Seit Tagen schon hatte ich nicht richtig geschlafen. Was war nur los mit mir? Wurde ich etwa krank? Die Vorstellung wollte nicht so richtig Gestalt annehmen, schließlich war ich nie wirklich ernsthaft krank gewesen und ich hatte auch nicht vor damit jetzt anzufangen. Vermutlich war ich einfach nur überarbeitet, das musste es sein. Entschlossen das es so sein musste, zog ich mir meine Sachen aus und stieg in mein Bett. Noch während ich es mir bequem machte rechnete ich aus, wie viele Stunden es noch waren, bis ich wieder hoch musste. Ich kam schnell zu dem Entschluss, dass es definitiv zu wenig waren. Ich schloss meine Augen und versuchte meinen Kopf von all den negativen Gedanken frei zu bekommen, damit sie mich nicht bis in den Schlaf verfolgten. Sofern ich denn heute Nacht endlich mal ein Auge zu tun würde.
Still lag ich da und lauschte meinem eigenen Herzschlag. Ich war so müde, dass ich eigentlich auf der Stelle hätte einschlafen müssen, aber ich tat es nicht. Ich lag mal wieder im Halbschlaf in meinem Bett und grübelte, was ich falsch machte. Doch je länger ich grübelte, desto leichter wurde mein Körper, mein Kopf, mein Geist und ich glaubte nun in die Welt der Träume hinüberzu schweifen.
Und da war sie wieder, diese wundervolle Stimme in meinem Kopf. Sie war so lieblich, dass sie nicht von einem Geschöpf dieser Welt stammen konnte. So anmutig und elegant schwang ihre Stimme zu mir herüber. Ich hatte sie schon viele Male gehört und doch wusste ich nicht, wem sie gehörte. Ich wusste nur eins - sie war hinreissend und sie rief meinen Namen. Immer und immer wieder.
Taylor.
Taylor.
Komm zu mir.
Ich warte auf dich, Taylor.
Nur auf dich.
Komm und hole mich.
Taylor.
Viele Nächte hatte ich diesem lieblichen Singsang nun schon gelauscht und jeden weiteren Tag an dem ich aufgewacht war und ihrer Aufforderung nicht gefolgt war, ging es mir schlechter. Wie ein Drogensüchtiger auf Entzug. Ich konnte an nichts anderes mehr denken, konnte nicht essen, nicht schlafen. Ich konnte nur an diese liebliche Stimme denken, die wollte, dass ich zu ihr kam.
Fast ohne mein zutun legte ich die Bettdecke beiseite, richtete mich auf und verliess auf direktem Weg mein Zimmer. Ich hatte nur meine Shorts an, denn es war nicht wichtig mich weiter anzuziehen. Es war nur wichtig zu ihr zu kommen. Ihre Stimme rief mich unablässig und je näher ich ihr kam, desto lauter wurde sie. Wie in Trance durchquerte ich unser kleines Dorf. Das es stockdunkel war störte mich nicht, denn ich brauchte kein Licht um den Weg zu finden. Ich wusste ganz genau wo ich hinwollte: zum Strand. Und so trugen mich meine Füße wie von selbst dorthin.
Als ich die letzten Schritte durch das Blätterdickicht tat klopfte mein Herz wie wild und dann lag er in seiner ganzen Pracht vor mir. Der Strand war menschenleer. Der Mond schien voll und glänzend am Horizont und erfüllte alles mit einem sanften Licht. Grade genug um den Strand zu überblicken, aber nicht genug um Details zu erkennen. Also schritt ich weiter aufs Wasser zu und blickte mich suchen nach der wunderschönen Stimme um, die mich noch immer zu sich rief.
