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Tag 0 Vorbereitungen

Los gehts:

 

Heute ist also der letzte Tag vor meiner Abreise, alles mögliche ist gepackt.  Hierbei ist übrigends das Foto vom Rucksackinhalt meiner Santiago-Reise sehr hilfreich, weil es sozusagen die persöhnliche Packliste enthält und man auch noch recht sicher weis, was man damals vergessen hat - in meinem Fall z.B. Labello -

Diejenigen, die meinen früheren Bericht gelesen haben, fragen sich jetzt sicher: Warum, wenn ihm das Pilgern letztes mal so wenig Spaß gemacht hat macht der das jetzt nochmal.

Zum Ersten hoffe ich natürlich, dass wenigstens das Wetter doch deutlich besser werden wird, als es in Spanien war; Zweitens ist es wohl auch so, dass "Spaß" dann doch nicht die einzige Ebene ist, und dass die Reise nach Santiago zweifellos irgendwie anders Freude gemacht hat. Zum Beispiel dieses tolle Gefühl von Freiheit / Ungebundenheit, das sich nach ein oder zwei Wochen einstellt in denen man nichts anderes zu Leben gebraucht hat als die paar Sachen die man bei sich trägt.

 

Wie auch immer, ich wollte jetzt doch wieder Pilgern. Oder Wandern. Ich würde jetzt zwischen Pilgern und Wandern auch keinen prinzipiellen Unterschied sehen. Es gibt viele Menschen, die ihren Sonntags-Spaziergang in tiefer Medtativer Ruhe verbringen, und es gibt auf der anderen Seite auch jede Menge Menschen, die aus Kulturellen oder Sportlichen Motiven durch Spanien rennen ohne dass man sie jetzt im engeren Sinne als Pilger bezeichnen könnte.

 

Zweite Frage nach dem "warum nochmal", ist die Frage warum ausgerechnet Pisa-Rom.

 

Tatsächlich ist die Strecke sozusagen "ausgerechnet". Doch von Vorn. Den selben Weg noch einmal gehen wollte ich nicht, zumal ich dieses Jahr nur drei Wochen Urlaub investieren konnte (ich sollte dringend mal im Lotto gewinnen und ein Sabbat-Jahr einlegen). Also ist die logische Frage: gibt es noch mehr "Jakobswege"? In letzter Zeit liest man ja überall von neu angelegten Pilgerstrecken. Tatsächlich, wenn man sich etwas einliest, gibt es außer dem Jakobsweg, also dem Weg nach Compostella nur noch die Möglchkeit nach Rom oder Jerusalem zu Pilgern. Zu Fuß nach Jerusalem, hätte vielleicht mal was, wenn das mit dem Lottogewinn klappt, aber mit drei Wochen Urlaub und Normalfinanzierung....

Der Weg nach Rom ist also sozusagen die Logische zweite Etappe für Menschen wie mich. Er heißt offiziell "Frankenweg" oder eben "Via Francigena" unter diesem Titel gibt es dann auch zwei Reiseführer (Stein / Rother), der Rother liegt inzwischen vor meinen Rucksack und ich bin schon gespannt ob er, genau wie sein Kollege damals in Spanien in einigen Tagen aus Gewichtsgründen zerschnitten werden wird, um den "abgelaufenen" Teil jeweils wegwerfen zu können.

Tag 1 Tübingen - Köln/Bonn - Pisa

Man sollte für Bahnfahrten Reserven einplanen. Das hört man immer wieder. Genau genommen sollte man immer und überall Reserven einplanen.

Also entschied ich mich, den früheren der herausgesuchten Züge zu nehmen. Aber was macht man mit all den Reserven, wenn man sie denn nicht gebraucht hat? Ich saß also - etwa gegen 13.30 Uhr, total pünktlich - am Flughafen Köln/Bonn. Mein Flug ging 19.30 Uhr. Ich hatte also jede Menge Zeit, die ich jetzt vertrödeln konnte. Mein erster Plan, die S-Bahn in die Stadt zu nehmen schlug an der fehlenden S-Bahn fehl, die beiden Busse die ich vor dem riesigen Flughafen fand zeugten nur davon, dass hier kein Mensch mit dem Bus fährt. Dann war da noch der Fußweg in den nächsten Ort ausgeschildert. Nein danke. Ich bin ja alt genug, ich werde mich auch mal ein paar Stunden ruhig hinsetzen können. Und Leute beobachten. Und Essen. Und Kaffe trinken. Auch ein paar Läden gab es zum stöbern, aber Einkaufen war tabu, jetzt wo ich jedes Gramm an Gepäck drei mal hinterfragt hatte.

Irgendwann ging es dann tatsächlich los mit Einchecken, Sicherheitskontrolle und Boarding. Jetzt kam auch endlich die Verspätung hinzu. 20 Minuten später gestartet.

In Pisa angekommen bis das Gepäck wieder da war und ich den Flughafen verlassen konnte war es etwa 22.00 Uhr. Erste Aufgabe in Italien: Das schon gebuchte Hostel zu finden das sich einige Straßen weiter befinden sollte. Ich hatte mir den Weg auf Google-Streetview angesehen und es ist erstaunlich wie man sich hreutzutage an einem Ort auskennen kann an dem man noch nie in seinem Leben gewesen ist.

Das Hostel war aber auch so nur schwer zu finden. Hinten in einem Hof, recht weit weg von der Straße und außer direkt an der Haustüre nirgends irgend ein Schild. Auch kein Einlass. Nur eine Telefonnummer zum Anrufen. Ja was glauben die. Es gibt ja vielleicht auch noch Leute ohne Handy. Die Nachbarin kam gerade nach hause und redete eine Menge auf Italienisch auf mich ein, bis sie andeutete, sie würde für mich anrufen. Dan verschwand sie im (Nachbar-)Haus.

Die Hostel-Tür ging inzwischen auch auf und es erschien endlich jemand mit dem man sich auf Englisch unterhalten konnte. Wenig später kam auch noch der Besitzer des Hostel und ich bekam "mein" Bett. Stockbett, oben.

Im Zimmer stand dieses Stockbett und eine Konstruktion die ich bis Dato noch nie gesehen hatte. Ein Doppelbett-Stockbett. Wer baut denn sowas.

Die Nacht war dann auch richtig übel weil einer der Bewohner intensiv schnarchte und ich - Anfängerfehler - mine Ohrstöpsel irgendwo im Rucksack vergessen hatte. Aus sonst wurde viel gelärmt die Nacht durch und als Krönung kam nachts gegen 1.30 Uhr der Chef nochmal zurück und fragte die beiden im unteren Doppelbett ob sie denn eine Reservierung hätten.....

