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Prolog

 



Der Regen prasselte nieder. Ich zog meinen Schrim aus der Tasche. „Schweißwetter“, murmelte ich. Meine Ballerinas passten heute überhaupt nicht. Ich klapperte mit den Zähnen und hoffte, dass Liane da war, weil sie als einzige den Herd bedienen kann. Sie übernahm allgemein die Chefposition im Haushalt ein, wenn Dad, so mysteriös wie er ist, mal wieder zu einer Geschäftsreise aufgebrochen ist. Aber heute war etwas anders; die sonst sehr vollen Gassen waren wie leergefegt. Es war unheimlich. Als ich in unsere Gasse einbog, merkte ich es: es war nichts normal. Ein kalter Schauer schlich mir über den Rücken. Da sah ich unsere Eingangstür zu einem großen Mehrfamilienhaus:sie...sie brannte!! WAS!?!?
Einzig und allein die Tür! Ich rieb mir die Augen. Das ist doch ein Scherz! Oder?
Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Das Haus sah (außer der Tür) sehr unbeschädigt aus. Ach, das ist wohl nur eine Fata Morgana! Ich habe gestern zu lange gelesen. Früher hatte ich auch immer solche Visionen von brennenden Gegenständen oder von Gefahr, die nicht lauerte. Und so beschloss ich, durch die Tür zu gehen. Als ich über die Schwelle trat, sah ich Bilder in meinem Kopf: meine tote Mutter, leblos daliegend, meine kleine Schwester, depressiv und in die Irrenanstalt geschleift, das Gesicht meines Vaters, als dass alles im ins Gesicht geschleudert wurde. Im Inneren des Hauses hörte es jedoch schlagartig auf und auch die „brennende Tür“ war wieder ganz normal. Wie immer eben. Ich sah das gewöhnliche Ebenholz, dass ich erwartet hatte, als ich vor 15 Minuten Schluss im Café machte, bei dem ich in den Ferien jobbte. Also habe ich es doch nur geträumt. Erleichterung erfüllte ich. Bis zu jenem Moment, als ich einen lässig an das Treppengeländer gelehnten jungen Mann sah. Ich selben Moment merkte ich: ich sitze in der Falle.

 

Kapitel 1





„Ich wusste, dass du kommst...Toni...“, erklang seine schneidende Stimme. Mir wurde abwechselnd heiß und kalt. Von wo kennt er meinen Namen?!? „Wer bist du?“, sagte ich und versuchte, die Angst zu überspielen. „Man merkt, dass du Angst hast. Und...man merkt, dass du nicht normal bist.“ Was heißt hier nicht normal?!?! Der war doch ein verrückter Typ, der mich kannte, ich ihn jedoch nicht.
„Du bist ein Wächter aus Lenóras“, entwidmete er, als er mein entgeistertes Gesicht sah. „EIN WAS?!?!“
„Ein Wächter aus Lenóras. Ach, ich sehe, du bist noch nicht eingewiesen. Aber ich gebe dir eine Kostprobe deines späteren Lebens!!!“ Ehe ich wusste, was er damit meinte, stürzte er auf mich zu... und dann...schwarz...
Ich sah mich rennen und wegrennen vor dem Mann oder Jungen im Treppenhaus. Wieso verfolgt er mich??? Und ich sah Bilder voller Menschen, voller Kämpfe, voller Blut. Und dann sah ich meine Mutter, umringt von einem Blutmeer.Wieso meine Mutter?? Sie war schon seit 10 Jahren tot!!!
Sie starb bei einem Autounfall!!
Ich wollte nichts mehr sehen!!Nichts!!!
Und dann sah ich gleißendes Licht. Ich merkte sofort, dass ich in meinem Bett lag und meine Schwester, Liane, mich anlächelte. Also doch nur ein Traum!! Ich bin froh!
„Dann habe ich doch nur geträumt! Ein Glück!“, murmelte ich. „Was??“ Liane sah mich fragend an. Ich erzählte ihr von dem, was ich gesehen habe. Sie sah mich mit großen Augen an. „Das war kein Traum, Toni“ Hä?!?! „Oh mein Gott. Wieso muss ich dir das jetzt offenbaren?? Ok.“
Sie holte tief Luft. „Du bist, so wie wir, ein Wächter geworden. Wir haben Fähigkeiten, die die normalen Menschen nicht haben.Ich glaube, wir müssen los.“ „Wie los??Wohin??“
Sie antwortete nicht, sondern ging in das Arbeitszimmer meines Vaters, was für mich Tabu war. Sie nahm einen Hammer und …
sie schlug die Wand ein!!!! „WAS MACHST DU DA???“ Voller Entsetzen starrte ich die Wand an . Die Nachbarn werden nicht glücklich sein.Aber beim näheren Hinsehen war da ein schwaches blaues Licht zu sehen.Was war das?
„Komm. Rein mit dir.“ Ich krabbelte nach ihr in den blauen Tunnel. Sie war angespannt, ich merkte es. Und glücklich. Sie lächelte. Das kenne ich nicht von ihr. Sie lächelte fast nie.
Aber genug. Wo bin ich eigentlich?? Ich lächelte. Das nenne ich Inspiration. Für die nächste Kunststunde wäre ein Thema da.
Am Ende des Tunnels legte Liane ihr Tattoo am
Handgelenk an die Wand (ich habe Vater gefragt, ob ich mir auch so eins stechen lassen
darf, aber er hat es mir verboten ) und zum Vorschein kam eine Tür, welche sie öffnete.
Gleißendes Licht umhüllte uns und ich musste mir die Augen zukneifen. Aber als ich eine freie
Sicht bekam, stand ich mitten in einer mittelalterlichen, rießigen Stadt. „Willkommen in Lenóras! Sieh dich um, sieh dich um! Jetzt
müssen wir zu den Himmelsbote!“ Sie nahm meine Hand, wie sie es schon lange nicht getan hat, so fröhlich. Meine alte und traurige Schwester war wie neu! Ich war perplex, um zu
bemerken, dass ich gegen einen Jungen meines Alters gelaufen bin. „Oh. Entschuldigung.Das wollte ich nicht.“ „Nein,
nein, es ist nicht deine Schuld, es ist meine.“
Und dann sahen wir uns an. Lange an. Bis
Liane mich wegzerrte. „Halloooo, wir müssen
weiter!“ Dann rannten wir weiter. Ich sah die vielen Häuser und die Wäscheleinen, die von Fenster zu Fenster gehängt wurden. Auch die Personen waren nicht normal. Der eine ließ
Feuerbälle tanzen oder der andere machte
einen Salto nach dem anderem. Ich war fasziniert von dem Szenario, welches um mich seinen Lauf nahm. Doch was sich danach vor
meinen Augen entfaltete, war ein rießiger Palast. Er glänzte in der Sonne. Liane lächelte
nicht mehr so sehr, doch zog mich herein.
Schweigend klopfte sie und meldete sich bei
den Himmelsboten. Alles war so prachtvoll,
innen! Nach dem Foyer kam ein langer Flur mit
2 Gabelungen, welche mit Schildern
gekennzeichnet wurden. Das 1. Schild war mit „Kämpfer“ versehen, das andere mit „Träumer“
Ich hatte keine Zeit, mich zu fragen, was dies
alles, was geschehen ist, zu bedeuten hatte,
denn wir wurden in den Saal begleitet. „Hier
lasse ich dich. Ich muss noch etwas anderes
klären.“ So ließ sie mich stehen.

