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An manchen Tagen ist es echt nicht leicht dich zu vergessen. Dann sitze ich hier, während meine Augen und Hände anfangen deine Konturen einzusammeln, um sich an alle Höhen und Tiefen und Ecken und Kanten deines selbst zu erinnern, in der Zeit, wo du überall bist, nur nicht hier bei mir. Erinnerungsfetzen, die den meisten Platz meiner Gedanken einnehmen. Das ist meine Art dich fest zu halten. Indem ich deine Stimme pausenlos in meinem Kopf Schallwellen schlagen lasse und mit nichts als deinem Bild vor Augen durch die Welt stolpere.
Manchmal, während deiner Körperlichen Abwesenheit, kehrt dann für einen kurzen Moment mein Verstand zurück und sagt mir, dass es gar nicht meine Art ist jemanden festzuhalten, sondern schlichtweg die einzige, die es für jemanden wie dich auf diesem Planeten gibt.
Dann fange ich an, mein Herz in irgendeinem Blumenkübel auf dem Balkon zu vergraben, zeichne meine Zukunft in bunten, leuchtenden Farben aus und springe vom 20-Meter-Turm in ein neues Leben ohne Warten und Erwartungen. Und ohne Dich.
Dass ist dann auch meistens die Zeit, wo ich dir auf der Straße begegne und du mich mit deinen brauen Knopfaugen ansiehst. Momente ich denen ich in deine dunklen Rehaugen zerfalle, bis ich nur noch aus Herzklopfen bestehe und alles bebt was um mich herum geschieht. Ich spüre dann immer, wie ich mich ich in deinen Augen verliere, aber selbst wenn ich könnte - um nichts in der Welt würde ich das Fallen aufgeben oder einen Weg aus ihnen finden wollen. Du schaust mich an und beide fangen wir an zu lachen. Ich, weil mir weinen noch nie besonders gut lag und du, weil du so erleichtert bist, dass du es nicht aussprechen musst. Warum du gegangen bist und nie wieder kommst. Manchmal wäre ich froh, du hättest damals mit offenen Karten gespielt und mir den eigentlichen Grund genannt. Weil die Hoffnung in mir weiter lebt und ich das Warten nicht aufgeben möchte. Kein einziger von 365 Tagen ist mehr genug für mich. Weil sie alle nur 24 Stunden haben.

Heute ist keiner von diesen Tagen, an denen ich mir sage, dass du zurückkommst. Alles fühlt sich falsch an, wie ein Fremdkörper, unvertraut. In deinen Augen stehen die Antworten für meine Fragen, aber ich kann sie nicht entziffern. Vielleicht, weil ich auch gar nicht möchte. Du scheinst es zu spüren und schluckst sie hinunter... doch irgendwie müssen sie trotzdem einen Weg aus deinem Mund gefunden haben, denn sie scheinen wie eine schwere Gewitterwolke in der Luft zwischen uns zu hängen. Ich will weinen, einen ganzen Niagarafall , bis alles ausgetrocknet, bis jedes einzelne Wort wegschwimmt und die Luft wieder klar ist.
Aber sie bleibt schwer, du kannst nicht atmen und ich sehe reglos dabei zu, wie du dich mit gesenktem Kopf von mir abwendest. Dorthin, wo die Luft deine Lungen leichter durchströmen kann. In diesem Moment fühle ich mich so transparent und verloren, versuche mich verzweifelt selber in den ganzen Gefühlen, Erinnerungen, Träumen, Hoffnungen und Wünschen vor zu finden. Und irgendwo, ganz klein, ein paar Krümel meiner Existenz, irgendwo ein bisschen Ich. Viel zu klein.

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Tag der Veröffentlichung: 08.06.2010

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