Cover

Auf See

Erschrocken sah ich an mir herunter und bemerkte erst jetzt, dass ich noch meine goldenen Hausschlappen anhatte! Gerade waren wir mit Sylvias Auto in Warnemünde angekommen. Während der ganzen vierstündigen Fahrt von zu Hause und auch beim Auto-Stop hatte ich es nicht gesehen. Hoffentlich hielt das Wetter, dass ich ohne die festen Lederschuhe, die nun zu Hause standen, auskam. Das Auto hatten wir einem bewachten Parkplatz anvertraut und standen dann am Hafen, am Neuen Strom. Riesig erschien uns unser Kreuzfahrtschiff, die Costa Fortuna. Zwölf Stockwerke hoch und über 250 Meter lang! Eisiger Regen peitschte uns entgegen als wir am Passagierterminal die Gangway betraten. Aber alles ging unkompliziert vonstatten, denn die Besatzung gab Regenschirme aus. Nun konnte unsere sechstätige Seereise in nördliche Gefilde beginnen!

 

Am ersten Abend hatten meine Tochter Sylvia und ich fast das ganze Außendeck für uns. Es herrschten immer noch Regenschauer und eine unruhige See. Aber ich hatte meine Schlappen gegen weiße Lederschuhe getauscht, und unsere Wetterjacken taten ihre Dienste. Das Schiff war ausgebucht. 3.500 Passagiere bezogen nach und nach ihre Kabinen. In der Mitte des Schiffes befand sich der große Saal in voller Höhe des Schiffes in den Farben Blau-Grün-Gold. Welch ein Anblick, welch ein Eindruck! Ich musste unwillkürlich an die "Titanic" denken. Im Film sah man auch so einen riesigen Saal. In den einzelnen Etagen zogen sich Galerien mit Geschäften, Bars und Restaurants sowie Theater und Spielkasinos entlang. Ein riesiger Kronleuchter funkelte und glitzere in allen Farben des Regenbogens.

 

Zum Abendessen wurde platziert in einem der drei riesengroßen Restaurants an runden Tischen. Wir hatten Glück; neben uns saßen noch vier sympathische Gäste.Vor allem die Weitgereisten Irma und Bert, ihre Vornamen erfuhren wir jedoch erst am allerletzten Abend auf See, sorgten für interessante Unterhaltung. Vier-Gänge-Menü! Freie Auswahl aus einer Abfolge von Speisen. Eine Köstlichkeit nach der anderen! Später erfuhren wir, dass 150 Chefköche für unser Wohl sorgten. Nach bestem Rotwein schliefen wir prächtig. Ich hörte in der ersten Nacht immer mal Maschinengeräusche, aber die See hatte sich beruhigt, und der Regen hatte aufgehört. Wir befuhren auf dieser Seereise auch nur die Ostsee - immer mal ein klitzekleiner Landstreifen in ferner, ferner Sicht.

 

Wenn die Tage lang und die Nächte hell sind, dann ist es die schönste Zeit in den Ländern des Nordens. Dänemark war unser erstes Ziel. Es ist das älteste Königreich der Welt! Seine Königsfamilie, von den Untertanen sehr geschätzt, besitzt eine vielleicht nur mit der englischen Krone vergleichbare Geschichte. Sie lebt im Schloß von Amalienborg in Kopenhagen. Dies besteht aus vier großen Palästen, die sich um einen achteckigen Platz fügen. Wir beobachteten das Zeremoniell der Wachablösung der Soldaten in ihren Bärenfellmützen. Weiter ging es in Bussen zur gegenwärtigen Sommerresidenz deer königlichen Familie, Schloss Fredensburg. Im Schloss Kromborg wurden wir in die Zeit von Hamlet zurückversetzt. Shakespeare inspirierte sich hier für die Handlung zu Hamlet. In Originalkostümen wurden kleine Aufführungen dargeboten.

Symbol der dänischen Hauptstadt Kopenhagen ist die Statue der kleinen Meerjungfrau. Die Nixe lehnt auf einem Felsblock und ist die berühmteste Figur aus der märchenhaften Fantasie von Hans Christian Andersen. Von Tausenden täglich bestaunt, die wohl meist fototgrafierte Frau Dänemarks. Abends beim Dinner fragten uns Irma und Bert, wie uns die kleine Meerjungfrau gefallen habe. "Sie ist ja so klein", meinte Sylvia, worauf alle lachten. Denn sie hatten die gleiche Empfindung.

 

In den nächsten Tagen besuchten wir Schweden, vor allem die Hautstadt Stockholm mit dem Wasa-Museum.

Und auch Estland mit der Hauptstadt Tallinn. Überall viele, nicht zu vergessende Erlebnisse und Eindrücke.