Kapitel 2





Meine Schritte hallten in dem gigantischen Saal
. Hier war alles (schon wieder) voller prachtvoller Verzierungen und Schmuckstücken
und ich konnte mich kaum sattsehen. Bis eine Stimme mich herausbrachte. „Willkommen. Du bist das neue Mädchen.Tritt näher, wir sehen dich kaum.“ Schon wieder meine hallenden Schritte. Wie ich diese Schuhe hasse. „Lass mich raten: du bist die Tochter von Neila. Richtig?“ „Ja. Von wo wissen Sie es??“ Der ältere Herr auf dem Sitz (umringt von 30 anderen Herren) meinte:„die Ähnlichkeit ist verblüffend. Nun, schildere uns bitte nochmal die Begegnung mit Onix.“ „Mit wem??“ „Dem Teufel höchstpersönlich, Vorsitzender der bösen Wächter. Einst stand er , so wie du, mit der Absicht , nur Schutz und Freude über Lenóras zu bringen, hier, aber die schlechte Seite in ihm ergriff Macht. Er ist dir im Treppenhaus begegnet.“ Und so begann ich von neuem zu erzählen. „Oje. Jetzt hast du ein Problem. Ab diesem Moment bist du mit Onix verbunden, das heißt, dass er immer deinen Geist angreifen kann. Doch dein Vorteil ist, dass du ihn auch angreifen kannst.“ Wow... jetzt habe ich sozusagen einen Pakt mit dem Teufel vereinbart. Na super. „Doch sei wachsam. Jetzt wird er nichts unversucht lassen, dich auszulöschen, da du eine mächtige
Wächterin bist. Nun ja, deine Mutter war auch eine mächtige Wächterin, bis sie...“ „... von einem Auto überfahren wurde“, vervollständigte ich den Satz, doch er widersprach mir: „nein, sie war uns treu, bis sie deinen Vater kennenlernte. Seine Familie war vom Bösen ergriffen, doch Acryl hatte keine rußschwarze Seele. Sie verliebten sich ineinander, kamen zusammen , heirateten, gründeten eine Familie...doch dass schien Onix nicht zu gefallen und so ermordete er deine Mutter brutal.“ MEINE MUTTER??? Meine liebe Mutter. Die mich tröstete. Die mich immer in den Arm nahm, wenn es mir schlecht ging. Die mich immer zum Lachen brachte. Die ich geliebt habe. „Doch vor dem grausamen Mord quälte er das Kleinkind, deine kleine Schwester, in den Wahnsinn, sozusagen als Folter deiner Mutter.“
„ER HAT ARIA GEFOLTERT?!?!?!“ Wut stieg in mir auf. Aria, meine kleine Aria. Sie war immer ein lustiges Kind gewesen, voller gutem Charakter und Herz. Sie war mein kleiner Schatz.Jetzt ist sie in der Irrenanstalt, sitzt da , weint und ruft 'Tut mir Leid, Mama. Es tut mir Leid'. Wegen ihm...ich brach in Tränen aus. „Nun ja“, ertönte es vom Herren, meine Tränen nicht beachtend, „nun, bilden wir dich aus.“ „Aber...wie wird es später sein?? Ich meine, wie sieht meine Zukunft aus??“ „Du wirst noch in der Menschenwelt leben, doch ab dem Zeitpunkt, wo du das Zeichen bekommst, können wir dich rufen.Also … beginnen wir.“ Er verdunkelte den Raum und ich musste mich auf einen Sessel setzen. „ Setzt du eher auf Kraft oder auf Verstand??“ Ich zögerte. „Auf Verstand.“ „Gut.
Denkst du , du kannst mit Waffen umgehen??“
„Nun ja... ich glaube“, ich musste unter Tränen grinsen, „ Ich bin ein regelrechter Tollpatsch.“ „Wie sieht es mit Sportlichkeit aus oder bist du da auch ein Tollpatsch??“ Was heißt hier auch Tollpatsch?!?!
„Ja, da bin ich auch eine Niete.“ „Fühlst du dich einem Element besonders nahe?? Feuer, Wasser, Erde, Luft??“ „Ich mag das Wasser, aber es besteht kein besonderer 'Kontakt' zwischen mir und dem Element.“ „Dann beherrscht du bestimmt die Fähigkeit des Eises
Man sieht es an deinen eisblauen Augen. So. Dies wäre vorerst abgeschlossen. Nun gehe, junger Wächter. Nehme vor deinem Verlassen den linken Gang. Lebe wohl!“ Ich murmelte „Auf Wiedersehen“, doch in meinem Kopf drehte sich alles:
Es gibt wohl eine gute und eine schlechte Seite. Der guten hat meine Mutter angehört und der schlechten mein Vater und den Teufel persönlich Onix, mit dem ich jetzt eine geistige Verbindung habe, und als er die Beziehung meiner Eltern sah, folterte er meine Aria und brachte meine Mum um. Jetzt bin ich eine Wächterin und konnte das Eis beherrschen. OMG.

