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Es war einmal vor langer Zeit in einem weit entfernten Land ein kalter und strenger Winter. Jeden Tag tanzten Schneeflocken wie Elfen durch die Luft. Wälder und Dörfer verschwanden unter einer dichten Decke aus Schnee. Nun war es aber kein gewöhnlicher Winter. Denn als die Zeit des Frühlings angebrochen war, da blieb der Winter. Und selbst im Sommer vermochte er nicht zu verschwinden. Überall im Land Warmfeen rätselten die Menschen, was den Frühling aufhielt. Aber keiner vermochte das Rätsel zu lösen. So zogen die Jahre in das Land. Aber während jeden Morgen aufs Neue die Sonne ihre Reise begann, dauerte der Winter weiter an Da wickelten die Menschen sich in ihre Mäntel. Sie zogen die Kapuzen tiefer ins Gesicht und weil es draußen so kalt war, war ihr einziges Bestreben das Haus nicht zu verlassen. Wenn sie doch vor die Haustür traten, so waren sie stets in großer Eile. Denn nur im Schutz der Häuser spendete das knisternde Ofenfeuer seine Wärme. Keiner sah den anderen mehr in die Augen. Man sprach nicht mehr miteinander, man wurde Fremde. Selbst in den kleinsten Dörfern kannte man sich bald schon nicht mehr untereinander.
Nun gab es ein Dorf, in dem lebte ein armes Mädchen. Die hatte nicht viel, aber war glücklich und dankbar. Weil aber ihre Eltern vor langer Zeit gestorben waren, lebte sie allein in ihrem Häuschen. Dort war es für sie sehr einsam. Deswegen zog sie jeden Tag hinaus in das Dorf. Mit einem Lächeln ging sie durch die Straßen. Aber alle blickten nur stur nach unten, damit der kalte Wind nicht das Gesicht berührte. Wenn sie „Hallo“ sagte, erhielt sie ein Schweigen als Antwort und wenn sie einen „Schönen Tag“ wünschte, da lachte mancher sogar spöttisch. Als sie eines Tages wieder munter und fröhlich durch die verschneiten Gassen stapfte, da erblickte sie eine alte Frau. Die saß am Straßenrand, mit einer Decke um die Schultern und zitterte gar erbärmlich.
Jeden der vorbeiging, bat sie „Gebt mir ein Stückchen Wärme.“ Doch die Menschen ignorierten sie. So führten alle Fußspuren auf dem frischen Schnee an ihr vorbei, aber kein einziger zu ihr hin. Auch der Weg des Mädchens führte an der Alten vorbei. Der Schnee knisterte unter ihren Füßen.
„Gebt mir ein Stückchen Wärme“, bat die Alte wieder.
„Ich habe nicht viel, aber was ich habe, möchte ich gern mit euch teilen“, antworte das Mädchen. Dann streifte sie die Kapuze von ihrem Kopf und reichte der Bettlerin ihren warmen Umhang aus Schafspelz.
Die Frau dankte und sprach: „Der Sommer mags dir vergelten.“
Da lachte das Mädchen: „Wisst ihr nicht, dass der Sommer nimmermehr in dieses Land einkehrt.“
Die Alte antwortete: „Wer weiß, mein Kind. Wer weiß.“
Das Mädchen eilte nun schnell nach Hause. Denn die Kälte zwickte in ihre Ohren und weiße Schneeflocken nässten ihr blondes Haar. Es war nämlich ein besonders kalter Tag, an dem Himmel und Erde am Horizont zu einer grauen Einheit verschmolzen. Selbst die Sonne vermochte nicht dagegen anzukämpfen und versteckte sich hinter dem Schleier.



