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Vorwort

Dunkel ist die Nacht. Die Menschen, die sind noch dunkler. Immerhin tragen sie lauter Geheimnisse in sich und versuchen so viel wie möglich im Dunkeln zu behalten. Die Geheimnisse sind nicht immer nett. Deshalb sollte man nicht jedes Mal neugierig sein. Man soll die Geheimnisse Geheimnisse sein lassen. Warum sonst nennt man sie denn Geheimnisse? Lasst sie einfach da wo sie sind.


Kapitel 1:


Weg vom Anfang


Wenn man neu anfangen will, dann muss man oft irgendwo ein Ende setzten. So wie beim Schreiben eines Satzes. Es kommen lauter Wörter und Zeichen vor. Setzt man aber einen Punkt, so setzt man ein Ende und beginnt einen neuen Satz.
So ist es auch im Leben. Es ist leicht zu sagen: Setz ein Ende! Aber wie soll man das denn machen?
Einen Felsen schnappen und hinter sich auf dem Weg schmeißen, dass niemand von hinten zu einem kommt?
Oder dass man das Land verlässt wo man lebt und einfach alles und jeden vergisst?
Auf jeden Fall versuchte ich das Zweite und landete nicht weit. Einiges ließ ich zurück, aber es kam auch vieles auf mich zu.

Meine Eltern, Martin Singer und Emily Weber, zwei komische Menschen. Meine Mom ist die zweite Frau meines Vaters. Mein Vater hat vor seiner Ehe mit meiner Mom einen Sohn gehabt. Er lebt seit sieben Jahren England und studiert dort Physik. Nachdem er siebzehn wurde, zog er aus und wollte nie wieder was von uns wissen. Mich liebte er, aber meine Familie… Meine Mutter war die geborene Stiefmutter für ihn. Ich fragte oft meine Mom warum sie so gemein zu ihm war, aber sie sagte nie etwas dazu. Mein Dad versuchte zwar ihn aufzuhalten, aber er erlaubte ihm das. Aus heiterem Himmel. Warum er das tat frage ich mich immer noch.
Auf jeden Fall kam mein Bruder nie mehr zurück. Wir telefonierten oft und schrieben uns auch Mails, aber ich spürte, dass mein Bruder allein war. Letztes Jahr lernte er ein Mädchen kennen und ist seit dem mit ihr zusammen. Ich hab auch schon mit ihr telefoniert. Sie wollte mich unbedingt kennenlernen und klang sehr fasziniert als sie erfuhr, dass ich genau wie mein Bruder nach England ziehen wollte. Ich wollte auch ein neues Leben finden, eine neue Kraft finden, die mir hilft neu anzufangen. Nicht alles in meinem Leben war leicht. Meine Eltern bekamen zusammen zwei weitere Kinder. Lizzy und Kai. Ich kam von Moms früherer Beziehung. Meinem Dad machte das nichts aus.
Ich hatte eine viel stärkere Bindung zu meinem älteren Bruder. Er war schon immer der Typ von Bruder, der jedem alles verzieh und nie viel von einem verlangte.
Ich saß gerade auf meinem Bett und sah mein Koffer an. Er war noch offen. Irgendwas fehlte noch.
„Dad? Ich geh kurz runter zum Kiosk und hole mir paar Zeitschriften für den Flug.“ Rief ich aus meinem Zimmer.
„Mach das, aber beeil dich, mein Schatz.“
Schnell zog ich meine Schuhe an und rannte die Treppen runter. Wir, ich meine, meine Familie wohnte in Amerika. In New York. Eine gefüllte Stadt.
Ich lief die Straße runter und dann war ich schon da. Schnell ging ich rein und suchte nach ein paar spannenden Zeitschriften.

Der Flug würde acht Stunden dauern. Ich machte mich darauf gefasst indem ich Zeitschriften und mein Buch mitnahm. Mein iPod und mein Laptop waren auch dabei.
Als ich am Flughafen von meinen Eltern eine halbe Stunde umarmt wurde, bemerkte ich, wie sich langsam etwas in meinem Körper entwickelte. Eine Freude.
Ich verabschiedete mich und setzte mich auf einem der Plätze vor dem Gate. Es saßen schon einige da. Drei Männer gekleidet in schwarz und mit Aktenkoffern und Laptops auf dem Schoß. Einer hielt auch ein Handy. Dann saßen da noch vier Familien.
Ich setzte mich auf einen der Plätze, wo ich allein sein konnte. Weg von den anderen. Ich holte mein Buch und mein iPod aus meiner Tasche raus und lief die Musik laufen.
Das Buch handelte von einem Mädchen, das sich von der Welt verfolgt fühlte und kein Versteck fand.
Wie konnte das sein? Warum fühlt man sich verfolgt? Was soll denn einen verfolgen und aus welchen Grund? Das Mädchen ist doch auch ein Mensch! Oder besteht die Welt nicht mehr aus den Menschen, die sie mal waren? Haben wir und so stark verändert, dass wir unsere eigene Lete verachten?
„…Jaaaaaaaaaa! Hör mir zu! Hör mir zu! ... Ich komm ja schon zurück man! Sind nur acht Stunden. Ja. Weint sie? …Oh Mann. Beruhige sie! Ich komme zurück. Sag das ihr! ... Ich wollte nur mal kurz eine andere Luft schnappen. …Sag Liz ich bringe ihr was mit. Ja! Ok. Tut mir Leid. Aber sag ihr ich komm gleich wieder. Jaaa, ich weiß, dass das acht Stunden sind und nicht Minuten. Man alter, ich kann nicht mehr reden. Hör zu. Ich bin in acht Stunden vor deiner Nase. Ja. Bye! … Keine Angst ich wird schon niemanden beißen!“ Die Person, die zwei Plätze neben mir saß fing an zu lachen. Ich schaute ihn verwirrt an. Woher kam der denn? Und so laut?!
Er lachte nochmal und als er mich ansah lachte er noch lauter.
„Tut mir leid. War das zu laut?“ er grinste.
Verwirrt nickte ich ganz langsam und dann schüttelte ich den Kopf und wand mich von dem komischen Kerl ab und las in meinem Buch weiter.
Das Mädchen hatte sich jetzt in einer Hütte versteckt und versuchte sich mit Heu zu begraben. Warum tat sie das? Soll sie sich doch der Welt zeigen! Sie soll denen zeigen, was für ein netter Mensch sie ist.
Und meine Gedanken schweiften wieder ab. Der Flieger war jetzt bereit seine Gäste zu empfangen. Lieber Flieger.
Ich packte mein Buch und mein iPod zurück in meine Tasche und schnappte mein Bordingpass.
Gott sei Dank!!!!! Ich saß nicht am Fenster. Und als ich an meinem Platz ankam saß dort auch noch niemand neben mir. Drei Plätze. Das heißt wenn ich Glück habe, sitzt entweder niemand neben mir, oder nur einer. Oder ich habe Pech und werde von Menschen zerquetscht.
Ich setzte mich in die Mitte. Buch, iPod. Ich versteckte meine Kopfhörer, damit die Stewardess mich nicht schief anguckte. Das taten die immer. No Music. Ich stellte die Musik auf ganz leise und konzentrierte mich wieder auf mein Buch.
Als es unter mir anfing zu rattern schaute ich mich um. Neben mir saßen schon Personen und ich hatte es nicht einmal gemerkt. Ich hätte ihnen doch Platz gemacht haben sollen, vor allem der Person rechts neben mir die am Fenster saß. Ich schaute nach rechts. Da saß ein Junge, der mir gewaltig bekannt vorkam. Er schaute aus dem Fenster, aber irgendwie muss er bemerkt haben, dass ich ihn ansah, denn er drehte sich zu mir um und sagte breitgrinsend: „Na? Jetzt sehen wir uns wieder.“ Anscheinend freute ihn das, denn er lächelte die ganze Zeit. Der Kerl ist doch echt komisch.
Es rüttelte immer mehr und ich stellte meine Musik aus. Bei war geht nur höchste Konzentration. Ich muss tief durchatmen. Augen schließen, den Geräuschen zuhören. Alles um sich herum wegschalten. Die Personen neben dir sind nicht da.
Rüttel, rüttel, rüttel. Es wird immer lauter. Nicht hin hören, hab ich gesagt! Oh nein!
„Oh mein Gott!“ sagte der komische Kerl neben mir. Was hatte der denn jetzt?
Ich guckte zu ihm rüber. Er hatte sich eine meiner Zeitschriften geschnappt.
„Was zum Teufel…! Woher hast du meine Zeitschrift!“ schimpfe ich so leise wie möglich.
„Ach, aus deiner Tasche. Wow. Ich wusste gar nicht, dass es unterschiedliche Arten von Zebras gibt! Und die sind anscheinend nur durch ihren Hintern zu unterscheiden! Wer hätte das gedacht!“ Er tut einen auf überrascht.
„Was? Oh man, das ist nicht nett! Gib mir meine Zeitschrift wieder!“ Ich versuchte sie ihm aus der Hand zu ziehen, aber er ließ nicht los.
„ Nein, warte doch, jetzt zeigen die auch noch wie und wo der Unterschied ist! Lass mich doch!“ Stellte er absichtlich seine Stimme auf Babyvoice um? Oh MAN!!!
„Oh man! Du bist … soo… urgh!!!!!“ Wow! Mein Kämpfer Schrei ist ja der Kracher!
„Ok, ok. Warte den letzten Satz noch!“ Er hielt die Zeitschrift hoch, damit ich nicht ran kam. Ich hörte ein leises Kichern von meiner linken. Der Alte kicherte wegen uns?!
Ich setzte mich wieder auf meinem Platz und legte meine ich-bin-jetzt-sauer Miene auf und kreuzte die Arme vor meiner Brust.
„Okay, tut mir Leid. Hier hast du deine Zeitschrift.“ Er legte sie mir wieder in die Tasche. „Zufrieden?“ fragte er und schaute mich mit seiner Babyvisage an.
Woah! Was ist das denn für einer!!! Zur Antwort nickte ich nur.
„Gut, denn ich bin zufrieden.“ Er schaute aus dem Fenster.
„Was?“ fragte ich. Es kam einfach so raus, obwohl ich das eigentlich in Gedanken gefragt hatte.
„ Tja, hmmm ich glaub ich habe dich grad von deiner Flugangst abgelenkt.“ Wieder dieses Grinsen.
Er zeigte aus dem Fenster. Ich bückte mich etwas vor und schaute aus dem Fenster. Tatsächlich! Wir waren schon in der Luft und ich hatte nichts davon mitbekommen?!
Ich setzte mich zurück.
Phu. Glück gehabt.
Ich hörte wie die Stewardess fragte was wir trinken wollten. Ich bestellte mir eine Dose Fanta.
„Danke.“ Sagte ich zu dem Kerl.
„Hm?“ Er schaute mich verwirrt an.
„Dass du mich abgelenkt hast.“ Glühbirne geht an. „ Normalerweise bekomm ich sehr große Angst und … hmmm … ist nicht toll.“
„Gern geschehen.“