Kapitel 3





Schön ein- und ausatmen. Nicht umkippen. Einfach ruhig bleiben. Nicht umkippen. Was hat er gesagt, welchen Gang sollte ich nehmen? Den linken oder den rechten? Oje, ich war zu aufgeregt wegen der neuen Nachrichten. Wo soll ich hingehen? Aus dem rechten Gang hörte ich Laute. Der andere war sehr ruhig. Ich nahm den rechten. Meine Schritte waren wie ein Echo in dem dunklen, muffigen Weg. Es wurde immer wärmer und wärmer. Und heller. Viele verschiedene Stimme ertönten. Ich öffnete die Tür. Schlagartig wurde mir sehr heiß. Die Halle glich einer Turnhalle, wo sich ein Mädchen mit wilden Locken und ein mittelalter Mann aufhielten. Aber in der Mitte des Raumes war ein Junge, 16 oder 17. Es war DER Junge, den ich am Anfang umgerannt habe. Den ich so lange angesehen habe. Und er hatte kein Hemd an. Mir wurde noch wärmer. Er war gut durchtrainiert und echt hübsch. Er formte einen Feuervogel und kontrollierte ihn. Er konnte das sehr gut. Doch dann sah er mich an. Ich konnte nicht anders, ich kam nicht los, sein Blick hielt mich fest, während mein Herz eine Turnübung aus Purzelbaum, Rolle und vielleicht einem Salto vorführte. Er war wohl abgelenkt und verlor die Kontrolle über das Tier. Es flog auf mich zu, mir wurde immer wärmer, ich konnte mich nicht bewegen, starr blieb ich stehen. Der Junge warf sich auf mich, sodass wir auf dem Boden landeten. Das Feuerwesen flog gegen die Wand und verpuffte.
Und der Junge lag auf mir. AUF MIR!!! Und er machte keinerlei Anstalten, von mir herunterzugehen. Er sagte nur: „Hi“, und lächelte mich an. Wie er lächelte. Obwohl der Piepmatz aus Flammen weg geflogen ist, war mir immer noch ZIEMLICH warm. Ich konnte gerade noch ein „Hi“ heraus krächzten. Na, wie wunderbar mein Leben doch ist. Erst werde ich verwirrt, mir wird erzählt, ich hätte magische Kräfte, und 5 Minuten später liegt ein süßer Typ auf mir, welcher nicht gehen will. „Hey, Hey!! Nick! Geh von ihr runter, du zerquetschst sie ja total“, rief das sportliche Mädchen. Er wurde rot. „Ja, ja. Ich gehe schon.“ Er rollte zur Seite, sodass ich mich aufrichten konnte. „Habe ich dich zerquetscht?? Tut mir Leid, der Vogel war wohl zu stark für meine jetzigen Fähigkeiten.“ „Oder du lässt dich nicht mehr von so schönen Mädchen ablenken.“ Der mittelalte Mann kam und streckte mir seine Hand aus. „Hallo. Ich heiße Hemes. Meister Hemes. Mein Name entspringt des griechischen- göttlichen Hermes, wie ein Jaguar sprintete er, wie es an meiner Fähigkeit bewundert wird. Dies sind zwei meiner Schüler, Leila und Nick. Und du, wer bist du? Mir wurde prophezeit, es käme die Tochter Neilas, jedoch, ganz nach der Schwester, eine Träumerin.“ Oh. Ich hätte glaube ich den anderen Gang nehmen sollen. „Es tut mir leid, ich bin die. Ich habe mich im Gang geirrt. Ich gehe dann mal besser.“ Der Lehrer, oder anders beschrieben, Meister Hemes, guckte mich entgeistert an, dann lachte er und in seinen Augen kam ein bestimmter Glanz. Oh Gott, bitte sag jetzt nicht, dass dem gleich die Tränen in Strömen gießen werden! Bitte bitte nicht!! „Die gute gute Neila. Wie gern und wie gut ich mich an sie erinnere. Bei ihr bekäme ich immer einen Glanz in den Augen, meinte sie. Vielleicht auch heute noch, ich weiß es nicht. Aber du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten. Bitte, geh deines Weg nach. Ich erträge es nicht, den Tränen der Vergangenheit hier freien Lauf zu gewähren. Nick, begleite sie. Und die anderen...los, an die Übungen mit euch!“
Der Mann drehte sich einfach um und ging.
Dafür aber kam Nick, einen Pullover anziehend, auf mich zu mit der Frage: „Wollen wir gehen?“, welche ich nur mit krähender Stimmen bejahen konnte. Verflixt, wieso klingt meine Stimme so??? Das ist total peinlich!

