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Gläser klirren, es duftet nach Kaffee und einem Hauch Parfüm - gedämpfte Chansonmusik und ein Bombast an Leuchtreklame . Ausgecheckt mit Koffern und Taschen sitzt Rita in der Tagesbar. Flughafen Orly ist die Zwischenstation zum Weiterreisen. Eine Stunde Wartezeit. Sie bestellt sich einen Gurkensalat und denkt: "Schnittfest gemachtes Wasser kann nicht schaden". Ihr Gepäck hat sie unter dem Tisch positioniert. So braucht sie nur mit dem Fuß daran stoßen, um zu wissen, dass es noch da ist. Gelangweilt sieht sie sich um. Wieder ist eine Maschine gelandet, denn ein Pulk von Fluggästen kommt den Gang entlang.

Plötzlich,wie elektrisiert, verharrt ihr Blick an einem schwarzhaarigen Mann. Sie springt Hals über Kopf auf, dass fast ihr Stuhl umgekippt wäre. Der Mann entschwindet schon ihren Blicken,da hastet sie ihm hinterher, denkt nicht mehr an ihr Gepäck.

Mit Bert hatte Rita studiert. Und nicht nur das. Vier Jahre der Zweisamkeit inmitten ihrerer Kommilitonen. Mit dem Abschluss kam die Trennung. Bert ging zu einem Auslandseinsatz, dem Rita nicht folgen konnte.

Jetzt hatte sie den Mann erreicht. "Hallo, Bert" schrie sie. Er drehte sich um. Sie sah seine grauen Schläfen, die Falten auf seiner Stirn, den Leberfleck auf der linken Stirnseite, die braun gegerbte Haut. "Ja, bitte?" Der Mann sah sie fragend an. "Erkennst Du mich nicht, Bert?" "Entschuldigen Sie, aber ich weiß jetzt nicht wohin mit Ihnen. Ja, mein Name ist Bert Meißner." "Weißt Du nicht mehr? Wir haben zusammen studiert!" Erwiderte sie fassungslos. "Das ist schon 30 Jahre her . Wie war Ihr Name?" Als Rita diesen nannte und keine Resonanz in ihrem Gegenüber sah, dachte sie, die Sinne müssten ihr schwinden. "Verzeihen Sie, ich kann mich nicht an Sie erinnern. Aber ich muss weiter, meine Familie wartet auf mich . Alles Gute für Sie." Er ließ sie einfach stehen.

Ganz langsam schlich sie zu ihrem Platz zurück. Ihr war hundeelend zumute! Vergessen! Ja, er hatte sie vergessen. Alles vergessen: erste Küsse, das Bangen und Fiebern bei Abschlussarbeiten. Sie wollten sich nach einem Jahr wieder treffen, hatten sich aber aus den Augen verloren. Verloren - so ganz und gar verloren! Rita konnte es noch immer nicht fassen.

Erst als sie ihren Platz erreichte und kein Gepäck mehr unter dem Tisch vorfand, kam sie zu sich. Die nette Bedienung hatte die Sachen sichergestellt: "Sie waren so schnell aufgebrochen", sagte man ihr. Und dann war es auch schon für sie an der Zeit Abschied zu nehmen vom Flughafen Orly. Sie hoffte nie mehr hierher zurückkehren zu müssen.

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Tag der Veröffentlichung: 10.05.2009

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