprüfte ihren Puls. Er war sehr schnell, aber stark.
Marlen’s Sicht
Gleißendes Licht blendete mich und sofort schloss ich die Augen um mich zu schützen, denn die Lichtstrahlen ließen meinen Kopf schmerzhaft pochen. Mein Gehirn bemerkte eine warme Berührung an meinem Handgelenk und nach einigen Sekunden war ein erleichterter Seufzer zu hören.
Ich schnappt mit offenem Mund nach Luft und versuchte so viel wie möglich in meine Lungen zu pressen. Mir kam es so vor als wäre ich längere Zeit Unterwasser gewesen und mir ist die Luft gerade ausgegangen.
Endlich hatte sich meine Atmung ein wenig beruhigt, als mir ein Wort durch den Verstand schoss.
„Vladimir“, flüsterte ich mit gebrochen rauer Stimme in den Raum. Plötzlich befand sich in diesem Raum nur Stille, die nur durch das regelmäßige Piepen einer Maschine unterbrochen wurde. Ich hatte zuvor den Tumult hinter meinem Kopf ausgeblendet, doch jetzt wo dieser beendet war, empfand ich die Stille als bedrückend.
Schnelle tapsende Schritte bewegten sich auf mich zu. Ich versuchte meinen Kopf zu drehen um zu sehen, wer sich so hastig auf mich zubewegte. Doch ich sah im Endeffekt nur meine Haare. Bang wartete ich, wer zu mir gelaufen kam. Ich wusste nicht, wo ich war und den Raum hatte ich noch nie in meinem Leben gesehen und das machte mir Angst. Unwillkürlich fing ich zu zittern an. Ich versuchte mich aufzurichten um mich der Gefahr zu stellen, die auf mich zukam, doch meine Muskeln spielten nicht mit. Schwach wie ein neugeborenes Fohlen lag ich hier auf einem kalten Tisch und wartete.
Langsam schob sich ein Gesicht in mein Blickfeld. Auf den ersten Blick erkannte ich es nicht. Entstellt von mehreren Wunden und einem noch nicht ausgereiften Veilchen blickte Vladimir auf mich herab.
„Vladimir?“, hauchte ich fragend. Ich war mir nicht wirklich sicher, ob er das sein konnte. In Erinnerung hatte ich ihn nur „makellos“.
Nickend lächelte er mir mit einer aufgeplatzten Lippe zu.
„Marlen“, murmelte er glücklich und strich mir sanft mir den Fingerspitzen von meiner Wange über mein Haar. Immer wieder zog er mein Gesicht nach und spielte mit meinen Haarsträhnen.
Ich genoss diese Berührung. Ich sehnte mich nach dieser sobald er auch nur seine Finger von meinem Haar nahm.
Mit all meiner Kraft zwang ich meinen Arm sich zu bewegen. Langsam bewegte er sich in die Richtung von Vladimirs Gesicht. Endlich stellte ich den Hautkontakt zu Vladimir her. Sanft lag meine Hand ab seine Wange. Ich hatte sie nur leicht auf ihn gelegt, sodass ich ihm nicht Schmerzen zufügte, denn seine Haut war an mehreren Stellen aufgeschürft.
Doch es scherte ihn nicht, denn er presste sein Gesicht an meine Hand und drückte auf meinen Handteller einen Kuss hinauf.
Ich konnte nicht anderes und blickte ihm die ganze Zeit fest in die Augen.
„Was ist passiert?“, flüsterte ich während ich versuchte mich zu erinnern. Ich konnte mich an unsere Verlobung und an den heißen Kuss in der Limo erinnern, aber ab da hatte ich keine Erinnerungen mehr.
„Viel. Ich erzähl dir später alles. Aber jetzt würde ich gerne duschen und mich um dich kümmern. Komm“, sagte er zu mir und half mir mich aufzusetzen.
Sobald ich aufrecht saß, wurde mir schwindlig. Keuchend entkam mir der Atem. Haltsuchend krallte ich mich bei Vladimir fest.