Tag 2 Pisa - Lucca

Früh aufzustehen war unter diesen Umständen ja kein Problem. Also war ich schon um 8.00 Uhr durch die halbe Stadt gegangen und am schiefen Turm angelangt um festzustellen das der Turm, bzw. seine Schieflage zwar beachtlich, aber schwer zu fotografieren ist (Stichwort perspektivische Verschiebung). Ansonsten konnte ich der Stadt nicht viel abgewinnen. Vielleicht weil ich mich erst an das morbide hier gewöhnen muss. Irgendwie ist hier alles auf gutem Weg zu "Einsturzgefährdet".

Also ging ich dann ach bald wieder los richtung Lucca, wo ich dann auf die Via Francigena Stoßen würde. Ich hatte eine Route geplant die aber durch einen Tunnel führte. Danach fand ich eine Rad- und Wanderkarte derzufolge auch einige Fußwege über den Berg (mit dem Tunnel) führten. Gesagt getan. Ich ging los, immer schön nach Karte, bis sich die Realität irgendwie von der Karte entfernte. Dann weiter auf dem einzig verbleibenden Weg, um zuletzt dort anzukommen wo die Route mit dem Tunnel gestartet hätte. Die Schilder allerdings versprachen dass der Weg um den Berg herum (übrigends der Einzige weit un breit) 9 Kilometer lang bis Lucca sein würde. Alos drum herum. Nach etwa einer Stunde Marsch (entspricht 4-5 Km) dann das nächste Schild mit 8 Km  und später noch eines, wieder mit 9Km. Irgendwann war es dann aber doch geschafft.

Von Lucca hatte ich noch nie gehört, aber im Vergleich zu Pisa, das jeder kennt, ist der Ort echt beeindruckend. Riesige Innenstadt mit noch riesigerer intakter Stadtmauer, vielen Plätzen und Türmen und so Zeug.

Es stellte sich heraus, dass die Herberge früher ein Konvent war, beeindruckende Räumlichkeiten und viele, viele Zimmer. Erst schien unser Raum nur mit zwei Personen belegt (8 Betten). Erst beim aufwachen am Morgen bemerkte ich, dass doch noch 5 daraus geworden waren. Trotzdem hatte ich super geschlafen und irgendwann sogar meine Ohrsöpsel herausgenommen. So kann es weitergehen.

Tag 3 Lucca - Altopascio - Ponte a Capiano (ca.30 Km)

Los gehts. Eigentlich ist heute ja der 1. Tag, denn est jetzt bin ich auf dem "Fankenweg". Schon als ich zur Stadmauer herauskam tauchten erste Schilder auf. Da kommt richtiges Pilger-feeling auf. Aus der Stadt heraus noch viel an Straßen entlang (wie gestern), doch dann ging es irgendwann mal rechts ab in die Wildnis. Zum Teil neu angelegte Wege, zum Teill auch richtig schön markiert. Allerdings dann doch eher mit italienischer, denn mit deutscher Gründlichkeit.

So ging, mit einigen Umwegen, die Strecke ganz gut bis Altopascio wo die nächste Herberge gewesen wäre. Wäre. Laut Führer eine Herberge der Stadt, Spendenbasis. Und wieder einmal keine Chance irgendetwas zu erreichen ohne vorher angerufen zu haben. Verstanden habe in dann von der netten Dame am Telefon nur, dass sie kein Englisch spricht und mir wohl auch nicht helfen kann/will wenn ich kein Italienisch spreche.

So viel Gastfreundschaft hat mir dann für's erste gereicht, ich bin weitergegangen. Unterwegs konnte ich noch einen offenen Punkt abhaken, der lautete: "Italienische Prepayed-Karte für Handy". Schon im zweiten Laden konnte zwar nich der Besitzer, aber ein Partner, der im hinteren Teil des Ladens HiFi-Produkte verkaufte, englisch. Wie sich später herausstellte konnte er nur wenig englisch, dafür um so besser deutsch, weil er, in Deutschland geboren, bis zum 15. Lebensjahr in Franken wohnte. Handy ist also jetzt online, jetzt dürfte auch das Navi so langsam auf Touren kommen.

Doch zunächst mal war ich ja weitergegangen. Der Weg führte, klar erkennbar und gut zu wandern durch eine Art Maccia nur höher, so dass man keinen Überblick hatte wo man sich befand. Zudem zog sich der Weg jetzt doch ganz schön in die Länge. Vielleicht hätte ich ja doch nicht weitergehen sollen.

ich hatte schon etwas das Gefühl verloren wie weit es noch sein könnte un vor allem wo ich eigentlich genau war (das Gefühl in den Beinen ging auch langsam verloren). Ich haderte gerade weil mir ein Kanal im Weg war und ich jetzt eigentlich "rückwärts" auf eine Brücke zuging, als mitten auf der Brücke ein "Ostello"-Schild zu sehen war. Mit diesem Hinweis konnte ich dann auch meinen aktuellen Standort klären. Ich wollte keinen Meter mehr weiter. Am Schild stand (auf italienisch natürlich) "Vor dem Eintreten an Rezeption melden" und ein Pfeil. In Richtung Pfeil dann an anderer Tür ein Schild mit den Öffnungszeiten. 17.00 - 19.00 Uhr. Kurz vor der Brücke war eine Bar. Also zurück. Es gab kühles deutsches Hefe-Weizen mit Weizenglas, später noch eine Pizza und ein Glas Rotwein. Nachdem ich in Lucca eine enttäuschende Pizza gegessen hatte, war das jetzt schon eher, was man sich von Italien verspricht. 17.00 Uhr, zurück zur Brücken-Anmeldung, die ist immer noch zu. Also schon wieder anrufen. Natürlich kann der Mann am anderen Ende der Strippe kein englisch. Ich will jetzt aber nicht mehr weiter. Ich sage ein paar mal die Worte "Pellegrino" "information" "no italiano", dann passiert eine Weile nichts. Ich denke schon, der legt jetzt auf, dann sagt er "dicci minutas" ich denk mal, das heißt er kommt in 10 Minuten.