Ich las in meinem Buch weiter. Es war schwer sich auf etwas zu konzentrieren. Ich wollte jedes Mal aus dem Fenster sehen, um mich zu vergewissern, dass wir und wirklich in der Luft befanden.
Der alte Herr zu meiner linken schaute dauernd um die Sitze. Wahrscheinlich saß ein Bekannter von ihm dort vorne.
Wie es meinem Bruder wohl geht? Ich hörte ein Piep-Ton, welches mir anscheinend sagen sollte, das ich jetzt mein Gurt abschnallen durfte. Ich machte mich locker. Vielleicht schlafe ich ja ein. Ich mein acht Stunden Flug? Wer soll denn da nicht schlafen können?
Der alte Herr stand auf und ging. Ich las weiter in meinem Buch, was mir langsam langweilig wurde und ich mein iPod dazu nahm. Ich suchte mein Lieblingsalbum heraus und ließ die wunderschönen Klaviertöne von unbekannten Pianisten in mein Gehör einfließen. Es war schön zu hören, was so Menschen in die Welt setzten ohne zu wollen, dass man ihnen Lob geben darf. Dann suchte ich das Album mit den Piano plus Violine Stücke heraus und ließ es zum nach dem ersten Album abspielen anordnen.

Eine halbe Stunde später brachte man uns Getränke und mein linker alter Sitznachbar war immer noch nicht aufgetaucht. Ich nahm eine Fanta und durfte meinem komischen rechten Nachbar seine Dose Cola reichen. Er saß an seinem Lappi und tippte eine lange E-Mail ein. Das wusste ich nicht, weil ich die E-Mail las. Ich hab nur einmal hingeschaut! Mehr nicht!
Ich hatte schon das halbe Buch hinter mir und konnte nicht mehr. Jetzt waren wir auch schon eine ganze Stunde in der Luft. Noch sieben Stunden, dachte ich mir.
In den nächsten drei Stunden hatte ich nicht viel unternommen. Ich hatte alle Zeitschriften durchgelesen und mein iPod durchgehört. Dann schaltete ich mich durch die Kanäle des Flugzeugfernsehers. Es lief ein Film, den ich nicht kannte und nicht wirklich sehen wollte. Dann schlug ich wieder mein Buch auf und las es wieder.
Als ich bis zu Mitte kam, waren drei Stunden um und ich fühlte mich wie eine ausgequetschte Traube. Ein Gang zur Toilette und ich sah, was ein dreistündiger Flug aus mir machen konnte. Meine Haare waren durcheinander und mein Gesicht blass.
Ich holte aus meiner Tasche eine Bürste und kämmte mein Haar gerade und dann holte ich die Kosmetiktasche raus. Obwohl ich mich nicht immer schminkte, wollte ich heute etwas gut aussehen, wenn ich meinen älteren Bruder nach so langer Zeit wieder sah. Ich Puderte meine Nase und sonst alles, was blass und käsig aussah und dann ein bisschen Kajal, Liedschatten, Wimperntusche und Rouge. Siehe da, ich bin wieder ich.
Gut.
Ich verließ die Toilette und ließ ein kleines Mädchen rein. Sie hatte es anscheinend sehr eilig.
Ich ging wieder an meinem Platz und sah, dass das Essen schon vorbei gebracht wurde. Es lag schon auf meinem Tisch. Ich wollt mich hinsetzen aber irgendwie passte ich nicht darein.
„Könntest du…?“ schaute ich den komischen Kerl fragend an. Er verstand direkt und nahm das Tablett hoch. Ich klappte mein Tisch nach oben, setzte mich hin und klappte den Tisch wieder runter und nahm mein Essen entgegen.
„Danke.“
„Büdde, büdde.“ Antwortete er und nahm Gabel und Messer aus der Plastiktüte, welche auch Salz, Pfeffer und Servietten enthielt. Das Essen war nicht sehr appetitlich, aber schon zu essen. Während wir aßen, fing er an mit mir zu reden.
„Du liest recht viel“, war sein erster Satz an mich.
Ich war schon überrascht, dass er mich ansprach, antwortete aber schnell.
„Ja, ich lese gern.“
„Liest du dein Buch jetzt zum zweiten Mal?“ Er schaute mich nicht an, sondern aß weiter.
„Für heute ja, aber so habe ich es schon acht Mal gelesen. Es ist sehr interessant.“
„Achso. Ich lese nicht oft. Wenn, dann nur, wenn man es von mir verlangt. Ich lese nur die Zeitung, oder wenn ich etwas Interessantes im Internet finde.“
„Das hat man vorhin gesehen. Was hast du denn gelesen?“ Das Essen schmeckte mir langsam gar nicht mehr. Ich riss die Salzpackung auf und streute es auf den überbackenen Nudeln.
„Nachrichten.“ Pause. „Wohin geht denn deine Reise?“
Ich überlegte kurz. Diese Frage konnte man auf zwei Weisen beantworten. Erstens: Zu meinem Bruder. Zweitens: in ein besseres Leben.
„Zu meinem Bruder in London. Er lebt dort allein.“
„Achso.“
„Und du?“
„Auch London. Ich wohne dort mit meiner rieseigen Familie. Ich nenne sie oft Rudel, weil wir echt viele sind.“ Er lächelte über einen geheimen Gedanken.
„Was war eigentlich los, ich meine am Telefon. Das klang nicht sehr erfreut.“
„Haha. Das ist sehr witzig. Ich wollte Zeit für mich haben, deshalb bin ich zuerst weggefahren. Dann kam ich am Flughafen an, stieg ohne weiter nach zu denken aus und nahm einen Flug nach Amerika.“
Ich war buff. Er konnte aber lachen. Wie kann man so? Gibt es dafür eigentlich auch ein Wort? Wie kann man so etwas beschreiben? Verrückt? Das war ja noch harmlos.
„Okay.“
„Also, ich kann echt nicht klagen. Ich hatte genug Zeit nachzudenken, hab zusätzlich auch noch ein paar nette Menschen kennengelernt und bin jetzt frei wie ein Vogel. Jetzt bin ich ja auch schon wieder auf den Weg nach Hause.“
Ich sagte nichts weiter. Irgendwie musste ich darüber nachdenken. Ich könnte so etwas nie im Leben hinbekommen. Allein irgendwohin. Ich bin ja schon allein irgendwohin, aber nicht ohne, dass jemand weiß, wohin ich gehe. Bei ihm wusste es niemand.
„Na? Schockiert?“ fragte er und holte mich aus meinen Gedanken.
„Ja… Nein, ich find es nur… wie schaffst du das?“ ich schaute ihm direkt in die Augen. Seine Augen waren hell braun. Und um die Iris herum eine schwarze Umrandung. Es war ein ganz komisches Gefühl in diese Augen zu sehen, fast als wäre ich durch seinen Blick gefangen.
„Das ist eine Sache der… Familie. Meine erlaubt mir das einfach. Zwar erst im Nachhinein, aber sie erlauben es.“ Es schaute mir noch drei Sekunden in die Augen und dann schaute er weg. Ich fühlte mich wie al wäre ich grad von einer geschmeidigen Umarmung befreit worden.
Ich schaute weg. Auf dem linken Platz war immer noch niemand. Also hatte der Opi doch noch seine Omi gefunden gehabt. Ich schaute auf den Gang und sah, dass die leeren Tabletts eingesammelt wurden.
„Bist du fertig?“ fragte ich ihn.
„Er stopfte sich einen gehäuften Löffel Nudel in seinen Mund und nickte mir zu. Ich kicherte kurz über sein Gesicht und nahm das Tablett. Die Stewardess war schon da und ich reichte ihr zuerst seinen und dann meinen Tablett.
Mittlerweile war schon die nächste Stunde um. Der Film, der in diesen Flugkanälen lief, war auch schon zu Ende und jetzt lief nur noch Musik. Nur noch vier Stunden. Auf den Bildschirmen erschienen die Fluglage und alle anderen Details, die man für gewöhnlich mitverfolgen sollte. Ich war zu faul. Wir befanden uns über den atlantischen Ozean. Das reichte mir vollkommen.
Ich fühlte mich so schwer an. Das Essen war einfach nur komisch gewesen. Nie wieder, ging mir durch den Kopf. Ja klar, als ob das funktionieren würde. Wie sollte ich denn acht Stunden ohne Futter überleben? Und selbst etwas mitnehmen darf man auch nicht.
Ich ging zu einer Stewardess und fragte nach Kissen und Decke. Es war doch noch kühl genug geworden um nach einer Decke zu fragen. Die Stewardess öffnete eine der Gepäckablagen und holte zwei große Säcke heraus. Sie reichte mir aus einem ein Kissen und aus dem anderen eine Decke. Ich bedankte mich und ging an meinem Platz. Die Stewardess fing an weitere Decken und Kissen zu verteilen und mein Nachbar schnappte sich auch beides.
Ich schaute kurz auf mein Handy und sah, dass es schon kurz nach zwei Uhr mittags war. Ich legte mein Kissen bequem hinter meinem Kopf und bedeckte mein Körper mit der Decke. Es war sehr kalt geworden.
Meine Augen fielen von selbst zu und ich schlief ein. Ich mochte es eigentlich gar nicht im Flugzeug einzuschlafen. Das war immer so unbequem. Diesmal war es schon angenehm.
Wahrscheinlich lag das daran, dass mein linker Nachbar nicht anwesend war, denn so konnte ich mich ausstrecken.