Sofort stütze er mich und fing zu knurren an. Ich wusste nicht wieso, verwirrt sah ich ihn an. Er hatte den Blick auf etwas hinter mir gerichtet. Er kniff die Augen fest zusammen und fixierte das hinter mir. Langsam wurde mir kalt. Als ich an mir hinuntersah, bemerkte ich, dass ich nur in meiner Unterwäsche hier saß. Beschämt, dass mich wahrscheinlich andere auch in meiner Unterwäsche sahen, drückte ich mein Gesicht an Vladimirs Brust und versteckte meine brennenden Wangen. Er musste mich gemustert haben, denn er nahm etwas Abstand von mir und sah mir genau in die Augen und forschte eindringlich darin herum. Als ich mit den Zähnen zu klappern anfing, musste ihm wohl ein Licht aufgegangen sein.
Mit einer Hand stützte er mich und mit der anderen begann er sein Hemd aufzuknöpfen, das schon einige Knöpfe verloren hatte und an manchen Stellen befanden sich Risse. Doch dieses wäre um einiges wärmer als mein kleines Unterwäscheset.
Als er mit dem einen Arm aus dem Ärmel geschlupft war, wechselte er die Hand, die mich stützte und schlüpfte mit dem anderen Arm aus dem Hemd. Sanft legte er mir das Hemd über den Rücken und führte meine Arme in die dafür vorgesehenen Öffnungen. Sorgfältig schloss er die Köpfe an meiner Vorderseite. Während er dies alles tat, ließ er seinen Blick kein einziges Mal von meinen Augen ab schweifen.
Erst als er den letzten und obersten Knopf geschlossen hatte, war er mit sich zufrieden.
„Komm“, meinte er und half mir auf die Beine. Zuvor jedoch zog er mir die High Heels aus. Achtlos schmiss er sie hinter sich. Mit einem dumpfen Knall gegen die Wand kamen sie auf dem Boden auf. Wie ein Kind rutschte ich vom Tisch herunter und ließ mich von Vladimirs Armen auffangen. Wackelig auf den Beinen machte ich mit meiner „lebenden Stütze“ einige Schritte. Ich konnte nicht anderes und warf noch einen Blick zurück auf den Tisch. Mein rotes Kleid sah von meinem Blickwinkel wie eine Pfütze Blut aus. Schaudernd versteckte ich mich unter den Arm von Vladimir. Diese Kleiderpfütze könnte alles mein Blut sein.
Unter Vladimirs Armen fühlte ich mich geborgen und geschützt. Er stütze mich sofort, bevor ich auf den Boden, denn meine Beine gehorchten mir nicht wirklich. Zittrig machte ich einen Schritt vor den anderen und versuchte mich so gut wie möglich nicht an Vladimir zu lehnen, denn wie ich bemerkt hatte, war er selbst voller Verletzung.
Ich sah erst jetzt, dass Paula neben dem liegenden Kasper kniete und diesen medizinisch versorgte. Beruhigend redete er auf sie ein, strich ihr immer wieder über den Arm und schenkte ihr hin und wieder ein Lächeln. Paula lächelte auch hin und wieder unter den Tränen, die ihr noch über die Wangen perlten. Plötzlich sah Kasper zu uns her und nickte einmal kurz und nachdrücklich – verwirrt sah ich zwischen Vladimir und ihm hin und her. Vladimir nickte ebenfalls und brachte mich zur Türe.
Langsam ließ ich mich von Vladimir aus dem Zimmer führen und die Stufen nach oben, wobei er mich die meiste Zeit die Steigung nach oben trug, denn meine Füße wogen gefühlte Tonnen. Endlich waren wir oben und befanden uns wieder im Eingangsbereich. Etwas schwerfällig drehte sich Vladimir mit mir um 180°C wobei ich wie eine Puppe auf Vladimir hing und ich mich von ihm drehen ließ. Leblos schliefen meine Füße über den Boden.
Er führte mich in den hinteren Teil des Hauses. An einer Glastür blieb er stehen und öffnete diese umständlich mit seinem herab hängendem Arm. Nach einigen Spielereien sprang die Türe auf. Tiefe Nacht empfing uns. Vorsichtig stiegen wir die Stufen hinab. Er lotste mich über den Rase vorbei an einem riesigen Pool mit einem Wasserfall in Richtung eines kleinen Hauses, das unter einigen Bäumen versteckt stand. Das feuchte Gras kitzelte meine Fußsohlen, hin und wieder entkam mir ein Kichern, welches jedoch in einem Hustenanfall endete. Leicht lächelnd sah mich Vladimir während meiner Kicher-Anfälle an, doch sobald ich wieder zu husten anfing, zog er die Stirn in Falten und sah mich missbilligend an. Ich versuchte so gut wie möglich nicht mehr zu lachen, doch dies war schwer, denn immer wieder berührten mich Grashalme an meiner empfindlichen und sehr kitzligen Stelle. Und prompt entkam mir wieder ein atemloses Kichern.