Als die Nacht hereinbrach und die Dunkelheit den Himmel zudeckte wie die Mütter des Abends ihre Kinder, wickelte auch das Mädchen sich in ihre Felle. Doch umso tiefer die Nacht wurde, desto unruhiger wurde ihr Schlaf. Bald war ihr zu warm und sie streifte die Decken von sich. Schließlich schlich sie durch das Zimmer. Aber das Feuer im Herd war gelöscht und auch in dem Ofen brannte keine Glut mehr. So glaubte sie, sie hätte sich wohl erkältet. Da erblickte sie in ihrem kleinen Garten ein helles Licht. Sie war jedoch der Meinung zu fantasieren und kehrte schnell in ihr Bett aus Stroh zurück.
Am Morgen, als die ersten Vögel ihre Spuren im Schnee hinterließen und das sanfte Rot der aufwachenden Sonne die weiße Welt wie ein Edelstein glitzern ließ, schlug auch das Mädchen ihre Augen auf. Wie staunte sie nicht schlecht! Ihr kleiner verschneiter Garten blühte in den schönsten Farben. Die Blumen reckten sich in die Höhe, als ob die Sonne sie geküsst hätte. Runde Äpfel leuchteten im Morgenlicht und konkurrierten mit prallen Birnen. Für die nächsten Tage brauchte sie sich um ihr leibliches Wohl nicht zu sorgen.
So ging es nun viele Tage. Am Mittag spazierte das Mädchen durch die Straßen des Dorfes, und wenn immer sie die Alte traf, schenkte sie ihr eine Kopfbedeckung, einen Krug warmen Tee oder einen Pelz für die kalten, alten Hände. Der eisige Winterwind trug stets neuen Schnee mit sich. Weiße Flocken vereinten sich zu einer undurchdring- baren Schicht, worunter das saftige Grün ihres Gartens sich verbarg.



Doch sobald die Nacht anbrach, schmolzen die Kristalle, bis am Morgen der Garten die Nachbarn vor Neid ergrünen ließ.
Schon bald wurden die Menschen aus dem Dorf misstrauisch. Sie grämten sich, weil das arme Mädchen so gesegnet war. Wenn man sich nun zueinander fand, so sprach man mit bösen Zungen über das Mädchen. Sie missgönnten ihr ihr Glück und meinten, es ginge nicht mit rechten Dingen zu. Immer gereizter wurden die Menschen gleich einen kochenden Teekessel, bis die Bösartigkeit die Herzen der Dorfbewohner zerfraß. Sie versammelten sich und bedrängten das Mädchen, die sie eine Hexe nannten, ihnen auch zu helfen. Mit ihrer Magie solle sie auch Äpfel an ihren toten Bäumen wachsen lassen. Aber das Mädchen war nur ein einfaches Bauernkind und wusste nicht, wie sie den Leuten helfen konnten. Sie weinte bitterlich. Doch das Herz der Menschen war so kalt wie der Winter. Die Tränen des Mädchens erreichten nicht die vereisten Seelen. Stattdessen wurden die Dorfbewohner sehr wütend. Weil sie glaubten, sie wäre nur zu kaltblütig, jagten sie sie hinaus. Bis tief in den Wald verfolgten sie das arme Mädchen. Wild drohten sie, sie solle nicht zurückkommen. Mit grimmiger Zufriedenheit kehrten sie aufgebracht ins Dorf zurück. Dort saß an einem Zaun gelehnt im kalten Schnee eine alte Frau
„Gebt mir ein Stückchen Wärme.“
Niemand beachtete das alte Weib. Stattdessen beanspruchte jeder die Hütte des Mädchens für sich. Man hofften nun bald ihre Früchte ernten zu können. Streitend vergingen Tag und Nacht. Aber als der nächste Morgen anbrach, wie entsetzten sie sich doch bei dem Anblick des Gartens. Da war nichts außer Eiszapfen und Schnee in dem Garten. Der Boden war gefroren und kein Vogel zwitscherte freudig dem Morgen entgegen. Die Dorfbewohner waren sich einig. Das Mädchen war ein Kind des Teufels und würde sie zurückkehren, würden sie sie töten.