Ich wurde von einem Räuspern geweckt. Etwas bewegte sich unter mir. Wahrscheinlich der Flieger. Ich drehte mich kurz um und spürte, dass mir diese Lage etwas wehtat. Ich öffnete meine Augen einen kleine Spalt und sah nur etwas komisches Weißes.
Etwas stimmte nicht. Eigentlich müsste ich was ganz anderes sehen. Ich schloss die Augen und öffnete sie wieder. Ich lag auf den Rücken!
Ich stand ruckartig auf und schaue mich im Sitzen um. Meine Beine lagen auf dem linken Platz. Mein Kopf lag also auf den Rechten. Ich drehte mich zu dem Kerl neben mir und sah, wie er mich angrinste. Genau in dem Moment wurde mir von meinem ganzen hin und her Drehen schwindelig und ich fiel vorn über. Ich landete wieder auf dem Kerl. Diesmal aber auf seiner Schulter.
„Woah!“, rief er, „was ist mit dir? Ist die schwindelig?“
Ich spürte seine warmen Hände an meiner Wange.
„Hm… etwas. Entschuldige. Danke. Geht wieder.“ Ich setzte mich nochmal auf. Mein Kopf drehte sich noch ein bisschen, aber ich würde es überleben. Ich lehnte mich zurück an meinem Sitz. Dann hörte ich ein ‚bling‘ und alle fingen an laute ‚klick‘ Geräusche zu machen.
Ich schaute mich verwirrt um.
„Gurt schnallen“, flüsterte mir der Kerl von rechts in mein Ohr.
Wie? Was? Hä? Wie geht das denn???
Ich holte mein iPod aus meiner Tasche und schaute auf die Uhr. Tatsächlich! Ich hatte um die drei Stunden geschlafen gehabt!
„Du hast einen gesunden Schlaf“, gab er nur noch von sich und schnallte seinen Gurt enger.
Ich tat es im nach. Während ich meine Tasche ordentlich neben mir auf den linken Platz legte und all meine Zeitschriften und mein Buch darein packte, ordnete ich meine Gedanken. Ich hatte über drei Stunden geschlafen gehabt, dann auch noch auf den Kerl neben mir! Und er hat nicht mehr zu sagen als, ‚du hast einen gesunden Schlaf‘?
Nach einer Durchsage, dass wir bald landen würden und wir alle bitte die Tische hochklappen und die Gurte festschnallen sollen, versuchte ich laut ein Lied zu summen, damit die Angst von mir ging. Ich schloss meine Augen und dann ging‘s auch schon los. Der Flieger rappelte herum und ich atmete schnell ein. Ich spürte was Warmes an meiner rechten Hand. Der Kerl da wollt mich anscheinend wieder ablenken, aber diesmal wusste ich dass das nicht funktionieren würde. Das war nicht Ablenkung genug.

Nachdem der Flieger gelandet war, stiegen wir aus und gingen unser Gepäck holen. Der Kerl ging vor mir und redete nicht mit mir. Wieso auch? Wir kannten uns nicht.
Als ich mein Gepäck hatte, ging ich durch die Tür und sah nach so vielen Stunden wieder so viele Menschen. Alle warteten auf ihr Besuch. Ich entdeckte meinen Bruder schnell. Er war ein sehr langer Mensch, zwei Köpfe größer als ich. Er hatte eigentlich hellbraune Haare, jetzt waren sie blond. Das stand ihm.
„Hey Blondie!“ rief ich ihm zu. Als ich ihn grinsen sah, musste ich auch grinsen und es war ein ganz freies Grinsen.
Wir gingen uns entgegen und er stand kurz vor mir und schaute mich einfach nur an.
„Meine kleine Ivaine.“ Er hob mich mit so einer Kraft hoch, dass ich nach Luft schnappte.
Wir umarmten uns und schon zu schnell ließ er mich los und sagte: „ Mary konnte leider nicht kommen. Sie ist aber zu Hause und wartet auf dich. Komm ich nehme die Koffer.“
„Nicht schlimm“, ich reichte ihm die gewünschten Koffer, „sind meine Sachen eigentlich schon da?“
Ich hatte die letzte Woche fünf große Pakete vollgepackt, mit all meinen Sachen, die ich hier bei mir haben wollte. Klamotten für jede Jahreszeit, meine Bettwäsche, meine Schminkkoffer und vieles mehr.
„Ja und ich war sehr überrascht! Ich hab die Pakete zwar noch nicht auf gemacht, aber mir wurde gesagt, dass da vieles Wichtiges drin wäre.“ Er schaute mich schockiert an.
„Ich kann meine Sachen doch nicht dort drüben lassen!!! Das wäre Selbstmord!“ Im schauspielern war ich immer noch die bessere.
Inzwischen waren wir schon aus dem Flughafen raus und gingen auf ein blaues Auto zu.
„JA, das ist meiner.“
Nice Style.
Al er uns nach Hause fuhr, fühlte es sich wirklich an als wäre ich jetzt erst zu Hause. In London war es grad zehn Uhr abends. Ich musste nur einen Schalter klicken, damit die Scheibe runter fuhr und ich den Wind in meinen dunkelroten Haaren spüren konnte. Die Haare waren gefärbt. Normalerweise hatte ich hellbraune Haare.
Im Radio lief gerade ein rockiges Lied, wodurch wir zuerst nicht zum Reden kamen, aber nach dem Lied ging’s los. Er fragte mich wie der Flug hierher war und wie das Essen war und wonach ich heute Lust hatte.
„Mary will zwar das Essen machen, aber ich dachte du hast vielleicht Hunger. Es ist ja schon fast halb elf.“
„Um ehrlich zu sein, habe ich zwar Hunger, aber irgendwie auch nicht. Ich fühl mich gerade einfach nur super.“
Er lächelte, sah aber nicht die kleine Träne in meinen Augen aufblitzen, die meine Freude zeigte.

Mary war ein verrücktes Hühnchen. Sie hatte so viel gekocht, dass ich mich vollstopfen musste. Ich hatte schon oft mit ihr telefoniert gehabt, aber damals dachte ich sie hätte sich eine Liste von den Sachen gemacht, über die sie mir erzählen wollte. Aber anscheinend konnte sie frei über alles reden.
„Das ist echt super, dass du hier bist! Ryan hat mir schon vieles über dich erzählt und ich muss sagen, du gefällst mir jetzt schon super. Keine Angst, er hat nichts Schlimmes erzählt. Er ist einfach super.“ Die beiden saßen nebeneinander und ich auf der anderen Seite des Tisches. Ryan hatte es sich hier super eingerichtet. Es wunderte mich zwar, wie er zu so viel Geld gekommen war, denn die Wohnung sah keineswegs wie eine Studentenwohnung aus. Das Zimmer, das mir zugewiesen wurde, war groß, größer als ich es mir vorgestellt hatte. Und es hatte ein Balkon. Nebenan schlief Ryan und ab und zu wenn Mary vorbei kam und hier schlief, natürlich bei ihm.
Mir wurde zugeflüstert, dass mein Zimmer schon seit er hier war auf mich wartete. Ryan wollte also schon immer, dass ich bei ihm, mit ihm lebe.
Ryan, mein Bruder, war er der ruhige Typ und Mary der laute, spaßige Typ. Sie passten perfekt miteinander.
Nach dem Essen, wuschen wir zusammen ab und saßen hinter her in dem riesigen Wohnzimmer und quatschten bis es kurz nach zwei war. Es war so, als wäre Ryan nicht mein Bruder und Mary seine Freundin, sondern als wären sie meine Eltern. Sie gingen so sanft miteinander um. Als ich die beiden so sah, wurde mir warm ums Herz. Ich will auch so leben, ging es durch meinen Kopf.
„Na dann, ich glaube du musst jetzt langsam ins Bett. Die Sachen kannst du ja morgen noch auspacken.“
„Oh ja! Deine tausend Pakete, die in deinem Zimmer liegen. Ich habe mich schon gewundert woher die kommen.“
Alle fielen in ihr Lachen ein.