Er kam dann auch. Und auch wenn wir uns nicht wirklich verstanden, klappte doch alles problemlos. Ich bekam ein Bett in einem 8er Zimmer, nicht auf der Brücke sondern im Brückenhaus und ich war für diese Nacht der Einzige in der ganzen Herberge. Da können die Ohrsöpsel in der Dose bleiben. Gegessen hatte ich ja schon, also setzte ich mich noch etwas mit meinem jetzt italienischen Handy auseinander und ging früh zu Bett.

Tag 4 Ponte a Capiano - San Miniato Alto (ca.15 Km eigentlich)

Nachdem ich - schon zum zweiten mal - gut geschlafen hatte, ging ich also weiter. Zunächst nach Fueccio, dann nach San Miniato Baso. insgesamt 2.5 Stunden zu gehen. Irgendwie dauerte die zweite Strecke dann aber doch länger weil der Weg nicht zu finden war und wohl auch, weil die gestrigen Kilometer mir noch in den Knochen stecken. Dann weiter, hoch nach San Miniato Alto. Es war jetzt 11.00 Uhr und die nächste Herberge wäre 6 Stunden entfernt.  Hin und Her überlegt, zum Stadtausgang gelaufen - und wieder umgedreht. Vom Hügel herab konnte man die weite Entfernung förmlich sehen.

Nachdem ich nirgends (außer im Führer) einen Hinweis auf die Herberge fand, suchte ich ein ebenfalls im Führer angegebenes Bed & Breakfast in der Piazetta Stefano. Ein total verwahrloster Hinterhof, super-enger Gang in den ersten Stock. Die Eingangstür noch enger, so dass der Rucksack einen Ruck brauchte um durchzukommen. In der Wohnung der Frau stellte sich heraus, dass sie - natürlich - nur italienisch sprach. Sie fragte mich noch irgendwas mit "tedesco" und griff zu Telefon. Gab es ein Italien vor dem Telefon?  Sie hatte jemanden angerufen, der etwas englisch konnte, aber viel besser deutsch (tedesco heißt also deutscher, habe ich schon mal gelernt). Er erklärte mir, dass das Zimmer schon voll sei, aber eine Bekannte noch ein Zimmer für eine Person habe, 100m von hier.

Jetz habe ich für heute nacht also ein privates Zimmer unterm Dach, bei einer alten Dame die -schon wieder- etwas deutsch spricht. Einen guten Teil der freien Zeit habe ich jetzt damit verbracht mit meinen Aufschrieben zu beginnen, nachdem das mit dem Online-Tagebuch nicht so richtig klappen wollte jetzt eben mit einem richtigen Block und Kuli.

Ich muss dabei an Heinz, den Schweizer denken (vom Camino). Der hätte jetzt gesagt, ich mache meine Hausaufgaben.

Tag 5 San Miniato Alto - Ostello Sigerico/Gambassi Therme (ca. 25 Km)

Es war eine gute Entscheidung, gestern nicht mehr weiter zu gehen. Auch wenn ich ein wenig ein schlechtes Gewissen hatte als später noch der Sohn oder Enkel der Frau kam, in deren Wohnung ich schlief. Auch der junge Mann konnte deutsch und ich bin mir einigermaßen sicher dass ich in seinem Zimmer geschlafen habe.

Das loskommen am Morgen war problemlos, der Reiseführer versprach eine lange, aber schöne und zum ersten Mal richtig Toskana-typische Tour.

Er sollte recht behalten. Im Gegensatz zu gestern war der Weg heute besser zu finden 1. Aus Mangel an (anderen) Möglichkeiten, 2. wegen besserer Beschilderung, 3. beginnt mein Handy langsam seinen Dienst aufzunehmen. Also von der Seite gibt es Entspannung zu vermelden. Was "Toskana" angeht scheint Vorstellung und Wirklichkeit dann doch recht weit auseinanderzuklaffen. Vielleicht bin ich ja noch nicht richtig in der Mittel- oder Hocht-Toskana,  aber die Landschafti ist jetzt mehr oder weniger plötzlich, ich würde mal sagen vom fehlen der Steine gekennzeichnet. Es ist der missglückte Versuch, aus Sand ein Mittegebirge zu bauen. Überall gibt es zu Teil beachtliche Abbrüche und Steilwände, die aber ständig weiterbröckeln weil sie ja aus Sand sind und bei Regen je nachdem wie das Wasser läuft Hänge entweder abgetragen werden oder als ganzes wegrutschen. Man kann sich nicht vorstellen dass -- diese -- Toskana vor 1000 oder 2000 Jahren auch so ausgesehen hat.

Wandertechnisch kommt heute hinzu dass es zwar immer wieder atemberaubende Ausblicke gibt (da hoffe ich mal, dass die Bilder was werden und die Kamera durchhält), aber man sich die Ausblicke eben durch einen Aufstieg aus dem Tal erkaufen muss. Auch wenn die Strecke oft relativ entspannt über Bergrücken verläuft it mir der Tag heute ganz schön nicht nur in den Kopf, sondern auch in die Knochen gegangen.

Zumal mich gegen Ende noch eine Horde von 8 Italienern mit kleinem Wandergepäck eingeholt hatte. Ich ließ sie an der nächsten Gelegenheit passieren weil  ich mir mit ihnen im Rücken gehetzt vorkam, "musste" sie aber dann wieder überholen weil sich zwei ihrer Frauen in die Büsche geschlagen hatten und die anderen warteten. Um sie endlich los zu werden schnallte ich (zum ersten mal) die Wanderstöcke vom Rucksack und legte mich an der nächsten Steigung richtig ins Zeug. Die 8 hatte ich dann auch erst mal los, doch irgendwie habe ich dabei wohl meine Beinmuskeln überlastet, denn gegen Abend zeigten sich immer deutlicher Schmerzen in der linken Wade und allem möglichen drum herum. Das rechte Bein hielt noch, jammerte aber auch.

So errreichte ich mit quasi letzter Kraft eine Herrberge, dem eigentlichen Ort Gambassi-Therme vorgelagert. Ein Glücks-Griff. Vielleicht hätte es auch im Ort etwas gegeben, ich hatte mich Nachmittags (Rucksack in der Herrberge) noch hochgeschleppt um meine Beine in Bewegung zu halten und Entzündung/Übersäuerung, oder was auch immer, nicht eskalieren zu lassen.

Doch die Herrberge hier, war von der Art, wie ich sie auch auf dem Camino geliebt habe. Relativ neu hergerichtet, betrieben von einem Verein oder so, aber nicht allzu kostenlos dass man sich als Bittsteller sehen muss.