 

Der krönende Abschluss unseres gesamten Auflugsprogramms rückte immer näher. Für St. Petersburg in Russland waren neun Stunden, inbegriffen Busfahrtzeiten und Mittagessen, vorgesehen. Unser Steward, einer von den 1.000 Besatzungsmitgliedern, riet uns, heute zeitig ins Bett zu gehen. Die Abende vorher saß ich mit Sylvia meist in einer Bar bei einem Martini bis die Sonne unterging. Über St. Petersburg gibt es sehr viel zu sagen und zu berichten, das nur ein paar ganz individuelle Glanzlichter aufgegriffen werden sollen. Bemerkenswert ist, dass die Stadt oft ihren Namen geändert hat - über Petrograd zu Leningrad und heute wieder Sankt Petersburg. Sie liegt an einem Fluss, die Newa. Hier gründete Peter der Große eine Stadt, die später eine der größten, bevölkerungsdichtesten und repäsentativsten Städte Russlands werden sollte. Mit etwa fünf Millionen Einwohnern schlägt eine abendteuerliche Geschichte zu Buche. Zur jetzigen Gestalt entwickelte sie sich unter der Herrschaft von Katharina der Großen. Die Stadt überstand zwei Revolutionen - 1905 und 1917. Im Oktober 1917 rissen die Leninisten die Regierung an sich, worauf die Regierung nach Moskau verlegt wurde. Doch St. Petersburg bleibt weiterhin Symbol russischer Kultur.

 

Höchsten Ausdruck findet diese in der legendären Eremitage. Es ist der Winterpalast und offizielle Residenz der Zaren. Gebaut in russischer Barockarchitektur, gehalten in den Farbn Blau-Weiß-Gold. Dei Eremitage besteht aus einem Komplex von fünf riesigen Gebäuden, den Katharina die Große 1754 in Auftrag gab. Die Eremitage beherbergt ein Museum mit Gemälden von unschätzbarem Wert sowie Funde, Ausgrabungen und Geschenke anderer Fürstenhäuser. Auch einige Wohnräume sind zu besichtigen. Sylvia ist von dem sagenhaften Komplex überwältigt und stellt die Frage, ob es überhaupt Vergleichbares gibt. Ich  war schon vor Jahren in der Eremitage, als ich zu den weißen Nächsten in St. Petersburg weilte und auch das Sommerpalais von Peter dem Großen besichtigte.

 

Unser Bus führte uns weiter in Richtung Puschkin. Früher bekannt als Tsarskoe Selo (Dorf des Zaren). Hier besuchen wir den Katharinenpalast. 1710 schenkte Peter der Große dieses entzückende Anwesen seiner Frau Katharina. Bis zur Zeit des letzten Zaren wurde es als Sommerresidenz der Herrscherfamilie genutzt. Wir sehen Räume und Gänge mit Möbeln, Leuchtern und Gemälden aus dieser Zeit sowie den weitläufigen Park. Aber auch in das legendäre Bernsteinzimmer können wir unsere Schritte lenken. Es besteht ganz und gar aus Bernstein, Gold und Spiegeln. Man sagt das achte Weltwunder! Es kam im 18. Jahrhundert als Geschenk nach St. Petersburg. Im zweiten Weltkrieg wurde es gestohlen. Und 2003 begann man, das Bernsteinzimmer Stück für Stück von russischen Handwerkern zu rekonstruieren. Wo mag das Original versteckt sein? Ob es jemals gefunden wird?

 

Dann kam "ein Tag auf See". Unsere Fortuna steuert gen Warnemünde. Und wir lassen es uns noch einmal richtig gut gehen. Genießen unser "Vier-Sterne-Hotel". Die Liegen auf dem Sonnendeck, aber auch den Spa-Bereich. Sauna, Massage- sowie Kosmetikräume lassen wir links liegen. Uns zieht es ins Fitnesszenter. Es liegt im 12. Stockwerk, direkt über der Brücke des Kapitäns. Wir sind überrascht, wie viele moderne Geräte hier stehen! Eine Stunde trainieren wir uns wieder "Hunger" auf alle die kulinarischen Köstlichkeiten an.

 

Den Abend verbringen wir das erste Mal mit Irma und Bert. Und lassen diese Traumreise Revue passieren. Wie beeindruckend es war, als im Hafen von Stockholm und auch St. Petersburg fünf Kreuzfahrtschiffe nebeneinander angelegt hatten. Unser Costa-Schiff direkt neben der Aida und noch drei weiteren Riesen. Man erzählte uns, das es vor kurzem sogar sieben "Pötte" gewesen waren. Ich äußerte Bedenken, dass das Auschecken am nächsten Morgen sicher viel Zeit in Anspruch nehmen würde. Doch all meine Bedenken waren völlig überflüssig. Eine logistische Meisterleistung! Alles ging reibungslos, glatt und vor allem rasch vonstatten.

 

Bye-bye Costa Fortuna!

Dank an Kapitän und Mannschaft!

Dank an Sylvia für die liebevolle Begleitung

Zu Hause angekommen, schlüpfte ich flugs in meine goldenen Hausschlappen. Eine wunderschöne Traumreise war zu Ende gegangen.

 

 

 

 

 

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 25.07.2014

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Meiner Tochter Sylvia

Nächste Seite
Seite 1 /