Am nächsten Morgen erfuhr ich erst, dass ich nur noch eine Woche hatte bis die Schule anfing.
Ich brauchte einen halben Tag bis ich all meine Sachen in den Schränken hatte. Mein Zimmer nahm immer mehr Farbe an.
Als ich fertig wurde, war es schon kurz nach vier. Mein Bruder war wie immer in der Uni und saß wahrscheinlich vor seinem Professor und verfluchte ihn, weil er wie immer alles viel zu schnell durchnahm.
Er hatte mir ein bisschen Geld auf dem Esstisch hingelegt gehabt, damit ich später noch was zum Essen holen konnte. Was er natürlich nicht wusste, oder nicht wissen wollte, war, dass ich richtig viel Geld schon dabei hatte. All das Geld, das ich in meinen letzten fünf Jahren verdient hatte, hatte ich natürlich mitgenommen.
Ich schnappte mir also meine Tasche und das Geld und ging raus. Einen Schlüssel hatte er mir auch machen lassen. Extra in Gold. Was für ein Bruder.
London war eigentlich eine sehr große Stadt, aber da wo mein Bruder wohnte, war es etwas ruhiger und auch viel heller. Die Straßen waren einigermaßen voll mit Menschen, die noch ihre Einkäufe machten. Ich hatte mir die Stadtkarte theoretisch in meinen Kopf geprügelt und kannte sogar ein paar Abkürzungen, die ich natürlich benutzte. Eine ging durch einen kleinen Park. Er war voller Bäume und in der Mitte des Parks ein Brunnen und um den Brunnen herum viele Laternen.
Als ich aus dem Park ging, kam ich direkt auf die Haupteinkaufsstraße. Da war natürlich viel mehr los, als irgendwo anders. Ich besorgte mir was beim Chinesen und ging mir dann ein paar Klamotten angucken. Ich fand ein Oberteil in blau und eine Jeans in schwarz.
Für mich war dieser Einkauf einer Befreiung ähnlich. In Amerika durfte ich nie alleine einkaufen gehen. Nur mit meiner Mom, nie mit Freunden. Ich durfte da kaum was tun, weil ich anders war als meine jüngeren Geschwister. Meine jüngeren Geschwister lebten nach den Regeln meiner Eltern. Sie waren die lieben Engel. Aber weil ich ab und zu meine Meinung der Öffentlichkeit entblößte, durfte ich vieles nicht tun.
Jetzt war ich hier, in England, und ich genoss meine Freiheit. Sollen die doch sehen dass ich frei bin, wie ein Vogel.
Oft hatte ich mich früher gefragt wie sich Freiheit wohl anfühlte, denn meine Freunde waren recht zufrieden damit. Meine Freunde durften immer alles machen, nur ich nicht. Und deshalb hatte ich kaum Freunde. Meine Familie merkte nie, dass ich richtig allein war, nie richtige Freunde hatte. Die hatten immer alle Stress mit mir, weil ich nie zu ihren Geburtstagsfeiern kam, oder mit ihnen feiern ging, oder auch shoppen. Sie konnten es nicht verstehen und es war ja auch so, dass ich nie mit ihnen mithalten konnte. Wenn die über die letzte Party geredet hatten, konnte ich nie was dazu sagen. Und wenn ich fragte, hatten sie auch keine Lust mir die ganze Story zu erzählen.
Das hatte ich einmal versucht meinen Eltern zu erklären, dass ich nie richtige Freunde haben kann, wenn ich nicht zu deren Feiern gehe, aber die verstanden es nicht. Ja, ich hatte nie Freunde.
Das diese Gedankten jetzt auftauchten war normal, denn das zeigte, dass ich all das jetzt zurück lassen musste. All diese Gedanken, denn jetzt sollte es neu anfangen. Mein Leben sollte neu anfangen.


Kapitel 2:


Neue Bekanntschaften


Was ich in dieser einen Woche alles erlebte, war einigermaßen normal. Mary nahm mich oft mit in die Stadt und wir kauften ein bis wir umfielen und Ryan uns eine Massage vorschlug, die ich natürlich als Schwester ablehnte. Aber Mary hatte Spaß ihn zu ihrem persönlichen Massagetypen zu machen.
Mein Bruder lebte richtig locker mit ihr zusammen. Keine großartigen Regeln. Wahrscheinlich nur ein paar, aber ich sah keine, die ihnen Probleme bereiteten.
Aber eins fand ich richtig komisch. Mein Bruder verhielt sich ab und zu richtig unnormal. Er ging abends zum Beispiel gerne raus. Allein. Mary fand daran nichts komisch, das sagte sie mir, als ich sie darauf ansprach.
Ich ignorierte es. Solange er mir damit nicht auf die Nerven ging, war alles okay.
Ich verbrachte viel Zeit mit Mary. Sie war ein verrücktes, aktives Mädchen, das andauernd nur von meinem Bruder sprach. Und von ihrer Familie.
Immer wenn wir einkaufen gingen, gingen wir durch den Park. Sie fand ihn genauso wie ich beruhigend und er war so natürlich. Grüne Wiese, lauter schöner Blumen. Das war alles was man eigentlich im Sommer verlangte. Wir saßen uns oft neben einem See, den ich beim letzten Mal nicht gefunden hatte, hin und fütterten die Enten mit Toast.
Einmal, das weiß ich noch, erzählte sie mir etwas ganz komisches.
„Weißt du, als ich deinen Bruder kennenlernte, war er ein ganz normaler Mensch, der mir nicht richtig auffiel. Aber als ich ihn genau sah, bemerkte ich wie er wirklich ist und das veränderte mein Leben. Glaub mir, du kannst dich glücklich schätzen so einen Bruder zu haben. Es ist wunderbar ihn zu haben.“
Ich wusste echt nicht wie ich das interpretieren sollte. Ja, klar war mein Bruder klasse, aber was meinte SIE damit? Ich könnte es vielseitig sehen… aber lieber nicht.
Ich ignorierte das einfach und entschloss mich für meine Schule bereit zu machen. Ich weiß, dass es schwer werden wird neue Freunde zu finden. Und zu den Looser-Schülern will ich mich natürlich nicht hinsetzten. Sonst gehör ich auch noch zu ihnen und das will ich nicht. Ich weiß ja nicht einmal, wie meine Schule aussieht. Damals hab ich meinen Bruder angerufen, ihm erzählt, dass ich komme und er hat mir einfach eine Schule gesucht. Mehr nichts. Hoffentlich.
Als mein Bruder wie immer nach seinem nächtlichen Spaziergang zurück kam, fragte ich ihn nach meine Schule und ob er mir sie zeigen konnte und er versprach mir die Schule irgendwann mal zu zeigen.

Am Montag, als Mary und Ryan sich für mich frei nahmen, gingen wir drei zusammen shoppen. Sie besorgten mir meine Schuluniform (Weiß, Blau und ein kleines bisschen Schwarz), die echt modern aussah. Ich dachte hier in England würde man immer noch Uniformen tragen, die einfarbig sind z.B. olivgrüne Röcke und Hosen und dazu weiße Blusen bzw. Hemde. Aber jetzt Karomuster. Stil.
Mary suchte mir noch eine schöne Tasche aus, in dunkelblau, damit ich sie ab und zu zur Schule mitnehmen konnte. Ryan beschloss mir eine Schultertasche zu kaufen. Er dachte, die würde mir mehr helfen. Da beide plötzlich anfingen viel zu süß zu streiten, nahm ich beide Taschen. Wir kauften noch Bücher, Hefte, Collegeblöcke und Stifte, die eigentlich total überflüssig waren, da ich einige dabei hatte.
Sie kauften mir lauter Krims-Kram, was ich natürlich nicht brauchte. Später ladete uns Ryan zu einem Eis ein. Es wurde ein sonniger Tag. Wir aßen unser Eis und saßen an einem Tisch mit Schirm. Wir blieben lange einfach so dort sitzen und sprachen über irgendetwas. Ryan und Mary unterhielten sich lebhaft mit mir. Sie fragten mich lauter Dinge wie, wie die Schule für mich bis jetzt war. Ich sagte ihnen natürlich nicht die ganze Wahrheit. Ryan wusste wie ich mich fühlte, aber Mary sollte es nicht wissen.
Als die Sonne anfing unterzugehen, standen wir auf und machten uns auf dem Weg nachhause.
„Ich hab einen tollen Weg durch einen Park gefunden!“ erzählte ich meinem Bruder, der daraufhin sofort stehenblieb.
„Welchen Park?“ seine Frage war ernst und das machte mich nervös.
„Der gleich kommt. Mit dem großen Brunnen.“ Ich zeigte in die Richtung, in die der Park lag.
„Nein.“ Nein? „Durch den gehst du nie wieder allein, o.k.?“
„Ehm, aber das ist doch gar nicht so schlimm da?“ Ich konnte es nicht fassen! Er stellte mir Regeln auf?
Er fasste sich an seinen Nasenrücken und schloss seine Augen. Er atmete tief durch. Was hatte er denn nur?
„Abends ist es zu gefährlich dort. Da treiben sich ein paar Leute rum, die du lieber nicht kennen lernen willst. Glaub mir. Und wenn, dann nicht abends in diesem Park.“ Er nahm meine Hand und die von Mary und lief weiter. Ich sagte nichts mehr dazu. Nur ein Nicken.
An diesem Abend ging Ryan nicht raus. Mary und er setzten sich in den Wohnzimmer und sahen sich einen Film an. Ich war vom einkaufen so müde, dass ich direkt in meinem Zimmer ging. Ich ordnete meine eingekauften Sachen und holte drei Bücher hervor, die ich mit Mary heute eingekauft hatte. Es war ein Roman, welches sie klasse fand, ein Mondkalender und ein Mut-Mach-Buch. Alle drei Bücher sollte ich hier angeblich sehr dringend brauchen. Im Mut-Mach-Buch standen lauter Sprüche die einem immer Mut machen sollten. Klar, warum denn nicht. Man braucht immer Mut. Ich las mir ein paar Sprüche durch. Sie halfen. Ich bereitete mich also psychisch auf meine neue Schule vor.