Zur selben Zeit lag aber der alte König von Warmfeen im Sterben. Er rief seine drei Söhne zu sich und sprach zu ihnen: „Wer mir den Sommer zurück ins Land bringt, der soll mein Nachfolger werden.“
Sein erster Sohn zog los, mit Schwert und Pferd, um den Winter zu bekämpfen. Er sammelte seine treuen Ritter um sich und zerschlug mit seinem Schwert jede Schneeflocke, die ihm vor der Nase tanzte. Dasselbe tat sein Heer. Doch es blieb kalt und das Eis glitzerte im Licht einer schwachen Sonne.
Der zweite Sohn verließ sich nicht auf die Kraft, sondern probierte es mit Verstand. All die Weisen von nah und fern rief er zusammen. Tagelang saßen sie zusammen, überlegten, redeten, überlegten und redeten wieder. Schließlich fanden sie eine Handvoll Ursachen. Aber sie merkten, dass sie keine Lösung kannten, also redeten sie weiter. So schrieben sie alles auf Papier nieder. Aber allein die Worte vertrieben den Winter nicht. Daraufhin planten sie eine riesige Bodenheizung zu bauen. Sie schätzen damit in 45 Jahren fertig zu sein.
Der dritte Prinz war der jüngste unter den Brüdern. Er war ein guter und freundlicher Prinz. Jeden Nachmittag trat er hinaus auf seinen königlichen Balkon und fütterte die Vögel. Die weißen Tauben und die schwarzen Amseln, selbst die braunen Spatzen aßen die kleinen Körner von seinen Händen. Als er nun wieder einmal die Vögel fütterte, so seufzte er laut: „Wo soll ich nur den Sommer finden.“ Da flogen alle Vögel auf und verschwanden in die Welt hinaus. Erst am dritten Tag kamen sie wieder. Wie nun der Prinz mit seinen Getreidekörnern hinaus auf den verschneiten Balkon ging, so trat ein kleines Rotkehlchen hervor und sprach mit hoher Stimme: „Kalt ist`s im Herzen, kalt ist`s im Wald, folge mir, dann findest du`s bald.“
Da stimmten die Vögel in den Singsang mit ein. Selbst der kalte Wind flötete mit. Sobald sattelte der Prinz sein schwarzes Ross und verließ das Schloss. Die Wege waren aber verschneit und zwischen Straße und Feld war kein Unterschied. Gerade als er glaubte, vom rechten Weg abgekommen zu sein, da flog vor ihm eine Schar Vögel. Und sie führten ihn in das Dorf, wo einst das Mädchen lebte. Nun war er schon sehr lange unterwegs und es dürstete und hungerte ihn gar sehr. So klopfte er bei einer Bäuerin.
„Ich bitte euch, gnädige Frau, verratet mir, wo ich Speis und Trank und eine Unterkunft für die Nacht finden kann, sodass ich nicht erfrieren muss.“ Doch die Bäuerin wusste nicht, wen sie vor sich hatte. Für sie zählte nur, dass er ihre Ruhe störte. Selbst das edle Gewand und das stolze Ross vermochten sie nicht umzustimmen. Denn sie war zu sehr mit sich selber beschäftigt, um sich den Reisenden länger anzuschauen.
Mit der Mistgabel jagte sie ihn hinaus und rief: „Hinfort, geht und nervt einen anderen.“
Wen er auch fragte, niemand wollte ihm helfen, oder ihm sagen, wo die nächste Herberge zu finden war. Die Menschen murrten und schimpften, er solle sie in Ruhe lassen.
