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Es war in Rom. Beim Abendessen schwärmte Jutta, meine Reisebekanntschaft, von den größten Kathedralen, die sie je gesehen hat. Andalusien! Das war das Zauberwort dafür. In Andalusien würden in einer Kathedrale drei Kirchen Platz finden. Die Großartigkeit der Gotteshäuser könne man sich gar nicht vorstellen! Jutta würde wieder nach Spanien reisen wollen, unbedingt! Während unseres Aufenthalts in Rom verging kein Abend ohne Erzählung von den Städten in Spanien, wie Cordoba oder Sevilla. Seit dem wollte auch ich dorthin! Es war der Beginn einer großen Sehnsucht nach Andalusien.

Und nun setzte ich meine ersten Schritte in diese einmalige Kathedrale von Cordoba. Sie gehört zum Weltkulturerbe. Bereits 785 war der Baubeginn. In dieser Zeit waren muslimische Herrscher im spanischen Cordoba eingefallen. Sie begannen mit dem Bau einer Moschee, die damals zum wichtigsten heiligen Tempel des gesamten westlichen Islams werden sollte. Sie diente nicht nur religiösen, sondern auch sozialen, kulturellen und politischen Zwecken. 1031 zerbrach die islamische Herrschaft durch Zwistigkeiten. So konnte im Jahre 1236 König Fernando III., Kämpfer für das Christentum, Cordoba zurück erobern. Das einstige Heiligtum der Kalifen des Abendlandes wurde nun Bischofssitz. Es ist wie ein Wunder, dass die nachfolgenden Christen die islamische Moschee nicht zerstörten, sondern für die Christianisierung nutzbringend ausbauten, ja sogar ständig erweiterten. So entstand im Laufe der Jahrzehnte eine endlose Zahl an Säulen, ein zweigeschossiges Bogenwerk, mehrere Kapellen, der Orangenhof oder der Glockenturm mit seinen 69 Metern Höhe.Die Größe und Weitläufigkeit der Kathedrale ist unvorstellbar! Ein Prundstück allein ist das spätbarocke Chorgestühl oder die Schatzkammer in der Kapelle der Heiligen Teresa mit einer riesigen Silbermonstranz.

Die Kathedrale steht inmitten der Stadt, die ebenfalls vor hunderten von Jahren entstanden ist. Um sie entwickelten sich das Marktviertel, der Souk. Die angrenzenden Wohnhäuser breiteten sich mit ihrem Labyrinth schmaler Gassen aus. Im Markt konzentrieren sich die verschiedenen Gewerbe in jeweils eigenen Gässchen. In den Werkstätten wurde gleichzeitig produziert und verkauft. So sind auch heute noch die Gassen auf alte Entwürfe zurückzuführen. Sie erinnern an Zeiten der alten Medina und bestehen aus dem typischen schattigen Gässchengewirr - mit Sehenswürdigkeiten, die darinnen aufzustöbern sind. Allein das bloße Spazierengehen macht Spaß, weil hier kleine Geschäfte, Galerien und vor allem Tapas-Bars versammelt sind.

Eine ähnliche Geschichte, wie die Kathedrale von Cordoba hat auch die Kathedrale von Sevilla. Diese Stadt wurde 12 Jahre später, also 1248, vom christlichen König, Fernando III. von den islamischen Herrschern zurück erobert. Vor dem Hauptaltar der Kathedrale ruhen seine Gebeine in einem silbernen Sarg neben seiner deutschen Gattin, Beatrix von Schwaben, sowie neben beider Sohn. Die Besonderheit der Kathedrale von Sevilla ist vor allem der geschnitzte und vergoldete Hauptaltar. Er ist der größte der Welt! Allein über 200 Heiligenfiguren schmücken die Altarpfeiler. Außerdem befindet sich hier das marmorne Grabmal von Christoph Kolumbus. Er selbst wollte nicht in spanischer Erde begraben werden. Deshalb tragen überlebensgroße Figuren der Könige aus dem alten Spanien den Sarg auf ihren Schultern. Der alte Seefahrer hat mehrere Grabmäler auf der ganzen Welt, war er doch auch auf allen Weltmeeren unterwegs gewesen.

Überwätigt von der Größe und Mächtigkeit auch dieser Kathedrale stehe ich in der Säulenhalle, versunken in meinen Gedanken, als eine Frau winkend mir entgegenkommt. Kenne ich sie? Woher? Ihr Gesicht liegt im Schatten, da ruft sie leise: "Ich bin Jutta. Kannst du dich erinnern? Wir trafen uns in Rom!" Beide hat uns die Sehnsucht nach Andalusien in einer der berühmten Kathedralen wieder zusammengeführt. Ohne dass wir uns abgesprochen haben. Das Leben hält sie vieles bereit, was man nie erahnt hätte!


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Tag der Veröffentlichung: 21.07.2012

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