Am Dienstag war ich alleine zuhause und wiederholte alles, was ich in der letzten Zeit auf meiner Schule noch gelernt hatte. Zwar hatte ich keine Bücher, aber die Website meiner neuen Schule bot ein paar Arbeitsblätter für die Ferien. Allein das schockierte mich schon. Wie kann man eigentlich erwarten, dass jemand in den Ferien all diese Arbeitsblätter schafft bzw. durcharbeiten will?
Die Aufgaben waren nicht so schwer, aber attraktiv genug mich ganze fünf Stunden zu unterhalten. Es war alles dabei: Englisch, Mathe, Kunst, Geschichte, Erdkunde, ….
Auf der alten Schule war ich eine ganz normale Schülerin, das soll heißen, dass ich nicht unbedingt viele Einsen schrieb. Ich fand die Arbeit in der Schule einfach nur zu viel verlangt. Man musste da Dinge lernen, die man im Leben nicht unbedingt brauch. Klar braucht man irgendwann irgendetwas, aber nicht immer. Ganz simple: ich hielt nicht viel von der Schule.
Aber lernen schadet nicht, damit man nicht als Looser dasteht.
Am Mittwoch war ich allein mit Ryan zuhause. Ich fragte ihn viele Fragen, die ich bis jetzt nur in meinen Gedanken gesammelt hatte. Die erste Frage war: Wie zum Teufel hatte er geschafft so eine Wohnung hinzubekommen? Meiner Meinung nach lebte er wie ein reicher.
„Da ist so eine Organisation, die für bestimmte Studenten sorgt. Sie sind für mich schon wie eine Familie. Um ehrlich zu sein ist diese Organisation meine Familie, denn sie sorgen für mich und das taten meine echten Eltern ja nicht wie du weißt.“
Eine Organisation? Familie?
„Und was ist mit Mary?“
„Mary wird von ihrer eigenen Familie unterstützt. Du musst wissen, dass sie sehr reich ist!“ Das brachte ihn zum Lachen. Mich nicht.
„Wirst du mir mal ihre Familie und deine ‚Familie‘ mal vorstellen?“ Die Frage war todernst!
Er überlegte kurz. Kurz, aber für mich lang.
„Ja, wenn ich mal Zeit habe. Gut, Ende der Fragerei. Ich mache jetzt Abendessen.“ Er stand auf und ging aus dem Zimmer und ich schnappte mir ein Buch und las.

Am Freitag schlief ich bis ein Uhr mittags durch, weil wir am Vortag zusammen einen Film angesehen hatten und wir bis nach Mitternacht wach waren.
Ich wurde wach als es klingelte und Mary die Tür aufmachte. Wahrscheinlich dachte sie ich schlafe noch. Aber ich lag nur noch in meinem Bett und wollte nicht raus.
Es war ein Junge. Ich sah ihn ja nicht, aber hören konnte ich ihn. Er war laut.
„Mary!!!! Hab dich schon lang nicht mehr gesehen!!!“ er schrie ja förmlich. Ich nahm mein Kissen und drückte es auf meine Ohren.
„Ach was! Und sei leise! Ryans Schwester schläft noch.“
„Immer noch? Ich dachte ich soll ihr helfen sich hier an alles zu gewöhnen, vor allen ihr helfen sich an uns zu gewöhnen.“
Bin ich ein Unmensch, oder warum sollte ich mich an Menschen gewöhnen?
„Ach, dafür hab ihr in der Schule Zeit. Sie ist in derselben Klasse wie du, da wird es dir leichter fallen. Und wehe du ärgerst sie.“ Mach ihn fertig!
„Ich? Und sie ärgern? Ich bin nicht der böse Wolf.“
Sie lachten.
Sollte das etwa ein Witz sein?
„Na gut, ich wollte eigentlich Ryan treffen, weil wir wieder eine Besprechung haben. Aber er ist anscheinend nicht da. Schade.“
Er verabschiedete sich und ging. Komischer Kerl.

Als ich eine halbe Stunde später aufstand, war Mary noch da und ich fragte sie wer das war.
„Das war Jake. Er wird dir am Montag ein bisschen behilflich sein.“ Das war alles was ich aus ihr heraus bekam. Sie ging zur Uni und ich ging shoppen. Ich musste meine Nervosität unter Kontrolle bringen und das schafft ein Mädchen nur beim Shoppen.
In New York hatte ich mir mein Geld mit aushelfen im Supermarkt verdient. Davon hatte ich noch viel übrig.
Ohne darauf zu achten lief ich durch den Park, in den ich eigentlich nicht mehr hin sollte. Ich weiß nicht warum, aber ich fand ihn eigentlich wunderschön. Er war nicht überfüllt und man hörte den Wind durch die Blätter tanzen. Er hatte etwas magisches, etwas Elfenhaftes an sich und das war bestimmt nicht, weil ich so viele Fantasy-Bücher hinter mir hatte.
An mir fuhren zwei ältere Damen auf ihren Fahrrädern vorbei. Drei kleine Kinder spielten mit ihren Vater Fußball. Die Sonne spielte mit den Schatten der Ästen und Blättern. Ich sah wie ein kleines Mädchen von ungefähr zwölf Jahren an einem Baum gelehnt saß und ein Buch las. Ich holte mein Handy raus und fotografierte sie. Ihre Haare glänzten im Sonnenschein und durch das schimmern des Flusses hinter ihr wirkte ihr Gesicht blass. Als ich sie fotografierte, schaute sie auf, als hätte sie bemerkt, dass jemand sie beobachtete. Sie schaute mir direkt in die Augen. Ich weiß nicht warum, aber ich ging zu ihr und sie lächelte mich freundlich an.
„Hi.“ Sie hatte eine sehr süße Stimme. Eine, die ich nie hatte.
„Hi. Sorry, ich wollte dich nicht stören. Ich fand nur, dass das schön aussah, also die Landschaft, du am Baum.“ Schwaches Lächeln.
„Ach, ist nicht schlimm. Ich mache hier grad nur eine kleine Pause. Ich muss auch in ein paar Minuten wieder los. Bist du neu hier? Ich habe dich noch nie hier gesehen.“ Anscheinend kannte sie jeden hier im Park.
„ja… ich bin vor kurzem hierher gezogen. Bist du jeden Tag hier?“
„Ja. Ich komme immer in meinen Pausen hierher. Dieser Park ist wunderschön, nicht?“ Sie schaute sich um. Ihre Stimme war ruhig, und so zauberhaft süß. Wie machte sie das?
„Ja, das ist er.“ Wir saßen da und schwiegen uns an. Wir betrachteten den Park. Ein sanfter Wind wehte durch unsere Haare und trug einen Duft von unzähligen Blumen mit sich.
Die Kleine atmete tief ein und dann packte sie ihr Buch auch schon weg.
„Gut. Ich glaub ich gehe dann mal. Es war schön dich kennenzulernen,…?“ sie sah mich fragend an.
"Ivaine. Ich heiße Ivaine.“ Ich gab ihr meine Hand. Sie hatte eine sehr kleine Hand. Klein und zierlich.
„Das ist ein schöner Name. Ivaine. Wie eine Fee. Ich heiße Maya. Ich hoffe wir treffen uns noch einmal. Dann werde ich die Chance haben dich noch besser kennenzulernen, Ivaine. Ach ja, du solltest es meiden abends durch diesen Park zu laufen. Tagsüber ist er wunderschön, aber abends, … man kann nie wissen.“
„Ehm, ja. Hoffentlich sehen wir uns nochmal. Schönen Tag noch.“ Sie winkte mir zu und tänzelte davon. Sie war echt klein. Sie ging mir gerade bis zu den Schultern, aber ihre Stimme und ihre Redensart hatte etwas Weises an sich. Ich saß noch ein paar Sekunden da, ehe ich begriff wofür ich eigentlich hier war und wieder aufstand.
Die Stadt war voller Jugendlicher, die für ihre Schule wieder neues Zeug einkauften. Das erklärte auch, warum ich oft genug meine Sachen wieder weglegte, weil die Schlange vor der Kasse zu lang war. Ich ging eigentlich nur noch durch die Stadt ohne etwas zu kaufen. Ich sah viele Jugendliche, die nicht allein, sondern in kleinen Gruppen unterwegs waren. Ich fragte mich zu welcher Gruppe ich gehören könnte oder ob ich überhaupt zu irgendeiner Gruppe gehören würde. Was wenn nicht?
Ich ignorierte die Gedanken, die sich in meinem Kopf ansammelten und ging in einer Konditorei rein. ich suchte mir drei verschiedene Tortenstückchen aus und ließ sie für mich einpacken. Dazu nahm ich einen Kaffee und trank ihn unterwegs aus.
Ich lief noch eine halbe Stunde in der Stadt herum, bis ich die Stadtbibliothek fand. Als Leseratte ging ich da natürlich direkt rein. Eine Lady saß hinter eine hohe Theke und schaute mich durch ihre eckige Brille an, als wäre ich ein Parasit. Ich lächelte sie nur an und ging zur Information, welche mich zum Glück nicht so drohend ansah. Es war eine junge Frau, die mich ebenfalls anlächelte.
„Guten Tag, kann ich dir helfen?“ Nett.
Ich fragte nach einem Formular fürs Anmelden, dann konnte ich nämlich erst die Bücher ausleihen. Sie gab mir einen und ging ihn mit mir durch.
„Leider kann ich dir deinen Büchereiausweis erst Montag geben, weil mein Chef nicht da ist. Aber ich kann die Bücher, die du haben willst zur Seite stellen, dann kannst du die sie problemlos mitnehmen.“ Nicht schlimm. Ich hatte sowie so nicht vor so viele Bücher auszuleihen.
Ich ging durch alle Gänge und suchte nach interessanten Büchern. Ich weiß nicht wie lang ich hier war, aber als ich auf der vierten Etage war, kam eine Frau zu mir und zu einem Mädchen, das neben mir saß und ein Buch las, und sagte uns, dass wir uns nach unten begeben sollen, da sie jetzt schließen würden.
Wir gingen runter und als ich der Frau an der Information drei Bücherabgab und nach draußen ging, strahlten mir die letzten Sonnenstrahlen entgegen. Der einzige Gedanke in meinem Kopf war: Ryan wird sauer sein!
Ich ging mit Schnelltempo durch die Stadt und erreichte schnell den Park. Irgendetwas sagte mir, dass ich da nicht durch gehen sollte, aber würde ich den normalen Weg nehmen, würde ich fünfzehn Minuten später ankommen als durch den Park. Ich beschloss den langen Weg zu nahmen. Ryan würd noch wütender sein, wenn er wüsste, dass ich durch den Park gegangen bin und das noch abends.