Bald standen wir vor der weißen Tür. Doch komischerweise sah ich kein Schlüsselloch bzw., einen Tür Knauf. Nur einen kleinen Kasten in etwa auf Taillenhöhe. Vladimir streckte seine Hand aus und legte nacheinander den Daumen und den Ringfinger hinein. Ein grünes Licht schien auf und mit einem kleinen „Plopp“ schwang die Tür nach außen auf. Er hievte mich über die hohe Einstiegskante und folgte mir auf Schritt. Leider ging innen kein Licht an und somit konnte ich nicht viel sehen. Er führte mich durch das dunkle Haus. Vladimir war mehr oder weniger mein Navi mit einer sehr erotischen und tiefen Bass-Stimme. Wir waren einige Schritte gegangen und waren dann einmal rechts abgebogen und vor dieser Tür waren wir stehen geblieben.
Dieses Mal ließ sich die Türe ganz leicht öffnen, denn es war eine Schiebetüre, dem Geräusch nach her.
Plötzlich ging auch die Deckenlampe an und blendete mich. Ein leises erschrockenes Keuchen entkam mir während ich schnell die Augen schloss um mich vor der unerwarteten Helligkeit zu schützen. Durch die Helligkeit schossen mir kleine „Blitze“ ins Gehirn und verursachten Kopfschmerzen. Erstickt schrie ich auf und presste meine Hände gegen den pochenden Schmerz in meinen Schläfen. Sofort wurde es gedämmt.
„Entschuldige“, flüsterte Vladimir. Er nahm mich an der Hand und führte mich etwas weiter in den Raum hinein. Wieder hörte ich das surrende Geräusch der Tür wie sie sich schloss, nahm ich an.
„Hier hinsetzten“, sagte mein „Fremdenführer“ während er mir half mich langsam auf ein Ding zu setzen. Mit den Händen ertastete ich es, denn ich wollte meine Augen noch nicht der schmerzlichen Helligkeit aussetzen. Langsam ließ ich mich auf mein Hinterteil sinken.
Da ich noch immer meine Augen geschlossen hielt, konnte ich nur Vladimir herum werkeln hören. Er drehte irgendwo einen Wasserhahn auf. Das Rauschen erfüllte den Raum. Ich wusste nicht wie groß der Raum war, aber das Rauschen war sehr laut.
Ich wusste nicht wie lange ich dem Geräusch lauschte, doch dieses beruhigte mich ungemein. So erschrak ich dementsprechend auch als Vladimir mich ansprach und mir erklärte, er werde mich aus meiner notdürftigen Bekleidung schälen und mich in die warme Badewanne setzten.
„Ja“, krächzte ich leise um mein klägliches Ja zu untermauern, nickte ich nochmals mit meinem Kopf, was eine unkluge Entscheidung war. Denn sofort meldete sich mein persönlicher Presslufthammer in meinem Kopf sehr stark, was mich vor Schmerzen wie eine Schlange zischen ließ.
Sobald ich einen kleinen Ruck an meinem Gewand, versteifte ich mich unwillkürlich, doch Vladimir sprach beruhigend auf mich ein, sodass ich mich bald darauf entspannte.
Schnell war ich von diesem Hemd befreit. Schützend schlang ich meine Armen um meine Brüste und zog meine Beine etwas an. Ich wusste nicht, ob Vladimir mich ansah, aber ich fühlte mich vor ihm bis auf die Seele entblößt. Obwohl ich nicht sonderlich prüde oder schamhaft wäre, was meinen Körper betraf und ihn auch schon ein Mann gesehen hatte, war es für mich etwas anderes meinen unbekleideten Körper vor Vladimir zu zeigen. Irgendwie wollte ich, dass ich ihm auch nackt gefiel. Nicht nur in diesem monströsem Kleid, welches meine Fehler dementsprechend kaschierte.
Doch da ich mich nicht traute meine Augen zu öffnen und sein Gesicht zu mustern, musste ich wohl oder übel mit der Ungewissheit leben.