Da saß eine alte Frau am Wegesrand und sprach: „Gebt mir ein Stückchen Wärme“
Der Prinz griff sich an seinen Ledergürtel und warf ihren einen kleinen Sack Gold hin. „Geht und sucht euch eine Unterkunft.“
Mit zittrigen Händen griff die Frau nach dem Beutel. Langsam öffnete sie die Schnur und fasste hinein. „Es ist kalt darin“, sagte sie, „Aber ich schätze eure Mühe. Was sucht ihr in dieser kargen Gegend, mein Prinz?“
Der Prinz antwortete: „Ich folgte den Vögeln, um den Winter ein Ende zu bereiten. Doch ich fand nur dieses Dorf, wo man nur Hass und Zwietracht säht und ebensolches auch erntet.“
Bedächtig nickte die Alte. „Das Herz der Menschen ist erkaltet und eine dicke Schicht aus Eis bedeckt das Gute. Aber einst lebte hier ein Mädchen, das war warm und freundlich. Es lebt tief im Wald, wo man sich leicht verirrt. Wenn das geschieht, so wird man eines kalten Todes sterben.“
„Ich will sie dennoch suchen“, beschloss der Prinz und bestieg sein Pferd. Das hörten die Dorfbewohner und zugleich riefen sie wutentbrannt: „Lasst eure Finger davon. Sie wird euch töten, sie ist des Teufels Tochter.“ "Sie ist eine Hexe“, meinte ein anderer.
Aber der Prinz ließ sich nicht beirren. Er wollte den Sommer zurück, nicht um der nächste König zu werden. Vielmehr grämte ihn das Leid seines Landes und die weiße Decke verbarg die Schönheiten seines Reiches.
Einen Tag und eine Nacht ritt er. Die Bäume waren mit Eiskristallen geschmückt. Ob Kiefer, oder Eiche, ob Buche, oder Ahorn unter dem Mantel des Winters waren sie alle Zwillinge. Sein Pferd hinterließ Spuren im Schnee, die er als Markierung nehmen wollte. Aber es wehte ein starker Wind, der trieb den Schnee über die Abdrücke und so verlor sich der Prinz immer tiefer in den Wald. Als seine Finger klamm wurden und er sich endgültig verloren glaubte, da zwitscherte es über ihn in den Baumwipfeln. Hoffnungsvoll blickte er auf.Über sich erblickte er das Rotkehlchen. "Folgt mir, folgt mir“, erklang es zwitschernd aus dem zarten Schnabel.



Dann breitete es die Flügel aus und führte den Prinzen vorbei an gefrorenen Bächen, eingeschneiten Sträuchern und blätterlosen Bäumen. Plötzlich kam er an eine Hütte. Weil der volle Mond bereits über den Baumwipfeln erschien, klopfte er. Ein junges, wunderschönes Mädchen öffnete ihm. Sie war so hübsch, dass es ihm war, als würde er in die Sonne blicken. Geblendet kniff er die Augen zusammen, bis er den Anblick ihrer Schönheit ertragen konnte
„Seid ihr das Mädchen aus dem Dorf?“, fragte er höflich.
„Ich war`s, aber bin`s nun nicht mehr.“, entgegnete sie mit einer Stimme so zart wie eine Narzisse.
„Geschwind, begleitet mich ins Dorf. Mit Euch will ich das Land zum Blühen bringen.“
Traurig schüttelte das Mädchen den Kopf: „Ich kann nicht.“
Da erklang von drinnen ein Wispern und der Prinz glaubte, die Stimme der Bettlerin zu hören. Aber er vernahm nicht, was sie sagte.
Das Mädchen sprach: „Aber wenn ihr zehn Leute in dem Dorf dazu bringt, aus ehrlichem Herzen zu lächeln, so will ich euch helfen.“
Sogleich wollte der Prinz sich auf den Rückweg begeben, da hielt das Mädchen ihn auf: „Die Nacht ist kalt und dunkel. Kehrt für heute bei mir ein.“
Mit Freude nahm er ihr Angebot an, aber als er die Hütte betrat, war da niemand außer dem Mädchen. Im Kamin tanzte das Feuer friedlich vor sich hin. Auf einem kleinen Tisch in der Ecke des Raumes erfüllten Frühlingsblüher die Hütte mit Leben. Verwundert nahm er das Rosa der Blüten zur Kenntnis. Lang war es her, dass die Natur solche Farben zustande brachte. Der Anblick stärkte seinen Willen. Er würde den grünen Grasteppich anstelle der weißen Schneedecke zurückbringen.
