Cover

Kuraufenthalt

 

 

Zu meiner allergrößten Freude verbringt meine Tochter Sylvia mit mir jedes Jahr eine Woche ihrer Ferien. Als es an die Vorplanung ging, sagte Renate von meiner Sportgruppe: „Tut doch mal was für eure Gesundheit!“ „Ja, was und wo?“ „Fahrt zu einem Kuraufenthalt nach Franzensbad. Davon bin ich so sehr begeistert! Sich mal rundum verwöhnen lassen und dann noch die Kuranwendungen dazu!“ Gesagt –getan! Im Juni schien die geeignete Zeit zu sein. Da kam die Nachbarin an den Zaun: „Ihr müsst nach Amerika fahren. Amerika ist in!“ Gut und schön, aber Franzensbad war schon gebucht.

 

Von Leipzig aus hatten wir mit Sylvias Auto nur etwa drei Stunden Fahrt, bis wir in Tschechien in Frantiskovy lazne eintrafen. Es liegt ja nur 7 Kilometer von der deutsch-tschechischen Grenze entfernt. Das Sanatorium „Klima“ empfing uns aufs Freundlichste! Die Pointe nehme ich mal vorweg. Anfangs dachte ich, dass der Name des Kurhotels „Klima“ dem immer währenden gemäßigten Wetter und der herrlichen ruhigen Lage am Ende des Kurparks geschuldet sei. Doch es ist der Familienname des privat geführten Sanatoriums mit langjähriger Tradition! Die Unterbringung gefiel uns sehr gut.

Alle Kuranwendungen werden in der eigenen Kurabteilung direkt im Hause durchgeführt. Im Bademantel wandelten wir somit täglich mehrmals am beheizten Außenschwimmbad vorbei. Danach benutzten wir reichlich das Hallenbad und den Fitness-Raum. Abwechslungsreiche kulturelle und musikalische Veranstaltungen ließen uns die Abende recht kurzweilig verbringen. Wir fühlten uns sehr angenehm „klimatisiert“ in unserem „Klima“!

 

Natürlich hatte unser Kursanatorium eine hauseigene Glauberquelle „Stepanka“, die 1878 entdeckt worden war. Weiteren Quellen begegneten wir, als wir etwa eine viertel Stunde bis zur Stadt durch den Kurpark schlenderten. Insgesamt sind es jetzt 22 aktive Quellen mit der unterschiedlichsten Konzentration an Mineralien und Kohlesäuregasen. Die Franzensbader Heilwasser sind alkalische „Glaubersalzsäuerlinge“ – wie man sie nennt.

Die gesundheitsfördernde Eigenschaft dieser wurde bereits 1502 entdeckt. Damals gehörte der Ort noch zu der sieben Kilometer entfernten Stadt Eger. Seit etwa 1625 wurde das damals genannte „Egerwasser“ in Tonflaschen versandt. Es war wohl der allererste Versandhandel

 

Franzensbad ist der kleinste, aber auch der idyllischste der drei Kurorte des Westböhmischen Bäderdreiecks – Karlsbad, Marienbad und unser Franzensbad. Dieses wurde 1793 gegründet und auf Förderung durch Kaiser Franz II. angelegt.

 

Und was damals der Kaiser Franz II. eingerührt hat, hatte ich auszubaden! Renate von der Sportgruppe in Leipzig hatte mir mit auf den Weg gegeben: „Die Quelle Glauber 3 ist die beste!“ Wir genossen sie reichlich am ersten Tag. Nirgends war aber auch vermerkt, wie viel man von der Glaubersalz-Quelle trinken sollte. Der Erfolg war durchschlagend! Aber vermerkt sei hier noch, dass in der Wandelhalle von „Glauber 3“ stand: Erschließung 1921, Tiefe 53 Meter, Temperatur 11,5 Grad Celsius, ph-Wert 6,25 ... abführende Wirkung.

Erst fast am Ende unserer Kurreise sagte mir unsere Badefrau, dass die Glaubersalz-Quellen 3 und 4 so stark seien, „dass man zehn Sekunden Zeit bis zur Toilette hat!“

 

Von unserem wunderschönen Quartier im Sanatorium „Klima“ unternahmen Sylvia und ich mehrere Autofahrten nach unseren Kuranwendungen. Erwähnt sei hier nur

Eger (Cheb in der Landessprache) mit der berühmten Hausbrücke über die Ohre zur Burg aus dem Jahre 900. Hier wurde im Dreißigjährigen Krieg 1634 Wallenstein ermordet.

Soos , das Naturreservat, durfte nicht fehlen. Hier die berühmten Mofetten (Entgasungen, die durch den Vulkanismus entstehen). Deren Gas steigt in „Trichtern“ aus dem Schlamm auf.

Kloster Waldsassen hatten wir uns an einem Nachmittag angeschaut. Berühmt die Bibliothek

und ihre geschnitzten Holzfiguren.

 

Doch die große Überraschung von Franzensbad habe ich für den Schluss aufgehoben. Jeden Abend liefen wir von unserem „Klima“ etwa eine halbe Stunde nach – Amerika!

So heißt ein Naturreservat unweit der Kurstadt. Wie es zu diesem Namen kam, haben wir nicht ergründen können, da alle Erklärungen nur in Tschechisch vermerkt waren. Doch nie werde ich dieses wundervolle Amerika vergessen. In der Abendsonne gelangten wir an ein riesiges Seengebiet mit Wäldern, Wiesen und einem Park mit allerlei Getier, wie Eulen oder Ziegen und Schafen. In einem kleinen Rinnsal entlang des Weges quakten Frösche. Noch nie gesehene orangene Käfer saßen auf Steinen. Am gegenüber liegenden Ufer röhrten Rehböcke. Auf den Hangwiesen sahen wir sie mit ihren Ricken. Es müssen so an die vierzig Tiere gewesen sein. Sie gehörten vermutlich zu einem Wildgehege eines abgegrenzten riesigen Gebietes, das zu einer palastartigen Villa gehörte.

 

Bei allererster Gelegenheit verschickten wir nach Hause Karten mit Poststempel Franzensbad --- aus Amerika! (Die Nachbarin wird vor Neid blass geworden sein, bestimmt!)

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 20.11.2016

Alle Rechte vorbehalten

Nächste Seite
Seite 1 /