Leise quiekte ich auf, als ich hochgehoben wurde. An Vladimirs Brust lehnte ich mich an und wartete darauf, endlich in die Badewanne zu kommen. Er trug mich als würde ich nichts wiegen. Sein Atem veränderte sich nicht. Es war als würde er ganz normal gehen ohne eine Last auf den Armen. Vladimir ließ meine Füße los und ließ mich an seinem Körper hinunterrutschen, jedoch hielt er mich an der Taille weiter fest. Während ich an ihm hinabrutschte, bemerkte ich, dass er nackt war, so wie ich! Meine nackten Beine glitten über seine Taille, Oberschneckel und Knie. Alles war nackt! Ohne störende Kleidung.
Ich musste gestehen, dass seine Haut sich an meiner sehr gut anfühlte, so gut, dass ich ein leises Seufzen nicht unterdrücken konnte. Ohne es wirklich zu steuern, kuschelte ich mich an ihn. Mein Kopf lag auf seiner Brust und ich schlang ihm meine Arme um die Taille. Durch seine Brust ging ein brummendes Lachen, was mir auch ein Lächeln auf die Lippen zauberte.
Er stieg mit mir in die Badewanne, wo schon ein heißes Schaumbad wartete. Bis zu der Mitte meiner Wade ging das Wasser. Langsam ließ er sich mit mir in die warmen Fluten gleiten.
Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich mit meinem Boss, nein, meinem Verlobten in die Badewanne steigen würde. Ohne mein wirkliches Zutun verspannte ich mich und wimmerte leicht.
„Schhh, ich tu nichts, ich verspreche es“, murmelte er mir zu und tatsächlich entspannte ich mich wieder in seinen Armen.
Gemeinsam mit mir ließ er sich in das Wasser nieder und setzte sich hin. Mich drapierte er zwischen seine Schenkel und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Vertrauensvoll schmiegte ich mich an ihn und genoss die Wärme des Wassers aber auch seine Körperwärme. Den Wasserhahn hatte er ab geschalten, denn nur unseren Atem konnte man hören.
Seine Arme umschlossen mich und drückten mich fester an ihn. Eine kleine Ewigkeit blieben wir im Wasser. Wir wuschen uns gegenseitig. Sanft schamponierte er meine Haare ein und spülte sie auch wieder aus. Mit einem Schwamm rieb ich zart seinen Körper ein, damit ich ihm nicht noch mehr Schmerzen zufügte.
Nachdem wir von jeglichen Seifenresten befreit waren, hob er mich aus der Wanne und stellt mich auf einen Teppich. Sanft trocknete er mich ab und wickelte meine Haare sowie meinen Körper in Handtücher ein. Sich selbst trocknete er nachlässig ab, was ich von meinen halb geöffneten Augen aus sah.
Wieder hab er mich hoch und trug mich in ein weiteres dunkles Zimmer. Er legte mich auf etwas ab. Es war ein Bett. Sobald mein Kopf die Polster berührte, musste ich herzhaft gähnen. Leise lachend entfernte er die Handtücher und deckte mich mit den kühlen Laken zu. Ich hörte seine Schritte, wie er tapsend das Bett umrundete. Ein kalter Luftzug traf meinen Rücken, als das Laken hochgehoben wurde und sich ein Mann hinter mich schob.
Seine Arme zogen mich näher an sich und er kuschelte seine nackte Vorderseite an meine nackte Rückseite. Doch anstatt aus zuflippen, was eher zu mir gepasst hätte, seufzte ich vor Wonne auf. Automatisch schob ich meine Füße zwischen seine. Unsere Hände verknoteten sich ineinander.
Ich kam mir beschützt und geborgen vor. Langsam glitt ich in das Land der Träume. Ein kleiner Kuss auf meine Schulter ließ mich unwillkürlich lächeln.
„Tu mir das nie wieder an! Hörst du? Dich zu verlieren, das halte ich nicht aus!“, hörte ich ihn noch flüstern bevor ich in das Land der Träume kam.
Texte: Bitte nichts nachmachen!!!
Tag der Veröffentlichung: 23.03.2011
Alle Rechte vorbehalten
Widmung:
Für alle!
Ich bitte euch, mir Vorschläge zu machen, wie es weiter gehen könnte...
Ich danke allen, die sich als Betaleser beworben haben!! da es so viele waren, hab ich die überarbeitete Version nun online gestellt...