Am Abend gab es sogar noch ein Pilger-Essen. Das Essen war jetzt nicht wirklich Gourmet-Niveau, das Gesamt-Packet allerdings schon. Außer mir gab es noch zwei Deutsche, eine Amerikanerin, einen Iren und einen Italiener. Verständigung mal auf Italienisch, mal auf Englisch so dass immer einige nichts verstehen konnten.

Die beiden Deutschen sind übrigends den gesamten Weg (in Etappen) von England aus gegangen und gehen diese Jahr ihr vorletztes Stück. Der Italiener war auch ein besonderer Vogel, weil er "Rückwärts" ging, soll heißen auf dem Camino de Santiago war. Er rechnet mit etwa 4-5 Monaten Reisezeit und will dann vielleicht in nach Portugal weiter um sich dort niederzulassen.

So wurde heute zum ersten mal ein richtiger Pilger-Abend, auch wenn der Ire, wie sich herausstellte etwas schnarchte.

Tag 6 Ostello Sigerico - San Gimignano

Beim Essen gestern war die fast schon empörte Meinung, das was heute kommen würde sei keine richtige Etappe. Nur 14 Km, angegeben mit 4,5 Stunden. Da müsste man ja fast noch was anhängen.

Für mich mit meinem Bein-Schaden und den Iren, ebenfalls mit Bein-Schaden war es jedenfalls lange genug. Ich habe mich konzentriert durchgekämpft, "richtig" laufen, keine Schutzhaltung, schön langsam, was man halt plötzlich so alles beachten kann. Mit 11.00 Uhr bin ich dann trotzdem noch "in der Zeit" die der Reiseführer angibt eingetroffen. Konnte eine geniale Herrberge besichtigen - nachdem ich sie endlich gefunden hatte - und sitzte jetzt hier bei Bier und Pizza Quaddro-Staggione. Der Ire ist inzwischen auch vorbeigekommen, hat eine Cola mitgetrunken. Er hat sich ein Zimmer im Hotel vorbestellt.

Ach so. Wie war jetzt eigentlich der Weg. Im Gegensatz zu gestern ist die Landschaft etwas weniger schroff, die Abbrüche und Steilwände weichen immer mehr sanften Hügeln (aber immer noch mit "Erdrutschen") und für heute würde ich sagen ist der Eindruck zwischen der gestrigen Landschaft und dem was ich mir bis Dato unter Toskana vorstellte deutlich in Richtung "Vorstellung" gegangen. Allerdings immer noch mit ständigem Auf und Ab für den Wanderfreund.

Auffallend schon gestern und auch heute ist die Besiedlungsdichte. Waren es gestern 3, so waren es heute jeweils etwa 2 Stunden Wanderzeit zwischen den Gelegenheiten etwas zu kaufen (Kaffee/Wasser). Das bedeutet für beide Tage es gab eigentlich unterwegs nur eine solche Möglchkeit.

Jetzt ist es ca. 13.30 Uhr und ich werde mir bis 17.00 Uhr zur Messe ausgiebig die ausgewiesens Touristenstadt San Gimignano ansehen.

 

Die Herberge ist tatsächlich der Hammer. Es ist ein altes Kloster, das, so wie es scheint, noch benutzt wird. Ich habe eine richtige "Mönchszelle" bekommen, wie sie in einem Film nicht anders sein würde. Es gab eine kleine, grob gezimmerte Rundbogentür und ein noch viel kleineres Spitzbogenfenster mit einer allerdings Atemberaubenden Aussicht auf die Märchenlandschaft. Die Möbel, der Teppich,  alles war so als würde morgen hier wieder ein Mönch schlafen. Sehr autentisch, sehr beeindruckend. Ich habe dann am Abend noch in meiner Zelle studiert, dem Sonnenuntergang beigewohnt und geschlafen wie ein Murmeltier

Tag 7 San Gimignano - Monteriggioni

Aufstehen im Kloster - mit Licht und ohne jemanden zu stören - alles schön gemütlich einpacken und los. 6.00 Uhr, keine Touristen und keine geöffnete Bar. Also weiter, ab in die Pampa. Es gab ständige Anstiege und (natürlich) ständig Abstiege. Von einem Hügel zum anderen, oder von einem Tal zum anderen wie man es auch immer sehen mag. Erst nach einigen Stunden begannen zunehmend Abschnitte entlang der jetzt immer breiter werdenden Täler. Der Eindruck verfestigt sich immer mehr, dass das Land flacher wird.

Auch gibt es jetzt immer mehr "konventionelle" Landwirtschaft und immer weniger Wein/Oliven. Die flachere Landschaft half vielleicht auch dabei, die Bedenken zu zerstreuen ob ich die Tagesetappe heute schaffen würde. Als das Ziel erreicht war, konnte ich sogar noch eine Stunde drauflegen um in eine -vermeintlich- richtige Stadt zu zu kommen. Monteriggioni. Die Stadt liegt auf einem Berg und hat eine komplett erhaltene Wehrmauer mit 12 Türmen. Wenn man dann durch das Tor eintritt ist man nicht wenig erstaunt, denn das Ganze ist ein (Mittelalterliches) Fake und im Innern findet sich ein kléines Dorf mit vielen Gärten und einem sehr großzügigen Platz in der Mitte. Die Mauern haben garkeine Wehgänge und die "Türme" sind nur U-förmige höhere Mauerteile, die von außen wie Türme aussehen und das sicher auch sollten, innen aber hohl sind.

Trotzdem ist das natürlch eine schön hergerichtete Touristenattraktion. Die Herberge liegt am zentralen Platz neben der Kirche und unser Zimmer hat einen schönen Ausblick auf den Platz. Sogar eine Küche ist da. Als dann lange kein anderer Pilger kam und das Einkaufen von Nicht-Touristen-Artikeln sich als schwierig herausstellte und teuer war, habe ich dann eine Pizza gegessen, die von der Qualität her ganz in Ordnung war.

Später traf dann noch das deutsche Paar aus Chianni ein, mit einem dritten Deutschen der dann als einziger mit mir im Zimmer schlief. Wir beide unterhielten uns noch eine ganze Weile und er erzählte mir wo er schon  überall war, dass er häufig nachts draußen schläft und er den Winter zuhause nur schwer abwarten kann, bis er wieder los kann.

Die Nacht war gut.

