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Drei Worte zu Zac

Einige Stammgäste waren schon da, als Joe im „Mens Heaven“ auf den großen Tisch in der Ecke zu lief.

„Der Kleine hat einen Arsch zum Anbeißen, wow! Den hatte ich garantiert nicht zum letzten Mal.“ Natürlich - Zac wie immer mittendrin mit einer neuen Folge aus seiner persönlichen „Ich leg alle flach“-Reihe.

Frustriert holte Joe sich an der Theke ein Bier und setzte sich zu den Männern, die beeindruckt der lebhaften Erzählung lauschten.

„Der Laden ist der Hammer. Dort kannst du Kerle abschleppen, von denen man in diesem Kaff hier nur träumt. Aber zieht euch was Anständiges an, wenn ihr hingeht. Mit der Jeans von vorgestern machst du da keinen Stich“, riet Zac und grinste anzüglich.

Das galt für alle anderen. Zac könnte in einem Rübensack erscheinen und jeder würde sich die Finger nach ihm lecken. Leider passte Joe nicht in dessen Beuteschema. Zac bevorzugte schwarzhaarige Twinks mit seelenvollen, braunen Augen. Das einzige, das Joe mit ihnen gemeinsam hatte, war schweigsame Schüchternheit. Weder mit der Statur noch mit der Attraktivität konnte er gleichziehen. Genaugenommen passte er in niemandes Beuteschema.

„Drei Worte zum Sommer“, verlangte Zac.

„Hitze, Motorrad, Eis.“

„Freibad, Mücken, Sonnenbrand.“

„Shorts, Sickergrube, Urlaub.“

„Sickergrube?“

„Weil die in unserem Garten bestialisch stinkt, wenn es heiß wird.“

Vor ein paar Wochen hatten sie sich zu einem Kinobesuch verabredet. Der Film war spannend mit vielen Actionszenen, nur die scheinbar unvermeidliche Liebesgeschichte zum Erbrechen schnulzig. Mindestens zehnmal fielen die berühmten drei Worte. Später im Billardsalon hatten sie stundenlang herumgealbert, die Wörter durch andere ersetzt, Grimassen gezogen und dabei festgestellt, dass dieses kleine Spiel hervorragend geeignet war, die Konversation in Gang zu bringen.

„Urlaub ist ein erstklassiges Stichwort“, sagte Martin. „Ich fahr nächste Woche mit meinem Süßen nach Italien. Zwei Wochen 4-Sterne-Hotel. Und ihr so?“

Zweieinhalb Wochen Sri Lanka mit meiner Schwester und ihrem Mann. So, wie ich die beiden kenne, darf ich jeden Tag an einem anderen Outdoor-Erlebnis teilhaben.“ Yasar verzog scherzhaft gequält das Gesicht.

Luis lachte und zwinkerte ihm zu. „Kannst ja mit mir nach Australien gehen, Rucksacktour, nur latschen und zelten.“

„Und was genau soll daran besser sein?“

„Na, die Begleitung natürlich. Ich bin viel interessanter als Schwester und Schwager“, versprach Luis und wackelte bedeutsam mit den Augenbrauen. Darauf konnte er wohl lange warten. Yasar war hetero und würde garantiert nicht mit dem stockschwulen Luis in einem Zelt schlafen. Es war ohnehin schon ein kleines Wunder, dass er kein Problem damit hatte, regelmäßig mit vier schwulen Kerlen herumzuhängen.

„Nee, lass mal stecken. Danke für das Angebot, aber es ist alles schon gebucht. In drei Tagen sitze ich im Flieger.“ Yasar lächelte etwas gezwungen und winkte der Bedienung für ein neues Glas Bier.

Zac lehnte sich grinsend zurück und fragte: „Wisst ihr, was ich dieses Jahr mache?“

„Dir einen Harem anschaffen“, schlug einer ironisch vor.

„Hey, den habe ich doch schon.“ Zac lachte und das Blitzen in seinen Augen ließ Joe unhörbar aufseufzen. Zac als Pascha, umringt von zarten, männlichen Schönheiten – das Bild drängte sich in sein Bewusstsein und verursachte Herzschmerzen. „Nein, ich mache eine Gay Kreuzfahrt. Ihr wisst schon, nur geile Männer an Bord. Am Dienstag geht’s los. Wenn ich wieder heimkomme, werde ich kaum laufen können und brauche Urlaub vom Urlaub.“

Es hagelte Anerkennung und zotige Sprüche, während Joes Magen sich schmerzhaft zusammenzog. Warum nochmal tat er sich das an? Jede Woche hier sitzen und sich Zacs Eskapaden anhören? Weil er rettungslos verknallt war. Sicher, Zac war ein Großmaul, ein Angeber, der sich im Licht seiner Abenteuer sonnte, doch manchmal, wenn er sich unbeobachtet fühlte, veränderte sich sein Gesichtsausdruck und bekam etwas Weiches, Verletzliches. Wenige Wochen, nachdem sie sich kennengelernt hatten, war Joe das aufgefallen. Die anderen hatten auf den grünen Filz des Tisches gestarrt, um Martins Anstoß zu verfolgen, während er Zacs verlorenen Blick auffing. Drei Sekunden lang war er wie erstarrt, konnte sich nicht lösen, bis Zac den Kopf wegdrehte und über Yasars Spieltaktik lästerte. Das war der „Point of no return“, der Moment, in dem Joe sich in Zac verliebte und keinen Weg zurück fand. Seine Ausflüge in Bars oder Clubs endeten schlagartig. Für ihn gab es nur noch Handarbeit mit Zacs Bild vor Augen.

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Texte: Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck oder eine andere Verwertung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin.
Bildmaterialien: Shutterstock Design Lars Rogmann
Lektorat: Aschure, Sissi Kaiserlos
Tag der Veröffentlichung: 04.05.2015

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