Als ich zuhause ankam, war Ryan zwar etwas angespannt, aber als ich die Tortenstücke rausholte, war er wieder er selbst. Marie, er und ich aßen immer je ein Stück vom anderen und quatschen uns wieder voll.
Ryan fiel wieder ein, dass er mir die Schule zeigen wollte und es vergessen hatte. Er beschloss sie mir dann zu zeigen, wenn er mich am Montag dahin fahren würde. Tolles Versprechen.
Meine Angst stieg und stieg immer mehr. Ich wusste auch nicht warum, aber ich hatte das Gefühl, dass mein erster Tag peinlich werden könnte. Bestimmt würde ich die Treppen runterfallen, oder vielleicht sogar irgendwelche Geräusche von mir geben. Ach, wer weiß.
Am Samstag fragte ich Ryan wer dieser Jake war.
„Das ist ein Freund von mir. Er wird in derselben Klasse sein wie du, also wird er dir ein Bisschen helfen. Mach dir keine Sorgen, er ist zwar ein kleiner Angeber, aber sehr Verantwortungsbewusst.“
„Also ist er eher so ein Macho Typ?“ Das war ja super. Jetzt hatte ich wohl einen Babysitter.
„Hmmm… Ja, so in der Art. Aber wie gesagt, mach dir keine Sorgen. Alles wird Bestens verlaufen!“ Er nahm mich in den Armen. Wahrscheinlich, damit ich Mut bekam, aber irgendwie, aber nur irgendwie funktionierte es gerade nicht.

Stellt euch mal vor, ihr würdet vor tausenden von Menschen einen Vortrag halten. Man sagt ja oft, man solle sich das Publikum in Unterwäsche vorstellen, was natürlich nicht hilft. Besser wäre es doch sich das Publikum so klein vorzustellen, als wären es keine Menschen, sondern Ameisen. Wie es auch sei, stellt euch vor, dass ihr vor tausenden von Menschen steht und nicht die sind in Unterwäsche, sondern ihr selbst!
Genau das passierte mir heute in meinem Albtraum. Als ich aufstand, war ich schweißgebadet und außer Atem. Ryan kam gerade rein und lächelte mich aufmunternd an.
„Du schaffst das Ivi.“ Rief er. Viel zu laut, dachte ich nur.
„Klar. Wenn ich plötzlich eine superreiche Blondine bin, sag Bescheid. Dann bin ich bereit.“ Ich schob meine Decke zur Seite und stieg aus meinem Bett.
„ Ach, sag doch direkt, dass du zum Frisör willst. Ich kenn da einen guten. Und das mit dem Geld, wir könnten heute eine nette Bank ausrauben. Ich glaub, die wären sicher glücklich drüber hier wieder ein Bisschen Action zu haben.“ Er ging zu den Fenstern und machte eins weit auf.
„Komm mach dich fertig. Ich fahr dich dann dahin. Glaub mir, die Schule wird dir gefallen. Ich war selbst auch auf dieser Schule. Die Lehrer sind klasse.“
Damit ging er aus meinem Zimmer. Ich schnappte mir mein Zeug und verschwand im Badezimmer. Ich versuchte etwas Passendes anzuziehen. Nichts streberhaftes, aber auch nicht looserhaftes. Etwas dazwischen. Ich schnappte mir eine Jeanshose, ein weißes T-Shirt und meine blaue Weste. Das müsste reichen. Die Haare ließ ich offen und kämmte sie nur ein paarmal durch. Meine Tasche hatte ich gestern schon gepackt gehabt.
In der Küche erwartete mich mein Frühstück, welchen ich aus Nervosität schnell in mir schlang. Ryan merkte mir es an, sagte aber nicht viel dazu und lächelte mich die ganze Zeit nur an.
Als wir aus der Tür gingen, überlegte ich noch, ob ich nicht ein Buch mitnehmen sollte, für den Fall, dass niemand mit mir sprach. Ich schaute Ryan in die Augen und er verstand, dass ich noch etwas wollte.
„Was fehlt?“ fragte er verwirrt.
„Warte.“ Und ich flitzte davon. In meinem Zimmer. Bücherregal. Buch. Flur. Raus. Hinter mir hörte ich nur Ryans Lachen. Im Auto legte er seine Lieblings CD von Blue ein und sang Sorry seems to be the hardest word mit.
Es dauerte keine zehn Minuten und wir waren schon an der Schule. Ich sah Ryan wieder in die Augen. Ich wusste nicht was ich da zu finden versuchte, aber meine Beine zitterten wie verrückt.
„Ach man, Ivaine!! Komm schon! Du schaffst das!“ Er grinste mich so an, dass ich einfach nur lächeln musste. Er stieg aus und kam zu mir, um mir die Tür zu öffnen. Ein richtiger Gentleman.
„Und ich wette, dass du das Buch gar nicht raus holen brauchen wirst.“ Er nahm meine Hand und brachte mich bis zum Eingangstor. Überall befanden sich Jugendliche und Kinder. Alle hatten ihre Gruppen. Ich fing ein paar Blicke von ihnen auf.
Als wir am Tor ankamen (und der war riiiiiesig!!!), drehte ich mich zu meinem Bruder um und atmete tief ein.
„Gut. Ich schaffe das. Das Atmen einfach nicht vergessen. Ich schaffe das schon.“ Er umarmte mich und sagte einfach nur: „Du schaffst das bestimmt.“