 

Tag 8 Monteriggioni - Sienna

Morgends kam ich (erst) um 7.00 Uhr gut hier weg, nachdem ich mir noch ausgiebig Kaffee gemacht hatte. Das Wandern an sich ging recht gut, zunehmend nervig ist, dass die Leute die den Weg ausschildern akribisch darauf achten, möglichst "schöne" Wege zu benutzen, weniger darauf einigermaßen direkt von A nach B zu kommen. Zudem zeigt sich immer deutlicher dass Ortschaften möglichst gemieden werden. Das bedeutet dann über viele Stunden keine Möglichkeit einzukaufen oder einen Kaffee zu trinken.

Trotz recht langer Etappe bin ich ca.11.00 Uhr in hier angekommen und habe auch eine Herberge gefunden. Sie liegt im ersten Stock über der Armenküche von barmherzigen Schwestern und ich glaube ich habe das letzte freie,  der 6 Betten im kleinen, einzigen Raum bekommen.

Durch Sienna bin ich nur "durchgerannt" und ich muss mir jetzt erst überlegen ob ich nochmal zurück in die Innenstadt gehen soll. Irgendwie ist mir Sienna eine Nummer zu groß. Da kann es einem für Rom ganz Angst werden.

Die Gebäude und die Touristenströme seinen immer größer zu werden. Gegen Abend habe ich den deutschen Weltreisenden nochmal in der Stadt getroffen. Sein Name ist Günter. Wir haben zusammen zwei Bier getrunken und er ist dann noch weiter aus der Stadt hinausgewandert um eine Schlafmöglichkeit zu suchen.

Das mit den barmherzigen Schwestern und dem vollen Schlafsaal hat sich dann auch entspannt. Die einen sah ich nie wieder und von den 5 angemeldeten Personen (für die anderen Betten) sind auch nur zwei gekommen. Ich habe gut geschlafen und bin gegen 6.00 Uhr los.

Tag 9 Sienna - Buon Convento

Der Weg aus der Stadt, wie immer bei so großen Städten, zog sich in die Länge. Auch war wieder mal kein Kaffee zu bekommen, erst gegen 8.00Uhr gab es die erste Möglichkeit, kurz darauf noch einmal (ausgelassen) und noch etwa eine halbe Stunde später Bar und Bäckerei - Brot suchte ich schon eine Weile. Zudem war,  gerade als ich ankam Günter aus dem Bäckerladen gekommen. Wir redeten eine Weile und er ging dann weiter. Da er jetzt vor mir ging, sah ich dass er etwas später vom Wanderweg abbog um auf der Autostraße zu gehen weil, wie er erzählt hatte, seine Knie ihm zu schaffen machten.

Die Strecke ging weiter ganz gut, man hat den Eindruck die Hügel werden zwar nicht schroffer oder steiler, aber höher.

Nach wie vor lassen die Schilder kaum eine Möglichkeit aus, über einen Berg zu gehen. Ich frage mich wo all das Wasser hinläuft, denn "normale" Täler (die unten flach sind) gibt es jetz wieder keine mehr, alles ist sanft geschwungen.

In der "Zielstadt" Ponte d' Arriba traf ich Günter dann wieder. In seinem Reiseführer stand dass der Schlüssel für die Herberge unter dem Schuhabstreifer liegt. So konnte ich das Gebäude erst mal "unverbindlich" anschauen. Ich war froh darüber, denn alles machte auf mich einen etwas abweisenden Eindruck. Man hatte irgendwelche übrigen Sachen zusammengestellt und benutzte das Ganze bei Bedarf wohl auch als Feier-Location.

Also den Schlüssel zurück unter die Matte und weiter in die nächste Stadt mit Herberge. Mein Führer sagt es gäbe dort nur Matratzenlager auf dem Boden, doch was wir, Günter kam auch noch in die Herberge, dort antrafen war alles andere als "Matratzenlager" (fast) alle waren sehr freundlich, Andrea den man laut Zettel an der Tür in der Bar suchen sollte (immerhin mal nicht telefonieren) ließ kurzerhand seine Bar alleine um uns alles zu zeigen und den Stempel zu geben. Geschlafen wurde in zwei Zimmern des Gemeindehauses, auch zur Freude irgendeines Jugendkreises die die Abwechslung wohl spannend fanden. Später kamen noch die beiden anderen Deutschen aus Monteriggioni so dass wir uns schön unterhalten konnten.

Die Krönung war allerdings,  als jemand kam und sagte, der Pastor habe gekocht wir sollen nach unten kommen. Er hatte Pasta gekocht, jedem ein Stück Fleisch gebraten und natürlich reichlich gewürtzt. Die Nudeln mit Öl und reichlich Knoblauch, das Fleisch mit grünen und schwarzen Oliven und kleinen Tomaten.

Normale Tomaten gab es noch als Beilage. Und Rotwein / Wasser. So bekocht und behütet ließ es sich dann auch wieder gut schlafen.

Tag 10 Buon Convento - San Quirico de Orcia

Heute waren eigentlich nur etwas mehr als 20 Km zu laufen weil wir ja gestern schon länger gemacht hatten und nach dieser Etappe, also Morgen 33 Km bis zur nächsten Herberge zu gehen sein werden.

Also ließ ich mich vom Anblick eines Ortes verzaubern, der rechter Hand aus dem Morgennebel auftauchte wie von dieser Welt losgelöst. Ich beschloss diesen kleinen "Abstecher" zu der Stadt zu machen. Der Schlenker hatte dann zum Schluss sicher 15 oder 20 Km weil die Straße erst am Ort vorbeiführte und dann im Bogen von hinten hinauflief. Für die Füße war der Tag also schon grenzwertig. Aber der Ausblick war dann auch super.

Das mit der Herberge wird heute etwas anstrengender. Bis jetzt ist ein Pärchen da, bei dem Sie französisch spricht und er niederländisch und natürlich französisch. Er hatte angeboten für uns zu kochen. Es gab gebratene Kartoffeln mit viel Ei auf niederländische Art. Niederländisch bedeutete in diesem Fall, dass die Kartoffeln nicht  sehr stark gebraten waren, dafür wie gesagt der Anteil an Eiern um so höher war. Vielleicht lag es auch daran dass der gebratene Teil der Kartoffeln als schwarzer Belag im Aluminiumtopf verblieben war. Egal geschmeckt hat es jedenfalls und mit derart gefülltem Bauch habe ich auch wieder gut geschlafen.