Kapitel 4





Während wir schweigend durch die dunklen, nicht sehr einladenden Gängen schlichen, wurde mir die peinliche Stille zwischen uns bewusst und hoffte, dass er bitte, bitte dieses unerträgliche Schweigen brechen würde. Auf einmal kreuzte eine Ratte unseren Weg und ich musste laut losquieken. Sie war schlammbraun und hatte rote, glitzernde Augen und die Zähne (wenn man die heraustretenden Stummel im Maul noch zählen konnte) waren verfault und gelb wie ausgedrückte Zigarettenstummel. Zu Glück verschwand sie, als Nick, heldenhaft wie ich fand, einen Schritt nach vorne machte. „Danke“, murmelte ich, ganz rot voller Peinlichkeit. Wer hat schon Angst vor Ratten. Oh Gott, ich bin bestimmt so rot wie eine Tomate. Hilfe. Wieso muss dieser Typ aber auch so gut aussehen und währenddessen auch noch total nett sein??
„Kein Problem.“ Er grinste mich verständnisvoll an. Hilfe. „Also“, begann er, „du bist neu hier oder?“ Wollte er mich jetzt fragen, ob wir uns nochmal treffen? „Ja, ich bin hier zum ersten Mal.“ „Vielleicht können wir ja mal einen Rundgang machen durch die Stadt und das Gebäude.“ Bingo. „Ja, gerne. Es wäre sehr nett. Nicht dass ich mich nochmal verlaufe und am Schluss an der Herrentoilette lande. Dazu habe ich Talent.“ Er lachte. „Klar. Aber, würde es dich stören, wenn ich paar Freunde mitbringe?“ „Nein. Ich fänds toll, wenn ich auch Freunde hier hätte. Sonst wäre ich mit meiner Schwester, die mich hier großzügigerweise abgeladen hat, allein. Die hätte mich wieder so stehen lassen wie vorhin und ich müsste hier alleine umherirren.“ „Ok. Dann nehme ich noch Leila und David mit. Sie sind beide Kämpfer, so wie ich. Leila hast du ja kennengelernt. Das Mädchen mit den wilden Lockenhaaren. Und du bist eine Träumerin, was?“ „Ja, so viel ich bis jetzt verstanden habe. All das ist sehr verwirrend. Ich habe heute erst mitgeteilt bekommen, dass meine Mutter nicht durch einen Autounfall ums Leben kam, sondern durch einen Jungen, dem ich begegnet bin. Ich glaube, er heißt Onix.“ Nick machte große Augen. „Onix hat deine Mutter umgebracht? Dann war deine Mutter also Neila! Sie ist bei uns die erste Kämpferin gegen das Böse und gegen Onix! Und du bist Onix begegnet?“
„Ja, ich habe ihn nach meiner Schicht im Café im Treppenhaus getroffen.“ „Das heißt, dass du in Gefahr bist.“ Ich schaute verwirrt. „In welcher Gefahr??“ „Das war seine Taktik. Zuerst will er überprüfen, ob du stark oder schwach bist. Danach trachtet er dir nach dem Leben.“ „Sehr beruhigend. Das habe ich nicht gewusst.“ Er guckte mit versöhnlich an. „Tut mir Leid, dass ich es dir so gesagt habe. Ich hoffe, du kannst mir verzeihen.“ Er raufte sich die Haare. „Arrghh!! Wieso muss das mir passieren? Ich bin echt bescheuert gegenüber dir. Zuerst laufe ich in der Stadt in dich rein,­ danach hätte ich dich fast geröstet und jetzt erzähle ich dir, dass ein Killer hinter dir her ist. Wie gesagt, ich hoffe du kannst mir verzeihen.“
„Ach, das ist nicht schlimm. Ich finde geröstet ja auch nicht schlecht.“ Er musste grinsen und mir wurden wieder die Knie weich. Vor einer Tür in himmelblau blieben wir stehen. Er machte die Tür auf, machte eine kleine Verbeugung wie in den ganzen Filmen mit den süßen Gentlemen und – das hat er auch nicht vergessen – sagte er cool: „Lady's first.“