Am nächsten Morgen ritt er los und kehrte in das Dorf ein. Mit einem Lächeln spazierte er über die verschneite Straße. Aber niemand konnte es sehen, denn sie alle richteten ihre Blicke nach unten und waren viel zu sehr mit dem eigenen Leid beschäftigt. Auch gelang es dem Prinzen nicht ehrlich zu lächeln. Stattdessen verzog er nur die Mundwinkel. Erst als er an das Mädchen aus dem Wald dachte, strahlte er im ganzen Gesicht vor Glück und merkte es dabei kaum selber. In dem Moment eilte eine gestresste Mutter an ihm vorbei. In ihren Armen das Baby weinte bitterlich. Nun kannte das Kind aber noch kein „Ich“, es wusste nichts von „du“ und Neugier ließ es noch mit offenen Augen in die Welt blicken. So erblickte es den lächelnden Prinzen. Zugleich lachte es aus voller Kehle. Als die Mutter das Lachen ihrer Tochter hörte, begann auch sie vor Erleichterung zu lächeln. Zu Hause am heimischen Herd fühlte sie sich so glücklich, dass sie ihrem Mann seine Leibspeise zubereitete. Der schenkte seiner Frau zum Dank ein freundliches Lächeln. Gut gelaunt ging er am frühen Abend los, mal wieder einen Freund zu besuchen. Am Ende des Tages schien ein Lächeln auf jedem Gesicht zu liegen. Damit kehrte der Prinz in den Wald zurück. Er merkte gar nicht, wie es ein wenig wärmer wurde. Unbemerkt lugte die Spitze der ersten Sträucher und Blumen hervor.
Wieder trat er vor das Mädchen und sagte.
„Geschwind, begleitet mich ins Dorf. Mit euch will ich die Sonne zum Scheinen bringen.“
Das Mädchen sprach: „Ich kann nicht. Aber wenn ihr 20 Leute in dem Dorf dazu bringt, dem Nächsten ein Geschenk zu bereiten, so will ich euch helfen.“

So brach der Prinz am darauf folgenden Morgen wieder auf. Sein Herz war schwer vor Sorge. Denn er wusste nicht, wie er es anstellen sollte. Stundenlang starrte er von seinem Pferd auf das Dorf. Fieberhaft überlegte er. Während er so überlegte, setzte sich das Rotkehlchen auf den Kopf seines Pferdes. Eine Taube landete auf sein Bein. Und eine Amsel ließ sich auf seiner Schulter nieder. Sie alle trugen in ihren Schnäbeln Blumen in den schönsten Farben. Und er erkannte, dass es die Blumen aus dem Haus des Mädchens waren. Diese Freude wollte er mit den Menschen aus dem Dorf teilen. Er klingelte bei der Bäuerin, die ihn mit der Mistgabel verjagt hatte. Begleitet von einem Lächeln übergab er der missmutigen Frau den ganzen Strauß. Sie sagte nichts, sie dankte nicht, aber in ihrem Zimmer, da freute sie sich der Farben und des Duftes nach Frühling. So sehr genoss sie das Geschenk, das sie es mit ihrer Nachbarin teilen wollte. Sie nahm die Hälfte der Blumen und schenkte sie der Nachbarin. Die hatte einen Sohn, der war frisch verliebt. Ein Mädchen aus dem Dorf hatte ihn am vorigen Tag so freundlich angelächelt. Dem wollte er eine Blume schenken. So stibitze er eine von den seiner Mutter und überreichte sie seiner Angebeteten. Voller Freude nahm sie die Blüte entgegen. Zum Dank schenkte sie ihm einen Kuss. Daraufhin beglückte er seine Mutter seit Jahren wieder mit einer Umarmung. Am Himmel wanderte die Sonne lachend über ihr Reich. Als ihre Zeit gekommen war, hinterm Horizont zu ruhen, da verteilte man überall im Dorf kleine Freuden.