Ich ging rein und befand mich direkt in eine Art Saal. Die Wände waren Rot, Gold und Weiß gestrichen. Alles sah sehr edel aus. Ein paar Schränke standen auch in großen Abständen zueinander da, gefüllt mit Trophäen und Medaillen. Unterwegs kamen ein paar Lehrer an mir vorbei, die mich freundlich anlächelten. Als ich am Büro des Direktors ankam, atmete ich noch einmal tief durch und klopfte dreimal an und ging rein.
Der Direktor war ein sehr netter Mensch. Er war höflich und natürlich kannte er Ryan noch und fragte mich nach ihm. Ich fühlte mich sofort etwas wohler. Wenn ich über Ryan redete, war es immer so, als wäre er hier, bei mir. Mein Bruder.
„Also Ivaine. Ich hoffe Sie werden sich hier wohl fühlen. Das sind ihre Blätter, die Sie für heute brauchen werden. Ich werde Ihnen dann mal jemanden Vorstellen. Er wird Ihnen helfen heute alles zu finden.“ Wie auf Kopfdruck ging die Tür auf und jemand kam herein. Jemand bestimmtes. Und ich kannte dieses etwas!
Es war der Kerl aus dem Flieger. Der, der mir geholfen hatte mich abzulenken. Er kam mit einem Grinsen rein, welches ich schon kannte. Ich war einfach nur sprachlos.
„Ivaine, das ist Jake. Jake das ist …“ wollte uns der Direktor vorstellen.
„Ivaine. Ryans kleine Schwester. Ich weiß. Ich hab sie schon kennengelernt.“ Er kam zu mir und reichte mir seine Hand.
„Das ist ja klasse. Dann machen Sie sich schon mal an die Arbeit, Jake. Ich danke Ihnen nochmal.“ Und er setzte sich an seinen Pult.
Jake sah mich an wie am Flughafen und ging aus dem Raum. Ich wusste nicht so recht was ich tun sollte, also folgte ich ihm.
Draußen blieb er stehen und wartete bis ich bei ihm war.
„Also, willkommen erst mal. Ich hoffe es gefällt dir hier und schön dich wieder zu sehen. Damals, am Flughafen wusste ich gar nicht, dass du Ryans kleine Schwester bist. Du siehst ihm auch nicht gerade Ähnlich.“ Er sah mich eindringlich an.
„Ryans Dad hat meine Mutter geheiratet. Aber er ist mehr ein Bruder für mich, als ein Stiefbruder.“
„Ach so. Okay. Also. Ich bin Jake.“ Wir liefen weiter den Gang runter. Wir kamen an vielen Türen vorbei. Dann gingen wir eine Treppe hinauf und gingen wieder an ein paar Türen vorbei.
„Was hast du jetzt für ein Fach? Mathematik, oder Biologie?“ fragte er dann plötzlich.
Ich kramte meine Sachen heraus und suchte mein Stundenplan.
„Ehm… Mathematik.“
„Dann haben wir ja zusammen Unterricht. Zeig mal her.“ Er nahm mir meinen Stundenplan aus meiner Hand. „Hmmm… Du hast später eine Freistunde. Wenn du später noch Fragen hast, kannst du sie mir gerne stellen.“ Er überflog nochmal meinen Stundenplan, dann reichte er ihn mir wieder.
„Also, los.“ Dann liefen wir weiter und er klopfte an eine Tür an.
Als wir eintraten, schauten uns nicht alle Schüler an. Einige Jungs und Mädchen lasen weiter in ihren Büchern. Der Lehrer stand auf, als er uns sah.
„Entschuldigen Sie mich bitte, Mr Springs. Ich musste noch eine neue Schülerin abholen.“ Und er trat einfach in den Raum, setzte sich an seinen Platz, am Fenster in der ersten Reihe und holte seine Sachen aus der Tasche. Entweder, dachte ich, ist er ein Streber, oder er wurde dahin verdonnert.
Der Lehrer kam zu mir und lächelte mich freundlich an.
„Sie müssten also Miss Singer sein. Willkommen.“ Der Lehrer war nicht besonders groß. Er hatte pechschwarze Haare und trug eine Eckige Brille auf seine kleine Nase.
Ich nickte nur lächelnd und gab ihm meine Blätter, die ich all meinen Lehrern heute und morgen und vielleicht sogar noch übermorgen zeigen musste. Er unterschrieb in dem Kästchen neben seinem Namen und gab ihn mir zurück.
„ Suchen Sie sich einen Platz aus und dann geht’s auch schon los.“ Er drehte sich um und machte den Unterricht weiter ohne mich großartig vorzustellen.
Ich schaute mich um und sah, dass links in der mittleren Reihe noch ein Platz frei war. Ich ging so leise wie möglich dort hin uns setzte mich. Der Tisch war sauber. Nicht so wie die Tische bei mir auf der alten Schule. Da war mein Tisch mit lauter Graffitis vorgekritzelt.
Ich holte mein neues Heft für Mathematik und meine neuen Stifte raus. Das war ein schönes Gefühl, neue Sachen in die neue Schule mitzunehmen.
Ich schlug schnell die erste Seite von meinem Heft auf und versuchte alles mitzuschreiben, was der Lehrer gerade sagte oder an der Tafel anschrieb.
Nach einer Zeit wurde es etwas langweilig, weil ich den Stoff schon in den Ferien gelernt hatte. Ich schaute nach links, um zu gucken wer neben mir saß. Ein Junge mit Brille. Er hatte eine glatte Haut und eine etwas runde Nase. Braune Haare, so wie viele hier. Er schieb so schnell alles mit, egal was und blickte nicht einmal auf sein Blatt. Komischer Kerl.
Einen Blick kurz zum Lehrer und schon blickte ich durch den Klassenraum. Hier war ebenfalls alles sehr edel eingerichtet. Die Tafel nahm fast eine ganze Wand ein und war mit einer sehr schönen Schrift vollgeschrieben. Lauter Rechnungen und Matrix-Aufgaben waren da zu finden.
Als ich aus dem Fenster sehen wollte, blieb mein Blick auf Jake stehen. Er schaute interessiert dem Lehrer zu. Er hatte auch wie die meisten braune Haare. Seine waren aber etwas länger und reichten bis zu den Ohren. Er hatte ein etwas runderes Gesicht, nicht so wie der Kerl neben mir. Sein Gesicht war länglich. Plötzlich lächelte Jake und ein Grübchen entstand da, wo gerade noch glatte Haut zu finden war.
Ich musste plötzlich auch lächeln. Keine Ahnung warum.
„Miss Singer? … Ivaine?“ Ich bemerkte nicht, dass der Lehrer eine Frage gestellt hatte. Verdutzt richtete ich mich auf und schaute den Lehrer an.
„Ja, Mr Springs?“ Ich fragte leise und ruhig. Niemand sollte merken, dass ich gerade innerlich zitterte.
„Wollen Sie vielleicht vorne an die Tafel kommen und uns eine Matrix Aufgabe lösen?“ Er hielt ein Kreidestück in der Hand und zeigte mit ihm auf mich.
Ich stand auf und ging nach vorn. Ich spürte, wie mich viele ansahen. Ich versuchte nicht auf meinen eigenen Füßen zu stolpern.
Ich schnappte mir sein Kreidestück und ging an die Tafel. Die Aufgabe war nicht so schwer, also löste ich sie schnell und drehte mich um. Dabei viel mein Blick wieder auf Jake. Er lächelte wieder sein typisches Lächeln und schaute mich an. Der Lehrer klatschte einmal mit den Händen und ich war wieder von Jake’ Lächeln gelöst.
„Das haben Sie gut gemacht. Schnell und ordentlich. Sie können sich wieder setzten.“ Und er fing an wieder über seine Regeln zu reden, während ich versuchte wieder heil an meinen Platz zu gelangen.
Einige Blickten mir nach und lächelten, als ich mich umdrehte und ihnen ins Gesicht sah. Ich lächelte nur zurück.
Als die Stunde um war, stand ich auf und packte meine Sachen ein. Ich bemerkte gar nicht, dass das Mädchen, Maya, neben mir stand.
„Hai.“ Sagte sie mit ihrer zauberhaft süßen Stimme.
„Oh, hallo. Ich wusste gar nicht, dass du hier auf die Schule gehst.“
„Du hast mich damals nicht gefragt. Aber es ist schön dich hier zu sehen, Ivaine. Ach dein Name! Der ist so wunderschön wie du.“ Sie strahlte mich an, als wär ich ein neues Spiel, das sie gefunden hätte.
„Dankeschön. Sag mal, was hast du gleich?“
„Ich glaube Kunst. Und du?“ JA. Zum Glück hatte ich jetzt auch gleich Kunst und jemanden, der mich dahin begleitete.
„Ja, ich auch.“
Und damit fing sie an über die Schule zu reden, sie zeigte mir ein paar Räume, die ich zuerst gar nicht gesehen hatte. Es gab auch eine Bibliothek hier in der Schule. Und ein Computerraum, der mit allem ausgestattet war.
Als wir an dem Kunstraum ankamen, entdeckte ich einige Gesichter wieder, von denen mich einige anlächelten. Wir gingen beide rein und setzten uns je an einer Staffelei. In diesem Raum war es etwas unordentlich. Überall lagen Pinsel und Farbdosen oder Tuben. Ich war etwas verwirrt, weil das alles hier nicht mit dem Rest der Schule passte.
Maya, die links rechts neben mir saß, erklärte mir wer die Frau war, die vorne ein Bild malte.
„Das ist Ms Greene. Sie ist total verrückt und malt dauernd herum. Sie ist aber auch die netteste Lehrerin hier. Wie eine typische Elfe.“ Ich glaubte langsam, dass Maya jedes Mädchen mit einer Elfe verglich.
Die Frau stand auf und grinste alle im Raum an. Es kamen einige rein und setzten sich. Jemand hatte sich auch schon neben mich gesetzt gehabt. Ein Mädchen mit braunroten Haaren, die ihr in Locken bis zu ihren Schultern fielen. Als sie sich setzte grinste sie mich an, genauso wie die Lehrerin gerade eben.
„Hi“ sagte sie.
Ich grüßte zurück und wendete mich wieder der Lehrerin zu.
„Guten Morgen, meine Lieben. Mir wurde gerade eben erzählt, dass wir eine Neue im Bund haben. Darf ich bekannt machen. Ivaine Singer.“ Und sie zeigte mit ihren Pinsel auf mich. Alle versuchten mich anzusehen. Also, die Lehrerin war auf jeden Fall sehr komisch.
„Hallo“ gab ich nur zurück und winkte kurz.
„Also, Leute, wollen wir mal anfangen. Heute möchte ich, dass ihr euren letzten Traum malt. Ich weiß, die meisten werden jetzt sagen, dass sie ihren Traum längst vergessen haben, aber wenn ihr euch ansträngt, werdet ihr euch daran erinnern. Also, los. Fangt an.“ Und drehte sie sich um und fing an ihr Bild weiter zu malen.
Maya neben mir schnappte sich auch eine Palette und fing an zu malen. Alle hier im Raum malten einfach.
Ich fasste meinen Mut zusammen und ging zur Lehrerin.
„Ehm… Ms Greene? Wo kann ich mir eine Palette finden?“
„Komm mit ich gebe dir eine.“ Und sie führte mich zu einem Schrank. Als sie ihn öffnete, dachte ich alles würde auf mich fliegen, so unordentlich war es im Schrank. Die Lehrerin schnappte sich eine Palette und reichte sie mir.
„Hier. Schnapp dir jetzt die Farben, die du brauchst und fang an. Ich freu mich schon auf dein Bild.“
Nachdem ich lauter Farben auf meiner Palette hatte, begann ich zu malen. In meinem letzten Traum… da war ich wieder in den Park. Es war dunkel gewesen, aber überall leuchteten Lichter. Am Brunnen hatten sich Menschen versammelt gehabt. Ich versuchte deutlicher hinzusehen und entdeckte Gesichter, die von den Lichtern angestrahlt wurden. Ihre Gesichter waren angemalt, Lauter schwarze Streifen. Einer kam auf mich zu. Er hatte zwei Streifen auf seiner Wange und er lächelte mich an. Das Lächeln schien mir bekannt aber es hatte auch etwas Fremdes. Als er vor mir stand nahm er mein Gesicht in seinen Händen und ….
Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich meine Augen geschlossen hatte. Das konnte ich doch nicht malen! Das, was da geschah.
Aber….
Ich nahm mir einen großen Pinsel und tupfte es in dunkelblau. Damit strich ich über das ganze Blatt. Dann dunkelgrün, gelb und hellblau, Ein bisschen grün und dann orange. Schwarz, grau und wieder dunkelblau. Ich glaub das reicht. Ich stellte mich etwas weiter entfernt vom Bild und sah es mir an. Es war der Park, den ich in meinen Träumen gesehen hatte. Mit den vielen Lichtern, die sich in den See und im Wasser des Brunnens wiederspiegelten. Maya bückte sich nach rechts, um sich mein Bild anzusehen.
„Das ist wunderschön. Ist das nicht unser Park? In dem wir uns kennengelernt haben?“
„Ja. Ich hatte von ihm geträumt.“
Ich war schneller fertig als gedacht. Die Lehrerin war auch fertig mit ihrem Bild. Es stellte ein Kind da, das nach Seifenblasen griff. Das Kind lächelte glücklich. Es schien, als würde das Kind gleich aus dem Bild heraus kommen und seine Seifenblase jagen.
Ms Greene ging rum und schaute sich alle Bilder an. Als sie an meins vorbei kam, sagte sie: „Das ist wunderschön. Das hast du geträumt? Ich hoffe doch sehr, dass du nicht allein in dem Park warst. Der sieht nämlich sehr romantisch aus. Eine Begleitperson müsste da schon mit.“ Sie zwinkerte und ich merkte, wie meine Wangen zu glühen anfingen.
„Du hast fast denselben Stil wie dein Bruder, muss ich sagen. Er malte auch gerne Landschaften wie diese. Die ähnelst ihm sehr.“
Und wieder kannte jemand meinen Bruder.