Kapitel 5

Der Raum, in den Nick mich führte, sah dem Klassenzimmer ähnlich, wo wir immer Informatik haben. Nur Tische aneinandergereiht, auf jedem statt einem Rechner eine Art Helm mit Antennen, nur die Tafel fehlte. Sogar eine blonde junge Lehrerin stand vorne, streng, mit geradem Rücken, als ob sie einen Stock verschluckt hätte, mit einer gewissen Ähnlichkeit zu Prof. McGonagall. Sie hatte sogar den gleichen Gang, mit dem sie energisch auf uns zu schritt. Sie blickte mich mit skeptischem Blick und scharfen Auge an, Nick jedoch strahle sie ein Lächeln entgegen. „Guten Tag, Nick. Ich freue mich, Sie zu sehen. Wer ist dieses unkonzentrierte Mädchen, welches weder stillsitzen noch höflich sein kann?“Er bedachte mich mit einem prüfenden Blick, um das Gesagte zu sehen. „Dies, Meisterin Aletheia, ist eine neue Schülerin, eine neue Träumerin. Das ist Toni.“ Ich lächelte sie zuckersüß an, während in meinem Gehirn der Satz „Blöde Ziege“, „Stock verschluckt“ und „Blinde Schachtel“ herumschwirrte. Auch auf ihrem makellosen Gesicht breitete sich ein hämisches Lächeln aus. „Guten Tag“, sagte sie, mich immer noch anblickend, „ich bin Meisterin Aletheia, die Lehrerin für Träumer und Träumerinnen. Außerdem bin ich der Gerechtigkeit verschrieben und der Telepathie mächtig.“ Jetzt begriff ich ihr hämisches Lächeln und blickte schuldbewusst nach unten. Nick jedoch ahnte nichts davon und ging der blöden Ziege- ups, Meisterin Telepathie (den Namen habe ich schon längst vergessen. Wer gibt seinen Kindern solche bescheuerten Namen?!?) hinterher. Sie schritt hohen Gangeszu einem der Tische und wollte mir einen Helm (den hässlichsten aller vorhandenen) auf den Kopf stülpen. „Hey, hey, hey!! Vorsichtig!“, sagte ich und versuchte, ihre Hände und den Helm wegzuschieben. „Was ist das, wie geht das, und wozu das ganze??“ Nick war wohl ziemlich überrascht über mein Verhalten. Meisterin Blabla seufzte über mein bockiges Verhalten ( Hallo?!? Wer lässt sich auch gerne einen hässlichen gelben Helm mit Antennen wie von Marsmenschen auf den Kopf stecken?!?), räusperte sich und beantwortete: „Das ist ein Telehepamm. Den setzt man auf den Kopf“, scharfer Seitenblick zu mir, „ und der trainiert dich.“ Ich war verwirrt (wie schon so oft heute). „Was trainiert der? Kopfrechnen?“ Mein Begleiter prustete los, versuchte jedoch höflich zu bleiben und nicht loszulachen. „Nein“, kam es zornentbrannt, „es trainiert dich im Kampf.“ „Wie „Im Kampf“ ?“ Alter, was labert die im Kampf? Wetten, sie hat keine Ahnung? Sie aber sagte weise: „Erfahrung ist die beste Lernmethode“, und ohne noch etwas zu sagen steckte sie mir denn Helm auf und ich sah nur noch schwarz.