Tag 11 San Quirico d'Orcia - Radicofani

Heute sollte also  die Hammer-Etappe mit 33 Km kommen. Zwischendurch keine Herrberge um die Etappe abzukürzen. Und zu den Kilometern kamen dann auch noch etliche Höhenmeter, aber das kennen wir ja schon. Trotzdem hatte ich heute den Eindruck, die Berge/Hügel würden immer höher. Der Ort in dem heute die Herberge steht liegt immerhin auf 800 und nochwas Metern. Zwischendurch gab es laut Führer sogar nur ein eiziges Mal die Möglichkeit etwas einzukaufen und zu trinken.

Rastplätze wurden seit erscheinen des Führers wohl noch zwei eingerichtet, jeweils sogar mit funktionierendem Wasserhahn (wie auch immer die das mitten in der Wildnis geschafft haben).

Dafür wurde ganz neu ein Wanderweg gebaut um die besagte einzige Einkaufsmöglichkeit herum. Schön zu laufen, schlecht zum Essen fassen. Ich habe mich als ich es bemerkt habe durch die Büsche geschlagen und einen weiteren Umweg in Kauf genommen um zu dieser Raststätte an einer Schnellstraße zu kommen. Irgendwie typisch für die Wegführung hier.  Ganz und gar nicht wie so wie ich es von Italien erwartet hatte, dem vermeintlichen Land der Schlemmermäuler. Vielleicht denken die Verantwotlichen ja, Pilger wären so was wie Heilige und würden gar nicht essen. Die Herberge hier ist schön mit kleiner Küche und drei Schlafräumen. Auch der Ort hier ist,  wenn schon klein, so doch sehr schön und einladend. Und er zeigt dass die Stadt die auf einem Berge liegt sehr wohl verborgen sein kann. Bis jetzt ist außer mir nur noch eine junge Österreicherin hier, aber es ist auch erst 17.00 Uhr da können noch einige kommen.

So. Kaum hatte ich den Satz fertig kam der Niederländer mit seiner Frau.

Tag 12 Radicofani - San Lorenzo Nuovo

Gestern kam noch ein Österreicher den wir bisher nur 1x kurz in Buon Convento gesehen hatten, der aber dort ein Zimmer gebucht hatte.

Der Abend verlief ruhig,  die Nacht dafür schleppend weil ich überhaupt nicht gut scchlafen konnte. Am Morgen als ich endlich los konnte passierte dann, womit ich schon einige Zeit überhaupt nicht mehr gerechnet hatte. Es begann zu regnen. Aber sollte ich abwarten? Und wenn es dannn nicht aufhört?

Ich ging also mit meinem gehassten Poncho los, nach einer halben Stunde wie erwartet feucht und nach einer Stunde nass geschwitzt. Ich hätte vielleicht doch in eine High-Tech-Jacke investieren sollen.

Nach gut zwei Stunden hörte es auf zu regenen, blieb aber bewölkt. Ich entschied mich, als der Wanderweg die Straße  kreutzte - An einer BAR! - Es heute mal mit der Straße zu versuchen. Das bedeutet weniger Wanderzeit, Weniger Dreck und weniger Spaß. Also los. Es lief dann wegen der fehlenden Umwege so gut, dass ich statt6 3/4 Stunden nur 4 Stunden zum Etappenziel brauchte. Also natürlich weiter in die nächste Ortschaft, Acquapendente. Eine weder besonders große, noch besonders einladende Stadt.

Auch die Herberge machte von außen einen abweisenden Eindruck. Also noch einmal weiter, jetzt teilweise wieder mit Wanderwegen. Als ich hier in San Lorenzo Nuovo ankam hatte ich dann für morgen schon 4 Stunden "vorgearbeitet". Auch der Ort hier ist klein, macht aber einen netten Eindruck. Heute abend soll es zudem in der Bar hier Live-Musik (Jazz) geben. Da bin ich ja mal freudig gespannt.

Als ich übrigends in der Bar hier ankam, saß Günter schon hier. Weil es keine "richtige" Herberge gibt hat heute nacht jeder von uns ein eigenes Zimmer mit Bad. Voll der Luxus.

Tag 13 San Lorenzo Nuovo - Montefiascone - Viterbo

Die Nacht verlief - dank richtigem Bett und eigenem Zimmer - erwartungsgemäß gut. Die Zazz-Session western war alles andere als Jazz. Sehr U2-lastig, gesungen hat eine junge Frau, begleitet von einem Gitarristen mit Looper. Trotz dem, oder gerade darum: es war echt gut. Die Gitarre handwerklich, die Sängerin durch viel Ausdruck in der Stimme und offensichtlich viel Übung.

Der Weg heute war zum großen Teil Straße und nicht der vorgeschlagene Wanderweg, so dass ich sehr früh in Montefiascone ankam. Der Name enthält ja schon das Wort Fiasko. Vom ersten Eindruck her eine schmutzige, heruntergekommene Stadt, die Herberge von außen abweisend (mit dem üblichen Telefon-Schild). Hier will ich nicht bleiben. Also weiter.

Die Wege werden flacher, was das Fortkommen erleichtert, aber die Kilometer machen sich in den Beinen bemerkbar. Alles tut weh, vor allem die Blase die sich gestern am Fuß gebildet hat. Aber vom Knie aufwärts geht es mir gut.

Auch dass, anders als man das von Italien dachte, das Essen eher zu kurz kommt macht mir keine Probleme, vielleicht wird "eine Italienreise" ja mal ein neues Diätprogramm.

Als ich dann endlich in Viterbo ankam war ich doch ziemlich platt. Vor allem, bis ich dannn auch wirklich den Stadtkern erreicht hatte. Das wäre ohne Handy nicht zu schaffen gewesen. Das ist wohl der Preis, dass die Landschaft jetzt so flach ist. Man sieht nicht  mehr von weitem die Stadt auf dem Berge.

Da ich wie gesagt schon recht angekratzt war, nahm ich die erste Übernachtungsmöglichkeit die ich fand. Ein Hotel für 39€. Was einem da für das Geld geboten wurde war eine Frechheit. Es war ein sehr kleines Zimmer, Raucher (ungefragt), Tür kaputt und das "Bad" spottet jeder Beschreibung.

Ein Teil vom Bad-Boden war wegen des Treppenaufanges darunter schräg, so dass man das Waschbecken von weitem bedienen musste. Neben dem Klosset stand das für Italien obligatorische Bidet, und schräg darüber der Duschkopf. Dass alles versifft und angegammelt war ist klar.

 

Tag 14 Viterbo - Capranica

Heute ging es etwas später los, denn wenn ich schon Frühstück bezahlt hatte...

