Es duftete aus tausend Blüten auf dem kurzen Weg zum Bus. Sogar am Straßenrand wuchsen die violetten bis lavendelblauen Vanilleblumen. Der Frühling in Spanien versprühte seinen ganzen Charme! Meine Reisebegleitung, Tochter Sylvia, lenkte mich von einer Bananenblüte ab und fragte mich: "Was wollen wir nur Conni mit nach Hause bringen? Es muß etwas ganz besonders Schönes sein!" "Ach lass uns doch heute in unserem Ausflugsziel nach etwas umsehen," war meine Meinung dazu.
Mein Drängeln beim Einsteigen hatte sich gelohnt. Wir hatten Plätze mit Blick zum Mittelmeer ergattert. Die Fahrt ging entlang der Costa del Sol, genauer genommen entlang dem Küstenstreifen, den man Costa de Ameria nannte, bis nach Costacabana. Hier über dem Rio Aguas kuschelten sich Felsterrassen malerisch an einem Felsabbruch. Und mitten drin, wie ein riesiges Schwalbennest lag ein Dorf ganz in Weiß. Die schneeweißen Häuschen strahlten in der Sonne. Welch freundlicher Empfang! Wir waren im Töpferdorf Sorbas angekommen.
Gleich am Parkplatz stand eine Scheune, in der Schüsseln, Blumentöpfe und noch andere Keramik in bunten Farben und Mustern ausgestellt waren. Am Scheunentor hing eine leuchtend gelbe Amphore mit azurblauen Motiven. "Das ist es, diese nehmen wir für Conni mit!" Begeisterte sich Sylvia. Sie war schwer davon abzubringen, doch erstmal noch weiter zu sehen. Unser Reiseleiter, der unseren Disput gehört hatte, versicherte uns, dass hier die Geschäfte bis spät geöffnet hätten. Das überzeugte sogar Sylvia.
Schmale, enge Gassen drängten sich dicht an dicht. Ein Häuschen, in Spanien Cuben genannt, war über das andere gebaut. Die Fensterläden waren alle durchweg hellblau angestrichen. Viele waren geschlossen, zum Schutz vor der Mittagssone. In kleinen Vorgärten wuchsen Zitronen- und Pomeranzenbäume, umrahmt mit den lila Blüten der Bougainvillea. Auch Flechtarbeiten und Schmiedearbeiten bot man in den Höfen an. Immer wieder vor allem kunterbunte Keramik, Schüsseln und Blumentöpfe. Aber wir waren uns ganz sicher, dass die gelbe Amphore, die wir gleich am Anfang von Sorbas gesehen hatten, das richtige Mitbringsel war. Plötzlich kamen wir an einem Haus vorbei, dessen weiße Tore geöffent waren mit Blick in eine Küche. Es roch nach Zitronen, getrocknetem Fisch, gewürzt mit Anis und Kardamon sowie süß und wild nach Bittermandel. Ein Mütterchen grüßte uns freundlich kopfnickend. Nach einer Wegbiegung stand ein Esel. Er hatte rotes Zaumzeug, an denen blaue Bommeln hingen. Er blinzelte vor sich hin und schien einen wunderschönen Traum zu haben. Einige getiegerte Kätzchen ließen sich durch uns nicht stören.
Solche schneeweißen Dörfer kannte ich aus Griechenland. Aber das spanische Sorbas hatte einen ganz eigenen, so anheimelnden Charme. An den Felsen geschmiegte weiße Cuben mit den hellblauen Fensterläden - ein so urspüngliches Dorf. Sogar die Straßen waren mit weißen Steinen befestigt, die in Mosaiken angelegt waren. Als wir wieder an dem Seitenweg vorbeikamen, stand das Eselchen noch immer träumend im Schatten. Wir strebten dem Parkplatz zu, um unser Souvenier zu kaufen.
Wie vom Donner gerührt standen wir vor der Scheune - sie war geschlossen! Nichts mehr war von dem zu sehen, wo sich einige Zeit vorher bunte Keramik türmte. Die Zeit drängte, wir waren die Bummelletzten! Unsere Enttäuschung trübte die ganze Rückfahrt. In unserem Quartier angekommen, riefen wir sofort Conni an, um nachzufragen, ob ihr eine gelbe Amphore aus Keramik für ihren Garten gefallen hätte. "Oh bloß nicht! Das ist nichts für mich!, hörten wir Conni rufen. Uns fiel ein Stein vom Herzen, denn wir hätten dieses Mitbringsel nicht mehr besorgen können. Nun war es uns doppelt wert, das Töpferdorf Sorbas! Ein Paradies - ganz in Weiß gekleidet - von dem aus man viele Meter tiefer sehen konnte, wie die Felswand in das blaue Meer eintaucht, umspielt von tanzenden Wellen.
Tag der Veröffentlichung: 30.06.2012
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