Cover

Am 29. Februar 2084 stirbt überraschend Logan Leroy Quick, der berühmte TV-Moderator, einsam, verbittert und verlassen in seiner Einöde, weil er es nicht verkraftete, die Zukunft nicht gefunden zu haben. Dabei lebte er unschwer in ihr, wie wir leicht am Datum feststellen können.

Was ihn offenbar so traurig machte, war, dass er nicht mehr aus ihr heraus zu kommen glaubte und deshalb nicht mehr konnte, nicht mehr dazu in der Lage war, kann man nur vermuten. Da er sich auch sehr große Sorgen machen musste, dass er eines Tages nicht mehr in seiner Zukunft leben würde, der Vergangenheit angehören sollte, was ihn zur Verzweiflung brachte. Eine leidige Angst, die man nicht haben sollte, nein, keine Angst vor der Zukunft, egal wann sie auch sein mag, kann man daraus nur schlussfolgern.

Einige Zeit vorher plagte sich Logan noch mit anderen Ängsten herum, aber auch keine richtigen, muss man sagen, wenn man konkret sein will. So überfiel ihn schnell eine fast hysterisch um sich greifende Unruhe, wenn er mal zwei Wochen in den Medien nicht präsent gewesen war. Er bildete sich dann ein, man hielte ihn schon für tot. Dabei waren seine gepfefferten Clips und Werbespots jeden Tag in irgendeinem Programm und Kanal zu sehen. Er hatte da wohl eine ganz falsche Vorstellung von sich und seinem Wirken. Es lag aber auch daran, dass er sich gerne in seinem eigenen Enthusiasmus aalte, wie in seinem eingebildeten Genuss, mit seinen Bewunderern auf Tuchfühlung sein zu können.

Logan Leroy Quick war sehr beliebt, das musste jeder neidlos anerkennen. Doch er war wohl ein lebendes Beispiel dafür, pardon, dass unangenehme Gedanken mitunter lebhaftere Schmerzen verursachen können, als die angenehmen, die man jeden Tag gerne mit sich trägt.

Man kann die Menschen in ihrer Gänze verurteilen wollen, nicht aber den Einzelnen also den individuellen Menschen, der bleibt außen vor, da er sich immer in seinem Staunen, in seinen Zweifeln, mit seinem Gewissen, mit seinen Zwängen und seiner Selbstdisziplin zeigt und auseinander setzt, dass wir doch verwundert bedauern, wenn er dahin scheidet, auch wenn es in einer Zukunft sein sollte, die wir vielleicht gar nicht erleben werden.

Aber das macht den Unterschied aus. Schließlich hatte Logan das Absurde in sich, trotz all seiner Zukunft. Diese Diskrepanz zwischen dem Menschen in seiner Sehnsucht nach Sinn und Verstehen, dem Schweigen der Welt und der Dinge zwischen den menschlichen Erwartungen, der Harmonie, der Einheit und Verstehbarkeit der Welt und auch deren Undurchdringbarkeit und Gleichgültigkeit, die sich ihm entgegenstellt oder ihn enttäuscht. Wenn es ihm zu seiner Zeit noch genau so erging, dann muss man ihn verstehen, falls er sich unnötig besorgte. Die Erfahrung machen zu müssen, dass sich so gar nichts an den Menschen verändert haben musste, war wohl im Endeffekt für ihn eine zu große Enttäuschung, die er nicht mehr verkraftete.

Logan Leroy scheiterte quasi schon für uns, sozusagen vorbeugend im Nachhinein, an der bitteren Feststellung und Erkenntnis, dass die Zukunft nicht das halten will, was wir glauben, dass sie es uns versprechen wollte oder zumindest wir in ihr erhofften.

So starb mit Logan Leroy Quick ein bemerkenswerter Visionär. Auch wenn er an seiner vergangenen Zukunft zerbrechen wollte. Vielleicht wäre ihm ein Partner, eine Frau, hilfreich gewesen, Liebe und Halt gebend, seine Zukunft richtig sehen zu können? Aber das wäre dann wieder eine andere Geschichte, die wir uns selbst ausmalen können.

Impressum

Texte: kykyde.de
Tag der Veröffentlichung: 23.09.2011

Alle Rechte vorbehalten

Widmung:
bx

Nächste Seite
Seite 1 /