Kapitel 6

Wo bin ich denn hier gelandet? Im Urwald? Um mich herum waren Pflanzen und ich wäre fast über eine Wurzel gestolpert, als ich ein paar Schritte raus aus dem Dickicht machte. Ein Platz war da mit viel Sand. Und ein Mann. Er rannte auf mich zu und ich wusste nicht, was er wollte, also blieb ich stehen und hoffte, dass er nur nach dem Weg fragte. Er aber grinste mich hämisch an. (Von wo kenne ich dieses Lächeln?) Als er nah genug da war, fragte ich höflich was er wolle und er lachte, anstatt mir eine Antwort zu geben und ehe ich mich versah, landete seine Hand auf meiner Wange. Mit Wucht. Der hat mir tatsächlich eine Ohrfeige gegeben!! Warum zum Kuckuck?!?! Der Schmerz kam zeitverzögert und anders als normalerweise (Ich wurde schon einmal von einem Jungen in der 7. Klasse geohrfeigt, als ich ihm gesagt habe, er solle mein Geld zurück geben). Ich spürte nur ein unangenehmes Kribbeln in meinem Körper. Kein Brennen. Kein Verlangen nach etwas zum Kühlen. Was ist eigentlich los?!? Der Mann kam näher und näher. Ich wollte wegrennen, aber er schlug mir noch einmal ins Gesicht. Diesmal so heftig, dass die „Ameisen“ anfingen, nicht nur meinen Arm hoch- und runter zu krabbeln, sondern mich auch noch bissen. Ich schrie ihn an, er solle mich in Ruhe lassen und ich schlug nach ihm, aber mein Schlag machte dem Mann nichts aus. Er lachte mich feixend aus. Die Zähne waren gelb und er selber sah aus wie 55 mit seinen Falten und dem grau erschütternden Haar. Was ihn jedoch nicht davon abhielt, mir in den Bauch zu boxen. Diesmal fiel ich auf die Knie. Es war, als wäre ein rießiger Hammer auf meinen Arm gefallen und er fühlte sich wie amputiert. Ich schrie nach Hilfe und es solle mir jemand helfen. Wo war Nick? Er stand doch vorhin noch neben mir! Ich schrie seinen Namen, immer und immer wieder, während der Mann mich trat und mein Arm vom Hammer getroffen wurde. Auf einmal war alles verschwunden und ich sah verschwommen. Aufgelöst blinzelte ich noch ein paar mal und sah einen besorgten Nick vor mir knien, mit einer Platzwunde an der linken Augenbraue. Neben ihm stand die Frau und sah mich gelangweilt an. Sie hatte den Helm in der Hand und sagte zu Nick, er solle mich in Ruhe lassen, damit ich weiter trainieren konnte. Wenn das im Dschungel das Training war, wollte ich nicht mehr dahin. Ich wollte nur weg und stand auf. Ohne 'Abschiedsworte' (ich war mal wieder unhöflich) ging ich wankend auf die Tür zu, Nick folgte mir, nachdem er der Frau eindringlich erklärt hat, mir ginge es nicht gut. Mein Körper verlor seine Haltung und mein Kopf die Kontrolle. Ich stützte mich dankbar an ihm und er führte mich in einen anderen Raum, wo ein Bett drinnen stand. Mir war es völlig egal, was für ein Zimmer es war, ich war nur dankbar, dass ich mich hinlegen durfte. Er fragte mich, ob Tee wolle, was ich bejahte. Als das Getränk fertig war, brachte er eine Tasse davon zusammen mit einer Decke. Ich bedankte mich leise. Der Tee war sehr warm und schmeckte nach Erdbeeren mit einem Tick Karamell. Nach einer Weile Ruhe, dieser Raum und auch er strahlten eine gewisse Ruhe aus, fragte er mich, ob es mir besser ginge. „Warum hast du eine Platzwunde da?“, ich zeigte auf die blutende Wunde, „die hattest du doch vorher noch nicht, oder?“ Er sah mir in die Augen und fragte mich: „Du weißt es nicht?“ Ich schüttelte den Kopf. „Als du den Helm aufgesetzt bekommen hast, hast du einen starren, unheimlichen Blick bekommen. Immer geradeaus schauend. Du hast auch gefragt , was 'er' wolle. Dann hast du deine Mimik verändert. So, als ob dir etwas unangenehm wäre, und Meisterin Aletheia hat andauernd einen Knopf betätigt. Ich habe sie gefragt, was das für ein Knopf sei,und sie antwortete mir, sie schicke Stromschläge zu dir.“ „Aha,also waren die Ameisen die Stromschläge.“ „Du hast sie angeschrien, sie solle dich in Ruhe lassen. Du solltest sehen, wie sie auf gezuckt ist. Zuerst starr wie eine hypnotisierte Puppe, danach voller Energie und Leben.“ Ich musste grinsen. Er war so lieb und versuchte, mich aufzuheitern. Aber sofort wurde er wieder ernst. „Naja, und dann hast du deine Hand mit voller Wucht ausgestreckt und mich getroffen.“ „Oh mein Gott, es tut mir leid. Da war nur ein Mann und ich habe mich versucht zu wehren.“ „Ist okay. Es blutete ein bisschen. Schöner Schlag.“ Er grinste und irgendwie fühlte ich mich besser. Er fuhr fort: „Dann hast du auf einmal angefangen zu schreien, du brauchtest Hilfe und so und dann hast du nach mir geschrien. Ich stand vor dir und habe dich tausend Mal gefragt, was denn wäre, aber du hast weiter nach mir gerufen. Währenddessen hat mir Meisterin Aletheia erklärt, dass du, wenn du den Helm aufhast, eine Projektion bekommst. Du kannst ihn nicht körperlich, aber psychisch treffen. Er kann dich nur körperlich treffen. Du musst üben, deine Gedanken in den Kampf einzusetzen. Irgendwann war es zu viel und ich hab dir den Helm vom Kopf gerissenund sie ihn an sich genommen hat.“ Ich sah ihn dankbar an. „Na ja, und jetzt das halt. Was hast du eigentlich gesehen?“ Ich blinzelte, um mich richtig zu erinnern. „Also, am Anfang war ich im Urwald und danach auf einem Platz mit Sand und dann war ein alter Mann da und der fing an, mit wie wild zu attackieren und dann war alles weg und ich hab wieder die blöde Kuh und dich gesehen und das war alles.“ Ups, jetzt habe ich wirklich meine Meinung zur Frau da geäußert. Peinlich! Er aber sah mich neugierig an. Wie in Trance. Dann schüttelte er den Kopf und fragte mich mit besorgter Miene: „Möchtest du schlafen oder oder soll ich noch was holen oder noch was anderes?“ Ich wusste nicht mehr, was er gesagt hat, meine Augenlider waren zu schwach, um sich offen zu halten und schon schlief ich ein.

Kapitel 7

Mich weckte ein toller Geruch auf, besser gesagt, der Geruch von Schokolade und Erdbeertee. Als ich meine Augen aufschlug, befand ich mich in einem fremden Bett, nicht das von zuhause. Ach ja, stimmt, mir ist entfallen, da war doch was. Gestern. Ich begann, mir die Stirn zu massieren und die Erinnerungen vom vorigen Tag ins Gehirn zu rufen. Da war doch was mit Eis, Helm, Mum, Tod und Typ...der Typ, der da auf mich zukommt, wie hieß er doch gleich nochmal? Nick, stimmt. Jetzt kamen alle Erinnerungen wieder hoch. Er hatte sich umgezogen und kam mit einem Lächeln und einem Tablett zu mir. Auf dem Tablett, das er vor mir hinstellte, war eine Tasse Erdbeertee (hoffentlich hat er wieder Karamell mitgemischt so wie gestern!), ein Stück Brot und eine kleine gläserne Schüssel mit schokoladenfarbener Creme drinnen. Auch er setzte sich neben mich aufs Bett. „Gehts dir besser?“, fragte er mich. „Ja, schon. Das gestern ist wirklich passiert, oder? Ich hab das nicht geträumt.“ „Nein, leider bist du wirklich Onix begegnet und der 'blöden Kuh' auch“, ich wurde rot (mann, ist das peinlich!), „aber ich hoffe, du hast dich erholt und dir schmeckt das Essen. Ich weiß nicht, was du isst, aber ich mag so was. Hoffentlich schmeckt es dir.“ Meine Stimmbänder versagten, als ich „Danke“ sagen wollte. Verdammt, wieso?!?

