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Die Schifffahrt

Neben mir dudelt in einem alten Koferradio der Johann-Strauss-Walzer "An der schönen blauen Donau". Dies sei das Allerschönste überhaupt, das der Walzerkönig einst kompnierte, ist die Meinung von André Rieu. Aber ist die Donau wirklich blau? Darauf waren wir gespannt!

 

Tochter Sylvia und ich hatten eine Donaukreuzfahrt gebucht. Und es konnte auch gar nicht anders sein, dass unser Schiff den stolzen Namen "Johann Strauss" trug. Bei einer Breite von 12 Metern und einer Länge von 110 Metern bot es etwa 130 Passagieren auf vier Decks Platz. Los ging es an einem Sonntag acht Uhr von Leipzig per Bus. Nach sechs Stunden erreichten wir Passau. Nach nicht allzu langer Zeit konnten wir in unsere Kabine einziehen. Die Sachen wollten wir am Abend auspacken. Da unser Schiff schon abgelegt hatte, drängte es uns an Deck, um die bewaldeten romantischen Ufer der Donau zu sehen. Und die Donau selbst zeigte sich in Braun, von Blau keine Spur!

 

Wir kreuzten sechs Tage entlang der malerischen Donau, dem zweitgrößten Strom Europas! Vorerst erlebten wir die bezaubernde Flusslandschafft der Wachau und dem Donauknie. Unser Programm beinhaltete den Besuch der Metropolen an der Donau - Wien in Österreich, Budapest in Ungarn, Bratislava in der Slowakei sowie rückzu Melk in Österreich und mit dem Abschluss zur Ausschiffung wieder im deutschen Passau.

 

Auf der ganzen Schiffsroute hatte unsere "Johann Strauss" insgesamt elf Schleusen zu passieren. Bei der ersten und zweiten Schleuse sahen wir interessiert zu, wie unserem Schiff die unterschiedlichen Wasserstände und Stromschnellen Ausgleich verholfen wurde, dann merkten wir die Schleusen-Manöver gar nicht mehr. Nur vor Wien lagen vier Stunden Wartezeit an. Es dunkelte schon licht,  als wir in die Hauptstadt Österreichs und Johann-Strauss-Stadt überhaupt ankamen. Sofort stand in Bus bereit, und wir fuhren zu einer Anhöhe über Wien. Uns zu Füßen blinkerten die abertausend Lichter der Stadt. Wie in Tausend und eine Nacht! Ein ähnliches Erlebnis hatte ich nur in Las Vegas. Da hörte ich Sylvia ganz leise sagen: "Es sind diese schönen Erlebnisse, die das Leben lebenswert machen!" Wie recht sie doch hatte!

 

 

Meine Heimatstadt Dresden und die Elbe liebe ich, doch jetzt liebe ich die Donau noch dazu! Ein so mächtiger Strom, dessen Weg durch eine traumhafte Naturlandschaft führt. Dieses Jahr fast an der Grenze zum Niedrigwasser, doch hatte die Donau auch Jahre mit starkem Hochwasser. Deswegen am Ufer wie Babajaga-Hexenhäuschen wirken die Hütten - auf einem Bein, auch Wohnhäuser in Ufernähe auf Stelzen errichtet. Für uns ganz neu, trotz aller Romantik sicherlich sehr effektiv für die Bewohner.

 

Eine Besonderheit unseres Schiffes ermöglichte, dass Sylvia und ich jeden Tag ab 16 Uhr beim Kuchenbuffet ordentlich zulangen konnten. Unsere "Johann Strauss" hatte einen kleinen Fitness-Raum mit zwei Ergometern, das heißt Fahrrädern. So genehmigen wir uns das köstliche Gebäck, um danach schnurstracks 30 bis 45 Minuten auf die Fahrräder zu steigen, und die Kalorien abzustrampeln. So verrückt können auch nur figurbewußte Frauen sein! Doch darüber hinaus war für viel Bewegung gesorgt, denn wir hatten das große Ausflugspaket gebucht. Unvergessen daraus die Abendfahrt durch das erstrahlende Wien, Ausflug zum Stift Klosterneuburg, Dom-Besuch in Eztergom, Stadtrundgang Bratislava, Führung durch Schloss Hof sowie Göttweig. Und natürlich ist Stift Melk in Österreich auch noch einzubeziehen.