Nach dem Kunstunterricht hatte ich noch weiter Fächer, wie z.B. Biologie und Erdkunde. In Erdkunde traf ich Jake wieder und deutete darauf hin, mich neben ihn hinzusetzten, da neben ihn ein Platz frei war. Maya hatte kein Erdkundeunterricht, also entschied ich mich neben ihn Platz zu nehmen, denn ein bisschen Hilfe würde ich bestimmt schon brauchen. Neben mir fand ich auch wieder das Mädchen mit den lockigen Haaren.
„Pass auf, Mr Root ist sehr streng. Es könnte sein, dass du nach vorne musst, um dich vorzustellen.“ Flüsterte er mir zu. Und es geschah auch. Ich musste aufstehen, meinen Namen an die Tafel schreiben und jeden erklären warum ich hier war. Hatten die hier noch nie etwas von Privatsphäre gehört gehabt?
Als ich mich wieder hinsetzte, lächelten mich meine meiden Nachbarn entschuldigend an. Ich nahm mein Erdkundebuch und versuchte mich hinter ihn zu verstecken.
Ich weiß nicht, wie die letzten fünfundvierzig Minuten verstrichen, aber als es schelte, war ich überglücklich hier rauszukommen.
Ich nahm also meine Tasche, packte schnell mein Buch ein und ging aus dem Raum. Ich blieb stehen, als ich hinter mir jemanden meinen Namen rufen hörte.
„Hey, Ivaine.“ Ich drehte mich um. Es war Jake. Natürlich.
„Hi.“
„Hi. Ehm, komm ich stell dir die anderen vor, damit du nicht nur an mir hängen musst.“ WAS??? Was sollte das denn heißen?
Er grinste wieder und ging Richtung Kantine. Es war mittlerweile so warm geworden, dass ich wünschte ich hätte etwas anderes angezogen. Die Sonne strahlte durch alle Fenster herein.
„Also, das Mädchen gerade neben dir war Liz. Sie wird dir auch bestimmt gerne helfen, in so Fächern wie Kunst, oder so.“
Als er durch das Tor in die Kantine ging, blickte er sich kurz um und steuerte zu einem Tisch, an dem ein Duzend Schüler saßen. Ich erkannte ein paar Gesichter wieder. Der Kerl mit der Brille saß auch hier. Er spielte gerade Armdrücken mit... mit Liz!
„Hallo, Leute! Das ist Ivaine. Seid nett zu ihr. Sie ist die Kleine von Ryan.“
Alle blickten auf und winkten mir zu. Ich hörte Zeugs, wie „Die ist ja süß“, oder „Die sieht dem aber gar nicht so ähnlich wie ich dachte“.
Jake fasste mich an meiner Schulter und drückte mich runter auf einen freien Platz.
„Hier, setz dich. Ich hol uns was zu essen. Bist du Vegetarierin?“
„N-Nein.“ Vegetarisches Essen? Und er ließ mich hier allein???
Und schon war er in der Menschenmenge verschwunden.
Ich saß ruhig da und schaute mich um. Liz hatte anscheinend gewonnen, denn sie jubelte laut und rief laut „gewonnen“.
Sie hatte ihre Uniform anders an, als viele andere hier. Sie hatte ihren Rock unten aufgeschnitten und ihn dann mit Sicherheitsnadeln wieder zusammen gefügt gehabt. Außerdem hingen lauter Ketten an ihrem Rock, ihrer Bluse und natürlich auch am Hals. Sie liebte es anscheinend Ketten mit sich zu tragen. In ihren Locken steckte eine kleine Schleife.
Als sie mich bemerkte, kam sie direkt zu mir.
„Hi, du musst Ryans Kleine sein. Wir freuen uns dich hier zu haben. Und, wie findest du bis jetzt die Schule?“
„Bis jetzt ist alles okay hier, nur dass jeder hier meinen Bruder kennen würde, das hab ich echt nicht erwartet. Vor allem nicht die Schüler.“ Jetzt sahen mich auch schon alle an.
„Sagen wir es mal so. Ryan ist für uns alle wie ein Freund, der uns geholfen hat in unserem Leben weiterzukommen. In unserem Kreis kennt jeder ihn. Andere nicht“ sagte ein Junge, der sich neben Liz stellte und ihr um die Taille fasste. Ihr Freund?
„Aber er ist echt ein super Kerl.“ Das war der Kerl mit der Brille.
Ich lächelte nur. Was sollte ich denn antworten? Mein Bruder war für mich auch eine Art Held. Er hatte mir immer geholfen. Egal worum es auch ging. Er war immer da.
„Leute, Leute, Leute! Zuerst müssen wir und doch vorstellen!“ rief Liz in die Truppe herein. „Also, ich bin Liz. Das hier neben mir ist Justin. Der Süße da, mit der Brille ist Ben. Dann hier unser Bodybuilder Duke. Dann noch Malva, Max, Jess, Harry, Ethan, Summer, Jay und Brandon. Wir sind wohl ab jetzt deine Clique. Ich glaub, du wirst jeden von uns in einem Unterrichtsfasch haben. Also, nochmal, Willkommen.“ Und damit sahen mich alle an, mit einem Lächeln, das ich nicht richtig interpretieren konnte. Sie schienen Ryan wirklich sehr gern zu haben. Aber anscheinend gehörte Maya nicht zu dieser Clique, denn ich entdeckte sie hinten an einem anderen Tisch. Sie saß da mit einigen Mädchen.
„Hier, dein Essen.“ Und damit landete ein Tablett vor mir auf dem Tisch. Er war beladen mit einem Nachtisch, Hauptgang und Getränk.
„Oh, danke Jake.“ Gab ich von mir. Er setzte sich neben Ethan und fing an zu essen. Alle anderen aßen auch. Liz und Justin teilten sich ein Tablett. So kitschig das auch aussehen mag, die beide schienen sehr viel Spaß daran zu haben.
Ich begann mein Essen und wurde ab und zu von den anderen befragt. Zum Beispiel fragte man mich wie die alte Schule war.
„Sie war anders. Nicht so wie hier. Ich persönlich fand meine alte Schule schlimm. Die Mitschüler waren arrogant und vertrauten nicht wirklich Jedem. Und so etwas wie Freunde gab es da nicht.“ Es war die Wahrheit.
„Achso. Dann ist es ja gut, dass du hier bist.“
Ein anderer fragte dann: „Du sieht Ryan aber gar nicht ähnlich, stimmt’s?“
Diese Frage fragten sich wahrscheinlich viele, nur hatten diejenigen sie bloß nicht gestellt.
„Ehm… Ryan ist mein Stiefbruder. Meine Mom hat seinen Dad geheiratet.“ Das heißt doch nicht gleich, dass ich ihn nicht mögen soll. Er ist mein Bruder und wird es auch bleiben.
„Cool. Okay.“ Damit hörten die Fragen fürs Erste auf. Liz kümmerte sich wieder um Justin. Ben schnappte sich sein Laptop, den er anscheinend in die Schule mitnahm. Duke unterhielt sich mit Jake und den anderen.
Als ich meinen Hot Brownie aß, bemerkte ich, dass die Gruppe von Maya mich anstarrte. Ein Mädchen mit langen blonden Haaren schaute mich eindringlich an, als wollte sie mir eine Nachricht überbringen. Ich war wie gebannt von ihrem Blick, als plötzlich Duke seine Faust auf den Tisch fallen ließ.
„Man Duke, du Idiot!“ fauchte Summer. Sie lackierte gerade ihre Fingernägel dunkelgrau. Ihren Tablett hatte sie nicht angefasst.
„Jake, das ist nicht dien Ernst. Leute, Jake will mich auf dem Arm nehmen. Hat er wirklich vor…“ und dabei warf er einen verschmitzten Blick auf Jake, welcher sich den Nasenrücken drückte und die Augen schließ.
„Was ist denn los?“ fragte ich neugierig.
„Nein. Es ist nichts. Er albert nur rum. Duke. Setz dich.“ Und wie auf Befehl setzte sich Duke wieder hin und kicherte mit verschränkten Armen.
Verwirrt aß ich meinen Brownie zu Ende und versuchte mir mein Stundenplan zu merken. Gleich würde ich eine Freistunde haben und danach Biologie.
Als ich mir mein Getränk schnappte, schaute ich kurz durch die Runde. Schon am ersten Tag hatte ich mehr als zwölf Leute kennengelernt, die mich direkt in ihrer Clique e einschlossen und die meinen Bruder kannten, wie viele andere hier. Meine neuen Freunde – hoffentlich.

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Tag der Veröffentlichung: 06.02.2010

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