Es klopfte an der Tür und Nick ging, um sie zu öffnen. Na, dann machte ich mich mal ans köstliche Essen vor mir. Ich schmierte die Creme aufs Brot und wollte gerade hinein beißen (ich hatte einen Mords Kohldampf!),

als plötzlich Liane auf mir zu rannte, mich umarmen wollte und ich, besorgt um das leckere Essen, schrie „Sei doch vorsichtig, Mensch!“ Gott sei Dank stoppte sie noch rechtzeitig. Sie kniete vor mich und sah mich sorgenvoll an. „Gehts dir gut? Wo warst du gestern? Warum bist du nicht gekommen? Ich habe mir solche Sorgen gemacht!“ Mir tat der Kopf weh von ihrem Gebrüll. Warum macht die aber auch so einen Aufstand? „Ich weiß nicht,

wo du warst. Vielleicht sagst du mir das nächstes Mal!“ „Ok, ok, beruhige dich...was war eigentlich gestern los, dass du nicht gekommen bist?“ Ich wollte anfangen, alles aufzuzählen, bis mir die höllischen Kopfschmerzen höllische Schmerzen sendeten

(wahrscheinlich eine Nachwirkung von gestern)

und ich mit einem Stöhnen zurück in mein Bett fiel. Gott sei Dank fing Nick an zu erzählen. Alles. Danach sah ich etwas Unglaubliches:

meine Schwester wurde wütend und sie wollte aus dem Zimmer STÜRMEN! Jawohl, STÜRMEN,

obwohl sie die unemotionalste Person ist, die ich kenne. Gott sei Dank konnte ich sie gerade noch davon abhalten, ohne auch nur einen Tropfen und Klecks Essen zu verschütten. Sie meine, es ginge nicht, dass diese IDIOTEN (wie sie so schön schrie) mir gleich am ersten Tag die Hölle heißmachten. Nachdem sie von Nick eine Tasse Tee bekommen hat, machte sie sich auf den Weg, um ETWAS zu klären. Nick meinte auch, dass er zum Training müsse, dass aber dafür Leila vorbeikäme, um nach mir zu sehen und dass ich so lange bleiben konnte, wie ich wollte. Ich bedankte mich und weg waren sie beide. Ich aß zu Ende und inspizierte währenddessen interessiert den Raum, da ich gestern nicht die Kraft und Gelegenheit dazu hatte. Die Wände hatten einen beruhigenden Blauton, wohingegen der schwarze Boden perfekt dazu abgestimmt war. Durch ein relativ kleines Fenster kam gerade noch soviel Tageslicht rein, dass es angenehm hell war und die Einrichtung (Küche, Tisch und Schrank) waren in einem passenden Grauton. Ich fing an, mich hier wohlzufühlen. Auf dem Stuhl hing etwas, was nach frischer Kleidung aussah, deshalb hopste ich mit Schokobrot aus dem Bett und nahm es in die Hand. Es waren kurze Jeans Hotpants (wahrscheinlich von Liane) und ein bequem aussehender und dünner Longsleeve in grau. Ich ging zur Tür, hinter der ich ein Bad erwartete, jedoch war es die Tür zu einer nach unten führenden Treppe, wo ich mit zwei Augen hinlinste, ohne auf die erste Treppenstufe zu steigen. Als ich es jedoch tun wollte, packte ich jemand plötzlich am Handgelenk und schnautzte „Hey!“, sodass ich fast ausrutschte und nach unten gefallen wäre. Ich drehte mich um und da stand das Mädchen von gestern. „Was machst du da? Du darfst da nicht runter!“, sagte sie unfreundlich. Ich stotterte los, da sie mich röntgend ansah. „Ich...ich suchte das Bad“, ich schluckte, „und ich hab gedacht, dass es hinter dieser Tür ist...“ Sie seufzte, ging zur Seite, sodass ich vorbeihuschen konnte, machte die Tür zu und zeigte auf die Tür links neben ihr, die ich zuerst gar nicht beachtet habe, da sie in der Wandfarbe war und somit nicht auffallend war. Ich öffnete sie und tatsächlich war da ein kleines gemütliches Bad. Die Gesichtszüge des Mädchens entspannten sich und sie lächelte mich an. „Ich bin Leila. Ich glaube, wir werden noch viel miteinander zu tun haben“, sie streckte mir die Hand aus, die ich ergriff und schüttelte. Nachdem sie sie nach 30 Sekunden immer noch nicht losließ, räusperte ich mich und sofort lachte sie los: „Oh, ja, stimmt. Du willst ins Bad, lass dich nicht von mir ablenken.“ Ich lachte ein wenig entspannter und schloss die Tür hinter mir ab. Nachdem ich die mir passenden Klamotten angezogen habe (die waren eindeutig von Liane!), ging ich zurück ins Zimmer und sah Leila gerade auf dem Bett sitzen. Sie aß ein Schokobrötchen und las ein rotes Buch, auf dessen Deckel ich eine Flamme zu sehen vermochte. Sie sah auf, da ich auf eine knarrende Bodendiele stieg und winkte mich zu ihr, gefolgt von einer lächelnden Aufforderung, mich aufs Bett zu setzen. Dieser folgte ich dann auch und ließ mich aufs Bett plumpsen. Wir redeten über die Stadt, was es so besonders machte und welche Orte man gesehen haben sollte. Wir wollten gerade über eine neue Aktion in der Stadt reden, die wir ansehen wollten, als es an der Tür klopfte und die blöde Kuh von gestern hereinstolzierte, gefolgt von Liane und gefolgt von dem alten Herrn, wahrscheinlich der Chef des ganzen Hauses. Der alte Mann von gestern, er saß umringt von anderen Männern im Saal und erklärte mir alles. Jedoch sah er heute um einiges schlechter gelaunt zu sein.