 

Habe ich jetzt hierbei Budapest vergessen? Mitnichten! Zu Zeiten der DDR war ich etwa 20 Mal in dieser historisch so anziehenden Hauptstadt von Ungarn. Doch auf dieser Reise habe ich alles wieder neu erlebt! Zwei Highlights möchte ich herausgreifen. Unser Schiff hatte im Spätnachmittag in Budapest angelegt. Durch das Bordmikrofon informierte der Kapitän die Passagiere, dass die "Johann Strauss"eine Fahrt durch die nächtliche Metropole vor hat. Gegen 20 Uhr ging es stromabwärts. Erste Lichter blinkten auf. Ganz langsam entfernte sich Budapest. Das Schiff bog um eine Halbinsel in der Donau. Fast alle Gäste waren an Deck. Sylvia und ich hatten ganz vorn am Bug den allerschönsten Platz erwischt. Es herrschte eine erwartungsvolle Stille. Nur die Donau spielte leise mit den Wellen. Und dann geschah es, das Schiff bog nach etwa zwei Stunden um die Halbinsel - vor uns lag das mit tausend Lichtern funkelnde Budapest! Ein unbeschreibliches, emotionales Erlebnis! Wir fuhren mitten durch Buda und Pest! Das erstrahlende Parlament, die Kettenbrücke - unvergessen! Ein ereignisreicher Tag neigte sich dem Ende zu.

 

Die Budapest-Story ist noch nicht zu Ende. Am nächsten Vormittag liefen wir mit unserem Guide zur Markthalle. Welche Fülle! Im Erdgeschoss noch nie gesehen so prächtige Stände über und über mit Obst, Gemüse, Parika und vor allem mit der echten ungarischen Salami. Begehrte Mitbringsel. Im ersten Stock dann Bekleidung vom Feinsten. In Hülle und Fülle! Wir wären keine Frauen, wenn wir nicht zugelangt hätten. Zu 18 Euro gefiel mr eine Bluse mit einem riesigen Schmetterling und Flatterärmeln. Sylvia meinte: "Bescheuert! Wann kannst du sie denn anziehen?" Was macht es schon! Ich kaufte sie.

 

So unendlich geschichtsträchtig die ganze Reise! Unmöglich, hier auf alles einzugehen. Doch der Spaziergang durch Bratislava in der Slowakei muss noch erwähnt werden. Im Zentrum der Stadt gibt es einen uralten Brunnen - fast in der Nähe der von 1200, der ältesten Apotheke der Welt! Der Brunnen soll zu großen Stadtjubiläen eine Stunde an einem Sonntag um die Mittagszeit Rotwein spenden. Nun rätseln Sylvia und ich heute noch, ob das ein Gag der Stadtführerin ist, oder Wirklichkeit!

 

Alles in allem hat auf dieser Donau-Schifffahrt aber auch alles gestimmt! Der jeweilige Bustransfer zu den Ausflügen, der ChooChoo-Zug in Esztergom, vor allem die Guides für die Landgänge, die Buffets und der Service auf unserem Schiff, die Kabinen - alles! Und doch eines nicht! Die Donau war nicht blau! Nur tief braun! ----

Zum Abschied fragten wir unsern Kapitän, ob er diesen gewaltigen Strom je blau gesehen hätte. Er schüttelte den Kopf und meinte vielsagend: "Vielleicht war es ja Johann Strauss beim Komponieren dieses Walzers!" Was macht´s - es war eine Traumreise!

 

 

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Tag der Veröffentlichung: 18.07.2018

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