Erst als ich fast hüfttief im Wasser stand fand ich mein Ziel. Dort war sie und sie war wunderschön. Ihr anmutiger, zierlicher Körper schwamm im Wasser vor mir. Ihre langen schwarzen Haare umschmeichelten ihren nackten Oberkörper, konnten jedoch nicht ihre perfekten Rundungen verbergen. Ihr Gesicht war engelsgleich und sich lächelte mir entgegen. Nun rief sie mich nicht mehr, sondern schaute mich einfach nur aus ihren großen, dunkelgrünen Augen an.
Es war sofort um mich geschehen. Ich trat noch einen Schritt näher und streckte die Hand nach ihr aus, doch wagte ich es nicht sie zuberühreren aus Angst, sie könnte unter meinen groben Fingern zerbrechen. Nun kam sie ihrerseits ein wenig auf mich zugeschwommen. Vor mir richtete sie sich grade soweit auf, dass ihr Oberkörper aus dem Wassser ragte. Erst jetzt erhaschte ich einen Blick auf ihren Unterleib. Er war geformt wie die Flosse eines Fisches und mit zahlreichen schwarzen Schuppen besetzt. Zwischen den Schupppen, so schien es, blitzen unzählige Diamanten im Schein des Mondes. Ich sah zwar, dass sie keine menschlichen Beine hatte, doch wunderte ich mich nicht darüber. Alles war genau so, wie es sein sollte.
Während ich ihren wunderschönen Körper beobachtete, sprach sie wieder mit dieser lieblichen Stimme zu mir. Diesmal sprach sie mich ganz direkt an.
Taylor, oh Taylor.
Ich habe so lange auf dich gewartet.
"Ja meine Liebste, ich weiß. Doch nun bin ich hier."
Ja, nun bist du hier.
Und so sollst du für immer bei mir bleiben.
Komm.
Nehm mich auf deine starken Arme und trage mich zum Ufer. Ich will dir etwas zeigen.
Ohne nachzudenken hob ich sie in meine Arme, machte kehrt und ging mit ihr auf das Ufer zu. Sie schien so leicht wie eine Feder zu sein, zumindest spührte ich ihr Gewicht kaum in meinen Armen. Während ich so durchs Wasser watete schaute ich weiterhin auf ihren wunderschönen Körper und ich konntes es kaum fassen, dass dies nun mir gehören sollte.
Als wir am Ufer ankamen setzte ich sie sanft am Strand ab. Die auslaufenden Wellen umspielten Sanft ihre Flosse und sie schaute mich wieder nur fragend aus ihren großen Augen an. Ich setzte mich neben sie und kaum das ich saß, nahm sie auch schon meine Hand.
Liebster,
ich habe so lange auf dich gewartet.
Doch nun ist es endlich so weit
und ich will mich nicht länger zügeln.
Mit diesen Worten lehnte sie sich zu mir hinüber und küsste mich sanft. Ihre Brüsste benetzten meinen Oberkörper mit dem kalten Salzwasser, doch ich merkte es nicht. Ihre Lippen waren kalt und hart, doch sie liebkosten die meinen so sanft, dass es kaum auffiel. Anfangs noch zart, so wurden ihre Küsse immer wilder und verlangten nach mehr. Vorsichtig zog ich sie seitlich sitzend auf meinen Schoß um meiner Geliebten noch näher zu sein. Ich spührte sie überall, an meinen Lippen, an meiner Brust und in meinem Schoß.
Ein kurzer stechender Schmerz ließ mich unseren innigen Kuss für einen Moment unterbrechen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht blickte ich zu ihr, doch ihre Augen waren kalt und nunmehr schwarz, als grün. Ein stetig fließendes Blutrinnsal lief an meiner Kehle hinab und plötzlich war mein Blick leer und alles wurde schwarz.
Ja Liebster,
ich habe so lange auf dich gewartet.
Ich war so durstig nach deinem warmen Lebenssaft
und nun ist es vorbei.
Mit diesen Worten trank sie sein Blut und verschwand dann wieder in den Weiten des Meeres. Bis zur nächsten Vollmondnacht...
Tag der Veröffentlichung: 26.06.2011
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