 

Kapitel 8

Wer hat dir erlaubt, hier zu sein?!“, donnerte er los. Also war er doch kein chilliger Opa? Der Schein trügt. „Ich..ich..“, stammelte ich los, unfähig, eine Antwort zu geben. Aber er brüllte weiter: „Meisterin Aletheia wollte dir helfen und du? Du bist weggerannt!“ Ich sah zu der blöden Kuh und immer wenn der Opa, wessen Namen ich immer noch nicht wusste, mich und nicht sie musterte, streckte sie das Kinn in die Höhe und sah mich überlegen an. Und Liane brachte kein Wort heraus. Sie sah so belanglos und gleichgültig aus wie immer. Meine Schwester halt eben. Ich war den Tränen nahe. Warum sagte keiner was??? Doch dann kam Hilfe von einer unerwarteten Seite. „Entschuldigen Sie, Meister Bolin, aber können Sie sich nicht denken, dass sie ein wenig überfordert ist? Ich meine, aus heiterem Himmel wird sie von Onix attackiert, dann kommt sie hierher und ihre ganze Vergangenheit wird auf dem Kopf herum wiederaufgebaut und dann erwartet man von ihr, dass sie auch noch produktiv trainieren sollte. Sie kann nicht mehr! Das ist zu viel auf einmal!“

Während Leilas Rede veränderte sich Bolins Gesicht. Er sah skeptisch aus und wusste nicht genau, wem er glauben sollte: blöde Kuh oder Leila. Natürlich musste diese Schweigen von Aletheias quietschiger und hoher Stimme durchbrochen werden: „Jeder hat seinen Sack Steine zu tragen, Leila. Das ist ihr Schicksal und damit muss sie klarkommen, Schnuffi.“ Alle in diesem Raum missbilligten sie mit einem Blick aus purem Hass, da so kluge Worte mit solch einer Gehässigkeit aus ihrem Mund kamen, dass es einem schlecht wurde. Bolin beobachtete mit Argusaugen meine Gesichtszüge, beugte sich schlussendlich vor und raunte: „Wer bist du?“ Ich war so irritiert, dass ich ohne nach zu denken murmelte: „Langsam weiß ich es auch nicht...“ Dieser Satz gab ihm zu bedenken. Er schaute mürrisch von Aletheia zu mir, fast schon unheimlich, dass ich Leilas Hand packte und sie drückte. Sie war warm und weich und beruhigte mich. Sie nickte leicht und verstärkte den Druck minimal. Nach gefühlten Ewigkeiten seufzte er, hielt sich die Hand an den Kopf und stöhnte: „Quartiere sie hier ein, Leila. Sie fängt morgen mit dem Training an. Sie soll dieses Zimmer bekommen.“ Dieses Zimmer? War das nicht Nicks Zimmer? Sollten wir uns etwa das Bett teilen?! Ich lief knallrot an und rief, zeitgleich mit Leila: „Und wo schläft Nick?“

Ich schlafe auf dem Sofa“, ertönte es von der Tür und ich musste unwillkürlich erleichtert lächeln, dass er da war. Dieses Lächeln wischte er mir grinsend mit dem nächsten Satz aus dem Gesicht: „Oder wir teilen uns das Bett. Könnte ein wenig kalt werden, die nächsten paar Herbsttage.“ Arschloch.

Ist das nicht in deinem Interesse, TONI??“, quasselte die Kuh los. Mist, die konnte doch Gedanken lesen!! Ich versank fast vor Peinlichkeiten im Boden! Aber Liane meinte nur, sie fände es nicht gut, dass ich dem Druck hier ausgesetzt werden würde. Da fing die nächste Diskussion an: sollte ich hier wohnen oder in Paris, mit wem solle ich das Zimmer teilen, wann solle mein Training anfangen, und so weiter und so fort. Konnten sich die nicht mal einigen? Mir geht solche Streitereien echt auf den Keks! „Ich wohne hier“, sagte ich, schon ein wenig selbstbewusster und fester. Die Blicke ließen sich aufteilen in: DU IDIOTIN! und in zufriedene GEHT DOCH! Ich fügte hinzu: „Ich muss halt noch ein paar Sachen aus Paris nehmen, aber sonst ziehe ich hier ein!“ Wahrscheinlich fragt man sich jetzt, warum ich genau diese Beweggründe habe. Ganz einfach: ich will wissen, wer ich bin und was ich tun kann und wie ich mit meinen verkorksten Situationen klarkommen kann.

Impressum

Texte: Text ist selbst erfunden und geschrieben.
Tag der Veröffentlichung: 16.11.2012

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
Für alle Leute, die gerne in die Fantasie der Bücher eintauchen.

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