Frühstück gab es immerhin schon ab 7.00 Uhr, erwartungsgemäß enttäuschend. 1 Espresso, 1 Joghurt, 1 Plastikverpacktes Hörnchen und - ich wusste gar nicht, dass es so was gibt, Birnensaft. Wobei der Birnensaft noch das Beste war.

Dann aber los. Der Plan war, eine kurze Etappe, wie ihn der Reiseführer für heute vorgibt (19 km) bis Vetrella, dort Kleidung waschen, und Füße hochlegen.

Eine halbe Etappe mehr, bis hier ist dann doch noch dazugekommen, auch weil dann das Fenster offen bleibt in der in der verbleibenden Zeit doch noch komplett bis nach Rom zu laufen (und nicht wie geplant den Bus zu nehmen).

Aktuell sind es laut meinen Unterlagen noch etwas mehr als 50 Km und ein bis zwei verbleibende Tage, je nach dem ob ich mir Rom wirklich zwei Tage lang ansehen möchte - was ich immer mehr in Frage stelle. Bis jetzt war es immer so, je größer die Stadt, desto schlimmer. Und Rom soll ja recht groß sein.

Das mit der Übernachtung hier hat (mal wieder) nicht funktioniert. Nach der eigentlich klaren Beschreibung "100 meter nach dem Stadtor rechts" stellte sich heraus, dass ca. 150m nach dem Stadttor ein Hotel ist, und nach noch einmal 150 metern ein neues, 2. Stadttor. 100 meter danach fand sich ein Schild dort nochmal rechts dann nach links auf einen Platz (bei uns würde man Hinterhof sagen). Dort dann tatsächlich "die Herberge". Allerdings meldet sich weder nach dem Klingeln an der Haustür,  noch an der -natürlich-  angegebenen Telefonnummer irgend jemand. Also doch wieder das Hotel.

Tag 15 Capranica - Formello

Letzter "richtiger" Tag.

Heute war ein normaler Tag.  Die Landschaft ist nicht mehr sehr Aussichtsreich (dafür immer noch flacher) und die Etappen werden immer länger. Heute bin ich, ohne etwas besoneres Berichten zu können wieder 1.5 Tagesetappen gegangen, allerdings heute ohne auf der Straße zu gehen die immer stärker befahren wird, was bedeutet dass ich etwa neun oder zehn Stunden unterwegs war. Die Landschaft ist nicht mehr sehr berauschend, ich bin ja auch schon einige Tage nicht mehr in der Provinz Toscana.

Zunehmen tun dafür immer mehr alle Arten von wilden Müllablagerungen. Nervig speziell heute war auch auf Dauer der "surreale Soundtrack" zu diesem Tag, da man fast den ganzen Tag damit zubrachte um eine Rennstrecke herumzuwandern. Was die Rennwagen in ein paar Minuten schaffen, dazu braucht der Wanderer eben den ganzen Tag. Über viele Stunden leidende, hochdrehende Motoren zu hören wenn man eigentlich Vogelgezwitscher erwartet macht einem dann auf die Dauer doch ziemlich zu schaffen.

Als ich dann endlich hier angekommen bin und der Reiseführer vermeldete, man könne hier "auf Nachfrage" übernachten sah ich mich schon weiterhumpeln (auf inzwischen 3 Blasen, 2x links 1x rechts). Die letzten Tage Kilometerfressen fordern langsam Tribut.

Nachdem ich mich noch einmal (den Schildern folgend) verlaufen hatte und der Weg an einem verschlossenen Tor endete, fand ich doch noch das Stadttor und damit die Hoffnung auf eine Herberge.

Am Schaukasten der Kirche fand sich ein Hinweis auf die Herrberge einige Türen weiter, dort wurde ich aber zurückgeschickt in die "Kirche" die sich als eine Art Bücherei herausstellte. Der Mann in der Bücherei sagte auf ENGLISCH, die Herberge würde erst um 17.00 Uhr öffnen.

Kein Problem. Als ich eine Stunde später zurückkam, kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Gemeinde hatte mit viel Geld und einem Künstler eine Jugendherberge in diese vermeintliche Kirche installiert, inclusive Aussichtspunkt auf Rom (denk ich mal, laut Kompass müsste es dort sein). Alles für 15€.

Der Knaller war auch noch, dass ich der Einzige in der ganzen Herberge bin. Mein einziger Freund für heute Abend ist ein Automat, der frischen Kaffee, kalte Getränke und Snacks für mich bereithält.

Der letzte Tag.  Morgen also noch einmal 30 Km bis Rom, die Option die ich mir durch die Gewaltmärsche der letzten Tage offen gehalten habe, oder morgen doch den Bus nehmen. Die Abfahrtszeiten nach Rom sind hier an der Info detailiert festgehalten. Ich werde mich erst morgen entscheiden, aber ich glaube der Bus hat ganz gute Karten. 

Tag 16 Formello - Rom

Es sollte dann doch nicht der Bus werden.

Am Morgen packte ich fröhlich alles zusammen, und ging los nach unten zu dem Tor durch das ich gestern hereingekommen war, und staunte nicht schlecht dass es nicht nur zu, sondern abgeschlossen und offensichtlich elektronisch gesichert war, denn links von mir oben in der Ecke blinkte schon ein Bewegungsmelder. Ein paar Meter weiter neben einer Tür eine elektonische Bedieneinheit. Tastenfeld und so.

Jetzt war ich etwas hilflos und überlegte gerade wie es weitergehen sollte, als von hinten eine etwas verschlafene, junge Frau kam mit dem Schlüssel in der Hand. Ich war also doch nicht so ganz allein gewesen diese Nacht. Sie lies mich hinaus und ich bin sicher, dass sie dann zurück ins Bett kroch.

Ich machte mich, natürlich ohne Kaffee, auf den letzten Wegabschnitt. Und der ging verdächtig lange durch praktisch unbewohntes Gebiet oder bestenfalls an Bauernhöfen mit freilaufenden Hunden vorbei. Ich kann inzwischen recht schnell meine Wanderstöcke ohne den Rucksack abzunehmen aus ihrer Halterung ziehen und gleichzeitig nach dem Fahrtenmesser greifen. Ich mag nun mal keine Hunde und ich bin sicher, dass die mich auch nicht mögen.