Glücklich ritt der Prinz zu dem Mädchen zurück. Auf dem Weg schaute das erste Gras schüchtern hervor. Selbst das ewig zugefrorene Bächlein plätscherte leise vor sich hin und trug die Eisschollen hinfort.
Doch der Prinz merkte es nicht.
Wieder trat er vor das Mädchen und sagte.
„Geschwind, begleitet mich ins Dorf. Mit euch will ich die Tiere zum Herumtollen bringen.“
Das Mädchen sprach: „Ich kann nicht. Aber wenn ihr die Menschen im Dorf dazu bringt, nicht länger dem nächsten das Schlechte und nur sich selber das Gute zu wünschen, so will ich euch begleiten.“
Die dritte Nacht wich dem dritten Morgen. Erneut sattelte der Prinz sein Pferd. Voller Sorge dachte er an die Aufgabe. Wie sollte er das nur bewältigen. Im Dorf waren die Fenster nicht länger verschlossen. Manche begegneten ihm sogar mit einem Lächeln.
Voller Zuversicht wandte er sich an einen jungen Mann: „Ich würde gern jemanden reich beschenken. Könnt ihr mir sagen, wer es verdient hat.“
Finster blickte ihn der Fremde an: „So gebt es mir, ich habe es verdient, mehr als die anderen.“
Enttäuscht schüttelte der Prinz den Kopf. Ein zweites Mal wandte er sich an eine Person aus dem Dorf: „Ich würde gern jemanden reich beschenken. Kennt ihr jemanden, dem ihr es gönnt.“
„Niemanden mehr als ich“, war die Antwort.
Mit schweren Herzen setzte er sich in den nassen Schnee. Da wirbelte ein kleines Mädchen frei wie eine Schneeflocke auf ihn zu: „Meine Mami und mein Papi haben es verdient. Meine Mami hat mir gestern das erste Mal wieder ein Märchen vorgelesen.“
Gemeinsam gingen sie zu dem Haus des Mädchens. Die Eltern freuten sich über ihr Kind, doch sie wollten das Geschenk nicht annehmen. Stattdessen dachten sie an die Bäuerin aus der Nachbarschaft. Oh was für schöne Blumen hatte sie ihnen gestern geschenkt. Die Bäuerin meinte, ihr Mann habe es verdient, weil er so fleißig für Feuerholz sorge. Immer weiter ging es im Dorf. Schließlich sagte einer: „Vor einiger Zeit lebte hier ein Mädchen, das war artig und tugendsam. Doch wir jagten sie hinaus in den Wald, weil wir ihr ihr Glück nicht gönnten. Das hätte die Gnade verdient.“ Alle im Dorf stimmten dem Sprecher zu. Sie begannen sich fürchterlich zu schämen. Da begann der Schnee endgültig zu schmelzen. Eine warme Brise streichelte die Häuser. Auf einmal tauchte das Mädchen neben dem Prinzen auf und neben ihr stand die alte Bettlerin. Die wurde plötzlich jung und aus ihrem Gesicht sprach Leben und Wärme. In ihren Haaren wuchsen rote Rosen und grüne Blätter.
„Die böse Eishexe hat das Land verflucht, sodass die Natur die Herzen der Menschen nachahmt. Aber indem ihr die Herzen erwärmt habt, habt ihr den Fluch gebrochen. Nun kann ich euch endlich den Sommer bringen.“ Mit diesen Worten verschwand sie. Aus dem blauen Himmel regnete es Blütenblätter in allen Farben. Das Mädchen lächelte dem Prinzen dankbar zu: „Nun kann ich in mein Haus zurückkehren.“
Doch der Prinz ergriff ihre Hand: „Begleitet mich und werdet meine Frau.“
Gemeinsam kehrten sie in das Schloss zurück, sie feierten eine prächtige Hochzeit und der Prinz wurde König. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann passen sie noch heute auf, dass der Sommer wiederkommt

The End





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Tag der Veröffentlichung: 27.02.2012

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