Irgendwann wurde dann doch die Besiedlung dichter, die Straßen mehr und auch die Kilometer am Straßenrand. Den größten Teil er Vorstädte durchwandert der bis heute so auf Natur bedachte Francigena auf der Einfallstraße mit massivem Verkehr und teilweise sehr wenig Platz zum  ausweichen. Aber mir war es eigentlich recht, war ich doch sicher, dass es wenigstens der kürzeste Weg ist.

Einmal ging der GPS-Track (in den Führer habe ich schon länger nicht mehr gesehen) links weg in eine Art Stadtpark. Dachte ich zumindest und folgte. Falsch!

Der vermeintliche Stadtpark entpuppte sich als bisher übelste Wildniss mitten zwischen den Vororten. Ich musste mich mit dem erwähnten Fahrtenmesser zwischen Brombeeren und Brennesseln durchschlagen, übermannshoch und sicher eine halbe Stunde lang zwischendurch trat ich noch fast auf eine Schlange. Also an alle die sich überlegen ob sie den Francigena gehen sollen, unbedingt diesen Abstecher auslassen und auf der Straße bleiben.

Nach etwa einer Stunde kam ich dann wieder zurück auf die alte Straße. Wie erwartet gab es landschaftlich oder auch sonst keine besonderen Highlights, irgendwann gingen dann auch die knapp 30 Km zu Ende und ich musste erkennen dass das "Ende" des Tracks nur die Aussichtsplattform war, von der aus man verschiedene Wege in die Stadt wählen konnte. Bis zu Petersplatz also noch einmal etwa 10 Km.

Doch auch die gingen um, auch wenn das der Zeitpunkt war an dem mir während des laufens eine der Blasen platzte und ich mir kurz nicht sicher war, ob ich ankommen würde.

Zudem war es für meine Begriffe schon recht spät, etwa 16.00 Uhr.

Trotz allem, ich hatte es geschafft.

Im Gegensatz zu Compostella, wo ich mich irgendwie fragte ob das jetzt wirklich der Endpunkt einer solchen Reise sein kann (darum unbedingt weiter zum Cap finis terre), war ich hier richtig angekommen. Im Zentrum der Macht quasi, oder wie in einem Bericht stand, an der Ursache für Refomation und evangelische Kirche.

Auch wenn es Deutsche waren, die die ganzen Säulen geputzt haben, so ist doch alles sauber und drückt Macht und Erhabenheit aus. Die schiere Größe der Anlage zu realisieren viel mir schwer. Die Bilder die man aus dem Fernseher im Kopf hat können die Größe dieser ganzen Anlage nicht vermitteln.

Doch irgendwie war ich noch nicht so richtig frei im Kopf, immerhin war ich in einer recht großen Stadt und hatte noch keine Herberge. Mein Führer bot eine Jugendherberge an, die allerdings wieder 4 Km zurück den Weg den ich gekommen war lag. Was soll's, das werd ich schon schaffen. Tatsächlich zog sich der Weg zurück sehr in die Länge und als ich dort an einer "Jugendsportstätte" oder so was ankam und vor dem Tor schon zwei Polizisten standen war ich wenig amused. Tatsächlich schickten sie mich weg. Irgendeine Veranstaltung, die Herberge sei geschlossen (ironischerweise war es vermutlich ein Jugendlauf zu Ehren des Via Francigena der gerade stattfand).

Als nächstes suchte ich im Handy nach Bed&Breakfast. Ein schwacher Kilometer über den Fluss sollte etwas sein. Die Beschreibung erspare ich uns, 2 Km umsonst. Die nächste Herberge die mein Führer hergab war, wie blöd bin ich eigentlich, direkt neben dem Petersplatz. 4Km zurück. Herberge voll. Als nächste Möglichkeit war ein Hotel angegeben auf der anderen Seite des Vatikan. Also drum herum laufen. Leider geht das nicht, also wieder zurück und andersherum. Weiß nicht wie viele Km. Im Hotel war nur noch ein einziges Zimmer frei. Mit großem Balkon für 180,-- €. Aber ich hatte jetzt genug und wollte dort nicht wieder weg. Ich war heute definitiv zu viel gelaufen.

Tag 17 Resümee

Am Abend hatte ich noch ausgiebig Geduscht, meine stinkenden Kleider mitsamt dem Rucksack auf den großen Balkon zum auslüften gelegt und dann doch noch etwas auf den Petersplatz zurück, wie sich das für einen Deutschen gehört mit einer Packung Chips und einer Flasche Bier. Und ließ die schiere Größe noch etwas wirken.

Die Fahrt mit dem Bus zum Flughafen war aufgrund der genauen und englischen Erklärung der Angestellten des Hotels problemlos, ebenso der Flug zurück.

 

Bleibt für alle die bis jetzt dabei sind die Frage, soll ich den Weg auch gehen oder doch lieber nicht?

Sehr entspannt fand ich die (im Gegensatz zu Compostella) wenigen Pilger, tendenziell fast zu wenig. Das sicher ein Grund, diesen Weg zu versuchen. Die Strecke die ich gegangen bin, durch die Toskana ist (das kommt in der Beschreibung etwas zu kurz) landschaftlich auf jeden Fall referenzverdächtig.

Die Ausschilderung ist leider noch deutlich verbesserungswürdig, allerdings muss hier gesagt werden, dass die Zeit hier wohl die Italiener einholen wird, denn mit GPS-Track im Handy (und ohne kann ich es keinem empfehlen) kann einem die Ausschilderung im Wesentlichen egal sein, zumindest läuft man nicht Gefahr Stunden in der Gegend umher zu irren, sondern sieht auf einen Blick dass man falsch und wo man ist.

 

 

Fazit:

Zumindest die Strecke die ich gegangen bin, Pisa/Lucca nach Rom in etwas mehr als 17 Tagen kann ich jedem empfehlen der vom Pilger-Virus befallen ist.

Voraussetzung:

GPS-Track auf dem Handy (ggf. halt zuhause etwas üben); Handy sowieso und dazu dringend auch ein paar Standard-Sätze auf italienisch wie "ich warte an der Herberge auf Sie" und so was. Es ist kein Spaß mit Italienern zu telefonieren ohne ein Wort italienisch zu können. Und ohne telefonieren geht es eigentlich nicht. 

Wer jetzt:

noch ein paar Bilder sehen möchte, die stehen diesmal auf meinem Facebook-Account

 

Aber dann viel Spaß. Der Weg hat es auf jeden Falll verdient.

 

Viele Grüße

Lothar Dieter

Impressum

Tag der Veröffentlichung: 23.06.2014

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